51. Marschroute bis Pirna

[205] So marschierten wir den ersten Tag (22. Aug.) zum Köppeniker Thor aus, und machten noch 4. Stunden bis zum Städchen Köppenik, wo wir zu 30–50. zu Burgern eingequartirt waren, die uns vor einen Groschen traktiren mußten. Potz Plunder, wie giengs da her! Ha! da wurde gefressen. Aber denk' man sich nur so viele grosse hungrige Kerls! Immer hieß es da: Schaff her, Canaille! was d' im hintersten Winkel hast. Des Nachts wurde die Stube mit Stroh gefüllt; da lagen wir alle in Reihen, den Wänden nach. Wahrlich eine curiose Wirthschaft! In jedem Haus befand sich ein Offizier, welcher auf guter Mannszucht halten sollte; sie waren aber oft die Fäulsten. – Den zweyten Tag (23.) giengs 10. St. bis auf Fürstenwald; da gab's schon Marode, die sich auf Wagen mußten packen lassen; das auch kein Wunder war, da wir diesen ganzen Tag nur ein einzig Mal haltmachen, und stehnden Fusses etwas Erfrischung zu uns nehmen durften. An letztgedachtem Orte gieng es wie an dem erstern; nur daß hier die meisten lieber soffen als frassen, und viele sich gar halb todt hinlegten. Den dritten Tag (24.) giengs 6. St. bis Jacobsdorf, wo wir nun (25. 26. u. 27.) drey Rasttage hielten, aber desto schlimmer handthiert, und die armen Bauern bis aufs Blut ausgesogen wurden. Den siebenten Tag (28.) marschierten wir bis Mühlrosen 4. St. Den achten (29.) bis[205] Guben, 14. St. Den neunten (30.) hielten wir dort Rasttag. Den zehnten (31.) bis Forste 6. St. Den eilften (l. Sept.) bis Spremberg 6. St. Den zwölften (2.) bis Hayerswerde 6. St. und da wieder Rasttag. Den vierzehnten (4.) bis Camenz, dem letzten Oertchen, wo wir einquartirt wurden. Denn von da an campirten wir im Felde, und machten Märsche und Contremärsche, daß ich selbst nicht weiß, wo wir all durchkamen, da es oft bey dunkeler Nacht geschah. Nur so viel erinnr' ich mich noch, daß wir am fünfzehnten (5.) 4. St. marschiert und bey Bilzem ein Lager aufgeschlagen, worinn wir zwey Tage (6. u. 7.) Rasttag hielten; dann den achtzehnten (8.) wieder 6. St. machten, uns bey Stolp lagerten, und dort einen Tag (9.) blieben; endlich am zwanzigsten Tag (10.) noch 4. St. bis Pirna zurücklegten, wo noch etliche Regimenter zu uns stiessen, und nun ein weites fast unübersehbares Lager aufgeschlagen, und das über Pirna gelegene Schloß Königstein dieß- und Lilienstein jenseits der Elbe besetzt wurden. Denn in der Nähe dieses letztern befand sich die Sächsische Armee. Wir konnten gerade übers Thal in ihr Lager hinübersehn; und unter uns im Thal an der Elbe lag Pirna, das jetzt ebenfalls von unserm Volke besetzt ward.[206]

Quelle:
Leben und Schriften Ulrich Bräkers, des Armen Mannes im Tockenburg. Bd. 1–3, Band 1, Basel 1945, S. 205-207.
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