81.

[70] In der Gegend von Saulgau wird fast in allen Wirtshäusern auf dem Lande in der Regel am Funkensonntag das Funkenringziehen veranstaltet. Da werden von den Wirten Funkenringe der verschiedensten Größe aus weißem Mehl, geknetet mit Milch und Butter, gebacken. Diese Ringe werden numerirt und oft 50 bis 60 an der Zahl in der Wirtsstube aufgehangen, die aber an Größe alle verschieden sind, so daß der größte Ring einen Wert von einem Gulden haben kann, während der kleinste einen Kreuzer wert ist. Wer nun am Funkenringziehen Theil nehmen will, der hat für ein Loos sechs Kreuzer zu bezahlen. Es kann Jeder Loose nehmen, so viel er will. Sieht sich der Wirt gedeckt und sind seine Loose verschlossen, so beginnt die Gewinnstziehung. Dieses geschieht regelmäßig von einem kleinen Kinde. Diejenigen Nummern, auf welche Gewinne fallen, müssen vorgezeigt werden, und alsdann kann der Gewinn in Empfang genommen werden. In größern Orten wird des Nachmittags für die Verheirateten das Funkenringziehen abgehalten, und des Nachts für die Ledigen. Das ist ein Fest für Jung und Alt.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 70.
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