Das II Capitul.

Von Gemeiner / Stiller vnnd Verschwigener Anruffung der Bösen Geister.

[77] Einmercklicher grosser Vnterscheid erhalt sich zwischen den Zauberern Hexen vnn Hexenmeistern: Welcher sond'lich wolgemerckt vnd verstandē soll werden: von wegen vngleichheit der straffen / die einem jeden geschlecht nach seiner Verwürckung zugefůgt wirt.70

Dann dise / von denen wir seidher sprach gehalten /die gebrauchen sich nicht der Anruffung böser Geister / vnnd ist deßhalben auch zwischen denselbigen eingrosser Vnterscheid. Seiteinmal sie etliche sonderbare Wörter / Sprüch vnnd Geheimnussen brauchen / die ohn außtruckliche Teuffelische Anruffungen abgehen /vnd gleichwol dahin gerichtet werden / daß der Geist die vermeint Warheit von dem / so man jhn fraget /sagen oder verkůnden solle: Etliche aber brauchen außtruchliche böse Anruffungen.

Die aller ältsten Assyrier vnd Chaldeer / brauchten sehr die Lecanomantiam oder Beckendeuteley: fülleten darbey ein Beckin voll Wassers / thaten etliche mit sondern Characteren gezeichnete Guldene vnd Silberne Täfelein / oder Edelgestein darein / vnd nach dem sie etliche Wort sprachen / da hort man eine reine Stimm / wie eine Pfeisend Schlang auß dem Wasser reden vnd Antwort geben / ohn gleichwol eigentliche außtruckliche Anruffung desselbigen Geistes.71

Die Gastromantia, oder Gefäßbeschwerung / geschach mit runden Gläserin Geschirren voll Wassers /vnn nach dem sie die Kertzen angezündt / vnd ettliche sondere Wort gemurmelt / da hort man zwar nicht ein stimm / aber mā konte die Antwortē durch ettliche Gemerck vnd zeichen abnemmen.72

In gleiche Rechenung ziehen wir auch die Catoptromantian, so durch Spiegel geschicht / vnd die Chrystallomantiā, so durch dz Eiß / oder Chrystalline Gläser zugericht wirt.73 In massen Joachimus vō Camerich meldt / daß er einen Burger von Nůrnberg gekent / der einen Christallinen Ring gekaufft / durch dessen mittel ein junges Kind diß sehē mocht / was man gefragt gehabt.74 Aber nachgehends ward der Käuffer mit dem Teuffel angefochten / vnnd der Ring brach darüber.[77]

Diß so man Onymantiam nennet / geschicht / wann man die Fingernägel oder den Christall mit sonderen gewissen Confectionen oder zubereitungen reibet: Vnnd darauff etliche sondere Wort / die ich zuwissen nit beger / richtet / vnd folgends ein jung Kind / daß nie corrumpiert worden / darein sehē laßt / daß es vō dem / so es gefragt wirt. / bescheid geb.75

Dann dieser Vnrein Geist nimmet sich an / als belieb er auch die reine Jungfrawschafft / damit er Leut durch solche Mittel von jhrer zarten Jugend auff /mög an sich ziehen: Auch zum theil dardurch die vermehrung des Menschlichen geschlechts hinderen vnd zerstören. Vnnd nicht desto minder vnder deß / reitzt er die Personen / so er gewinnet / zur Sodomy vnd Vnkeuschheit wider die Natur an.76

Belangend die Catoptromantiam oder Spiegel begaffung deren der Pausanias in Achaicis gedencket /ward dieselb vil anderst / als die / deren sich die Zauberer gebrauchen / gethan. Dann wann einer wissen wolt / ob er seiner Kranckheit werde auffkommen / so legt er einen Spiegel inn den Bronnen zu Patras / vor der CeresTempel: Vnd wann er ein Todten Figur darinn sahe / so war das vrtheil für gewiß gefällt / er můßt sterben: War es aber ein starcker lebhaffter Mann anzusehen / so hat er hoffnung auffzukommen.77

Aber hiebey ist fürnämlich wol zumercken / wie der Teuffel das Menschlich geschlecht mit dergleichē Zaubereien vberauß meisterlich könne am Seyl vmbführen. Dann demnach jhm wol wissend / daß fromme vnnd mit Gewissen begabte Leut sich finde /die nimmermehr so verruchtlich sich vergessen wůrden / daß sie einen Teuffel anruffen soltē / so kehrt sich der Tausent kůnstler auff andere weg / vnd beredt dieselbige Guthertzige Personen / daß es auß krafft der wörter / der Ziffer / der Characteren / der Kräuter / oder der Thier geschehe.78 Vnd auff dise weiß betreugt er offt die aller fůrsichtigsten. Auch selbst der Poet Virgilius / so sonst für ein grossen Zauberer beschreit gewesen / spricht vnter andern in der Ecloga, deren er denTitul Pharmaceutria oder Zauberer gegeben.

Carmina vel Cœlo possunt deducere Lunam,

Carminibus Circe socios mutauit Vlyßsis.


Das ist / sampt dem so folget.


Mit Worten / Segen vnd Beschweren

Kan man den Mon vom Himmel kehren /

Durch wort die Circe Wunder handelt /

Daß sie Vlyßis Gfährten wandelt.79


Vnd anderstwo schreibet er.


Frigidus in pratis cantādo rumpitur anguis, etc.

Atque satas aliò vidi traducere messes.


Durch Wort kan man es dahin bringen

Daß eine Schlang entzwey muß springen:

Durch wort eins andern Saat mā zwingt /

Daß er auffs nächsten Acker tringt.


Vnd weiter anderßwo.


Hæc se Carminibus promittit soluere mentes,

Sistere aquam fluuiys, & flumina vertere retro

Nocturnosque, cies manes: mugire videbis

Sub pedibus terram, descendere montibus ornos.


Das heißt sampt dem so nachfolgt.


Die Hexin sich vermessen thut.

Sie könn eim schaffen leichten Mut /

Vnd einem andern / wann sie will /

Schaffen der angsthafft Sorgen vil.80

Kan den Wassern jhrn lauff auch wehren /

Vnd sie zu Ruck flugs heissen kehren /

Vnd wann sie zu Nacht thut fürlocken

Die Geister / so im Finstern hocken /

Da sicht man wie die Erd sich widert /

Wie vntern Füssen sie eim zittert /

Vnd wie die Bäum von Bergen steigen /

Wie vor schrecken sich als muß neigen.


Vnd Quidius beschreibets noch anderst / da er von der Zauberin meldt / daß sie sagt.


Cum Volui, ripis ipsis mir antibus amnes

In fontes rediêre suos, concussaque sisto,

Stantia concutio cantu freta, nubila pello,

Nubilaque induco, ventos abigoque vocoque.

Vipereas rumpo verbis & carmine fauces,

Et syluas moueo, iubeoque tremiscere montes,

Et mugire solum, manesque exire sepulchris:

Te quoque Luna trabo, etc.


### Wann ich gewolt / so hab ich künnen.

Die Flüß hindersich machen rinnen /

Daß sie müßten zu ihrer Quell /

Drab mancher Bach erschrack so schnell /

Das er auch vor Verwunderung

Stillst und / biß ich gab sicherung.81

Mit Worten erwög ich das Mör /

Das Gwülck am Himmel ich weg schwör /

Vnd schwör es widerumb herzu /

Mach Winden Vnrhu oder Rhu /

Mit Segen plag manch Schlang ich auch

Daß jhr auffbörsten muß der Bauch /[78]

Die Wäld bewegt ich grimmiglich /

Vnd heiß die Berg erbidmen sich /

Heis die Erd auß den Hülen Heulen /

Vnd die Todten auß Gräbern eilen.

Ja auch du Mon must leiden wol

Daß ich dich herab zieh vnd hol / etc.


Welches warlich fembde wunderliche sachen weren / wann sie war sein solten. Aber es geschicht alles allein durch verblendung vnnd Verzauberung des Teuffels / der den Leuten solchen Höllischen dunst vor den Augen macht / daß sie nicht anderst meinen vnnd sehen / dann diß gang alles warhafftiglich also zu / so doch in der Warheit gar nichts daran ist. Dann es kan keins Wegs durch krafft der Wörter geschehen / was auch die Erfahrenesten auff solche Künst darvon geschrieben haben. Sonder / wie gedacht / der Teuffel ist der eintzig Anstiffter / vervrsächer vnn zudiener solcher verblendung.

Vnnd solches kan durch kein besser Argument /dann diß / so vor angeregt / bewisen werden / daß der Teuffel allerley Sprachen Nationen pflegt durch Mittel der Griechischen / Latinischē / Barbarischen / vnbekanten vnn vnverständlichen Wörter zuäffen vnd zubetriegen / vnd gleichwol dieselbigen Wort seiner Kunst behörig / bei vngleichen vnderschidenen Völckern inn vnd vmb einerley sachen ändert vnnd verwechsselt.82 Diß ist zusehen im Vergilio / vnn Theocrito den Poeten / deren einer Griechisch war / der ander Latinisch vnd im Marcello / vnnd Nicolao / den beiden Medicis / auch selbst im Plinio: Welcher vil solcher Zauberwort zu deßgleichen Betrugwerck erzehlt / die dochs keins wegs mit disen worten so man bey den heutigen Zauberern braucht zutreffen.83

Sonderlich ist heut ein gemein ding / vnnd wie man spricht / Peterlein auff allen Suppen / mit den Kreutzen vnnd Ostien: Inn massen es außfůndlich worden in dem Proceß oder Rechtfertigung mit dem zu Pariß gehengten Blinden sampt seinen andern Mitvberzeugten Kunden: Welche nachmals bekanten / daß sie zu jhren Zaubersegen viel Ostien vnd Kreutzlein / vnnd vilerley Gebettlein brauchtē: welches doch alle Gottlosigkeit vber ein hauffen ist / damit der Teuffel zu den abscheulichsten verfluchtesten dingen dieses den Hexen inn die Händ stosset / daß sie ohn diß für das Heiligst halten.

Dann es scheint / als sey der nicht weniger sträfflich / der des Jupiters / welchen er fůr Gott haltet /spottet / oder jhn schmähet / (gleich wie der Keyser Caligula that) als spottete er des waren Gottes / welcher allzeit auff der Menschen Gewissen vnnd jhren willen ein Aug hat / vnd das Hertz ersuchet vnd prüffet. Gleich wie der jenig / so am ersten Scæuola / von seiner verbrenten Faust geheissen / als er den Porsennam den König der Hetruscer vorgehabt zutödten /vnn aber auß Irrthumm fůr jn seinen Statthalter vmbbracht / nicht weniger schuldig war / als het er den König selbst entleibt.

So ist derwegen des Teuffels meinūg vnd zweck /auß der Menschen Hertzen nit allein die war Religion zuzwacken / sondern auch alles Gewissen vnn forcht /etwas böses zuthun / auffzuheben / vnn den Eifaltigē einzubilden / als sey er nit der jhenig so es thu / sonder die sondere krafft der zusammen gesetzten vnd außgesprochenen Wörter.

Hie möcht man einwenden / es gebe doch die Cabala / welche der Hebreer oder Juden gröst vnnd ehrliche Philosophy ist / den Wörteren vnnd Characteren sondere kräfft vnd Macht zu: Inn massen in dem Reuchlino / Galatino / vnd inn den Cabalischen Positionen des Pici zusehen.84

Da antwort ich darauff. Die Cabala hab zwey theil. Eins ist / daß sie nennen Cabala von Beroschit / das ist / von Anfang: Welchs die ersten Wort der Bibel seindt: Vnd diß ist die Recht war Physic vnnd Natürliche Philosophia / die diß groß Eingebew der Welt erkläret / vnd die geheimmnuß reiche sachen / so vnter Allegorien verborgen ligen / herfür suchet vnd bringet / vnd die vngereimte meinungen der anderen Philosophen / so dem Gesatz Gottes widerstreben /strafft vnd abweiset.85

Das ander theil der Cabala ist diß / so man nent die Cabala vō Mercana / das ist / Die vom Wagen: von wegen des Propheten Ezechiels Gesicht / inn dem die Maiestat Gottes sampt seinē Engeln befiguriert vnnd angedeutet wirt: Welches ein hoht[79] vnnd schwere Matery ist / die gleichwol den Verstand zur verwunderung vnd betrachtung der Veständtlichen oder Erkantnußhafften Welt verzucket vnnd auffbringet: Vnd solche vbernatůrliche oder Menschlichem verstand erhöchte Welt / nennen die Hebreer die Vberhimmelische Wasser / aber die Physicische oder Natur gemässe Welt nennen sie die vntersten Wasser.86

Dann man sicht inn den Propheten vnn im Gesatz Gottes / daß sehr grosse herrliche vnnd schöne Geheimnussen von den Wercken GOTtes vnter den Allegorien der Bibel wie ein Schatz verborgen ligen: Gleich wie man inn dem Philone / im Hebraischen Leone / Origene vnd Salome / wer genaw drauff acht gibt / mag scheinlich sehen.87

Auch zehlet man vnter diß Cabala / was die Patriarchen / Propheten vnnd andere Heilige Leut můndlich auff jre Nachkommenschafft haben hinderlassen: Welche gleichwol nicht so gar spitzfindig vnd zu gar genaw alle Clausulas / Wörtlein / Silben / Buchstaben / ja auch die Puncten vnd gestalt eins jeden Buchstabens auffängt / ersucht vnnd ersubtilifiert haben: gleich wie hernach die letztsten Juden thaten / welche wunderliche Subtiliteten vber den grossen Namen Gottes haben erfunden vnd auffgetriben / ja haben darauß zwen vnnd Sibentzig namen Gottes vnd so vil Engel zusammen gebracht.88 Deßgleichen subtilisieren sie auch scharffsinnig vber den zahlen / welche sie Sephirot nennen / vnd meinen man könn mit disen Namen vnd zahlen groß Wunder wůrcken.89 Aber diß ist mir gar verdächtig: dieweil ich sehe / daß die Zauberer / gleich wie der Agrippa vnd seine Anhänger / disen grossen vnd heyligen Namen Gottes vnter jhre Zeychen / Characteres / vnd kratzwerck vermischen /vnnd gantz gröblich entvnehren vnnd verwüsten: Zu welchen Dauid sagt / da er spricht.90


Zu dem Gottlosen saget Gott

Warumb rüffst auß du mein Gebott

Vnd nimmst mein heyligen Bund vnn Namen

In dein vnheyligen Mund on Schamen /

Dieweil du doch mein Zucht verachtest

Vnd meine Wort vnrecht betrachtest?


Reuchlinus vnd Agrippa haben fälschlich geschriben / daß Judas Machabæus wider den Lysiam vnd den König Antiochum den Edelen / den Sieg deßhalben erhalten hab / weil er inn seinem Fändlein vnn Schilt vier Buchstaben gemahlet hat gehabt.91 Welche bedeutē Mem, Caph, Beth, lod, das ist / Quis est par tibi inter fortes ô Iehoua?92 Wer ist dir gleich vnter den Starcken O Ewiger Gott? Es war zwar diß die Losung / welche er damals seinem Hör gabe: Aber es folgt darumm nicht / daß er von wegen der Buchstaben dē Sieg habe erhalten. Vnnd auff dise weiß /wird der Nam Gottes im Mund / auff den Tafeln / in Schrifften / in Characterē / Ziffern vnd Buchstaben /von denen die jhn versuchen / nicht geheiligt / sondern mißbrauchet / entheyligt vnd vervnreinigt.

Nuhn wirdt aber im Gesatz Gottes deutlich gemeldt / daß er / so seinen Namen verächtlich / vnnützlich /vergeblich brauchen / außsprechen / oder mißbräuchlich nennen wirdt / soll gesteiniget werden.93 Es ist mir mir zwar kein zweiffel / daß die Bösen Geyster diesen Heyligen Namen nicht solten förchten vnd schewen / vnn so bald sie den Namen Iehoua nennen hören / darvon fliehen.94 Aber diß ist hin wider auch gewiß / daß der Nam Iehoua so der Ewige heisset /wann man jhn außspricht / gleiche Wůrckung in allen Sprachen hat. Ja der einige Nam Gottes / so der gemeinst ist / wann man jhn auß auffrechtem vnheuchlerischem / trawhafftem Hertzen auff gute Sinn vnn Meinung spricht vnd braucht / vertreibt alsbald die Teuffel: Wie es dann so offt geschehen ist / als offt ein Zauberer inn versamlūg der anderen / Gott zu hülff beruffen vnnd angesucht hat. Vnd das noch mehr ist /die einige forcht Gottes vertreibt die Teuffel / wie wir hernach anregen wöllen.

Auch schreibt selbst Paulus Grillandus / welcher im Jar M.D.XXXVII. gelebt / daß ein Armer Sabinischer man / nahe bey Rom wonhafft gewesen / der von seim Weib beredt wordē / sich eben / wie sie /mit sonderlicher Salb vnnd Schmär zuschmieren / darmit zu andern Hexen vnnd Hexenmeistern hinzufahren (vermeinend die krafft solches fahrens stecke allein in dem Schmär vnd inn etlichen Worten / vnnd[80] geschehe nicht vom Teuffel (als derselb gesehen / daß er in die Gravenschafft Benevent gefahren kommen /welchs des Papst schönste Herrschafft ist / vnd allda vnter einē grossen Nußbaum gwesen / hat er vnzahlig viel Hexen gesehē / welche / wie es jhne bedauchte /zum besten assen vnd trancken / da that er wie andern auch Wie er aber etlich mal Saltz geheyschen / darab die Teuffel groß ab schewen tragen / hat man jhm zu letst / wie jhn gedaucht / Saltz gebracht: da fieng er gleich an / vnd sagt auff sein Italianisch / Laudato sia Dio, pure venuto questo sale, Gott sey gelobt / daß einmal diß Saltz ist kommen.95 So bald als der Namen Gottes genennt gewesen / ist auff d' stätt die gantz Gesellschafft der Teuffel vnn Zauberer / sammt aller jrer Kost dahin verschwunden / vnn ist der Arm Tropff gantz bloß vnd nackend allein da gepliben: der hat darnach auff hundert Meilen von dannen heim ziehe můssen: Vnnd als er widerumb zu Hauß kommen / hat er weiters zu thun nit gewůßt / dann sein Weib zu verklagē: welchs dann / nach dem es die warheit bekant / lebendig ist verbrennt worden: sammt noch mehr andern die sie angegeben.

Welchs dann eine genugsame Anweisung ist / das die Würckung der Wunder nicht liege an Figuren /Characterē / Buchstaben / Zifferē / Sylben oder wörtern / sonder an der forcht Gottes.96 Vnnd daß der Teuffel allein zubeschönung vnd verdeckung seines Betrugs / sich der wörter / Zeychen / Buchstaben vnnd geheiligen Ostien zu seinen Händeln annemme vnn gebrauche.

Wir haben bey Erst nun erzehlter Geschicht gedacht / wie die Teuffel daß Saltz sehr schewen sollen /vnn die vrsach / warumb sie es schewen / ist gar gut: Seiteinmal das Saltz ein bedeutung der Ewigkeit vnn Vnsterblichkeit ist: Auß vrsach / Weil es nimmer mehr fault noch verdirbt / auch allerley ding vor verderben vnd fäulung verwaret: Der Teuffel aber dargegen nichts anderst als verderben / verwäsung vnn erlösung der Creaturē suchet / gleich wie GOTT hingegen die Wachssung / Mehrung vnd Erhaltung derselbigen.

Daher auch im Gesatz Gottes gebotten worden /Saltz auff den Tisch des Heyligthums / vnd in gemein zu allen Opffern zubrauchē.97 Vnd es schemt es hab Plato / als der diß Gebott von den Hebreern gelehrnet gehabt / auß diesem grund gsagt / daß Saltz seye Gott lieb vnd angenem.

Vnnd im widerspil ist im Gesatz Gottes verbotten /weder Höfel / Saurteyg Wein noch Honig / wie die Heyden / zu den Opffern zubrauchen.98 Welches bedeutet / daß man Gott ohn Heucheley / mir sonderer bescheidenheit / Weißheit vnd Nüchterkeit anruffen solle. Derhalben jrrē sich die jenigen / die da gemeint haben / daß des Lots Weib in ein Saltzseul seye verwandelt worden.99 Dann diß ist ein weiß zureden der Hebreer / welche die herrlichste Geheimnussen der Natur gewußt haben / das sie ein Seul von Saltz fůr ein stätwerende Seul nennen.100 Vnd im Gsatz Gottes wird gemelt. Ich will mit euch einen Bund von Saltz machen das ist / einen ewigen Bund.

Wo die eygenschafft der Characteren oder Figuren des Namens Gottes gleiche wůrckung hett / so wůrdens die Zauberer in jren Anruffungen nit brauchen /deren doch jre Bücher voll seind.101

Vnnd also wöllen wir hiemit schliessen / daß die Cabala / das ist /102 Die Weißheit von Gott gebillicht / vnd durch Mittel der Engel vnd Propheten Mündlich bey den Nachkommenen behalten vnnd verbliben / nicht lig an den Buchstaben / Characteren oder Figuren: Welches sonst die vrsach gewesen /deßhalbē viel dise Cabalische Weißheit gescholten haben: wie dann allen guten Sachen von wegen des mißbrauchs pfleget zugeschehen: Sondern ahn dem geheymen Verstand vnd Erkantnuß der Wunderthaten Gottes / welche durch die gantz Schrifft mit Allegorien / Zugleichnussen vnd Bedeutungen bedeckt vnnd verborgen ligen. Dann es ist darinnen kaum ein Gebott oder Red / die nit zwifachen / ja bißweilen Treyfachē Sinn vnd verstand auff jm trage.103

Mann nemme zum Exempel das Gebott so den Priestern aufferlegt wordē / daß man den Aussetzigen oder Maltzen / wann er anfanget zukräncken / vnd das geringste Aussatzmal an jm erscheinlich soll verschliessen / vnnd jeden sibenden tag jhne so lang besuchen /[81] biß er heyl sey: Oder biß er gar mit weissem Aussatz vom Scheytel an biß zun Fůssen vberzogen sey / alsdann wird gebottē jne ledig zulassen: dann (spricht die Schrifft) er ist rein: Aber hat er etwas lebendiges fleisches an jhm / da muß man hůtē / das er andere nicht besuche.104

Der Hebraisch Phylo verwundert sich vber disem Politischē Gebott / legets durch ein Moralischen oder Sittlichen Verstand auß / vnnd sagt / Es bednncket mich / das der / so gar keine Erkantnuß Gottes hat /vnnd desselbigen gar keine Empfindtnuß / könne die anderen nicht vergifftē noch verterben: Sondern der /so etwas Empfindnuß vom Gesatz Gottes vnnd seiner Warheit hat / vnd gleich wol anderswo her mit falschen Meinungen verfůhrt vnd eingenommen ist / der ist gar sorglich vnnd gefehrlich: Dann vnter dem schein der Religion Menget er Gottloß Gifft mit ein: Gleich wie die Zauberer mit dem Namen Gottes thun.

Zu disem Politischen verstand / der im Gesatz Gottes gemeldt wird / vnnd zu dem Moralischen Verstand / den Phylo anreget / ist noch ein herrlichs Geheimnuß der Natur darbey zumercken / dessen nie keiner gedacht hat.105 Nemlich diß / daß alle ding / die sich verderblich verzehren / allweil sie im Verderben wären / den Lufft vnnd die jenigen / so zu jm näheren / vergifften / biß daß die Verderbnuß Gantz vollkommen sey: Welches Theophrastus im Buch von den Odoribus, oder Geruchen mit treyen Wortē begreiffet / Γᾶος Σαπρὸς κακῶδες, Quidquid corrumpitur fœdum exhalat Odorem. Das ist / Alles wz verdirbt /allweil es verdirbt gibts / ein stinckenden Geruch.

Gleich wie das Ey / welchs sonst sehr lustig vnd gut ist / also daß es auch Horatius nennet Antiquas Regum Delicias: Der Alten König Gelůst: wann es anfangt ein Bruteley zuwerden / oder zufaulen vnd zu verderbē / so stinckts vber die massen sehr / vnn vergifftet den Lufft so lang / biß die Verderbnuß oder Fäulnuß zum höchsten vnnd vollkommen ist / vnd daß das Hůnlein außschlieffe.106

Vnnd das noch mehr ist / wann Basilgē vnd Lauandel (welchen die Alten deßhalben Celtischen Nardum nandten / weil er von Natur gern viel inn Langedock wächsset: Wiewol Valerius Cordus meint / der Spick heysse Deßhalben Celtisch / Weil er bey den Teutschē mit hauffen wächsset / also daß man jhn sehr viel auß Oesterich vnnd den Alpen gen Venedig fůhret: dann Dioscorides sagt / daß der Spick / Da er wächßt /Saliunca heißt: Nun heißt er aber noch auff den heutigē tag bey den Teutschē Seeljung / als der den Menschē einen jungen Muth schaffe: Zu dem so haben die Alten vnter den Namen der Celten oder Helden stäts die Garmanische vnnd Gallischen Teutschen verstanden) Ja / sag ich / wann die Basilgen vnnd Lauandel zugedecket vnnd beschwäret werden / fangen sie ahn zufaulen / vnd vberauß sehr heßlich zustincken.107 Aber wann man sie jhre Verfäulung laßt gäntzlich Vollbringen / wird ein sehr Köstlich Wolriechend öl darauß. Also auch wann der Samen verfaulet / alle weil er inn der fäulung bestehet / bringet er Krebs /geschwulst vnd frembde bocken vnd Blatern.108

Eben auff solche weiß / ist auch d' Maltzen vnnd Aussetzigen Blut sehr vergifft / wann es im mittelen Verderben stehet / biß vnnd so lang / daß das gantz Geblůt vberal durch vnnd durch verderblich verwandelt sey. Derhalben ist es alsdann sorglich / allweil die Maltzen sich ändern / jnen zunahen. Aber wann es gar geändert ist / da hats kein Noth noch gefahr mehr. Sihe da / hiemit habt jhr den Natůrlichen Verstandt dises Gesatzes.

Zuzeiten hats allein den Historischē verstand: Gleich wie da / wann geschriben stehet / daß Moses das Volck gezehlet hab / vnn anders dergleichen.

Etwan gebietet das Gesatz / die Vorhaut / des Hertzens zubeschneidē: Nun hat ja das Hertz keine Vorhaut / vnnd wann es schon eine hette / were vnmöglich sie hinzuhawen.109 Aber es lautet so viel / als daß man die bösen Gedancken / die Raachgirigkeit /den Geitz vnnd andere Laster soll Abschneiden.110 Mit welchem Exempel man den Vnverständigen Genugsam den Glauben inn die Händ geben kan / Was sie von dem Cabala / So sie sonst verachten / sollen[82] halten / Vnnd daß man nicht allein ahn dem Buch stäblichen verstand kleben vnnd behangē müsse: Seiteinmal das jenig war ist / das die H. Schrifft sagt / Litera occidit, Spiritus autem viuificat: der Buchstab tödtet / der Geyst aber macht lebendig.111

Wiewol ohn diß ein ander Fein ort / welchs solches erweisen mag / im Gesatz Gottes stehet zufinden / als da gesagt wirt / daß Moises / nach dem er vom Berge / darauff er Viertzig Tag vnnd so viel Nächt verharrt gehabt / herab gesteigen seye / Ein Decke vber sein Angesicht gezogen habe / damit er zu dem Volck desto fůglicher könte reden: Wann er aber widerumb zu Gott mit jhm zureden / sich verfůgt / habe er die Decke vom Angesicht hinweg Gethan.112 Dieweil sein Andlitz also leuchtend klar gewesen / daß es dasVolck inn die harr nicht hat anschawen noch ertragen mögen: Das ist / daß es vber den Buchstablichen Verstand / die Geheimnussen / Allegorien vnnd zugleichungen / so ahn vielen Enden des Göttlichen Gesatzes / zufinden / nicht könte begreiffen.113 Vnnd gleichwol wird darbei gemeldt / daß sie die sachen merckten vnnd verstunden / wann sie das Angesicht hell entdecket sahen.

Die jenigen aber / die auß sonder gefaßter vbelgegrůndter Eygenmeinung solche Außlegungen schelten vnnd straffen: deren doch die Schrifften S. Hieronymi / S. Augustin / in S. Basilii / vnd fůrnemlich des S. Originis / vnd in gemein aller Hebraischen Doctoren schrifften vnd Bůcher voll sind / die thun Gott vnd allē Propheten gwalt vnd vnrecht: Seiteinmal dise nie anderer Meinung gered haben.

Vnnd das noch mehr ist / die Hohen Schrifften des Königs Salomonis / seind nichts anders / dann Parabolæ vnnd Allegorien / Gleichnussen / Verwendungen vnnd sinndeutungen: Welche er auch deß halben außtrucklich also genendt hat / darmit jeder männiglich zuverstehen zugeben / daß man nit gantz gebicht soll bekleben bleiben ahn dem Buchstäblichen sinn: Welchen die Hebreer Sensum Passuc, das ist / den Sinn des Versickels oder Spruchs nennē daher die bösen Latiner / auß Vnverstand der Hebraischē sprach / dise Art zuredē gezogen / das sie bey anziehung vnd außlegung der schrifft puncten jedes mal sagen / In hoc passu: Haben also auß einem Verß / einen Paß oder schrit / vnd bey nach die Osterliche Pascha gemacht.114

Nun aber steht geschriben / daß Salomon die gröste Weißheit hab gehabt / vnd dz jhm Gott mehr habe gegeben / dann je einem Menschen / vnnd nicht desto weniger darmit er Kluger Leut Geyst / Sinn vnnd Verstand etwas höher Dann den Buchstaben erlupffe vnd erhebe / so spricht er / das die Erkantnuß Gottes die Frucht sey / welche der Baum des lebens bringet.115

Derwegen soll man inn den ersten Capiteln des ersten Buchs Mosis den Baum des Lebens nicht der gestalt verstehn / wie die / so nach dem Buchstaben es außlegen. Dann diese schöne Außleger des Buchstabischen Verstands / haben viel Hundert Tausent Rohe Epicurer / Atheisten vnnd Gottloß Buben gemacht: Welche als bald sie den Buchstaben vom Reden der Schlangen im ersten Buch Mosis bey dem fuß erwischt / darzu sagē / daß die Thier vor alten zeiten geredt haben.116 Gleich wie ein fůrnemer Landherr ein Marschalck auß Franckreich / als er einen Hochgeachten Prelaten predigen gehört / daß Adam durch einen Apffelbiß / das gantz Menschlich Geschlecht / ausserhalb einer kleinen Hand voll Christen / inn ewige Verdammnuß Gestůrtzt habe / hat jm solche Buchstäbliche Außlegung nicht genug thun wöllen / Sondern sagt / es war wol von nöten / daß man vmb so gerings so groß klag führte. Aber diser Gottslästerischer Prediger geht Deßhalben zur straff noch allen Hoffleuten / die ein Sprůchwort darauß gemacht / inn den Mäulern vmb: Welches nimmermehr geschehen wer / Wann der / So andere zulehren sich vnterfangen / disen ort recht verstanden vnd weißlich außgelegt hett.

Vnnd vmb Gleiches mangels willen / hat der Gelehrt Philosophus Porophyrius inn den Büchern / die er wider die Christen geschriben / mit erklärung des Baums der Erkantnuß gutes vnd bösens / vnd dem Baum / so Frůcht des Lebens truge / Ein vnzahlige Meng Leut von der Waren[83] Religion abgefůhrt / allein durch auffmutzung der Vngereimpten Stuck vnnd Absurditeten / die er auß der Histori nach dem Buchstaben hat zusamen getragen: Welche stuck doch alle auffhören vnnd fallen / wann man die Göttliche Außlegung ahn die Hand nimmet / welche Gott seine Trewe Diener / Moisen vnnd die Propheten gleichsam můndtlich berichtet hat: Vnnd die man auch inn dem Philone / dem Leone dem Moisi des Maymons Sohn /dem Leui des Jarhij Sohn / dem Origene / vnd sonst anderen Hebraischen Theologen vnd Christen mag finden.117

Diß trifft auch mit dem vberein / Daß das Gesatz sagt / dise Thier seyen nicht allein vnrein / welche nicht wider käwen / vnd kein gespaltene Klawē haben / sondern auch die / so nit gespaltene Klawen haben /vnnd gleichwol doch widerkäwen.118 Welches Origenes von disen außlegt / welche sich wol auff nachsinnung vnnd betrachtung des Gesatzes Gottes begeben vnnd legen / aber keinen Vnterscheid Zwischen dem Buchstäblichen verstand vnnd dem Geheimnußreichen oder Mystischen verstand vnnd zwischen dem Geyst vnd dem Fleisch halten.119

Der Heilig Vatter Hieronymus nennet inn dem Catalogo Scriptorum den Origenem / den Meister der Christlichen Kirchen nach den Apostelen vnd den ersten vnter allen Christlichen Doctoren.120

Derohalben wann wir im Göttlichen Gesatz lesen /das der Egyptisch König Pharao / alles was Mannlich vnter den Hebreern geboren ward / tödten liesse / aber was Weiblich ahn die Welt kam / Lebens fristig hielte / da haben die Weisen Hochverständigen Doctores zu dem Buchstäbischen Verstand / der dann für sich selbst warhafft besteht / auch etwas weiters verstanden / das der Teuffel so durch den Pharao angedeutet wirt / sich auch hoch bemühe / den Verstand oder Intellectum / welcher das Männlich oder Masculinisch theil am Menschen ist / zutödten / damit er nur die Begirden vnnd Gelůst bey Leben vnd wůrden erhalte.121

Inn gleichem fall / wann gemeldt wird / wie Abraham die Magd stammt dem Sohn verjagte / vnnd inn disem stuck der Frawen oder Haußmeisterin Sara folgte / da haben die Cabalistische Theologi weißlich es außgelegt / das man der vernůnfftlichkeit so die Meisterinn ist / gehorsam sein vnnd folg thun / vnnd dargegen die Begirlichkeit oder Gelůst sampt den Sünden / so darauß geboren werden / vertreiben vnnd demmen solle.122

Wann im Gesatz Gottes gebotten wirt daß sie im Krieg die Fruchtbaren Bäum nicht abhawen sollen /Da muß man auch darbey verstehn / das man fromme Tugend haffte Leut / vnnd kůnstliche oder nutzliche Handwercker nicht tödten solle.123

Wann gemeldt wirt / das ein jeder seinen Wust oder Kaat mit Staub vnnd erden bedecken solle / auff das der Lufft nicht vergifftet werde / da soll man darbey mercken / daß das böß / wann es verborgen vnnd verdeckt wirt / Verantwortlicher sey dann sonst / vnnd das sich keiner seiner bösen stůck hab zurhůmen noch dieselbigen auß zubreiten / damit er niemand kein Böß Exempel nicht gebe.124

Wann verbotten wirt / Gott einen Hammel / ein Schaf / das nicht gantz weiß / ohn mangel vnnd prästen sey / zuopfferen / da ist auch darbey zu verstehn /das die Seel die man Gott Auffopfferen will / rein vnd pur sein solle: will nicht das sie hinck echt / lam vnd hogerig seye: anzuzeigen / das man in Gebotten Gottes schlecht vnd auff echt wandeln solle.125

Philo der Hebreer ist von Wegen der Moraliteten oder Sittlichen Lehren inn seinen Außlegungen wunderlich / vnnd der Leo vnnd Maymon vonwegen der Natürlichen Lehren ansehlich: gleich wie auch das Buch Zoar: Welches noch nicht gar auß dem Chaldeischen vbergesetzt ist.

Aber zu gleicher weiß / wie wir daroben von den Natůrlichen Vorsagungen / von der Gestirnkündigung oder Astrology / vnd anderen dergleichen Kůnsten vnnd Weißheiten gesagt haben / das man darinn sich nicht Mißbräuchlich versehen solle: Also muß man sich auch inn der Cabala vor Mißbrauch / der sich darbey begibt / vnnd daruon wir hievornen geredt haben / wol fůrsehen vnd hůten. Seitenmal nichts[84] so heilig ist / daß nicht durch den Sathan vnd seine Zudiener vnd Beypflichtige verwüstet vnd entheiligt werd.

Dann es ist ein Teuffelischer betrug / die Heilig Geschrifft zu Beschwerungen vnd Zauberworten wöllen brauchen: auch haben die Altē Hebreer nie darauff gedacht Welcher Mißbrauch auch den Heyden hat vrsach geben / das Wort Gottes zulästerē / auch der Hebreer Cabalam fůr Zauberisch zuschelten: Dann Plinius schreibt also daruon. Est alia Magices factio, à Mose, & Iochabella Iudæis pendens. Er heißt / als einer / der die Sprach nicht verstanden / das Cabala vnrecht Jochabella / vnnd sagt / es sey von Mose Erfunden worden.126 Cabala aber heißt eigentlich auff Griechisch Acroama das ist / eine Wissenschafft / die mit hören vernommen vnd angenommen / vnnd nicht geschriben wirt / vom Wort kibel: dieweil verbotten war / das Cabala anderst dann von Mund zu Mund vnd ander / dann die vber jhre viertzig Jar weren / zu lehren. Vnnd war da gar kein bekůmernuß darumb /wie man durch außsprechung der Wörter Wunderzeichen thue / gleich wie Doctor Johann Keuchlin von Pfortzheim vnnd Petrus Galatinus Barfüsser Ordens /in dem Buch von den Geheimnussen der Catholischen Warheit auß den Hebraischen Büchern / vnnd sonderlich dem Talmud Gezogen / vnnd zu handhabung des Doctor Reuchlins meinung wider die Jüdische Halßstarrigkeit hat außgehn lassen / gewöllt haben: Dann diß ist ein Mißbrauch der Geheimnußlehlrenden Cabala.127

Das mir aber einer Fůrwerffen wolt / wann einer ein gewissen Spruch auß den Psalmen auff diß End hin erzehlet / das er dardurch zur stund / wann er will zum Gebett oder andern Ehrlichen Geschäfften mög erwachen / Das könne ja nit etwas Teuffelisch inn sich halten noch anzeigen. Da will ich zwar bekennē /daß d' erst grund zur Weißheit alsdann gelegt werde /Wann man morgens frü zum Gebet sich Gewänet auffzustehen / vnnd das von denen / so am Ersten ihr Gebett GOTT auffopfferen / Gläublich zuhalten sey /das sey auch am Ersten vor andern den Segen bekommen gleich wie Jacob dem Esau gethan hat.128

Vnnd deßhalben sicht man inn der gantzen Heiligen Geschrifft / das die Propheten sich frů auffmachen Gott zu loben / vnd jhme jhr erstes thun vnnd werck zuopffern: Inn massen Dauid sagt / In matutinis meditabor in te: Frů will ich meine Gedancken mit dir anheben. Vnnd an einem anderen ort. Exurge Psalterium, exurge Cythara, exurgam diluculo. Stehe auff mein Psalter / mach dich auff mein Seitēspeil / ich will mit dem anbrechenden tag auffbrechen etc. Vnd in dem Propheten Hieremia. Misi ad vos Prophetas surgendo manè Ich hab inn aller frůe Propheten zu euch geschickt.

Auch gewints das daß ansehen / als hab Gott inn der wůsten sonderlich lust gehabt / sein Volck frů auffzuwecken Dann so bald die Sonnēsträm das Manna nur etwas bescheinten / vergieng es gleich auff der stätt / vnd ward zu Wasser / wiewol es doch sonst bey dem Fewr nicht verschmeltzte: vnnd diß darumb /wie Salomon sagt / auff das sie darmit Gott zudancken ermant würden.129

Aber nicht desto weniger / wiewol ich diß Frügebeit nicht Vnbilliche / sag ich doch dargegen / das nit billich noch recht sey / die Heilige Schrifft solcher meinung zubrauchen / das man den worten etwas krafft zugebe / ob es auch schon zu gutē end geschicht. Diß vermag auch die entschliessung oder Resolution der offtgedachten Theologen.

Noch vil minder scheins hat es / zuglauben / das die Zauberer oder Hexin inn krafft / etlicher wörter den gewalt solten haben / die frucht auff dem Feld zuschädigen oder zu grund zurichten.130 Wiewol die Römischen Gesatz in jren zwölff Taffeln außtrucklich die Verzauberung der Frůcht verbotten haben. Qui fruges excantasset, aut qui malum Carmen incantasset, etc. sprechen sie.131 Nicht darumb / Daß die Zauberer durch ihre Versehung vnnd Beschwören die Früchte tödteten Sondern es Geschicht durch Hülff des Sathans: Gleich wie sie auch auff ebenmäsige weiß (wie wir ahn seim Ohrt Melden wöllen) das Vngewitter Erwecken vnnd nicht durch Macht der Wörter. Dann[85] ein anderer Zauberer oder Zäuberin könts nicht thun / wann sie schon eben dieselben Wort spräche.

Auß der vrsach hab ich mich Offt verwundert /zwar nit des geringen Gemeinen Pöfels / vnnd der Vnverständigen Leut / sondern des Hochverständigē Weisen Catonis / welcher darfůr gehalten / das man die von einander getrennte vnnd in weiten orten entlegene Glider durch Zauberwort könn widerumb Erneweren vnnd zusamen fůgen.132

Deßgleichen auch des inn Kriegen vnd Kůnsten Hocherfahrenen Fůrsten Iulij Cæsaris / welcher / dieweil er einmal mit der Gutschen ward vberworffen /darnach all / zeit / wann er auffgesessen / treymal ein gewissen Segen fůr das fallen vnnd werffen hat gsprochen / vngeacht / das er solche Abergläubige Sachen inn anderen fällen großmůtiglich hat wissen zu verspotten.133

Auch des Marci Seruilij Noniani / so der fůrnembsten Rhatsherre einer zu Rom gewesen / vnnd fürs Augenwee allzeit am Hals ein Papeir trug / Darinn die zwen Buchstaben P. vnnd A. geschribē stunden Wann es ein gute Wurtzel / oder ein Artzeneisch kraut wer gewesen / welchs durch sein Natůrliche Eygenschafft vnnd Geruch solche Kranckheiten vnd Prästen heilē könte / da hett es etwas scheins gehabt: Inn massen dann gewiß vnnd Expermentiert ist / daß die Pæonienwurtzel oder Benignenwurtz / wann man sie an Hals hencket / sehr den Fallendsůchtigen vnnd Gichtigen dienlich sey. Daher es auch die Teutschen Gichtwurtz nennen. Aber an den Halß ein Papeir zuhencken / es sey nun darinn geschriben oder mit Characteren gekratzet was man wöll / da halt ichs mit den beiden Heiligen Vättern / Johanne Chrysostomo vnn Augustino / daß solches bey den Vnverständigen vnnd Alberen eine eitele Abgötterey seye / vnd bey denē / so es verbotten wissen / vnnd gleichwol vertrawen vnd glauben darauff setzen / eine warhaffte Zauberey.134 Angesehen / weil diß ein Zauberey heysset / da man den Kräuteren / Stauden / Thieren vnnd Mettallen die krafft der Heilung zumisset / wann man nicht durch gleichmäsig Mittel die Ehr dem Herren Gott zuschreibet.

Hierumb so sagen die Hebreer / daß der König Ezechias dz Buch / in welchem Salomon die kräfft vnnd eigenschafften aller Thier / erdgewächß / gestein / Kräuter vnnd Mettallen begriffen gehabt / deßhalbē habe verbrennē lassen / damit durch solche verleitung die Leut nicht inn Abgötterey geführt würden.135 Gleich wie er auch auff gleichen fall die ärin Schlang / so auß der Wůsten auff behaltē / vnd vom einfaltigē Völcklein angebettet wordē / hat zu äschē verprennet.136

Wie viel billicher hällt man dann für Abgötterey wann man den Worten vnnd Characteren vil glauben zustellet / welche doch / wie andere Creaturen / Geschaffen / Sondern entweder von den Menschen oder von Bösen Geystern Erfunden sein. Welchs nicht allein eine Abgötterey / sondern eine lautere Zauberey ist.

Abgötterey nenn ich mit dem S. Augustino vnd allen Alten vnd Newen Theologis / wann man sich vom Schöpffer zu dem Geschöpff wendet: Sie brauchen dise wort / Auersio à Creatore ad Creaturā.137

Auch sicht man / daß die Wörter vnnd Segen nimmermehr nicht zur würckung gereychen / es setz dann der Mensch sein vertrawen darauff. alsdann so mischt sich der Teuffel ins Spiel / wie er dann nimmermehr nicht schlaffet: Vnnd laßt es ein zeitlang für eine Abgötterey durchgehen / biß er die Leut gar zu vollkommenen Zauberern vnd Hexenmeystern macht / wie wir an seinem ort melden wöllen.

Man wirdt villeicht dargegen einwerffen / die stimm / vnnd das Wort GOTtes sampt den zwo von seinen Händen geschribenen Tafeln / seyen Werck GOTtes / gleich wie die Sonn / der Mon vnd der Himmel vnd derhalben so erfolge darauß / daß sie Natůrliche krafft haben. Diß ist des Printzē von der Miranda vnd des Doctor Reuchlins meinung vnnd Gutbeduncken.138 Aber ich sag darwider / daß solche Wörter keine weitere krafft haben / dann so ferr sie Gott zu einem gewissen end vnd zweck hat geredt / außgesprochen / Geschriben vnnd gegeben / vnd gar nit weder zum Vngewitter / noch gutē Wetter / oder anderem ding. Sondern vil mehr / dz die / so es ins Werck[86] setzen / dardurch das ewige leben erlangen: Inmassen gesagt wird / Hoc fac & viues. Diß thu / so wirstu leben.

Aber die Menschen oder des Sathan Wort / haben nicht weitere krafft / dann die Gemalte Frůcht vnnd Obs / Oder ein Bildstock / vnnd andere der Natur kůnstlich nach gemachte stůck. Wiewol der Sathan disen gewalt von Gott hat / derselbigen zugebrauchen gegen den Heiden vnnd Vngläubigen Götzendienern /vnd denen / die GOTT verachten: Welche also vnter der Tecke der Wörter betrogen vnnd hindergangen werden / vnnd Sonderlich auch durch Wörter / die kein Teuffel verstehet. Dieweil (wie Plinius sagt) Minorem sidem Homines adhibent ijs, quæ intelligunt, die Leut Minderen glauben auff diß / so sie verstehen / setzen.139

Daher kompts auch / daß Galenus im Sechsten Buch von den Simpeln oder schlechten Pharmacis /den Xenocratem Aphrodiseum, vnnd einen Pamphilum straffet vnd außmustert / weil sie durch solche Betrugwerck die Medicos nachäffetē.140

Plinius ist im Acht vnnd Zwantzigsten Buch / in den siben ersten bůchern voll solches Narrenwercks. Vnnd wiewol er im anderen Capitel sagt / daß die Weisen solcher ding spottē / nicht desto weniger vergißt er sich widerumb / da er sagt / Teophrastus /Cato vnd Cæsar setzten in besonderen Kranckheiten starckenglaubē darauff / darmit andeutend / als sey es nicht so gar zuverachten.

Aber diß ist gar ein frembd stuck / welchs auch alle Alte Serrbenten / vnnd zum theil daroben benente /gemerckt vnnd beschriben haben / daß man nemlich die Schlangen hat beschworen vnnd verzaubert.141 Ja der Königlich Prophet Dauid vergleichet den Gottlosen einer Schlangen / die die Ohrē zustopffet auß Forcht den Zauberer / so sie arglistigilich beschweret / zuhören.

Gleichwol ist darbey auch zumercken / daß die Zauberer durch Schlangen vnnd Nateren vmbgebracht werden. Daher sagt Salomon.142


Keiner erbarmt des Zauberer sich

Der die Schlangen beschwört durch sprüch

Wann jhn ein tödt durch einen Stich.


Welchs auch eine History erweißt / die man von einem Zauberer von Saltzburg Erzehlet / der vor allem damals beywesenden Volck / alle Schlangen auff eine Meil herumb inn eine Grube hat beschworen / vnnd darnach darinn alle getödtet / außgenommen die letste / welche gar groß gewesen / die hat sich jhm widersetzet / vnd so hefftig gegen jhm gesprungen /daß sie jhm sein Sächlein gemacht.143

Auß welchem erscheinet / Daß es nicht das Wort Hypokindox gethan / gleich wie der Theophrastus Paracelsus daruon schreibet / Noch auch andere der gleichen Wort auß dem ein vnd Neuntzigstē Psalmen /noch die krafft anderer Wörter / was man auch daruon halte / sing Vnnd sage.144 Dann wie hetten die Schlangē eins Menschens stimm auff eine Meil herumb hören können? Sonderlich auß bedenckung / daß die Schlangen inn der Tieffe der Erden versteckt ligen? Was auch Aristoteles zu end des Buch von den Wundern meldet / wie eine Zauberin zu Tene / einer Statt in Thessalien gewesen / welche die Basilicen kont beschwören.145

Derwegen so muß es nur des Teuffels eygen Werck sein / welcher seine getrewe Vnderthanen vnnd Diener pfleget solcher gehörter gestallt abzuzahlen.146 Vnd auff dise meinung / muß man den Canon / Nec mirum, xxvj. quaest. 5. Sampt dem S. Augustino /welche halten / daß die Zauberer durch krafft jrer Zauberwort vnnd Hexensprůch die Leut vergifften vnnd tödten / nit anders noch außlegen / verstehn / dann daß es eigentlich durch Zudienst vnd mittelung des Teuffels geschehe Dann man hats vil tausent mal versucht / daß die Wort vnd segen sprůche keine Krafft noch würckung gewonnen haben / wann sie ein anderer dann ein Zauberer hat gebraucht oder gesprochen.

Vnd so es inn geringfügē sachē sich schicket vnd begibt / das es scheint / als hetten die Wort eine sondere wůrckung / als zubinden oder zu verknipffen / so ist fůr gewiß zuhalten / daß die Teuffel / welche an allen enden vnnd orten sich finden / viel mehr des jenigen bösen Willens geleben vnnd willfahren / Der ein Sonderlich mercklich Bubenstuck vornimpt zu Vollbringen[87] vnnd jhm mit sonderem lust trewlich darzu anhelffen / damit sie jhn nur fort ahn zu grösserer Schelmerey vnnd Gottlosigkeit reitzen vnnd verleiten.

Quelle:
Bodin, Jean: DE MAGORUM DAEMONOMANIA. Vom Außgelassnen Wütigen Teuffelsheer Allerhand Zauberern / Hexen vnnd Hexenmeistern / Vnholden / Teuffelsbeschwerern / [...] durch [...] Johann Fischart [...] in Teutsche gebracht [...]. Straßburg 1591, S. 77-88.
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