XXX. Von Calender-Wahrsagereyen.

[430] Was für phantastische Aberglauben unter den Calender-Nahmen fürlauffen, davon wäre ein gantz Buch voll zu schreiben, dann derselbe ist bey vielen einfältigen Leuten dergestalt eingerissen, daß solche in ihrem Haußwesen fast nichts anheben oder verrichten wollen, wann sie nicht zuvor in den Calender gesehen haben, ob es auch ein glücklicher Tag sey, dieses oder jenes zu Handen zu nehmen: Dann will einer reisen /so siehet er in den Calender, was zu solcher Zeit für Wetter seyn wird.1 Will er Artzney gebrauchen /so soll ihm solches der Calender rathen, will er aderlassen / so muß das im Calender stehende Laß-Männlein zu Rath gezogen werden, will er baden und schröpffen / so muß der Tag in dem Calender darzu gezeichnet seyn, will eine Frau ihr Kindlein von der Brust entwehnen / so muß es ihr der Calender rathen, will einer sein Haar beschneiden lassen / so kan solches ohne vorhergehende Berathschlagung mit dem Calender, nicht geschehen, und was dergleichen aberglaubige Narrenpossen mehr seyn. Was das Prognosticiren[431] des Wetters anlanget, ob es regnen, schneyen, Sonnenschein oder windig seyn wird, kan wohl für keine geringe Thorheit gehalten werden, und wissen solches die Astronomi von selbst wohl, daß solches alles nichtig und vergebens, sie sagen aber: Sie müssen solches in ihren Calender mit einflicken, und den Unverständigen damit willfahren, nur, daß solche ihre Calender desto besser abgehen möchten.2 Und solches ist auch die Wahrheit, dann wo die Witterung in Calendern ausgelassen würde, solte mancher den Calender nicht ansehen, dieweil der Aberglaub also starck bey gemeinen Leuten in diesem Fall überhand genommen: dann kein Astronomus wird mit Wahrheits-Grund behaupten können, was über 8. Tage für Wetter seyn werde, geschweige dann solches Jahr und Tag vorhersagen können. Von einem solchen Wetter-Propheten schreibt Marcellus Liv. de la Sage folie chap. 7. folgende Geschicht:3 König Ludwig in Franckreich / der XI. schreibt er, hat einsmahls Bereitschafft machen lassen, auf die Jagd zu reiten, wolte aber gleichwohl gern wissen, was auf solchen Tag für Wetter seyn würde: befahl derowegen seinem Astrologo, solches nachzusehen, welcher, nach vielen Aufzügen mit seinem Astrolatico, sehr schön Wetter verkündete; wie aber der König aus Paris gekommen, und nicht wehr fern von der Tager-Parck war, begegnete[432] ihm ein Köhler / mit seinem Esel / welcher Kohlen nach der Stadt führen wolte, der sagete zum König: er möchte doch nur bald zurück kehren, er dem Schlagregen und Ungewitter ausweichen wolte, der König aber, welcher von seines Astrologi Bekräfftigung sicheren Unterricht eingenommen, achtete solches nicht, sondern verfolgete seine Reise: aber er war kaum in den Wald kommen; da fing es entsetzlich an zu regnen, zu donnern sich habende Leute zerstreuet wurden; ja der König selbst muste durch die Hurtigkeit seines Pferdes einen Ort suchen, daß er sich ein wenig unter Schirm und Sicherheit salviren konte: des folgenden Tages ließ der König solchen Kohlenbauer aufsuchen, vor sich kommen, und fraget ihn; wie er gewust habe, daß es vorigen Tages hätte regnen wollen? der Köhler antwortete hierauf: Der Esel / den Ihro Majestät gestern / mit Kohl-Säcken beladen / mit mir führen sahen / ist der sicherste Wahrsager / den man wünschen kan: Denn wann Ungewitter fürhanden / lässet er die Ohren und den Kopff sincken / und wird sehr traurig und laß.4 So bald der König dieses hörete, ließ er dem Astrologo seinen Abschied geben, und sagete:[433] Daß er in diesem Fall keinen andern Astrologum gebrauchen wolte, als dieses Bauers seinen Esel; ließ dahero auch dem Kohlen-Bauer den Unterhalt für seinen Esel geben. Ist also fast sicherer, sich nach solchen Allmenachen zu richten, als dergleichen natürliche Prognostica von Gewitter in die Calender zu setzen. Es ist auch gewiß, daß durch die Thiere, Vögel, Frösche etc. vielfältigesmahl abgemercket wird, wann sich das Wetter verändern oder regenigt werden will, wie davon M. Gottfried Voigt / im zweyten hundert seines Physicalischen Zeit-Vertreibers / quæst. 23. schreibet, und mancherley Zeichen angemerckt, so eben auch nicht zu verwerffen, doch muß man sich auch sogar eigentlich an diese Dinge nicht binden, und daraus keinen Mißbrauch noch Glaubens-Articul machen.

Gleicher Gestalt werden auch bey den See-Fahrenden vielerley Zeichen von dem Wind angemerckt, welche eben auch sogar nicht an Seite zu setzen: Fr. Baconus de Verulamio in Histor. Ventor. p. 89. hat solcher Zeichen ein ziemlich Theil zusammen gelesen, derer einige allhier kürtzlich zu gedencken: 1.) Wann die Sonn bleich untergehet.5 2.) Wann sie untergangen, roth wie Blut, anzusehen ist. 3.) Wann sich die Sonnen-Strahlen vor ihrem Aufgang zeigen. 4.) Wann die Sonn im Aufgang mit Wolcken bedeckt ist. 5.) Wann[434] sie im Anfang mit einem Circul umgeben. 6.) Wann das Meer still ist, und sich obenhin Blasen oder Schaum sehen lässet. 7.) Wann die Wasser-Vögel zusammen kommen und Hauffen-weiß fliegen. 8.) Wann die Meer-Schwein und Wallfische spielen: solcher Zeichen hat gemeldter Autor noch vielmehr angeführet.

Was dieses für eine Thorheit ist, wann man im Calender sehen solte, zu welcher Zeit gut Artzney zu gebrauchen: wie manchem Krancken wurde übel gewartet seyn, wann derselbe so lange Zeit liegen solte, bis ihn der Calender zur Medicin anmahnete: Noch mehr ist zu schelten, wer auf Tage wählet, wann man eine Aderlaß von nöthen hat: da wird der Calender bald zu hinderst, bald zu forderst durchsuchet, wo der Calender-Prophet ein rothes oder doppelt-rothes Creutzel hingezeichnet, dessen sich auch die Bartscherer und Bader zu bedienen wissen, und solche Tage an theils Orten ein rothes Läpplein oder Binde an ihre Stange hencken: da lauffet dann solches blinde Volck zu, in Meinung, daß dieses der Tag, oder doppelte Tag des guten Aderlassens sey; Andere haben noch ein grösser Vertrauen zu dem im Calender stehenden Aderlaß-Männlein: welches zeiget, an welchem Glied ein jedes himmlisches Zeichen seine Würckung hat: bey solchem ist der Glaub so groß, daß auch[435] alles Einreden bey dergleichen Leuten nichts verfangen will: da muß auch bey unwissenden Bartscherern der liebe Mond, erstes, zweytes oder drittes Viertel erwählet oder verworffen worden: des Tage-Wählens, als welche gut, oder verwerfflich seyn, zu geschweigen: das beste Zeichen zum Aderlassen aber, wird ein schön heiterer und heller Tag seyn, oder wann solches die höchste Noth bey gefährlichen Kranckheiten erfordert: gleiche Bewandtniß hat es auch mit dem Schröpffen, da muß ein Schröpffköpff im Calender stehen, als dann läufft der Bader mit einem Becken die Stadt durch und durch, und läutet dadurch ins Bad, worauf dann das aberglaubige Volck auch in solcher Dummheit zurennet, in Meinung, daß sie es damit wohl getroffen haben: Noch närrischer kommts mir für, wann solche Calender-Schmierer den armen einfältigen Weiblein mit ihren Zeichen vormahlen, wie sie ihre Kinder von der Brust entwehren solten: worinnen doch gar nichts verständiges zu finden, dieweil eine jede Mutter selbst besser weiß, wann sie ihr Kindlein entwehnen will, weßwegen auch gar wenig auf solche Prophetische Weissagung gehalten wird.6 Bey dem Haarabschneiden / wo im Calender die Scheer, ob sich gekehrt, wann es gut, und unterwärts gekehret, wann es böß seyn soll,[436] stehet, solches ist eine Verlachens-würdige Thorheit.

Es ist derowegen eine aberglaubische Thorheit, wann solche Leute zu allen ihren Geschäfften sonderbare Tage und Stunden erwählen, welches doch rechtschaffene Christen fliehen und andere davon abhalten solten, und dannoch finden sich sehr viele, die nichts ohne den Calender in ihren Geschäfften fürnehmen wollen: so wohl im Säen / Pflantzen / Holtz-Fällen und dergleichen, wann sie nicht ein glücklich Zeichen darinnen finden: ja es kommen öffter solche närrische Dinge zum Vorschein, daß die Leut auch wissen wollen, wann gut Ertz, Zinn, Bley, Eisen etc. zu graben: wann gute Zeichen zum Kauffen und Verkauffen, neue Kleider anlegen, Nägel abschneiden, Geld einnehmen, fischen, jagen, über Feld ziehen, Gesind dingen, gut Heyrath machen, und was tausenderley des Dinges mehr ist.

Was noch ein mehrers, so entblöden sich solche Calender-Schreiber nicht, auch in grosser Herrn und Potentaten Cabinet, oder wohl gar in Göttliche Raths-Cammer zu schlieffen, und derer Prognostica also einzurichten, als wann solche sehen könnten, was unter solchen grossen Herrn, bald in Norden, bald in Westen geschehen werde.7 Einer verkündet grosser Herren Tod; ein anderer glückselige Geburten; dieser grosse Niederlage und Feld-Schlachten; einer[437] Friede, einer Krieg: Noch im dißjährigen Calender 1717. wird prophezeihet, die in grossen Krieg verwickelte Haupter, verstärcken ihre Armeen: ja wohl, mein lieber Calender-Schreiber, das ist recht getroffen, aber was andere solche Händel antrifft, als: Ein hohes Haupt fället in eine gefährliche Kranckheit; Ein hoher Printz wird der Welt, adjeu sagen. Einem König gehet ein grosser Anschlag zu nichte. Es werden grosse Anstalten zu einer harten Belage ung gemachet. Traurige Bottschafften lauffen an unterschiedenen Orten ein. Eine glückliche Vermählung gehet von statten: Wann man diese und dergleichen Wahrsagungen betrachtet, so seynd die selbe also zu deuten: Daß es gar, wohl eintreffen kan, und scheinet, daß solche Wahrsager das Affenspiel von den Oraculis entlehnet haben. Kommen wir aber zu den Gesundheiten und Kranckheiten, und was solche davon prognosticiren, so soll das liebe Gestirn, die Creatur GOttes, mehr als derer Schöpffer vermögen: da soll bald der Monath, bald die Planeten und Gestirn, bald der Herbst oder Sommer, diese und jene Kranckheit bringen, da soll das Jahr fruchtbar oder unfruchtbar seyn. O ihr arme elende Menschen! die ihr eurem Schöpffer[438] vorschreibet / und von der Creatur mehr als von GOtt selbst / urtheilen wollet / der doch Leben und Tod, Gesundheit und Kranckheiten, Krieg und Frieden, Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit in seiner Hand hat, und regieret solche nach seinem allerheiligsten Wohlgefallen.

Ihr Herrn Astronomi wisset ja selbst wohl, daß euer nichtiges Prognosticiren lauter Phantaseyen sind; Ihr schreibt solche Gauckeley ja um keiner andern Ursach willen, als daß vierlerley in solchen zu lesen seyn soll, und daß ihr den Calender-Narren damit das Hirn füllen, und dem Verleger einen guten Abgang machen wollet. Es gibt ja Materia genug, ohne solches Lügen-Werck, damit die wenige Blätter in euren Calendern anzufüllen, daß ihr nicht vonnöthen hättet, solche einfältige Leutlein in ihrem Aberglauben mehr zu stärcken und zu verführen. Habt ihr nicht Materia genug, (an statt eines Hauffens ungereimter Dinge, und ärgerlichen, leichtfertigen und läppischen Historien, allerhand falschen Astrologischen Wahrsagungen, und dergleichen) zu schreiben von der Abtheilung des Jahrs und ihren vier Zeiten, als Frühling, Sommer, Herbst und Winter; von der Sonnen Lauff in die zwölff himmlische Zeichen; von sichtbaren und unsichtbaren Finsternissen; von der Julianischen, Gregorianischen und jetzigen Calender-Rechnung;[439] von Zehlung der Monaths-Täge, und darin enthaltener Fest-Tägen; vom Schalt-Jahr, von Sonntagen und deren Buchstaben; vom ab- und zunehmenden Monden-Licht; von den bekannten Nahmens-Tägen; von der güldenen Zahl, indict. roman. vom Planeten-Lauff, von des Tages Länge, Auf- und Untergang der Sonnen, und andern sicheren Dingen, die mit gutem Gewissen könnten aufgezeichnet werden, so werdet ihr nicht vonnöthen haben, solche läppische Sachen aufs Papier zu bringen.

Talander in seinen schertz- und ernsthafften Erquick-Stunden machet gewisse Calender-Reguln, die unfehlbar seyn, fol. 49. und saget: In bevorstehendem Jahr werden die Blinden wenig oder gar nichts sehen, die Tauben werden übel hören, und die Stummen nichts vernehmliches reden können.8 Der Frühling wird warm und feucht, der Sommer aber heiß und trocken; der Herbst unbeständig an der Witterung, der Winter aber kalt und feucht gefunden werden. Im Sommer wird es zuweilen schön warm, auch regenhafft Wetter werden. Zwischen Hunden und Hasen, auch den Katzen und Mäusen, wird allezeit Unfried und Nachstellungen seyn. Es werden viele Ochsen, Kälber, Schaafe, Gänse und Hüner, sterben müssen. Viel Leute werden, wegen Armuth, Mangel haben, auch wird mancher[440] kranck werden und sterben. Die Reichen werden sich eher, als die Armen, etwas Gutes thun können, und den Armen wird das Dublonen ein zu wechseln verbotten werden. Im Märtz-Monat werden die Schaafe wohlfeilern Kauffs, als die Ungarischen Ochsen, zu bekommen seyn. In Nova Zembla und nahe dabey gelegenen Orten, wird die Kälte ziemlich hart werden.

Wann nun manchmahl zu geschehen pfleget, daß ein oder die andere solcher astronomischen Wahrsagungen eingetroffen, so muß man sich eben davon nicht verleiten lassen: dann gemeiniglich setzen solche ihre Wahrsagungen also, daß sie auf mehr als einerley Weise, zu des Wahrsagers Vortheil und Entschuldigung, können ausgedeutet werden, als e.g. es setzte einer im Octobr. Es werden diß Jahr im Monat October hohe Häupter im Reich fallen; wie der Calender-Schreiber darüber zu Rede gesetzt wurde, hat er es interpretiret, von den Ochsen /derer man viel um diese Zeit zu schlachten pfle get. Und wann schon einmahl so etwas eintrifft, so seynd es nur Sachen, so ohngefehr geschehen, woraus dann nichts gewisses von solcher Wahrsager-Kunst zu schliessen ist, wie aus folgenden zweyen Exempeln, so M. Gabriel[441] Block in seinem Buch, da er handelt von allerhand Wahrsagereyen / Nichtigkeit /Betrügerey und Falschheit / §. 4. & 5. angewiesen hat:9 Im Jahr 1647. spricht er, im December-Monat, hat ein berühmter Astrologus in Franckreich, Larrivey genannt, in seinen Allmanach mit grossen Buchstaben gesetzt: Latin perdu, verlohren Latein; welche Redens-Art die Frantzosen insgemein gebrauchen, zu bedeuten, daß ein Anschlag mißgelungen. Nun trug sich zu, daß Wilhelmus Marcellus, Professor Rhetorices im Collegio de Lisieux in Paris, ein Programma anschlagen ließ, zur Parentation über den Feld-Marschall Gassion; weil aber dieser Gassion ein Huguenot war, däuchte einen und anderen Eifferer der päbstlichen Religion, daß sich nicht gebührete, daß ein Huguenot die Ehr geniessen solte, daß ihm parentiret würde, berichtete deßwegen solches an den Rectorem in dem Sorbonne, Gottfried Hermont, welcher alsobald die Parentation verbot, Marcellus beschwerete sich bey dem Reichs-Cantzler, aber er ward wieder an den Rectorem verwiesen, der sein voriges Verbot bestätigte, wodurch die Parentation gestürtzt ward. Sobald dieses geschehen, waren die Astrologi nicht säumig auszuschreyen, wie glücklich Larrivey es getroffen hätte. Der selige Professor,[442] Andreas Spole / erzehlte mir, wie ich in Upsal studirete, daß er sich nicht erinnerend, durch was Anleitung er im Januari-Monat seines Allmanachs über das 1661ste Jahr gesetzt hätte, daß ein vornehmer Herr unglücklich umkommen solte. Nun trug sich zu, daß des Reichs-Drostens / Grafen Magnus Gabriel de la Gardie, Sohn / ungefehr in selbigem Monat in Upsal todt geschlagen ward, wie er vom Pferd absteigen wolte. Wie nun hoch-gemeldeter Graf von ohngefehr beregetes Prognosticon in selbigem Calender ersiehet, fragete er den Professor Spole, was Grund er zu solchem Prognostico habe, und warum er ihn nicht vorher gewarnet hätte? Professor Spole antwortete hierauf, daß er keine andere Anleitung hierzu gehabt, als die alten astrologischen Regeln, welche er dem gemeinen Mann hie und da zu Gefallen, in seinen Allmanach einzuflicken pflegete; er aber selbst hielte, daß sie nichts zu bedeuten hätten, und wann er eine solche betrübte Begebenheit vorhersehen können, solte er nicht gesäumet haben, denen, die es angehet, zeitig anzuzeigen.

Wären also alle und jegliche Menschen für solchen astronomischen Wahrsagungen, die in die Calender geschmieret werden, billig zu warnen, dieweil nicht billig ist, daß man einfältigen Leuten dadurch[443] einbildet, daß das Himmels-Gestell und die Zusammenfügung der Sternen, dieses oder jenes Glück oder Unglück solte prophezeyen können, so in diesem Jahr oder Monat gewiß erfolgen werde, oder, wie dieser oder jener Potentat mit Tod abgehen solte.10 Sehet, also pfleget die menschliche Vernunfft und Weißheit zu phantasiren, wann sie das Wort GOttes aus den Augen fahren lässet.

Was die Aspecten der sieben Planeten anlanget, und wie ein jeder Planeyt über den Menschen herrschet, davon wird so vielerley fabulirt, daß man gantze Bücher davon anfüllen könte.11 Was aus denenselben für aberglaubisches Tage-Wehlen gemachet wird, davon haben viele gewisse Regeln schreiben wollen, wie bey Wolffgang Hildebrand / Colero und andern dergleichen Autoren zu lesen, als zum Exempel, die Conjunctio U mit dem 30. Von Calender-Wahrsagereyen bringet einen unglückseligen Tag; du solt dich aber fürnehmlich hüten für diesen folgenden Menschen, als da seynd: Alte geitzige Bauern, Wucherer, Berg-Leut, Juden; hüte dich auch für Fürsten und allen Gewaltigen. Findet sich ein Zeichen * U, so soll es ein glücklicher Tag seyn, zu handeln mit Senioren und Bauers-Leuten, Wein, sammt anderem Garten-Gewächs, pflantzen, in Weinbergen anfahen zu bauen, Fechser legen, den Acker-Bau verrichten, im Erdreich graben, alte Gebäude[444] wieder verneuen, Vestungen bauen, auch auf diesen Tag die Weiber zufrieden lassen.

! U. Dieses Zeichen soll ein überaus unglücklicher Tag seyn, an welchem alles Vornehmen zu meiden. Hüte dich auch mit Kauffmannschafft in fremde Lande zu verreisen, dann all dein Vornehmen wird zurück gehen, wer es nicht glauben will, mag es mit Schaden erfahren. Hüte dich diesen Tag auch für Artzney zu gebrauchen; Item für Handlung mit Fürsten und grossen Herrn; meide alle Freunde und Feinde; hüte dich auch für Juden, München, Bauren etc.

Diese und dergleichen GOttes-vergessene aberglaubische Thorheiten beschreibet Wolffgang Hildebrand in einem Planeten-Buch / dessen sich gemeine unwissende Leute solchergestalt zu gebrauchen wissen, und ein Vertrauen darein setzen, als ob solches die lautere Wahrheit wäre, wodurch sie dem wahren GOtt seine Allmacht verkleinern, welcher doch einig und allein alles nach seinem heiligen Willen und Wohlgefallen regieret, auch alle Veränderungen, die in grossen Königreichen, Republiquen und andern Orten vorfallen, verursachet, ja auch die Hertzen der Menschen in allem ihrem Thun neiget und lencket, wohin er will. Kein Verständiger zwar wird nicht läugnen, daß das Gestirn in unsern Leibern grosse[445] Würckung habe, daß solche Würckung aber in oben angeregten Phantasien bestehen solte, und uns glücklich oder unglücklich im Handel und Wandel, oder unserm gantzen Thun und Leben, machen solte, wird sich kein vernünfftiger Mensch bereden lassen. So viel indeß von Calendern gesaget.

Marginalien

1 Einfältige Leutlein wollen alles aus dem Calender erforschen.


2 Astronomi wissen gar wohl / daß darauf nichts zu halten ist.


3 I. Geschicht.


4 Ein Esel prognosticirt vom Wetter.


5 Wie Seefahrende die Winde abmercken.


6 Wie der Aberglauben von Calendern bestättiget wird.

Bestes Aderlaß-Zeichen.


7 Astronomi schreiben doppeldeutige Prophezeihung in ihre Calender.


8 Schertz vom Calender-Prognostico.


9 II. & III. Geschicht.


10 Was man von solchen Prognosticiren glauben soll.


11 Was von Aspecten der Planeten fabulirt wird.


Quelle:
Bräuner, Johann Jacob: Physicalisch= und Historisch= Erörterte Curiositaeten. Frankfurth am Mayn 1737, S. 430-446.
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