XLVII.

[84] In Thorheit will man hier beharren

Und ziehen einen schweren Karren,

Dort wird der Wagen nachgefahren.


Ein Narr zieht einen zweirädrigen Karren über Blumen einen Berg hinan; ein vierräderiger Wagen folgt über Flammen ihm nach.


Vom Weg der Seligkeit.

Gott läßt die Narren nicht verstehn

Die Wunder, die von ihm geschehn

So sonst wie jetzt; darum verdirbt

Gar mancher Narr, der zeitlich stirbt

Allhier und dort ist ewig todt,

Weil er nicht kennen lernte Gott

Und leben nach dem Willen sein.

Hier hat er Plag', dort trägt er Pein,

[84] Hier muß er Karrenbürde tragen,

Dort wird er ziehen erst im Wagen.

Drum, Narr, so frag' nicht nach dem Steg,

Der führet auf der Höllen Weg!

Gar leicht dahin man kommen mag,

Der Weg steht offen Nacht und Tag

Und ist gar breit und glatt zu sehn,

Denn viele Narren auf ihm gehn.

Aber der Weg zur Seligkeit,

– Der Weisheit nur ist er bereit, –

Der ist gar eng, schmal, steil und hart,

Und Wenige wagen drauf die Fahrt

Und haben drauf zu gehn den Muth.

Der Narren Frag', die man oft thut,

Will ich damit beschlossen haben:

Warum man Narren mehr sieht traben

Oder die fahren zu der Helle

Denn Volks, das nach der Weisheit stelle?

Die Welt in Ueppigkeit ist blind,

Viel Narren, wenig Weise sind.

Viel sind berufen zu dem Mahl,

Klein ist, – merkt's! – der Erwählten Zahl.

Sechshunderttausend Mann allein

Ohne die Fraun und Kinder klein

Führt' Gott einst durch des Meeres Sand: –

Zween kamen ins gelobte Land.

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 84-85.
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Das Narrenschiff (Ausgabe 1877)
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Das Narrenschiff: Mit allen 114 Holzschnitten des Drucks Basel 1494
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