1. Heiratstag.

[341] In der Regel gehen der Heirat Bekanntschaften voraus. Erst dann werden die Eltern davon in Kenntniß gesezt, wenn[341] man heiraten will. Dann wird ein gewisser Tag festgestellt, an dem der Vertrag entworfen und endgültig festgesezt wird. An diesem Tage wird die Uebernahme der Heimat, das Ausgeding und die Mitgift ausgemacht, wobei oft so gehandelt wird, wie um ein paar Ochsen. Der Schultheiß fehlt nicht dabei, er schreibt den Kontrakt. Bemerkenswert ist, daß bei dem Vertrage ein Reugeld ausbedungen wird, sich richtend nach der Größe des beiderseitigen Vermögens, und muß eintretenden Falls unerbittlich erlegt werden, und wenn es gleich eine namhafte Summe ausmacht. An gleichem Tage geht's noch in den Pfarrhof, um die Sponsalien zu halten, wobei verschiedene Zeugen mitgehen. Vor dem Abgang in denselben schießen die Gesellen des Ortes tüchtig; dafür erhalten sie an gleichem Tage im Wirtshause, wo der Heiratstag nachher gehalten wird, einen ordentlichen »Suff«. Bei vermöglichen Brautleuten gibt's eine ordentliche Menge Gäste zusammen, die Käse, Brod und Braunbier zur Genüge haben; zum »Zuspitzen« kommt noch Wein. Bei dieser Gelegenheit wird Nichts bezahlt, da Alles zur Hochzeitzeche geschrieben wird. In dem Wirtshaus, in welchem der Heiratstag ist, da ist auch die Hochzeit.

An den Sonntagen, wo das Brautpaar verkündet wird, sieht man keines der Brautleute in seiner eigenen Pfarrkirche, sondern dieselben sind auswärts, um entweder zur Hochzeit zu laden, oder Einkäufe zu besorgen.

Das Einladen zur Hochzeit besorgt der Bräutigam in Gesellschaft des Hochzeitläders. Beide sind festlich geschmückt und mit großen, bebänderten Stecken versehen. Der Hochzeitläder eröffnet den Reigen und macht den Sprecher, da er sagt:

»Was i nå gang, des wurd ennã bekannt sein: 's Becka Schieles Matthäs (z.B.) und 's Wettaschneiders Marei[342] hant Hauxet. D'Hauxet ischt im Wirtshaus beim Adler in Oberbettringen am Aftermentig. In d'Kirch goht mã um ã neuna, von der Kirch in's Wirtshaus. In d'Küch ischt g'macht: ã Supp, ã Voaressen, Bluat- und Leaber-Würst, g'schnittene Nudla und Rindfloisch, Schweinefloisch und Kraut, Bråtes und Bråtwürst, a Batzaloible und a halbs Bier uff de Mã. Wer nit in's Måhl sitza will, der kãn zehra nåch Belieba. So! jezt stellet ne fein au ein: Jörg, Michel, Marann, Urschel etc. (Söhne und Töchter, Knechte und Mägde), stellet au ihr ui ein!« Jezt spricht der Bräutigam: »Ja, stellet euch ein, älle mit einander, wie er då sind, wenn i d'Schuldigkeit ã legen kân, wêrd es au wieder thun.« Nun sprechen die Eingeladenen: »Ja ja! es wûrd schaũ ebber komma, an uns fehlt's net, in ûnserm Haus kommt älles, då kân mân net neba num.« In den vermöglichern Häusern wird den Beiden mit »Ebbes« aufgewartet: Branntwein, Kirschenwasser, Bier etc., so daß Bräutigam und Hochzeitläder am Ende des Tages bei sehr gutem Humor sind. Auch in auswärtigen Orten ist dies der Fall.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 341-343.
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