63. Das Bräutigambaden am Fastnachtsonntag in Fulgenstadt.

[48] Dort wurden noch vor ungefähr 50 Jahren alle diejenigen Männer, die das Jahr zuvor Hochzeit hatten, in dem angeschwellten Dorfbache gebadet, wenn sie's nicht vorzogen, eine festgesezte Geldbuße zu erlegen. Das ging nun so zu: Das Wasser des Dorfbaches wurde dergestalt angestauet, daß es eine Tiefe von vier bis fünf Fuß erhielt. Sämmtliche ledigen Bursche spielten unter ihrer Gesammtheit vier aus, die das Baden besorgen mußten. Diese stellten sich nun am Nachmittage zur festgesezten Stunde am Bache auf. Der älteste Bräutigam wurde alsdann mit Musik abgeholt. Er erschien entweder als Maske verkleidet, oder auch in seinen Sonntags- oder Werktagskleidern. Die Menge der Zuschauer war natürlich stets groß. Kam der sog. Bräutigam an das[48] Wasser, so begaben sich die vier Bursche in dasselbe und mußten die Befehle des Bräutigams pünktlich ausführen. Hernach wurde von den vier ledigen Burschen drei Mal die Frage an ihn gestellt, ob er Wasser oder Wein wolle. Die dritte Antwort entschied über sein Schicksal. Sagte er Wasser, so wurde er in den Bach hineingezogen und brav untergetaucht, je nach dem Grade, wie er die Bursche mit seinen ausgetheilten Befehlen geneckt hatte. Sagte er aber Wein, so hatte er sogleich einen Kronenthaler zu hinterlegen. So wurden nach und nach alle Ehemänner, die im Verlaufe des lezten Jahres Hochzeit gehabt hatten, abgeholt und mit jedem auf gleiche Weise verfahren. Nachher ging's in's Wirtshaus, wo in erster Linie das hinterlegte Geld verzehrt wurde. Alles war da heiter und guter Dinge.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 48-49.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sitten und Gebräuche
Sitten und Gebräuche