271. Das Biberacher Schützenfest (1. Juli).

[276] Es beginnt am Montag, dauert fort bis Mittwoch Mittag, und am Sonntag darauf ist die Nachfeier für die Erwachsenen hauptsächlich. Am Morgen früh wird geschossen[276] und musizirt, dann versammelt man sich an einem bestimmten Orte und stellt sich in Reih' und Glied. Jede Schule hat ihre Fahne oder Standarte, auf welchen allerhand Thiere angebracht sind, z.B. Nachteulen, Schwäne, Gänse etc. Dann kommen Eltern und Verwandte und bringen Geschenke, die sog. »Biet«. Auch sind Figuren da, die mit Preisen behängt sind, von der Stadt angeschafft. Dann sezt der Zug sich in Bewegung unter Musik in der ganzen Stadt herum, endlich zum Thore hinaus auf den sog. Geigelberg. Da wird gesungen und geblasen. Nachher geht man auseinander zu verschiedenen Spielen: die Schützen zum Schießen, die kleinern Kinder zum Eierlauf, Ballwerfen etc., Andere zum Tanz. Auf dem Berge sind alle möglichen Anstalten zum Ergötzen getroffen: Schaukeln, Carrousel, Experimente mit Luftballons, Feuerwerk, Musikunterhaltung etc. Für alle Spiele sind Preise aufgestellt, die am lezten Tage vertheilt werden; auch bekommt überdies jedes Biberacher Kind und jeder, der 18 kr. bezahlt, einen Preis, den er durch Losen sich gewinnt. Ueber den Ursprung gehen, soviel ich weiß, verschiedene Meinungen. Die richtige soll die sein: es sei das Schützenfest ursprünglich spezifisch protestantisch gewesen, sei ehedem wie eine Art Jubelfest zugleich auch als Gedächtnißtag an Pest und schwarzen Tod gehalten worden.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 276-277.
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