203. Grenzmarken-Besichtigung64.

[196] Mündlich.


Das Oberamt Tuttlingen grenzte an mehrerer Herrschaften Besitzungen. Es war nun von Alters her Sitte, mit Trommeln und Pfeifen, mit bewaffneter Mannschaft und mit den Schulerknaben die Markung jährlich rings herum zu besichtigen und zu »umgehen« und den Leztern alle Marksteine zu zeigen65.

64

In der Ingersheimer Dorfordnung von 1484, Mone, Zeitschr. I. 12 (10): »Item sie sollen all jar die marck und pflege zu beiden Ingerßheim gehörig umbgeen, die marckstein, loch und zeichen besichtigen und hanthaben und al mal mit nemmen fünf oder ses knaben von funfzehen jaren, und so vil von der gemein, die irre gemein alter haben, die ding in dechtniß zu hanthaben.«

65

Ein solcher Begang glich den Jahreszügen der Gottheit durch das Land oder der Umtracht des Gottes durch die Fluren, und bildete ein wahres Volksfest, dem die ganze Gemeinde frölich beiwohnte, wobei es nicht an Gelagen und Schmäusen, im Heidenthum gewiß nicht an Opfern fehlte (Beispiele von Markumgängen mit Kreuzen und Heiligenbildern führt v. Maurer, Einl. 225 und Markverf. 319 an). Vgl. die Anmerkungen in Thudichum S. 137. Anmerk. 2.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 196.
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