LXXXIV.

[159] Es greift gar Mancher hurtig zum Pflug

Und endet zuletzt doch übel genug,

Weil er den Gauch aus dem Nest nicht trug.


Dasselbe Bild wie zu Kap. 8.


Vom Beharren im Guten.

Die Hand legt Mancher an den Pflug

Und hat zuerst Inbrunst genug

Zu Weisheit und zu gutem Werk

Und steigt doch nicht empor zum Berg,

Der ihn führt zu des Himmels Auen,

Er muß vielmehr zurück oft schauen,

Und gefällt ihm wol Egyptenland,

Wo mancher volle Fleischtopf stand,

Und läuft den Sünden weiter nach

Wie mancher Hund dem, was er brach,

Was er schon oft verschlungen hat, –

Für solchen gibt's nur wenig Rath.

Die Wunde selten sich wieder schließt,

Die oft schon aufgebrochen ist;

Wenn sich der Sieche nicht hält recht,

Daß wieder um die Krankheit schlägt,

So muß man bangen, daß er mag

Genesen nicht nach manchem Tag.

Viel besser ist's ans Werk nicht gehn

Als nach dem Anfang abzustehn.

Gott spricht: »Ich wollt', du hätt'st Gestalt,

Daß warm du wärest oder kalt;

Aber dieweil du lau willst sein,

Bist du zuwider der Seele mein!«

Wenn einer that viel Gutes schon,

Wird ihm doch nicht der rechte Lohn,

Wenn er nicht ausharrt bis ans Ende.

Aus großem Uebel kam behende[160]

Und ward erlöst die Hausfrau Loth,

Doch da sie nicht hielt das Gebot

Und wieder umsah hinter sich,

Blieb sie da stehn ganz wunderlich.

Ein Narr läuft wieder zu seiner Schelle,

Wie der Hund zum Kote mit Gebelle.

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 159-161.
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