Nach Horaz

[140] Ode 15.


Hell über's Sterngewimmel

Ergoß sich Lunens Schein,

Und hüllte Erd' und Himmel

In stille Feyer ein;[140]

Als du von Wonneweben

Durchschauert, mich umfingst,

Und fest an mir, wie Reben

Am Ulmenstabe, hingst.


Da schwur im Angesichte

Der heiligen Natur

Dein Mund mir armen Wichte

Den bald vergeß'nen Schwur:


Mir treu zu bleiben immer,

Mein, einzig mein zu sein,

So lang der Sterne Schimmer

Sich birgt vor Lunens Schein.


Doch wiß', an deiner Thüre

Belauschte dich mein Ohr:

Weit heiligere Schwüre

Schwurst du Kleanthen vor,


Und gabst in deinem Bette

Ihm eine Nacht, die mir,

Mir zugehöret hätte;

O merke, merk' es dir!


Bald sollst du's bitter fühlen;

Es soll dein Flattersinn

Nicht länger mit mir spielen,

So war ein Mann ich bin!


Und dringt einmal die Galle

Mir recht durch Mark und Bein

So soll dein Zauber alle

An mir verloren sein.


Du aber hoch im Glücke

Stolzirender Rival,

Der mir durch List und Tücke

Neärens Liebe stahl:
[141]

Sei tapfer, wie ein Ritter,

Und reizend, wie Adon,

Hab' Ehr' und Glückesgüter,

Sey eines Fürsten Sohn!


Was wett' ich, stolzer Ritter,

Dir bleibt Neäre nicht? –

Und raubt sie dir ein Dritter,

Lach' ich dir in's Gesicht.

Quelle:
Aloys Blumauer: Sämmtliche Gedichte. München 1830, S. 140-142.
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