5.

[67] Schlag die Tschadra zurück! Was verhüllst du dich?

Verhüllt auch die Blume des Gartens sich?

Und hat dich nicht Gott, wie der Blume Pracht,

Der Erde zur Zierde, zur Schönheit gemacht?

Schuf er all diesen Glanz, diese Herrlichkeit,

Zu verblühn in dumpfer Verborgenheit?
[67]

Schlag die Tschadra zurück! Laß alle Welt sehn,

Daß auf Erden wie du, Kind, kein Mädchen so schön!

Laß die Augen herzzündende Funken sprühn,

Laß die Lippen in rosigem Lächeln glühn,

Daß dich, Holde, kein anderer Schleier umschwebt,

Als mit dem dich das Dunkel der Nächte umwebt!


Schlag die Tschadra zurück! Solch ein Antlitz sah

Nie zu Stambul der Harem des Padischah –

Nie säumte zwei Augen so groß und klar

Der langen Wimpern seid'nes Haar –

Drum erhebe den Blick, schlag die Tschadra zurück!

Dir selbst zum Triumphe, den Menschen zum Glück!

Quelle:
Friedrich von Bodenstedt: Die Lieder des Mirza-Schaffy von Friedrich von Bodenstedt, Leipzig [1924], S. 67-68.
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