403.

[441] Die Wurstsuppe bei Gmünd ist ein Familienfest und findet an dem Abende statt, wann gemetzget worden ist, wenn der Tag kein Fasttag ist. Hiezu werden die nächsten Verwandten männlichen Geschlechts, zuweilen auch die nächsten Nachbarn eingeladen. Manchmal nimmt ein so eingeladener Vetter auch noch einen Buben mit. Der Lehrer des Ortes fehlte früher nie, auch gab der Ortspfarrer wol manchem Hause die Ehre seines Besuches. Um 6 Uhr in der Regel beginnt das Essen, das aus Nudelsuppe, manchmal auch Rindfleisch, sog. Voressen (saure Kutteln etc.) und aus allen Sorten frischen Schweinefleisches besteht: Brat-, Leber- und Blutwürste mit saurem Kraut fehlen nicht. Der Kaffee macht den Schluß. Braunbier und Schnaps tragen zur Belebung der Unterhaltung bei, die irgend ein Glid der Gesellschaft hauptsächlich führt, in der Regel ein Veterane.

Den Verwandten und nächsten Nachbarn schickt man Fleisch, Blut-, Leber- und Bratwürste, oder gibt sie gleich mit. Arme Leute holen am Tage des Schlachtens die sog. Kesselbrühe, in der wol auch ein Stückchen Speck oder ein Würstchen zu finden ist.

Der »große und kleine Saumagen«, gefüllt mit Blut und gewürfeltem Speck, werden an einem Sonn- oder Feiertage zu Mittag gegessen. – Die Bratwürste werden geräuchert und sind eine gar feine Speise.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 441.
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