Auf das Lustgärtchen der Frau Gräfin von Egger

[166] Thallenstein in Kärnthen


1784.


Ein Plätzchen, wo auf nackten Felsenstücken

Das karg genährte Wintergrün

Nur mühsam fortzukriechen schien,

Auf dessen ödem, kahlen Rücken

Die Tanne kaum im traurigen Gewand,

Ein Ritzchen, um sich einzuwurzeln, fand,

Dies Plätzchen nun ward unter deinen Händen

Zum Paradiese, das, so klein es ist,

Doch all' den Reiz und Zauber in sich schließt,

Den die Natur sonst nur zerstreut pflegt auszuspenden.

Du selber, Theure, gabst den Plan

Zu der Verwandlung dieses Plätzchens an;

Doch dieser schön're Theil der schönen Erde[166]

Bekam nicht durch ein schöpferisches Werde

Die reizende Gestalt; du selber schmücktest ihn,

Du gabst dem nackten Stein sein Grün,

Und polstertest die harten Felsenritzen

Mit eig'ner Hand zu weichen Rasensitzen;

Du ebnetest den schroffen, harten Stein,

Und hülltest ihn in weiche Rasen ein;

Kurzum, der ganze Platz, so mütterlich gepfleget,

So mit Geschmack und Einsicht angeleget,

In so viel Reiz und Anmuth eingehüllt,

Ist deiner Hände Werk, und deines Geistes Bild. –

Quelle:
Aloys Blumauer: Sämmtliche Gedichte. München 1830, S. 166-167.
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