VIII.

[23] Wer nicht kann sprechen Ja und Nein

Und pflegen Rath um Groß und Klein,

Der trag' den Schaden ganz allein.


Ein Narr zieht vorn an einem Pfluge, ist aber dabei mit dem Gesichte einem andern zugewandt, der hinten lenkt und einen Kuckuk auf der Hand trägt.


Gutem Rath nicht folgen.

Der ist ein Narr, der weis will sein

Und hält nicht Glimpf noch Maße ein,

Und wenn er Weisheit pflegen will,

So ist ein Gauch sein Federspiel.

Viel sind mit Worten weis und klug

Und ziehen doch den Narrenpflug.

Das macht, weil sie zu jeder Zeit

Für klug sich halten und gescheit.

Und achten nicht auf fremden Rath,

Bis ihnen sich das Unglück naht.

Tobias stets den Sohn belehrt,

Daß er an weisen Rath sich kehrt;

Man rieth der Hausfrau Loths wohl gut,

Doch voll Verachtung war ihr Muth,

Drum ward von Gott sie heimgesucht

Und ward zum Zeichen auf der Flucht.

Rehabeam nicht folgen wollte

Den alten Weisen, wie er sollte;

Den Narren folgt' er, da verlor

Er Stämme zehn und blieb ein Thor.

Hätt' Nebukadnezar auf Daniel gehört,

Er wäre nicht in ein Thier verkehrt;

Und Makkabäus, der stärkste Mann,

Der großer Tugend soviel gewann,

Hätt' Jorams Rath er zu Herzen genommen,[24]

Er wäre nicht ums Leben gekommen.

Wer allzeit folgt seinem eignen Haupt

Und gutem Rath nicht folgt und glaubt,

Der lässet Glück und Heil bei Seit'

Und will verderben vor der Zeit!

Drum Freundes Rath nimm recht in Acht,

Wo Räthe viel, – dort Glück und Macht.

Ahitophel sogar getödtet sich hat,

Weil Saul nicht folgte seinem Rath.

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 23-25.
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Das Narrenschiff (Ausgabe 1877)
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Das Narrenschiff: Mit allen 114 Holzschnitten des Drucks Basel 1494
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