Drittes Buch.

[474] Unser vermummeter Herkuliskus wahr / vorigen Buches meldung nach / mit seiner Jungfer Brelen / die er vor seine Wase angab / von den See Räubern zu Tyrus eingebracht / woselbst sie etliche Wochen stille zuliegen gezwungen wurden / weil sie umb mehrer Sicherheit willen zureisen / auf gewapnete Geselschaft warten musten / damit sie in den unsicheren Morgenländern nicht überfallen und erschlagẽ würden / nachdem sie / umb Kosten zumeiden / keine eigene Leute bestellen wolten. Inzwischẽ befand sich Alexander gegen gedachte Jungfer je mehr und mehr in Liebe entzündet / dz ihn unmöglich dauchte / den Fla en länger zuwehren können; wagete es demnach / uñ machte sich mit freundlicher Rede an Herkuliskus /ganz innig bittend / ihm in seinem Vorhaben behülflich zuseyn; Er hätte diese zeit her eine solche Zuneigung gegen die ädle und tugendreiche Jungfer Brelen in seinem Herzen empfunden / daß er nicht umhin könte / ihm solches zuoffenbahren; sein anmuhten gründete sich auff Ehre und eheliche Träue; so währe er seiner Geburt und Herkommens von gutem uhr alten Adel / und zweifelte nit / es würde der Jungfer tuhnlicher seyn / mit ihm in beständiger Ehe zuleben /als einem Barbarischen Könige wenige Zeit in Unzucht auffzuwarten / und nachgehends entweder den folgenden jüngern Weibern vor eine Magd / oder wol gar den schli en Knechten zum Mißbrauche und Mutwillen zudienen. Lebensmittel hätte er überflüssig / und wolte auff diesen fall sich an Ort und Ende niderlassen / wo es der Jungfer am liebsten seyn würde. Herkuliskus vernam diese Anwerbung ganz gerne /hatte biß dahin mit Brelen schon abgeredet / welche nunmehr diesen Bräutigam anzunehmen entschlossen war / nachdem sie keine Hoffnung hatte / ihren Liebsten Neda wieder zusehen; doch ließ Herkuliskus sich dessen gegen dẽ Freyer nicht vermerken / sondern gab ihm als mit halber Bestürzung zur Antwort: Es wåhre eine schleunige und unvermuhtliche Werbung / möchte wünschen / daß er ihm diesen seinen Willen etwas zeitiger zuverstehen geben hätte / damit er ihm desto besser hierin dienẽ mögen; wolte doch nicht destoweniger alsbald mit seiner Wasen davon reden / und hoffete / ihm genehme Antwort zubringen. Ging auch gleich zu ihr hin meldete die getahne eheliche Ansuchung / und erinnerte sie des schon gemachten Schlusses; Worauff die Jungfer sich erklärete: Die Götter währen ihre Zeugen / daß sie lieber sterben /als diese Heyraht eingehẽ wolte; weil sie aber vor Augen sähe / daß ihre Ehre auff andere weise nicht könte gerettet / noch ihrem Gn. Fräulein durch sie besser geholffen werden / wolte sie sich selbst und ihren eigenen Willen überwinden / und keine Einsperrung machen / insonderheit / weil sie ohndas ein schwaches Mensch währe / und da einiges Mittel zur Flucht sich eräugen solte / nicht würde folgen / noch des reitens oder gehens ungemach ausstehen können. Herkuliskus lobete ihre Vernunfft / und daß sie gutem Raht statt gäbe / zweifelte nicht / er würde ihr alle gebührliche Zucht und Liebe beweisen / massen man diese ganze Zeit über nichts lasterhafftes an ihm gespüret hätte. Machte sich bald wieder nach Alexander / der sein mit schmerzẽ wartete /[475] und brachte ihm zur Antwort: Er hätte seinet wegen mit der Jungfer gehandelt / welche zwar sehr leidig währe / daß sie in der fremde / und ohn Vorwissen ihrer nähesten Anverwanten / eine solche Enderung vornehmen / und an einen künfftigen Ehe Junkern sich versprechen solte; jedoch / weil sie an ihm nichts als löbliche Zucht und Tugend gespüret / wolte sie sich ihm zu ehren ergeben / dafern er ihr folgende drey Bedingungẽ gönnen / und dieselben einzugehen äidlich angeloben würde: Als erstlich / daß er Zeit seines Lebens sie nit lassen /sondern als sein Ehegemahl / die von adelichem hohen Geschlecht währe / gebührlich halten; Vors ander / sich hinfüro des unlöblichen Seeraubens begeben / und ritterlichem Stande gemäß leben; Und endlich drittens / sie unberühret / und an ihrer Jungfräulichen Zucht allerdinge ungekränket biß nach Padua bringen wolte; von dannen sie alsdañ weiters fortzihen / und in Teutschland oder Böhmen sich niderlassen könten. Alexander hätte / seiner Liebe ein genügen zutuhn / das dritte gerne gemässiget gesehen /durffte aber nicht widersprechen / ging mit Herkuliskus hin zu ihr / und redete sie also an: Hochädle /Großehrenreiche Jungfer / herzgeliebete Freundin; daß Ihre Hochädle Tugend meinem inbrünstigẽ Ansuchen stat geben / und auff Unterhandlung meines hochwerten Freundes Junker Herkuliskus / vor ihren ergebenen Knecht und Diener mich aufnehmen wollen / solches nehme ich zu hohem Danke an; Meine Liebe und Träne / die nur auff Ehre ruhet / wil bey Verlust aller Götter Hulde ich ihr teur versprechen und unbrüchig halten / des leidigen Raubwesens / dazu mich Unfall gezwungen / mich gänzlich abtuhn / uñ meinem ritterlichen Herkommen mich gemäß verhalten; endlich auch / wie ungenehm es gleich meinen Liebes begierden fallen mag / sie nach ihrem Willen biß nach Padua / ohn einiges anmuhten / wz wider jungfräuliche Zucht und Keuscheit streitet / hinbegleiten / daselbst mit ihr das Beylager halten / und von dar ab weiters mit ihr hinreisen / und Wohnung nehmen / da sie es wünschet und begehret; Zu dessen auffrichtiger Bezeugung ich ihr hiemit alle meine Schätze als ihr Eigentuhm überliefere / auch sonsten meinen willen unter ihren gehorsam gebe. Die Jungfer bedankete sich der Ehren und getahnen erbietens / und taht ihm hinwiederumb Zusage aller künftigen ehelichen Träue; hielt nachgehends bey ihm an / er möchte ihrem Oheim Herkuliskus etliche Kleinot zum Nohtpfennige zustellen / welches seine Anverwanten doppelt und dreyfach erstatten solten / nur daß er auff den fall einer glüklichen Flucht / wegen Mangel der Zehrung nicht Kummer leiden dürffte. Alexander freuete sich / Gelegenheit zu haben / sein gutwilliges Herz in etwas darzubieten / hohlete eine zimliche Anzahl grosser Indianischer Perlen / an eine feste Schnuhr gereihet / daneben ein Demant-Ketchen nebest sechs Ringen / alles auff 20000 Kronen nach liederlichem Wert angeschlagen / wickelte es in ein seidenes Tüchlein zusammen / und überreichte es Herkuliskus mit diesen Worten: Mein hochwerter Herr und Freund / nehmet / bitte ich / dieses geringe von mir an / als einen heimlichen Schatz / welcher anfangs in der fremde gnug seyn kan / Armutsnoht abzulehnen / und versichert euch / daß mit alle meinem Vermögen euch zuhelffen ich willig bin; und wolte der Himmel / daß mir einiges Mittel zustossen möchte / euch aus der Parther Hände loßzuwirken / wolte ich mich gerne darzu gebrauchen lassen / wiewol wegen ihrer wachsamen Augen / es allerdinge unmöglich scheinet / es auch meinem geleisteten sehr hohen äid schwur gar zuwieder ist. Er hingegen bedankete sich beydes vor[476] die Kleinot und den guten Willen / begehrete nicht daß er oder einiger Mensch seinetwegen sich in einige Gefahr stürzen solte; hätten die Götter seine Erlösung gnädig versehen / zweiffelte er nicht am glüklichen Verfolg; die Kleinot wolte er anzunehmẽ sich nicht wegern / und da er leben würde / die Vergeltung nicht hindan setzen; wiewol seine Fr. Mutter / so bald er in Teutschland ankommen würde / alles reichlich erstatten solte. Aber / sagte er weiter; wie stehet ihr mit euren dreyen Gesellen / den Parthischen Herren? werden sie in diese eure Heyraht auch einwilligen? Ich wil / antwortete er / alle mögligkeit anwenden / sie mit Gelde zubefriedigen; solte es aber nicht geschehen können / welches ich doch nicht fürchte / wil ich meinen Wiz gebrauchen / sie zu nöhtigen / daß sie mir dieses wol einwilligen müssen. Er machte sich / umb keine Zeit zuverlieren hin zu ihnen / und redete sie also an: Ihr meine Hochwerke Herren / uñ Brüderliche Freunde; billich danken wirs dem Glük / daß es zu unserm Vorhaben uns so treflichen Fortgang verlihen / und uns ein mehres bescheret hat / als wir wünschen dürffen; wobey ich zwar gerne gestehe / daß in fleissiger Bemühung ich der geringste gewesen / ob ich gleich an meinem Vermögen nichts erwinden lassen / die Segel-fahrt zusuchen / welche uns am vorträglichsten währe / wovor mir dann / vorgetroffenem vergleiche nach / gnugsame Vergeltung wiederfahren /daß ich wehr Ursach zudanken / als ein mehres zufodern habe; weil aber meine Begierden mich fast treiben und drängen / umb eine sonderliche Gunst / bey meinen Hochwerten Herren / doch ohn ihren Schaden anzuhalten / bitte ich sehr dienstlich / solches mit Gewogenheit auffzunehmen / und dafern möglich / hochgeneigt einzuwilligen. Ich gestehe / fuhr er fort / daß ein sonderliches Feur / durch die Augen unser gefangenen ädlen Jungfer in meiner Seele angezündet ist /daher ich mir sie zu ehlichen allerdinge entschlossen bin / wann von meinen Herren ich sie umb ein zimliches Geld erhalten kan. Die Einlieferung des gefangenen Herkuliskus kan bey eurem grossen Könige Artabanus euch angenehm gnug machen / welcher ohn daß in seinem Frauen Zimmer eine grosse Anzahl schöner Weibsbilder hat / so das nicht mehr bey ihm wol empfangen sind / welche schöne / sondern nur die allerschönsten bringen. Dieses aber sey wie ihm wolle / so erbiete ich mich doch / eine mögliche / nicht gar zu schwere Außlösung an Gold und Kleinot vor sie anzuwenden / damit ich meine Begierden befriedigen möge; bitte / meine Hochwerte Herren wollen mich einer genehmen Erklärung wirdigen. Die Parthischen Herren sahen sich untereinander mit Verwunderung an / hiessen ihn einen Abtrit nehmen / und fing der vornehmste unter ihnẽ / nahmens Idarnes / also an: Geliebte Brüder und Oheimbe; euch ist ohn mein er innern bewust / was vor Träue und Fleiß dieser fremdling Alexander uns erzeiget hat / und ausser allem zweiffel die vornehmste Ursach unserer uns zugestossenen Glükseligkeit ist / massen wir ohn sein Angeben und Auffmunterung / ein solches Mittel /uns in Reichtuhm zusetzen / nimmermehr würden ergriffen haben / und wir demnach schuldig sind / ihm eine Freundschafft hinwiederumb sehen zulassen; ob aber einer oder ander einwenden wolte / man währe dessen nicht benöhtiget / inbetrachtung / er bey aller Beute mit zu gleicher Teilung gangen währe; so hätte man doch / sagte er / zubedenken / daß sie in der Römer gebiet annoch währen / uñ er / da er zum Schelm und Verrähter werden wolte / sie umb Gut und Leben bringen könte: Nun wüste man aber auch /was die Liebe vor eine hefftige und blinde Ansträngung währe / die weder Ehre noch[477] eigene Wolfahrt achtete / sondern der Verzweiffelung alles in die Hände gäbe; daß aber Alexander darzu nicht gereizet würde / könte man nicht umbhin / ihm zuwilfahren /jedoch daß er ein ansehnliches stük Geldes davor erlegete. Der jüngste unter ihnen / ein sehr verwegener Mensch / nahmens Thymondas / gab zur Antwort: Er selbst befünde sich in diese Jungfer überaus verliebt /währe auch gesiñet gewesen / sie diesen Tag von der Geselschaft umb eine billiche Vergeltung zubegehren / und hoffete / daß man ihm vor dem Griechen den Vorzug gönnen und geben würde. Der dritte mit nahmen Atizies redete ihm sehr gütlich ein / er möchte ja nicht Ursach geben zu seinem und ihrer aller dreien Verderben / welches ausser allem zweiffel auß dieser Liebes Zänkerey entstehen müste; er hätte ja daheim sein Weib / die ihm solches kaum gönnen würde; so dürfte auch Alexander ein so statliches Lösegeld vor die Jungfer bieten / welches hingegen er wol nicht eins begehrete vor sie zuerlegen. Doch wie dem allen / so müste diesem Unheil vorgebeuget werdẽ / solte er auch gleich hingehen und der Jungfer den Kopff abreissen. Idarnes fiel diesem bey / und beredeten Thymondas dahin / daß wo Alexander über 20000 Kronen vor sie erlegen wolte / solte er sie davor haben; foderten alsbald Alexander wieder vor sich / und gab ihm Idarnes zubetrachten / daß sein selbst eigener Vorschlag währe / die begehrete Jungfer dem Könige zuliefern / welches ja nach algemeiner Bewilligung unwiederruflich seyn müste; über das währe ihm des Königes Begierde nach schönen unbeflekten / sonderlich / außländischen Jungfern wol bewust / und hielten sie davor / ihres gleichen würden in Artabanus Frauen-Zimmer sehr wenig zu finden seyn / und sie daher nicht geringe Gnade und Vergeltung von seiner Hocheit / vor sie zugewarten haben / möchte daher sich wol versichern / daß es ihm aus sonderlicher Freundschafft wiederführe / wann man ihm dieselbe mit Gelde zu lösen / gönnen würde; welches aber auff den Fall mit des Jünglings guter Bewilligung geschehen müste / und daß derselbe äidlich angelobete / dessen bey Königl. Hocheit im geringsten nicht zugedenken / damit sie nicht deßwegen in Ungelegenheit kähmen. Hernach hätten sie von ihm zuvernehmen /womit er ein so köstliches Kleinot zu lösen sich erböhte; als den könten sie sich umb so viel weiter heraus lassen. Alexander fürchtete sich / sie würden ihn umb den grösten Teil seiner Beute schneuzen wollen /weil ihm die Parthische sehr schlechte Freygebigkeit mehr als zu wol bekant wahr; ließ sich doch keiner Furcht merken / sondern gab zur Antwort; Er bedankete sich vor erst der gemachten Hoffnung uñ freundlichen erbietens / und hätte es mit Bewilligung des Jünglings seine gute Richtigkeit / als welcher seine Wase lieber in Freyheit als weitere Gefahr setzen wolte / wüde auch den begehrten äid abzustatten sich nicht wegern; im übrigen möchten sie bedenken / daß Krafft auffgerichteter Verbündnis / ihm der vierdeteil so wol an der Jungfer / als an dem Jünglinge zustünde / den würden sie vor erst günstig abrechnen / und was sie darüber begehreten / ihm unverzüglich melden. Diese hingegen wolten zuvor von ihm wissen / wie hoch er den vierdenteil an dem Jünglinge rechnete. Er aber wegerte sich dessen / weil ihm / sagte er / unbewust währe / was der König vor ihn erlegen würde /wiewol er wegen seiner unvergleichlichen Schönheit /umb ein grosses höher als die Jungfer müste geschätzet werden; jedoch / sie weiter nit auffzuhalten / auch die hefftigkeit seiner Liebe ihnen sehen zulassen /wolte er sie beyde gleich / und jeden umb eine Tonne Goldes schätzen / nach welchem außschlage er erbötig währe[478] vor die Jungfer gleich also baar 50000 Kronen zuerlegen / und damit aller Ansprache an den Jüngling sich zubegeben; trat wieder ab / und baht sehr / sie möchten sich eines Schlusses zu seiner Vergnügung vergleichen. Die Parther verwunderten sich des milden erbietens / und sagte Idarnes zu Thymondas; mein Oheim / ihr sehet ja vor Augen / dz ihr und Alexander nicht gleiche Kauffleute seid / werdet demnach mit uns beyden zusti en / und um verhütung Güter- und Lebensgefahr ihm das Mensch folgen lassen; ich vor mein Häupt wil von meinem drittel des gebohtenen Geldes euch so viel zuwenden / daß ihr 20000 Kronen vol / zu eurem Anteil heben sollet. Atizies redete ihm auch zu / und ließ sich vernehmen / er könte wol leiden / daß er die helffte des gelöseten Geldes / als 25000 Kronen zu seiner Vergnügung bekähme: Worauff dieser geizige unhold sich endlich erklärete / Alexander möchte sie davor hinnehmen / nur daß er bey der Lieferung nicht seyn / und sie ihm die versprochenen Gelder schaffen wolten; dessen sich diese willig erbohten / und ihn von sich liessen. Nach seinem Abscheide liessen sie Alexander andeuten / er solte die Gelder / und zugleich die Jungfer herzu hohlen / inzwischen beredeten sich diese beyde / wessen sie sich weiters verhalten wolten. Der verliebete ließ ihnen alsbald solche Gelder in zehn gleichwichtigen Beuteln zustellen / uñ folgete er mit Brelen bald hernach / des behäglichẽ Außspruchs erwartend; da Idarnes / nach dem er die Gelder in zween gleiche Teile gesetzet hatte / also anfing: Jungfer Brela; ist es euer guter und freier Wille / daß ihr von dem Jünglinge eurem Oheim geschieden / und gegenwärtigem ädlen Herrn / Herrn Alexander als eine Braut und künfftiges Ehegemahl zugesprochen werdet? Ja / meine Herren /antwortete sie. Wol dann / fuhr jener fort / so willige ich samt meinen beyden Gesellen in solches euer Ehegelübde / und stellen euch eure Freyheit nach eurem Begehren hiemit völlig zu; wollen auch unsern guten Willen gegen euch sehen zu lassen / euch mit einer Heimsteur / nemlich mit der halbscheid dieser gelieferten Gelder begabẽ / damit ihr nicht gar zu bloß eurem liebsten zugeführet werdet / welches aber ausser uns vieren hiegegenwärtig niemand wissen sol. Atizies stellete ihr alsbald fünff Beutel zu / und bedanketen die verlobeten sich davor zum höchsten /wiewol Alexander leicht aus den lezten Worten schloß / daß Thymondas ihm diesen Kauff nicht gönnete / dessen er sich doch nicht merken ließ. Er meinete aber / es würde ihm nun nichts mehr übrig seyn /als daß er mit seiner Liebsten sich zu Schiffe setzete /und nach Padua zu segelte; Die Parther aber erinnerten ihn der Verbündnis / Kraft deren er gehalten währe mit ihnen biß nach Charas der Hauptstad in Parthen / ehmahls Hekatompylos geheissen / zu reisen / weil ihnen aus vielen Ursachen / insonderheit wegen des gefangenen Jünglinges / ein Dolmetscher hoch nöhtig währe. Dieser entsetzete sich über dem Anmuhten / und wendete ein; es hielte solches ihre gemachte Verbündnis durchaus nicht in sich / hoffete auch nicht / daß sie ihn zu solcher Reise nöhtigen würden / weil er nicht absehen könte / was Gestalt er ohn sehr grosse Kosten wieder zurük gehen könte; jedoch ihren guten Willen zuerhalten / und alle Ursach böser Nachrede ihnen zu benehmen / währe er erböhtig / ihnen einen guten Dolmetscher von seinen eigenen Kosten zuschaffen / und biß nach Charas frey zuhalten / womit sie verhoffentlich würden friedlich seyn. Den beyden Parthern wahr dieser Vorschlag lieb / weil sie sich auff der langen Reise einer Uneinigkeit zwischen ihn und Thymondas befahreten / nahmen deßwegen sein erbieten an / und hiessen[479] ihn damit eilen; da ihm dann nach vielen umbfragen ein geraubeter Griechischer Jüngling von XXIV Jahren zuhanden sties / welcher in Lateinscher und den vornehmsten Morgenländischen Sprachen ganz fertig wahr /denselben kauffte er umb 8000 Kronen / und befahl ihm in Herkuliskus Gegenwart / niemand als demselben allein geträue zu seyn / und ihn tåglich in Parthischer / Medischer und Persischer Sprache fleissig zuunterrichten / stellete ihm 800 Kronen zur růkzehrung biß nach Padua zu / mit dem teuren versprechen / daß er ihm daselbst seine Freyheit schenken / und ihm seine Můhe entweder mit 3000 Kronen vergelten / oder die Verwaltung seiner Güter in freier Bedienung übergeben wolte. Als nun dieser alle mögliche Träue und Auffwartung versprochen hatte / ging er mit ihm hin zu Idarnes / und lieferte ihm zugleich 400 Kronen Zehrgeld biß nach Charas / womit dieses seine gute Richtigkeit hatte. Weil dieses vorging /hatte Valiska mit Brelen abgeredet / sie solte Alexandern ihren Stand und Geschlecht nicht zuwissen machen / biß sie mit ihm über das Syrische Meer / und zum wenigsten in Zipern wåhre; hernach sich bemühen / ihren Herkules oder Ladisla in Kreta und Peloponnesus nachzufragen / ob sie vielleicht / wie sie gänzlich hoffete / schon auff der Fahrt währen / sie zuerledigen; sonst müsten sie nach Padua schiffen /woselbst sie ohndaß abzulegen willens währen / und sie daselbst von allem gute Nachricht haben würden; könten alsdann mit eigenem Bohten ihrer Fr. Mutter zuwissen machen / in was Stande sie lebete / jedoch daß ihr gute Hoffnung ihretwegen gemacht würde. Schließlich / sagte sie / da ihr Herkules oder meinen Bruder antreffet / so zeiget ihnen an / daß ich / als lange mein Geschlecht kan verborgen gehalten werden / Herkuliskus / nachgehends aber Herkuliska heissen wil / und werde nicht unterlassen / dieses Zeichen 3. Buch an die Wånde und Tůhren in Städten und Dörffern zumahlen / und an die Bäume zu schneiden /weßweges ich reise / auff daß meine Nachsucher iu etwas nachricht haben / und mir nachfragen können. Jungfer Brela weinete sehr / daß sie von ihrem Fräulein hinweg scheiden solte / versprach alles auffs fleissigste außzurichten / und weder Mühe noch Kosten zu sparen / damit ihr könte gedienet seyn / nähete auch das vorgemahlete Zeichen in ihre Kleider / es desto eigentlicher zu behalten. Alexander kam nach guter verrichtung wieder zu ihnen / und redete mit Herkuliskus / weil er gänzlich entschlossen währe den teur geleisteten äid den Räubern zuhalten (welcher dieser wahr / dz sie an keinem Orte Römisches Gebiets dessen ichtwas melden oder anzeige tuhn wolte /was sie von den Råubern wüste / damit sie nicht in Ungelegenheit kähmen) so wüste er durchaus vor sich kein Mittel / ihn auß ihren Händen loßzumachen /dürffte sich dessen auch gegen sie im allergeringsten nicht verlauten lassen; vermahnete ihn aber / da ihm Gelegenheit zustossen würde außzureissen / solte er seine Flucht anfangs gegen Norden wenden / uñ her nach immer der Sonnen Untergang folgen / biß etwa an das Euxinische Meer / aus welchem man in das Egeische biß gar nach Kreta schiffen könte. Herkuliskus antwortete ihm; der Götter Gnade währe ihm tausendmahl lieber / als sein eigen Leben / und was dem anhängig währe / wolte deßwegen den geleisteten äid nimmermehr brechen / noch den Parthischen Herren einige Ungelegenheit durch verrähterey zufügen /sonst könte er leicht ein Mittel zu seiner völligen Freyheit finden / wann er nur bey der Obrigkeit dieses Orts sich als ein Freund des Römischen Käysers anmeldẽ liesse; vor die Unterrichtung des Rükweges auff den glückes[480] Fall seiner Flucht bedankete er sich /und taht Jungfer Brelen Befehl / von Padua nicht zuweichen / biß sie Zeitung seines besseren zustandes haben würde. Diese wahr so herzlich betrübet / daß sie dem Fräulein kein Wort antworten kunte / herzete und küssete sich mit ihr ganz innig / daß Alexander daher schier argwöhnische Gedanken hätte fassen sollen / da daß Fräulein sie tröstete / und endlich mit ihrem Bräutigam zu Schiffe gehen hieß / dann der gute Wind und ihr Schiffman foderte sie an / welcher sie in kurzer zeit in Zipern brachte.

Die Parthischen Herren zogen des tages nach Alexanders Abscheid in Geselschafft 100 Kauffleute auch fort / und hatten ihre Schätze auff Kamehl und Maul Esel geladen. Herkuliskus muste seinen Siz auff einem Kamehl unter einem breiten Schirm nehmen /daß er weder von den Sonnenstrahlen möchte getroffen / noch von andern gesehen werden; die übrigen alle reiseten zu Pferde / mit Geschoß und anderem Gewehr wol versehen / ohn daß Timokles stets bey ihm auff dem Kamehl bleiben / und ihn in den Morgenländischen Sprachen zum fleissigsten unterweisen muste / wozu er überauß grosse Begierde hatte / und in wenig tagen darinnen dergestalt zunam / daß sein Lehrmeister sich dessen verwunderte / wie wol er dessen sich gegen die Parther nicht merken ließ. Ihren Weg nahmen sie gerade auff Damaskus zu / von darab ferner nach dem Eufrat / da sie durch Mesopotamien zogen / biß sie über den Tigerfluß in Assyrien kahmen; wohin wir sie wollen reisen lassen / und Alexanders gnte Verrichtung erzählen / dem seine liebste in Zypern ihrer Fråulein Valisken eigentlichen Zustand entdeckete / worüber er sich überaus bestürzet befand / von Herzen wünschend / daß er solches zu Tyrus hätte wissen mögen / damit er ihrer Erlösung sich bemühen können / welche in Anwendung aller seiner Beute / ihm nicht leicht solte gefehlet haben /wie wol den Parthen ungezweiffelte Lebensgefahr darauff stünde / wann ihr König dessen ichtwas in Erfahrung bringen mögen. Eines betraurete er am meisten /daß ihres Geschlechtes Vertuschung nicht lange bestehen würde / massen entweder seine vorige Gesellen selbst / oder zum wenigsten Artabanus Aerzte nicht umhin könten / ihn zubeschauen / wann er zum verschnittenen solte gemacht werden. Hingegen trauete Brela den Göttern / sie würden daß liebe gottfürchtige Fräulein in Schuz halten / und alle Schande gnädig von ihr abwenden; ihr einiger Wunsch nur ging dahin / daß sie Herkules oder Ladisla antreffen möchte; weil sie dann in Zypern denen vergeblich nach frageten /fuhren sie mit sehr gutem Winde nach Kreta / und ländeten durch Gottes schickung bey Gnossus an /woselbst Valikules wegen Gallus Verwundung sich bißdaher auffgehalten hatte / und des folgenden tages abzusegeln willens wahr. Daselbst kehrete nun Alexander in ein Wirtshauß ein / welches vol Griechischer Kauffleute wahr / deren etliche er kennete / und daher sich bald hinweg machete / damit er nicht erkennet / und wegen seines verbrechens zu Athen / in Haft genommen würde; geriet zu gutem Glük in Valikules Herberge / gleich da man Mittagsmahl halten wolte / grůssete die Anwesende freundlich / und ward von ihnen hinwieder wilkommen geheissen. Bey wehrender Mahlzeit sahen Valikules und Gallus die Jungfer fleissig an / und gedauchte sie / dieselben mehr gesehen haben / kunten sich doch nicht erinnern / wo und zu welcher Zeit / biß endlich Gallus sich besan /vom Tische / als hätte er etwas zubestellen / auffstund / und nachgehends unter dem Schein / als wolte ein fremder ihn sprechen / seinen Herrn abfodern ließ / zu dem er sagete: Gn. Herr / ich muß sehr irren / oder ebẽ[481] diese ist die Jungfer / welche wir nebest dem Fräulein im Flecken vor Padua gefangen bekommen /daher ich nicht unterlassen können / ihrer Gn. es anzudeuten. O ja / mein Gott / antwortete er / sie ist gewißlich Jungfer Brela / die ich zu Prag offt gesehen /und Libussa überdas mich berichtet hat / daß sie mit dem Fräulein hingeführet sey. Aber ach Gott! was bedeutet dieses / daß ich sie / und nicht auch das Fråulein alhie sehe? Sie muß entweder tod / oder in ander Råuber Hände gerahten seyn; ließ darauff einen schweren Seuffzer und sagete: O du barmherziger Gott / betrübe mich doch nicht zu sehr / mit so trauriger Zeitung. Gallus tröstete ihn mit guter Hoffnung /und könte man nach gehaltener Mahlzeit gelegenheit gnug haben / sie deßwegen zubefragen; setzeten sich wieder zu Tische / uñ kunten wegen Furcht und Hoffnung keiner Speise mehr geniessen. Die Begierde aber / welche Valikules antrieb / wolte der Mahlzeit Endschafft nicht abwarten / deswegen er nach gebehtener Verzeihung die Jungfer auff Griechisch fragete / von wannen sie kåhme / und wohin sie gedåchte; bekam aber von Alexandern zur Antwort: Sie verstünde die Griechische Sprache fast wenig / weil sie aus den Nordischen Ländern währe / und nur etwz Lateinisch zusprechen wůste. Er wiederhohlete darauff seine getahne Frage mit Lateinischen Worten / da sie meldete /sie wåhre neulich aus Zypern gefahren / und gedåchte nach Italiẽ / dahin sie von ihren Freunden erfodert währe. Hieraus verstund er leicht / daß sie nicht willens wahr / sich einem Fremden erkennen zugeben /uñ argwohnete zugleich aus ihrer Traurigkeit / es můste nicht recht umb sein Fråulein stehen; fing deswegen auf Teutsch zu ihr an / und sagte: Hochädle Jungfer / dafern meine Augen mich nicht bekriegen /habe ich sie vor wenig Monaten am Pragischen Hofe in Böhmen gesehen; ist sie nun dieselbe / und verstehet meine Sprache / wolle sie mir solches nicht leugnen; dann ich bin ein Teutscher / und nicht ohn gefehr dieser örter angelanget. Brela ward voller Freuden /da sie die Teutsche Sprache hörete / und antwortet auff teutsch: Ja mein Herr / ich bin warhafftig dieselbe / und erfreuet meine Seele sonderlich / daß in diesen fremden Ländern ich einen bekanten Menschen antreffen sol; aber ich bitte sehr / mein Herr wolle ohn verweilen mich verständigen / ob er etwan dem teuren Fürsten Herrn Herkules bedienet sey / und ob dessen Durchleuchtigkeit dieser ends anzutreffen / dann seinetwegen habe ich diese Reise eigentlich aus Geheiß seines allerliebsten Freundes auff mich genommen. Hieraus erkennete er / daß das Fråulein annoch im Leben währe / und antwortete ihr: Sie möchte sich biß nach gehaltener Mahlzeit gedulden / alsdann wolte er ihr von diesem Fürsten etwas Zeitung sagen. Kein Mensch wahr zugegen / der diese Sprache verstund /wiewol Alexander alsbald wähnete / er würde ein Teutscher / und Fürst Herkules Bedienter seyn; durffte doch nicht fragen / weil er hörete / daß er gut Griechisch und Latein redete. Brela merkete seine Begierde / und wolte ihm etwas Kundschafft geben / daher sagete sie zu ihm: Mein Herr / dieser wird uns Unterricht erteilen / woselbst wir unserm Glücke nachfragen sollen. Worauff er antwortete: So werde ich diesem Herrn meine künfftige Glükseligkeit zudanken haben; folgete bald hernach auff Valikules begehren /auff sein absonderliches Gemach / woselbst Gallus mit ihm sprachen muste / biß er in einem Neben Gemache die angestrichene Farbe von Haaren / Angesicht und Hånden hinweg getahn hatte / worauff er zu ihnen hinein trat / und von der Jungfer straks angesichts erkeñet ward / die ihm ehrerbietig entgegen trat / in meynung /[482] sich vor ihm auff die Knie zusetzẽ; aber er fassete sie unter die Arme / küssete sie freundlich / und sagte: Meine vielwerte Freundin / ich erfreue mich von Herzen ihres Wolergehens / und bitte /mir zusagen / wie es dem Durchleuchtigsten Fräulein gehe / ob sie lebendig oder tod sey. Mein Durchleuchtigster GroßFürst / antwortete sie / mein gnädigstes Fräulein ist Gott Lob annoch frisch und unverletzet an Gesundheit und Ehren / aber in Räuber Händen; wendete sich damit umb / und sagte zu Alexander: Da sehet ihr den Durchleuchtigsten GroßFürsten / Herrn Herkules / den wir eigentlich suchen / und von ihm meiner gn. Fräulein Erlösung gewärtig sind. Alexander neigete sich tieff vor ihm / und baht untertähnigst umb Verzeihung / daß Ihrer Durchl. er die gebührliche Ehre nicht angetahn hätte; baht nachgehends / ihn unter die Zahl seiner gehorsamsten Knechte anzunehmen / wolte in seiner Gn. Diensten sein Leben willig enden / weil er der unseligen Gefängniß der Durchl. Fräulein mit ursach währe. Er aber boht ihm die Hand / neben Erinnerung / ihn mit dergleichen Fürstlicher Ehre noch zur Zeit zuverschonen / weil er unerkant seyn wolte; begehrete nachgehends / ihm kürzlich zuerzåhlen / wie es dem Fräulein von der Zeit ihrer lezten Gefängniß her ergangen währe / welches die Jungfer gerne leistete / und da sie gleich der eingeschnittenen Wörter in den Walnusbaum dieses Eilandes Erwähnung taht / trat Gallus nach abgelegter Farbe wieder zu ihnen hinein / welchen sie ersehend /vor Zorn und Eifer erröhtete / und zu Herkules sagete: Durchl. Fürst / dieser ist der vornehmsten Räuber einer / die mein Fräulein zu allererst geraubet haben /und erinnere mich noch wol / mit was schnöden Lumpen uns dasmahl zubedecken / er anordnete. Meine Freundin / antwortete er / es ist ihm also / aber er hat schon davor völlig gebüsset / und wie er schuld träget an ihrem Verlust / also muß er sie mir wiederumb suchen helffen. Das ist wol eine wunderliche schickung / sagte sie; dann dieser / auff Alexander zeigend / ist auch deren einer / die uns im Walde geraubet / und ich habe ihn / meinem Gn. Fräulein zugehorsamen /zum Bräutigam annehmẽ müssen / nachdem Ihrer Gn. er geträulich verheissen / Eurer uñ König Ladisla Durchll. nachzufragen / und denen ihren Zustand zu hinterbringen; fuhr hernach in voriger Erzählung fort /und was ihr sonst von dem Fräulein anbefohlen wahr /da sie endlich anzeigete / dz sie nach dem Parther Lande zu / schon vor XIV Tagen von Tyrus würde auffgebrochen seyn. Endlich fragete sie / wo Libussa blieben währe / welche Gallus absonderlich mit sich hinweg geführet hätte / und erfuhr von Herkules / daß er sie noch desselben Tages gerettet / und nach Padua zihen lassen / woselbst sie seiner Anordnung nach noch eine zeitlang verweilen dürffte / baht demnach /sie möchte mit ihrem Liebesten dahin reisen / und bey Libussen werbẽ / daß sie ihm einige Wechsel auff 60000 Kronen nach Tyrus übermachete. Nein / dessen bedarff es nicht / antwortete sie / massen mein Liebster eine zimliche Baarschafft bey sich führet / wovon Eure Gn. nach belieben nehmen mag. Wahr also Alexander bald fertig / neben Gallus die Gelder aus seinem Gemache zuhohlen / mit erbieten / da Ihre Gn. etliche Tonnen Goldes begehreten / könte sie deren bemächtiget seyn. Er aber bedankete sich des guten Willens / hätte vor dißmahl genug an diesem / weil er schon eine zimliche Baarschafft bey sich führete; verfertigte nachgehends etliche Schreiben nach Padua /und brachten den übrigen Tag mit allerhand Gespräche zu / da ihm Alexander die Reise nach Charas / so viel möglich wahr / beschrieb / und nachgehends seinen Unfall klagete / welcher ihn aus seinem[483] Vaterlande von Athen hinweg getrieben hätte / möchte wünschen / daß Ihre Durl. bey dem Käyserl. Stathalter zu Padua wolte befoderlich seyn / daß er daselbst frey und unangefochten sich auffhalten / oder seine Landgüter loßzuschlagen bemächtiget seyn könte; Worinnen er ihm gerne zu willen wahr / endlich ihnen einband / nirgends zumelden / daß sie so nahe in Kreta bey ihm gewesen währen / sondern solten davor Zypern nennen; möchten aber ihre Reise auff Korinth nehmen / und Markus seinen Zustand verständigen /insonderheit den Verlauff mit dem falschen Ladisla und Herkules. Des folgenden Morgens / da er von Alexander eine schriftliche Unterrichtung genommen /wes Weges die Parthen mit dem Frl. nehmen würden /ging er zu Schiffe / und segelte frölich nach dem Judischen Lande / fuhr inwendig zwölff Tagen unter Gaza an / welche Stad eine halbe Meile zu Lande ein von dem Ufer gelegen ist / woselbst er bey einem Christlichen Wirte einkehrete / und den vornehmsten Lehrer zu sich bitten ließ / welcher ihm eine Predigt halten /und mit ihm speisen muste / nachdem er ihm 300 Kronen unter die Armen / und 200 unter die Lehrer auszuteilen / zugestellet hatte; nam auch von ihm allen Bericht ein / was vor eine Beschaffenheit es dieser Zeit im Judischen Lande hätte / daß nehmlich Käyser Elius Adrianus vor 93 Jahren eine Stad auff einen Teil des Platzes der verstöreten Stad Jerusalem aufgebauet / und nach seinem und des Abgottes Jupiter Capitolinus Nahmen Ælia Capitolina genennet / woselbst er so wol auff der Stelle des Salomonischen Gottes Hauses / als auff dem Berge Golgatha / heydnische Kirchen erbauet / worüber dazumahl die Juden dergestalt er grimmet währen / daß sie unter ihrem betrieglichen falschen Messias Bar-Kochba / einen blutigen Krieg wider die Römer angefangen / aber iñerhalb zwey Jahren gedämpffet / und ihrer viel tausend erschlagen worden / da nachgehends derselbe Käyser vor den Tohren dieser neuen Stad / Säue / und andere den Juden verbohtene Bilder einhauen lassen /auch alle Juden aus dem gelobten Lande vertrieben /daß nur Heyden und Christen sich daselbst auffhalten dürffen; Doch hätten die Juden mit grossen Kosten so viel Freyheit zuwege bracht / daß ihnen erläubet worden / jährlich am X Tage des Augst Monats nach Jerusalem zukommen / und ihres Reichs Untergang zubeweinen / biß sie vor dreyen Jahren wiederumb die Freyheit von dem jetzigen Käyser erhalten / in diesen Ländern unter einem Judischen Vorsteher zuwohnen /der gleichwol des Römischen Stathalters Botmässigkeit unterworffen seyn můste. Die Reise nach Tyrus könte innerhalb sechs Tagen abgeleget werden / weil von Gaza nach Jerusalem XI Meilen / und von dar ab nach Tyrus XXV Meilen währen / doch wañ er die vornehmsten Oerter des Landes besehen wolte /wůrde mehr Zeit darzu gehören. Valikules hörete alles mit Lust an / weil ihm wenig hievon bewust wahr /und nachdem er merkete / daß dem guten Manne an Lebensmitteln gebrach / schenkete er ihm noch 200 Kronen / und baht / sein im gemeinen Gebeht zu gedenken / daß ihm Gott zu seiner Reise / wegen Erlösung einer unschuldig gefangenen angestellet / Glük geben wolte; in seiner Rükreise solte die Kirche dieses Orts seine dankbare Mildigkeit weiter spüren; bestellete des dritten Abends einen Christen / dem die heiligen örter zwischen Gaza und Jerusalem wolbekant waren / und reisete folgendes Tages mit Gallus nach Bethlehem / da sie nicht ohn Tråhnen sahen /wie die Heyden das Haus der Abgöttin Venus besuchten / welches Käyser Adrianus den Christen zur Schmach daselbst hatte auffrichten lassen / und in demselben viel Unzucht[484] getrieben ward. Sie kehreten sich aber in herzlicher Andacht zu Gott / und danketen ihm / daß er seinen lieben Sohn alhie hätte wollen lassen zur Welt gebohren werden; liessen sich hernach eine Viertelmeile von der Stad gegen Suden zu dem Turm Eder führen / bey welchem der grosse Engel der HErrn den armen Hirten im Felde die freudenreiche Geburt des lieben Jesuleins verkündiget hatte; hernach kehreten sie wiederumb zurük gegen Norden / da man ihnen auff der andern Seite der Stad eine Viertelmeile von dannen / dz Grab Rahel zeigete. In der Stad sahen sie des Jesse / Davids Vaters Begråbniß / und nahmen von dar ab ihren Weg nit straks gegen Norden auff Jerusalem zu / sondern wendeten sich gegen Osten / Bethanien zubesehen / da sie des von den Todten erwecketen Lazarus Grab / und Simon des Aussätzigen Haus ihnen zeigen liessen. Von dannen gingen sie folgendes Tages die halbe Meile biß nach Jerusalem zu fusse gegen Westen zu über den Oelberg / eben den Weg / auff welchem der Herr Christus seinen Königlichen Einzug auff einem Esel gehalten hatte / da sie allen Bericht fleissig einnahmen / wo der Garte Gethsemane gelegen / in welchem Christus Blut geschwitzet und gefangen worden; an was Orte er über die Bach Kidron geführet; wo das Tempel- und Schaf Tohr gewesen; wo Hañas /wo Kaiphas Wonung / wo Pilatus Richthaus gestanden / da der HErr verspottet / gegeisselt / und mit Dornen gekrönet wahr. Leztlich liessen sie sich auff den Berg Golgatha leiten / da die heydnische Kirche stund / an welche sie sich doch nicht kehreten / sondern fielen auf ihre Knie / uñ verrichteten ihr Gebeht etliche Stunden / da Valikules unter andern dieses hielt. O du Sohn des ewigen Gottes / der du samt deinem Vater und HeiligemGeiste eines Wesens bist; dir danke ich aus tieffestem Abgrunde meiner Seelen / daß du mich armen Sünder so hoch geliebet / und umb meiner Seligkeit willen dein unschuldiges heiliges Blut am Stamme des Kreuzes auff diesem Berge hast vergiessen wollen / der ich sonst ewig verdamt und verlohren seyn müssen. O du barmherziger Gottes Sohn / sihe nicht an meinen vorigen heydnischen Unglauben / noch was ich aus Fletsches Schwach- und Boßheit jemahls wider deinen heiligen Willen begangen habe / sondern von aller meiner Untugend wasche mich mit deinem teuren Blute /und erhalte mich im beständigen Glauben / und beharlicher Gottseligkeit / daß ich durch Fleisch und Blut mich nicht verführen lasse / deinem Willen zuwiderstreben /und deines Verdienstes mich unfähig zumachen. Gib auch Gnade zu meiner vorgenommenen Reise / und erhalte mein geliebtes Fräulein beym Leben / auff daß sie aus den Händen der schnöden Räuber / und des unzüchtigen Gottlosen Königes erlöset werden / und an ihren Ehren unverlezt bleiben möge O du mein Heyland / laß sie doch zum wenigsten nur so lange im Leben / biß sie durch deines Heil. Geistes Krafft im seligmachenden Glauben unterrichtet werde / damit wegen der heydnischen Greuel sie nicht in die hellische Verdamniß falle /sondern ein Kind des ewigen Lebens sey und bleibe. Ist es auch dein gnädiger Göttlicher Wille / so zeug meinen geliebten Ladisla / meine herzliebe Eltern / Geschwistere und Anverwanten / daß sie von Verachtung deines hoch heiligen Nahmens abstehen / und die allen Sündern angebohtene Gnade empfahen. Dieses mein Gebeht wollest du O mein Erlöser gnädiglich erhören / umb deines Blutes und Todes willen / Amen.

Nachdem er dieses und dergleichen Gebehter mit häuffigen Tråhnen und inbrünstiger Andacht gesprochen hatte / legte er sich in eine geringe Herberge /und nach zween Tagen ließ er sich bey dem Bischoff daselbst anmelden / der ihn bald zu sich foderte / uñ freundlich empfing; er hinwieder bezeigete sich gegen ihn als einen Vorsteher der Kirchen Gottes sehr ehrerbietig / und offenbahrete ihm in vertrauen / daß er von Fürstlichen Eltern in Teutschland gebohren / und durch Unfal gefangen nach Rom geführet / woselbst er durch[485] Gottes sonderliche schickung zum Christlichen Glauben bekehret worden; und ob er gleich damahls ihm vorgeno en / nach dem heiligen Lande zu reisen / und sich im Jordan täuffen zu lassen / währe ihm überdas eine Ursach zuhanden gestossen / die solche Reise beschleuniget håtte / in dem eines Königes Tochter / seine nahe Anverwandtin von Parthischen Räubern hinweg geführet währe / die er zu erlösen suchete; hoffete demnach / ihre Ehrwürden solches sein ChristlichesVorhaben befodern würden / zu welchem ende er sein Christliches Bekäntnis tuhn wolte; fing demnach an von der Schöpffung / vom Stande der Unschuld menschliches Geschlechtes / und von dem elenden Sündenfalle zureden / wie durch des Teufels Neid und List der Mensch in die Sünde gerahten / doch durch Gottes Barmherzigkeit in seinem Falle getröstet / in dem der Messias und Heyland aller Welt / der gesegnete Weibessame ihm versprochen worden / welcher der hellischen Schlangen den Kopff zutreten / und durch sein Leyden und Tod vor unsere Sünde büssen und bezahlen solte / wie er dann in der völle der Zeit aus dem Leibe der keuschen Jungfrauen Marien zu Bethlehem an diese Welt gebohren währe /hätte durch seine göttliche Krafft viel Zeichen und Wunder sehen lassen / und alles daß überflůssig geleistet / wz von ihm durch Mose und die Propheten geweissaget worden / da doch / dessen alles ungeachtet / seine eigene Verwanten daß Judische Volk ihn verworffen / verfolget / gelästert / endlich gar ans Holz gehenket hätten / währe aber von Gott aufferwecket am dritten Tage / und nach XL Tagen gen Himmel gefahren / da er sich zur Rechten Gottes gesetzet / und mit uns Menschen den Bund gemacht /daß wir durch den Glauben an ihn die ewige Seligkeit erlangen / und nach seinem Willen uns in guten heiligen Wercken der Christlichen Liebe üben solten / biß er am Jüngsten Tage wieder ko en würde / zu richten die Lebendigen und die Todten / also und dergestalt /daß die Gläubigen und Frommen als Gottes liebe Kinder alsdann in die himlische ewige Freude eingehen; die Ungläubigen und Gottlosen aber der unendlichen hellischen Verdamnis solten zugesprochen werden. Diese Stücke alle miteinander wuste er dermassen auß der heiligen Schrifft darzutuhn und zuerweisen / daß der Bischoff sich dessen zum höchsten verwunderte / insonderheit als er vernam / daß vor anderthalb Jahren er von diesem Glauben noch kein Wort gehöret hätte / und gab ihm zur Antwort: Durchleuchtiger Fürst / und in unserm Heylande geliebter Sohn; daß unser Gott nach seiner unaußsprechlichen Gnade und Barmherzigkeit auß der gräulichen Finsternis der heidnischen Blindheit euch zur erkäntnis seines lieben Sohns / und zum Lichte des Lebens gebracht hat / solches erwäget ihr billich mit dankbahrem Herzen / massen euch ein grösseres in dieser Welt nicht wiederfahren können / in betrachtung der erschröklichen Hellenpein / auß welcher ihr durch dieses einige Mittel zur himlischen Seligkeit gebracht seid; dann weil ihr nunmehr Gott Lob eurem Heylande anhanget / und durch den Glauben ihm einverleibet seid / habt ihr an der Seelen Wolfahrt förder durchaus nicht zuzweiffeln / weil er der Mund der Warheit selber spricht; daß alle die an ihn gläuben / nicht sollen velohren werden / sondern das ewige Leben haben; Und er zu dem Ende in diese Welt kommen sey / selig zu machen was verlohren wahr. Als ich nun aus euer Christlichen Bekäntnis wol vernommen / daß ihr in der reinen seligmachenden Lehre / von den Rechtgläubigen zu Rom / die mit uns einen Glauben haben / zur Gnüge unterrichtet seid / währe es unbillich / und wieder mein Gewissen /[486] da ich in euer Christliches begehren nicht einwilligen / und euch die heilige Tauffe versagen würde; möget mir demnach die Zeit und den Ort bestimmen zu diesem Christlichen heilsamen Werke / alsdann ich euch einen alten Gottfürchtigen Lehrer zuordnen wil / der euch dieses köstliche Seelenbad mitteilen / und in die völlige Gemeinschafft der Christlichen algemeinen Kirchen euch einführen sol; worauff ich euch folgends mit dem wahren Leibe und Blute eures Erlösers / zur stärkung eures Glaubens und zur vergewisserung der Seligkeit speisen werde. Der Almächtige Gott und Vater unsers Herrn JEsus Christ verleihe euch seinen heiligen Geist / daß ihr nach erhaltener Tauffe des fleisches Werke und die üppigen Weltlüste fliehen und meiden / und dagegen die Früchte des lebendigen Glaubens /in der Gottseligkeit / Hoffnung / Geduld und allen anderen Christlichen Tugenden / in eurem ganzen Leben hervor geben möget / alsdañ werdet ihr das wolangefangene Werk ritterlich und standhafftig volführen /und nach dieser Vergängligkeit die Krone der Ehren empfahen / da ihr erst recht erkennen und empfinden werdet / was Paulus saget: unser Zeit Leiden ist der Herligkeit nicht wert / die an uns sol offenbahret werden. Valikules dankete ihm sehr / und baht / auff nähst folgenden Tag Anordnung zur Tauffe zumachen / welche er gerne zu Bethabara empfangen wolte / wie auch gegenwärtiger sein Diener Gallus. Derselbe trat nun auch herzu / taht seines Glaubens Bekäntnis / und in des Bischoffs Gegenwart beichtete er Gott dem Herrn seine begangene schwere Sünden / welche er ehemahls durch Verleugnung seines Heylandes /nachgehends durch Morden / Rauben und anderen vielfältigen übeltahten wieder die heiligen Geboht Gottes begangen / welches alles er mit heissen Trähnen beweinete / auch Gott von Herzen dankete / daß er ihn ganz wunderbahrer Weise davon abgezogen hätte / uñ gelobete zugleich an / durch Kraft und Beystand des Heiligen Geistes / solche Werke des Satans hinfüro zu meiden / und durch keine Wiederwertigkeit / wie die auch Nahmen haben möchte / sich von seinem grundgütigen Heyland und Erlöser treñen zulassen. Worauff ihn der Bischoff mit herlichen Sprüchen des göttlichen Worts tröstete / in welchen Gottes unendliche Gnade und Barmherzigkeit angedeutet wird. Des andern Tages sehr früh / machten sie sich zu Fusse nach Bethabara / vier Meilen von Jerusalem belegen / dan ich wil / sagte Valikules / nicht dahin reiten oder fahren / wohin mein Erlöser der Sohn Gottes umb meinet willen zu Fusse gangen ist; weil aber der Täuffer alt und unvermögen wahr / ritte er auff einem Esel neben ihnen her. Als sie bey der Tauffstäte anlangeten / woselbst unser Heyland vor 197 Jahren sich hatte Täuffen lassen von Johannes Zacharias Sohn / und Valikules hinein stieg / die Tauffe zu empfangen / behtete er diese kurze andächtige Worte: O du mein Heyland JEsus Christ / ich danke dir von Herzen / daß du mich diesen heilsamen Tag hast erleben lassen / an welchem ich durch daß Bad der Wiedergeburt erneuret / und dir zugefůhret werde. Ach gib uñ verleyhe /daß ich nach empfangener Tauffe mich ja nicht mit groben Lastern wieder mein Gewissen besudele / sondern behersche mich mit deinem Heiligen Geiste in meinem ganzen Leben / und erhalte mich im rechtschaffenen Glauben und Christlichen Wandel zu der ewigen Seligkeit Amen. Recht so / mein geliebter Sohn / sagte der alte Täuffer / so stellet ihr euch als ein wirdiger Gast zu dieser heilsamen Gnade ein. Es ist zwar vor den Augen der Ungläubigen ein einfältiger Gebrauch /und kan Fleisch uñ Blut nicht begreiffen / wie es zugehe / das durch dieses äusserliche Waschen die Seele innerlich[487] gereiniget werde; aber wer in Gottes Wort unterrichtet ist / und seine blinde Vernunfft dem Gehorsam des Glaubens zu unterwerffen weis / ist der seligmachenden Krafft dieses Bades schon gnug versichert / weil uns Paulus lehret / dz wir dadurch gerecht werden und Erben des ewigen Lebens. Wañ ich nu diesen ganzen Weg her solche gelehrte uñ andächtige Glaubens Gespräche von euch angehöret habe /die mich eures Christentums übrig versichern / wil mir nicht gebühren / euch dieses Bad zuversagen; deßwegen so täuffe ich euch auß Befehl meines lieben Heylandes JEsus Christ / in dem Nahmen Gottes des Vaters / und des Sohns / und des Heiligen Geistes. Alsbald darauff empfing auch Gallus die heilige Tauffe / nachgehends hielten sie ihr Gebeht eine gute Stunde am Ufer kniend / kehreten hernach zu Bethabara ein / und blieben dieselbe Nacht aldar. Des folgenden Morgens machten sie sich zu Fusse wieder nach Jerusalem / und kunte der Täuffer des jungen Herrn Andacht bey dem Bischoff nicht gnug rühmen /der das H. Abendmahl des Herrn mit ihnen hielt / und von dessen Einsetzung / Wirdigkeit und Nutzen eine lehrreiche Predigt anstellete / nach deren Endigung Valikules diese beyde Geistliche mit sich in die Herberge führete / und bey sich zum Abendessen behielt /da er ihnen erzåhlete / was grosse Schätze ihm sein Gott in bestürmung eines Raubnestes bescheret /davon er nach Christus Befehl seinen Neben Christen gerne mitteilete; lieferte auch alsbald dem Bischoffe 3000 Kronen / halb unter die Armen / und halb unter die lernende Jugend außzuteilen; dem Täuffer gab er 300 / und dem Bischoffe 700 Kronen; weil aber dieser solches vor sich gar nicht nehmen wolte / einwendend / daß er unverheyrahtet währe / und Lebensmittel gnug hätte / baht Valikules / es unter die übrige Geistligkeit außzuteilen. Des folgenden Morgens besuchte er den Bischoff gethaner Verheissung nach / in seinem Hause / welcher ihm etliche schöne Büchlein verehrete / so teils von Geminus / damals hochberůmten Obristen Lehrer zu Antiochia / teils von Origenes / der auch zur selben Zeit lebete / geschrieben wahren / und erlustigte er sich nicht wenig an den schönen Geistlichen Schrifften / welche er sonst bey ihm sahe; dann da fand er die herlichen Bucher des Dionysius Areopagita / des Ignatius / des Polykarpus / des Hermes / des Mårterers Justinus / unter welchen ihm dieses Lezten seine Schutz-Schrifften sonderlich wolgefielen / die er vor etliche funffzig Jahren hatte ausgehen lassen. Er sahe des Athenagoras / des Theophilus / sechsten Bischoffs zu Antiochia nach Petrus; des Ireneus / des Tertullianus / des Alexandrinischen Kirchen Lehrers Klemens / und vieler anderen mehr; In welche Bücher er sich dergestalt verliebete / daß er dem Bischoff 3000 Kronen zustellete / ihm davor die vornehmsten abschreiben zulassen / welche er mit Gottes Hülffe bey seiner Rükreise abfodern wolte; wünschete daneben / dereins Mueß zuhaben / daß er sie durchlesen könte; nam endlich von dem Bischoffe freundlichen Abscheid / und befahl sich in sein andächtiges Gebeht / welcher ihn biß auff die Gasse geleitete / und vor die den Armen erzeigete Mildigkeit höchlich dankete. Als sie nun haussen vor der Tühr ein wenig mit einander sprache hielten / sahe Valikules / daß der Bischoff als vor Angst erbleichete /wolte auch ohn Ausführung seiner Rede zurük ins Haus treten; worüber sich Valikules bekümmerte /und ihn fragete / warumb er sich so geling übel befünde. Dieser antwortete ihm halb zitternd: Er sähe dort einen sehr frechen und verwägenen Juden herkommen / einen Erzfeind des Christlichen Nahmens / welcher ihm zur Geissel[488] gegeben währe / und von ihm / so offt er ihm begegnete / übel gescholten und angespeiet würde / währe auch wegen grosser Erfahrenheit in Waffen / so hochmühtig / daß er fast jederman höhnete. Ehrwürdiger Herr / sagte Valikules / ich bitte euch höchlich / weichet diesem Hunde nicht / stehet euch dann ein Spott zu umb des Glaubens willen / so tragets mit Geduld; doch hoffe ich / wo ers tuhn wird /es solle ihn bald gereuen. Der Bischoff fassete hiedurch ein Herz / und trat unerschrocken etwas weiter hin auff die Gasse / um zuerwarten / wz ihm begegnen würde; da der Jude / so bald er ihm nahete / auf seine Sprache zu ihm sagte: Gott chände dich Verfůhrer /spie ihn auch ins Angesicht; worüber Valikules sich so hefftig eiferte / daß er ungeredet die Hand zog /und ihn ins Gesichte schlug / daß er taumelte / sagte hernach zu ihm: Je du Gottloser Bube / was hastu diesen frommen Herrn so schändlich zu verhöhnẽ / der mir zu liebe biß hieher getretẽ ist? Der Jude erhohlete sich bald / fiel auf Valikules zu / in meynung / ihn bey der Kehle zufassen und zuerwůrgen; aber er wahr ihm mit seinem Schwerte zu behende / hielt ihm solches auff die Brust / und sagete: bald packe dich / und hohle deine Waffen / wo du Streit begehrest / so wil ich dir dessen satt geben. Es gehub sich der Jude nicht anders / als währe er von Sinnen kommen / und schwuhr bey dem wahren lebendigen Gott / er müste von seinen Händen sterben / und in kleine Bißlein zerhacket werden; weil er aber solcher Dräuworte wenig achtete / hieß er ihn fortmachen / weil er nit lange der weile hätte auff ihn zuwarten. Also muste dieser vor dißmahl die Ohrfeige verschlucken / die er doch schwer zuråchen gesinnet wahr / und ihn deswegen hoch beschwuhr / dz er nicht ausreissen / sondern ihm die Ausfoderung halten solte / ging auch alsbald hin / sich zuwapnen. Dem Bischoff wahr diese Begebniß herzlich leid / und fürchtete sehr / es würde Valikules dem trotzigen Juden lange nicht gewachsen seyn / daß er ihn schon so gut als erschlagen hielt. Er aber tröstete ihn / mit Versicherung / es würde der gerechte Gott diesem Gotteslästerer schier die verdiente Straffe auflegen; jedoch / weil ihn der Bischoff warnete / daß ob er gleich diesem ansiegen solte / würden ihn doch die anderen Juden lebendig zerreissen / da verfügete er sich alsbald hin nach dem Römischen Stathalter desselbigen Ortes / Herrn Kajus Pompejus /meldete ihm Herrn Fabius zu Padua brüderlichen Gruß an / und gab ihm zuverstehen / er wåhre ein Römischer Ritter / und von Römischer Käyserl. Hocheit in die ädlesten Geschlechter zu Rom angenommen /hätte aber gleich diese Stunde auff freyer Gasse einen Schimpff von einem verwägenen Juden annehmen müssen / welches er mit einer Ohrfeige gerochen; Weil dann der Jude solches durch offentlichen Kampff zueifern gemeynet wåhre / als bähte er den Hochansehnlichen Herrn Stathalter / als einen Großberůhmten Vorsteher der Gerechtigkeit dienstlich / die Anordnung zutuhn / daß er nicht etwa von dem heillosen Juden Gesindle / unredlicher weise überfallen würde / sondern wider unbillichen Gewalt Schutz haben möchte. Herr Pompejus sahe unsern Valikules an / verwunderte sich über seiner schönen Gestalt /höflichen Geberden und großgeherzter Rede / dankete ihm freundlich vor den ůberbrachten angenehmen Gruß / und hieß ihn der ends sehr wilkommen seyn /mit dem versprechen / weil von Käyserl. Hocheit er so hoch geehret / mit seinem Brüderlichen Freunde Herr Fabius in guter Freundschaft stünde / und wider einen Juden zukämpffen willens währe / wolte er mit einer starken Schaar seiner Besatzung selbst dabey seyn /und auff alles gebührliche Auffsicht haben; dessen ihn[489] Valikules dienstlich dank sagete / ging damit hinweg /und verfügete sich wieder zu dem Bischoffe / den er fleissig baht / ihm die Freundschafft zuleisten / und dem Streite zuzusehen; Er hoffete diesem Schänder dergestalt abzulohnen / daß er nach diesem sich vor ihm nicht mehr solte zubefürchten haben. Dem Bischoffe gingen vor Erbarmung und Mitleiden die Augen über / zeigete ihm an / wie herzlich er sich bekümmerte / daß er mit diesem Baumstarken Juden den ungleichen Kampff antreten solte / der so mannichen redlichen und tapfferen Ritter nidergelegt hätte / daß niemand / der ihn kennete / sich an ihm reiben wolte. Er hingegen tröstete ihn / und daß man nicht allein im woler gehen / sondern auch in Gefährligkeiten sich auff Gottes Schutz und Hülffe verlassen müste; Er währe zwar noch jung / hätte aber doch dergleichen Wagestücken schon unterschiedliche erlebet; setzete sich damit auff sein gutes Pferd / welches ihm Gallus zuführete / und ritte dem Stathalter entgegen / der mit seinen Kriegsknechten schon daher kam. Kurz darauff ließ der Jude mit acht Gewapneten sich auch sehen /und ward gewahr / daß der Stathalter neben seinem Feinde hielt; Dieses einige schreckete ihn ab / daß er ihn nicht auff der Gasse überfiel. Herr Pompejus sahe den Juden / und kante ihn / sagte deswegen zu Valikules: Herr Ritter / Vorsichtigkeit und Krafft wird euch nöhtig seyn / da ihrs mit diesem antreten wollet /desgleichen in Waffen wenig zufinden ist / so daß unterschiedliche ansehnliche Ritter / lieber einen Schimpf von ihm annehmen / als mit ihm anbinden wollen. Mein Herr / antwortete er / solte in einem Juden wol rechtschaffene Tugend seyn / deren höchstes nur in rasichter Wuht bestehet? Er mag biß daher mit seinem viehischen Trotze durchgedrungen haben /obs aber wahre Ritterschaft oder tumme Verwägenheit sey / sol mit meines Gottes hülffe er mir noch heut einen schärfferen Beweißtuhm sehen lassen / als der in Schåndung geistlicher Lehrer bestehet. Nun so helffe euch euer Gott / sagte er / und hilfft er euch /muß ich freylich sagen / daß er kein unvermögender Gott sey; sendete auch alsbald einen Häuptman an den Juden / welcher sich Ben-Levi nennete / uñ geboht ihm: da er streiten wolte / solte er sich hinaus über die Bach Kidron machen / wohin sein Ausfoderer ihm folgen würde. Dieser bisse die Zähne im Kopffe zusammen / sendete einen Juden wieder hin zu dem Stathalter / und gab durch denselben zur Antwort: Er müste dem Herrn Stathalter billich gehorsamen /bähte aber / den verwågenen Buben anzuhalten / daß er ihm nicht entlieffe. Daß ich kein Bube / er aber ein schlimmer Schänder ist / sagte Valikules / sol sich wils Gott schier ausfündig machen / und hat er sich meines entlauffens nichts zubefahren; dann ich habe bißher meinen Fåusten mehr als den Füssen getrauet. Soltet ihr wol derselbe seyn / antwortete der abgeschikte gewapnete Jude / der Ritter Ben-Levi einen Trotz bieten dürffte? Wolte Gott / ich möchte als viel ein unerfahrner an seiner stelle stehẽ / wie würdet ihr mir so gute Worte geben müssen / wann ihr den Kopff davon bringen woltet. Reite fort Jude / sagte Valikules / und hinterbringe meine Antwort / wozu du abgefertiget bist / vielleicht gibt es Gelegenheit / daß du deines Wunsches gewehret werdest. Das helffe mir Gott / antwortete er; ging fort und baht Ben-Levi /daß er ihm den Streit gönnen möchte; welches er ihm aber abschlug. Valikules baht den Stathalter / daß gegenwärtigem Christlichen Lehrer möchte vergönnet seyn mit hinaus zugehen / und den Kampff anzusehen / weil er von diesem Juden ohn alle gegebene Ursach zum höchsten beleidiget währe. Der Bischoff währe zwar lieber daheim[490] geblieben / weil seinem vorgeben nach / er bey streit- und kämpffen nichts zuschaffen hätte / durffte es aber dem Stathalter nit abschlagen /welcher sich nicht gnung verwundern kunte / daß Valikules in solchem jungen Alter so frisch und unerschrocken war / welches er doch alles seiner Unwissenheit zuschrieb / und daß er dieses streitbahren Juden keine Kundschaft hatte. Als sie über die Bach kahmen / wählete Valikules den Ort zum Kampffe /da vorzeiten der Garte Gethsemane gewesen wahr /ritte hin zu Ben-Levi / schlug seinen Helm auff / und redete ihn also an: Nun sage mir Jude / ob dich der Hohn gereue / welchen du jenem frommen Christlichen Lehrer angetahn hast / so wil ich den gelindern Weg mit dir gehen / wo nicht / so mache dich bald auff die Bahn. Dieses seine Beysteher fingen der Rede überlaut an zulachen / und spien verächtlich aus; der Ausgefoderte aber vermeynete des anmuhtens vor Zorn zubersten / und antwortete mit grausamer Stimme: O du elender Wurm / wie werde ich mich nur an dir einzigem gnug rächen? Ritte darauff selbst zu dem Stathalter / und sagte: Er hoffete ja / daß ihm als einem Ritter / der sich bißher in Römischen Kriegen rühmlich gebrauchen lassen / vergönnet seyn würde /mit seinem Feinde nach Rittersbrauch zuhandeln. Ja wol ist solches zugelassen / antwortete er / aber nichts weiters / sintemahl euer Bestreiter ein ädler Römischer Ritter ist. Hiemit kehrete sich der Jude gegen Valikules / der festen Einbildung / ihn des ersten Rittes niderzulegen; Sie fasseten beyde ihre Speere / und wolten sich des Schildes nicht gebrauchen; dann als Valikules sahe / daß jener den seinen von sich gab /reichete er Gallus den seinẽ auch hin; Welches der Stathalter sehend zu seiner Geselschafft sagete: Trauen dieser junger Ritter hat wenig Furcht in seinem herzen / und wil sich gar keines Vortels gebrauchen /welches ihm wol könte zugelassen seyn; währe demnach immer schade / daß er in dieser blühenden Jugend drauff gehen solte / und in den ersten Lehr Jahren bleiben. Inzwischen ranten diese mit solchem Eifer zusammen / daß die Lufft zischete / und im Treffen beyde Speere splittersweise in die Lufft flogen / dz auch Valikules hinter sich zubeugen gezwungen ward / welches ihm vor nie begegnet wahr. Der Jude aber ward so unsanfft auff die Erde geworffen / daß die Zuseher nicht anders meyneten / er währe schon tod. Herr Pompejus sahe dieses Wunder / und sagte: Dieser junge Held ist wirdig / daß er von aller Welt geehret werde. Es lief aber des Juden Pferd seiner Gewohnheit nach auff Valikules zu / schlug und beiß nach ihm / daß er mühe hatte / sich sein zuerwehren /schåmete sich doch das Schwert deswegen zuentblössen / und gab ihm mit dem übrigen Speerstůcke etliche Streiche hinter die Ohren / daß es als rasend von dem Kampfplatze hinweg lief. Unterdessen bekam der Jude Zeit sich zuerhohlen / stund auff / und schåmete sich über die masse / daß er durch einen Stoß so schändlich gefellet wahr; wolte doch nicht gewonnen geben / sondern foderte seinen Schild wieder / fassete das Schwert / und ging auff Valikules zu / welcher bald vom Pferde sprang / und ihm mit diesen Worten entgegen trat: Wie nun du ungläubiger Jude / meynestu noch mit einem Buben zuschaffen zuhaben? Was nimstu den Schild so bald wieder zur Hand? Noch ist es Zeit / Abtrag zu machẽ / hernach wird keine Gnade mehr übrig seyn. Gallus wolte seinem Herrn dẽ Schild auch darreichen / aber er nam ihn nicht / sondern fassete den Dolch in die linke / und als der Jude als ein ergrimmeter Löue auff ihn eindrang / unterliefer ihm den Streich / und stieß ihm den Dolch in den linken Arm / daß er den Schild nicht mehr halten kunte /sondern ihn[491] auff die Erde fallen ließ. Dieser sahe /daß ihm sein Meister über den Hals kommen wahr /erwog sich auch seines Lebens / und bemühete sich nur / seinen Feind mit in den Tod zunehmen / daher er ihn mit solchem wüten überfiel / daß die Zuseher etliche Zeit zweifelten / wohin der Sieg fallen würde. Valikules aber ließ ihn sich wol abmatten / gebrauchte hernach seine Kräffte und Behendigkeit / uñ sprang ihm / ehe er sichs versahe / auf die Schulder / schlug ihm die Beine umb die Arme her / daß er sein Schwert nicht gebrauchen konte / riß ihm den Helm vom Häupte / sprang wieder von ihm / und als er sich in sein Lager gestellet hatte / sagte er: Wie nun Jude fůrchtestu noch / daß ich dir entlauffen werde? Wiltu noch Abbitte tuhn wegen des angefügten Schimpffs /so erkläre dich kurz. Ich weiß nicht / antwortete dieser / ob du ein Mensch oder ein Teufel bist; doch gestehe ich mich zu nichts / weil ich aller Christen Feind leben und sterben wil / als deren ich schon mannichen erwürget habe. Ich höre wol / sagte Valikules / daß du kein Sadduzeer bist / weil du Teuffel seyn gläubest; und weil du deine übeltahten frey bekennest / werde ich dich als einen Mörder abstraffen; damit ging der Scharmützel wieder an / wehrete aber nicht lange /massen dem Juden das Häupt mit einem Streiche biß auff die Schulder von einander gespaltet ward. Da solches der Bischoff sahe / hub er seine Hände auf gen Himmel / weinete vor Freuden / uñ sagete: HErr mein Gott / dieses ist ja dein Werk. Valikules aber kehrete sich umb zu den anwesenden Juden / und redete sie also an: Ihr Juden / lasset euch dieses ein Beyspiel seyn / und scheuhet euch nach diesem /Christliche fromme Lehrer zubeschimpffen; Ihr wisset was vor Leibes-Stärke und Erfahrenheit hinter diesem gestecket / und dannoch hat mein JEsus ihn durch meine als eines Jünglings Hand nidergelegt. Ich möchte aber den vorigen abgeschickten wol absonderlich sprechen / umb von ihm zuvernehmen / ob sein voriger Wunsch ihm noch nicht entsunken sey / alsdann sol er dessen gewehret werden. Der freche Bube / Nahmens Benjamin gab sich alsbald hervor / und fing mit lauter Stimme an: Höre du Unbeschnittener /du hast / welches ich an deinen Waffen erkenne / den Sieg wider den besten Ritter der Welt durch Zauberey erhalten / massen man augenscheinlich gesehen hat /daß dieselben mit deines Feindes Schwerte nicht haben mögen verletzet werden / woran du nicht ritterlich / sondern als ein Schelm gehandelt hast. Wiltu nun / daß ich dich bestehen sol / so lege deine Waffen ab / und entlehne andere / oder stelle dich ungewapnet mit Schild und Schwert / dann sol die Welt bald inne werden / worin deine Krafft bestehe. Ey du frecher Schänder / antwortete Valikules / du komst mir ja mit tollen Auffzügen angestochen; meynestu etwa / ich verrichte meinen Kampff durch den Schem Hamphoras / dem ihr so grosse Krafft zuschreibet? Und was sagestu? habe ich deinen so hochgerühmten Ritter dann auch vom Pferde gezaubert / da er sich im Sande umweltzete? Damit du aber sehest / daß mir dein dränen nur ein hundisches bellen sey / so lege bald deine Waffen abe; rief darauff Gallus zu sich / welcher hinreiten muste / bey dem Stathalter umb weitere Erlåubniß zufechten anzuhalten / erlangete solche / ließ ihm die Waffen abzihen / und ging mit Schild und Schwert auff seinen Feind loß / welcher mit unerhörter Verwägenheit und blinder Wuht auff ihn anfiel /und mit lauter Kreuzhieben von sich schlug / welches ihm Valikules g \nnete / und ihm ausweich / aber hernach eintrat / und ihm die rechte Faust im Gelenke so eben traff / daß sie mit samt dem Schwerte auff die Erde fiel / worauf er sich nicht schämete / davon zu lauffen /[492] und sich unter einen hauffen Juden / welche zusahen / sich zuverstecken. Aber der Stathalter schikte alsbald einen Häuptman ab / und ließ / die ihn zwischen sich genommen hattẽ / bedräuen / dafern sie den entlauffenen nicht alsbald darstelleten / solten sie alle am Leben gestraffet werden. Als der abgelauffene solches hörete / begehrte er von einẽ Juden sein Brodmesser / nam es in die linke Hand / und schnitte ihm selber damit die Kehle ab; über welchen Wuht sich Valikules und der Stathalter sehr entsetzeten. Die übrigen bewaffneten Judẽ hielten einen Raht / ob sie alle zugleich auf Valikules einstürmen / und ihn niderschlagẽ wolten / ungeachtet sie wieder sterben můsten; wahren auch schon eins / diesen Mordfall zuwagen / aber der Stathalter befahrete ein solches / und sendete ihnen zehn geharnischte Reuter entgegen /welches ihren Vorsatz brach / und Valikules unangegriffen blieb. Derselbe ging nun zu fusse dem Stathalter entgegen / welcher mit zimlicher eile zu ihm hin ritte / dem er / so bald er zu ihm kam / mit entblössetem Häupte vor seine Gegenwart dienstlich dankete /welche ausser allem zweifel ihm Schutz wider seines Feindes Anhang gehalten / und ihr mördliches Vorhaben gebrochen hätte. Er aber antwortete ihm: Treflicher Ritter / ich bitte um verzeihung / dz anfangs ich an eurer gnugsamkeit habe gezweifelt / nachdem eure Tugend uñ stärke ich dermassen beschaffen sehe / dz ich schuldig bin euch zuehrẽ / als welcher von meinem allergnädigstẽ Käyser selbst / nit unbillich geehret ist; Werdet demnach mir die freundschaft erweisen / uñ mit mir nach meiner Wohnung reiten. Valikules hingegẽ stellete sich sehr demütig / einwendend / das unverdiente Lob machete ihn nur schamroht / wäre schuldig dem Herrn Stathalter auffzuwarten / und ihn biß an seinen Hof zubegleiten / zweiffelte auch nicht /er würde darauff hochgünstige Erlassung von seiner Durchl. erhalten / weil seine Reise sehr eilig währe. Herr Pompejus nam das Erbieten mit freundlicher Antwort an / und ritten nach der Stad zu / da er ihn baht / seinen Nahmen unbeschweret zumelden / damit er ihn als seinen Freund zu neñen wüste. Hierin wolte er ihm nun gerne zuwillen seyn / und sagte: Mein Herr / aus gewissen Ursachen nenne ich mich diese Zeit Valikules / sonst ist mein rechter Nahme Herkules. Herkules? sagte der Stathalter / umbfing ihn auch mit dem linken Arme auff dem Pferde mit sonderlicher Freundligkeit / und fuhr also fort: Euch danke ich ihr Götter / daß ich den trefflichen Helden und Erretter meines Vaterlandes kennen und ehren sol / massen ich durchaus nicht zweiffele / er und kein ander Herkules ist es / welcher durch glükliche auffreibung der Räuber vor Padua / ganz Italien vom verderben befreiet hat. Dieser wunderte sich höchlich / daß diese Zeitung schon so weit über Meer erschollen wahr /gereuete ihn auch / daß er seinen Nahmen genennet hatte / und gab zur Antwort; daß ich Italien vom Verderben befreien solte / bin ich viel zu wenig; die Rauberische Rotte habe ich zwar nach meinem geringen Vermögen helffen angreiffẽ wie auch mein brüderliche Geselle Ladisla; aber dem Hochmögenden Herrn Stathalter zu Padua und seinem ritterlichen Sohne /muß die Ehre dieses Sieges billich vorbehalten wer den. Nein mein Herr / sagte Pompejus / seine höfliche Demuht heisset ihn so reden / dann nicht allein mein Schwager und brüderlicher Freund Herr Fabius / sondern Käyserl. Hocheit ihr Hoffmeister selbst hat mir alles außführlich beschrieben / auch was vor Ehren-Gedächtnis den beyden Fremden unvergleichlichen Helden auffgerichtet sind. Freilich hat man uns weit über unser Verdienst und Wirdigkeit erhoben / antwortete er / aber uns dadurch[493] zu ewigen Diensten verbunden / wann sie nur von uns könten geleistet werden. Damit langeten sie vor dem Hofe an / stiegen ab / und gingen ingesamt hinein. Der Stathalter hatte seinem Gemahl Fr. Terenzia / und seinem einzigen Kinde / Frl. Lukrezien schon zuentbohten / daß er einen vornehmen fremden Herrn mit sich bringen würde / daher sie sich in der Eile außgeputzet hatten /warteten auch schon im innersten Platze auff / denselben zuempfahen / welcher dann mit entblössetem Håupte ihnen entgegen trat / und seine Höfligkeit in geberden und Worten gnug spüren ließ / daß sie sich über ihn nicht gnug verwundern kunten; weil er dañ sahe / daß dieses tages auß seiner Reise nichts werden wolte / lies er sich von Gallus entwapnen / legte ein zierliches Kleid an / und befahl die Pferde nach der vorigen Herberge zubringen / welches doch der Stathalter nicht zugab / sondern ließ sie in seinen Mahrstal zihen / sendete seine Diener mit Gallus nach seiner vorigen Herberge / und ließ alle seine Gelder und andere Sachen auff seinen Hoff tragen / ihn aber führete er mit sich auff den Essesaal / weil es hohe Zeit wahr Speise einzunehmen / setzete ihn gegen Frl. Lukrezien über / die ohngefehr von XV Jahren wahr /und erboht sich / den Christlichen Bischoff gerne zur Mahlzeit zu fodern / dafern es ihm lieb sein könte /und ihre Geselschaft umb so viel grösser währe. Herkules stellete es zu seinem gefallen / sagte / er könte nit läugnen / daß er ein Christ währe / und diesen Glauben zu Rom gefasset hätte / im welchem er gedächte Gottsellg zu Leben uñ willig zusterben / deßwegen er mit diesem frommen Lehrer vor zween Tagen Kundschafft gemacht / und nach Christlichen Satzungen sich im Jordan hätte täuffen lassen. Pompejus antwortete ihm: Mein geliebter Herr und Freund / ob ich zwar Römisches glaubens lebe / wie meine Vor Eltern / sehe ich doch mehr auff Tugend als Glaubens unterscheid / und wird kein Christ Ursach haben / über mich zu klagen / als solte ich ihnen ihrer Lehre halben zusetzen; daß ich aber den Juden in meinem Herzen niemahls hold gewesen / gestehe ich gerne / und ist die Vrsach / daß sie uns unwirdig achten / mit denen sie essen und trinken solten. Sandte darauff alsbald hin / und ließ den Bischoff freundlich zur Mahlzeit laden / welcher dieser Gnade nicht gewohnet wahr / und leicht gedachte / es geschähe dem jungen Herrn zu ehren; stellete sich willig ein / wünschete dem Stathalter glükliche Herschung / und neben allen den seinen / langes Leben; bedankete sich untertähnig der geschehenen Ehre und Einladung /und baht / ihm und der armen Christenheit mit Gewogenheit und Gnade zugetahn zuverbleiben. Der Stathalter wahr noch nie mit ihm umbgangen / seine Gottfürchtige Reden aber gefielen ihm wol / und nöhtigte ihn niederzusitzen. Auch Herkules stund auff / und wolte ihm seinen Plaz geben / welchen er doch nicht nehmen wolte / einwendend / es gebührete ihm nicht /sich hohen Fürstlichen Häuptern vorzuzihen; welches die Anwesende höreten / und nicht gedenken kunten /auß was Landschafft dieser junge Herr seyn möchte. Herkules hätte lieber gewolt / daß er dieses Wort stecken lassen mögen / baht auch / ihn mit überflüssiger Ehre zuverschonen / weil er nur als ein Umschweiffender Ritter / den Abenteuren in der Welt nachzöge. Uber Mahlzeit gab es allerhand Gespräch; dann Pompejus wahr ein Weltkluger Mann / und forschete / ob auch Weißheit hinter dem jungen Herrn steckete / dessen er aber mehr fand als er hoffen mögen / und sich nicht enthalten kunte / zu dem Bischoff in Syrischer Sprache zusagen; es müste ein günstiger Hi el seyn /und sehr geschlachtetes Land / da Weißheit sich bey solcher Jugend fünde. Das schöne[494] Fräulein aber ward gegen ihn so inbrünstig verliebet / daß sie kein Auge von ihm abwenden kunte / und über seinen freundlichen Reden / essens und trinkens vergaß / welches ihr Vater zeitig wahrnam / und sich eines mehren daher besorgete. Fr. Terenzia suchte auch Gelegenheit mit ihm zu schwätzen / und fragete / wie es ihrem geliebeten Schwager H.Q. Fabius ginge / welches er kürzlich beantwortete / er wüste nicht anders als wol / würde von jederman wert und in ehren gehalten / und hätte neulich seine Tochter Frl. Sophien an seinen nahen verwanten Herrn Ladisla verheyrahtet / weil er sie aus etlicher Räuber Händen ritterlich erlöset; so hielte sich auch Herr. M. Fabius Tochter / Frl. Sibylla vom Rom / bey jetzt gedachter ihrer Wasen auff / welche aus eines Räubers des stolzen Silvans Händen loßzumachen er das hohe Glük gehabt hätte. Ach mein Herr / sagte Fr. Terenzia / deß müssen euch die Götter lohnen / dañ dieses Fräulein ist meiner leiblichen Schwester Tochter / so ist mein Herr und Gemahl mit Fr. Pompejen zu Padua / Gebrüder Kind / zweiffele auch nicht / mein Herr Schwager würde seine einzige wolgerahtene Tochter einem fremden Herrn nicht geben haben / dafern er deren nicht wirdig währe. Nach dieses Gesprächs Endigung kunte das liebe Fräulein sich länger nicht enthalten mit ihm zu sprachen / bedankete sich demnach gegen ihn / daß er ihrer geliebten Wasen guten Zustand ihr hätte anmelden wollen /möchte wünschen / die Gelegenheit zu haben / sie dereins zu sprechen / hätte fast gemeinet / ihre Frau Wase / Fr. Sophia würde ihr die Ehre getahn / und sie auff ihr hochzeitliches Fest eingeladen haben / weil in der Kindheit sie gar vertraulich umgangen / und mit einander aufferzogen währen; daher sie nicht anders als Schwestern gelebet. Herkules antwortete ihr: Vortrefliches hochgebohrnes Fråulein / ich wolte dieses leicht errahten haben / da ich sie erstmahls sahe / inbetrachtung / daß sie mit Reden / Sitten und Geberden sehr gleich einstimmen; erinnere mich auch / das sie ihrer Frl. Schwester / Frl. Lukrezien unterschiedliche Erwähnung getahn / zweiffele nicht / da die geschwinde Eile es nicht verhindert / würde mein Fråulein vor allen andern zum Hochzeit Fest erbehten seyn; sonst gestehe ich / das Hochgedachte Frau und Fräulein mir in auffrichtiger keuscher Liebe dermassen zugetahn sind / das unsere Schwester- und Brüderliche Freundschafft nimmermehr brechen wird. Solches ist mir sehr lieb zu hören / sagte das Fräulein / wundert mich aber / warumb mein Herr von so lieben Freunden und aus so lustiger Landschafft sich an diese durch Krieg verwüstete örter begeben können. Min Fräulein / antwortete er / es hat mich trauen Wollust nicht über Meer getrieben / sondern H. Ladislaen Schwester / meine sehr nahe Blutfreundin / ist von etlichen See Räubern hinweg nach dem Parther Lande geführet / welche ich zu retten suche / hoffe auch zu meinem Gott / er werde mir Krafft und Glük verleyhen / es zum gewünschten Ende zubringen. Ist sie dann ein Römisches Fräulein? fragete sie. Nein /sagte er / sie ist aus einer abgelegenen Landschafft /welche die Römer vor Barbarisch halten / aber meiner geringen Urtel nach / wirdig / daß die Welt sich ihrer Erlösung annehme; ist ihres alters von XV Jahren /aber solcher Herzhafftigkeit / daß sie sich nicht hat wollen gefangen geben / biß sie sieben Räuber / teils mit Pfeilen teils mit dem Schwerte nidergemacht; und weil sie sich vor einen Jüngling außgegeben und verkleidet / wird sie auch in solchem Wahn fortgeführet /dem grossen Parthischen Könige Artabanus zur sonderlichen Verehrung / wegen ihrer Schönheit. So muß selbiges Land ritterliche[495] Leute zihen / antwortete sie /weil die zarten Fräulein dergestalt mit ihren Feinden wissen umbzugehen / uñ wird mein Herr derselben sehr hoch verbunden seyn / daß er ihr durch so manniche Gefahr so gar einsam folget. Ja mein Fräulein /sagte er / sie ist mir so nahe verwand / daß wir einen Großvater gehabt / / und da ich von meinem Gott das Glük erhalten werde / sie wieder zu finden / wil euer Liebe ich versprechen / dieses Orts mit ihr einzukehren. Es sol mir sehr lieb seyn / sagte sie / und wünsche meinesteils daß es bald geschehen möge / werde als dan bey meinen herzlieben Eltern ansuchen / ob mir könte erlaubet seyn / mit ihnen nach Padua zu schiffen / umb meine Verwanten daselbst zubesuchen. Ihr Vater lachete dessen und sagte zu ihr; Mein geliebtes Kind / hievon werden wir hernähst zureden haben / ist es dann sache / und diesem Herrn nicht zuwieder / kan ich leicht ein Schiff außrüsten / und euch nach Padua bringen lassen. Herkules gab zur Antwort / er währe seiner hochwerten Fräulein stets bereitwilligster Knecht / deren nach mögligkeit auffzuwarten /er Zeit seines Lebens wolte geflissen seyn. Das gute Fräulein kunte seiner freundlichen Reden nicht sat werden / baht daher nach gehaltener Mahlzeit / ihr zuerzählen / wie sichs mit ihrer beyden Wasen Raubung und Erlösung eigentlich zugetragen hätte; welches er ihnen außführlich / wie auch die Bestürmung des Raubnestes beschrieb / und sie / bevorab der Bischoff es mit sonderlicher Lust und Begierde anhöreten /auch sich verwunderten / wie er so zierlich Latein redete / da er doch ausser Römischen Gebiet gezeuget wahr. Nachgehends suchte er Gelegenheit / bey dem Stathalter umb Schuz der armen Christenheit des Orts bitlich anzuhalten / und redete ihn also an: Großmächtiger Herr Stathalter / dafern mir frey stünde /eine bitte bey demselben abzulegen / wolte ich demühtige Ansuchung tuhn / daß er ihm die unschuldige Christenheit dieses Orts bestermassen möge lassen anbefohlen seyn / als lange sie im erbaren Leben verharren / und ihrer von Gott ihnen vorgesetzeter Obrigkeit in allen Weltsachen gebührliche Ehr und Gehorsam leisten / damit sie nicht wegen des Christlichen Glaubens mögen geschändet und verfolget werden; da aber jemand unter ihnen ist / welcher sich der Boßheit und Laster befleissiget / wie dann leider auch solche unter ihnen gefunden werden / vor solche sol meine bitte durchaus nicht gemeinet seyn; nur daß umb etlicher weniger willen / nicht die ganze Gemeine möge Noht und Gefahr leiden. Der Stathalter antwortete ihm: Mein geliebter Herr und Freund / was er an mich begehret / ist der Billigkeit ohn daß Gemäß; er sol sich aber zuversichern haben / daß die Christenheit dessen geniessen wird / als lange ich alhie das Stathalter Amt verwalte / und da ich meinen Nachfolger eben dessen bereden kan / sol es von mir nicht aus der acht gelassen werden / dann es verdreust mich nicht wenig / daß zu Rom und an anderen Orten den Christen so ungütlich zugelegt wird / als verehren sie einen Eselskopf an stat ihres Gottes / dessen ich viel anderen Beweißtuhm eingezogen habe; und damit meine Gutwilligkeit ich einesteils auch in der Taht spüren lasse / sol der Bischoff alhie gegenwärtig von mir jährlich sechs Fuder Korn / zehn Ochsen / 30 Schaffe / und ein Fuder Wein zu der Lehrer unterhalt zuheben haben / so lange ich dieses Amt verwalte; dagegen sollen sie vor Römische Käyserl. Hocheit / vor des Römischen Reichs auffnehmen / und vor meine und der meinen Wolfahrt bitten. Der Bischoff stund auff und dankete mit gebogenen Knien und fliessenden Augen / nebest dem versprechen / er und die ganze Christliche Kirche seines Bistuhms[496] wolten nicht nachlassen / Gott im Himmel anzuruffen / daß er solche milde Gnade hier zeitlich mit allem Segen /und dort ewig mit himlischen Freuden reichlich ersetzen wolte; sonsten unterliessen sie ohndaß nicht / vor Römische Käyserl. Hocheit und ihre vorgesezte Obrigkeit in allen ihren Versamlungen zu behten. Es ward sonst dieser Tag mit allerhand Gespräch zugebracht / da unter andern der Stathalter unserm Herkules anboht / daß wañ ihm damit gedienet wåhre /wolte er ihm einen offenen Befehl an alle Beamten dieser Morgenländer R \misches Gebiets / gerne mitteilen / daß sie ihm mit Leuten / Pferden und Gelde allemahl solten behülflich seyn; dann er hatte solche Zuneigung in so kurzer Zeit auff ihn geworffen / daß zwischen Vater und Sohn sie nicht herzlicher seyn mögen. Herkules bedankete sich der angebohtenen Hülffe / wolte solches Schreiben zu allem Dank annehmen / und doch acht haben / niemande beschwerlich zu seyn. Als der Tag verflossen / und es Zeit zur Ruhe wahr / nahm Herkules von dem Stathalter freundlichen Abscheid / weil sein Vorhaben die Eile erfoderte / und er schon durch unterschiedliche Hindernissen auf seiner Reise wåhre auffgehalten worden; Aber Herr Pompejus verwieß ihn zuvor an sein Gemahl und Tochter / bey denen er solches erstlich suchen wůrde. Er hatte ihm vorgenommen / ohn weiter verweilen fortzugehen / fůrchtete aber sehr / auffgehalten zuwerden / deßwegen er mit bewåglicher Rede zu der Stathalterin sagte: Hochgebohrne Frau; der Ehren mir allhie begegnet / erkenne ich mich unwirdig / insonderheit / weil mirs an gelegenheit fehlet es zuwiederkehren / hoffe doch / dereins das Glük anzutreffen / daß ich ein dankbegieriges Herz / wo nicht leisten / doch werde zeigen können; Vor dißmahl aber ist meine inständige Bitte / mich großgünstig zuerlassen / damit durch Versäumniß ich nicht schuld tragen möge an dem / was diesem Fräulein / der ich folge / arges zustossen kan; Im übrigen verbleibe ich meiner gebietenden Frauen ohn Einrede / verbundener Knecht / dienstlich bittend / sie wolle dieses schlechte Ringelein (welches er ihr reichete) zum Gedächtniß meiner Schuld bey ihr behalten / biß mir gelegenheit zustosset / es mit einem wichtigern zuverbessern. Frau Terenzia antwortete: Mein hochgeliebter Herr Sohn; wie solte ich dann nicht so bitselig seyn / etwa eine Woche bey ihm zuerhalten / damit ich nur Anzeige tuhn könne / wie genehme Freundschaft er mir in Rettung meiner Wasen geleistet? Zwar es müste mir herzlich leid seyn / wann dem treflichen geraubten Fråulein ein mehres über ihre Gefängniß zustossen solte; weil aber eine so geringe Zeit ihr verhoffentlich nicht schaden wird / weiß ich schon / dz ein so höflicher Ritter / mir eine geringe frist nicht kan versagen /wil auch wegen Gedächtniß / deren meiner gantzen Freundschafft geleisteten Dienste diesen Ring gerne annehmen / dabey ich mich stets erinnern werde / wie viel meinem Herrn Sohn ich schuldig verbleibe. Herkules sahe wol / wohin es gespielet wahr / und weil er Ehrenhalben anders nicht kunte / versprach er / den folgenden Tag gehorsamlich zubleiben; Trat hernach zu dem Fräulein mit diesen Worten: Hochgebohrnes Fräulein / ich rechne es trauen unter meine höchste irdische Glükseligkeiten / die grosse Ehre zuhaben /und ihre Kundschafft gerahten zuseyn; Da ich nun förder das Glük hätte / in die Zahl ihrer minsten Diener auffgenommen zuwerden / könte mir angenehmers nicht wiederfahren / massen uns die Erbarkeit treibet /dahin zustreben / was vor andern geehret zuseyn wirdig ist / gebührlich zubedienen. Es tuht mir aber sehr leid / daß ich keine gelegenheit habe / deroselben scheinen zulassen / wie teur und[497] hoch ich Zucht und Tugend an ihr und ihres gleichen achte / getröste mich dannoch zu Gott der Gnade / er mein Leben auch zu ihrem Dienste und Gehorsam sparen werde / damit man nicht sage oder gedenke / Herkules sey williger Woltahten anzunehmẽ / als zuvergeltẽ; zwar wie schlecht mein Vermögen sey / weiß vielleicht niemand besser als ich; jedoch hat mich noch allemahl dieses gemuhtiget / daß Tugend und Witz nicht so viel auf Wichtigkeit der Taht als des Willen hält; und weil meiner geraubeten Frl. Wase und Schwester åusserste Noht mich zwinget / Tag und Nacht zueilen /gelebe ich der gänzlichen Zuversicht / mein gebietendes Fräulein werde meinen Abzug mehr befodern als verhindern helffen. Solte ich aber durch Vergünstigung ihrer lieben Eltern uñ ihrer selbst / ihr ein geringes gedåchtniß meiner äussersten Schuldigkeit bieten dürffen / währe meine inståndige Bitte / sie dieses geringfügige paar Armbänder (welche von lauter Demanten schimmerten) ihrem Knecht zu ehren annehmen wolle / zum minsten / von wegen der vertraulichen schwesterlichen Liebe / mit welcher / ohn unzeitigen Ruhm zumelden / ihre höchstgeliebeten Frau und Fräulein Wasen mir unwirdigem zugetahn sind. Die Eltern höreten diese Rede an / und furchten sich /ihre annoch junge Tochter würde nicht bestand seyn /hierauff zuantworten; welche aber durch die in ihrem Herzen aufsteigende Liebe satsam unterwiesen / es also ersetzete: Hochberümter Ritter uñ Herr / da so wol mir als meinen geliebeten Wasen sein Stand eigentlich bekant seyn würde / wolte ich mich befleissigen / ihn der gebühr zuehren / weil aber mein Herr noch zur Zeit ein umschweiffender Ritter wil gehalten seyn / muß nach seinem Willẽ ich mich billich richten. Die erzeigete Ehre / deren mein Herr sich dermassen hoch bedanket / ist trauen viel zu schlecht / daß sie sol genennet werden / massen uns ja Zeit müste vergönnet seyn / da wir vor geleistete Dienste und Rettung der unsern / in etwas dankbar seyn solten; Uberdas fodert mein Herr an mich / ihn unter meine Diener anzunehmen / deren ich doch keine habe / und mir schwer fallen würde / mich seines gutẽ Willens zuversichern / gestaltsam er nur eilet von uns zuscheiden. Daß meine geliebte Wasen ihn in sonderliche Vertrauligkeit auffgenommen / darzu sind sie gnugsam verbunden / nachdem sie ihm Ehr und Leben zudanken haben; erkenne auch daher / wie viel meinem Herrn ihretwegen ich schuldig bin. Zwar seiner vortreflichen Fräulein Wasen Erlösung zuhemmẽ / wil mir keines weges gebühren; wie aber / wann mein Herr / etwa im heutigen Kampffe eine Wunde empfangen hätte? müste er derselben nicht abwarten? Ich meines teils gönne ihm dieselbe nicht; aber er gedenke / bitte ich / als ob er ein acht oder zehn Tage betlägerig seyn müste / und leiste inzwischen uns alhie in Gesundheit so viel angenehmere Geselschafft / alsdann werden wir meines Herrn erbieten nicht vor ein blosses erbieten halten; Das angebohtene par Armbänder ist zu köstlich / einer unverdienten zuschenken / wann aber meine liebe Eltern nit widersprechen /nehme ichs von ihm als einem in Ehren hochwerten Freunde an / und wie es das erste ist / mir von einem fremden geschenket / sol mirs nicht unangenehm seyn / da ich nur wissen möchte / wie ein Fräulein es wieder zuverschulden gehalten sey; jedoch was hier in meiner Jugend Unverstande abgehet / werden meine liebe Eltern zuerstatten ihnen angelegen seyn lassen. Herkules bedankete sich der Ehren / wendete ein / er währe in Hoffnung gestanden / bessere Gnade des abscheidens bey seinem gebietenden Fräulein anzutreffen / uñ fünde sie noch viel gestrånger als ihre Eltern selbst; weil er dann ihrer Fr. Mutter einen[498] Tag gehorsamete / wolte er ihrer Liebe des andern Tages auffwarten / unter der Hofnung / sie wůrden seine Eile nicht der Grobheit / sondern der Noht zuschreiben /ausser welcher er manniche Jahr ohn einige Wegerung sich in ihren Diensten wolte finden lassen. Herr Pompejus merkete aus seiner Ernsthafftigkeit / daß weiteres nöhtigen ihm nur würde verdrießlich seyn / bedankete sich demnach der beyden versprochenen Tage /jedoch mit dem bedinge / daß auff schier folgende glükliche Rükreise er dergleichen Eilfertigkeit sich begeben würde / und wünscheten ihm hier auff eine glükselige Nacht. So bald die Eltern Abscheid genommen hatten / nahete sich das Fräulein zu ihm /und fragete mit gar anmuhtiger Rede / wie und warumb er doch so schleunig hinweg eilete / und ihr nicht gönnen wolte / gleichmässige Kund- und Freund schafft zumachen / wie ihre Wasen; Sie hätte nun diese Armbänder empfangen / da sie ihn kaum gesehen / und würde ihr nicht Zeit gegönnet / sich zubedenkẽ / auf was weise ihre Dankbarkeit anzustellen währ. Herkules spürete ihre gute Gewogenheit gar wol / wolte ihr aber keine Ursach einiger Hoffnung geben / und nach gebohtenem Handkusse antwortete er ihr also: Mein hochwertes Fräulein / Gott ist mein Zeuge / daß ich höchstwichtige Ursachen habe / mit meiner Reise möglichst zueilen / sonsten währe ich ja schuldig / ihr und den lieben ihrigen / als lange es ihnen belieben wůrde / auffwärtig zu seyn; Ich versichere aber mein Fräulein / dafern Gott mein Leben sparen wird / sie dieses Orts wieder zu sprechen / und alsdann so schleunig nicht hinweg zueilen. Das schlechte Geschenke ist der Vergeltung viel zu unwirdig / massen es nur zum Gedåchtniszeichen angesehẽ ist. Ja mein Herr / sagte sie / er hat sich wol zuversichern / daß kein Mensch dieser Welt lebẽ sol / der mir diese angenehme Gedächtniß mit meinem Willen entfremden wird / werde es auch von diesem Tage an umb meinen Armen tragen / und da er bey seiner glüklichen Wiederkunfft sie an dieser stelle (auf ihre Arme zeigend) nicht finden wird / wil ich in seine wilkührliche Straffe verfallen seyn. Hiemit wünschete sie ihm eine ruhige Nacht / ging nach ihrer Eltern Kammer / und legete sich auff ihr gewöhnliches Bette. Das Feur aber / welches sie in ihrem Herzen empfand /machte sie die Nacht über sehr unruhig / und wie hefftig sie sich auch zwang / kunte sie doch ihr anliegen so gar nicht verbergen / daß ihre Eltern dessen nicht solten wahr genommen haben / die doch / ihrer Zucht gnug trauend / sich dessen nicht merken liessen. Dagegen wünschete Herkules / daß die versprochenen Tage schon möchten geendiget seyn / und da er des Morgens früh auffstund / befahl er Gallus die Pferde fertig zumachen / dann er währe willens / ein wenig zur Lust auszureiten. Dieser gehorsamete willig / uñ in dem er alles verfertigte / erinnerte ihn des Stathalters Diener / sein Herr hätte sich wol vorzusehen; dann es währen gestriges Abends etliche unbekante gewesen / die fleissig nach seinem Auffbruch gefraget / und was Weges er reisen würde. Gallus taht es seinem Herrn bald zuwissen / der hieraus unschwer urteilete / es müstẽ etliche Juden ihm aufflauren / ging zu dem Stathalter / und berichtete ihn dessen / baht auch / er möchte ihm seinen Anschlag gefallen lassen / indem er zum schein gleich jezt auffbrechen / und den Weg nach Emahus vor sich nehmen wolte; könte er nun einer Anzahl Reuter bemåchtiget seyn / die ihm von ferne folgeten / zweifelte er nicht / er würde gar bald etliche Juden antreffen / die einen mördlichen Anschlag auff sein Leben gemacht hätten. Herr Pompejus erschrak dessen / ließ ihm doch diese Meynung wolgefallen / und gab einem seiner Ausreiter Befehl /sich des Weges unvermerket[499] zuerkündigen / welcher bald wieder kam / und berichtete / daß ihm unterschiedliche Geselschafften / von zehn und mehr Mannen auffgestossen wåhren / welche alle mit gutem Gewehr wol versehen / und er sie vor Juden hielte. Darauff ließ der Stathalter in aller stille 80 Reuter sich rüsten / uñ auf allen fall fertig seyn. So bald Herkules mit seinem Gallus wolgewapnet hinaus ritte / sahe er vorm Tohr einen leichten Reuter / welcher / so bald er ihrer ansichtig ward / Spornstreichs davon rante; dessen Gallus inne ward / und es seinem Herrn zeigete /der sich doch nichts daran kehrete / sondern sanftmühtig fortritte / biß er sechs Reuter hinter einem Pusche nach der Linken zu gewahr ward / welche / so bald sie ihn sahen / auf ihn zusetzeten / daher Gallus von seinem Herrn eriñert ward / das Gewehr fertig zu halten / und jenen nach den Fåusten zusehen; ritte also fort / und taht / als gingen diese ihn nicht an; doch da sie naheten / grüssete er sie mit ernsthafften Geberden / uñ fragete / ob dieser Weg nach Emahus trüge. Ihr Führer fragete hinwieder / was er da zuschaffen hätte? Darauf habe ich mich noch zubedenken / antwortete er / ob ich euch antworte / massen ich mir nicht einbilden kan / daß ihr von der Landes Obrigkeit hieher gesetzet seyd / reisende Leute zurechtfertigen. Wol / sagte dieser / so werde ich dir antworten müssen / weil ich sehe / daß der Trotz dir noch nicht vergangen ist / und versichere dich demnach /daß du nach Emahus nimmermehr kommen wirst / fielen auch zugleich / teils mit Streit Axten / teils mit kurzẽ Schwertern ganz grimmig und verwågen zu ihm ein / daß Gallus im ersten Scharmützel am linken Schenkel sehr gefährlich verwundet ward. Herkules seumete sich nicht / schlug ihrer zween von den Pferden / ehe die andern es recht inne wurden / empfing aber auch eine tieffe Wunde in die rechte Schulder von einer Streit Axt / daß er wol empfand / er das Schwert in die Harre nicht würde führen können. Gallus erlegte auch einen / und machte sich an den Führer / welchen er aufhielt / so viel seine Verwundung es zulassen wolte. Sein Herr hatte sich zweyer zuerwehren / und taht ihnen so gedrange / dz sie endlich beyde zu bodem stürzten / gleich da die 80 Reuter daher stürmeten / weil sie des Gefechtes zeitig wahren inne worden / und nahmen den Juden / der Gallus Meister schier worden währe / gefangen / welcher schon suchte / sich selbst zuentleiben. Er ward wegen des mördlichen überfalls befraget / wolte aber nichts bekennen / biß man ihm einen Strik umb den Kopff legete / und mit einem Stecken zudrehete / da verriet er den Anschlag / es hätten noch 112 Gewapnete Juden zu Fusse den Weg nach Emahus besetzet / und sich verschworen / keine Kleider abzulegẽ / biß Ben-Levi tapferes Blut an seinem Mörder gerochen währe. Darauf gab ihnen Herkules den Raht / es solten ihrer 40 umhin hauen / und von Emahus her sie ausspüren /auch die sie lebendig bekommen könten / gefangen nehmen / und die übrigen nidermachen; Die andern aber solten noch etwas stille halten / hernach des Weges nach Emahus langsam fortreiten / und sich gegen die bewehreten Juden gleich so bezeigen; Er vor sein Häupt wolte ihnẽ gerne die hülfliche Hand bieten / müste aber wegen harter Verwundung umkehren / und neben seinen Diener sich verbinden lassen; nahm doch zween Reuter mit sich / welche den Gefangenẽ fortschleppen musten. Als er auff des Stathalters Hof ritte / sahe ihn das Fräulein ganz blutig daher kommen / dessen sie sehr erschrak / und ihm entgegen rief: O Herr Herkules / wie gehe diß zu? wie seyd ihr so blutig? Es hat keine sonderliche Gefahr / mein Fräulein / antwortete er / wann ich nur bald einen guten Wund Arzt haben kan. Es wahr bald einer verhanden / und kam der[500] Stathalter auch herzu gelauffen / welcher ihn vom Pferde heben ließ / weil er zimlich kraftlos wahr. Da man ihm den Harnisch und das Wammes abgezogen hatte / sahe der Arzt / daß der Schade nicht zuverachten wahr / und hatte anfangs grosse Mühe / das Blut zustillen / biß er selbst seinen / ihm von Frl. Valisken zugeschikten köstlichen Ring hervor suchen ließ / welcher noch das beste taht / wie wol er wenig Blut bey sich übrig hatte / daher / wie fest er sich auch zuhalten meynete / er endlich der Ohmacht weichen muste; welches das liebe Fräulein sehend / ihre Zuneigung nicht bergen kunte / sondern mit ihm zugleich dahin sank / daß kein Lebenszeichen an ihr erschien; weil man aber allerhand kräfftige Wasser zur hand hatte / wurden sie endlich wieder erquicket / und das Fräulein / wiewol wider ihren Willen / hinweg geführet. Nach geschehener Verbindung legete man ihn auf ein Bette / und wurden ihm etliche Diener zugegeben / die sein fleissig warten musten. Inzwischen hatten die Diener auch Gallus von einem unerfahrnen Arzt verbinden lassen / welcher sich vernehmẽ ließ / der Schenkel müste ihm gar abgenommen werden; dessen er sich nicht wenig hermete / und begehrete / dz ein ander Arzt herzu gehohlet würde /daher / so bald Herkules verbunden wahr / sein Arzt hergeruffen ward / der auff Befehl den Schaden auflösete / und nach wegwerffung aufgelegter Sachen / die Wunde fein sauber wusch / auch nachgehends aufs neue verband / dann / sagte er / wo die auffgelegten Sachen zwölff Stunden drauff verblieben wären /würde er seines Schenkels ohn wordẽ seyn / wolte ihn aber numehr versichern / daß derselbe ihm ja so gerade und gesund werden solte als vorhin; welchẽ Trost er ihm mit 12 Kronen vergalt / und seines Herrn wegen ihm 30 Kronen vor den ersten Band lieferte. Das Fräulein kunte nicht ruhẽ / biß sie erfuhr / wie es Herkules erginge / ließ seiner Aufwarter einen zu sich ruffen / uñ befahl / alsbald anzuzeigen / da einige gefahr solte obhanden seyn. Des Abends / da die Wunde zum andern mahle verbunden ward / fand der Arzt /dz sie sich sein gesetzet hatte / und vermaß sich nähst göttlicher Hülffe / sie beyde in wenig Wochen völlig auszuheilen / worüber das Fräulein höchlich ergetzet ward. Gleich dazumahl kam ein Reuter / und meldete an / wie es den ausgeschikten Schaaren ergangen währe / daß sie unterschiedliche harte Scharmützel mit den verwägenen Juden gehalten / und von den ihren XII eingebüsset / dagegen XL erschlagen / und LXXII gefangen / daß ihrer nicht ein einziger währe entrunnen / worüber Herkules sich herzlich erfreuete /und Gottes augenscheinlichen Schutz spürete / dann menschlicher weise zu urteilen / währe es unmöglich gewesen / daß er ihnen lebendig hätte entkommen können / da er recht unter sie gefallen währe. Der Stathalter ließ die Gefangenen alle wol verwahren /daß sie auff Herkules wieder erlangete Gesundheit verurteilet würden / weil er / sie härtiglich zu straffen / entschlossen wahr.

Alexander und Jungfer Brela verrichteten auffs steissigste / was ihnen von Herkules befehlen wahr; dañ so bald sie zu Korinth anlangeten / gingen sie nach Markus Wohnung / und überlieferten ihm ein Schreiben von Herkules / worinnen er kürzlich meldete /wohin seine Reise ginge / und was in dem Eylande Kreta sich zugetragen hätte. Fr. Euphrosyne machte mit Brelen gute Kundschafft taht ihnen etliche Tage sehr gütlich / und gab ihr ein Schreiben mit nach Padua an Fr. Agathen; so schrieb Markus an Fr. Sophien / was massen sein Gn. Herr Ladisla nebest Fabius und Leches ihre Fahrt nach Zypern gewendet /von dar ab nach Syrien zuschiffen. So bald Alexander in dem nähesten Hafen[501] hinter Padua ankam / ließ er seine Sachen auff Wagen laden / und reisete zu Lande nach der Stad zu / da er seine Liebste mit bey sich habenden Gütern in eine Herberge einkehren ließ / er aber gleich nach Herr Fabius Hoff ritte / und sich angab / es hätte bey dem Herrn Stathalter ein fremder Ritter / so über Meer kähme / einen Gruß und Werbung abzulegen. Nun wahr es gleich der andere Tag nach dem Kampfe / welchen Klodius mit dem boßhafften Volumnius gehalten / und heut eine grosse Gästerey angestellet hatte / auf welche alle vornehmste Rahtsherren und Kriegsbeamten samt ihren Frauen und Töchtern eingeladen wahren. Herr Fabius lies den Fremden zu sich auff den grossen Saal fodern / da die Geselschafft bey einander wahr / welcher im hineintretẽ alle anwesende höflich grüssete / und einen Diener baht / ihm den Herrn Stathalter zu zeigen / der ihm schon entgegen trat / und nach freundlicher empfahung fragete / ob er in geheim mit ihm zu reden hätte / wolten sie in ein sonderliches Gemach Abtrit nehmen. Er aber antwortete / es währe eben so heimlich nicht / sondern hätte zuvor einen Gruß an den Herrn Stathalter und dessen Gemahl / wie auch Fr. Tochter und andere Fräulein abzulegen / denen allen samt und sonders sein gnädigster Fürst Herr Herkules seine willigste Dienste und alles gutes anmelden liesse. Fr. Sophia kunte auff gehörte Meldung dieses lieben Nahmen nicht länger ruhen / stund auff und sagte zu Alexander: Mein Herr / wie gehets dann doch diesem teuren Fürsten / uñ wo habt ihr ihn zu lezt gesprochẽ? Gn. Frau / antwortete er / es gehet seiner Durchl. meines wissens noch sehr wol / und bin in dem Eylande Zypern von ihm geschieden / gleich da er nach Syrien zu schiffen willens wahr. Wie sagte sie / hat er dann nicht geschrieben? Ja Gn. Frau / sagte er / hie habe ich Schreiben an meinen Gn. Herrn den Stathalter / wie auch eines an ihre Gn. abzugeben. Herr Fabius bedankete sich des überbrachten angenehmen Grusses / brach den Brieff / und lase unter andern / was wegen Alexanders drinnen enthalten wahr / sagte hernach zu ihm: Mein Freund / ihr seid mir wilkommen wegen des treflichen und lieben Fürsten / der euch abgefertiget hat / deßwegen setzet euch in unser Geselschafft nider; was euretwegen gesucht wird / wil ich euch / und noch viel einmehres mit einem Worte alles versprechen / wie ihrs wünschen und begehren möget. Alexander bedankete sich untertähnig / und erboht sich zu allen möglichen Diensten. Unterdessen besahe Fr. Sophia ihres Brieffes Auffschrift / also lautend: Denen Durchleuchtigen Hochgebohrnen Frauen und Fräulein / Fr. Sophien und Frl. Sibyllen / meinen Hochwerten Frau und Fräulein Schwestern. Sie steckete ihn darauff in ihren Busem / und rieff das Fräulein zu ihr / sprechend: Herzgeliebtes Schwesterchen / komt und helfft mir ein Schreiben lesen / welches an euch zugleich mit hält. Das fromme Fräulein erröhtete anfangs davor / und antwortete: O nein geliebte Fr. Schwester / ich habe euch einmahl einen Brieff helffen lesen / ihr verleitet mich nicht so leicht wieder. So unwirdiget ihr Herr Herkules Schreiben anzusehen / sagte Fr. Sophia? Daß sey ferne von mir / antwortete sie / wann ich nur versichert bin / das es von so redlicher frommer Hand herkomt; gingen miteinander in ein Nebengemach / und lasen nach erbrechung folgenden Inhalt:

Durchleuchtigste Frau und Fräulein Schwestere / in ehren herzgeliebete Freundinnen; das hohe Mitleiden /welches sie letztmahls meiner Anwesenheit über den traurigen Verlust meiner auch hochwerten Fräulein Schwester / Frl. Valisken / durch Ohmacht und Klage mir zuerkennen gegeben / hält mir täg- und stündlich meine Undankbarkeit vor / daß ohn einzig genommenen Abscheid Ihre[502] Liebden ich verlassen / und den Weg zur Rettung (wie ich hoffe) der geraubeten fortgesetzet habe; weil aber die äusserste Noht und Gefahr / welche der Höfligkeit Satzungen zu überschreiten offt gezwungen wird / mich meiner Schuldigkeit entrissen / und nach dem Meer hingeführet haben / hoffe ich gänzlich / es werden Eure Liebden mir diesen Fehler biß dahin schenken / daß ich durch meines GOttes Leitung mich wieder einstellen /und umb Verzeihung gebührlich anhalten werde / da meiner Frl. Schwester Frl. Valisken Vorbitte ich mich kühnlich gebrauchen werde / welche dañ / vermöge unser Vertrauligkeit / mir solche nicht abschlagen wird /erwarte nur mit höchstem Verlangen / was dieselbe wird wirken können. Inzwischen befehle ich alle meine Freunde und Freundinnen dem Schuz des Allmächtigen wahren Gottes / mit Bitte / meine hochgeliebete Fr. Mutter /die Fr. Stathalterin / wie auch Fr. Ursulen / Frl. Helenen /und Jungfer Libussen herz- und dienstlich zugrüssen /und verbleibe Zeit meines Lebens meiner Fr. und Frl. Schwester dienstschuldiger Knecht Herkules.

Ich rechne mirs vor eine grosse Ehre / sagte das Fräulein nach verlesung / daß der trefliche Held diesen Brieff an mich zugleich hat richten wollen / und bitte sehr / ein solches ingeheim zuhalten / damit nicht Frl. Helena daher neue Ursach bekomme / ihren ganz närrischen Eifer wieder auffzublasen / dessen ich doch an meiner Seiten von Herzen lache / wünsche nur von ganzer Seele / daß er sein ihm ohn zweiffel schon verlobetes Fräulein ehist gesund und ihrer Ehren unverlezt antreffen / und zu uns herüber bringen möge / biß dahin ich nicht willens bin von hinnen zuscheiden / damit in dero Kundschafft durch euren Vorschub ich angeno en werde. Sie antwortete: Ich werde auch mit meinem Willen euch nicht von mir lassen / darumb gedenket ja auff kein wegzihen; was ich aber wegen Herrn Herkules seiner Liebe zu diesem Königl. Fräulein urteilen sol / weiß ich durchaus nicht; zwar allem Ansehen nach kan es nicht wol anders seyn / wann ich seine Ohmacht und geführete Klagen / ja wann ich seine schleunige Nachfolge betrachte. Hingegen versichert mich mein Ladisla / daß ihm von nichts bewust sey / ja er hält es vor unglåublich / weil sie in so langer Zeit einander weder gesehen / noch durch Schreiben gegrüsset haben. Aber saget mir mein Schwesterchen / welcher Meinung doch gebet ihr Beyfal? Beyfal? sagte das Fråulein; lieber leset nur sein Schreiben mit etwas Nachdenken /und betrachtet zugleich mit seine schon angeführete Ohmacht uñ Klage / alsdañ werdet ihr durch eures Gemahls Einwürffe euch wenig irren lassen; dann kunten sie ihre Liebe nicht ja so heimlich halten vor ihm / als euer Bruder und sein Ursulchen vor euch? oder werden sie ihre vertrauete Schreiben in dieser Heimligkeit geschrieben / eurem Gemahl erst zulesen eingeschikt habẽ? Was hätten sie aber vor Ursach gehabt / ihre Liebe vor meinem Ladisla zuverbergen /antwortete Fr. Sophia / als welcher nichts tadeln kan was seinem Herkules gefält? Tausenderley Ursachen /sagte sie / haben sich finden können; und warumb hat euer Bruder seine Liebe vor euch so verborgen gehaltẽ / welcher eben wol eurer guten Einwilligung versichert gnug wahr? Es hat mit der Liebe nicht eine solche beschaffenheit / als mit andern Sachen; alles offenbahret man guten vertraueten Freunden / Glük und Unglük / Freude und Leid; aber die Liebe / so lange sie wünschet heimlich zu seyn / wil sie auch von dem besten Freunde nicht erkennet seyn. Ich wil euch dieses lassen gehen / sagte Fr. Sophia / aber ich sehe nicht / warumb ich aus seiner Ohmacht und Klage seine Liebe schliessen solle. O so einfältig / Fr. Schwester / seid ihr nicht / antwortete das Fräulein /daß ihr solches nicht vor ein unfehlbares Zeichen seiner Liebe schätzen soltet. Da recht mein Schwesterchen / da recht / sagte[503] Fr. Sophia / diese Bekäntnis habe ich schon lange gesuchet / und sie doch nicht heraus locken können; dann mus ich aus seiner Ohmacht ein solches schliessen / was versichert mich dann eure Ohmacht / die nicht umb ein Haar geringer / als die seine wahr; kan demnach nicht fehlen / ihr müsset ihn lieben / ja ihr müsset ihn inbrünstig lieben. Dieser Boßheit hätte ich mich zu euch nicht versehen / antwortete das Fråulein; dann gesezt / daß ich ihn Herz- und Schwesterlich liebe / wer hat mich dann mehr als eben ihr darzu angereitzet? Ja wie habe inbetrachtung seiner hohen Woltahten ich anders gekont oder gesolt? Wollet ihrs aber auff eine andere Liebe außdeuten / solches gestehe ich euch durchaus nicht /nachdem ich mein Herz davon gnug entfreiet weiß; es währe dann daß eure Ohmacht ein gleichmässiges Zeugen solte / welches ich nicht eines gedenken darf. Wir werden uns aber wieder nach unser Geselschafft machen / damit andere nicht eben in diesen euren nichtigen Argwohn gestürzet werden. Fr Sophia umbfing und küssete sie aus wahrer Liebe / sprechend: O mein Schwesterchen / die Götter sind meine Zeugen /daß ich euch eben so viel gutes als mir selbst gönne /habe auch mehr Gedanken auff euer beyder Heyraht gewendet / als kein ander; solte es aber der Himmel nicht versehen haben / muß ich mich gedulden / und inzwischen auff ein anders bedacht seyn; fassete sie hiemit bey der Hand / und führete sie mit sich nach dem Saal / da sich gleich ein Diener bey Jungfer Libussen anmeldete / es währe ein bekanter Freund in seines Herrn Wirtshaus eingekehret / welcher etwas übel auff / und daher båhte / die Jungfer möchte ihn zubesuchen unbeschweret seyn. Sie gedachte alsbald /ihre Königin würde von Prag einen abgeschicket haben / umb nachzuforschen / was Zeitung von dem verlohrnen Fräulein einkommen währe / deßwegen machte sie sich stehendes Fusses dahin / traff aber über alles Vermuhten daselbst ihre geliebte Wase und Schwester Jungfer Brelen an / dessen sie bey nahe vor freuden in Ohmacht gesunken währe / umbfing sie gar freundlich und sagte: O herzliebste Schwester / wo ist unser gnådigstes Fräulein? In guter Gesundheit / wie ich hoffe / antwortete sie / aber weit von hinnen / und annoch unter der Räuber Gewalt / ich aber / wie ihr sehet / der Gefahr so weit entrunnen. Wie? sagte Libussa / habt ihr dann das Fräulein in der Gefahr verlassen / und von ihr hinweg zihen können? Ich habe wol gemust / sagte Brela / weil sie michs geheissen; erzählete ihr darauff kürzlich / was Gestalt sie auff der Fräulein Begehren sich mit dem Griechischẽ Ritter / welcher von Herrn Herkules das Schreiben gebracht / ehelich hätte versprechen / und sich auff die Reise machen müssen / damit sie ihrem Bruder / oder Oheim / oder beyden hinterbringen möchte wohin sie geführet würde; und zweiffele nicht / sagte sie / die Götter werden das allerliebste Fräulen retten / und sie uns wieder sehen lassen. Machten sich also nach des Stathalters Hof / da die Abendmahlzeit anging / und da sie in den Saal traten / nam jederman wunder / wer die fremde schöne Jungfer währe / biß Libussa das anwesende Frauenzimmer also anredete: Gnädige Frauen und Fräulein / ich bitte demühtig umverzeihung daß ohn gebehtene Urlaub ich diese fremde Jungfer / meine geliebte Wase mit mir herein führe /nach dem ich schon weiß / sie nicht gar unangenehm seyn werde / in betrachtung daß von meiner gnädigsten Fräulein / Frl. Valisken sie hieher geschikt ist /uns ihret wegen Zeitung zu bringen. O so seid uns sehr wilkommen / sagte Fr. Sophia / und mus der heutige wol ein glüklicher Tag seyn / an welchem wir von zween so lieben Freunden auf[504] einmahl Zeitung bekommen. Brela bedankete sich gar tugendhafft / mit angehengter Bitte / ihrer unhöfligkeit zu verzeihen /daß sie diese hochansehnliche Geselschafft durch ihre zukunfft verunruhete. Fr. Sophia meldete / daß dieser entschuldigung es nicht bedůrffte / und fragete alsbald / an was Ort und Enden das Königliche Fråulein sich auffhielte / und was vor Beschaffenheit es umb sie hätte. Brela trug vor / sie håtte an den Herrn Stathalter und dessen Gemahl / wie auch an ihre gnådigste Königin Fr. Sophien / von ihrem gnådigstẽ Fråulein /Frl. Valisken / wie auch von dem Durchl. Fürsten und Herrn / Herrn Herkules einen dienstfreundlichen Gruß abzulegen. So merke ich wol / sagte Fr. Sophia / nach freundlicher Danksagung / die Jungfer werde mit dem fremden Griechischen Ritter ankommen seyn; welches sie bejahete / und alsbald / weil die Speisen schon auffgesezt wahren / an den Tisch genöhtiget ward / da sie wider ihren Willen zwischen Fr. Sophien und Frl. Sybillen die Stelle nehmen muste / und nach gehaltener Mahlzeit den ganzẽ Verlauf wegen der entführeten Fräulein zuerzählen gebehten ward / welches sie willig leistete / und endlich hinzu taht / was massen /umb Ihrer Gn. Fräulein Rettung zubefodern / sie mit gegenwärtigem Griechischen Aedelman sich zu Tyrus ehelich versprochen / da er zuvor äidlich angelobet /sie unberühret nach Padua zubringen. Nun dann /sagte Fr. Sophia / weil euer Liebster durch Geleitung der Götter solches / wie ich merke / ehrlich gehalten /werdet ihr euch forthin nicht wegern / das Beylager ehist vor sich gehen zulassen / da dann ich / neben Jungfer Libussen / wo es euch also gefallen kan / eure näheste Freundin seyn / und die Mutterstelle bekleiden wil; bestimmete darauff den vierzehnden Tag nach diesem / unter welcher Zeit alles gegen die Hochzeit zubereitet ward. Brela überlieferte gleichwol auch noch desselben Abends Markus und Euphrosynen Schreiben an gehörigen Ort / aus welchen die Geselschafft auff ein neues erfreuet ward / da sie vernahmen / was gestalt Herr Ladisla nebest H. Fabius und Leches mit gutem Winde von Korinth ab nach Zypern gesegelt / von dannen sie willens währen nach Seleuzia in Syrien zufahren / umb des nähesten nach Parthẽ zureisen / weil sie nicht zweifelten / Fürst Herkules /nebest dem geraubeten Königl. Fräulein daselbst anzutreffen. Fr. Sophia und die andern anwesenden wünscheten ihnen alle Glükseligkeit nach / und daß sie nach wolverrichtetem Vorhaben frisch und gesund wieder zu Hause angelangen möchten. Nun hielt Ladisla mit den seinen eben den Lauff / welchen er ihm zu Korinth vorgenommen / kam auch in Zypern glüklich an / woselbst er je zween und zween umher schickete / ob sie etwas von einem Ritter / nahmens Herkules oder Valikules ausspüren könten / fand sich aber niemand / der ichtwas von ihm zusagen wuste / daher Ladisla zu Fabius sagte: Ich wuste vorhin wol / daß der Brief an Markus von einem andern Orte herkommen würde / als die Unterschrifft meldete / ist demnach mein Raht / wir wendẽ uns gleich hin nach der Parther Landschafft zu / und nehmen etwa Dienste bey König Artabanus / da wir meiner Frl. Schwester und Herkules Zustand am besten erfahren werdẽ; wann er dann unsere Gegenwart vernehmen wird /wird er sich weiters nit mehr vor uns verbergen. Fabius ließ ihm solches wolgefallen / und machten sie die Ordnung / wie sie es hernähst halten wolten / da sie vor rahtsam funden / ihre Gelder an einen gewissen Ort in Syrien niderzulegen / auch ihr Schiff alsbald nach Padua wieder hin zusenden / weil unterschiedliche Schiffe verhanden wahren / welche nach Syrien lauffen wůrden / erwåhletẽ[505] aus ihren Schiff Soldaten drey Diener / welche vor dem schon Harnisch geführet hatten / die übrigen schicketen sie nach Hauß / doch daß sie erst zu Korinth anfahren / und Markus ihr Schreiben ůberbringen solten. Also setzeten sie sich auff ein Schiff / und segelten nach Seleuzia / erlitten zimlichen Sturm / und erhielt sie Gott sonderlich /daß sie nicht an einer Klippen mit sampt dem Schiffe zuscheitern gingen / erreichten endlich einen Hafen drey Meilen von der Stad / luden ihre Baarschafften auff Wagen / und reiseten nach der Stad zu / woselbst sie etliche Tage stille lagen / ihre Baarschafften meistenteils bey der Stad Obrigkeit gegen einen gegebenen Schein nidersetzeten / und einen Dolmetscher /Nahmens Mardus / in Bestallung nahmen / dem sie monatlich 100 Kronen versprachen / dagegen er sie täglich etliche Stunden in den vornehmsten Morgenländischen Sprachen unterweisen solte. Zu Padua kam die bestimte Zeit zu Alexanders und Brelen Beylager heran / wornach den Bråutigam überaus hefftig verlangete / und fast die ganze Zeit über / sehr traurig und schwermühtig wahr / dessen er selbst keine Ursach wuste. Der Stathalter hatte ihm des folgenden Tages nach seiner Ankunfft einen Gewals Brief an die Obrigkeit der Stad Athen mitgeteilet / und darinnen bezeuget / daß / weil er dem Römischen Reiche gute Dienste getahn / und umb Vergebung seiner verübten Gewalttähtigkeit / wozu er fast genöhtiget worden /untertähnigst angehalten / währe ihm nicht allein solche Gnade widerfahren / sondern er über das in Römische Kriegsbestallung angenommen / daher man ihm /mit seinen Gütern nach Willen zuschalten / frey und ungehindert gönnen solte. Alexander schickete dieses alsbald fort / und schrieb dabey an seine Verwanten /daß er ihnen seine bewäg- und unbewägliche Güter gegen Erlegung zwo Tonnen Schatzes (da sie den vierden Teil mehr wert wahren) abtreten wolte / und solten sie solche Gelder inwendig XIV Tage nach Empfahung dieses / nach Korinth an den daselbst wohnendẽ Römischen Herrn Markus / übermachen /welcher sie deswegen gebührlich quitschreiben würde / welches auch unverzöglich geschahe. Nun hatte Klodius mit belieben des Stathalters ihm des dritten Tages nach seiner Ankunfft die Hauptmanschafft über ein Fähnlein Knechte der Besatzung verlihen / welchem Amte er mit sonderlichem Lobe vorstund / daß Klodius willens wahr / ihm die Ober Wachtmeisterschafft dazu zugeben. Etliche Unterbefehlichshabere verdroß es sehr / daß dieser fremder (und wie sie schon munkelten / gewesener See Räuber) ihnen vorgezogen wahr / henketen einen verwägenen Hauptman / nahmens Florian (sonst der Meiländer genant / weil er von dannen bürtig wahr) an sich / dem sie fälschlich vorbrachten / der Grieche hätte ihn bey dem Oberhäuptman angetragen / als versähe er seine Wachten nit gebührlich / gönnete auch seinen Knechten / allerhand Plackerey auff den Dörffern zutreiben /und den armen Leuten / was sie auff die Wochenmarkte zuverkauffen bråchten / gewaltsam abzunehmen. Worüber dieser über Alexandern dermassen ergrimmete / daß er sich verfluchte / ihn / so bald er ihn anträffe / niderzustossen / laurete ihm auch des Tages vor der angesetzeten Hochzeit fleissig nach / da er die Wache in den Aussenwerkẽ zuversehen hatte / woselbst er sich an ihn machte / und mit greßlichem Angesicht fragete / wovor dieselben zuhalten währen /welche ihre redliche Spießgesellen fälschlich belögen / und hiedurch eine sonderliche Gewogenheit bey der Obrigkeit suchten. Alexander sahe / daß er nicht viel gutes im Sinne hatte / achtete es doch nicht groß / und gab ihm zur Antwort / aus was Ursachen[506] er ihm eine so nachdenkliche weit aussehende Frage / und zwar ausser der Kriegs-Beampten Versamblung vortrüge; er währe zwar nicht schuldig / ihm darauff zuantworten / jedoch / an den Tag zulegen / wie wenig er sich vor seinem schnarchen fürchtete / und daß er solcher Boßheit vor sein Häupt unschuldig währe / hielte er dergleichen falsche Angeber vor liderliche ehrlose Buben / aber auch dieselben vor solche / die ihn dessen etwa gedächten zu zeihen. So bistu doch ein solcher / sagte der Meiländer / und zückete alsbald seine Hellebarte. Dieser wahr damit auch fertig / und rief die anwesende zu Zeugen / daß er eine Nohtwehr zutuhn / gezwungen würde / widersetzte sich auch dergestalt / daß jener ihm nicht allein nichts anhaben kunte / sondern ihm im Gefechte die Stange in der Mitte abbrach. Alexander ward hiedurch sein Meister / wolte ihn aber nicht beschädigen / sondern sagte zu ihm: Sihe da du mörderischer Anspränger /hätte ich nicht rechts genug / dich gar nider zu stossen / wann ich mein selbst nicht schonete? Jener trat zurük / entblössete das Schwert / uñ gab zur Antwort: Bistu kein Verrähter / wovor ich dich halte / so kom her mit gleichem Gewehr / sonst wird man dich vor einen Mörder darzu schelten. Mein guter Kerl / sagte dieser / ich bliebe gleiche redlich / wann ich dir gleich mit diesem Gewehr den Lohn deines falschen Lügenmauls erteilete / aber daß ich dir auch vor dißmahl noch ein genügen tuhe / wil ich dir mein Schwert bieten. Weil sie nun beyde überaus gute Fechter wahren /gab es einen sehr ernstlichen Kampff zwischen ihnen /da sie im ersten Gange einer dem andern nichts abgewinnen / noch einige Wunde beybringen kunten; Im andern Satze bekam der Meiländer einen Stoß durch den linken Arm / und Alexander einen Hieb in das rechte Ober Bein / worauff sie durch etliche anwesende Unterbefehlichshaber von ander geschieden wurden / mit Bezeugung / sie hätten beyderseits ihren Ehren ein genügen getahn / und sich als tapfere Rittersleute erzeiget / daher sie sich mit einander vergleichen / und die Zwietracht beylegẽ möchten. Alexander wahr hierzu nicht ungeneigt / dafern der andere seine falsche Bezichtigung widerruffen würde; welcher aber von keinem andern Vertrage hören wolte / als welcher vermittelst des Schwerts geschähe / daß also Alexander den dritten Gang mit ihm antrat / in welchem sie nicht allein sich hefftig abmatteten / sondern auch beyderseits unterschiedliche / wiewol untödliche Wunden empfingen / biß endlich der Meiländer sich bloß gab / daß ihm Alexander die Gurgel halb abschnitte / jener aber zugleich von sich stieß / uñ ihm das Herz im Leibe traf / daß er alsbald niderfiel / und seinen Geist auffgab / da seine lezten Worte wahren: O mein Brelichen ich sterbe. Der Meiländer fiel zwar auch zur Erden / und gurgelte das Blut häuffig aus dem Halse / als hätte mans abgezapffet / trieb aber bey einer halben Stunde unsäglichen Jammer / biß er endlich in seinem eigenen Blute erstickete. Klodius kam gleich darzu gegangen / sahe Alexandern mit dem Tode ringen / und ließ ihn auffheben / aber die Seele fuhr gleich dahin. Er forschete fleissig nach der Ursach ihrer Feindschafft / und mit was Worten sie an einander gerahten währen / da des Meiländers Leibdiener zu ihm sagete: Herr Ober Häuptman / dieses Elende ist von etlichen Lügenmäulern zugerichtet /und lasset diesen Unter Häuptman (den er mit Fingern zeigete) nur scharf fragen / dann sol die Warheit bald an Tages Liecht kommen; erzählete auch / was vor Verleumdungen dieser und andere mehr / seinem Hauptman vorgebracht hätten. Welches Klodius also beantwortete: Ich kan bey meinen ritterlichen Ehren Zeugnis geben / dz solches nicht allein von Alexandern niemahls geschehen / sondern er vielmehr den Meiländer[507] wegen fleissiger Auffsicht gerühmet hat; aber du leichtfertiger Verleumder solt mir zur gnüge davor büssen / daß du durch dein Lügenmaul mich zweyer tapfferer Hauptleute / und eine ädle Jungfer ihres lieben Bråutigams beraubet hast. Dieser wolte anfangs sich aufs leugnen begeben / und als er sahe /daß etliche anwesende Kriegsknechte ihn überzeugeten / ersahe er seine Gelegenheit / wagete einen Sprung / und entran glüklich aus der Schantze / und ob ihm gleich etliche nachgeschikt wurden / ihn zufahen / wahr er doch so gerader Füsse / daß er ihnen allen entkam / hätte auch sonder Zweifel sein Leben gerettet / wann nicht eine Schaar Reuter aus Padua ihm begegnet währen / welche ihn kenneten / und leicht muhtmasseten / er würde wegen ůbelthat davon gestrichen seyn / nahmen ihn deswegen gefangen /und führeten ihn mit sich zurük / da er dem Ober Hauptman eingeliefert ward / welcher ihm mit der Folter dråuete / worauff er alle Mitschuldigen bekennete / und daß es aus Haß und Neid geschehen währe / weil man ihnen diesen fremden vorgezogen hätte. Die Schuldigen wurden alle nach der Hauptwache geführet / und sagte Klodius: O der elenden Hochzeit /da man die Braut mit Trauerkleidern behänget / und den Bråutigam in einen Todten-Sarg legen muß! Er ließ aber Alexanders Leichnam auff langen Spiessen zur Stad hinein tragen / uñ seine Helle Barte und blutiges Schwert neben ihn her / da er in eine ansehnliche Herberge nidergesetzet / der Meiländer aber / andern zum Abscheuh biß gegen Abend an den Galgen gehenket / und nachgehends von dem Steckenknecht in die Erde verscharret ward. Er aber ging nach des Stathalters Hof / und wahr wegen des Unfals sehr betrübet. Frl. Sibylla begegnete ihm im innnersten Platze /und bald nach ihr Fr. Sophia / welche ihn frageten /was er so traurig und schwermühtig währe / ob er nicht gedächte / daß er morgen des Bräutigams nähester Beystand seyn solte. Ach sagte er / eben darumb bin ich von Herzen betrübt / daß die morgende Hochzeit uns durch einen klåglichen fall in ein grosses Herzleid verkehret ist; Erzählete darauff kürzlich /was sich zugetragen hatte; dessen sie sehr leidig wurden / und alsbald Libussen besuchten / ihr solches anzudeuten; welche hiedurch überaus erfreuet ward /und sich doch nichts merken ließ / sondern sich neben ihnen traurig stellete / und nicht minder als sie / das Unglük beklagete / ging auch auff ihre Bitte hin zu ihrer Wasen / es auffs bescheidenste anzubringen /damit sie sich nicht zu hoch entsetzete / welche sie auff ihrem Gemache in zimlicher Verwirrung alleine fand / und zu ihr sagete: Herzgeliebete Schwester /wie seyd ihr so voller Gedanken? Leget ihr etwa bey euch über / was vor Kleidung und Schmuk ihr morgen gebrauchen wollet? Ich komme aber anjetzo zu euch /solche erfreuliche Zeitung anzumelden / wie ihr sie wünschẽ möchtet. Ach herzliebe Schwester / antwortete sie / sonderliches Glüks bin ich mir nicht vermuhten / aber was ist es / dz mich so hoch erfreuen sol? Es sind gleich diese Stunde / sagte sie / etliche Gesanten von Prage ankommen / nehmlich Herr Stanisla und Herr Struniko eure Anverwanten / nebest dem alten Wenzesla / welcher mir in stiller geheim ihre Gegenwart anmeldẽ lassen; sehet / die werden auff morgenden Ehrentag euch ansehnlichen Beystand leisten können. Ja es ist etwz / antwortete sie / wañ ein betrübtes Herz dadurch könte erfreuet werden / wiewol es dannoch einen Trost bringet. Warumb solte euch ihre Anwesenheit nicht erfreuen? sagte Libussa /bin ich doch über die masse froh / daß ich sie sprechen sol; aber ich habe sie euch noch nicht alle genennet / mein lieber Vetter Neda / euer gewesener Schatz / ist mit in ihrer Geselschafft.[508] Hierüber entsetzete sich nun Brela / daß ihr die Sprache und das Gesichte verging; schlug die Hände zusammen / wrang sie / daß ihr die Finger schmerzeten / und setzete sich nider auff die Erde / endlich fing sie mit einem Geheule an: O ihr Götter / wie straffet ihr mich so redlich wegen meines Verbrechens! O vollendet nur das wol angefangene Werk / und lasset mich / auff was weise es euch gefållet / diese Nacht meine ehr- und äidvergessene Seele ausblasen / damit ich diesen Menschen nimmermehr sehen / noch durch morgende Hochheit gar zu sehr betrüben möge. Ich erkenne und bekenne / O ihr Götter / daß ich mich an euch und ihm härtiglich versůndiget habe / daß ich diese Heyraht eingewilliget / und nicht lieber bey meinem Gn. Fråulein blieben bin; Ich hätte eurer Macht und Güte trauen / und mein getahnes Gelübde besser beobachten sollen / und daß ihr ja so leicht mich bey Ehr und Leben / als das Fräulein / hättet erhalten können. Aber O ihr redlicher Neda / mit was Augen werde ich euch / ja mit was Augen werdet ihr mich ansehen /nachdem ich gestehen muß / daß ohn alle Bedingung ich euch meine Tråue versprochen / und sie nun so schändlich und leichtfertig gebrochen habe? O meine Herzen Schwester / was sol ich machen / was sol ich beginnen? Freylich habt ihr nicht zum besten gehandelt / sagte Libussa / daß ihr eure einmahl gegebene Tråue der gestalt gebrochen / und einen andern an seine stat angenommen habt / ja einẽ Räuber / einen Räuber unser Fråulein; weiß auch nicht / ob es in Rechten könne zugelassen oder entschuldiget werden; Und ob ihr gleich unser Gn. Fråulein Befehl / und eure augenscheinliche Noht vorschützet / sage ich doch / ihr hättet das åusserste müssen abwarten / uñ dem Fråulein vorhalten / daß wie ihr nur ein Herz /einen Leib / eine Seele habet / also köntet ihr ein einziges nicht zween Herren verkäuffen oder verschenken. Doch wil ich das geschehene so genaue auff die Gold Schale nicht legen; aber bedenket / bitte ich /wie euer morgendes Hochzeit Fest ablauffen werde; Ihr kennet euren Neda / wolte sagen / euren gewesenen Neda / nunmehr aber euren verlassenen / wo nicht verstossenen Neda sehr wol / was aufrichtige und inbrünstige Liebe er zu euch getragen; wie offt er sich verfluchet / er wolte sich nicht scheuhen / mit zehnen den Streit auffzunehmen / die ihm diesen seinẽ teuren Schatz (so nante er euch) abwendig zumachen / sich dürfften gelüsten lassen. Solte er nun wol erdulden können / daß in seiner Anwesenheit ihr einem andern vertrauet würdet / da er von euch schon Ringe und ändere Sachen auff bestetigte wolbedachte Ehe empfangen hat? Ich fürchte sehr / er werde Alexandern das Braut-Bette dergestalt klopffen / daß er ohn Lebens Verlust nicht davon kommen wird / welches ich ihm nicht verdenken kan / ob er gleich ein wildfremder währe / und mir mit keinem Blutstropffen zugehörete. Ursachen hat er übrig gnug; Er wil euch aus Räubers Hand erlösen / der euer nicht werd ist; Er wil den Schatz wieder erstreiten / der niemand als allein ihm zustehet. Sehet / wer wil ihm solches wehren? Brela fiel vor Angst nider auff die Erde / gehuhb sich als eine Verzweifelte / und sagte: O meine herzallerliebste Schwester / ich bitte euch von Grund meiner Seelen / helffet mir dieser Pein ab / dann ich kan und wil nicht länger leben; öffnete hiemit ihren Busem / und fuhr also fort: Sehet / da ligen meine Messer; traget ihr nun einiges Mitleiden mit mir / so stosset mir deren eines in mein ungeträues Herz / dañ ich erkenne / den Tod wol verschuldet zu haben / und ist mir unmöglich / des redlichen Neda Angesicht zuerdulden /nachdem ich so meinäidig an ihm worden bin. Hiemit sties sie eine starke Ohmacht an / daß ihr[509] alle Sinne entgingen. Nachdem aber Libussa sie wiederum erquicket hatte / sagte sie zu ihr: Herzliebe Schwester /warumb lasset ihr diese todes Gedanken in eurem Herzen auffsteigen / ehe es auff der äussersten Spitze stehet? fasset ein Herz / und lasset uns auff Mittel und Wege bedacht seyn / ob wir diese verworrene Sache durch der gütigen Götter Hülffe und unsere Vernunfft noch also loßwirken möchten / daß beydes euch und dem geträuen Liebhaber Neda ein Genügen geschen könte. Ach nein ach nein! sagte Brela / daß sind vergebliche Anschläge; dann Alexander låsset mich nun und nimmermehr fahrẽ; so möchte Neda vielleicht demselben / als dem Räuber seiner gewesenen Braut zusetzen / aber was wird er meiner als einer Träulosen achten? Ich wolts ihm selber nicht rahten. Ich sage euch / fasset einen Muht / antwortete sie / ich bin gnugsam / aller dieser Schwürigkeit abzuhelffen / wie unmöglich es euch gleich vorkomt; aber ihr müsset mir zuvor den Grund eurer Seele öffnen / und auff etliche Fragen richtigen Bescheid geben; deßwegen saget mir / wann euch Zeitung kähme / Alexander währe ohngefehr erstochen / und Neda hätte aus Ungeduld seiner gegen euch tragenden Liebe sich selbst entleibet / welches würde euch aufs härteste kränken. Ach meine Freundin / antwortete sie / was kan man durch Frage und Antwort groß außrichten? würde jener erstochen / so müste mans schätzen als einen wolverdienten Lohn seines ehmahl geführten Lebens; aber meinet ihr / daß ich eine Stunde meine Seele in mir leiden würde / wann ich hören solte / daß der auffrichtige Liebhaber Neda die seine umb meinet willen außgeblasen hätte? Darauff ging eine starke Trähnenbach auß ihren Augen hervor / und baht durch alle Götter / ihr in dieser verzweiffelten Sache / guten Raht / wo einiger übrig währe / mit zuteilen. Ihr Verbrechen währe ihr herzlich leid / und daß sie mit einem andern sich verkoppelt hätte. Diese Busse ist schon ein guter Anfang / eure Sache auff bessern Fuß zusetzen / aber sie wils noch nicht außmachen / sagte Libussa / sondern wann ich meine Kunsthülffe hervor suchen sol / müsset ihr mir bey eurem äide sagen / ob ihr willens seid / dem frommen Neda die geschehene Zusage zu halten / da es in eurer Macht stehen / und Alexander nicht wiedersprechen wird; dann solten die Götter es fügen / daß Alexander nicht allein sich euer begäbe / sondern noch wol einen grossen Teil seiner Schätze euch zuwendete / und ihr würdet / durch solchen Reichtuhm auffgeblasen / den guten Neda hernach verachten und zurük setzen / währe meine angewante Mühe nicht allein umbsonst / sondern dürffte dannenher noch viel ein grösser Unglük entstehen. Ja meine Schwester / antwortete sie / währe mein Glük in dem Zustande / wie ihrs entwerffet / würde das übrige eine unnütze Sorge seyn / dann was könte mir gewünschter seyn / als daß mir frey stünde / meinem Neda / ja ich sage noch diese Stunde / meinem Neda das versprochene zu halten? weil ja einzig und allein in diesem Stük meines zuschlagenen Gewissens Ruhe und Befriedigung bestehen würde. Darumb so tichtet und wirket was ihr könnet und möget / daß Alexander sich meiner nur begebe / und Neda meines Verbrechens wegen nicht auff mich zůrne / mit seinem Reichtuhm mag er zihen wohin es ihn gelüstet / ich begehre davon nicht einen Heller. Nicht also meine Schwester / nicht also / sagte Libussa / sondern ihr sollet und müsset aller seiner Schåtze einige und warhafftige Besitzerin seyn und bleiben; und höret weiter zu; ich spreche euch quit / frey und loß von Alexander dem See Råuber / und solches auß Krafft und Befehl aller Götter. Hiemit schwieg sie stille / und lächelte ein wenig / daß[510] Brela sie daher vor unwitzig schätzete / und zu ihr sagete: Schwester / wie bezeiget ihr euch so selzam? haben euch die Götter einigen Befehl er teilet? Ja ich meine Alexander werde sich daran groß kehren. Er hat sich schon daran gekehret / antwortete sie / uñ sich dem Willen der Götter unterworffen; fraget ihr aber wie? er hat vor einer Stunde mit dem Meiländer welchen ihr kennet / einen blutigen Kampff gehalten / und sind beyde auff dem Platze Tod blieben /der eure / Gott Lob mit Ehren / und jener mit Schande. Brela erzitterte hierüber / und sagete; ach was saget ihr mir / geliebte Schwester? versichert euch auff mein äid / antwortete sie / daß sichs anders nicht verhält / und also seid ihr / dem Himmel sey dank /dieses Bräutigams loß / den ich euch noch niemals gegönnet habe. Brela fing auffs neue an ihre Trähnen zu vergiessen / und sagte; Nun kan ich wol sagen / daß der gute Alexander mich mit ungefälschter Liebe und Träue gemeinet hat / und sind die Götter meine Zeugen / daß umb solcher herzlichen Zuneigung willen ich ihm solchen Unfal nicht gönnen wolte / da von dem gezwungenem Bande ich auff andere weise hätte können loßgemacht werden. Ich aber / sagte Libussa /wil deßwegen wieder die Götter nicht murren / dann /die Warheit zusagen / hat michs nicht ein geringes verdrossen / daß der Grieche / der gleichwol ein See-Räuber gewesen / und an meiner Gn. Fräulein entführung grosse Schuld träget / dasselbe besitzen solte /was mein geliebter Vetter ihm vorhin mir grosser Mühe erworben hat; dañ ich erinnere mich noch gar wol / was er umb euret willen getahn und erlitten / ehe er euch zur Gegenliebe bewägen kunte. Bedenket den gefährlichen Kampff / welchen er mit den Nachtschergen hielt / da er euch in vermummeten Kleidern den ansehnlichen Auffzug brachte; ja was hat er von seinen eigenen Leuten erdulden und außstehen müssen /die ihn mit aller Macht von euch abzutrennen / sich bemüheten / und ihm Herr Vratislaen Tochter wegen ihres treflichen Brautschatzes anschmieren wolten / da hingegen ihr euren Vormünderen / umb daß sie eure Güter verschwendet / nicht sonderlich zu danken hattet; aber er ließ euret wegen Vater / Mutter / Schwester und Anverwanten immerhin murren und machen /und schätzete bloß eure Tugend höher als aller Welt Reichtuhm. Diese Tråue haben ihm die Götter nicht töñen unbelohnet lassen / sondern ihn so hoch beseliget / daß er seinen unrechtmässigen Mitbuhler auch nicht eins lebendig hat sehen sollen / dem er ohndas würde den Hals gebrochen haben / da er ihm seine vertrauete mit willen nicht hätte wollen folgen lassen. So betrachtet nun dieses / herzgeliebte Schwester /und gedenket nicht / daß ich mehr meines Vettern als euer bestes suche; ihr selber wisset / daß ich ungleich vertraulichere Freundschafft mit euch / als mit ihm gepflogẽ habe / ungeachtet er mir eines Schrits näher verwand ist / als ihr seid; Und werdet ihr nun eurem jeztgetahnem versprechen ehrlich nachkommen / habt ihr an künfftigem Glük nicht zu zweifeln. Brela gab ihr zur Antwort: Es verhält sich alles wie ihr saget /und zweiffele nicht / die Götter haben es also gefüget / deren Ordnung ich nicht brechen / noch ihre schickungen hindern kan; es sey aber wie ihm wolle / wann ich bedenke / wie grosse Ehr und Zucht mir Alexander auff dieser ganzen Reise erwiesen hat / kan ich anders nicht / als über seinen Fal von Herzen betrübet seyn. Solches ist billich / sagte Libussa / uñ im wiedrigen würdet ihr euch dem Laster der Undankbarkeit nicht entbrechen können; aber doch zihet euch die Sache nicht zu sehr zu Herzen / und gedenket / daß gleichwol die erste Liebe am festesten bindet. Versichert euch / sagte Brela /[511] was eurem Vetter Neda ich vor diesem versprochen habe / sol forthin an meiner Seiten tråulich gehalten werden / nachdem ich wieder frey / und nach der Götter schickung mein eigen bin; ich fůrchte aber sehr / er werde sein Gemůht von mir gar abwenden / wañ er vernehmen sol / daß ich mich einem andern verlobet; möchte ihm auch die Gedanken machen / als håtte Alexander an mir weiteren Genies gehabt / als Jungfråuliche Keuscheit und Zucht leiden kan; da er nun deßwegen einigen Zweiffel in mich setzen solte / würde ich mein Herz so weit von ihm abkehren / als nahe ichs ihm vorhin zugewendet habe. Dieses lasset mich machen / sagte Libussa / und bleibet inzwischen in eurer Leidklage; dann daß Frauenzimmer wird schier da seyn / euch zu trösten / da ihr jetzigem Stande schon wissen werdet / euch gemäß zuhalten; ich gehe gleich hin nach den Bömischen Gesanten / welche mich haben zu sich fodern lassen. Als sie den Abtrit nam / kam alsbald das Frauenzimmer herzu / uñ funden Brelen mit Trähnen fast genetzet / weil ihr dannoch der klägliche Fal zu Herzen ging / und sie zugleich wegen Ritter Neda ankunfft nicht wenig bestürzet wahr. Es sprach ihr aber das Frauenzimmer / insonderheit Fr. Agatha vielfältigen Trost ein / als welche ihren und ihrer Wasen Unfal dermassen außzustreichen wuste / daß diese endlich gestund / ihr Unglük währe damit nicht zuvergleichen. Libussa machte sich inzwischen nach den Bömischen Herren / die etwa vor zwo Stunden ankommen wahren. So bald sie bey ihnen anlangete /meldeten sie ihr der Königin gnädigsten Gruß und Willen an / frageten daneben / ob nicht Zeitung von ihrem Gn. Fräulein einkommen / und ob ihr König Ladisla dem Teutschen GroßFürsten Herkules bald gefolget währe; worauff sie ihnen alles erzählete / was sie von dem Fräulein und sonsten deren Nachsuchung erfahren hatte / machte ihnen auch gute Hoffnung / sie würde von H. Herkules und ihrem Bruder Ladisla sonder zweiffel erlöset / und gesund wieder heimgebracht werden; doch gedachte sie ihrer Wasen Brelen mit keinem Worte / biß sie Gelegenheit bekam / mit Ritter Neda allein zu reden / zu dem sie sagte: Geliebter Vetter / ich bitte / mir zu sagen / was euch verursachet habe / diese beschwerliche Reise zu tuhn; ich gläube kaum / daß eure Eltern euch mit gutem Willen haben zihen lassen. Geliebte Wase / antwortete er / es ist wie ihr saget; aber nachdem ich meinen Eltern eins vor alles zuverstehen gegeben / daß ich mich von ihnen nicht wolle in die Kammer versperren lassen /noch ihnen die Hünereyer auff der Scheuren zusammen lesen / haben sie wol müssen friedlich seyn. Wie aber stehets umb eure Liebe? fragte sie weiter / habt ihr die reiche Jungfer Wisna / Herrn Vratisla Tochter euch schon beylegen lassen? Davor behüten mich die Götter / sagte er / daß ich die meiner liebsten Brelichen einmahl getahne Zusage brechen solte. Libussa stellete sich hierauff ganz traurig / und antwortete: Ach geliebter Vetter / dieser Liebe werdet ihr euch müssen entschlagen / welches niemand lieber als euren Eltern seyn wird. Er entsetzete sich über diesem Vorbringen / und fragete / ob sie irgend wiedrige Zeitung von ihr wüste. Ja / sagte sie / leider mehr dann gar zugewisse Zeitung / dann sie hat einem Griechischen Aedelman / der sie rauben helffen / doch wieder ihren Willen / eheliche Liebe und Träue verheissen /und vor ihren Brätigam annehmen müssen / und daß ichs euch umständlich erzähle / hat unser gnädigstes Fräulein sie hart darzu genöhtiget / weil vor erst ihre Durchl. uns wegen ihres Zustandes sonst nichts håtte berichten können; vors ander / weil meine Wase dem Parther Könige als ein Kebsweib hat sollen[512] zugeführet werden / welcher sie / so bald er eine schönere angetroffen / wůrde verstossen / und entweder einer andern zur Magd / oder seinen Buben zum schåndlichen Muhtwillen übergeben haben; daher hat sie aus zweien bevorstehenden übeln das leichteste erwählen / und lieber in die ungenehme Ehe / als jene unwiederbringliche Schande einwilligen müssen / welches weder ihr noch einiger ehrliebender Mensch ihr verargen wird /massen in ihrer Macht nicht stund / euch das versprochene zuhalten / und zweiffele ich nicht / ihr werdet ihr lieber Ehre als Schande gönnen / weil ihr sie doch vor eine verlohrne halten müsset. Dieser Rede / ward Neda so traurig / daß er kein Wort sprechen kunte; die Trähnen drungen ihm häuffig auß den Augen / und entging ihm alle Krafft so gar / daß er gezwungen ward / sich niderzusetzen / biß er endlich sich erhohlete / und folgende Antwort gab: Herzliebe Jungfer Wase / ich muß bekennen / daß sie an ihrer und meiner Seite besser getahn hat / eine wiedrige Ehe / die gebrochen werden kan / als öffentliche Schande / die unwiederbringlich ist / zuerwählen / weil ja eines hat seyn müssen; ich aber werde nicht ruhen / biß ich sie fundẽ / und von diesem gezwungenen Bande gefreiet habe. Je mein geliebter Vetter / was redet ihr da? sagte sie; bey leibe gedenket ein solches nicht; geschehene Dinge sind wol zubeklagen / aber nicht zu endern; und was woltet ihr euch durch eines andern Wunde selbst ermorden? es sind ja mehr Weibsbilder in der Welt / und müste schade seyn / daß meine Wolfahrt so gar nur auff einen Grund gebauet währe / daß nach dessen Hinwich ich zugleich mit drauf gehen solte; und wie woltet ihr ihm tuhn / wañ sie gestorben währe! woltet ihr in die Erde steigen und sie wieder hohlen? Ich wolte alsdann sagete er / keine Stunde nach ihr im Leben bleiben. Ist dañ / fuhr sie fort / die einige Brela euch nur gerecht und eben? lieber bedenket euch eines bessern / und stehet ab von solchem Irrewahn; sehet da / ich weiß hieselbst eine schöne ädle / Reiche / Junge / Tugendhafte Jungfer / die wil ich euch zufreien. Alles vergebliche gedanken / antwortete er / dann mein Geist hat schon vorlängst geschworen / daß weder meine Begierden / noch mein Leib /einiges Weibsbildes / ausser meiner Liebsten Brelen teilhafftig werden sollen. Ein steifer Sinn / wie ich vernehme / sagte sie; aber was hätte ich bey euch verdienet / wañ ich noch ein Mittel wüste / euch eure Brelen wieder in die Hand zu spielen? Dieser erboht sich hierauff / er wolte sich aller seiner Erbschaft willig begeben / und ihr solche schrifftlich vermachẽ. Worauff sie ihn nicht länger ängsten wolte / sondern zu ihm sagete; Herzlieber Vetter / ob gleich meine Güter eben so groß nicht sind / sollen mich dannoch die Götter behüten / daß ich euer väterliches Erbe eines Fusses breit schmälern wolte; aber vernehmet vor erst meinen Zustand. Ihr wisset / daß euer geträuer Freund Ritter Leches meine Liebe / eine zimliche Zeit her gesucht hat; die ich ihm allemahl standhafftig versaget / und mag dessen Ursach euch vielleicht nicht unbewust seyn / daß nehmlich seine gnug spöttische Schwester / meiner bey anderen adelichen Jungfern dermassen verächtlich gedacht / als tröge ich mich vergeblich auff ihren Bruder / dem wol ein ander Glük bescheret währe; daher ich mir gänzlich vorgenommen hatte / seinem Ansuchen nimmermehr stat zu geben / habe ihm doch die Ursach allemahl verschwiegen / damit Unglük vermieden bliebe; weil er aber neulich in Rettung meiner sich so hefftig bemühete / hab ich ihn endlich vor meinen liebsten angenommen; doch ist er mit unserm Könige fortgereiset /und hat mir vor weniger Zeit an Gold und Kleinoten viel tausend Kronen wert übergemacht.[513] O du glükseliger Leches / antwortete er / wie wandelbahr ist des Glückes Rad; ich gedenke der lieben Zeit / da du mich den seligsten / und dich den verworffensten nennetest; nun aber hat sich das Spiel gar verkehret; doch / geliebte wase / saget mir / bitte ich / durch was Mittel ich zu ihr gelangen könne; solte ich dann darüber zu grunde gehen / wil ich euch zuvor zur einigen Erbin aller meiner Güter einsetzen / welches / wie ich durchaus nicht zweiffele / unsers Königes Gemahl alhie bekräfftigen sol. Nun nun / sagte sie / gebet euch zu frieden / ihr solt nicht drüber sterben / sondern sie ohn alle Mühe erhalten / wañ ich nur einwilligen werde. Neda stund auff / fiel ihr umb den Hals / und küssete sie so inniglich / daß sie ihn deßwegen straffen muste. Wie stellet ihr euch so unbendig? sagte sie / ich kan wol schwören / daß mich nie kein Mannesbilde dergestalt gehöhnet / und wann ihr nicht meiner Stief-Schwester Sohn währet / würde ichs trauen an euch eifern. Neda baht umb Verzeihung / zweifelte nicht /die nahe Blutfreundschafft würde ihn von allem ungleichen Wahn leicht befreyen und loßsprechen. Ja sagte sie / in Ansehung deren sol euch auch Verzeihung widerfahren; aber vernehmet nun / wie die Sachen stehen. Es ist nicht anders / daß eure Liebste auff unser Gn. Fräulein Willen und Befehl mit einem Griechischen Ritter / Nahmens Alexander in der Stad Tyrus sich ehelich hat versprechen müssen / welcher ihr hingegen äidlich angelobet / sie keinerley weise zuberühren / biß er sie in Italien nicht weit von hinnen würde gebracht haben / da er überdas den bestimmeten Tag zur Hochzeit abwarten solte. Nun hat er ihr solchen äid unbrüchig gehalten / wie meine Wase mir mit höchster Beteurung gemeldet / und ich / angesehen er ein Tugendhaffter auffrichtiger Aedelmann ist / billich glåuben muß / und ist der morgende Tag zum Beylager und Hochzeit Fest berahmet. Wehe mir armen fiel er ihr in die Rede / ist das der Trost / den ihr mir versprochen habt? Aber sagt mir Herzen Wase / werdet ihr bey der Hochzeit auch mit erscheinen? Welch eine Frage ist diß? sagte sie / sol ich doch ihr nähester Beystand seyn. Gar wol / antwortete er / so wird der Affter Bräutigam entweder auff mein Einsprechen abtreten / oder ich werde auch sein nähester Beystand seyn doch also / daß entweder er oder ich das Leben drůber einbüssen. Ich würde euch dieses selbst heissen wanns je nöhtig währe / sagte sie / aber nun bedarffs dessen keines / dann der vermeynte Bräutigam ist etwa vor zwo Stunden von seinem Spieß Gesellen im absonderlichen Kampffe erstochen / und also meine Wase ehe Witwe als Frau worden. Herzgeliebte Wase / sagte er / wie möget ihr mich dergestalt aufzihen / und mit meiner hefftigen Liebe einen so leichten Spot treiben? Versichert euch / sagte sie / daß ich die lautere Warheit rede / als gewiß ich begehre in der Götter Gnade zuverbleiben; Ob sie aber euch wieder annehmen wolle (sagte sie / da er sich frölich bezeigete) ist mir unwissend / massen sie von ihrem todten Bräutigam über XVII Tonnen Schatz an lauter Baarschaft / Kleinoten und verkaufften Landgütern geerbet hat / welcher grosse und weltbeliebte Reichtuhm gar leicht einen grossen Römischen Herrn zu ihrer ohn das gnug wirdigen Liebe bewägen dürffte. Ich weiß nicht / sagte Neda / wie ihrs mit mir im Sinne habt; Wann ich mich fürchte / dann tröstet ihr mich; empfahe ich dann etwas Freude in meiner Seele / so stürzet ihr mich nur immer in tieffere Verzweifelung; drumb bitte ich euch umb unser nahen Verwandschafft willen / erlöset mich aus der Angst / in welche ihr mich geführet / und versichert euch / daß ich mich dermassen dankbar erzeigen wil /daß ihr daraus mein Herz erkennen[514] sollet. Saget mir /antwortete sie / von keiner Dankbarkeit / ich bin schuldig / als euer Mutter Schwester euer bestes zuwissen / und höret nun den rechten Ausschlag: Jungfer Brelen Bräutigam hat sich mit ihr nunmehr hieselbst XIII Tage auffgehalten / und ist alles ergangen / wie ich schon vorhin angezeiget habe; Morgen hätte ungezweifelt die Hochzeit seyn sollen / worauff alles auffs beste ist zugerichtet / und XVI Tausend Kronen ausgegeben worden / aber ohn Zweifel aus sonderbahrer Versehung der Götter hat er müssen vor dem Beylager nidergestossen werden / damit ihr euer Brelichen (die in Warheit ein liebes Bildichen ist) rein und unbeflekt bekommen soltet / welche diese Tage über stets mein Stuben- und Schlaff Geselle gewesen ist /und ich wol weiß / daß sie noch nie eines Mannes schuldig worden. Sie hat aber von eurer Anwesenheit noch keine Wissenschafft / ist auch wegen des Unfals / welchen ich ihr angemeldet / etwas betrübet / doch als eine / die durch euch fein wird zutrösten seyn /weil diese Ehe ihr sehr zuwider wahr; und möget mir kühnlich trauen / daß ich euer bestes tuhn / und nicht ablassen werde / biß ich eine beständige genehme Erklärung von ihr bekomme / und euch zum reichesten Herrn in Böhmen machen helffe. Neda sahe sie mit blinzenden Augen an / und antwortete: O ihr meines Glüks einige Meisterin; nehmet euch meiner an / und schafft mir Ruhe in dieser Pein. Die Götter wissen /daß ich ihren Reichtuhm nichts achte / ja vielmehr wünsche / dz sie dessen möchte ohne seyn / weil sie dadurch nur stolz und mir ungewogen werden kan. Gebet euch zufrieden / antwortete sie / und lasset mich machen / morgen früh wil ich euch Zeitung bringen / die euch verhoffentlich ergetzen sol. Aber ich habe jezt nicht länger Zeit alhie zuharren / sondern wil gehen / und eure Ankunfft dem Stathalter zuwissen tuhn / dann so ihr euch zu lange werdet heimlich halten / dürffte ihn solches verdriessen / oder zum wenigsten argwöhnische Gedanken erwecken. Also schied sie von ihm / uñ berichtete Herrn Fabius / was gestalt ihre Allergnädigste Königin etliche Gesanten hergeschicket hätte / umb zuerforschen / ob nicht Zeitung wegen ihrer allerliebsten Frl. Tochter einko en währe; hätten auch unterschiedliche Schreiben / so wol an den Herrn Stathalter / als an ihre Gn. Frau Sophien bey sich. H. Fabius befahl alsbald seine Gutsche anzuspannen / und die Gesanten aus der Herberge zuhohlen / welches Klodius verrichtete / und sie von dem Stathalter und Fr. Sophien gar freundlich empfangen wurden / legten hernach ihren Gruß ab /und überreicheten die Schreiben von der Königin und den Land Ständen untergezeichnet / und über diese noch eines / von der Königin absonderlich an ihre geliebte Schnuhr geschrieben. Diese zulesen / nam der Vater einen Abtrit mit der Tochter ins Neben Gemach / da sie beyder Schreiben gleichmässigen Inhalt funden / daß die Königin uñ sämtliche Landstånde des freyen Königreichs Böhmen sich hoch erfreueten / dz nach der Götter sonderbarer Schickung ihr Herr Sohn und Erb König mit einem so hochansehnlichen Römischen Herrn sich befreundet / und ein Tugendreiches verständiges / der Königlichen Krone gnug wirdiges Gemahl überko en hätte. Weil sie dann schmerzlich erfahren / daß ihr Herr Sohn und König dem geraubeten Durchleuchtigsten Königlichen Fräulein nachzihend / sich in abgelegene Landschafften begeben / als båhten sie instendig / der Hochmögende Herr Stathalter ihnen ihre künfftige Königin unwegerlich zuzihen lassen wolte / damit sie zeit ihres Königes Abwesens / derselben gebührlich aufwarten / und an die Hand gehen möchten / welches der añoch herrschenden[515] Königin und des ganzen Königreichs Wunsch und begehren währe; und erböhte sich die Kron Böhmen /biß an ihre Freyheit / dem Römischen Reiche alle mögliche Freundschafft zuerweisen. In dem absonderlichen Briefe aber überschrieb die alte Königin Fr. Sophien mütterlichen Gruß und Liebe / gab die Begierde / ihre herzgeliebte Fr. Tochter zu sehen / an den Tag / und beklagete den Verlust ihrer Fräulein Tochter Frl. Valisken / als welcher verursachete / daß auch ihre Fr. Schwieger Tochter ihres Gemahls / ja das ganze Land ihres Königes entrahten müste; Schließlich baht sie / ihr mütterliches Herz und das ganze Land durch ihre hochbegehrte Gegenwart zuerfreuen / und der Beherschung nach ihrer gerühmten Weißheit mit vorzustehen. Nach Verlesung sagte Herr Fabius: ihm zweifelte nicht / die Königin und Landstände sucheten dieses mit auffrichtigem Verlangen /gestaltsam ihm der Mitternächtigen Völker Gemühter gnug bekant währen / welche nicht nach Römischer böser Art / ein anders auff der Zungen uñ in Briefen /als im Herzen führeten; möchte deßwegen seine Tochter ihre Meynung andeuten / was sie zu tuhn willens währe. Diese gab ihm zur Antwort: Sie währe zwar ihrer Schwieger der Fr. Königin und den såmtlichen Landständen verbunden / ihrem begehren stat zugeben / weil die Götter ihren Sohn und König ihr zum Gemahl bescheret hätten; Wann sie aber bedächte /daß ihr lieber Ladisla abwesend / und / welches die Götter gnädig verhüten wolten / er in der fremde sein Leben enden solte / wie es ihm schon nahe gnug gewesen / währe die Reise nach Böhmen nichts / als eine vergebliche Mühe / weil sie nicht gewillet währe / nach dessen Tode daselbst lange zuhausen. Uberdas währe dem Königreich mit ihrer Gegenwart wenig gedienet / nur daß die Königlichen Unkosten dem Lande gedoppelt würden; hätte demnach / wañ ihr Herr Vater einwilligen könte / in ihrem Herzen beschlossen / ihres Gemahls Wiederkunfft hieselbst zu Padua zuerwarten / alsdann würde sie schuldig seyn / dessen Willen nachzukommen / wie ers ordente. Fabius hörete gerne / daß sie mit ihm gleicher Meynung wahr /gingen in den Saal / da man zur Abendmahlzeit anrichtete / und wurden die Königliche Gesanten der Gebühr bedienet / gegen welche insonderheit Fr. Sophia sich gar leutselig bezeigete / beklagete auch mit Trähnen den schmerzlichen Verlust der Königlichen Fräulein / und daß in der fremde sie sich dergestalt müste umher schleppen lassen; berichtete doch daneben / wie sie nicht allein vor weniger Zeit ihres annoch guten ergehens gewisse Zeitug gehabt / sondern auch die Göttliche Antwort und Zeichen der Opffer /ihre fröliche Wiederkunfft eigentlich verhiessen. Libussa wahr nicht mit zu Tische / gab vor sie müste bey ihrer hochtraurigen Wasen Jungfer Brelen bleiben / und ihren grossen Kummer durch ihren Trost etwas lindern und benehmen; wiewol dessen wenig gedacht ward / sondern ihr Gespräch wahr stets von Ritter Neda / dessen beständige Liebe und Träue sie dergestalt heraus zustreichen wuste / daß sie hiedurch das halberloschene Feur in dem Herzen dieser Liebhaberin völlig wieder auffbließ / welche / da sie vernam /wie Neda willens gewesen / sie durch einen Kampff von Alexander loß zumachen / und ungeachtet er sie schon geheyrahtet hätte / zum Weibe zunehmen / sich nicht enthalten kunte / daß sie endlich sagete: O du geträuer beständiger Freund und Liebhaber / dessen Auffrichtigkeit ich mehr als einen Beweißtuhm eingenommen / wie bößlich habe ich mich an euch versündiget / daß ich einem andern das eure versprochen; billicher hätte ich mich ins Meer stürzen / als an euch meinäidig werden[516] sollen. Jedoch was hiedurch ich wider meinen Willen und aus höchstgezwungener Noht begangen habe / sol von mir in andere Wege ersetzet werden / bin auch der gänzlichen Meynung / es haben die Götter es also geschicket / daß ich euch wiederumb zugeführet würde; werde aber / herzallerliebste Schwester / nicht ruhen / biß ich mich dankbar gegen euch bezeiget / welches ich nur so lange auffschieben muß / biß mein Neda und ich uns dessen beredet haben. Die Gesanten / ausser Neda / wahren wegen Brelen Wiederkunfft noch unberichtet / biß ihrer bey der Mahlzeit ohngefehr Meldung geschahe /worüber Herr Struniko / ihr naher Blutsfreund höchlich erfreuet ward / und sich ihres Zustandes völlig berichtẽ ließ / da sie nachgehends eins wurden / sie folgendes Tages in ihrer Traurigkeit zubesuchen. Die ganze Nacht kunte Brela nicht ruhen / dann der Schrecken mit Begierde vermenget / ließ ihr den Schlaff nicht zu; aber gegen Morgen kam ihr vor / wie Alexander in bleicher Farbe / und mit Blute gar besprützet / sie bewäglich anredete: Sie möchte seine geträue Liebe nie mit Undank vergelten / sondern ihm zu Ehren XX Trauer Wochen aushalten / sonsten würden die von ihm geerbeten Schätze ihr durch Räubers Hand geno en / und sie in Lebens- und Ehrengefahr gerahten. Worüber sie dermassen erschrak /daß sie aus dem Schlaffe fuhr / und wie ein Espenlaub zitterte; wolte doch Jungfer Libussen nichts davon melden / wie stark sie gleich anhielt / ihr die Ursach solcher Verenderung und Schreckens anzuzeigen /sondern nam ihr äidlich vor / das Beylager vor Ausgang der XX Wochen durchaus nicht zuhalten. Da sie nun des Morgens auffstunden / und Libussa ihr Gespräch von Neda wieder anfing / in meynung / sie zubereden / dz in kurzer frist die Hochzeit angestellet würde / ward sie der Anmuhtung etlicher massen unwillig / und sagete: Sie erinnerte sich ihrer genommenen Abrede / dabey solte es ihres teils sein verbleiben haben / jedoch unter zwo Bedingungen; Als vorerst wolte sie umb böse Nachrede zumeiden / die angesezte Zeit halten / welches sie hiemit äidlich angelobete; Hernach müste sie versichert seyn / daß nicht schier heut oder morgen ihr Neda schimpflich vorhielte / daß sie aus gezwungener Noht / und um Rettung ihrer Ehren / sich mit Alexandern so weit eingelassen hätte; dann solte sie davon das geringste im Schimpff oder Ernst hören / würde ihr solches schmerzlicher seyn /als der Tod selbst; Dafern nun Neda sich dieser beyden Anmuhtungen / nicht bündig gnug heraus lassen könte / währe ihr unbewäglicher Vorsatz / ihr ganzes Leben in Jungfräulichem Stande zuzubringen. Libussa saye / daß sie ernstlich uñ aus Herzengrunde redete / durffte ihr demnach nicht widersprechen / wie sehr ihr gleich im Anfange die erste Bedingung zuwider wahr / sondern sagte zu ihr: Geliebte Schwester / das erste stehet ganz in eurer Macht / wiewol mir in etwas mißfålt / daß ihreuch åidlich dazu verbindet. Ich ruhe solcheß / sagte Brela / umb meiner Ehre willen / und sonsten aus einer höchstwichtigen Ursach / welche ihr dereins erfahren sollet / deswegen ist von diesen XX Wochen kein einziger Tag / ja keine Stunde abzuhandeln. Ich lasse es gut seyn / antwortete Libussa; Das andere aber betreffend / davor wil ich euch mein Leben zu Pfande setzen. Ach nein / sagte Brela /davor kan mir kein Mensch / als er allein / gut sagen /und wird er sich daher gefallen lassen / mir dessen einen schrifftlichen / und zwar gnug gültigen Schein heraus zugeben / weil ich mich hierin nicht zu wol verwahren kan / und dañoch scheuh trage / es ihm anzumuhten. Er wird es aber mit ganz gutem Willẽ tuhn / antwortete sie; nur saget mir / wz euret wegen ich ihm einliefern sol /[517] daraus er eure Gunst und beharliche Liebe in etwz spüren möge. Noch zur zeit nichts /sagte Brela / biß auf mein doppeltes begehren ich seine runde erklärung habe; hernach wil ich alles nach eure gutdünken machen / uñ von meinen Geldern uñ Kleinoten ihm so viel zustellen / dz er meines guten willens gnugsame Kundschafft haben sol. So gehe ich hin / sagte Libussa / alles nach eurem Willen an ihn zu fodern / welches er / wie ich weiß / williger leisten wird / als ihrs von ihm begehret. Neda war gleich aufgestandẽ / da sie zu ihm kam / die andern aber lagen noch auff ihrem Lager; als er sie nun sahe / trat er ihr entgegen / und nach wünschung eines glükseligen Morgens fing er an: Herzgeliebete Jungfer Wase /bringet ihr mir Leben oder Tod? Ich bringe euch dessen nichts / antwortete sie; das Leben habt ihr schon; den Tod begehre ich euch nicht anzuthun; wisset aber / daß ich euretwegen mit meiner Wasen sieder gestrigem abscheiden / mannicherley Reden gepflogen /und weiß sie dero euch vor diesem gegebener Träue sich noch wol zuerinnern / würde auch ausser der höchsten Noht die kein Gesez hat / einem andern neben euch sich nimmermehr versprochen haben / wie schon von mir ist angezeiget worden. Wollet ihr aber in vorige Gunst wieder angeno en seyn / werdet ihr euch unbeschweret erzeigẽ / zweyerley Bedingungen ohnwegerlich auff euch zu nehmen; hielt ihm dieselben kürzlich vor / und sagte nachgehends; nun erkläret euch bald / ob ihr dieses eingehen / welches meines bedünkens so gar schwer nicht ist / oder im wiedrigen lieber wollet / daß sie sich noch diesen Tag der ewigen Jungfrauschafft äidlich verlobe. Neda antwortete; ob ihm gleich daß erste nicht lieb währe / befünde ers doch in Erbarkeit und Tugend gegründet; im andern hätte er sich durchaus nicht zubeschweren /angesehen / kein ehrliebender Mensch sie hierin verdenken könte / sondern müste ohn bedingen an ihr rühmen / daß sie / Laster zu meiden / sich selbst überwunden / und Alexandern die Ehe versprochen hätte; seid demnach gebehten / fuhr er fort / und hinterbringet ihr solches neben Anmeldung meiner bereitwilligsten Dienste. Nein lieber Vetter / sagte sie / vor dißmahl wil es mit mündlicher Erzählung nicht geschlichtet seyn / sondern ehe ihr mit ihr zureden kommet / wird solches schrifftlich von euch geschehen müssen / alsdann hat daß Ding seine richtigkeit. Neda wahr hierzu bald fertig / sahe ein Schreibzeug mit allem zubehör auf dem Tische stehen / schnitte eine neue Feder / ritzete in seine linke Brust und schrieb mit dem außgetropfeten Blute folgenden Brieff:

Hochädel-gebohrne Jungfer / herzgeliebete vertrauete Freundin; Was meine vielgeehrte Wase Jungfer Libussa mir / euer Hochädl. Tugend ergebenem Knechte vorgehalten / daß vorerst deroselben beständiger Vorsaz sey /vor Ausgang der nähesten XX Wochen das Beylager nicht zu vollenzihen; Hernach / sie von mir nicht gewärtig seyn wolle / daß so wenig im Scherz als Ernst ihre dem weiland Wolädlen Herrn Alexander getahne eheliche Versprechung ihr aufgerucket / viel weniger als unlöblich vorgehalten werde; So verspüre aus dem ersten Ihrer Hochädl. Tugend ehrliebendes Gemüht / ich zu voller Gnüge / in dem sie bösen Lästermäulern vorzubeugen geflissen ist. Das andere wird deroselben kein redlicher Mensch verdenken / angesehen ihre Ehre zuretten kein ander Mittel gewesen. Und verspreche ich bey meinen ritterlichen Ehren / daß nicht allein in diesem / ihrem Willen ich mich allerdinge gemäß bezeigen / sondern / als lange einiger Blutstropffen in mir übrig ist / seyn und verbleibẽ wolle meiner herzgeliebten Jungfer und vertrauten Freundin in allem / was ihr gefallen kan / bereitwilligst-gehorsamster Knecht Neda.

Libussa laß dieses / und sagte; Nun wartet meiner; über ein wenig wil ich euch beständige Antwort bringen; ging eilig zu ihrer Wasen / welche sie gar schwermühtig fand / und[518] fragete / was ihr anliegen währe. Saget mir zuvor bescheid von meinem Neda /antwortete sie / alsdann wil ich euch mein hefftiges Anliegen nicht långer verhehlen. Wie? sagete diese /zweiffelt ihr wegen des bescheides? hieselbst habe ich ihn in der Hand / und zwar mit seinem Blute geschrieben / welches er unter seinem Herzen heraus zapffete /daß ihr ja nicht zweiffeln möchtet / ob ihm von Herzen gehe / was er alhie verheisset. Brela entsetzete sich davor und sagete: Es ist mir leid / das ich schriftliche Versicherung an ihm begehren / uñ seine Redligkeit in zweiffel setzen dürffen; nam hiemit das Schreiben zur Hand / lase es mit fleiß durch / und sagte nachgehends; ich wil diesen Brieff nicht behalten / sondern ihm denselben wieder zustellen / damit er hieraus nicht Ursach zu unwillen nehme. Bey leibe nicht / antwortete Libussa / er würde sich vielmehr fremde Gedanken machen / und Ursach haben / euch vor unbeständig zu halten. Wollet ihr ihm aber ein Zeichen eurer guten Vergnügung sehen lassen / solches wil ich ihm gerne beybringen. Ja / sagete sie /dessen wil ich mich forthin nicht wegern; nam eine trefliche güldene Kette / ein par Armbänder und etliche güldene Ringe aus ihrer Handlade / wickelte alles zusammen / in ein Seidenes weisses Tüchlein uñ sagete; So tuht mir so viel zugefallen / geliebte Schwester / und liefert ihm dieses meinet wegen; vielleicht gibt die Gelegenheit / daß ich das übrige selbst mit ihm Rede. Diese verrichtete solches mit gutem willen / und hinterbrachte es mit diesen Worten: Mein Vetter / eure vertrauete Freundin und abermahlige Braut lässet euch ihre von nun an beharliche Liebe uñ Träue durch mich anmelden / hoffet / ihr werdet die Anmuhtung wegen der schriftlichen Versicherung nicht ungleich außdeuten; hätte doch euer Blut darzu nicht begehret; erkennet aber daher euren guten Willen / welchen zu seiner Zeit nach mögligkeit zu vergelten sie sich bemühen wil; unterdessen habe ich von ihr Befehl / euch diese Kette an den Hals / diese Armbänder an eure Arme / und diese Ringe an eure Finger zulegen / zum Zeichen / daß nach diesem sie lieber sterben / als diese Verbindung zum andernmahle brechen wil; und damit es an wirklicher Leistung nicht mangele / wil ich euch vor mich diesen Kuß ihretwegen hinzulegen. Neda sahe die köstliche Kleinot mit Verwunderung an / und antwortete: Mein Herz ist mit allem wol vergnüget / nur daß ich alhie nicht Mittel weiß /meiner Liebsten etwa ein Kleinot wieder zuliefern. Ihr seid daß beste Kleinot / sagte Libussa; doch habe ich schon hierauff gedacht / daß euch hieran nicht mangeln sol; zog hiemit eine zarte köstliche Halßkette mit einem zimlichen angehenkten Kleinot hervor / wie auch einen schönen Demant Ring; welches beydes er auff Begebenheit seiner liebsten selbst einzulieffern bedacht wahr / und es gedoppelt zuersetzen sich erboht / da gleich die Bömische Gesanten hin zu ihnen traten / mit begehren / wann es Libussen gefällig / und ihrer betrübten Wasen nicht zuwieder währe / wolten sie mit ihr hingehen / sie in ihrem Unfal zubesuchen. Brela hatte sich auff ihre Ankunfft geschicket / das Gemach mit schwarzem Tuche / und sich selbst mit Flohr umb und umb behänget / empfing auch ihre lieben Freunde und bekanten mit traurigen Geberden / und bleicher Farbe / welche ihr doch durch Neda anschauen bald in Feurroht verkehret ward / dessen Herr Struniko wahrnam (weil Herr Krokus seines Sohns Verliebung ihm vor diesem geklaget hatte) ließ sichs doch nicht merken / sondern redete ihr tröstlich zu / sie würde ihrer Vernunfft nach sich in diesem Fall zuschicken wissen / massen die Götter ihren Willen haben woltẽ / denen menschliche schwachheit[519] zuwiederstehen nicht bestand währe. Herr Stanisla trat etwas näher; zweiffelte nicht / es hätte sich der Unfall mit H. Alexandern nicht so ohngefehr zugetragen / ob man gleich den unwandelbahren Schluß der himlischen Versehung mit unser blinden Vernunfft nicht außgrübeln könte; er vor sein Häupt rechnete es dahin / daß entweder gedachter Alexander ihrer nicht wirdig / oder sie einem andern von den Göttern vorbehalten würde / deßwegen müste sie in Geduld stehen und bedenken / daß wie der verstorbene sie anfangs wieder Recht geraubet / also hätten die Götter ihn hinwiederumb nach ihrem gefallẽ durch den Tod hin rauben lassen. Der alte Wenzesla machte es kurz / und wie er mit ihr ohndaß wol bekand wahr / und gerne zu scherzen pflegete / wann andere mit ernsthafften Sachen umbgingen / sagte er: Griechenland müste den Böhmen die schönsten Jungfrauen nicht so entführen / sie möchte gemach tuhn /und der Trähnen schonen / es währe noch so mannicher junger Ritter in ihrem Vaterlande / unter welchen sie die Wahl haben / und den besten außlesen solte. Brela keñete seine Anschläge / wolte sich daher mit ihm nicht überwerffen / sondern antwortete auff seine Reden nichts / nur das sie seiner guten Gesundheit sich freuete / und ihn wilkommen hieß. Dieser fuhr in seiner posserey fort / boht seine Dienste und alles Vermögen / was ein grauer Bart vermöchte / willig an / wann er nur nicht möchte geschüppet und durch den Korb gestürzet werden; daß die gute Jungfer sich kaum des lachens enthalten kunte / und zu ihm sagte: Es währe noch zu zeitig von heyrahten zu reden / weil ihr gewesener Bräutigam noch nicht eins beerdiget währe; hätte er sich aber vor diesem zu Prag so freundlich vernehmen lassen / würde sie solches Glük schwerlich außgeschlagen haben. Freylich / sagte er /würdet ihrs nicht außgeschlagen / sondern wol gar außgepeitschet haben; jedoch / sagte er zu Neda / nehmet ihr dieser Schanze wahr; vielleicht währen es Schuch vor eure Füsse / und ein Nest vor eure Hünerchen. Wodurch er eine solche Röhte in der beyder liebhabenden Angesicht erweckete / daß ihr keiner ihm ein Wort antworten kunte / biß endlich Neda sagete: Er wüste nicht / ob bey so traurigen Fällen sich dergleichen teidungen allemahl reimeten; baht hernach / es möchte die Jungfer sich an seiner Kurzweil nicht irren / weil des Alten Art ihr ohndaß bekant währe; boht ihr damit die Hand / uñ brachte ihr den Ring so heimlich an den Finger / daß dessen niemand gewahr ward; hernach redete er sie also an: Hochädle Jungfer / ich erfreue mich sehr über ihre uñ meiner geliebten Wasen Jungfer Libussen Rettung / wie betrübet ich gleich bin wegen unser gnädigsten Fräulein Verlust und Gefängnis; wie ich nun aber aus meiner hochgeehrten Jungfer abenteurlichen Reisen / und wunderbahrer Erlösung nichts anders als der Götter sonderlichen Schuz und Hülffe spüren und schliessen kan / also zweiffelt mir nicht / dieselben werden sich hinfort ihrer Durchl. auch annehmen / sie gnädig retten / und ihrer aller Leid in Freude verwandeln. Brela bedankete sich des guten Willen / und wünschete ihm hinwieder stete auffnahme seiner ritterlichen Ehren /und was ihm sonst lieb und ersprißlich seyn könte. Darnach wante sie sich / Argwohn zu vermeiden / zu ihrem Vetter H. Struniko / und fragete fleissig nach ihrer Gnädigsten Königin Zustand / und wie es allen ihren Anverwanten / insonderheit ihren Vormündern ginge. Dieser wuste wol / daß dieselben sehr ungleich bey ihr gehandelt / und aus ihren Gütern den Eigennuz gesucht hattẽ / welches ihr zimlich bewust wahr; ließ sich doch dabey nichts merken / biß er von sich selbst[520] dessen Erwähnung taht; welches sie mit kurzen beantwortete: Sie hätte Gott Lob / ihrer Seel. Eltern Rechnungen und Bücher in guter Verwahrung / in welchen alle Schuld und Unschuld richtig auffgezeichnet stünden; Zweifelte demnach nicht / ihre Vormündere würden dieselben nicht tadeln / noch auff ihre Ankunfft sich wegern / Rechnung abzulegen. Worauff Struniko wenig antwortete / dann ihm wahr wol bewust / es würde ihre Ankunft etlichen seinen nahen Anverwanten nicht sonderlich angenehme seyn; nur fragete er sie / ob sie nicht willens währe / mit ihnen heimzureisen / und ihrer Königin der Fräulein Zustand mündlich zuberichten; dem sie zur Antwort gab: Sie håtte von ihrem Gnädigsten Fräulein / dann auch von Fürst Herkules Befehl / nicht von Padua zu weichen / biß sie Schreibẽ und ausdrüklichen Erlaß von ihnen haben würde; Hoffete demnach / ihre Gnädigste Königin / als welche ihr selbst befohlen / dem Fräulein zugehorsamen / würde ihr solches nicht ungnädig verübeln. Nachdem sie nun bey anderthalb Stunden gesprachet hatten / namen sie Urlaub von ihr; aber Libussa sagte zu Neda: Geliebter Vetter / ihr sollet mit mir auff mein Gemach gehen / welches hie allernähest ist / daselbst wil ich euch zeigẽ / dessen ich gestern gegen euch gedacht habe; inzwischen wartet meiner alhie / biß den Herren Gesanten ich an stat meiner Wasen das Geleit gegeben habe. Brela verwunderte sich ihrer listigen Erfindung / wahr doch damit wol zu frieden / und nach jener Abscheid / ergriff sie ihren Liebsten bey der Hand / sprechend: Vertraueter Herr und Freund / könnet ihr noch die leichtsinnige Brelen mit gewogenen Augen ansehen /die durch grosse Unbilligkeit euch so hoch beleidiget / in dem wider geschehene teure Zusage sie sich mit einem andern eingelassen und ehelich versprochen hat; Nun sind gleichwol die Götter meine Zeugen /daß ich viel lieber mir das Leben håtte nehmen lassen wollen / und solte Alexander vor sich nimmermehr so mächtig gewesen seyn / mich zugewinnen / dafern ichs nicht umb meiner Gn. Fräulein willen getahn: Dann hätte deren Heil und Wolfahrt ich nicht angesehen / solte das Meer meinem Leben gar bald den Fadem auffgelöset haben / daß versichere ich euch bey meinem höchsten äide / und wil aller Götter ewigen Fluch über mich selbst wünschen / dafern Alexander oder einiges Mannesbilde meiner so weit genossen hat / daß meiner Jungfräulichen Zucht und Ehre im geringsten Nachteil geben könte; deswegen ihr dann dem guten Alexander billich gewogen seyn sollet; Dann hätte er Gewalt und seines Rechts sich gebrauchen wollen / würde ich euch in solchem Stande nicht behalten seyn / angesehen der fernen Reise /die ich mit ihm zu Wasser und Lande getahn habe. Ich meyne aber / den blossen Nahmen eines Bräutigams euch und mir teur gnug bezahlet seyn / angesehen ich über XVII Tonnen Schatz an Baarschafft und Kleinoten von ihm empfangen und geerbet habe / daß wir inkünfftig unsern Stand besser als kein Böhmischer Landsasse führen köñen. Ich weiß gar wol / dz eure Eltern und Verwanten in Verhinderung unser Heyraht nichts eingestreuet haben / als dz ich euch nicht reich genug währe; Wollet ihr nun meinem Willen folgen / sollet ihr eures ganzen väterlichen Erbes euch begeben / oder da ihr solche Güter zubesitzen Lust traget / euer Schwester so viel von meinen Geldern heraus geben / als die Güter ingesamt wert sind /alsdañ haben sie euch nichts vorzuwerffen; aber diese XX Wochen wil ich hieselbst zubringen / und äusserlich meinen aus Zwang angenommenen Bråutigam betrauren / dem ihr dann nebest euren Gefårten morgendes Tages die Ehre und Freundschafft erweisen / und[521] zu Grabe folgen werdet; Im übrigen bleibets bey unser zu Prage lezt genommenen Abrede. Neda umfing sie gar freundlich / und antwortete ihr: Herzgeliebtes Herz / sie tuht in warheit ihr selbst grosse Unbilligkeit an / indem sie ihr selbst dasselbe übel ausleget / dessen ich und ein jeder redlicher Mensch sie zum höchsten rühmen und preisen muß; bitte demnach von Grund meines Herzen / dessen fort mehr nicht zugedenken; dann hätte sie gleich durch Noht gezwungen / eine zeitlang mit Alexander ehelich leben müssen / könte und müste mir ja solches nicht zuwider seyn / wolte sie auch nicht umb das geringste weniger / als jezt / ehren und lieben / und mit solcher jungen Witwen wol zufrieden seyn / ja den Göttern noch darzu danken / wañ mir keine Jungfer zu ehelichen bescheret währe; Im übrigen ist die kurze eingebildete Freude von Alexander dergestalt durch den grossen Schaz vergolten / daß man ihm davor billich zudanken hat; welcher Reichtuhm doch von mir im geringsten nicht sol gemindert werden / und möget ihrs mit meinem väterlichen Erbe nach eurem gefallen anstellen / und meiner Schwester / ob sie es gleich weder umb euch noch mich verdienet hat / alles schenken / oder ein Stük Geldes davor zuwenden /dessen ich gleichwol keine Ursach sehẽ kan. Zwar die bestimmeten Traurwochen / wie widrig sie auch meiner herzlichen Liebe fallen / sind sie doch meinem vernünfftigen Willen lieb und angenehm / wil auch umb so viel mehr darein gerne gehehlen / damit ihr nicht ursach habt zusagen: Alexander sey euch gehorsamer gewesen als euer Neda; Dann wie ich schon anderthalb Jahr mich geduldet / also wil ich diese XX Wochen alle Tage zählen / biß ich den lezten hinter mich gelegt habe; alsdann werden mir die Götter gönnen / dessen wirklich zugeniessen / welches ich höher als aller Welt Wollust und Reichtuhm achte. Dem redlichen frommen Alexander wil ich gerne (sagete er mit lachen) zu Grabe folgen / und lieber / als wann ich ihn mit meiner Faust hätte müssen hinunter schicken / welches unvermeidlich hätte geschehen müssen /wann dieses glükliche Unglük nicht darzwischen kommen währe. Ach nein / mein Schatz / sagen sie /redet nicht spötlich von ihm; Er hats in Warheit weder umb euch noch mich verschuldet; überdas bin ich diese Nacht durch einen Traum höchlich erschrecket / da mich eigentlich dauchte / wie er gar bleich und blutig vor mir stünde / und mich bey hoher Straffe erinnerte / seiner Liebe nicht zuspotten / sondern die benante Zeit in der Trauer ihm zu Ehren und Gedächtniß auszuhalten; dieses / bekenne ich / hat mich bewogen / ihm diese Wochen äidlich zuversprechen /welches ich auch unbrüchig halten wil. So wil ich /sagte Neda / euch zu Ehren uñ Gefallen / seiner allezeit im besten gedenken / und diese Zeit neben euch in Traurkleidern gehen / damit seinem schwebenden Geiste ein gedoppeltes genügen geschehe. Es hätte sich aber gebühret / fuhr er fort / daß bald anfangs wegen zugeschikter Kleinot ich mich bedanket / als welche bey mir die stäte Gedächtniß unser von neuen getroffenen Versprechung frisch erhalten sollen / und bitte dienstlich / meine herzgeliebete Freundin wolle mir zu liebe dieses schlechte Halsketchen tragen / und von ihr nicht kommen lassen. Die Jungfer besahe das Kleinot / und gefiel ihr die künstliche Arbeit über die masse wol; dann ob zwar nicht sechs Kronen Gold dran wahren / hatte doch der ArbeitsLohn über 100 Kronen ausgetragen; so wahr auch das angehenkte Kleinot so leicht und unansehnlich / aber von sieben trefflichen Demanten so art- und künstlich ins Kreuz gesetzet / daß sie bekennete / so schöne Arbeit nie gesehen zuhaben. Sie bedankete sich dessen aber / und nachdem sie ein wenig von schwarzer[522] dünner Seide darum gewickelt hatte / legte sie es an ihre blosse schneeweisse Kehle / und versprach / es in andere wege zuverschulden. Indem kam Libussa hinzu getreten / und fragete sie / ob ihnen sider ihrem Abwesen die Zeit lange gewehret. Neda sagte: sein Wunsch währe / daß dieses ewig tauren / und sie nimmer wieder möchten getrennet werden. Da ihm Brela antwortete: Mein geliebtes Herz / geduldet euch / bitte ich /diese kurze Zeit / ihr seyd ja gnug versichert; es währe dann / daß mir die Götter ein gleichmåssiges Unglük wieder zuschickẽ wolten; dem ich aber ohn allen Zweifel mit einem schleunigen Tode vorkommen würde. Schweiget stille / sagte Libussa / mit solchen ungenehmen Reden / und beobachtet vielmehr der Götter wunderliche Schickung mit uns Menschen; dann heut ist der Tag zu eurer Hochzeit mit Alexander bestimmet / und müsset dagegen mit euren rechtmässigen Bräutigam euch auffs neue einlassen uñ verbinden / welches ich trauen vor kein ohngefehres halten kan: so gehen überdas andere schon mit euer beyder Heyraht umb / gestaltsam Herr Struniko mich anjetzo höchlich erinnert hat / mich dahin zubemühen /daß ihr beyde eine Ehe schliessen möchtet; welches ich aber nur mit einem leichten Gelächter beantwortet habe; Aber geliebter Vetter / sagte sie zu Neda / wollet ihr bey eurer Liebsten noch umb einen ehrlichen Kuß anhalten / müsset ihr die Gelegenheit nicht unter den Händen zerrinnen lassen / dann das Frauenzimmer wird bald hie seyn / und euren Schatz besuchen. Als Brela solches vernam / beuhrlaubete sie ihn freundlich / mit versprechen / Gelegenheit zufinden /daß vor seinem Abscheide sie wieder bey einander kähmen. Also ging Neda hinweg / frölich und wolgemuht / daß die Götter ihm seine liebste Brelen mit so grossen Schätzen wiederumb zugeführet hatten / welche bey des Frauenzimmers Ankunft ein trauriges Gesicht annam / wiewol ihr des Herzen Prast ganz benommen und vertrieben wahr. Unter der Beredung fragete Frau Pompeja Jungfer Libussen / wer doch der ansehnliche junge Ritter währe / mit dem sie sich so gemein hielte. Worauff sie antwortete: Ihre Gn. möchten ihr solche Freyheit nit verargẽ / nachdem dieser Ritter Böhmisches Herren Standes / ihrer Schwester Sohn währe / welchen sie mit Herr Krokus (der vor diesem hieselbst gewesen) gezeuget hätte. Das kan seyn / sagte sie / dann er sihet euch nicht unähnlich; aber wie habt ihr schon eine so alte Schwester? Sie ist / sagte Libussa / meine Schwester / von einem Vater /aber nicht von einer Mutter / und hatte schon etliche Jahr geheyrahtet / da ich gebohren ward / wie dañ dieser Ritter sechs Jahr älter ist als ich. Frau Sophia gab unter dieser Rede acht auff Jungfer Brelen Geberde /uñ befand eine Verenderung der Farbe an ihr / so offt er geneñet ward; daher verstörete sie dieses Gespräch / und redete von andern Sachen / biß jener die gewöhnliche Farbe wieder kommen wahr / da fing sie aber an / als ohngefehr / von Neda zufragen / und spürete im Augenblik die vorige Verenderung an der Jungfer / daß sie vor gewiß hielt / diese beyde müsten sich ehmahls mehr gekennet haben; welches zuerforschen sie nach genommenem Abscheid Libussen mit sich auff ihr Zimmer führete / und sie also fragete: Geliebte Freundin / habt ihr nicht vernommen / was eure Wase mag gesinnet seyn? Ob sie hieselbst bey uns bleiben / oder mit den Gesanten nach Prag reisen wil? Gn. Frau / antwortete sie / ich habe von ihr verstanden / daß Eure Gn. sie untertähnigst bitten wird /ihr zugöñen / daß sie biß auff unser Gn. Fräulein glükliche Wiederkunfft sich alhie in ihrer Gn. Frauenzimmer auffhalten möge. Dieses kam ihr sehr verdächtig vor / antwortete deswegen:[523] Wann ihr solches ein Ernst ist / sol mir nichts liebers seyn / werde sie auch ihrer Wirdigkeit nach zuhaltẽ wissen; doch aber / wañ ich mit euch vertraulich redẽ dürfte / hätte ich euch etwz anzumelden / welches ihr ohn allen Zweifel besser wisset / als ich selber; saget mir die rechte Warheit / da ichs wissen darff; ist nicht eine verborgene Liebe zwischen Ritter Neda und Jungfer Brelen gewesen / und noch? Libussa erschrak der Frage / und antwortete: Je Gn. Frau / woher ist ihrer Gn. solches kund worden? Aus ihrer beyderseits Augen und Verwandelungen / sagte sie; dann da gestern Abend der Jungfer ohngefehr meldung geschahe / erröhtete der Ritter zusehens; und heut gings der guten Jungfer nicht anders / als wir von ihm sprache hielten. Wanne / wanne! sagte Libussa / so muß man sich vor Euer Gn. gegenwart fleissig hüten / wann man sich einiger Liebe bewust ist; offenbahrete ihr hierauff / was gestalt schon vor anderthalb Jahren / diese beyde sich untereinander ehelich verbunden hätten / und hielte sie es vor ein sonderliches Glük / daß Alexander erstochen währe; dann ihr Vetter würde ihm diesen Braten ohn die bitteren Todes Salsen nicht haben geniessen lassen / als welcher mit allem Recht diese Braut dereins vom Tantze führen müste. So ists freylich besser / sagte Fr. Sophia / daß jener umb einer anderen als dieser Ursach willen umkommen ist; Und habe ich überdas wol gemerket / daß der Jungfer Traurigkeit zwar wol gemeynet / aber nicht tieffherzig ist. Sie hat aber dannoch äidlich angelobet / sagte Libussa /ihrem Alexander XX Wochen zur Trauer auszuhalten. Daran tuht sie recht und löblich / antwortete sie; dann so werden böse Mäuler gestopffet; doch wird sie ja ihrem erstẽ Bräutigam das ehmahlige Versprechen halten. Daran zweifele Eure Gn. nur nicht / sagte sie; ich habe diesen Morgẽ / doch anfänglich wider meiner Wasen wissen / sie zusa en gebracht / und das vorige durch Mund / Hand und Geschenke an allen Seiten verneuert und fest gemacht. Sie ist gar eine tugendhaffte züchtige Jungfer / sagte Fr. Sophia / und eines redlichen Ehegatten wol wirdig. Ihr müsset ihnen aber Gelegenheit machen / daß vor ihrer Scheidung sie offters zusammen kommen / und werde ich darzu helffen / als viel mir möglich. Ihr aber lasset euch gegen ihrer keinen merken / daß ich Wissenschafft hierumb trage; welches sie ihr zwar versprach / und doch nicht unterließ / ihren Vetter zuwarnen / aus was Zeichen Fr. Sophia ihrer Liebe wahr genommen / damit er sich auff eine Antwort schicken könte / wann er von ihr gestochen würde.

Des folgenden Tages / da die Leiche solte bestellet werden / ließ der Stathalter durch Klodius alles prächtig anordnen / und folgete er / von Stanisla und Struniko begleitet / allernähest; Nach ihm Neda und Klodius / die des vorigen Tages gute Kund- und Brüderschafft gemacht hatten; wodurch dieser erkühnet / zu jenem unter der Leichbegängniß sagte: Geehrter Herr Bruder / wann mir nicht verarget würde / bey eines Bräutigams Begräbniß den andern auszukiesen /wüste vor den H. Bruder ich keine bequemere zufinden / angesehen / daß alles bey dieser ädlen Jungfer überflüssig ist / was ein Weibsbild wert und angenehm machen kan. Neda gab ihm zur Antwort: Geehrter Herr Bruder / nachdem unsere Freundschafft so nahe zusammen getreten ist / wil ich ihm den grösten Teil meiner Heimligkeit offenbahren / daß Jungfer Brela schon vor anderthalb Jahren meine versprochene Braut ist / welche mir der entleibete gewißlich nit vorenthalten sollen / er müste dann zuvor meines LebensMeister worden seyn / dessen ich mit ihm mich gewaget hätte;[524] nachdem aber die Götter meine auffrichtige Liebe erkennet / haben sie es geschicket /daß ich ihm als einem verstorbenen Freunde zu Grabe folge / da ich ihm bey seinem Leben nichts / als äusserste Feindschafft hätte erzeigen können / es währe dann / daß er aus Liebe zur Erbarkeit mir das meine willig abgefolget hätte. Klodius bedankete sich der Ehren / daß er ihm solche Heimligkeit anvertrauet /und baht / weil er vernommen / dz seine Liebste sich alhie aufhalten würde / er möchte bey ihm bleiben /und da es ihm nit zugeringe / Alexanders Häuptmanschaft nebst dem Obrist Wachtmeisters Platz annehmen; Er zweifelte nicht / der Stathalter würde ihm solches vor andern gerne gönnen. Neda / nach geschehener Danksagung / antwortete: Er währe ein Königlicher Gesandter / müste vorerst wieder nach Prag zu seiner Gnädigsten Königin; da ihm aber der Platz so lange könte offen gehalten werden / erböhte er sich ohn Sold zudienen / ümb Gelegenheit zu haben / bey seiner Liebsten zuseyn; welches ihm Klodius nach allem Willen versprach / auch nach geendigter Begräbniß es mit dem Stathalter vertraulich redete / da Fr. Sophia gleich darzu kam / und eben dasselbe von ihrem Vater bitten wolte; als sie nun hörete / daß dieser ihr schon zuvor kommen war / sagte sie im Scherz zu ihm: Ich gedachte den Dank allein bey diesen verliebeten zuverdienen / und mich bey meinen künfftigen Untertahnen beliebt zumachẽ / aber ihr seyd mir zugescheid gewesen / welches / ehe fünff Tage vergehen / ich gedenken wil. Klodius baht untertähnig um Verzeihung / es währe ihm leid / daß er so unglüklich gewesen / und ihrem Willen zugegen gehandelt /bähte solches nicht zueifern / wolte sich nach diesem keines Dinges unternehmẽ / ehe und bevor er von ihrer Gn. Urlaub hätte; doch währe ihm gar unbewust gewesen / daß Ihre Gn. umb diese heimliche Liebe Wissenschafft gehabt. Die habe ich auch nicht gehabt / antwortete sie / ausser dem / was ich argwohne; Es ist mir aber sehr lieb / daß ihr zugleich mit mir hierauff bedacht gewesen seyd. Gleich da sie dieses redeten / kam Jungfer Libussa / und brachte eine flehliche Bitteschrifft / welche von den gefangenen Beschuldigten an Jungfer Brelen gestellet wahr / darinnen sie vorerst gar kläglich umb Verzeihung bahten / hernach umb Gnade und Lebensfristung anhielten / welches sie bey dem Herrn Stathalter und Ober Hauptmann durch ihre Vorbitte leicht erhalten könte. Diesen Brief übergab sie dem Stathalter / und zeigete an / es hätte ihre Wase den Inhalt gelesen / wolte aber nichts darzu reden / ohn daß sie Ihrer Gn. alles heimstellete / und wann dieselbe aus eigener Bewägniß / oder wegen anderer Vorbitte / Barmherzigkeit und gelindere Straffe wolte ergehẽ lassen / währe sie damit wol zufrieden /angesehen ihr mit ihrem Blute nicht gedienet / ob sie es schon gnug verwirket hätten. Aber Fr. Sophia sagte: Es könte eine solche ärgerliche Taht / ihrem schlechten Verstande nach / nicht ungestraffet hingehen / ob gleich nach befindung einer schärffer als der ander zubestraffen währe; Ward also nach den Uhrhebern gefraget / und befunden / daß ihrer drey vor andern dieses Unglük gestiftet hatten / deswegen sie mit Ruhtẽ geschlagen und enthåuptet / die acht ůbrigen aber ins Elende geschikt wurden / in den Bergwerken drey Jahr zuarbeitẽ. Bey dem Abendessen warẽ die vornemste Herrẽ der Stad eingeladen / da die Königliche Gesanten mit dem Frauenzimmer in eine bunte Reihe gesetzet wurden / und dem guten Neda das Glük so wol fugete / daß er neben seiner Liebesten die Stelle bekam / dessen Fr. Sophia heimlich lachete. Nach abgetragenen Speisen sagte der Stathalter zu Neda; ädler Ritter / nachdem euer Vater H. Krokus mein guter Freund /[525] und ihr wirdig seid / geliebet und befodert zuwerden / massen euer wolverhalten ich von den andern Herren Gesanten verstanden / stelle ich euch den Obrist Wachtmeister-Plaz in dieser Römischen Käyserl. Besatzung an / dafern euch geliebet selben anzutreten / und kan ich euch nach diesem weitere Freundschafft leisten / sollet ihr mich dazu willig haben. Neda stund auff / neigete sein Häupt / und bedankete sich der hohen unverdienten Gnade in untertähnigkeit; nam auch das angebohtene Ampt an / dafern ihm zuvor könte vergönnet werden / laut Königl. Befehls wieder in sein Vaterland zukehren / umb /von seiner Gn. Königin und den Land Rähten Urlaub seiner Dienste zu erhalten / weil er zu Prage in der Königl. Besatzung eine Hauptmanschafft / neben Verwaltung der Rustkammer bedienete. Herr Struniko wahr sein Oberster / erließ ihn auch alsbald der Hauptmanschafft / so daß er das Fähnlein seines gefallens verkäuffen möchte / ungeachtet ers aus seinem Beutel geworben hätte. Aber Jungfer Libussa redete ihm ein; ihrer Schwester Sohn solte mit seinem Schaden nicht abtreten / sondern sie wolte dem Obristen davor 2000 Kronen erlegẽ / daß sie ihn hieselbst bey sich haben / und seines Rahts sich gebrauchen könte: Worzu ihm Fr. Sophia eine güldene Kette von 500 Kronen verehrete / und Neda sich gegen seinen Obristen erboht / dafern er nach seinem wolvermögen bey der Königin ihm Urlaub erhalten würde / wolte er ihm das Fähnlein auff seine Kosten mit 50 Mann verstärken; Und ob gleich H. Struniko allem Erbieten wiedersprach / muste er doch wegen vieler nöhtigung die Bedingungen eingehen. Folgendes tages zimlich früh ließ Fr. Sophia Ritter Neda zu sich fodern / zu dem sie sagete; weil ich vernehme / dz ihr willens seid /erst wieder mit nach euer Gn. Königin zu reisen / wiewol ich euer außbleiben schrifftlich wol entschuldigen wolte / werdet ihr euch nicht wegern / mit mir nach Jungfer Brelen Gemach zu gehen / die euch in meiner Gegenwart eigentlich erzählen sol / was vor Zeitung ihr eurer Gn. Königin von dem Durchl. Königlichen Fräulein anzumelden habt. Dieser roch den Braten schon / taht doch nicht deßgleichen / uñ folgete ihr willig. Im hingehen sprach sie vor Libussen Gemach (welche gleich bemühet wahr / die versprochenen 2000 Kronen abzuzählen) und baht sie / der Jungfer ihrer Wasen anzudeuten / daß sie mit ihr ein wenig zu reden hätte. Diese hatte sich kaum halb bekleidet /legte doch das übrige an / so gut sie in der Eile mochte / und da sie ihren Neda mit ko en sahe / entfärbete sie sich dermassen / daß sie schier blind ward; dessen aber Fr. Sophia sich nicht annam / sondern nachdem sie ihr einen glüklichen Morgen gewůnschet hatte /sagte sie; es würden die Königl. Gesanten ihre Reise ehist wieder zurük nehmen; hätte demnach Ritter Neda mit sich hergeführet / daß er aus ihrem Munde der Fräulein Zustand eigentlich einnehmen / und seiner Gn. Königin Bericht einbringen könte. Diese wahr hiezu willig / und erzählete alles mit den vornehmsten Umständen / doch so verwirret / daß ihr verliebter Sinn daher leicht abzunehmen wahr; welches Libussa merkend / ihr zuzeiten wieder einhalff. Nach geendigter Erzählung / gab es noch unterschiedliche Unterredungen / biß Fr. Sophia vor erst Neda einen treflichen Ring schenkete / mit begehren / denselben zum Zeichen der Gewogenheit anzunehmen; stellete bald darauff Brelẽ einen gleichmässigen mit eben denselben Worten zu / und redete sie hernach beyde also an: Ihr meine geliebten Freunde; die Götter wissen / daß ich euch von Herzen gewogen bin / welches in der Taht zuerweisen vielleicht dereins bessere Gelegenheit fallen wird; ich möchte[526] aber wünschen /daß ihr beyde einer dem andern noch auff andere Weise / und viel gewogener währet / nachdem / wie ich meine / ihr beyderseits frey und keinem verbunden seid / zweiffele auch nicht / es könte ein solches nicht anders als zu allem Glük außschlagen. Kan ich dieses nun bey euch erhalten / so vertauschet diese beyden Ringe mit einander; wo nicht / alsdann behalte ein jeder den seinen zum Gedächtnis meiner guten Meynung. Brela ward hierüber sehr schamroht / wuste nicht / ob sie von Libussen verrahten währe / und harrete / biß Neda antworten würde; welcher hingegen in Furcht stund / seine Reden möchten ihr ungenehme seyn; welches Libussa merkend / diese Antwort gab; Gn. Frau / es ist eine wichtige Sache / die eure Gn. vornimt / bitte demnach in dieser beyder Nahmen untertähnig / daß ihnen neben mir ein kurzer Abtrit nicht möge verarget werden. Fr. Sophia wahr dessen wol zu frieden / und blieb derweile im Gemach allein / da Libussa zu ihrer Wasen sagte: Ich weiß nicht / wie unsere Gn. Frau zu diesem Vorsatz komt / davon sie mir durchaus nichts gesagt hat / und muß sie ohnzweiffel auß etlichen Zeichen eure Liebe angemerket haben; rahte deßwegen geträulich / vertrauet ihrer Gn. eure Heimligkeit / deß werdet ihr inkünfftig vielfältig zugeniessen haben; so wird sie es auch auff euer Bitte und Begehren wol verbergen. Brela fassete hierauff ein Herz / und wie sie zusammen wieder ins Gemach gingen / sagte sie zu Neda; Mein Herr / seid gebehten / und berichtet unsere schier künftige gnädigste Königin unsers Zustandes / welches wir niemand sicherer als ihrer Gn. zuvertrauen haben. Er verrichtete solches mit züchtigen Worten / und taht Brela hinzu / wie sie durch äusserste Noht gezwungen / umb ihre Ehr zuretten / weiland H. Alexandern vor ihren Bräutigam auffnehmen müssen; gaben hernach einer dem andern die geliefferten Ringe / und bahten ihre Gn. es noch in etwas vor jederman ingeheim halten möchte / welche bald darauff Abscheid nam / und Neda bey Straffe aufferlegte / bey seiner Liebsten zu warten / biß sie ihn abfodern liesse / welches sich doch in die vier Stunden verzog; inzwischen Neda mit seiner Brelen sich vieler Sachen beredete / da sie insonderheit ihn erinnerte / es währe billich / daß man Jungfer Libussen vor ihre Träue ein Zeichen schuldiger Dankbarkeit sehen liesse / gestaltsam sie nicht allein ihr gutes Herz durch mannichen Dienst / sondern auch in herschiessung ihrer Gelder erzeiget hätte / uñ da sie nicht von so gar grossen Mitteln währe / dannoch gestern Abend ihretwegen 2000 Kronen Herrn Struniko außgesprochen / nur daß sie ihre langwierige treñung hinderte. Neda erboht sich / er wolte nach äusserstem vermögen tuhn / sie aber antwortete; darumb ists von mir nicht geredet; ich habe / den Göttern sey Dank /Mittel gnug / so weit man mit Schenkungen reichen kan / wollet demnach meine Gedanken vernehmen; ich habe Fürst Herkules in der Fremde 60000 Kronen vorgesetzet worüber ich einen Wechselbrieff an sie habe; nun währe meine Meynung / ich wolte ihr diesen Wechsel euret und meinetwegen schenken / dafern ihr dessen friedlich seid. Er gab zur Antwort / ihr stünde alles frey / nach Willen zu machen / und solte ihm solches herzlich angenehme seyn; worauff sie ihm alle ihre Schätze zeigete / und ihm manniches Kleinot zustellete / die er wieder seinen Willen annehmen muste; insonderheit lieferte sie ihm unterschiedliche /welche er seiner Mutter und Schwester ihretwegen mitbringen möchte; sendete auch der Königin einen treflichen Ring / bey dessen Lieferung es Gelegenheit geben würde / umb gnädigsten Urlaub anzuhalten. Fr. Sophia kam endlich selbst wieder mit Libussen /[527] und begunte diese / ihre Wase mit Worten zimlich umbzutreiben; sagte unter andern / es hätte ihre Gn. Frau ohnzweiffel einen Wahrsager Geist / welcher ihr der Menschen Heimligkeiten offenbahrete. Ach nein / antwortete Fr. Sophia / es bedarff dessen nit; die Augen der Menschen / wann man deren nur recht wahr nimmt / können leicht anzeigen / was im tieffen verborgen liegt / insonderheit bey denẽ / welchen das Geblüt lieber aufwarz / als unter sich steiget. Brela wolte Libussen bezahlen / und fing an: Wie dann Gn. Frau /halten dann eure Gn. mich allein vor verliebet / und sehen meine Wase so einfältig und so frey an / da sie doch an dieser Seuche hefftiger danieder lieget weder ich? Libussa fiel ihr in die Rede; dafern sie noch ein Wörtlein hievon meldung tuhn würde / wolte sie hinweg lauffen; trat auch auß dem Gemache / umb unvermerket zu lauschen / was weiters vorfallen würde. Da Fr. Sophia anhielt / ihr den Bräutigam zu nennen; und als sie hörete / daß es Leches wahr / sagte sie; nun bin ich wol einfältig / daß ich solches nicht habe merken können; ging hin Libussen wieder zu ruffen / und da sie dieselbe an der Tůhr stehen sahe / sagte sie; was lauffet ihr so furchtsam hinweg / Ritter Leches jaget euch ja nicht. Des müsse Brela die Plauder Matzin dank haben / antwortete sie / aber hätten ihre Gn. es auff diese Weise nicht erfahren / wolte ich dieselbe zur Hochzeit gebehten haben / ehe sie von dem Bräutigam ichtwas gewust hätte. Sie hielten noch eine zeitlang ihr Gespräch / biß Fr. Sophia von ihnen nach Frl. Sibyllen ging / und derselben diese Heyraht Sache vertrauete / die es ihrer guten Freundin wieder sagete /daß in weniger Zeit es überal ruchtbar ward. Libussa blieb noch etwas bey ihrer Wasen / welche ihren Wechselbrieff hervor nam / uñ sie also anredete: Herzgeliebte Schwester; mein Liebster und ich / erinnern uns billich der geträuen Freundschaft die ihr in so kurzer Zeit uns alhier erzeiget habet / wolten auch selbe gerne mit Dankbarkeit erkennen / als viel wir Vermögens sind und ersinnen können / da wir dann vor erst euch ein schlechtes bieten wollen / unter der Hoffnung / ihr werdet uns solches nicht verschmähen. Libussa antwortete: O ihr meine Herzgeliebete Freunde / sind wir dann nicht schuldig / uns alhier in der Fremde träulich zu meinen? gedenket doch an keine andere Vergeltung / als die im guten Willen beruhet /dann meine Dienste und Vermögen bestehen nur in demselben. Euer guter Wille / sagte Brela / hat mehr gewirket / als viel grosse Schätze nicht vermögen; deßwegen / da ihr uns träulich meinet und liebet / so seid uns hierin nicht verdrißlich noch zu wider. Was verdrießlich? antwortete sie; ich verbleibe die eure allerseits / wie ihr verhoffentlich nicht zweiffeln werdet / wil auch euer Erbieten umb zugehorsamen / annehmen / jedoch / daß die Vergeltung nicht zu groß sey. Die grösse eurer Verdienste / sagte Brela / müssen wir nicht ihr mässen / und ob wir gleich daran so leicht nicht reichen können / wollen wir doch den Willen sehen lassen. So schauet nun her / kennet ihr die Hand dieses Schreibers? O ja / sagte sie / betriegen mich meine Augen nicht / so hat Fürst Herkules diesen Brieff geschrieben. Es ist wahr / sagte sie; so nehmet nun denselben von uns beyden an stat eines willigen Danks an; wo ihr euch dessen aber ferner wegert / sol alle unsere Freundschafft auffgeruffen seyn. Libussa kunte nicht außsiñen / was Verehrung ein solcher Brief in sich hielte / oder zu bedeuten hätte /sagte doch mit halblachendẽ Worten; ja diesen Brief /aber nichts mehr nehme ich von euch an. Gnug / sagte Brela / den Brieff mit seinem Inhalt / und sonsten vor dißmahl nicht mehr. Worauff jene die außdeutung foderte / was[528] durch den Inhalt zuverstehen währe. Den sollet ihr selber lesen / antwortete Brela / nachdem ihr euch eigentlich erkläret habt. Ich muß wol / antwortete Libussa / wo unser gedinge sol geendiget seyn /nehme es demnach an / weil ich mich schon sicher weiß / daß ihr mir keinen Brieff böses Inhalts schenken werdet. Nam also das Schreiben zu sich / kunte sich aber doch nicht drein finden / was es bedeuten solte / biß Brela zu ihr sagete: Sehet herzliebe Schwester / diese benahmete 60000 Kronen / welche ich Fürst Herkules vorgeschossen / sollen euch unsertwegen zur Vergeltung geschenket seyn / welche Fr. Sophia alle Stunden mit Dank außzahlen wird. Libussa entsetzete sich dergestalt vor dieser Freygebigkeit /daß sie den Brieff aus der Hand fallen ließ / und sich hoch vermaß / dafern sie dieses zuvor hätte wissen sollen / wolte sie ihretwegen keinen Fuß aus der Stelle gesetzet / noch einiges Wort verlohren haben; dann es schiene nicht anders / als ob man sie entweder gar eigen käuffen / oder mit so grossem Gelde abschrecken wolte / sich hernähst weiter in freundschafft Dienstẽ finden zulassen; erklärete sich doch endlich / die Gelder mit höchster Dankbarkeit anzunehmen / jedoch mit dem außdrüklichen Vorbehalt / daß wo Leches schier heut oder Morgen nicht einwilligen würde / es alles damit solte auffgeruffen seyn / welches sie endlich einwilligen musten; gingen darauff mit einander zur Mahlzeit / und vertrieben den übrigen Tag mit allerhand Gespräch. Des folgenden Morgens reiseten die Gesanten / nach empfangenem freundlichem AntwortSchreiben von dem Stathalter uñ Frau Sophien /wiederumb nach Böhmen / da Jungfer Brela ihrem Liebsten 50000 Kronen auff Wechsel übermachte /und 3000 Kronen mit auff die Reise gab / nebest allerhand köstlichen Ringen und anderen Kleinoten /die sich auf 40000 Kronen belieffen / verabscheideten auch / daß inwendig acht Wochen sie zu Padua wieder beysammen seyn wolten. Die Gelder vor Alexanders verkauffte Güter sendete Markus über / ehe ichtwz von seinem Tode in Griechenland ruchtbar ward / und ob gleich nachgehends seine hinterbliebene nahe Anverwanten solches wieder foderten / hatte sie doch zu mächtigen Schuz an dem Stathalter / wiewol sie seiner Schwester / die nicht von grossen Mitteln wahr / 20000 Kronen aus freyem Willen schenkete. Es ging ihr sonsten nach gemeiner Art der wolbegüterten Jungfern / daß mannicher Freyer sich bey ihr melden ließ / unter denen ein Land Junker war / unfern von Padua wohnend / welcher auff seine Leibes Zierligkeit sich verlassend / so gar nicht am glücklichen verfolg zweifelte / daß er sich ungescheuhet selbst bey ihr anmeldete / aber auch mit solcher Antwort abgewiesen ward / daß er nachgehends immerfort die Böhmischen Jungfern beschuldigte / daß sie zwar schön von Leibe / und reich an Gelde / aber heßlich an Gutwilligkeit / und arm an Höfligkeit währen.

Herkules lag unterdessen zu Elia oder Jerusalem an seiner Wunde drey Wochen zu Bette / ehe er völlig genaß / und hatte wehrender Zeit sehr gute Pflege /dann Fr. Terenzia und ihre Tochter Lukrezie besuchten ihn täglich etliche mahl / wodurch das Liebe Feur in dem zarten Herzen dieser züchtigen Fräulein häuffig gemehret ward / und ob sie gleich ihrem geliebten Freunde alle Wolfahrt gönnete / sahe sie doch / daß seine Verwundung die einige Ursach seines bleibens wahr / also daß sie seinen Unfall vor ihr Glük rechnete. Als sie nun vernam / daß sichs mit ihm zur Besserung anließ / wolte sie einen Versuch tuhn / ob er sich länger könte auffhalten lassen / daher sie einsmals zu ihm sagete: ob es nicht sache währe /[529] daß er durch andere / seine verlohrne Frl. Wase suchen liesse / und er inzwischen bey ihnẽ verbliebe / biß er gewisse Zeitung hätte / an was Orten sie anzutreffen; Sie wolte ihren H. Vater leicht dahin vermögen / dz er die versuchtesten des Landes ausschickete / und ihr durch alle Landschafften nachspüren liesse / so weit man meynete / die Räuber mit ihr möchten gangen seyn; Dieses hielte sie vor nüzlich und sicher / könte auch durch seine angenehme liebe Gegenwart ihre Eltern desto länger erfreuen; so fürchtete sie über das / die verteufelten Juden würden ihn zuverfolgen noch nicht ablassen / und was sie sonsten einzustreuen wuste. Herkules hatte dieser Fräulein hohe Zuneigung diese Zeit über aus vielen Geberden und Worten gnug gespüret / welches ihm dann / angesehen ihre Zucht und Scham nicht unangenehm wahr; Demnach aber sein Herz dahin nicht mochte gelenket werden / ihr diese wilfahrung zubezeigen / gedachte er / es würde das beste seyn / daß er sich mit solchen Reden eins vor alles heraus liesse / woraus sie einen Argwohn seiner Liebe fassen / und von den Gedanken einiger Heyraht (wo sie dieselben hätte) befreyet werden könte; antwortete ihr deswegen sehr freundlich: Es wåhre ihm eine lautere Unmögligkeit / sich der Reise zubegeben / oder einem andern / wer der auch seyn möchte / die Nachsuchung anzuvertrauen / massen sie in fremder gestalt und Manneskleidern gefangen währe / und bißher vor einen Jüngling gehalten würde / hätte auch ein sehr heimlich-vertrauetes Wahrzeichen / durch dessen Vorschub er und kein ander sie erfragen könte. Uberdas währe er von kindlicher Kundschafft her diesem Fräulein / und sie ihm dergestalt verpflichtet /daß geborne Brüder und Schwester sich nimmermehr höher und herzlicher lieben möchten; könte demnach nicht ruhen noch von herzen frölich seyn / biß er sie wieder in freyem Stande sehen würde. Das gute Fräulein hatte bißher dergleichen Reden von ihm nicht gehöret / fassete aber bald hieraus die unfehlbahre Meynung / wie es stehen müste / und das merken zuvermeiden fragete sie / ob die verlohrne ihm dann so nahe verwand währe. Eben so gar nahe nicht / sagte er / nur die volkommene Zuneigung zwinget mich am meisten / ihre Erlösung zubefodern. Ja wol / antwortete sie / so tuht ihrs nicht umb Verwandschafft / sondern umb Liebe willen. Er wolte dieses nicht stark leugnen / weil es eben zu dem ende angefangen war /damit ihr der Weg / ein mehres zuhoffen / verlegt würde / und gab zur Anwort: Ja Hochgebohrnes Fräulein / wann ich die Warheit bekeñen sol / die ich noch keinem andern geredet habe / so treibet mich nicht wenig die in kindlichen Jahren gesetzete Liebe / dieser meiner Frl. Wasen mich anzunehmen. Welches ihr aber nicht sonderlich lieb zuhören wahr / ließ sichs doch im geringsten nicht merken / sondern baht / er möchte sich mit schwermühtigen Gedanken nicht verunruhen / damit er seines langwierigen Lagers schier entnommen würde; was vor ihr Häupt sie zu Befoderung der Erlösung seiner liebsten Fräulein schaffen könte / wolte sie keines weges unterlassen; und stund nicht lange an / daß Herkules zur völligen Gesundheit kam / und sich wieder tüchtig befand / Waffen zu führen / daher er bey dem Stathalter freundlich anhielt /daß seiner Reise Nohtdurfft nach / er günstig erlassen würde; Welcher ihm antwortete: Es müsten die gefangene mörderische Juden zuvor / ihrem Verbrechen nach / verdiente Straffe empfangen; währe demnach willens / sie morgendes Tages zuverurteilen. Herkules wuste / daß ihrer eine grosse Anzahl wahr / welche vielleicht nicht alle in gleicher schuld möchten begriffen seyn / fragete deswegen / ob nicht denen / vor welche er bitten würde / das[530] Leben könte geschenket werden; und da ihm solches versprochen wahr / baht er den Bischof / einen Christlichen sanfftmühtigen Lehrer zu ihnen ins Gefångniß zusenden / ob sie vielleicht / oder nur etliche unter ihnen / den falschen Glauben ablegen / uñ die Christliche seligmachende Lehre annehmen wolten / alsdann würde man sich bemühen /daß ihnen entweder das Leben gar geschenket / oder doch gelindere Straffe auffgelegt werden solte; Aber vorerst war alle Vermahnung vergeblich / indem ihrer etliche sich dürre heraus liessen / als fromme Juden zusterben; die andern es mit einem stilleschweigen beantworteten; Daher wurden sie allesamt gebunden auff den Platz hinaus geführet / woselbst Herkules mit Ben-Levi den Kampff gehalten / und stunden LX Kreuze auffgerichtet / vor welchẽ die Gefangene sich heftig entsetzeten / und ein jämmerliches Geschrey anfingen / klageten sehr / daß sie nicht samt ihren Brüdern sich hätten niderhauen lassen / damit sie des elenden schmerzhafften Todes möchten befreyet seyn. So bald das Geschrey erging / daß die Urtel über die gefangene Juden solte gesprochen und das Gericht gehäget werden / liessen sich zehn ansehnliche Juden bey dem Stathalter angeben / daß sie untertähnig begehreten / gnädig gehöret zuwerden. Er wolte sie anfangs nicht vor sich lassen / doch auf Herkules fleissiges anhalten / ließ ers geschehen; da der älteste unter ihnen / nahmens Meister Schmul dieses vortrug: Hochmögender Herr Stathalter; wir von der ganzen Jüdischeit dieser Landschafft Abgeordnete / sind befehlichet worden / euer Hochvermögenheit untertähnig vorzutragen / und zubitten / dieselbe gnädig geruhen wolle / sich zuerinnern / was gestalt Römische Käyserl. Hocheit uns und unserm Volke den Juden die Freyheit allergnädigst erteilet / nicht allein in dieser Stad uñ umliegenden Judischen Lande unter unserm Vorsteher und eurem / als Römischen Stathalters Schutze sicher und frey zuwohnen und zuwerben /sondern auch unserm Gottesdienste obzuliegen / ohn Einsprache und Verhinderung. Wann wir dann vor warhafft berichtet werden / daß eine zimliche Anzahl unserer Glaubensgenossen in strånger Hafft und Gefängniß sollen gehalten / und mit abscheuhlicher Straffe bedrauet werden / und solches zwar umb eines einzigen Christen willen / dem sie weder am Leben /noch an der Gesundheit noch an seinen Gütern keinen einigen Schaden zugefüget / und er überdas ein Fremdling / und wol gar des Römischen Reichs Feind seyn mag; Als stehet die löbliche Judischeit in Betrachtung dessen / in gewisser Hoffnung / es werde der Römische Herr Stathalter seine Hände mit unschuldigem Blute nicht besudeln / noch unsere uns von Römischer Käyserl. Hocheit selbst allergnädigst erteilete Sicherheit schwächen oder brechen / sondern die unschuldig Gefangenen gnädig erlassen; solte aber unsers Feindes Frevel durchdringen / uñ bey dem Herrn Stathalter seinen Mutwillen erhalten / alsdann bedingen wir uns auffs zierlichste von alle dem Unheil / welches hieraus entstehen dürffte / beruffen uns auch auff diesen unverhoffeten fall / auff Käyserl. Hocheit / und daß vor dero gerechtestem Richter-Stuel wir diese gerechte Sache anhängig zumachen uñ auszuführen / ungehinderte Freyheit haben mögen. Der Stathalter erzürnete sich über diese Vermässenheit hefftig / begrif sich doch / und gab ihnen diese Antwort: Frecher Jude / du hast dein Lügenmaul weit auffgetahn / und deinem Trotz grossen Urlaub gegeben; Und bin ich krafft tragendes Amtes nicht schuldig / dir zu antworten / nur allein soltu wissen / daß ich keine Juden / sondern öffentliche Mörder einsetzen lassen / welche den hochteuren Landfrieden schändlich gebrochen / einem[531] hochverdienten Römischen Ritter und sonderlichem Brüderlichen Freunde unsers Allergroßmächtigsten Käysers mördlich aufgewartet / und dadurch als Ubeltähter das Leben verwirket / denen also durchaus kein Anruffen an Käyserl. Hocheit zustehet / sondern nach gemeinem Recht sollen und müssen gestraffet werden. Ich frage euch aber / ob euer Worthalter alles nach eurer Bewilligung vorgetragen / oder ein und ander unter euch etwas daran zutadeln habe. Sie fingen drauff einmühtig an / daß ihrer aller durchaus eine Meynung und einerley Rede währe. Wolan / sagte der Stathalter / so habt ihr euch schwerer Bedräuung vernehmen lassen / als ob auff mein Vornehmen grosses Unheil erfolgen dürffte /welches nichts anders / als ein algemeiner Auffstand eures Volkes seyn würde / wovor ihr euch als Redelnsführer anmeldet / und deswegen in gestränger Hafft verbleiben sollet / biß von Käyserl. Hocheit ich Befehl bekommen werde / wie mit euch weiters zuverfahren sey / da ich dann keines weges zweifelen wil /ihr sollet es mit dem Leben bezahlen. Diese hielten an / der Stathalter möchte sich eines bessern bedenken /und sie der Hafft erlassen / es würde sonst eine grosse Verantwortung darauf stehẽ. Aber er antwortete: O ihr Schelmen / fahret ihr noch fort mit eurem Trotz / und hättet guter Vorbitte so hoch von nöhten? Hieß sie alsbald in die Gefängniß führen / daraus die andern genommen waren / und ward durch die ganze Stad ausgeruffen: Dafern einige Juden sich mit Waffen würden finden lassen / oder heimliche Zusammenkunfft halten / solte es alsbald am Leben gestraffet werden. Hiedurch wurden sie erschrecket / daß sie von ihrem Vorsatz abstunden / da sie geschlossen hatten / die verurteilete Mörder loßzumachen / es geschähe in Güte oder durch Gewalt. Auf dem Gerichtplatze trat der vorige Christliche Lehrer wieder hin zu den Gefangenen / und ermahnete sie mit Trähnen und sonderlicher Wolmeynung / weil er ein geborner Jude war / sie möchten doch ihre eigene Wolfahrt und künfftigen Zustand nach dieser Vergängligkeit betrachten /damit sie nicht das zeitliche und ewige zugleich verlieren möchten. Es könte leichtlich erwiesen werden /wie gröblich sie irreten / indem sie auff einen andern Messias als auff den gekreuzigten und von den Todten aufferstandenen JEsus hoffeten. Sie möchten doch ihren jetzigen Zustand behertzigen; Der Reichs-Stab währe ja nach Jakobs Weissagung von ihnen hinweg genommen / ihr Gottes Hauß und äusserlicher Gottesdienst zerstöret und auffgehoben / ihre weltliche Herrschafft vergangen / und liesse sich durchaus keine Hoffnung zur Ersetzung blicken. Es währen nunmehr schon 155 Jahr / daß Jerusalem in der Asche läge; LXII Jahr lang währe es ein wüster Hauffe gewesen /woselbst sich nur wilde Tihre auffgehalten / biß vor XCIII Jahren Käyser Elius Hadrianus diese jetzige Stad dahin gebauet / und sie Elia Capitolina nach seinem und seines Abgottes Nahmen genennet / aber als eine Heydnische Stad nicht den Juden / sondern den Heyden zur Wohnung; Und ob gleich die Juden fint der Verstörung her schon etliche mahl versucht hättẽ /ein Reich wieder anzurichten / währen sie doch alle mahl jämmerlich drüber angelauffen. Hiebey führete er ein / was gestalt vor CXI Jahren die Juden in Egypten viel tausend stark sich versamlet / unter ihrem Führer Andreas sich dem damahligen Käyser Trajan entgegen gesetzet / und in die 200000 Menschen erschlagen / auch die übrigen des Orts gezwungen / der erschlagenen Fleisch zu fressen / und sonsten viel Grausamkeit verübet hätten. In der Insul Zipern hätten sie es gleich um dieselbe Zeit nicht besser gemacht / uñ in die 24000[532] Menschen daselbst erwürget; wie auch in Mespotamien und anderen Landschaften währen sie auch in voller Rüstung gewesen; aber allenthalben dergestalt von den Römischen Feld Herren geschneuzet / daß ihrer unzählig viel tausend drüber hingerichtet währen; insonderheit in Zypern / woselbst dasmahl ein Gesetz gegeben worden / daß wo ein Jude dahinein kähme / auff was weise es auch geschehen möchte / solte es ihm den Hals kosten. Etwa fünff Jahr hernach hätten sie in diesem Judischen Lande abermahl einen Aufstand gemacht / aber von dem Römischen Stathalter Titinius Rufus so manniche Schlappe eingenommen / daß sie endlich ruhig seyn müssen. Dreyzehn Jahr hernach / als Hadrianus diese Stad Elia erbauet / und auff den Platz des ehmaligen Gottes Hauses die jetzige heydnische Kirche zum Jupiter Capitolinus genant / aufgerichtet / währe ein neuer Lermen darüber unter den Juden entstanden / hätten sich anfangs unter der Erden in den Klüfften uñ Hölen auffgehalten und bewehrt gemacht / endlich unter ihrem Führer und vermeynten Messias dem Bar-Kochba einen offentlichen Krieg wider den Käyser angefangen / auch anfangs sehr grausame Tahten verrichtet / biß inwendig drey Jahrẽ ihre Macht gedämpffet / und ihrer in unterschiedlichen Treffen über die 580000 Mann erschlagen worden; deren aber / die durch Hunger und Seuchen umkommen / währe eine unzählbare Menge; da hätte man alle Juden ins gemein aus diesem Lande vertrieben / uñ es den Heyden uñ Christen zubewohnen eingeräumet; Ja noch neulich / etwa vor XXIII Jahren hätten die Juden unter dem Mörder Klaudius eine Auffruhr erwecket / aber vom Käyser Severus währen sie bald gezwungen sich zudemütigen. Daß also sich nirgends hätte Glük zu ihren Anschlägen finden wollen. Nach solcher Erzählung / erzwang er / daß die bestimmete Zeit des Messias ausser allem Zweifel schon erfüllet / und die von dem Propheten Daniel ernennete LXX Jahrwochen längst verflossen / uñ hätte JEsus von Nazareth durch alle Zeichen sich kräftig erwiesen / daß er der versprochene Messias und Heyland der Welt währe /indem er nit allein allerley Krankheiten und Seuchen mit einem Worte geheilet / sondern nach seiner siegreichen Aufferstehung gen Himmel gefahren / und nach seiner Aufffahrt seinen Jüngern den Heiligen Geist sichtbahrer weise mitgeteilet / durch dessen Krafft sie im Nahmen JEsus grosse Wunderzeichen verrichtet håtten / wie solches alles so helle am Tage /und mit so viel hundert tausend Mårterer Blute beståtiget und versiegelt währe / daß kein Witziger / dem es kund getahn würde / daran zu zweifeln hätte. Dann warumb hätten diese alle einem Menschen zu gefallen / umb errichtete Lügen ihr Leben durch allerhand grausame Pein aufopffern wollen oder können / wann sie nicht versichert währet / das JEsus / umb dessen Willen sie gelitten / ihnen viel ein wichtigers wieder geben würde / wañ sie nach seiner Lehre / ihm zu liebe und ehren / Leib und Leben in die Schanze schlügen? Uberdas solte man die Weissagungen Altes Testaments oder Bundes betrachten / so würde sichs finden / wie artig und genau dieselbe mit dem HErrn JEsus übereinstimmeten; überlief hiebey kürzlich die vornehmsten Sprüche der Schrifft / welche von dem Messias handeln / insonderheit aus dem LIII Cap. des Esaias / daraus er bewieß / dz Messias vor der Welt Sünde sterben und büssen müste / auf dz Gottes gnade uñ die ewige Seligkeit uns armẽ verdamtẽ Menschẽ wieder erworben uñ zuwege gebracht würde. Einer unter diesen gefangenẽ / namens Mose / der in dẽ Rabbinischen Schrifften fleissig gelesen hatte /fing mit diesem Christlichen Lehrer ein Gespräch[533] von dem Messias an / und unterstund sich zubehäupten /Messias würde kommen / ein zeitliches Reich anzurichten / und die Judische Herschafft in den Stand zusetzen / wie sie Zeit König Salomons gewesen; dann er solte ja ein König seyn; er solte Davids Stuel besitzen / und seine Feinde zum Schemel seiner Füsse legen. Dieser aber bewies ihm gerade das Wiederspiel: Es währe durch Christus oder Messias Reich nicht ein weltliches oder irdisches zu verstehen / sondern er währe uns verheissen und gesand / die bußfertigen Sünder aus dem Rachen der Hellen und des leidigen Teuffels zuerretten; nehmlich er solte der Hellischen Schlangen den Kopff zutreten / und ein Segen aller Völker seyn / also das Gottes Reich durch ihn in der ganzen Welt außgebreitet würde / welches sonsten nur in den engen Grenzẽ dieses gelobeten Landes eingeschlossen wahr. Und da Messias nur das zeitliche Reich anrichten solte / was hätte dann König David und andere in der höchsten blüte des Judischen Reichs nach dem Messias so ängstiglich ruffen dürffen / daß die Hülffe aus Sion über Israel ko en / und Gott sein gefangen Volk erlösen möchte? Weil ja zu der Zeit keine leibliche Gefängnis oder unterdrückung wahr / damit die Juden solten geplaget wordẽ seyn. Schließlich wiederholete er / dz die Weissagung von den 70 Jahrwochẽ beim Daniel / Gottes unfehlbahres Wort uñ Verheissung währe / welches kein Mensch he en noch umstossẽ könte / uñ weil solche Zeit ausser allẽ zweifel verflossen / ja weil sie gleich um die Zeit des Leidens uñ der Aufferstehung des HErrn Jesus zu ende gelauffẽ wäre / müste ja der Messias schon ko en seyn / da man sonst Gottes Wort nit zu Lügen machen wolte; es würde auch kein ander / als JEsus von Nazareth der Messias seyn / weil sich niemand fünde / welcher davor könte gehalten werden; sintemahl Johannes der Täuffer außdrüklich geleugnet hätte / er währe nicht Messias / da die Judische Geistligkeit solches von ihm gefraget; ja er hätte außdrüklich auff den HErrn Jesus mit Fingern gezeiget / der währe der Messias; der währe das Lamb Gottes welches der Welt Sünde trägt / und ein so grosser Herr /daß er auch unwirdig währe / ihm seine Schuch nachzutragen. Da man aber einsträuen wolte / warumb dann die Juden diesen JEsus nicht hätten vor den Messias erkennen uñ annehmen wollen; könte man vor erst nicht läugnẽ / daß sehr viel Juden / auch etliche von den Schrifftgelehrten ihm angehangen hätten; die übrigen hätten sich an seiner äusserlichen geringen Gestalt geärgert und gleich mit den heutigen Juden gewähnet; ob würde Messias ein weltliches Reich anrichten / und mit güldenem Reichs Stabe und Kron treflich einher prangen müssen; die Rotte der Phariseer aber währe ihm ungewogen gewesen / weil er ihre äusserliche falsche Scheinheiligkeit und innerliches boßhafftes Leben öffentlich gestraffet / und ihre Sünden auffgedecket / worüber sie ergrimmet / ihm nach Leib und Leben gestanden / biß sie ihr Mühtlein an ihm gekühlet / und dem Landpfleger Pontius Pilatus übergeben. Und da sie seiner Aufferstehung von den Todten währen von den Grabeshütern berichtet worden / hätten sie Gott dem Herrn zu trotze alles geleugnet / und den Kriegsknechten Geld gegeben / ein solches zu verschweigen. Dieses alles / sagte er /möchten sie doch beherzigen / und ihrer armen Seele rahten lassen. Moses und etliche wenig andere / höreten ihm fleissig zu / und däuchte sie / wie eine sonderliche Bewägung und Andacht in ihrem Herzen erwecket würde / daß auch einer / nahmens Isaak / der dem Mose am nähesten stund / zu ihm sagte: Rabbi / ihr müsset dieses alles beständig wiederlegen / oder[534] mir nicht verargen / wann ich / durch dieses Christlichen Lehrers Beweißtuhm überwunden / meinen vorigen Glauben ablege / und als ein rechtschaffener Christ sterbe / dafern mir Lebens-Gnade nicht begegnen kan; massen ich mein Herz dermassen gerühret befinde /daß vor mich ich nit mehr zu wiedersprechen weiß. Ein solches bestätige in euch der H. Geist / sagte der Christliche Lehrer / und versiegele das Wort in eurem Herzen zu dem ewigen Leben. Moses stund wie ein Taumelichter / und bedachte sich ein wenig / fing hernach an / und rieff mit heller Stimme. Ihr meine lieben Freunde / und dem Fleische nach / warhafte Brüder /versichert euch festiglich / daß wir von unsern Rabbinen bißher heßlich hinter das Licht geführet / und durch ihre Lügen Schrifften auff den Irreweg geleitet sind; dann in Warheit / die heilige Schrifft Gottes zeuget dieses alles von dem Messias / was dieser Christliche Lehrer mit bestand eingeführet hat; daher sehe ich vor erst / daß wir uns einen falschen Messias einbilden; und hernach / weil die von Gott durch den grossen Daniel bestimte Zeit (deren ich offtmahls ganz zweiffelmühtig nach gedacht) verflossen / JEsus von Nazareth aber umb dieselbe Zeit kommen ist / er und kein ander / der wahre Messias seyn müsse / wie er solches durch seine Wunder / deren wir gute Kundschafft haben / gnugsam dargetahn: an diesen nun wil ich hinfort gläuben / an diesen wil ich mich halten; bey diesem wil ich Leben und sterben / daß helffe mir Gott und dieser mein Messias JEsus / Amen. Hierauff fing er an / seine Mitgefangenen zu vermahnen da sie des Himmelreichs fähig werden / und an Messias Teil haben wolten / müsten sie Christen werden / sonst würden sie der ewigen Verdamnis eigen bleiben. Aber diese Ermahnung wolte so bald nicht hafften / sondern der gröste Teil speieten ihn an / uñ verfluchten ihn biß in der Hellen Abgrund / dz er den schändlichen Glauben annehmen / und an einen auffgehenkten Gott glåuben wolte; er möchte doch als ein Gelehrter /seinen Glaubensgenossen den Schimpf nicht antuhn /und die Lehre verdammen / in welcher Abraham /Isaak und Jakob sanfft und selig eingeschlaffen währen; des Christlichen Lehrers Vorbringen währe nicht der Wichtigkeit / daß ein wol gegründeter Jude dadurch könte irre gemacht uñ verleitet werden; der Messias müste freylich ein grosser König seyn / und sie von der Heyden Dienstbarkeit loß reissen / und da er ein solcher nicht seyn würde / möchte er wol gar ausse bleiben. Des Daniels LXX Jahrwochen währe eine dunkele und schwere Weissagung / in deren Außlegung man leicht irren könte. Und wann gleich dieselbe Zeit verflossen währe / und Gott auff solche Zeit den Messias zu senden versprochen hätte / so hinterhielte doch Gott solche Verheissung umb der Sünde willen des Judischen Volks / dañ so bald dieselben in rechtschaffener Liebensbesserung sich anfinden würden / alsdann würde der Messias auch nicht länger verzihen. Aber der Christliche Lehrer antwortete darauff; es währe ihre blosse Einbildung / daß Messias ein irdischer König seyn würde; der Weissager und Lehrer Esaias beschriebe ihn viel anders in ob angezogenem / wie auch im anfange des LXI Cap. daß auch Gott den Messias wegen der Juden Sünde hinterhalten solte / währe nichtig und nichts / massen Daniel ohn alle Bedingung solcher Sünde oder Frömmigkeit desselben Zukunfft auff gewisse Zeit / nach verlauf der genanten Wochen besti et hätte / welchen Willen und Warheit Gottes / keines Menschen Sünde hindern oder zurük haltẽ könte. Als er dieses sehr bewäglich vorgebracht hatte / traten noch VI aus dem Hauffen / und erbohten sich Christen zu werden / hernach möchte[535] die Obrigkeit mit ihnẽ nach gutdünken verfahren / weil sie bekeñen müsten / daß sie den Tod verschuldet hätten / welchen sie auch leiden wolten /nach dem sie hoffeten der Seligkeit nunmehr vergewissert zu seyn. Der Stathalter kam unterdessen mit Herkules und andern / unter der begleitung LX Reuter und 350 Fußknechte auff den Gerichtsplaz / da außgeruffen ward / ob einiger Jude unter den Zusehern sich befünde / solte derselbe bey Lebensstraffe sich alsbald hinweg packen; worauff ein gemurre unter dem Volke ward / und bald darauff sich in die dreissig davon macheten / welche / dafern der Stathalter es nicht gehindert hätte / von de Zusehern würden gesteiniget seyn. Der Christliche Lehrer taht Herkules zu wissen / daß die IIX abgesonderte Gefangene das Christentuhm angeno en håtten / und bereit währen in demselben zu sterben. Bald darauff setzete sich der Stathalter auff den Richtstuel und fellete die Urtel: Es hätte Römische Käyserl. Hocheit ihm bey betretung seines Stathalter Amts / dieses insonderheit und mit höchstem Ernste aufferleget / daß er Frieden und reine Strassen in dieser Landschafft erhalten / die Auffrührer / Mörder / Diebe / und Strassen Räuber aber ohn ansehen und Gnade / andern zum abscheuhlichen Beyspiel abstraffen solte. Nun hätten gegenwärtige gefangene Juden / einen hochverdienten Römischen Ritter und Herrn auff freier Landstrasse ermorden wollen / wie ihre einhellige Uhrgicht und Bekäntnis zu Tage leuchtete / wodurch sie den Landfrieden gebrochen und das Leben verwirket hätten / solten demnach lebendig ans Kreuz gehefftet / und auff solche Weise vom Leben zum Tode gebracht werden / nur diese außgenommen / denen hochgedachter beleidigter Herr das Leben verbitten würde / welches demselben als einem sonderlichen Freunde des Römischen Käysers frey stünde. Herkules rieff die IIX neue Christen vor sich / und fragete sie / ob sie vor ihrem tode die Christliche Tauffe begehreten; und als sie mit herzlicher Begierde ja rieffen / auch mit wenigem umb einen gelinderen Tod anhielten / sagte er weiter; wie wann dañ bey dem Großmächtigen Herrn Stathalter ich euch gar Lebensfristung erbitten würde / wollet ihr auch im Christentuhm beständig verharren / und der Erbarkeit euch forhin befleissigen? Diese begunten schon Hoffnung zu fassen / und sagten mit teuren Worten zu / umb Christus Willen gerne alles außzustehen; wurden demnach auff Herkules Vorbitte alsbald ledig und frey gesprochen / und ihrer Bande erlassen / zumahl / weil sie dartuhn kunten / daß sie fast genöhtiget wahren / sich in diesem Mördlichen Anschlage gebrauchen zu lassen. Als die übrige sahen /daß diese wegen des angeno enen Christentuhms Lebens Sicherheit erhielten / stunden sich X unter ihnen / welche sich erbohten / den Heidnischen Glauben forthin zu bekennen / welches sie doch nur aus Heucheley / dem Tode zu entgehen / und aus Feindschafft wieder den Christlichen Nahmen tahten. Der Stathalter wolte ihnen solches nicht wegern / und hieß alsbald Feur md Rauchwerk herzu bringen; und da sie dem Abgott Jupiter zu ehren den Weirauch auff die Kohlen gestreuet hatten / legte man ihnen Schweinefleisch vor zu essen / dessen sie sich auch nicht wegerten / unter der Hoffnung sie würden von aller Straffe loßgesprochen werden; Aber der Stathalter befahl / daß man bald mit ihnen zur Straffe eilete / ehe sie zum vorigen Aberglauben wieder treten möchten; über welche Urtel Herkules und alle Anwesende Christen ihrem Heylande von Herzen danketen; diesen zehn Abtrüñigen aber / da sie solches vernahmen /kam alsbald die Reue / lieffen zum Feur / stiessen es mit den Füssen umb / und schrien;[536] sie wolten als fromme Juden sterben / fluchten auch dem Jupiter /und rieffen; der Gott Abraham / Isaak / uñ Jakobs ist allein wahrer Gott. Worüber der Stathalter hart ergrimmete / daß er sie alsbald außzihen / geisseln / und hernach ans Kreuz hefften lies. Von den übrigen traten auff des bekehreten Moses anmahnung noch VI zum Christentuhm / uñ erhielten diese Gnade daß sie nach außgestandener Geisselung mit dem Leben begnadet / und auff drey Jahr zur Leibeigenschafft verdammet wurden. Die übrigen alle / an der Zahl XXXVI (dann XII wahren im Gefängnis an ihren Wunden gestorben) musten zugleich ans Kreuz. Moses wolte neben dem Christlichen Lehrer nicht von ihnen weichen / so lange sie lebeten / vermahnete und baht sie mit heissen Tränen / daß sie ihrer Seligkeit wahrnehmen / und die angebohtene Gnade Gottes zum Himmelreich durch ihre Halsstarrigkeit nit selbst verwerffen möchten / rieff auch mit andern Christen andächtig zu Gott / er wolte sie erleuchten und zur Busse zihen; welches dann so viel wirkete / daß V von den zum Heidentuhm gefallene / und VI von den übrigen den Christlichen Glauben annahmen / und in der Pein frölich und wolgemuht abscheideten / welches Herkules eine sonderliche Freude zuhörẽ war; der dann mit dem Stathalter und dem Bischoffe wieder zurük ritte / hielten Mahlzeit / uñ redeten von mannicherley Geschichten aus Gottes Worte / dem der Stathalter fleissig zuhörete und sich unterrichten ließ /woher man eigentlich wüste / daß den Büchern Mose uñ anderen / deren sie meldung tähten / festiglich zutrauen währe / und vor wie viel Jahren der Moses gelebet hätte; welches der Bischoff mit sonderlichem fleiß verrichtete / da H. Pompejus sich sehr verwunderte / daß dieser Moses 826 Jahr vor Erbauung der Stad Rom gebohren währe / und vor vieler deren Zeit gelebet hätte / welche von den Griechen und Römern vor Götter angenommen währen; Insonderheit hatte er sonderliche Lust anzuhörẽ / was von Erschaffung der Welt / und von Ausführung der Kinder Israel aus Egyptenland vorgebracht ward / und Herkules daher gute Hoffnung zu seiner Bekehrung fassete. Nach abgetragenen Speisen baht Herkules umb großgünstige Erlassung / seine Reise zu verfolgen / und führete die Ursachen seiner Eile mit solchem Ernste an / daß sie wol sahen / ein weiteres nöhtigen würde ihm nur verdrießlich seyn / deßwegen Herr Pompejus ihm Freyheit gab / des nähstfolgenden Tages nach seinem belieben zuschalten. Das Fräulein hätte ihn gerne noch etliche Tage auffgehalten / umb seiner lieben Gegenwart etwas länger zugeniessen / und ob ihr gleich die Gedanken zu einer künfftigen Ehe benommen wahren / blieb doch die einmahl erweckete Gunst und Freundschafft in ihrem Herzen unbewäglich / aus deren Getrieb sie nach gehaltener Mahlzeit / da sie mit einander im Garten umher gingen / ihn also anredete: Mein hochwerter Herr und Freund / es tuht mir sehr leid /daß eure beliebte Gegenwart in ein betrübtes Abscheiden sol verkehret werden; weil ich aber zu schwach bin / seinen Willen zubrechen / muß ich damit friedlich seyn; doch wil ich eines von ihm bitten / daß / dafern er gleiche Gewogenheit in Ehren an mir / als an meinen Wasen zu Padua gespüret / er mich unter dieselben mit rechnen wolle / und sich versichern / daß ich nit weniger bedacht bin / ihn zeit meines Lebens zulieben und ehren als ihrer eine; und ob ich dẽ Nahmen einer Schwester / wie jene / noch nicht verdienet habe / werde ich doch zum wenigsten vor eine nicht viel mindere Freundin gehalten seyn; gestehe auch gerne / daß wie mir der Himmel keinen Bruder gegönnet / dannoch das Glük mich einen kennen gelehret / bey[537] dessen Lebenszeit ich mich Bruder-loß nicht schätzen werde; welches zureden ich mich nit scheuhe / weil mein Herz mir Zeugniß gibt / daß meine Neigungen in reiner Keuscheit bestehen. Herkules antwortete ihr: Hochgebohrnes Fräulein / und da ichs zusagen gewirdiget bin / in Ehren herzgeliebte Frl. Schwesterchen; ich weiß nicht / wie ich diese gar zu hohe Ehre und Gunst zeit meines Lebens vergelten sol / es währe dann / daß mein Fräulein sich hiemit bezahlen liesse / daß in ihren Diensten zusterben ich allemahl bereit bin. Mein Gott weiß / mit was herzlicher Zuneigung Euer hohen Tugend ich mich verbunden befinde / so daß weder Zeit noch Abwesenheit /noch Unfall mich ihrer hochwerten Gedächtniß berauben wird / und dafern ich meine Freyheit noch hätte /würde ich mich erkühnen / umb mehre als schwesterliche Liebe Ansuchung zutuhn; nachdem ich aber nunmehr vor zwey Jahren einer andern / und das ich noch zur Zeit niemand vertrauet / eben diesem Fräulein versprochen bin / welche zuretten ich mich bemühe; tähte ich als ein Meinäidiger / und wider Ritters Ehre / da ich geschworne Träue zubrechen / und hohes Standes Fräulein zu verführen mich gelüsten lassen würde. Diesem nach bitte ich meine hochwerte und herzgeliebete Frl. Schwester / sie die Gedächtniß meiner Wenigkeit in ihrem Herzen nicht sterbẽ lassen / auch da es möglich / sich an keinen verheyrahten wolle / der ihr nicht von herzen gefallẽ wird; wer weiß / ob ich nicht einen nahen Anverwanten habe / mir in dem / was lobens wert seyn mag / nicht ungleich /dem ein solches liebes Fräulein ich wol gönnen möchte. Schließlich ist mein höchster Seelen Wunsch /meine Frl. Schwester könte sich aus freyem willen zum Christentuhm bequemen / auff daß sie nach dieser Sterbligkeit neben mir und allen Außerwählten der erschreklichen Verdamniß entgehen / und in unauffhörlicher Freude bey Gott leben möchte / welches in Warheit niemande ausser den Christen widerfahren kan. Herzgeliebter Herr und Bruder / antwortete das Fräulein; nachdem ich euer züchtigen brüderlichen Freundschafft gnug versichert bin / so verspreche ich hiemit / in keine Heyraht / ohn euer Vorwissen uñ Bewilligung mich einzulassen. Dem Christentuhm aber bin ich schon so nahe / daß ich in kurzer Zeit hoffe /eures Glaubens zuseyn / und wil euch in hohem Vertrauen offenbahren / dz meine geliebte Eltern alle Nachte berahtschlagen / wie sie am heimlichsten Christen werden mögen / damit es nicht ruchtbar werde / und sie drüber nicht dereins in Ehr- und Lebensgefahr zu Rom gerahten mögen; und dieses treiben sie so verborgen / daß sie es mir anfangs zuverhehlen entschlossen sind / damit ich nicht aus Unbedachtsamkeit der Jugend es andern offenbahre; ich erwarte aber nur ihres Verfolgs / dann wil ich nicht lange von ihnen abgesondert seyn; und bin ich versichert / daß mein H. Vater diese Glaubensenderung nicht lange auffschieben werde. Herkules hub in sonderlicher Freude seine Hände auff gen Himmel / und dankete Gott / dz dieses durch Anlaß seines Kampfs befodert währe. Er hatte aber einen köstlichen Ring einkäuffen lassen / welchen er seinem lieben Fräulein mit diesen Worten an den Finger steckete: Sehet meine hochgeliebete Frl. Schwester / hiemit wil ich euch ein schlechtes Denkzeichen hinterlassen der vertraueten Freundschafft / die wir anjetzo mit einander in keuscher Schwester- und Brüderlicher Liebe auffgerichtet haben welche dann in meinem Herzen nimmermehr erlöschen sol. Das Frl. hatte gleich zu dem Ende auch einen schönen Ring zu sich genommen /und bißher sich gescheuhet / ihm denselben zuliefern; aber durch diese Gelegenheit erkühnete sie sich / daß sie ihn[538] aus ihrem Busem hervor zohe / und zu ihm sagete: Hochwerter Herr Bruder / ich wil den mir angestekten Ring mit geschehener Bedingung annehmen /und hinwiederumb nicht zweifeln / er werde diesen auff gleicher Träue Gedächtniß von mir brüderlich empfahen / und seiner Zusage dabey eingedenke seyn / da er mir versprochen / uns / wo er lebet / alhie wieder zubesuchen. Herkules umfing sie hierauff tugendreich / und antwortete: Sein verheissen währe aus gutem bedacht geschehen / und solte / da ihm Gott das Leben fristen würde / nit gebrochen werden. Als diese beyde ihre Freundschafft solcher gestalt bestätigten / traten die Eltern zu ihnen / und redete Herr Pompejus folgender gestalt Herkules an: Sonders geehrter lieber Herr und Freund; Nachdem euer steiffer Vorsatz ist / nähstkünfftigen Tages fortzureisen /möchte ich gerne sehen und befodern helffen / daß solches mit glüklichem Fortgang geschähe; habe demnach eine offene Schrifft an alle Römische Beamten von hier biß durch Mesopotamien an den Tigerfluß auffgesetzt / und begehret / euch als einem hochverdienten Römischen Freunde allen Vorschub mit Leuten / Pferden und Gelde nach eurem Willen zuleisten /auch wider aller Feinde Gewalt und Verfolgung euch zuschützen / in Festungen anzunehmen / und alles das zutuhn / damit euch kan gewilfahret werden. Uberdas wil ich euch einen Freybrief erteilen / als einem von dem Römischen Kåyser an den Parther König Gesanten / der euch in Gefahr und Anfällen sehr nützlich seyn kan. Weil ihr auch eines getråuen Dolmetschen hoch werdet von nöhten haben / wil ich euch meinen besten Sprachmeister / nahmens Plautus zugeben /welcher nebest der Lateinischen und Griechischen / in den meisten Morgenländischen Sprachen wol erfahren ist; habe ihm vor sein Håupt und dreyen reitenden unbewehrten Dienern / Reise Kosten gnug zugestellet /nachdem ich ihn vor mich mitsende / mir eures Zustandes auff begebenheit Bericht einzuschickẽ. Und weil ich von euch eine heimliche Freundschafft empfangẽ / die euch noch zur Zeit selbst mag unbewust seyn / ihr sie aber hernähst erfahren werdet / muß ich hinwieder meine Dankbarkeit spüren lassen; wollet demnach diese Kette / die ihr ungehindert am Leibe verborgen tragen könnet / von mir annehmen / und zum Nohtpfennig behalten / weil man nicht weiß /was uns auff solchen Reisen zustossen möchte. Es wahr aber diese Kette zimlich stark / wie ein Gürtel gemacht / daß man sie umb den Leib legen / und verborgen tragen kunte / und hingen 150 köstliche Demant daran / rings umher / deren der geringste auff 400 / der vornehmste auff 1200 Kronen geschätzet ward / daß das ganze Kleinot eine Tonne Goldes austrug. Dieses / sagte Herr Pompejus weiter / ist bey Antretung meines jetzigen Amptes mir von den Juden dieser Landschafft verehret / umb meine Hulde zukauffen / die niemand vor Geld ausstehet / und wil es euch daher so viel lieber zustellen / daß ihr ein Siegszeichen von diesem boßhafften Volke haben möget. Herkules wegerte sich sehr / ein solches zunehmen; weil aber der Stathalter so hefftige Reden gegen ihn gebrauchete / daß er sich ferner nicht entbrechen kunte / nam er sie zu sich / und antwortete: Demnach es also seyn müste / wolte er willig gehorsamen / als durch Zwang und Oberbotmässigkeit darzu gehalten /hoffete aber den Tag zuerleben / seine Vergeltungs-Willigkeit dereins sehen zu lassen. Nachgehends baht er den Stathalter / auff Begebenheit H.Q. Fabius seinetwegen in Schreiben zugrüssen / wie imgleichen dessen Gemahl / Fr. Tochter und Frl. Sibyllen / welche beyde / sagte er / nicht allein an Schönheit und Jahren / sondern auch an Tugend und Verstande /ihrer Frl. Wasen /[539] meiner hochwerten Frl. Lukrezien nicht ungleich sind / und ich mich versichert halte /ich habe an dieser dreyen Kundschaft und Gewogenheit / die vortrefflichste Jungfräuliche Tugend der Stad Rom erkennet / und zu Freundinnen bekommen /mehr und vollkommener / als bey so jungen Fräulein ich mir hätte einbilden können. Die Mutter hörete solches Lob sehr gerne / aber dz Fräulein antwortete ihm: Hochberümter Fürst / Herr Herkules / ich bin nie in Gegenwart meiner lieben Eltern so hoch beschämet / als jezt von euch zu guter lezt / jedoch wil ich mir die Rache biß auff seine glükliche Wiederkunfft vorbehalten / und doch einen solchen Lehrmeister nicht ungerne hören / der in allen Vollkommenheitẽ vortreflich ist / damit ich den minsten Teil noch lernen möge / was er ganz an mir sein scherzen darff. Dem Vater gingen die Augen über / da er sein liebes Kind so vernünfftig reden hörete / und sagte zu ihr: Geliebte Tochter / dieser trefliche Herr und unvergleichliche Ritter spielet mir dir / als ein vernünfftiger Meister mit seinem beliebten Lehrknaben / dessen Werk er rühmet / ob gleich nichts dahinten ist / und lobet alle Stücke insonderheit / damit er den Gebrechen von ihm selbst sehen / und darnach trachten möge / wie ers verbessere. Herkules baht umb Verzeihung / beteurete daneben / daß er nicht gewohnet währe / jemand zugefallen zu reden / viel weniger zubeschimpfen / wie es seiner hochwerten Fräulein auszulegen beliebete; sondern was gut an sich und vollkommen / müste weder er noch kein ander tadeln; Tugend verdienete ihren Dank / und Ehre folgete dem Wolverhalten wie dem Leibe der Schatten / daher gebührete demselben Fluch und Schande / der das wirdige seines Preises beraubete / und zu gebührlicher Zeit nicht mit Ruhm erhöbe. Pompejus lachete / daß er dieses mit so ernstem Eifer vorbrachte / und antwortete: Geliebter Herr als Sohn / ob gleich meiner lieben Tochter / angesehen ihre Jugend und andere Verhinderungen / viel gebricht / muß ich doch eure Reden anders nicht urteilen / als die aus sonderlicher Gewogenheit und Freundschaft herrühren / nach deren Anleitung man zuzeiten unvermerkt einen übersprung tuhn kan. Hierauff nahete die Stathalterin zu ihm / hatte den ihr von ihm geschenkten Ring am Finger / und redete ihn solcher gestalt an: H. Herkules / euer wegscheidẽ gehet mir so nahe zu herzen / als reisete mein leiblicher Sohn von mir / welchẽ Namẽ ich euch gerne gebe / weil ihr ihn anzunehmen allemahl ganz willig gewesen seyd; wil demnach die Gedåchtnis eurer Freundschaft aus meinem Herzen nicht lassen / und euch dieses (auf den Ring zeigend) zu liebe und gefallen tragen. Wañ sich aber gebühren wil / daß ich ein mütterliches Zeichen von mir gebe / wodurch ihr meiner gewogenheit in etwas könnet erinnert seyn / werdet ihr / da ihr mich liebet / euch nicht wegern / diesen Ring und Kette /nebest etlichen Baarschafften und Kleinoten zum Zehrgelde (welches sich auff 40000 Kronen erstreckete) von mir anzunehmen / sonsten müste im widrigen ich schliessen / die angebohrene mütterliche Gewogenheit würde von euch geringe geschätzet. Davor behüte mich mein Gott / antwortete er; dann ich halte es billich vor eine sonderliche Glükseligkeit / daß meine Fr. Mutter mich vor ihren Sohn wirdiget / befinde mich auch schuldig / dieselbe / zeit meines Lebens /kindlich zuehren / wie ich dann mit Gottes Hülffe dereins gedenke darzutuhn / daß / ob sie gleich einen unvermögenden / dannoch träu-bereitwilligsten Sohn und Knecht an mir habe. Frl. Lukrezie wuste schon /was von ihren Eltern ihr befohlen wahr / ihre Reden aber nach ihrer Gewogenheit zustellen / gebrauchte sie sich des geschehenen mütterlichen erbietens / und sagete zu ihm:[540]

Treflicher Fürst / und in Ehren hochwerter Freund; weil ich anjetzo angehöret / daß ihr von meiner herzgeliebten Fr. Mutter an Sohns stat erwählet und auffgenommen seyd / werde ich / Ungehorsam gegen meine Eltern / und Unhöfligkeit gegen euch zumeiden / euch forthin als einen Bruder zu ehren und lieben gehalten seyn. Wann dann mein Herr Bruder die beschwerliche weite Reise vor sich hat / worzu Kosten und andere Nohtturfft erfodert wird / als wolte mir unleidlich seyn / denselben ohn alle schwesterliche Hülffe zihen zulassen / angesehen er sich in Erlösung meiner Wasen und Schwestern so verdienet umb mich gemachet hat / da schon die Brüderschafft zwischen uns / nach meiner Fr. Mutter willen / nicht gestifftet währe; bitte demnach / etliche Kleider und leinen Gerähte / die ich auff meiner lieben Eltern Geheiß verfertigen lassen / anzunehmen / wie auch beygefügte schlechte Kleinot / und dieses par Armbänder / dem verlornen Fräulein meinetwegen zuschenken; und werde ihm durchaus keine abschlägige Antwort gestehen / es währe dann / daß er sonderliches belieben trüge / allemahl / so offt ich mit ihm rede / mich schamroht zumachen / welches mir sehr empfindlich seyn / und seiner Freundschafft mich wenig versichern würde. Herkules küssete ihr die Hand / und gab zur Antwort: Durchleuchtiges Fräulein / der Bruder Nahme / dessen sie mich wirdiget / ist mir in Warheit angenehmer / als alle Schätze und Reichtuhm dieser Landschaft; wil mich auch äusserst bemühen / also zuleben / daß solche hohe Ehre ich durch Untugend nicht besudele / oder mich deren unwerd mache / ob gleich derselben mich schon viel zugeringe weiß; und weil die Bedingung viel zu stark ist / auch durch Wegerung nur in ihre Ungunst fallen würde / muß ich das angebohtene von meiner Frl. Schwester / wiewol nicht anders / als ein Knecht die Schläge von seinem Herrn annehmen; dann die gar zu grossen Schenkungen mich gewißlich betrüben / daß da ihre Gemüter mir nicht zu wol bekant währen / ich gedenken müste / sie suchten mich auff einmahl abzukäuffen. Ich wünsche aber / Gott mir die Gnade verleihen wolle / daß ich gelegenheit haben möge / mein Blut und weniges Vermögen in ihren Diensten anzuwenden. Diesem sey nun wie ihm wolle / so muß ich doch vor dißmahl nicht allein unverschämt werden / sondern wider meinen Willen mir eine Last auffbürden lassen / die ich weder tragen kan / noch zutragen je verdienet habe; ja wann ich språche / man schlüge mich zu bodem / ehe der Kampff anginge / würde ich nicht irren. Jedoch hoffe ich / der Alleingewaltige Gott werde sie mit Geist- und leiblichen Woltahten überschütten / daß sie demselben bekennen müssen / was ihnen zubekennen ich anjetzo gezwungen werde. Ich hoffe solches mit / sagte Pompejus / Gott werde mir Gnade uñ Barmherzigkeit verleihen / mehr als ich ihm zudanken vermögens bin / und halte davor / er habe dessen schon einen sehr guten Anfang gemacht. Herkules taht als verstünde er diese Reden nicht / ungeachtet er eigentlich spürete / daß er auff das Christentuhm zielete. Sie verharreten auch in diesem höflichen Gespräch / biß man sich zur Abendmahlzeit setzete / da es nicht anders schien / als ob nur Eltern / Kinder und Geschwister mit einander umbgingen / und wunderte sich Pompejus mehr über Herkules grosse Zucht / die er in Worten uñ Tahten bey dem Fräulein spüren ließ / als über seine Herzhafftigkeit uñ Stärke / irrete doch in seinen gedanken nicht / er müste sein Herz schon am andern orte / und ohn zweifel dem entführeten Frl. zu ehelicher Liebe versprochẽ haben. Gallus / mit dem es sich zeitiger / als mit seinem Herrn gebessert hatte / ward auch unbeschenket nicht gelassen / sondern der Stathalter[541] verehrete ihm 2000 Kronen uñ ein gutes Reitpferd mit allem Zubehör / welches er mit untertåhniger danksagung annam / uñ die Gelder neben dem was er schon bey sich hatte / dem Fräulein biß auff seine Wiederkunfft zu verwahren gab. Des folgenden Morgens ließ Herkules die Pferde gar früh satteln / und die beladene vier MaulEsel fertig machen / welche die drey Diener uñ der Dolmetscher Plautus bey der Hand führen solten. Das Fräulein besuchte ihn auff seiner Kammer / da sie nach wünschung eines glükseligen Morgens von ihm Brüderlich umbfangen ward / welches ihr die Trähnen aus den Augen lockete / und sie zu ihm sagete: Nun reiset mein einiger in ehren herzgeliebter Bruder von mir hinweg / daß ich nicht weiß / ob ich ihn Zeit meines Lebens wiederumb sehen werde; jedoch geschihet solches alhie in dieser Welt nicht / wird der Christen Gott uns dorten wiederumb zusammen fügen / da unsere Freundschafft ewig wehren muß. Hochwerte /Herzliebe Frl. Schwester / antwortete er / ich bitte /sie wolle dem wahren Gott und Schöpffer aller dinge trauen / der in kurzen uns wieder beysammen bringen kan und wird; und triebe mich die höchste Noht meiner verlohrnen Fräulein nicht / ich würde so eilig von diesem lieben Orte nicht scheiden / wil doch nicht unterlassen / offt und viel an sie zugedenken / auch meinen Zustand ihr anzumelden / doch daß nichts möge nach Padua berichtet werden / ohn daß ich Lebe und in guter Gesundheit sey / weil ich dessen wichtige Ursachen habe; hiemit befahl er sie dem höchsten Gott /und baht / das Christentuhm nicht lange auffzuschieben / welches sie ihm teur verhies; und weil sie beliebung hatte / ihm die Rustung helffen anzulegen / ließ er solches geschehen / ging hernach mit ihr zu ihren Eltern / und nach dem er sich mit allen sehr freundlich geletzet hatte / saß er zu Pferde / und ritte mit Gallus /dem Dolmetscher / und den dreyen zugegebenen Dienern fort. Haussen vor dem Stad Tohr warteten XL Reuter auf ihn / die er wieder seinen Willen muste zu sich nehmen / und sie zwo Tagereise / zehen Meilen mit sich reiten lassen / weil der Stathalter sich eines Judischen Auffsatzes befahrete. Des dritten tages erreichete er mit seiner engen Geselschafft den Berg Thabor / XIV Meilen von Jerusalem Nordwertz gelegen / über dessen zierliche Ründe und sonderliche Lustbarkeit er sich sehr verwunderte / da er zu Gallus sagete: Sehet / diß ist der heilige Berg / auff welchem Moses und Elias mit unserm Heylande geredet / und ihm seines Leydens Erfüllung angedeutet / in dem er vor den Augen seiner anwesenden Jünger herrlich verkläret ward. Als Plautus dieses hörete / hohlete er einen tieffen Seuffzer aus seinem Herzen hervor / und beklagete zugleich / daß er in seiner Jugend Christliches Glaubens gewesen / håtte aber denselben vor XXIV Jahren wegen grausamer Verfolgung aus Furcht verleugnet; weil er nun wůste / daß ihre Gn. dieses Glaubens / und überdas der Herr Stathalter den Christen geneigt währe / wolte er von nun an solche Lehre wieder annehmen / unter dem steiffen Vorsatze / ehe den Tod anzugehen / als davon wieder abzutreten. Herkules fůhrete ihm zu gemühte / was vor eine schwere Sünde er durch solche Verleugnung begangen / insonderheit weil er darinnen so lange Zeit verharret / vermahnete ihn zur rechtschaffenen Busse /und daß er die ganze Zeit seines ůbrigen Lebens seine grosse Schuld beweinete / jedoch sich auff seines Heylandes Verdienst verliesse / und in steter Abbitte bey Gott anhielte / alsdañ würde er Gnade und Vergebung erlangen. Unter diesem Gespräch ersahe Gallus fünff Reuter mit Sturmhauben und Streit Axten von des Berges rechten Seiten auff sie zu[542] reiten / und meldete es seinem Herrn (der nun wiederumb Valikules wolte genennet seyn) mit bewäglicher Verwarnung an / weil es schiene / daß sie wenig gutes im Sinne hätten; dessen er sich aber nichts anfechten ließ / sondern ritte selbst zu ihnen hin / und fragete sie in Griechischer Sprache / ob diß der rechte Weg nach dem Galileischen Kana währe. Diese Juden sahen bald / daß er ein Heyde oder Christ seyn müste / und weil sie lang geübete Räuber und Mörder wahren / sich auch gewisse Rechnung zu grosser Beute auff den Maul-Eseln machten / hiessen sie ihn und seinen Gesellen die Waffen ablegen / ingesamt von ihren Pferden steigen / und die beladene Esel ihnen einlieffern / alsdann solte ihnen das Leben geschenket seyn. Valikules wahr dessen mit ihnen noch nicht einig / stellete sich doch etwas blöde / und fragete sie / was Glaubens sie währen. Worauff er zur Antwort bekam / jetzt währe nicht Zeit lange vom Glauben zu sprachen / doch weil ers ja wissen wolte / hätte er fünff standhaffte Juden und aller Christen Feinde vor sich. Als unser Held dieses vernam / sagte er mit hefftigem Eifer zu ihnen: Und wer hat euch Buben dann so verwägen gemacht /daß ihr ehrliche Ritter rechtfertigen / und von ihren Pferden dürffet steigen heissen? bald packet euch hin eures Weges / oder ich werde euch zeigen / wie wenig ein rechtschaffener Christ sich vor gewissen-lose Juden fürchte. Diese bissen vor wütiger Ungeduld die Zähne im Kopffe zusammen / und stürmeten einmühtig auff ihn ein; er aber erreichete alsbald den einen /daß ihm das Häupt von der Schulder sprang; so nam Gallus seiner Schanze auch wahr / und legete den andern zu Bodem; und als sein Herr bald darauff auch den dritten hinrichtete / wolten die übrigen beyden Versengeld geben; aber die Pferde wurden ihnen von hinten zu lahm gehauen / dz sie übern hauffen fielen /sie aber mit Zügeln gebunden / und mit nach Kana fortgeschleppet / da man sie der Obrigkeit überliefferte / mit begehren / daß sie dem Stathalter zugeschicket würden; und muste Plautus allen Verlauff schrifftlich berichten; wurden darauff / so bald sie daselbst ankahmen vor den Stathalter gestellet / der sie geisseln und kreuzigen ließ. Er hatte auch seine zehn gefangene Juden in fester Verwahrung / biß er auff seinen Bericht von Rom zur Antwort bekam / auff der Juden weiteres Vornehmen gute acht zu haben / die Gefangene vor Gericht zustellen / und sie zum Schwerte zuverurteilen / doch da sie umb Gnade demühtig anhalten und ihre Feile erkennen würden / sie allerdinge loßzulassen. Es wahren aber diese so freche verwägene Buben / daß sie Zeit wehrender Hafft immerzu trotzeten / auch noch / da sie vor das Gericht gestellet wurden / fragen durften / wessen sich der Stathalter wol anmassete / daß er nicht allein vor etlicher Zeit ihre unschuldige Leute hätte kreuzigen lassen / sondern auch sie so lange Zeit im Gefängnis auffgehalten; sie hoffeten / er würde in sich gehen /und dem Judischen Volk nicht Ursach zum Auffstande geben. Der Stathalter fragete sie / ob sie sonsten nichts vorzutragen hätten; und als sie antworteten /nach erlangeter Freiheit wolten sie ihre notturfft weiter vorzubringen wissen; sagte darauff der Stathalter; wolan / so sollet ihr hiemit auff Käyserl. Befehl zum Schwerte verurteilet seyn / damit ihr nicht die jenigen seid / welche neue auffwiegelung zumachen Lust haben. Weil sie nu in diese Straffe mit Willen sich nicht geben wolten / ließ der Stathalter einen nach dem andern mit Gewalt niderhauen / und blieben doch biß auff den lezten immerzu halsstarrig / nebest Bedrauung / wie schwer ihr unschuldiges Blut würde gerochen werden. Aber es erfolgete nichts darauff /[543] weil die Judischeit kein Häupt hatte / und die in den umbliegenden Landschafften wohneten mit ihnen nicht einstimmen wolten.

Herkules reisete von Kana nach Ptolemais / und von darab ferner nach Tyrus / da er die von Jungfer Brelen ihm beschriebene Herberge außfragete / und alsbald an derselben Haußtühr und Ecken seiner herzgeliebeten Frl. Valisken Zeichen 3. Buch zierlich angemahlet sahe / kehrete deßwegen bey demselben Wirte ein / und fragete fleissig nach / wie lange es währe /daß die drey Parthische Herren / Idarnes / Atizies und Thymendas mit einem schönen Jünglinge / den sie bey sich geführet / von hinnen abgereiset währen; und vernam mit schmerzen / das schon neun Wochen vorüber / und sie in Geselschafft einer zimlichen Anzahl Kauffleute den nähesten Weg nach dem Eufrat genommen; daher er nicht willens wahr / lange daselbst zu verharren / sondern machte sich fertig / bald des folgendẽ tages dem lieben Fräulein nachzusetzen; welche / wie droben erwähnet / des Weges nach Assyrien geführet ward / von dannen sie förder ins Partherland solte gebracht werden. Es hatte ihre Geselschafft / als lange sie in Syrien disseit des Eufrats reiseten /gute Sicherheit / auch durch Mesopotamien hin biß an den Tigerfluß / kahmen sie ungeschlagen hindurch /wiewol schon unterschiedliche kleine Räuberschaaren sich sehẽ liessen / welche doch / als zu schwach / keinen angriff auff sie wagen durfften. Auff jenseit der Tiger erreichten sie Assyrien / in welchem sie grössere Gefahr antraffen / und von Räubern unterschiedlichemahl angefallen wurden / jedoch allezeit durch ihre Menge sich durchbrachten / biß sie an die Medischen Grenzen kahmen / woselbst ihre Geselschafft sich zerteilete / und der grösseste Teil Sudost / die Parthische Herren aber mit XXV Kauffleuten besser Nordwerz gingen / daher sie ihre grossen Schätze unter so geringem Schutze nicht bey sich führen wolten / sondern in einer Assyrischen Grenze Stad gegen empfahung eines Scheins nider setzeten / auff dessen einlieferung die versiegelte Sachen willig solten außgefolget werden. Unser Herkuliskus hatte auff der ganzen Reise / genommener Abrede nach / sein gewöhnliches Zeichen entweder selbst / oder durch seinen geträuen und fleissigen Dolmetscher Timokles an alle Herbergen / auch da es die Gelegenheit gab / vor den Stadtohren / und an den Landstrassen an die Bäume angekreitet / unterließ auch nicht hin und wieder anzumelden / da über kurz oder lang ihm jemand folgen würde / was vor einen Weg sie zogen / damit den Nachfragern solches könte zu wissen gemacht werden. Er beschwerete sich aber gegen die Parther gar zeitig / auff dem Kamehl zu sitzen / und baht /daß man ihn in Geselschafft möchte reiten lassen; welches er auch endlich bey ihnen erhielt / da er sich immerzu von Timokles in den Morgenländischen Sprachen sehr fleissig unterrichten ließ / daß wie sie bey den Mdischen Grenzen ankahmen / er schon alles verstehen / und daß nöhtigste mit reden kunte; muste aber allezeit vermummet reiten damit seine Schönheit nicht erkennet / und die Räuber dadurch angereizet würden / an sie zusetzen; insonderheit hatten sie sein fleissig acht / als sie von diesem Orte der Assyrischen Grenzen in geringer Anzahl auffbrachen / uñ in Geselschafft XXXIII Mann nach Persen reiseten / da sie des ersten tages glüklich fortzogen / und gleichwol etliche hier und dort zusträuet reiten sahen / deren etliche mit freundlichem Grusse zu ihnen naheten und sich erkůndigten / welche Strasse sie zu reisen willens währen / ritten hernach zur Seite wieder aus / und liessen sich nichts merken / woraus doch Herkuliskus urteilete / es[544] würde Gefahr verhanden seyn. Diese Nacht brachten sie in einem zimlichen Flecken zu / un wahren frölich und guter dinge. Des Morgens brachen sie auff / und reiseten in der frühe / da sie an einen grossen Wald gerieten / durch welchen die Heerstrasse trug / und wünscheten / daß sie denselben ohn Anfal und hindernis zum Ende bringen möchten /zogen demnach in guter Ordnung daher / allemahl bereit zu seyn / da einige Ungelegenheit sich eräugen würde. In diesem Walde wahren sie ohngefehr eine Stunde fortgereiset / da begegneten ihnen XXX bewehrter Mann zu Fusse / und hielten bey ihnen an um einen Zehrpfennig / dessen die Parthische Herren mit einem Hohngelächter sich wegerten / und sie vor Landplacker und Räuberische Diebe scholten / welches diese in sich frassen / uñ mit geneigetem Häupte ihren Weg fortsetzeten / einwendend / sie währen außgeschikt / etliche Herren durch den Wald zu begleiten; verlegeten aber nur den engen Durchzug hinter ihnen / daß sie nicht zurük flihen solten / und stund nicht lange an / daß in LXX wol gerüstete /deren XXX zu Fusse / und XL zu Pferde / von der rechten Seiten durch das Gehöltze auff sie angingen /und mit einem Troz frageten / von wannen sie gedächten. Den unsern verging hierauff der Frevel guten teils / stelleten sich ehrerbietig / und gaben freundlichen Bescheid; sie währen mehrenteils Kauffleute / und wolten nach Parthen / Waaren daselbst zubestellen /und sie auff gelegene Zeit abzuhohlen; währen sonst mehrenteils in Assyrien / auch etliche in Meden gesessen. Der ansehnlichste unter ihnen antwortete hierauff; wie sol ich gläuben / daß ihr Kauffleute seid /nachdem euer Ritter- und Soldaten Gewehr viel ein anders außweiset / und ihr drey insonderheit / sagte er zu den Parthen / habt ja weder Kauffmans Angesichter noch geberden. Der Parther Idarnes antwortete; er hätte recht geurteilet / daß er und seine zween Gesellen keine Kauffleute währen / weil sie gutes Adels /uñ etliche Jahr in fremden Landen Ritterschafft gepflogen / nur jetzo mit dieser Geselschaft / umb sicher durchzukommen / sich vereiniget hätten / wolte demnach hoffen / es würde niemand auff sie zusprechen haben / weil sie niemand beleidiget hätten. Dieser sagte darauff: er hätte sein Wort gehöret / und gläubete davon so viel ihm geliebete / vor dißmahl aber währe sein Befehl / daß sie alle miteinander absteigen / und das Gewehr niderlegen solten. Idarnes hingegen eriñerte ihn / es wåhre auff freier Landstrasse / uñ gehöreten sie vermuhtlich alle unter den grossen König Artabanus; möchten deßwegen sich aller Tähtligkeit enthalten / und jeden seines Weges zihen lassen; doch währe es ihnen etwa umb ein Stůk Geldes zu tuhn /hätten sie dessen zwar wenig bey sich / wolten aber umb Friede und Einigkeit willen / ihnen eine Reuterzehrung übersenden / dafern sie einen oder etliche ihres Mittels mit ihnen in die näheste Stad würden reiten lassen. Jener stellete sich als hörete ers nicht /und sagte mit ernstlichem Gesichte; ihr habt meinen Befehl vernommen; werdet ihr nun nicht alsbald absteigen / und euch meiner guten Gnade ergeben / sollet ihr alle samt in stückẽ gehauen werden. Herkuliskus sahe wol was sich hier zu tragen würde / und sagte zu Timokles; wañ ihr sehen werdet / daß es an ein Treffen gehet / so haltet euch stets bey mir / das wir nicht geschieden werden / und gebet vor / dz wir zween gefangene / uñ diese drey geharnischte ErzRäuber seyn. Er hatte diese Worte kaum außgeredet / da sahe er das elende gemätsche; dann wie die Parthische Herren das stete Dräuen höreten / däuchte sie rahtsamer / ritterlich zu fechtẽ / als unbewehret sich niederhauen zulassen / woltẽ doch zuvor alle freundliche[545] Mittel suchen / ihr Leben zufristen / und gaben hinwieder zur Antwort: Herr / warum solten wir in Stücken gehauen werden / nachdem weder einige Feindschafft zwischen uns ist / noch wir unter streitende Herren gesessen sind / hoffen demnach / ihr werdet euch eines bessern bedenken / und an unser nöhtigen Reise keine Verhinderung machen; wir erbieten uns nochmahl zu aller bescheidenen Billigkeit /wie vorhin; wollen auch etliche unsers mittels bey euch als Geisel hinterlassen / biß ihr ohn gefahr könnet vergnüget seyn. Ihr habt gehöret / was ich fodere /fuhr jener fort / und schwöre euch bey den Göttern /werdet ihr auf dieses mein drittes Geheiß nicht alsbald absteigen / sollen euch ohn alle gnade die Hälse gebrochen werden. Die Parther wahren guter Fäuste und Herzens / und dauchte sie unleidlich seyn / solche Dräuworte geduldig anzuhören; daher sagte Idarnes zu ihm: Herr nehmet euer wahr / und leget nicht Hand an uns ohn ursach / wir werden sonst gezwungen / als lange das Vermögen es zulässet / uns auffs äusserste zuwehren / da wir dann insonderheit uns bemühen müssen / wie wir euch mit in den Tod nehmen / wañ es uns unverhoffentlich treffen solte / was würdet ihr aber alsdann gewonnen haben? bedenket / daß man unter der Verzweifelung tapffer zuschläget / und nehmet von uns an / was ihr ohn Wunden erhalten könnet. Bald redete jener darauff seine Leute an / frisch darein zuschlagen / und keines / der sein Gewehr zückete / zuschonen. Diese hingegen reitzeten auch die ihren / ihnen freudig nachzusetzen / fielen alle drey zugleich auff den Führer / welcher sich zwar wehrete /aber bald erstochẽ ward; nach dessen Fall eine so grausame Schlacht zwischen diesen kleinen Schaaren sich erhub / daß es erschreklich zusehen wahr / und ob die Räuber gleich zween gegen einen hatten / wurden sie doch dermassen zugerichtet / daß sie zurük weichen musten / håtten auch das Feld gar verlohren /wann die dreyssig / so den Weg zurücke verlegt hatten / ihnen nicht zu hülffe kommen währen; dann als Herkuliskus sahe / daß seine Leute die Oberhand behalten würden / ritte er mit Timokles hinter sich / in meynung auszureissen / traff aber jeztgedachte Räuber auff dem besezten Durchzuge an / und sagte zu ihnen: Wollet ihr den euren nicht Beystand leisten /welche so jämmerlich erschlagen werden? Worauff sie alsbald mit ihnen gingen / und zu rechter Zeit ankahmen / gleich als die jenigen / so noch zu Pferde wahren / die Flucht geben wolten / da sie dann als geruhete frisch traffen / und den Kaufleuten / derẽ schon XII gesellet wahren / eine solche Furcht eintrieben / daß sie alle Hoffnung des Lebens fallen liessen. So wahren die drey Parther schon hefftig verwundet / welche gleichwol nicht aufhöreten / den ihren ein Herz einzusprechen; aber es fiel ihnen zuschwer / da der getriebene Hauffe den Entsatz vermerkend auffs neue wieder ansetzete / und der ihren Tod dergestalt rächete /daß sie keinen leben liessen / hätten auch Herkuliskus neben Timokles in solchem Grimme nider gemacht /dafern sie von dem Entsatz nicht geschützet währen /welche ihnen Zeugniß gaben / daß sie zu rechter Zeit ihnen die Gefahr verkundschafftet / und sie zum Treffen auffgefodert hättet; wodurch nicht allein ihr Leben gerettet / sondern sie bey allen in gute Gewogenheit gebracht wurden / insonderheit Herkuliskus / über dessen Schönheit sie sich allesamt zum höchsten verwunderten / und ihn frageten / wie er in diese Geselschafft gerahtẽ wåhre; der seinen Dolmetscher vor sich antworten ließ: Er währe aus weit abgelegenen Landen von den drey erschlagenen Parthischen Rittern geraubet / und biß hieher geführet / bähte demnach die Geselschafft sehr / ihn loß zulassen / daß er wie der nach seinem Vaterlande[546] zureiten möchte. Die Räuber traten zusammen / und befrageten sich hierüber / da einer den Vorschlag taht / man solte sich des gefundenen Glüks gebrauchen / und diesen schönen Jüngling dem Fürsten zu Ekbatana zuführen / bey dem sie hiedurch in sonderliche Gnade kommen / und eine ehrliche Vergeltung davon bringen könten; und warumb solte man den Jüngling in so augenscheinlicher Gefahr zurük reiten lassen / da ihm unmöglich währe / so einsam durchzukommen; würden ihn also nur andern Räubern zuschicken / die ihren Vortel daher machen könten. Dieser Raht ward vor beschlossen angenommen / und Herkuliskus mit freundlichen Worten zuwissen getahn / da sie ihm zugleich die unvermeidliche Gefahr der Rükreise vorhielten / und ihn daneben versicherten / es währe der Medische Groß-Fürst Herr Phraortes ein dermassen leutseliger und Tugendliebender Herr / bey welchem er nicht allein gute Gewogenheit / sondern wol gar sichere Begleitung biß in Syrien erlangen würde; möchte sich demnach nicht beschweren / mit ihnen fortzureiten / und demselben sich darzustellen. Herkuliskus durffte sich der Anmuhtung nicht wegern / insonderheit / da ihm Hülffes-Hoffnung bey diesem Fürsten gemacht ward /und ließ durch seinen Dolmetscher antworten: Er bedankete sich sehr / dz sie ihn vor gewalt schützen /und zu diesem måchtigen GroßFürsten führen wolten; solten auch gewißlich gläuben / da er ihnen bey demselben einige gute und angenehme Ersprießligkeit werben könte / wolte ers nicht aus der acht lassen; Hernach hieß er sie die drey gewapnete Parther auszihen / bey denen sie statliche Beute finden würdẽ; wie auch in der Taht erfolgete; dann sie trugen die treflichsten Kleinot auff zwo Tonnen Schatz wert / in ihren Kleidern verborgen / über welchen Raub sie dermassen erfreuet wurden / daß sie auffsprungen und ihrer empfangenen Wunden vergassen: suchten nachgehends auch bey den andern erschlagenen fleissig nach / und bekamen bey denselben fast die helffte so viel an Baarschafften; welches alles sie gleich unter sich teileten / weil ihre vornehmste Häupter alle erschlagen wahren / welches ihnen dann nicht unangenehm wahr. Es hatte aber der älteste von den Parthischen Herren / Akizies / die schrifftliche Versicherung auff alle ihre nidergesetzeten Schätze / in seinem Sattel vermachet / welches Herkuliskus wuste / weil in seinem beywesen sie dessen einig wurden / und nicht meyneten / daß er ihre Reden verstanden hätte. Nun wahr das Pferd samt seinen Herren erschlagen / und wuste er nicht / wie er sich des Sattels bemächtigẽ solte; sagte endlich zu Timokles: Er hätte gar einen unbequemen Sattel / möchte deßwegen jenen von dem erschlagenen Pferde abspannen / und ihm denselben aufflegen / welches geschwinde verrichtet ward / und er unwissend allen / die beste Beute davon brachte; wolte aber den Brief an solchem Orte nicht lange stecken lassen / sondern in der ersten Nachtherberge schnitte er den Sattel auf / wickelte den Brieff in ein schmeidiges Leder / und trug ihn bey sich am blossen Leibe / der Hoffnung / diesen Schatz dereins abzufodern / und seinem liebsten Herkules als einen Beutpfennig zuschenken; und wahr ihm insonderheit angenehm / daß ihre ganze Gesellschafft erschlagen wahr /und niemand die Zeitung ihrer Niderlage zurük bringen kunte; reisete also mit dem Råuberhauffen etliche Tage sicher fort / dann sie hatten einen falschen SicherBrieff / als von dem Medischen GroßFürsten geschrieben / bey sich / durch dessen Vorschub sie unangefochten blieben / biß sie gar nahe bey Ekbatana anlangetẽ / woselbst ein gewaltiger Medischer Herr /nahmens Mazeus / auff einem festen Schlosse sein Wesen hatte / welches an einem engen[547] Durchzuge lag / über welchen sie zihen musten. Hieselbst meyneten sie / wie an andern orten / mit ihrem Freyzettel durchzukommen / aber dieser Herr merkete an der untergezeichneten Hand / daß der Brief nicht richtig wahr /befand auch das Pitschafft von altem Wachse / mit frischerem angeklebet / deswegen er die vornehmsten von ihnen genau befragete / und aus ihrer unbeständigen Antwort des Betruges bald innen ward; ging demnach zu dem ganzen Hauffen (deren XIIX bey einan der wahren) hinunter / und indem er sie das Gewehr hieß niderlegen / ward er des allerschönsten Herkuliskus gewahr / der dann mit sonderlicher Höfligkeit zu ihm trat / und nach seiner Landesart ihn demühtig grüssete / wobey er doch eine freundliche Ernsthafftigkeit und unverzagten Muht merken ließ / daß Herr Mazeus ihm sehr gewogen ward / und zu ihm sagete: Schöner tugendhaffter Jüngling / aus was abgelegener Landschafft kommet ihr dieser örter an? Dann aus eurer Gestalt uñ Sitten erkenne ich vor gewiß / daß ihr in diesen Morgenlåndern nicht gezeuget seyd; werdet euch demnach unbeschweret finden / mich eures Zustandes zuberichten / welches euch zum ärgesten nicht gedeyen sol. Herkuliskus sahe / daß dieser Herr Liebe zur Tugend trug / und antwortete ihm mit ernsthafften Geberden in Griechischer Sprache / in welcher er auch angeredet wahr. Hochansehnlicher Herr / sagte er / wann ich den Verlauff meines Glüks umständlich erzählen solte / würde ich den Ohren nicht allein Verdruß / sondern vielleicht auch dem Herzen Mitleiden erwecken; jedoch kurz zumelden / bin ich aus weitabgelegenen Nordwestischen Ländern von hochadelichen Eltern entsprossen / und auff der Reise / meine Verwanten zubesuchen / von Räubern gefangen /denen ich von einer stårkeren Geselschafft zum andern mahl abgenommen / und auffs Meer gebracht bin / nachgehends eine geraume Zeit über Meer und Land fortgeschleppet / biß ich endlich diesen Leuten nicht ohn blutvergiessen zu teile worden / und erwarte mit verlangen / was endlich der grosse Gott mit mir zuschaffen willens seyn möge / dem ich doch mit standhafften Herzen aushalten wil / weil mein Gewissen mir Zeugniß gibt / daß ich ohn verschuldet und bloß durch dessen Verhängniß in diesen Unfall gerahten bin. Mazeus sahe ihn mit Verwunderung an / und fragete / wie alt er wåre; worauff er zur Antwort gab: Nach meinem Unglük zurechnen / übertreffe ich mannichen Greisen / wiewol ich das XV Jahr erst hinter mich gelegt habe. So wollen euch die Götter ferner behüten / sagte Mazeus; aber hat eure Geselschafft euch mit Gewalt geraubet? Ja mit Gewalt / antwortete er / aber nicht wider meinen Willen / demnach sie mich von meinen Räubern erlediget / und versprochen / mich zu einem mitleidigen tapfferen Fürsten der Meder zuführen / der mein Unglük nicht allein zu herzen zihen / sondern mir auch zu mitteln / in mein Vaterland zureisen / verhelffen würde. Das währe ewig schande / sagte er / daß meinem gnädigsten GroßFürsten ein so adelicher Knabe von diesen unreinen Händen solte überliefert werden / sondern sie müssen mir trauen ihrer Plackerey bessere Rechenschafft geben; ging wieder in den Platz / und hieß Herkuliskus folgen / da er zu den Räubern sagte: Ihr ehrvergessene Schelme uñ Buben / wie dürffet ihr euch unterstehen /mit falschẽ Briefen eure Bosheit zubemänteln / und allerhand Rauberey im Lande zutreiben; ja so verwågen zuseyn / daß ihr noch wol euer Obrigkeit einen Teil der geraubeten Beute zuführet / nit anders / als hätte dieselbe euch vollkommene Freyheit / solche Bosheit zutreiben / eingeräumet? jedoch habt ihr wol getahn / daß ihr euch so gutwillig zur Straffe einstellet / möchte[548] wünschen / daß eure übrige Gesellschafft auch verhanden währe / damit sie neben euch den verdienten Sold ihrer schandlosen Arbeit empfahen könten; ließ sie darauff durch seine Kriegsleute alsbald nidersäbeln. Es hätte zwar Herkuliskus gerne eine Vorbitte zu ihrer Verschonung eingelegt / weil er aber sahe / daß es vergeblich seyn würde / und er mühe hatte seinen Dolmetscher zuretten / hielt ers vor eine Göttliche Rache / und erinnerte er nachgehends H. Mazeus der Kleinot / welche die nidergemachten Räuber bey sich trugen / wurden auch also bald hervor gesucht / und dem Herrn eingeliefert / der sich solcher köstlichen sachen verwundernd / unsern Herkuliskus fragete / ob ihm dieselben zustünden / solten sie ihm unvorenthalten bleiben; Er aber zur Antwort gab: Nein Gn. Herr / ich habe nicht die allergeringste Ansprache darzu / sondern meine vorige Räuber haben sie anderwerts gestohlen und genommen. Es sey wie es wolle / sagte er / müssen sie doch neben euch meinem Gn. GroßFürsten geliefert werden. Er ließ dar auff seinem Gemahl Fr. Roxanen / und deren Fräulein Schwester Frl. Barsene (die ohngefehr von XV Jahren) ruffen / und da sie kahmen / sagte er zu ihnen: Sehet da meine Geliebten; habt ihr jemahls einen schönern Jüngling mit Augen beschauet? Fr. Roxane zweifelte / ob sie ein geschniztes Bilde / oder lebendigen Menschẽ sähe / biß er ihr tieffe Ehrerbietigkeit erwieß / worauff sie zu ihrem Herrn sagte: Allerliebstes Herz / von wannen komt euch dieser Liebes-Gott! lasset uns ihm gebührliche Ehre bezeigen / nachdem er gewißlich ein Gottes Sohn seyn muß / dann aus menschlichem Samen kan solche Volkommenheit nicht gezeuget werden. Nein / meine Geliebte / antwortete er / Götter lassen sich nicht gefangen führen /und ist ausser Zweiffel dieser Jüngling nur ein blosser Mensch / wiewol ich gerne bekenne / daß der Himmel ein volkommenes Meisterstük an ihm gebildet hat /wann ich seines adelichen Gemühts und wolgezierten Leibes Beschaffenheit betrachte; sonsten hat seines Landes Art ihm die Farbe verlihen / weil daselbst die Sonne wegen ihrer seicht-abfallenden Strahlen die Leiber so stark nicht bescheinen noch bräunlich färben kan / insonderheit / wann man sich viel unter dem Dache hält. Die Frau sahe ihn noch immerhin steiff an / trat ihm endlich näher / und hieß ihn sehr wilkommen seyn; gegen die er sich mit freundlichen Geberden und lieblichen Worten bedankete / so viel er der Sprache kündig wahr / baht auch umb Verzeihung /daß er wegen Unerfahrenheit der Landsprache ihrer Gn. gebührlich nicht antworten könte. Das junge Fräulein Barsene / nach Landesart etwas bräunlich /aber sehr lieblicher gestalt / kunte unsern Herkuliskus nicht gnug beschauen / und fragete ihre Frau Schwester / obs auch möglich währe / daß die Irdische Welt solche vollständige Schönheit bilden könte / redete ihn hernach mit wenigen an / und sagte: Schöner Jüngling / beliebet euch bey uns allhie zu bleiben /sollet ihr allen guten Willen spüren; Worauff er antwortete: Gn. Fräulein / daß Ihre Gn. sich über einen armen gefangenen Jüngling erbarmet / bedanke ich mich in Untertähnigkeit / und hat anwesender mein gnädiger Herr mit mir zu schaffen nach allem Willen. Herr Mazeus redete zwischen ein / es stünde ihm dieser Jüngling nicht zu / sondern weil er dem GroßFürsten schon zugedacht währe / müste er dahin billich geliefert werden. Er taht ihm aber die Ehre an / und ließ ihn mit über seinem Tische Mahlzeit halten / da er sich dermassen Fürstlich zubezeigen wuste / daß die Anwesenden sich dessen nicht gnug verwundern kunten. Weil dann Mazeus sein Vaterland und herkunfft eigentlich[549] zu wissen begehrete / gab er sich vor eines vornehmen Teutschen Herrn Sohn aus / welcher vor wenig Jahren im Treffen wieder die Römer / als Feld Obrister über ein grosses Kriegsheer / sein Leben ritterlich eingebüsset / nachdem er etliche tausend der Feinde erleget / und seinem Könige einen herlichen Sieg erhalten; seine Mutter währe annoch im Leben / deren ohn das trauriger Witwenstand durch seinen Verlust nicht wenig würde beängstet seyn / hoffete dannoch / sie würde sich auch in Gottes Willen zu schicken wissen / weil dessen Almacht ihn so leicht wieder nach Hause bringen könte / als sie ihn in die Fremde geführet hätte. Wie aber sagte Mazeus / wann die Götter solches nicht versehen hätten /und ihr in diesen Ländern bleiben müstet? Dann werde ich viel zu wenig seyn / antwortete er / ihren Vorsaz oder Schluß zubrechen; wann es aber Sitte in diesen Landen währe / durch eine ritterliche kühne Taht / oder Kampf mit einem Ritter oder wilden grimmigen Tihre die Freiheit zuerstreiten / wie solches bey uns der Brauch wol ist / dann wolte ich hoffen / mein Vaterland bald wieder zu sehen. Mazeus schrieb diese Reden seiner Jugend zu / und sagte mit lachenden Worten: Ja lieber Jüngling / es gibt hier zu Lande starke Kämpfer / und grausame wilde Tihre / welche durch Schönheit nicht können gefellet werden. Verflucht sey / der sich auff Schönheit verlässet / antwortete er; ich wolte mich trauen meiner Kühnheit und Hände gebrauchẽ / da mirs so gut werden könte. Euer Herz ist gut / sagte Mazeus / aber die Jahre fehlen euch noch. Jahre schlagen niemand / antwortete er /sondern ein freudiges Herz / daß die Fäuste zugebrauchen weiß / und durch Vernunfft ersetzen kan / was den Leibeskräfften mangelt. Mazeus gedachte / dieser Knabe müste ehmahls treffliche Männer also haben reden hören / denen er nachaffete / suchte auch Gelegenheit / ihn zu prüfen / uñ durch anlauff eines wilden Tihres zu erschrecken / deßwegen er nach gehaltener Mahlzeit mit ihm in dem Garten inwendig des Schlosses zur Lust umbher ging. Er hatte aber einen von Jugend auff gezähmeten sehr grossen Löuen / der also abgerichtet wahr / daß er ihn mit einem Worte entrüsten / und mit dem andern im Augenblik stillen kunte; diesen ließ er heimlich in den Garten führen / folgete auch bald selber nach mit einem Seitengewehr / welches Herkuliskus ihm nachzutragen sich anerboht. Unter dem hin und wiedergehen fragete er nach allerhand neues / so in Teutschland vorginge / biß er den Löuen von ferne daher springen sahe / da sagte er zu ihm: Geliebter Jüngling / sehet ihr den Löuen dort gegen uns daher eilen? geschwinde / und lasset uns flihen. Mein Herr / antwortete er / rettet euch / ich wil das Tihr auffhalten; lief ohn ferneres Wort sprechen zu ihm ein / fassete das Schwert / und stellete sich neben einen Baum / seiner Ankunft daselbst mit frischem Angesicht erwartend. Mazeus entsetzete sich vor dieser Kühnheit / und rief dem Löuen zu / welcher seines H. Stimme erkennete / von Herkuliskus ablies und zu ihm nahete / der seine Anstellung zu verdecken / zu ihm sagte: Herzhafter Jüngling / es ist mir lieb / daß ich geirret habe / indem ich anfangs diesen Löuen vor einen unbedingen gehalten / und nun zu eurem uñ meinem Glůk sehe / daß es mein gezähmter ist. So ist mir solches nicht weniger lieb / antwortete er / und währe immer schade / daß ich ein so wol abgerichtetes Tihr hätte erschlagen sollen / da ich ihm schon einen solchen Streich über den Rachen zugemässen hatte / daß ihm die Zunge bald vor den Füssen solte gelegen haben; trat mit diesem Worte dem Löuen näher / und strich ihm mit der Hand über das Häupt / welches ihm Mazeus verboht / weil er sich befürchtete /[550] er möchte ihm als einem Unbekanten schaden zufügen; aber es legte sich derselbe zu Herkuliskus Füssen nider / nicht anders / als währe es etwa ein Schoßhündichen gewesen; richtete sich hernach wieder auff / und lehnete sich mit dem Häupte an seine Seite; welches Mazeus sehend / schier auff seines Gemahls Gedanken gerahten währe. Herkuliskus sahe etliche grüne Kräuter stehen / brach dieselben ab / und machte ein Kränzlein davon / welches er auff des Löuen Häupt setzete / der sich abermahl ehrerbietig vor ihm auff die Knie legte / bald wieder auffstund / und gleich als währe ihm eine sonderliche Ehre begegnet / gnug trotzig herein trat / daß er sich auch an H. Mazeus fast nicht mehr kehrete / sondern unserm Herkuliskus folgete / welcher also anfing; Ich habe Zeit meines Lebens nie keinen Löuen / als diesen gesehen / solte ich mich aber mit allen so wol begehen können / würde ich mit willen keinem schaden tuhn; und ist mir lieb / daß ich mit diesem in Kundschafft gerahten bin / nachdem ich nun mein angebohrnes Wapen kennen lerne / in welchem ich von meinen Uhrahnen her einen Löuen führe. Trefflicher Jüngling / antwortete er / ich weiß nicht was ich von meinem Löuen urteilen sol / welcher bißher sich von keinem Fremden hat wollen anrühren lassen / und muß er ohn zweiffel euren hohen Adel erkennen / vor dem er sich dergestalt demühtiget / als er vor mir selbst noch keinmahl getahn hat; hiemit ließ er einen tieffen Seufzen außgehen / und fuhr also fort; ich möchte von Herzen wünschen / daß ihr entweder zu Hause bey eurer Fr. Mutter / oder nur so gar schöne nicht währet; dann eure außbündige Gestalt machet es / daß ich euch weder bey mir behalten / noch nach eurem Vaterlande schicken darff / insonderheit / weil ihr meinem GroßFürsten zu gedacht seid; und gebe der Himmel / daß ihr bey demselben eben die Gunst findet / die ihr bey mir habt / woran ich doch nicht zweiffeln wil. Herkuliskus bedankete sich der sonderlichen Gnade / und antwortete; dafern er wissen solte /daß ihm seine Gestalt jrgend zu schädlich seyn könte /wolte er in kurzer Frist sich so scheußlich zu richten /daß niemand ihn ohn grausen ansehen solte. Nein diese Meynung hat es nicht / sagte Mazeus / nur daß euch niemand gerne wird fahrẽ lassen / der euch in besiz hat. In diesem gehen kahmen sie bey dem gewöhnlichen Fechterplatze an / woselbst der Fechtmeister etliche ädelknaben unterrichtete / unter denen schon ihrer sechse zimlich geübet wahren. Herkuliskus baht umb Urlaub / ihnen ein wenig zuzusehen /und erkennete gar bald / daß der Meister der rechten Kunst wenig erfahren wahr / ließ sich dessen aber nicht merken / sondern lobete ihr wolverhalten; da ihn Mazeus fragete / ob er auch schon des Schwerts gebrauch wůste; Ich habe wegen meiner Jugend mich dessen nicht zu rühmen / antwortete er / aber meine Begierde zu solchen übungen kan ich nicht leugnen. Mazeus stellete ihm frey / sich mit einem zuversuchen / welches der Meister vernehmend / ihn fragete / ob er mit den neuesten oder erfahrnestẽ Schülern einen Gang wagen wolte; dem er antwortete; wans ihm frey stůnde / wolte er am liebsten mit dem Meister selbst ein Auffhebens machen / als von dem er die besten Streiche zu lernen und zu empfahen hoffete. Mazeus taht dem Fechter alsbald Befehl / es mit ihm auffzunehmen / welcher sich aber schämete mit solchem Jünglinge auff andere Weise als mit einem Schůler umzugehen; worauff Herkuliskus antwortete / er währe auch nur in Schülersgestalt hier / doch wann er sein auff andere Weise begehrete / könte er dessen gar wol bemächtiget seyn; welches jener vor einen Troz außlegend / zu ihm sagte / er möchte sich stellen / und[551] der Medischen Streiche gewärtig seyn. Dieser aber sagte mit sanfftem gelächter; mein Freund / es sey euch erläubet; nahm das Fechtschwert / welches ihm am bequemesten wahr / zur Hand / und so bald er mit ihm angebunden hatte / gab er ihm fünff Schläge über Kopf / Arm und Beine / den sechsten aber über das Maul daß er mit den Zähnen bläkete / und hingegen allerdinges unberühret blieb / dessen Mazeus und die Schüler sich wol zu lacheten / und dieser Tropf drüber gar zu schanden ward. Mazeus scheidete sie / und vermahnete den Fechter / sich hinfüro im eigenen Ruhm zu mässigen / nahm auch Herkuliskus mit sich nach dem Zeughause / und fragete ihn auff dem Wege / wie lange er sich des Fechtschwerts gebrauchet hätte; da er zur Antwort bekam; er hätte schon im zehnden Jahre seines Alters sich lassen unterrichten / weil er aber im halben Jahr und drüber sich nicht geübet /hätte er anfangs sich auff Streiche geschikt / merkete aber wol daß dieser Fechter sie außzuteilen nicht gar wol gelernet hätte. Als sie hiemit in das Zeughauß traten / klagete der Zeugmeister seinem Herrn / daß in weniger Zeit / weil er anderswo zu schaffen gehabt /unterschiedliche Waffen mit Rost angelauffen währen; gingen mit einander hinein / und fand Herkuliskus eine zimliche Menge Schwerter / Speere / Hellebarten / Bogen und Pfeile / und wie er fragete / ob das Schiessen dieser örter viel im Gebrauch währe / antwortete ihm Mazeus; Pfeil und Bogen sind unserer Jugend vornehmste und tägliche Ubung / auff das im Alter sich zu ernähren sie geschikt seyn mögen / massen man bey uns kein zahmes Vieh unterhålt / sondern vom Wilde sich ernähret. Herkuliskus sahe einen zierlichen leichten Bogen liegen / welchen er nach gebehtener verzeihung zur Hand nam / und sich verlauten ließ / so bald er wieder in sein Vaterland kähme /müste er einen nach dieser Art machẽ lassen. Mazeus gedachte in seinem Herzen; vor dein Vaterland werden dich die Götter wol behüten / wolte ihn doch nit betrübẽ / es zusagen / sondern fragete ihn / ob er dañ auch im schiessen geübet währe. Er aber antwortete: In seinem Vaterlande währe schiessens-brauch nicht gemeine / doch hätte er von Kindesbeinen an sehr grosse Lust darzu gehabt / und aber in guter Zeit keinen Bogen berühret / daß er fürchtete / seine Erfahrenheit vergessen zuhaben. Daran ist wenig gelegen /sagte er / und gefält euch dieser Bogen / so nehmet ihn mit dem gefülleten Köcher zu euch / das vergessene wieder zulernen; traten mit einander hinaus / und gingen nach dem Gemache / in welches Mazeus den Löuen wieder einsperren ließ / der mit Traurigkeit und Unwillen von Herkuliskus scheidete. Im fortgehen sahe er eine grosse Ringel Taube fliegen / die er von freyer Faust aus der Lufft herunter schoß / daß sie vor Mazeus Füssen niderfiel / der sie aufhub / uñ befand / daß ihr der Pfeil noch in der Brust steckete. Er streich ihm aber mit der Hand über das Häupt / und sagte: Mein Herkuliskus / ich weiß in Warheit nicht /was ich aus euch machen sol / dann daß eures gleichen mir nie vorko en ist / gestehe ich gerne; aber getrauet ihr euch noch so einen Schuß ohnfehl zutuhn? Ein solcher Schuß / antwortete er / hat wenig zubedeuten / welchen ich in vollem rennen auff dem Pferde wol verrichten wil. Ey sagte er / verweilet alhie noch ein wenig / biß ich wieder bey euch seyn werde; ging hin / und hohlete sein Gemahl samt dem Fräulein herzu / erzählete / wz sich zugetragẽ hatte / uñ ermahnete sie / ob sie eine Kurzweil sehen wolten / möchten sie in den Vorhof kommen. Nun hatte er einen Schützen / Nahmens Batis / der im ganzen Gebiet seiner Kunst halben beschrihen wahr / rief denselben zu sich / und sagte: Höre Batis / du[552] weist / das ich dir grossen Sold reichen lasse / weil du vor einen sonderlichen Schützen dich außgibst; nun ist dieser Jüngling / hie gegenwärtig / so kühn / daß er sich nicht scheuet mit dir wette zu schiessen / da du es auffnehmen darfst. Batis welcher seine Erfahrenheit selbst hoch hielt /sahe Herkuliskus an / uñ sagte: Jüngling / wollet ihr der Kunst gerne unterrichtet seyn? Ja / antwortete er /Kunst zu lernen bin ich sehr begierig. Was wollet ihr dann dran wagen? fragete jener. Wann ich euch drumb ansprechen werde / sagte er / wil ich die Unterweisung von euch nicht umbsonst begehren / weil ihr aber so ruhmrähtig seid / suche ich dessen nichts bey euch / dann da ihr volkommen währet / würdet ihr euch lieber in der Taht als blossen Worten finden lassen / halte demnach daß euch in dieser Kunst schier ja so wol fehle als mir ungeübeten. Dieser ward dessen zornig und foderte ihn zur Wette / da es sonst nit verächtlich stünde mit einem jungen Knaben es auffzunehmen. Schütze / sagte Herkuliskus / da ich jetzt so frey währe als vor diesem / dürfte ich euch diese Beschimpfung schwerlich zu gute halten / insonderheit da ihr in der Taht fehlen soltet; aber nachdem ich meines Unfals mich gerne erinnere / muß ich euch billich übersehen. Mazeus redete seinem Diener hart ein / mit Dräuung schwerer Straffe / da er daß geringste in Unglimpf außstossen würde / daher dieser umb verzeihung bat / und unsern Herkuliskus fragete / wie hoch die Wette seyn solte. Daß werdet ihr bestien / sagte er / nachdem ihr mit außfodern so kek seid. Ich meines teils / antwortete jener / setze eine Jahrs Besoldung dran / sind 400 Kronen. Wolan / sagete Herkuliskus / ihm sey also / und bitte / mein Gn. Herr wolle vor mich gut sagen; ich wil gewinnen / oder die Gelder schon wissen diese stund zu verschaffen. Wie aber / redete er zu den Schützen / wann ich einen Schuß tåhte / den ihr mir nicht eins dürfftet nachtuhn? Daran setze ich noch 400 Kronen / antwortete Batis. Ich nehme es mit euch an / sagte Herkuliskus; foderte darauff alsbald einen kleinen Apffel / reichte ihn Frl. Barsenen hin / und sagte zu ihr: schönes Fräulein /dafern sie sich nicht scheuhete / wůrde ich dienstlich bitten / sie diesen Apffel in ihre linke Hand zwischen den Daumen und zeiger Finger fassen / und die anderen Finger außstrecken wolte; das Fräulein / weil niemand wuste / was es bedeutete / wahr ihm gerne zu willen / und redete Herkuliskus folgends den Schützen also an: Höret Batis / ich habe die Wette und Doppelwette mit euch angenommen / aber höret nun die Bedingung: Wir nehmen funffzig starke Schritte von diesem Fräulein / und schiessen ihr den Apffel aus der Hand; wer nun fehlet / dem sol die rechte Faust / wer aber das Fräulein im wenigsten beschädiget / der Kopff abgeschlagen werden. Alsbald ließ das Fräulein den Apffel fallen / und sagte: O nein o nein /die Wette halte ich nimmermehr. Auch erblassete Batis der Rede / fassete doch wieder ein Herz und sagte: Ja ich halte die Wette noch / wann ihr den Anfang machet. Den wil ich freilich machen antwortete er / und baht das Fräulein sehr / ihm den Apffel zum Schusse zu halten; aber Fr. Roxane wolte keines weges einwilligen / sondern rieff ein armes Mägdlein herzu / dem sie zwo Kronen gab / daß sie den Apffel hielt / welchen Herkuliskus hinweg schoß / daß er ihren Finger nicht rührete / uñ sagte nach getahnem Schusse; nun Batis / nun ist Zeit eure zuvor so hoch gerühmte Kunst sehen zu lassen. Aber 800 Kronen wahren verspielet / dann er wegerte sich unter gesetzter Bedingung es nachzutuhn; deßwegen zählete Mazeus seines Dieners wegen die Gelder auß / und warnete ihn / hinfüro keinen unbekanten zuverachten /wie jung er auch wåre / weil[553] kein Meister lebete / der nicht seinen Meister hätte. Herkuliskus fragete / ob ihm frey stünde / mit dem Gelde nach seinem Gefallen zuschalten / und nach Bejahung baht er Fr. Roxanen /es seinetwegen unter ihre Leibdienerinnen und diesem armen Mägdlein auszuteilen; Dann / sagte er / ich habe noch nie Wette geschossen / und wil den ersten Gewin nicht vor mich behalten; kehrete sich nachgehends zu dem Fräulein / und sagte: Hochgebohrnes Fräulein / Ihrer Gn. ich unwirdiger Knecht bitte demühtig / mir zuverzeihen / daß ich so unhöflich gehandelt / und den Apffel zuhalten / derselben unbedachtsam zumuhten dürffen / versichere sie daneben /da die Götter / wie ich festiglich traue / mir günstig seyn werden / daß ich vor diese Grobheit dereins Abtrag machen wil. Es hatte dieses liebliche Frl. sich an diesem schönen Jüngling so hefftig verliebet / daß sie gerne mit ihm ins Elend gezogen währe / da sie Hoffnung gehabt / seiner dereins ehelich zugeniessen; wuste anfangs nicht / was sie ihm antworten solte /ohn dz sie seine Kunst hoch rühmete / und nachgehends beteurete / sie hätte seines anmuhtens halben gar keine Ungunst auff ihn geworffen; wünschete endlich / daß die Götter seines Herzen Wunsch und Begierde erfüllen möchten. Ich bedanke mich untertähnig / antwortete Herkuliskus / und nach dem eure Vortreffligkeit durch ihre hohe Gunst mich kühn gemacht / bitte ich ferner / mein als eines armẽ gefangenẽ Jünglings bey diesem schlechten Ringe mit gewogenem Herzen zuzeiten eingedenke zuseyn; steckete ihr einen von Alexander zu Tyrus empfangenen an den Finger / der auf 1000 Kronen austrug / und küssete ihr freundlich die Hand; hernach kehrete er sich zu H. Mazeus / und sagte: Gnådiger Herr / diesen jezt eingelieferten schlechten Ring / habe ich noch von meiner lieben Fr. Mutter aufzuweisen / damit sie mich auf meinen Geburtstag vorm Jahre angebundẽ; weil ich ihn aber nit getraue länger zuverwahren / weiß ich ihn an keinẽ Orte lieber / als bey diesem trefflichen Fräulein; bitte demnach untertähnig / Ihre Gn. wollen mein Gn. Fräulein erbitten helffen / daß sie diesen schlechten Gedenk Ring von einem armen gefangenen anzunehmen / unbeschweret seyn wolle. Sie hat dessen gute Fryheit / antwortete Mazeus / wird den Ring auch / nachdem sie ihn schon zu sich genommen hat /seinetwegen gerne behalten / und zum stetswehrenden Gedächtniß tragen. Ja / warumb nicht / sagte das Fräulein / eure Zucht und Tugend ist so groß / daß ich nicht anders urteilen kan / als daß ihr von hohem vortrefflichen Geblüte müsset entsprossen seyn / welches dieser kostbahre Ring in etwas Zeugniß giebet: Weil ihr mich dann dieser Gedächtniß wirdiget / welche ihr von eurer Frau Mutter annoch übrig habt / wil ichs euch zu gefallen tragen / als lange ich lebe / uñ mich rühmen / daß ich von einem so trefflichen Jünglinge die Ehre einer Gedächtniß empfangen. So verleihen mir die Götter / sagte er / daß mein hochwertes Fräulein es dereins vor eine Ehre rechnen könne / was von mir als einem Gefangenen aus gutem Herzen geschihet; küssete ihr damit die Hand abermahl mit sonderlicher Anmuhtigkeit / dessen das Fräulein wol zufrieden wahr / ob sie gleich sich dawider bedingete / es geschähe ihr hiedurch gar zu hohe Ehre. Inzwischen sahen Herr Mazeus und Frau Roxane diesen beyden mit Verwunderung zu / da diese zu ihrem Gemahl sagete: Gewißlich / da dieser schöne Jüngling etliche Jahr älter wäre / oder eine zeitlang bey uns verbliebe /dürffte er meiner Schwester das Herz leichtlich stehlen. Ach nein / antwortete er / stehlen dürffte ers nicht / es würde ihm wol geschenket / und ohn Widerrede gegönnet / so viel ich aus ihren Augen merke; aber[554] ich muß des Jünglings lachen / daß er gerne viel reden wil / und so wenig Worte weiß; doch sihet man aus alle seinem tuhn und vornehmen / daß er nicht / wie er vorgibt / nur vom Adel / sondern von Fürst- oder wol gar Königlichem Geblüte seyn muß / und tähte sehr wol / daß ers von sich sagte / dann hiedurch würde er ohn zweifel unsern Fürsten bewägen / daß er ihn seinen Eltern wieder zuschickete. Fr. Roxane hatte ihre Dienerinnen / deren sechse waren / neben dem armen Mägdlein herzu treten lassen / und sagte sie zu Herkuliskus; Holdseliger Jüngling / wollet ihr diesen meinen Leuten etwas / so stehen sie allhier zu euren Diensten. Batis stund nicht ferne davon / und sahe mit betrübten Augen an / wie seine Gelder solten ausgeteilet werden / doch verdroß ihn der Schimpff mehr /daß er ohn Versuch hatte verspielen müssen / als der Schade selbst. Herkuliskus hätte ihm das Geld alles gerne wiedergegeben / wann er ihn nicht so schimpflich mit Worten angezapffet / aber jezt muste ers ansehen / daß er jeder Dienerin / und dem armen Mägdlein 100 Kronen zuzählete / doch endlich sagte: Wañ ich wüste / daß Batis mir danken wolte / gäbe ich ihm 100 Kronen zurük. Dieser nicht faul / gedachte / es währe ein guter Nohtpfennig / uñ antwortete: Würden mir 100 Kronen geschenket / ich nähme sie mit gebührlichem Danke an; worauff er noch mit zur Teilung ging. Es wahr diese Zahlung kaum geendet / da höreten sie ein Geruffe: Rettet euer Leben / rettet euer Leben! worüber sie alle erschraken / und nach dem innern Gebäu zulieffen / ohn Herkuliskus ließ sich nichts anfechten / sondern nam alsbald seine Pfeil und Bogen zur Hand / und sahe darauff ein erschrekliches Tigertihr daher auff ihn zuspringen / und mit offenem Rachen sein zubegehren / dessen er fleissig wahr nam / und nachdem er seinen Vortel ersahe / ihm einen Pfeil in den Rachen schoß / bald noch einẽ ins Auge /dz es über uñ über purzelte; fassete nachgehends Mazeus Seitengewehr (welches an der Wand hing) ging hinzu / und erstach es damit vollends. Die übrigen hatten sich unterdessen in Gewahrsam begeben / und beklagten den ädlen Jüngling / welchen sie schon vor tod und zerrissen hielten / gleich da er zu ihnen mit dem blutigen Säbel hinein trat / und mit hellfeurigen Augen sie ansahe; Worüber Mazeus sich entsetzend /zu ihm sagte: Göttlicher Jüngling / wie habt ihr des grimmigen Tihrs euch erwehren mögen? Gnädiger Herr / antwortete er / Eure Gn. mit ihrer Geselschafft treten nur kühnlich hervor / dann dieses scheußliche Tihr wird forthin niemand schaden tuhn noch Schrecken einjagen / nachdem seine Wuht einmahl gänzlich gedämpffet ist. Sie gingen ingesamt mit ihm hin und sahen es in seinem Blute ligen / wusten nicht / was sie vor Wunder sagen und gedenken solten; Dann währe Herkuliskus nicht so bald fertig gewest / würde ihre Flucht viel zu spät / und allerdinge vergebens gewesen seyn; massen das ergrimmete abgehungerte Tihr aus seinem Kefich losgebrochẽ war / weil der darzu bestimmete Knecht sein vergessen / und drey Tage lang ohn Speise gelassen hatte. Mazeus erkennete diese Rettung vor eine sonderliche Schickung der Götter / und sagete zu Herkuliskus: Nun weiß ich nicht / ob ich Menschen oder Götter in meiner Geselschafft habe / und gewißlich / da euch die Götter nicht gezeuget / müsset ihr zum wenigsten ihres Geblütes seyn. Ach mein Herr / antwortete er auff Griechisch; solten Götter wol zeugen? Ja solten sie wol schwache Menschen zeugen / und sie nachgehends dem Glük übergeben / daß sie von boßhafften Räubern weggeführet würden? Doch auf gewisse art / sind wir Menschen alle Göttliches Geschlechts / indem sie uns eine vernünfftige unsterbliche Seele[555] eingegossen haben. Eure Gn. schätzen es hoch / daß ich ein schwacher Jüngling / dieses fressige Ungeheur nidergelegt habe; aber was ist das Wunder / daß ein vernünfftiger Mensch / der seinen Witz gebrauchen kan / einem unvernünfftigen Tihre obsieget? Hier ist nichts als freche Wuht / die sich selbst in Spiesse / Pfeile und Schwerter stürzet / wann wirs ihr nur vorsichtiglich bieten und gönnen / bey uns aber finden die gesunden Gedanken leicht einen Vortel / dadurch unbesonnene Leibeskrafft gebrochen wird; und wer hieran zweifelt / muß noch wenige Erfahrenheit haben / was vor Unterscheid zwischen Witz und Frevel / zwischẽ Klugheit und Wuht gesetzet ist; überdas hat die Vernunft solche heilsame Wehr uñ Waffen uns in die Hand gestellet / daß wir die wilden Tihre fellen können / ehe sie uns erreichen mögen; Die Vernunfft hat durch solche Mittel uns die Herrschafft / nicht auff der festen Erde / sondern auch auff den wallenden Wassern / ja oben in der Lufft verlihen / dz sich nichts vor uns bergen / noch unserer Nachstellung entgehen mag; Und was solte mich hindern / dz ich diß grosse Tihr in der nähe / und auff der Erden / nicht leichter erlegete / als vormahls die in Lüfften schwebende Taube? nur daß verzagete Herzen sich vor einem auffgesperreten Rachen entsetzen / und scharffe Klauen fürchten und fühlen / ehe sie drinnen stecken / und einigen Angriff empfinden. O wie ein furchtsamer Muht ist der / welcher den Unglüks-weg erwählet / da wol hundert Neben-strassen sind! wie ein verzagter Siñ / der lieber der Schlangen Stich ausstehet / als daß er sie aus dem Wege stossen solte! trauet mir / mein Herr / eine vernünfftige Seele ist kräfftiger als alle Leibesstärke /und bedachtsame Gegenwehr vorträglicher als hundert Mauren; dann stehe ich unbesonnen hinter diesen /kan ich leicht von ihrem Falle erschlagen werden; Vorsichtigkeit aber ist auch des allergrimmesten Glückes Meisterin. Möchte jemand einwenden: es fünden sich deren unter uns nicht in gar grosser Menge / welche der Vernunfft recht gebrauchen können / so fehle es auch zuzeiten an Mittel und Gewehr /daß man der Wuht gewonnen geben / und unterliegen müste; aber ich antworte drauff: es bleibet die Laute wol ein künstliches ruhmwirdiges Spielzeug / ob gleich der Baur sich deren nicht zugebrauchen weiß /oder sie wol gar zerdrücket; also ist und bleibet die Vernunfft wol eine Königin über alle irdische Volkommenheiten / ob gleich der wenigste Teil unter uns bemühet ist / daß er lernen möge / sie recht anzuwenden; Mittel und Gewehr aber gibt uns Göttliche Versehung Zeit der Noht selbst in die Hand / wañ sie uns gnädig ist / und sie die Gefahr / mehr zu unser Prüfung als Verderben uns zuschicket; Da sind Steine /Koht und Sand / deren wir uns offt zur Erlegung grimmiger Tihre glüklich gebrauchen; und ein vorsichtiger Mann schicket sich gemeiniglich auff ein NohtGewehr. Jedoch / weil der Mensch nicht Gott /sondern sterblich und schwach ist / komt es auch wol / daß er in möglicher Anwendung seiner Vernunfft unterliegen / uñ den kürzern zihen muß; Aber solches begegnet ihm gemeiniglich entweder daher / daß er mit Gott nicht wol dran ist / den er durch Untaht und Frevel mag erzürnet haben / uñ er ihn durch solche Schickung zur straffe fodert / oder daß er mit ihm aus dieser Vergängligkeit eilet / und in den Elysischẽ Feldern ihn vor seine Frömmigkeit und Tugend ergetzen wil / daß ihm also solcher Unfall zum besten dienen muß. Zwar es gehet alsdann wol sein Leib darauff /daß er von wilden Tihren gefressen / oder sonst verwüstet wird / aber gleich wie das Gold seine Wirdigkeit nit empfähet / weil es noch mit Erz und Erde vermischet ist / also bekömt des Menschen Seele[556] erst ihren köstlichen Schein und rechtständige Glükseligkeit / wann sie geläutert / und von dem irdischen schwachen Leibe abgescheiden wird / welches auch die einige bewägende Ursach ist / daß wir Menschen uns von Leibes Wollust und Frecheit abzihen / und der Tugend alle unsere Händel und Vornehmen widmen / damit wir der künfftigen Glükseligkeit nicht mögen beraubet werden. Mazeus wunderte sich zum höchsten seiner vernünfftigen Redẽ / und sagte zu ihm: Hochgeliebter Jüngling / was vor gelehrte Unterweisungen haben eure Lehrmeister euch in solcher Jugend beygebracht / die man bey den alten Weisen kaum suchen darff / und gebe der Himmel / daß ihr die vollkommenen Jahre erreichen / und den so wol angefangenen Tugendlauff glüklich vollenden möget; Ich zweifele sonst gar nicht / daß wann ich hundert Söhne eures gleichen hätte / wolte ich durch eure Tugend ein Herr über die ganze Welt werden. Das würde schwerlich geschehen / antwortete er; dann sie würdẽ umb Herrschafft willen keinen Pfeil verschiessen / und kein Schwert blössen / sondern viellieber andern rechtmässigen Besitzern das ihre beschützen helffen. Solches würde ich sie selbst heissen / sagte Mazeus; ich rede aber von ihrem Vermögen / insonderheit / da sie zu ihren vollen Kräfften kommen solten. Frl. Barsene wahr wegen des harten schreckens kaum wieder zu sich selbst kommen / und hatte die Kühnheit nicht / dem todten Tiger nahe zutreten / biß Herkuliskus sagte: Hochgebornes Fräulein / wie scheuhet sie sich doch fast mehr vor ihrẽ todtẽ als lebendigen Feind; dann wie sie die lezte im flihen wahr / also ist sie die lezte im wiederkehren. Als er dieses redete / hörete er zugleich ein Geräusche in der Lufft /und ward gewahr / daß ein grosser Vogel nach einer Taube schoß / und sie mit den Klauen fassete / so berichtete ihn Mazeus auff seine Frage / es währe ein Adler / deswegen er denselben eigentlicher zubesehen / den Bogen fassete / und im Fluge ihn durch den Hals schoß / daß er / wiewol ausserhalb des Schlosses herunter fiel / und die gefangene Taube unverlezt davon flog; welches ein alter Kriegsknecht / Nahmens Boges / der auff der Schildwache stund / ersehend / aus weissagendem Geiste zu ihm sagete: Treflicher Jüngling /gedenket an mich / wann dieses Vorbilde an euch erfüllet wird; Dann der Adler ist der gröste Räuber im obern Reiche der Lufft / und das Täublein das unschuldigste Tihrlein. Mazeus wahr gleich hingangen /den Adler / welcher noch lebete / auffheben zulassen /und hörete dieses Gespräch nicht / deswegen Herkuliskus ihm desto kühner antwortete / und zu ihm sagete: Mein Freund / ob ihr dereins mein Wolergehen erfahren würdet / so sprechet mir zu / ich wil euch diesen Trost unvergolten nicht lassen. Batis kam mit dem Adeler / den er vollends zu tode geschlagen hatte / dorther getreten / und durffte öffentlich sagen / er könte nicht gläuben / daß solcher Schützen mehr in der ganzen Welt wären; dessen Herkuliskus nur lachete / und ihn eriñerte / er hätte gar nit gelernet / in seinen Reden das Mittel zuhalten; dann / sagte er / es ist noch nicht gnug / oder die höchste Kunst / gewiß zu schiessen / wann man fest stehet / sondern da man zu Pferde sitzet / und im vollen rennen dergleichen vorüber fliegende Dinge in der Lufft oder auff der Erden fellet; solches hat meiner Meynung nach etwas mehr auff sich / und kenne ich einen meines Alters /der sichs zur Unehr gerechnet hätte / daß ihm ein Hase / den er mit dem Pferde verfolgete / solte entsprungen seyn / wann ihm sein Boge zur Hand wahr; und daß ichs ohn Ruhm melde / möchte ichs ehmahls auch zuzeiten geleistet habẽ. Ich halte dessen nichts mehr vor unmöglich / antwortete Batis / nachdem ich heut viel unmögliches gesehen habe.[557] Hiemit ging der Tag fast zum Ende / dz die Zeit des Abendmahls herbey kam / wobey mancherley Gespräch vorging / und insonderheit Frl. Barsene gute Kundschafft mit diesem ihren lieben Jünglinge machete / der sich über nichts so hoch beklagete / als daß die geringe Wissenschafft der Sprache ihn hinderte / seines Herzen gefassete Gedanken auszureden. Gegen den späten Abend meldete Mazeus ihm an / daß wie unlieb es ihm gleich währe / er doch morgendes Tages ihn seinem GroßFürsten Phraortes nach Ekbatana zusendẽ müste /weil ihm grosse Gefahr auff die Unterlassung stünde /nachdem er dem GroßFürsten zugedacht währe / und hätte er sich insonderheit zu dieser Zeit vorzusehen /in Betrachtung er schon bey ihm in Ungnade / wiewol unverschuldet / gefallen währe; bähte demnach freundlich / er wolte sich belieben lassen / diesen kurzen Weg mit gutem Willen auff sich zunehmen / verhoffete gänzlich / sein Schreiben an den GroßFürsten auffgesetzet / solte ihm gute Gnade und Gewogenheit bey ihm machen. Frl. Barsene hörete diese Rede nicht anders an / als währe ihr ein Schnit durchs Herzgangen; Herkuliskus aber antwortete: Gn. Herr / warumb bittet eure Gn. ihren Knecht / dem sie völlig zugebieten hat? meines Standes kan ich mich sehr wol eriñern / daher bedanke ich mich untertåhnig der hohen Gnaden / die mir heut über mein Verdienst und Wirdigkeit sind angeleget / und träget mir dannoch mein Herz zu / ich werde dereins das Glük haben / Ihrer Gnad. besser / und mit wirklicher Art zu danken; Da nun dieselbe an den Durchleuchtigsten GroßFürsten mir eine Vorschrifft erteilen wil / nehme ichs billich mit untertähnigem Danke an / und hoffe / weil ich einem Menschen / ja einem Fürsten zugeschicket werde / könne daselbst Unschuld und Tugend nichts als Gnade und Woltaht verdienen; würde aber dessen Herz zu Schande und üppigkeit geneiget seyn / wird mich gewißlich keiner wider meinen Willen darzu nöhtigen / was durch einen ehrlichen Tod abzuwenden stehet. Mazeus wolte ihn nicht betrüben / ob er gleich bald überschlagen kunte / wozu der unflätige Parther König Artabanus ihn gebrauchen würde / da er demselben vermuhtlich solte geschicket werdẽ /und antwortete ihm; lieber Jüngling / machet euch keine wiedrige Gedanken / die Götter werden nicht verhengen / daß ein so herliches Gewächs in dem ersten Grase ersticke; dañ so viel meinen GroßFürsten betrift / ist derselbe aller Untugend und Lastern von Herzen feind / er zihet auch seinen einigen Sohn dergestalt Fürstlich / daß selbiger mit der Zeit seine Vorfahren leicht übertreffen wird; aber saget mir / bitte ich / ob dann euer rechter Nahme Herkuliskus sey; ja /antwortete er / als lange ich mich einen Knaben gedenken kan / bin ich nicht anders genennet. Wol wol /mein Herkuliskus / sagte er / die Götter werden einen grössern Herkules aus euch machen / als nie keiner auff der Welt gewesen ist. Nach solchen / und dergleichen Gespräch begaben sie sich endlich zur Ruhe /und ward unserm Herkuliskus und seinem Dolmetscher auff einem Gemache jedem ein absonderliches Bette gezeiget / da Frl. Barsene einen freundlichen Abscheid von ihm nam / auch des folgenden Morgens gar frühe sich bey ihm vor dem Bette fand / und ihn also anredete: Mein geliebter und werter Freund / was herzliche zuneigungen ich zu euch als einem züchtigen Jünglinge trage / wil ich jetzt diese Stunde erweisen / und euch in hohem Vertrauen offenbahren / daß ich meinen Schwager H. Mazeus und sein Gemahl meine Fr. Schwester hint diese Nacht in geheim reden hören / wessen sie euretwegen sich befahren / daß nehmlich unser GroßFürst euch seinem Lehn Herrn dem Parther Könige /[558] wegen eurer vortreflichen Schönheit zusenden důrfte / woselbst man mit solchen Jünglingen dergestalt umbgehen sol / daß ich mich zu sagen schäme / und doch Freundschafft wegen sagen muß / als daß man sie der Mañheit beraubet / und nachgehends dem Frauenzimmer / als aufwärter zugiebet; weil nun eure unvergleichliche Kůhnheit gnugsam anzeiget / daß zu solchen ungenehmen Diensten ihr wenig beliebnis traget / währe mein Raht / ihr machtet mit dem jungen Medischen Fürsten gute Vertrauligkeit / daß derselbe entweder seinen Herr Vater beredete / euch bey sich zubehalten / oder aber behülfflich währe / daß ihr mit der Flucht euch loßwirken / und dieser Gefahr entgehen köntet; und dafern mein weniges Vermögen hierzu ichtwas vermag /schwöre ich euch bey dem Leben der Unsterblichen Götter / daß / ungeachtet aller Gefahr / die mir daher entstehen könte / ich hierbey nichts unterlassen wil /was euch zu eurer Wolfahrt dienlich seyn kan. Herkuliskus ward der Zeitung nicht wenig betrübt / ließ sichs doch nicht merkẽ / sondern nach dem er dem Fräulein höchlich gedanket hatte / antwortete er mit halben Scherze; daß währe sehr unbarmherzig gehandelt / dafern man mit mir dergestalt umbgehen wolte; nachdem mir aber die Weissager meines Vaterlandes einhellig diesen Lebenslauff gestellet / daß ich der eins im Ehestande leben sol / wird der Himmel nimmermehr verhängen / daß mir solche Schande angelegt werde; jedoch solte ich dem unzüchtigen Könige ja müssen zugeführet werden / und man mir dergleichen Sachen anmuhten würde / sol er bey mir einen solchen frischen Muht finden / dessen er nimmermehr gehoffet hätte. Das Fräulein antwortete ihm; sie wolte selber nicht zweiffeln / die günstigen Götter würden allen Schimpf und Unfal von ihm abkehren; da er nun eine Zeitlang zu Ekbatana bleiben / oder sonst loß kommen / und nach seiner Heimat reisen würde /möchte er sie zuvor dieses Orts besuchen / damit sie vor den köstlichen Ring ihm hinwieder ein schlechtes Dankzeichen ihrer Gewogenheit und Träue zustellen könte / welches sie biß dahin wolte auffgeschoben haben. Herkuliskus versprach ihr solches mit dargebohtener Hand / und ließ ihr seinen schneweissen Arm sehen / welchen mit beyden Händen freundlich zu umfangen sie sich nicht enthalten kunte / womit sie von ihm Abscheid nam / uñ ihm gerne einen ehrliebenden Kuß gelassen hätte / wañ durch jungfräuliche Zucht und Scham sie davon nicht abgehalten währe. Er stund bald hernach auff / legte seine Kleider an /und erwartete / wohin man ihn führen würde. Mazeus hatte alles schon fertig machen lassen / nahmen doch zuvor das Frühstücke ein / und ward unser Herkuliskus mit einem zierlichen Säbel und köstlichen Medischen Rok von Fr. Roxanen verehret / der ihm über die masse wol anstund. Ihr Leibgutsche von Violen-braunen Sammet mit sechs schneweissen Pferden in güldenem Zeuge stund im Vorderplatze fertig / dahin er von Mazeus / seinem Gemahl und dem Fräulein begleitet ward / und er sich so frölich anstellete / als hätte man ihn in sein Vaterland führen wollen; hielt auch bey Mazeus bitlich an / ihm den gestriges tages gebrauchten Bogen mit auff den Weg zugeben / welchen er ihm wieder zurük senden wolte; worauff Mazeus sagte: Mein geliebter Herkuliskus und wann der Bogen etliche tausend Kronen wert währe / da er doch etwa mit 50 bezahlet ist / můste er euch willig geschenket seyn; ließ ihn auch alsbald neben einem Köcher vol schöner Pfeile hohlen / und auff die Gutsche legen. Als er sich nun auffgesetzet hatte / lieferte ihm Fr. Roxane eine zimliche Helffenbeinen Schachtel /welche verpitschieret / und mit der Räuber Kleinoten[559] angefüllet wahr / da sie zu ihm sagte; geliebter Herkuliskus / damit ihr nicht mit leerer Hand zu dem GroßFürsten kommet / sollen dessen Durchl. die bey den Räubern gefundene Kleinot mit euch zugleich überliefert werden. Bald setzete sich Herr Mazeus Amtman zu ihm auff / und fuhren unter dem Nachwunsche aller Götter begleitung nach Ekbatana / woselbst sie noch vormittages ankahmen / und im Königlichen Schlosse bey dem GroßFürsten sich untertähnigst anmeldẽ liessen; welcher zur Antwort gab; wie ist mein Untertahn Mazeus schon so stolz worden / daß er mich selbst nicht spricht / sondern seine Knechte schicken darff? jedoch / daß ich ihm den Scheffel volmässe / so lasset ihn kommen / und seine Werbung anbringen. Der Abgeordente Amtman ging auff erfodern hin / und ließ Herkuliskus mit seinem Timokles haussen vor dem Gemache stehen / er aber trat hin / erzeigete dem GroßFürsten nach Medischen brauche gebührliche Ehre / und redete ihn also an: Großmächtiger GroßFürst / gnädigster Herr; euer GroßFürstl. Durchl. untertähnigster Diener / mein Herr / Mazeus / bittet untertähnigst umb gnädigste verzeihung / daß vor eurer GroßFürstl. Durchl. er selber nicht erscheinet / welches umb keiner Ursach willen unterlassen wird / nur daß ihre Durchl. durch seine ungenehme Gegenwart nicht beleidiget werden möge / nachdem leider bey E. GF. D. er von seinen Wiederwärtigen fälschlich als ein Ungehorsamer und Widerspenstiger angegeben ist; jedoch auff sein unschuldiges und reines Gewissen / sich beruffend und verlassend / entbeut E. GF. D. er durch mich unwirdigsten seinen untertähnigsten Gruß und bereitwilligsten Gehorsam / übersendet deroselben einen ädlen herzhafften / und seiner Meinung nach / so wol in Schönheit als in der Schießkunst und vielleicht andern Waffen / wolerfahrnen fremden Jüngling / und bittet untertähnigst / E. GF. D. denselben nebest beygefügeten schlechten Kleinoten gnädigst annehmen / und mit allen GroßFürstlichen Huld- und Gnaden ihrem untertähnigsten Knecht Mazeus in seiner Unschuld (welche darzulegen er bereit ist) stets gewogen seyn uñ bleiben / auch seinen Angebern nicht weiter / als erweißlich seyn wird / gläuben wollen; rieff darauff Herkuliskus hinein / und erinnete ihn / sein Gewehr haussen abzulegen; welcher sich nicht seumete / nam seinen Huet nach teutschem Gebrauche vom Häupte / neigete sich tieff / und mit großmühtiger frischer Stimme redete er den GroßFürsten also an: Großmåchtiger Durchleuchtigster GroßFürst / gnädigster Herr; was Gestalt mein guter Herr und gönner / Herr Mazeus / mich etlichen Räubern entzogen und hergesand / wird gegenwärtiger sein Amptman berichten können; ich vor meine Wenigkeit / erfreue mich hoch / daß in dem grösten Unfal mir das Glük noch so geneigt und günstig ist / mich an diesen Ort zu führen / alwo ich denselben GroßFürsten schauen / und ihm gehorsamst auffwarten mag /dessen hochfürstliche Tugend und Liebe zu allen Tugendhaften / mir von den Räubern selbst in wilder Wüsteney höchst gepriesen worden. Nicht rühme ich mich einiger Düchtigkeit / würde auch / angesehen meine Jugend / mir fast verwägen anstehen; daß aber nie keine Untugend mein Gemüht lieben oder laben mögen / gibt mir mein Gewissen Zeugnis. Von Geburt und herkommen bin ich Gott Lob frey und nicht dienstbar / doch muß ich nunmehr bedenken / nicht der ich ehmahls wahr / sondern der ich durch Räuber Hand worden bin / es sey dann / daß Gott auch dieses an mir endern wollen / welches in seiner blossen Macht und gefallen stehet / und ich mich darein wol schicken werde. Eines erfreuet meine Geister /[560] daß durch des Himmels schickung einem solchen Fürsten ich zugeführet werde / der glückes Fälle zu beherzigen weiß / ja dessen unsterblicher Ruhm und Preiß nach langen Jahren in den GeschichtBüchern nicht der geringste seyn wird / daß er durch unfal niedergeschlagene aufgerichtet / gefangene erlöset / entführete wieder gebracht / und ein fester Schuz der Gewaltleidenden gewesen ist. Hernach meldete er dem Groß Fürsten H. Mazeus Dienste an / küssete den Brieff /und überreichte ihn mit sonderlicher Liebligkeit. Der GroßFürst saß auff seinem prächtigen Stuele / hielt einen schneweissen helffenbeinen Stab in der Hand /und hörete des Knaben zierlichen verständigen Reden mit höchster Verwunderung zu / ward auch durch seine Schönheit dermassen bewäget / daß er anfangs kein Wort reden kunte / welches zuverbergen / er den Brieff brach / in welchem Mazeus kürzlich erzählete /auff was Weise er Herkuliskus etlichen Räubern abgenommen / und wegen aufgelegten falschen Freibriefes auch vielfältiger begangener Boßheit ihnen die gebührliche Straffe erteilet; rühmete des übergeschikten JünglingsVerstand und Herzhafftigkeit / mit dem Beschluß / der GroßFürst ihn alles ungleichen verdachts gnädigst erlassen / und seinen Angebern entweder nicht gläuben / oder sie nur vor seine Gegenwart kommen lassen möchte / alsdann er auff alle zugelassene Weise seine Unschuld darlegen / oder im wiedrigen Fal sich der Straffe eines meinäidigen ungeträuen Buben nicht entbrechen wolte; beygefügte schlechte Kleinot den Räubern billich entzogen / würde der Jüngling versiegelt einliefern; Wie solches auch nach verlesenem Schreiben von ihm alsbald verrichtet ward / welche nach Eröffnung der GroßFürst sehr köstlich befand; kehrete sich darauff zu dem Abgeordneten und sagte zu ihm: Bald mache dich wieder hin zu deinem Herrn Mazeus / vermelde ihm meine Gnade und Gewogenheit / uñ daß er mich alsbald besuche; Seine Unschuld halte ich schon vor erwiesen / und hat er sich zu mir nichts als alle Gnade zuversehen; befahl daneben einem ädelknaben / daß ungeseumet seine tägliche LeibGutsche angespannet / und sein Drost und Raht Mazeus nebest seinem Gemahl und dero Frl. Schwester herüber gehohlet würde. Hernach sagte er zu Herkuliskus: Dein Unfall / Jüngling / ist mir leid / und erinnert mich des Glückes wunderbahrer Schickungen; Es muß aber ein günstiger Himmel seyn / der des Menschen Leib und Seele in gleicher Vollkommenheit schaffet. Fragete hierauff nach seinem Vaterlande und Herkommen / und ward ihm gleich /wie des vorigen Tages Herrn Mazeus / geantwortet; welches er mit Verwunderung anhörete / und zu ihm sagete: Bistu Teutsches Geblüts / mein Sohn / so müssen wol barbarische Schreiber seyn / die euch vor barbarisch ausruffen; und ob du mir gleich sehr wilkommen bist / möchte ich doch von Herzen wünschen / daß du bey den deinen wårest / oder mir frey stünde /dich zurük in dein Vaterland zusenden; nachdem aber der grosse König in Parthen / mein / und aller umliegenden Fürsten LehnHerr / alle vor andere mit Schönheit begabete / so wol Mannes- als Weibesbilder /ihm allein vorbehalten / und einzuliefern / ernstlich befohlen hat / kan ich nicht umhin / dich ihm zuzuschicken / wo ich sonst nit meiner Landschafft verlustig seyn wolte; jedoch wil ich dich durch Schreiben bey seiner Hocheit dergestalt antragen / dz du zweifels ohn einen Allergnädigsten Herrn an ihm haben wirst. Wegen dieser Rede stellete sich Herkuliskus etwas traurig / und gab zur Antwort: Ich hatte mir schon die feste Hoffnung gemacht / an diesem GroßFürstlichen Hofe in meines gnädigsten Herrn Diensten angenommen[561] zuwerden / und etwa mit der Zeit mich verdienet zumachen / daß mir als einem Freygebohrnen mein Vaterland wieder zusuchen vergönnet würde; weil aber E. GF. D. mich einem Gewaltigern zuzusenden gehalten ist / muß ein solches ich mir billich gefallen lassen / unter der Hoffnung / der grosse König / dem die mächtigsten Fürsten sich zum Gehorsam untergeben / werde nichts über die Tugend schätzen / auch denen alle Gnade erzeigen / die derselben sich gewidmet / viel lieber tausend mahl sterben / als eine Stunde unehrlich leben wollen; solte aber an meiner Gestalt ichtwas seyn / das andere zu meinem Mißbrauch reizen könte / weiß ich schon gnugsame Mittel / mich scheußlich zumachen; wiewol bey einem so grossen Herrn ich mich solcher Schande nicht vermuhte / währe auch Sünde / es nur zugedenken / nachdem die Stathaltere Gottes auff dieser Unterwelt billich in dessen Fußstapffen treten / und nach aller Mögligkeit sich demselben gleich uñ ähnlich bezeigen. Der GroßFürst ließ ihm diese Rede wolgefallen /und sagte: Feiner Jüngling / es solte billich so seyn /wie du sagest / währe auch zuwünschen / daß die gröste Macht und Gewalt allemal den Tugendreichesten verlihen würde; aber weistu nicht / wie mannicher in Armuht und Nidrigkeit die Tugend liebet / und nachdem er durch dieselbe erhöhet ist / sich undankbarlich von ihr abwendet / und nur dasselbe vor Tugend hält / was ihm gefället / und eben deucht; ja wol so stoltz und verwägen wird / daß er dasselbe / was Gott uñ die gute Vernunfft als eine Tugend eingesezt und gebohten hat / zur Ungebühr machen / und gar auffheben / hingegen seine garstigen Unzimligkeiten /und freche Sünden wil geehret / und andern zur Nachfolge vorgesetzet haben? daher findet man mehr Erbarkeit in nidrigen Wohnungen / als auff güldenẽ Stülen; Dann ein Verständiger weiß wol / daß wo er in der Niedrigkeit sich ungebührlich bezeiget / ihm bald Haß / Neid / und Verachtung zuwächset / und der Weg zur Ehre und Gewalt ihm verleget wird / welches die höchsten Häupter nicht befürchten / und daher ihre Lüste und Begierden der Billigkeit nicht unterwerffen wollen; ja mannicher weiß den Schalk dergestalt zubergen / so lange er in bemüheter Nachsuchung ist; wann er aber das vorgestekte Ziel erreichet hat / dann bricht der Wilmuht aus den Schranken /gleich wie der Löue / wann er lauschet / die scharffen Klauen einzeuhet; wañs ihm aber zeit däucht / so strecket er sie hervor / und übet Gewalt und Grausamkeit seines gefallens. Nicht rede ich solches meinem grossen Könige zum Schimpf / dessen Sitten ein jeder Untertahn ihm billich gefallen lasset / nur daß ich dir zeige / daß Tugend und Macht nicht allemahl / ja wol gar selten an einem Joche zihen. Freylich redet E. GF. D. die lautere Wahrheit / antwortete er / uñ ist leider der gemeine Weltbrauch / daß Gewalt die Wollust /Wollust aber die Frecheit gebieret / aller Tugend abgesagte Feindin; Nachdem aber die Tugend Gott selber / oder ja dessen vornehmste Eigenschafft ist / pfleget sie sich an den Frevelern / wie groß die auch seyn mögen / härtiglich zuråchẽ; dessen uns der unkeusche Tonoskonkoleros / lezter Assyrischer Groß-König /von den Griechen Sardanapallus genennet / ein lebendiges Beyspiel gibt / welchen vor ohngefehr 1100 Jahren / E. GF. D. Vorfahr / der Tugendliebende Fürst Arbazes des Reichs beraubete / und zusterben zwang / weil er weder des Lebens / noch als ein unflätiger WeiberNarr / herzhafften Männern zugebieten /wirdig wahr. Geschikter Jüngling / sagte der GroßFürst / woher sind dir diese unsere alten Geschichte in deiner weit abgelegenen Heimat kund worden? Aus der Griechen und Lateiner Büchern / antwortete er / in[562] welchen meine liebe Eltern mich fleissig haben unterrichtẽ lassen / weil sie eine gute Neigung zu solcher Wissenschafft bey mir merketen. Der GroßFürst stund von seinem Stuele auf und sagte: Kom mein Jüngling / und folge mir / es ist Zeit / Speise zunehmen / da du mir auffwarten / und dich aller Gnade versichern solt. Herkuliskus neigete sich demühtig / zeigete an / wie selig er sich schätzete / eines so hochverständigen Fürsten Leibdiener zuseyn / und aus dessen Reden der Tugend Beschaffenheit zufassen / fragete auch im hinaus treten / ob ihm gnådigst erlåubet währe / seinen Säbel / Pfeile und Bogen zu sich zunehmen / mit denen er nach empfangenem Befehl sich bewehrete /und seinem GroßFürsten anmuhtig nachtrat / welches ihm so wol anstund / daß GroßFürst Phraortes unterschiedliche mahle sich umsahe / und seiner Geschikligkeit sich nicht gnug verwundern kunte. Die GroßFürstin / Fürstliches Persisches Geblüts / nahmens Saptina / ihres Alters von XXVI Jahren / stund mit ihrem Frauenzimmer schon im EsseSaal / und da sie diesen fremden Jüngling mit seinem Gewehr daher treten sahe / welcher seinen Huet in der Hand trug /uñ sein Goldgelbes Haar ůber die Schuldern herab hangen ließ / ward sie samt allen anwesenden voll Verwunderung / und sagte zu ihrem Gemahl: Woher hat mein GroßFürst doch immermehr diesen wunderschönen Liebling beko en / dessen gleichen Menschen Augen wol niemals geschauet haben? Es ist ein gefangener Teutscher ädelknabe / antwortete er / mir von Mazeus gleich diese Stunde zugeschicket. Inzwischen legte er seinen Bogen nider / erzeigete anfangs der GroßFürstin / nachgehends dem jungen Medischen Fürsten Arbitanes / und leztlich dem übrigen Frauenzimmer mit anmuhtigen geberden gebührliche Ehre / entschuldigte sich sehr / daß wegen Unerfahrenheit der LandesSprache er nicht viel Worte machen könte / und befahl sich der GroßFürstin und des jungen Fürsten beharlicher gnade und hoher gewogenheit. Die GroßFürstin besahe ihn gar eben / und sagte: Nun ists doch i er und ewig schade / daß der Himmel an diesem Jünglinge so sehr geirret / und ihn nicht zum Mågdlein hat werden lassen; Was vor zartes Weibervolk aber muß es in Teutschland geben / demnach die Knaben so vollkommener Schönheit sind? Bey der Mahlzeit muste er den Wein überreichen /welches er mit solcher Höfligkeit verrichtete / daß die anwesende ädelknaben sich ihrer Grobheit zuschämen hatten. Auch hieß ihn die GroßFürstin die Speisen vorschneidẽ / da er seiner Unwissenheit sich zwar entschuldigte / und doch umb gehorsams willen / wie er sagete / untertähnigst folgete / auch einen gebratenen wilden Entvogel mit solcher Fertigkeit und zierlichen Schnitten zerlegete / dz die GroßFürstin zu ihm sagete: Jüngling / ihr seyd gewißlich vor mehr bey Fürstlichen Mahlzeiten gewesen. Ja gnädigste GroßFürstin /sagte er / ich bin mit meines allergnädigsten Königes junger Herschafft aufferzogen; worauff er ihr mit so freundlich-lächelnden Aeuglein vorlegete / daß ihr Herz in höchster Freundschaft gegen ihn entzündet ward / und sie zu dem GroßFürsten sagete; Ach was herzlieber Knabe ist doch dieser Mensch / und währe er ein Mägdlein / ich könte ihn nimmermehr von mir lassen. Vielweniger würde Eure Liebe ihn behalten können / antwortete er / massen er alsdann den allerhöchsten Buhler gar bald bekommen würde. Als er aber vorgelegt hatte / hieß die GroßFürstin ihn auch nehmen und essen; dessen er sich aber wegerte / mit vorgeben / es gebührete einem Knechte nicht / mit seinem Herrn Mahlzeit zuhalten / sonsten währe seiner GroßFürstin er in Untertähnigkeit billich gehorsam. Wann ichs euch aber heisse / sagte sie /[563] hält mein GroßFürst euch solches nicht vor übel. Ja iß mein Herkuliskus / sagte er selber / es sol dir zu keiner Unhöfligkeit ausgelegt werden. Es wahr der GroßFürst ein Herr von LIII Jahren / lebete mit diesem Gemahl in der andern Ehe; Der junge Fürst nunmehr achtzehnjährig / wahr sein einiger Sohn aus erster Ehe gezeuget / daher er ihn umb so viel herzlicher liebete /hatte ihm auch die Erbschafft seines Fürstentuhms bey König Artabanus schon erhalten. Derselbe nun vergaß essens und trinkens / schauete unsern Herkuliskus mit unverwendeten Augen an / und sagte zu seinem H. Vater: Wann die Götter mir diesen aller liebsten Jüngling zum Bruder verlihen hätten / würde ich haben / den zugleich neben meinen Eltern ich lieben könte; und weil von meinem Gn. Herr Vater ich vernehme / daß er beydes zur Wissenschafft und ritterlichen übungen nicht geringe beliebung träget /wolle mein Herr Vater mir ihn zum Gesellen geben /er sol an mir einen solchen Freund finden / daß verhoffentlich ihn nicht verlangen wird / unsern Hof zuverlassen. Aber sein H. Vater antwortete ihm: Lieber Sohn / dieser Jüngling ist nicht in meiner Gewalt /sonst währe er dir unversaget / könte auch euer beyder Gesellschafft wol leiden / wann er nicht unserm grossen Könige Artabanus nach Charas müste geliefert werden / dem ich ihn nicht vorenthaltẽ kan; jedoch wil ich ihn dir zu liebe acht Tage bey uns lassen / wie wenig ichs auch zuverantworten weiß. Arbianes ward der Rede traurig / bedankete sich dañoch gegen seinen H. Vater der hohen Gnade / und sagte zu Herkuliskus: Geliebter Freund / es wird euch nicht zuwider seyn /daß ich eure Geselschafft von meinem H. Vater auff etliche wenig Tage erbehten / und sollet ihr die Zeit über an mir einen geträuen Freund haben. Durchläuchtiger Fürst / antwortete er / ich erkenne mich gar zu unwirdig / auff andere weise von Ihrer Gn. als ein Knecht gehalten zu seyn / wozu ich mich gerne und willig verpflichte / wann nur einige angenehme Auffwartung von mir könte geleistet werden. Arbianes redete ihm ein / dz solche Entschuldigung ein überfluß währe / foderte ihn auch nach gehaltener Mahlzeit auf / mit in den Lustgarten zugehen / da der GroßFürst nach ihrem Abscheide zu seinem Gemahl sagete: Er hätte nimmerwehr gegläubet / daß bey einem funffzehnjährigen Knaben ein so hoher Verstand und brennende Liebe zur Tugend seyn können / als er diesen morgen erfahren hätte; über das / sagte er / wird er mir als ein sonderlicher guter Schütze gerühmet; da es nun dem sämtlichen Frauenzimmer also gefället / wollen wir in den Garten folgen / und ihm seine Pfeile und Bogen nachtragen lassen; es sind sonst etliche unter meinen ädelknaben / die sich mit ihrer SchießKunst keine Sau dünken lassen / auch mein Arbianes selbst / die sollen sich mit ihm ein wenig versuchen. Das Frauenzimmer ließ sichs gerne gefallen / gingen mit dem GroßFürsten hin / und sahen diese beyde neuen Freunde sich im fechten üben / wobey Herkuliskus sich etwas blöde stellete / und nur die Hiebe ausnam / sich bißweilen auch treffen ließ / und gar selten zu ihm einschlug / ohn wann er sahe / daß er leicht versetzen kunte / daher alle Zuseher urteileten /er währe dieser übung wenig erfahren / hieltens ihm auch wegen seiner Jugend nicht vor übel. Des jungen Herrn Fechtmeister / ein Persischer hochmuhtiger vom Adel sahe mit zu / und fing an / sich gegen den GroßFürsten zurühmen / wie weit er seinẽ Sohn in der Kunst schon gebracht hätte / sagte auch zu Herkuliskus: Jüngling / ihr seyd zu blöde im fechten / daher seyd ihr mehr bemühet euch zuschützen / als euren Gegener zuschlagen. Herkuliskus antwortete ihm: Er hätte sich ja vor keinen Fechtmeister[564] angemeldet / und könte gerne leiden / daß andere ihn in dieser Kunst und übung übergingen / wåhre auch Jugend halber geschikter zulernen / als andere zuunterweisen. Dieser wolte den Anwesenden seine Kunst alsbald sehen lassen / nam des jungen Herrn Fechtdegen / unserm Herkuliskus etliche gute Nachhiebe zuzeigen / die er zuvor hätte anbringen können / und es nicht in acht genommen; welches er dann vorerst willig von ihm annam; aber da er des musterns zu viel machen wolte / ward er endlich ungeduldig / und sagte zu ihm: Ich bleibe bey meines Teutschen Lehrmeisters Art / welche ich euch / da es gefällig seyn kan / zum Beweißtuhm wil sehen lassen; ging hiemit frisch auff ihn / und gebrauchte gegen des Meisters Stärke / seine ringfertige geschikligkeit dermassen / dz er diesen elenden Fechter unterschiedliche Streiche über den Kopff gab / ihm auch das linke Schienbein blutrüstete; worüber dieser meynete vor Zorn zubersten / unterlief ihm auch / uñ rante ihn als viel stärker / mit dem Leibe zu bodem; doch wahr unser Herkuliskus bald wieder auff / lachete des Tölpels / und sagte als im schertze: Ich meynete mit einem Fechter mich geübet zuhaben / und sehe ůber vermuhten / daß ihm der Flegel besser anstünde / als das Schwert. Der Meynung bin ich auch / sagete die GroßFürstin / dann sie wahr ihm von herzen feind / darumb / daß er ein einfältiges Mensch ihres Frauenzimmers geschändet hatte. Dieser stellete sich / als håtte er der GroßFürstin Worte nicht gehöret / und antwortete unserm Herkuliskus mit grimmigen Augen: Ich fürchte mich / indem ich deine zarte Haut verletzen würde / meinen gnädigsten GroßFürsten zubeleidigen / sonst wolte ich dir das gelbe übel vom Schnabel wischen. Herkuliskus wolte ihm keine Antwort geben / sondern kehrete sich gegen den GroßFürsten / und baht untertähnigst umb Erlaubnis /sich des erwiesenen Schimpffs zurächen; und wie der GroßFürst ihm einredete / er möchte der Grobheit etwas zu gute halten / alsdann solte hernähst dessen nichts mehr vorgehen; antwortete er: Nun gnädigster Herr / ich erkenne meinen elenden Zustand gerne / in welchen mich Unglük gesetzet hat / gehorsame auch billich; aber solt ich schier heut oder morgen dich über tausend Meilen suchen / sagte er zu dem Fechter / so schenke ich dir dieses nicht. Der GroßFürst kunte sich der Großmuhtigkeit eines so zarten Herzen nicht gnung verwundern / und sagte: Mein Herkuliskus /ich wolte diesen euren Streit gerne beylegen; kans aber auff andere weise nicht seyn / so vergönne ich euch beyden einen scharffen Gang mit dem Säbel und Schilde / nach dessen Endigung (in welchem jedem nicht mehr als fünff Streiche sollen frey gegeben seyn) ihr euch vergleichen werdet. Wol an / sagte Herkuliskus / so schicke dich du grober Baur / ohn Streit entgehestu mir nicht. Bald ließ der GroßFürst zween gleichmässige leichte Säbel und Schilde herhohlen /welche diese beyderseits erzürnete zu sich nahmen /und mit grossem Eifer auff einander gingen; Unserm Herkuliskus branten die Augen wie Feur im Häupte /ging umb seinen Feind her mit aller Behutsamkeit /welcher auch nicht gerne einen vergeblichen Hieb tuhn wolte; schlug anfangs einen ungestümen Hieb nach Herkuliskus Häupt / welchen er mit dem Schilde abglitschen machte / und verwundete ihm dagegen das rechte Oberbein. Jener der Wunden empfindend taht einen starken querhieb / welchen Herkuliskus durch einen Hintertrit und Krümmung des Leibes ablehnete / und ihm dagegen ein zimliches Loch in die rechte Seite gab / daher jener sich nunmehr der Vorsichtigkeit gebrauchen wolte / wehrete aber nicht lange / da schlug ihm Herkuliskus die rechte Faust rein ab / daß sie mit[565] samt dem Säbel auff die Erde fiel / und aus Ohnmacht bald selbst nach stürzete. Nun beschimpffe forthin mehr unbekante / sagte Herkuliskus / die höheres Standes sind als du; und hastu die Kunst nit besser gelernet / bistu wol ein unschuldiger Meister /wirst auch mit dieser dich forthin nit mehr kratzen dürffen. Die Zuseher kunten dieses Jünglings Geschikligkeit nit gnug rühmẽ / uñ weil der Großfürst den verwundeten verbindẽ ließ / redete die Großfürstin mit ihm; er müste ohn zweiffel gnädige Götter haben / die ihn nit köntẽ beschimpfen lassen / und währe ihr insonderheit lieb / dz der unzüchtige Bube seine Straffe empfangen / uñ er dagegen unverletzt blieben währe. Herkuliskus küssete ihr aus untertähnigkeit den Rockessaum / und befahl sich ihrer hohen Gnade / und da sie ihm die Hand boht / küssete er dieselbe inniglich / daß sie sich nicht enthalten kunte zu sagen: Ach daß die Götter mir einen solchen lieben Sohn oder Tochter geben wolten / wie hoch würde ich ihnen davor verbunden seyn. Es hatte aber der junge Fürst Arbianes eine solche Vergnügung an seinem Siege / daß er vor freuden in die höhe sprang / und mit beyden Armen ihn umbfing / zu ihm sagend: Mein geliebter Herkuliskus / wie angenehm ist mir eure Gesundheit / welche die Götter ja nimmermehr wollen stören lassen; und hönet mich nicht wenig / daß ich bißher einen so unerfahrnen Lehrmeister gehabt / welcher in der wahren Kunst fast weniger als nichts verstehet; erkenne sonst wol wie höfflich ihr mit mir in der Ubung verfahren. Herkuliskus baht umb verzeihung und antwortete: Mein Durchl. Fürst fichtet meines ermässens vorsichtiger / als der ruhmrähtige Meister / der nur gewohnt ist / mit seinen Schülern zu spielen / weis zwar seine Streiche in etwas zu führen /aber er hat sie so wenig alle gelernet als ich. Inzwischen sahe er einen ädelknaben seine Pfeil und Bogen halten / nahm selbe von ihm ab / und rühmete / daß Herr Mazeus sein grosser Freund ihm solche geschenket hätte. Wir wissen wol / sagte die GroßFürstin /daß ihr in der Schießkunst wol erfahren seid / hätten auch dessen vielleicht schon eine gute Bewehrung gesehen / da euch der Unhold nicht davon auffgehalten; ich setze aber dieses GedenkRingelein vor dißmahl auff den Gewin / da etliche seyn möchten / die darumb schiessen wollen. Herkuliskus nam den Ring /der zwar nicht so gar hoch im Preise wahr / aber doch seine Neigung anzuzeigen / nam er unbeuhrlaubet denselben aus der GroßFürstin Hand / küssete ihn /und sagte: Dieses allerliebste Ehrengedächtnis zuerhalten / wil ich meinen Fleiß nicht sparen / es währe dann / das mein Gn. Fürst Arbianes bedacht seyn möchte / mit zuschiessen / dann dessen Durchl. greiffe ich nicht vor. Der junge Fürst sahe / daß dieses aus Ehrerbietigkeit geschahe / fassete ihn bey der Hand /und baht / dafern er sein Freund sein wolte / auff solche Weise mit ihm nicht zuverfahren / ob zwar vor dißmahl er nicht bedacht währe mit zu schiessen /sondern ihm den Gewin gerne gönnete / welchen ohn das zuerhalten er ihm nicht getrauete. Also henkete Herkuliskus das Ringelein an die Gartentühr / und begehrete / daß die Mitschiesser sich melden möchten. Bald traten acht ädelknaben hervor / und liessen sich vernehmen / sie hätten Lust einen Pfeil umb den Gewin mit zu wagen. Herkuliskus mahlete darauff aller nähest unter dem Ringelein einen weissen Flecken / so groß als der Ring wahr / schrieb zu beyden Seiten des GroßFürsten uñ der GroßFürstin / drunten aber des jungen Fürsten Nahmen / uñ sagte: Wer nun mit mir umb diesen allerliebsten Ring scheust / der mus den Pfeil in dieses weise Flecklein schiessen /versehret er den Ring / mus er in fünff Jahren keinen[566] Pfeil anrühren / trifft er auff der Nahmen einen / sind es vier Jahr; fehlet er aber weiter aus / mus er die Pritsche haben. Alle Anwesende hielten dieses vor eine Unmögligkeit / uñ erbohten sich die Mitschiesser /dafern er solches leisten würde / solte er Obermeister seyn / und den Ring ohn alle Einrede hinweg nehmen / wolten auch der Pritsche sich keines Weges entzihen. Worauff er anlegte / und den Schuß nach allem Willen verrichtete; baht hernach die GroßFürstin / die Urtel zu sprechen / ob er den Preiß gewonnen hätte; welche mit ihrem Gemahl hinzu ging / uñ den abgeschossenen Pfeil mitten im weissen stecken fand / daß auch der GroßFürst zu ihr sagte: Geliebtes Herz / ich weis nicht / ob die Götter in menschlicher Gestalt zu uns kommen / umb zuerforschen / wie wir uns gegen elende gefangene bezeigẽ wollen / dañ was ich an diesem Jünglinge sehe / ist alles über menschlich; Schönheit / Vernunft / Tugend / Kunst / Herzhafftigkeit / uñ was man an einem volko enen Menschen erdenken kan; weis auch gewiß / daß als Apollo wie ein Mensch auff Erden umbher gewandelt / hätte er diesen Schuß nicht verrichten mögen; und gläube ich nimmermehr / daß die rauhen Nordwestischen Länder solche Volkommenheit bringen solten. Höchstgeliebter Herr uñ Gemahl / antwortete sie / ich weis hierzu wenig zu sagen / würde uns auch villeicht nicht anstehen / wann wir uns dieser Gedanken wolten merken lassen; kan aber meinem geringen Raht stat gegeben werden / so wollen wir ihn Fürstlich und unserm eigenen Sohn gleich halten / weil er ohndas nicht lange bey uns bleiben wird / ein mehres können die Götter selbst von uns nicht fodern. Eben dieses sind auch meine Anschläge / sagte der GroßFürst / und tuht mir herzlich wehe / daß ich ihn dem Könige liefern muß /stünde ich aber noch in vorigen Gnaden bey ihm /würde ichs wagen / und ihn unter gnugsamer Begleitung wieder nach seinem Vaterlande schicken / welches mir bey jeztgestalten Sachen nicht zurahten stehet / es währe dann / daß ich mich und meinen Sohn zugleich umb dieses Fürstentuhm bringen wolte; dan meine Wiederwertigen würden nicht ruhen / mich deßwegen anzutragen / da ich nicht anders als ein Verrähter der Königl. Hocheit müste gestraffet wer den. Ihr werdet aber zu gelegener Zeit dem Jünglinge anzutragen wissen / wie er hinfüro von uns solle gehalten seyn. Nach genommener dieser Abrede foderte er die acht ädelknaben hervor / und befahl ihnen die Pritsche zugeben; aber Herkuliskus fiel vor der GroßFürstin nieder auff die Knie / und baht untertähnigst /solche Straffe gnädigst auffzuheben / damit diese ädelleute nicht schier heut oder Morgen ihm deßwegen einigen Haß zu werffen / und an seinem Glük ihm schädlich seyn möchten. Worauff sie bey ihrem Gemahl anhielt / diese Vorbitte gelten zulassen / welches auch gnädigst eingewilliget ward. Gleich dazumahl kam der außgeschikte ädelknabe wieder / und berichtete / dz Herr Mazeus mit den seinigen im vörderplatze seines GroßFürsten Befehl erwartete. Herkuliskus hörete diese Zeitung gerne / und sagte zu dem GroßFürsten: Eure GF. D. mögen sich wol versichern / daß sie an diesem redlichen Herrn einen geträuen auffrichtigen Diener haben / und da ihrer Durchl. es nicht zuwieder ist / wollen dieselbe mir gnädigst befehlen /denselben herzuhohlen. So gehen wir beyde mit einander / sagte Arbianes / dann ich habe ohndas mit ihm zu reden; gingen auff erläubnis hin / und hatten sich bey den Händen gefasset; welches der GroßFürst ersehend / zu seinem Gemahl sagete; der Jüngling hat meinem Sohn das Herz gar gestohlen / und wie wird es noch ablauffen / wañ sie sich werden scheiden müssen?[567] Ach wer könte doch so einem lieben und züchtigen Menschen abhold seyn? antwortete sie; und gibt ja der liebe Fürst hiedurch klärlich an den Tag /daß er auff Tugend und geschikligkeit etwas halte; aber eure Liebe erinnern sich / bitte ich / was jener hocherfahrne Sternseher vor etlichen Jahren von ihm geweissaget hat / daß seine allerhöchste Vergnügung und Glükseligkeit ihm aus weit wilder fremde zukommen werde. Es fället mir gleich ein / sagte er / wil auch die Götter alles ohn mein bekümmern machen lassen / ob ich gleich nicht absehen kan / was vor Glük ihm dieser Jüngling mit gebracht habe. Mazeus / der mit seinem Gemahl und Fräulein abgestiegen wahr / sahe den jungen Fürsten und Herkuliskus daher treten / wunderte sich ihres mehr als brüderlichen Verhaltens / und ging ihnen ehrerbietig entgegen; Arbianes hies ihn freundlich wilko en / bedankete sich sehr / daß er ihm einen so lieben und werten Freund zugeschicket hätte / und erboht sich / da er Leben solte / es dergestalt zuvergelten / daß er Ursach haben wůrde / ihm zu danken; taht auch ein gleiches gegen dessen Gemahl / und fragete das Fråulein / ob sie einem so lieben Menschen nur eine Nachtherberge geben wollen; diese aber hatte nur ihre Augen und Gedanken nach Herkuliskus hingewendet / daß sie fast nicht hörete / was ihr gesagt ward / insonderheit da dieser ihr lieber Freund auch zu ihr trat / und mit einem züchtigen Handkusse sie freundlich wilkommen hies / da er schon zuvor Herrn Mazeus und dessen Gemahl ein gleichmässiges erzeiget / und sich höchlich bedanket hatte / daß er ihn einem so treflichen Fürsten zugeschicket. Gingen mit einander nach dem Garten / da der GroßFürst ihn sehr gnädig empfing / und zu ihm sagete: Mazeus / ihr wisset ohn mein erinnern / daß falsche Mäuler zuzeiten ein böses Feuer anblasen können / welches ihnen doch bey uns gefehlet hat / nachdem wirs in der Aschen gelöschet; deßwegen so lassets ohn weiteres Nachfragen hingehen / und versichert euch / daß ich hinfort so leicht nicht gläuben / und doch unterdessen euch so viel gnädiger halten werde / dessen zu einem Zeugnis /schenke ich euch die vor diesem umbs Geld begehrete Herschafft mit allen Renten / Diensten und Einkommen / und euer Liebsten die 12000 Kronen / welche von heut über vierzehn Tage in die Rentkammer solten geliefert werden. Mazeus entsetzete sich wegen so grosser angebohtenen Gnade / merkete wol / daß es alles wegen Herkuliskus geschahe / uñ antwortete ihm: Gnädigster GroßFürst und Herr; Eure GF. D. wollen allemahl mit GFürstl. Hulde ihrem untertähnigst-geträuen Knechte gewogen und zugetahn verbleiben. Die angebohtene Gnade ist zu groß / kan auch von mir und den meinen in ewigkeit nicht ersetzet werden; da sich aber einige Gelegenheit eräugen solte / vor Eure Durchl. mein Gut und Blut in die Schanze zuschlagen / sol dessen von mir nichts gesparet werden; kam nachgehends auff Herkuliskus zu reden / und erzählete / was Gestalt er ihn bey den Räubern angetroffen / auch was sonst / die wenige Zeit er bey ihm gewesen / vorgangen währe / welches die Anwesende mit verwunderung anhöreten / und in ihrem Heidnischen zweiffel gestärket wurden / ob sie ihn vor einen Menschen oder vor einen Gott halten solten. Inzwischen ging Herkuliskus mit seinem gespanneten Bogen hin und wieder / und suchte Gelegenheit einen künstlichen Schuß zu tuhn / welches Mazeus merkend / seine Rede abbrach / und zu den Anwesenden sagete; jetzt werden wir etwas sonderliches von ihm sehen / welches ich an seinen Augen spüre / die er hin und wieder in der Lufft umbgehen lässet. Er sahe aber einen Falken sehr hoch fliegen /der ihm gar zu ferne[568] wahr / stund deßwegen und lauschete / biß er sich etwas nidriger gab / da schoß er ihn daß er vor dem GroßFürsten niderfiel / und ihm der Pfeil mitten in der Brust steckte. O du Volkommenheit / sagte der GroßFürst / wie hastu dich in solchen zarten Leib begeben / nur daß du äusserliches Ansehen zu schanden machen / und dein Spiel mit uns als in einem Schauspiele treiben wilt. Herkuliskus trat hinzu / hub den Vogel auff / und boht ihn Frl. Barsenen mit diesen Worten; Gn. Fräulein / fürchtet sie sich auch so sehr vor diesen todten Vogel / als vor den gestrigen todten Tiger? Nein mein Freund / antwortete sie; aber wie gefället es euch an diesem GroßFürstl. Hofe? ich vernehme / daß ihr schon feindselig von dem Fechter angegriffen seid / welcher sich billich an dem unsern hätte spiegeln sollen. Die Götter /sagte er / geben mir nur keine schlimmere Feinde / als ich gestern und heut gehabt / dann werde ich mich meines Unglüks mehr zu freuen als zubeklagen haben / insonderheit weil der Himmel mir so hohe Freunde bescheret hat. Die GroßFürstin stund dabey / und sagte zu ihm: Höret mein geliebter Herkuliskus / ihr sollet euch eures Unfals nicht zu hart betrüben / dann wir merken und spüren auß allen euren geberden und Vornehmen daß ihr höheres Standes und wirden seid /als ihr euch außgebet / deßwegen so wähle und nehme ich euch hiermit auff und an vor meinen Sohn / der von meinen Leuten nicht anders als mein Sohn der junge Fürst sol gehalten und bedienet werden / welches ihnen auch hiemit ernstlich gebohten wird. Arbianes ward dessen so herzlich erfreuet / daß er sagte: Herzgeliebte Gr. Mutter / jezt erkenne ich eure Mütterliche Hulde gegen mich euren Sohn / welcher ich Zeit meines Lebens wil eingedenke seyn. Hingegen stellete sich Herkuliskus sehr traurig uñ sagte; Durchleuchtigste GroßFürstin / gnådigste Frau; ich bitte untertähnigst / ihren unwirdigsten Knecht nicht mit zu hoher Ehrenlast zubeschweren; dann Gott weiß / wie sehr mir dieses zuwieder ist / und bin schon zu hoch begnadet mit dem / was mir bereit wiederfahren; überdaß bringet mein Stand es nicht mit sich / daß vor ihrer GF. Durchl. Sohn / und dem jungen GroßFürsten ich solte gleich gehalten / oder auch von ådelknaben bedienet werden. Was mein geliebter Bruder / sagte Arbianes? ist euch dieses so sehr zu wieder / so tuht mirs zu gefallen; wer weiß / worinnen ich schier heut oder Morgen euch Dienste und brüderliche Freundschafft erzeigen kan? Herkuliskus küssete ihm die Hand / antwortend / er währe und bliebe allemahl seiner Durchl. untertähniger Knecht und ergebener /und nachdem er gezwungen würde sich höher zuhalten als er währe / müste er der Einbildung geleben /als die in Schauspielen eine Fürst- oder Königliche Verwaltung auff sich nehmen / ob sie gleich arme Betler sind; welche Worte er / als der Sprache unerfahren / zwar stamlete / aber doch mit sonderlicher Gnade vorbrachte / daß ihrer aller Herz dadurch gerühret / mit ihm grosses Mitleiden trugen.

Es kam aber ein Diener in den Garten / und meldete an / Ihrer GF. D. Frau Saptinen Herr Bruder währe glüklich wieder angelanget / und hielte im innersten Platze; dessen der GroßFürst sehr froh ward / daß er sagete: O Dank sey den Göttern / die ihn gesund hergeleitet haben / als nach dessen Wiederkunfft ich und andere mit mir ein grosses Verlangen getragen; ging auch geschwinde hin / ihn zuempfahen / da Arbianes neben Herkuliskus seinem H. Vater nachtrat. Der fremde Herr sahe seinen Oheim und Schwager gegen ihn daher kommen / eilete auff ihn zu / und empfingen sich sehr freundlich / redetẽ auch[569] fast eine Stunde mit einander in grosser geheim / biß nach dessen Endung Arbianes diesen seinen Vetter gebührlich wilkommen hieß. Nachgehends trat auch Herkuliskus zu ihm hin /küssete ihm die Hand / und baht / seiner Kühnheit zuverzeihen / daß er als ein Fremdling und gefangener einen einheimischen und Fürstlichen Anverwanten zuempfahen sich unterstünde. Der fremde Herr sahe ihn als verzucket an / redete jhm sehr freundlich zu / und gedauchte ihn / das Angesicht etweder selbst / oder doch eines demselben sehr ähnlich / mehr gesehen haben; endlich fiel ihm das kleine Gemåhlde ein /welches er stets bey sich im Seckel trug / besahe es /und sagete bald darauff: O ihr Götter / was Bildniß zeiget ihr mir so unvermuhtlich? Herkuliskus erschrak dessen sehr / meynete nicht anders / er währe erkennet / und schlug die Augen vor sich nieder; Der fremde aber fuhr fort / und fragete den GroßFürsten / von wannen ihm doch dieser vortrefliche Jüngling kähme; worauff er zur Antwort gab: Er ist mir erst heut von Mazeus zugeschicket / und gibt sich vor einen Teutschen ädelknaben aus / welcher von unterschiedlichen Räubern gefangen / und biß in diese Länder gefůhret sey. Aus Teutschland? sagte der fremde Herr; kehrete sich hernach zu ihm / und sagte: Vortrefflicher junger Herr / euer Angesicht erinnert mich eines ritterlichen Helden und grossen Fürsten / dessen Kundschafft zuhaben / ist nicht gar lange / ich gewirdiget bin / welches ich trauen unter meine höchste glükseligkeiten rechne; reichete ihm hiemit das BrustBilde hin / sprechend: Mein Herr / ich bitte sehr / mir zu sagẽ / ob ihm dieses Gemählde bekant sey? Herkuliskus empfing es mit besonderer Ehrerbietung / sahe es an / und erkennete seines herzgeliebten Herkules Angesicht alsbald / weil noch zum Uberfluß umbher geschrieben wahr: Hercules, humani generis delitiæ. Das ist: Herkules des menschlichen Geschlechts belüstigung. Es ward aber hierüber seine Seele mit überschwänklicher Freude erfüllet / daß ihm das Blut unter das Gesichte schoß / stund und wankente als ein taumelnder / daß er in Ohmacht fast niedergesunken währe; dessen Arbianes wahrnehmend / ihn fragete / woher diese schleunige Verenderung kähme; worauff er sich erhohlete und zu dem fremden sagte: Ach mein Herr /ich bitte höchlich / mir zusagen / ob dieser Ritter annoch im Leben und guter Gesundheit sey / von dem dieses Gemählde genommen ist? Ich weiß nicht anders / mein Herr / antwortete er; aber irre ich nicht /so seyd ihr beyde leibliche Brüder / massen ihr fast einerley Gesichtes und Schönheit seyd. Ach ja mein Herr / sagte er / er ist mir tausendmahl lieber / als ein Bruder / wiewol er nicht mein Bruder / sondern meiner Mutter Bruder Sohn ist. Wol mein Herr / sagte der fremde / ihm wider seinen Willen die zarte Hand küssend / so bin euer Liebe ich mit Gut und Blut zu dienen bereit und willig / deswegen wollen sie sich meiner Dienste frey gebrauchen / welches mir die höchste Vergnügung geben wird. Herkuliskus bedankete sich sehr des unverdienten Erbietens / und verlangete den GroßFürsten hefftig / zuerfahren / aus was Ursachen sein Oheimb sich gegen diesen Jüngling dermassen dienstbar erzeigete; Derselbe aber sagete zu ihm: Durchl. GroßFürst; dieses jungen Herrn Mutter-Brudern Sohn / ein Herr von ohngefehr XXI Jahren / gleicher Schönheit und Antlitzes mit diesem / wie mein Bildniß zum Teil ausweiset / ist der trefflichste Held in ritterlichen übungen und Tapfferkeit / so jemahls gelebet; ganz Italien und die Stad Rom reden von ihm / und habe ich seine und seines Gesellen herliche EhrenSäulen zu Rom und Padua gesehen / halte mich auch insonderheit[570] glükselig / daß ich seine Freundschafft erhalten / und diesen Ring von ihm zum Pfande unbrüchiger Träue empfangen. Der GroßFürst sagte: Was Standes aber ist er? Davon weiß niemand in Italien etwas gewisses zusagen / antwortete er /wiewol ausser zweifel ist / daß er uhralter Königlicher Wirden seyn muß / massen sein Geselle / ein gebohrner und herschender König in Böhmen ist / und derselbe doch jenen höchlich ehret. Niemand hörete diese Reden lieber als Arbianes / daher er zu ihm sagete: Warumb wil dann mein werter Freund und Bruder seinen HochFürstlichen Stand verleugnen / dessen er doch mehr als kein ander wirdig ist? Er antwortete: Ach der Himmel ist mein Zeuge / wie gerne ich unerkennet in dieser fremde seyn wolte; jedoch ist dieser mein Oheim gleichwol höheres Standes als ich / in Betrachtung / daß meine Fr. Mutter so hoch nicht geheyrahtet / als ihr Herkommen ist. Die GroßFürstin kam auch herzu / ihren geliebten und einigen Bruder zuempfahen; Derselbe nun wahr aus Fürstl. Persischen Geblüt entsprossen / und eben derselbe Pharnabazus und unbekante Ritter / der zu Padua im Turnier mit Ritter Leches u den höchsten Preiß stach /wovon fast am Ende des Ersten Buches meldung geschehen. Schwester und Bruder empfingen sich überaus freundlich / weil eine sonderliche Liebe zwischen ihnen wahr / und als er Frl. Barsenen gewahr ward /nahete er sich zu ihr / wie er dañ eine gute Neigung zu ihr trug; welche aber Herkuliskus zu seiner Zeit umb ein grosses befoderte / wie an seinem Orte folgen wird. Weil dann vor dißmahl der Abend einbrach /und es Zeit wahr / das Maal einzunehmen / gingen sie mit einander nach dem Saal; da Pharnabazus unsern Herkuliskus geleitete / welches er fast mit Ungeduld zugeben muste / und sich solcher Ehre nicht entbrechen kunte. Niemand aber von der ganzen Geselschafft wahr mit empfindlicheren Bewägungen beladen / als Frl. Barsene / gestaltsam sie ihren lieben Herkuliskus ohn unterlaß ansahe / wodurch das zarte Herz immer weiter eingenommen ward. Nach auffgehobenen Speisen hielt Pharnabazus bey Herkuliskus an / er möchte der anwesenden Geselschafft zugefallen / seines Oheims des unvergleichlichen Herkules Leben zu erzählen unbeschweret seyn / als welches ihm ohn zweifel nicht unbewust währe. Er wegerte sich dessen zwar nicht / entschuldigte sich aber / dz es von ihm in Morgenländischer Sprache nicht geschehen könte / und fing in Griechischer also an: Hochgebohrner Herr Pharnabazus / Eure Liebe erwecken in mir die Gedåchtnis etlicher Wunder-sachen / welche /da sie bey den Römern oder Griechen vorgangen währen / durch Schrifft und Bücher sie in alle Welt ausgebreitet werden müsten; nachdem sie aber in Teutschland / einem verachtetẽ Winkel der Nordwestischen Länder sich begeben haben / kommen sie nicht weiter / als wo man sie mündlich erzählet. Nun hätte ich zwar ohn eitelen Ruhm zumelden / ein weitoffenes Feld / umständlicher Erzählung vor mir / weil ich aber fürchte / meinen gnådigsten Herren und Frauen / auch andern anwesenden wirdigen Freunden / durch herbeyführung aller ümstände nur verdrießlich zuseyn /wil ich meines herzgeliebten Oheims und mehr als Brüderlichen Freundes Zustand und Leben nur Inhaltsweise andeuten. Nicht also / mein geliebter Sohn /sagte der GroßFürst / sondern lasset uns dieses teuren Helden Leben und Tahten völlig kund werden / so viel euch dessen bewust und zu Gedächtniß komt /dann durch Hindansetzung eines liederlichen Umstandes / wird offt einer Geschichte der beste Schmak benommen; solte sichs dañ gleich in die späte Nacht zihen / wird dem Frauenzimmer erläubet[571] seyn / die Ruhe nach belieben zunehmen; Ich neben meinem Oheim und Sohne werdẽ euch die Ohren hierzu willig leihen / als die wir in der gleichen Geschichten / in welchen die Götter bey den Menschen etwas sonderliches wirken / mit begieriger Lust uns pflegen umzusehen / worzu ich meinen Sohn Arbianes von Jugend auff angehalten / daß er die Griechischen und Römischen Kriegsbeschreibungen / nebest dem / was von unserer Vorfahren Handelungen auffgezeichnet ist /fleissig lesen / und mir tåglich vor Abends erzählen muß / was er daraus behalten; alsdann zeige ich ihm den rechten Kern und Safft der Begebnissen / nehmlich die lehrreichen weltklugen Anmerkungen / welche ihm dereins so wol in Friedes- als Kriegszeiten nüzlich und heilsam seyn köñen. Herkuliskus antwortete: Weil dann E. GF. D. mir solches gnädigst anbefihlet /wie undüchtig ich mich gleich darzu befinde / muß ich doch willigst gehorsamen. Fing darauff seine Erzählung folgender massen an: In meinem geliebten Vaterlande ergiessen sich drey zimlich weit von einander fliessende Schiffreiche Wasser / die Weser / die Elbe / und der Rein / welche / nachdem sie manniche schöne Aue / teils befeuchtet / teils vorbey gestrichen / sich endlich in das Teutsche Meer stürzen. Zwischen diesen wird der gewaltigste Teil Teutschlandes / als Sachsen und Franken begriffen / eine sehr weite / und von den Einwohnern erfüllete Landschafft / welche dem Gesetze der eingepflanzeten Billigkeit sich gemäß zubezeigen in vielen stücken sehr geflissen sind / sonderlich die Freyheit betreffend / welche über allen Reichtuhm und Herrligkeit geschätzet wird /deswegen noch zur Zeit keine Macht oder Gewalt sie darzu treiben mögen / daß sie fremder Herrschafft sich untergeben / und einige Dienstbarkeit über sich nehmen solten / ohn die sie ihrer / teils angebohrnen /teils selbst erwähleten Obrigkeit schuldig sind. Niemahls haben die Römer / welche sich der Welt Herren nennen / einige Feinde mehr gefürchtet / als die Teutschen / auch da unter Augustus ihre Macht am grössesten wahr / und wie mannichẽ Krieg sie gleich mit ihnen geführet / sind die Teutschen dannoch Teutsche / das ist / freye unbezwungene Leute blieben. Es ist vor sich ein auffrichtiges Volk / Genügenheit ist bey ihnen durchgehend; Das böse / in andern Ländern offt kleinen Kindern bewust / ist bey ihnen den alten unerhöret / daher achtet ein Teutsches Herz weder Fleisches Wollust / noch Geldes Schätze / ohn die man den Feinden entwendet. Sünde finden bey ihnen selten Verzeihung. Dreyer Groschen Dieberey wird mit dem Strange gestraffet. Ehebruch gehet wunderselten vor /erlanget auch weder Barmherzigkeit noch Gnade. Das übel der Eifersucht ist ihnen unbekant / dann ein jeder lässet sich an einem Weibe genügen / und jemehr dieselbe ihrem Manne Kinder gebieret / je mehr wird sie von ihm geliebet und von anderen geehret; und wann sie dem leidigen Biergesöffe (wiewol auch nicht alle /noch allenthalben) nicht so sehr zugetahn wåhren /stünden sie nicht zuverbessern. Insgemein sind sie mit dem zufriedẽ / was ihr Land träget / die aber ein mehres begehren / suchen es mit Waffen bey ihren Feinden / deren sie von allen Seiten haben / aber daher nicht umb ein Haar verzagter sind / meynen / ihre Fäuste seyn mächtig gnug / sie zuschützen / wann nur die Götter nit lassen den Himmel über sie einfallen; welche Antwort sie dem grossen Alexander gaben. Sonsten ist dem Lande unmöglich / alle in ihm erzeugete Menschen zubegreiffen / daher mannich tausend MutterKind andern Sitz und Herberge suchen muß; ungeachtet ihre Aecker / da sie recht gebauet werden /voll Korn stehen / und ihre Wälder mit Wild angefüllet sind. Ochsen und[572] Kühe / Pferde und Esel / Schaffe und Schweine gibt es überflüssig / wie ungleichen eine überaus grosse menge allerley köstliches Fischwerks. Schådliche Tihre / ausser dem Fuchs und Wolfe / lassen sich nicht finden / und werden die Schlangen an mannichem Orte zum Wunder gezeiget. Ihre Berge möchten wol Gold und Silber zeugen /wann es gesucht würde / und mangelt ihnen an keinem Dinge / was zur Leibes Notturfft erfordert wird. Ihr Gottesdienst bleibet unverendert / welchen sie nicht in engen Gebäuen / sondern unter dem freyen offenen Himmel in schönen grünen Wäldern anstellen und verrichten. Ehmahls haben sie ihre Könige gehabt / deren gröste Macht und Reichtuhm in Menge der Kriegsleute und Pferde bestund. Heut zu tage gehorsamen sie ihrem GroßFürsten / der keinen obern / als Gott und das Schwert erkennet / ist von dem allerältesten Königlichen Teutschen Blut entsprossen / nahmens Henrich / dessen Ruhm mit vielen Worten auszustreichen / hieher nicht gehöret / dann er herschet /daß jederman ihn preisen und ehren muß; Den Untertahnen ist er lieb / den Nachbarn angenehm / den Feinden erschreklich. Er heyrahtete im dreissigsten Jahre seines Alters ein trefliches Fräulein / des Großmächtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Ragwalds / der Gothen und Schweden Königes Tochter / Frl. Gertrud /mit welcher er diesen seinen ersten Sohn / und künfftigen rechtmässigen Nachfolger in der Herrschafft /die Blume aller Frömmigkeit und Ritterschafft (niemand sein Lob beno en) meinem herzgeliebten Oheim und Bruder Fürst Herkules / vor XXI Jahren zeugete / worüber im ganzen Reiche unsägliche Freude und frolocken entstund / weil man sich einer erblosen Ehe befahrete / und die GroßFürstin drey Jahr unbefruchtet blieb. Wenig Stunden nach seiner Geburt /ward ein alter Pfaffe herzu gefodert / dieses neugebohrne Herrlein zu weihen und segnen / welcher vorgab (ich erzähle es / wie ichs von meiner Fr. Mutter offt gehöret) / er hätte aus allen Zeichen der Opffer /auch Vogel- und Pferde-Geschrey angemerket / das junge Herrlein würde an Verstand / Frömmigkeit /und Erfahrenheit in Waffen dermassen vortreflich seyn / daß durch ihn aller seiner Vorfahren Lob würde verdunkelt werden; fremden Landschafften würde er anfangs mehr Dienste / als seinem Vaterlande leisten. Die alten Teutschen Götter würde er durch Annehmung eines neuen Gottes zurük setzen und verachten; Liebe halben solte er viel Widerwertigkeit ausstehẽ /aber durch standhafftigkeit alles überwinden; grosse Schåtze und Reichtuhm durch streitbahre Faust erwerben; eine Ursache seyn / daß der grössesten WeltHerren einer fallen und untergehen müste; Uber seine Anverwanten würde er grosse Glükseligkeit bringen /und seine Eltern unvermuhtlich aus RäuberHänden und Todesgefahr erlösen; und was des Geplauders mehr seyn muchte / worauff die Eltern / als über der Geburt ihres lieben Söhnleins hoch erfreuet / wenig acht gaben / wiewol sie nachgehends dessen schon viel in der Taht erfahren haben. Seine Fr. Mutter hatte schwere Geburtswehe / daß man ihrem Leben wenig trauete / ward deswegen dem jungen Herrlein alsbald eine adeliche Frau zugeordnet / die es mit ihren Brüsten speisen solte / aber vergebens / massen es sich durchaus nicht wolte anlegen lassen / wie fast mans auch nöhtigte / daher man es mit Gemüse unterhielt /biß über zehn Tage seine Frau Mutter zimlich genaß /deren Brust es mit sonderlicher Begierde ergriff / uñ einzig von ihr sich säugen ließ. Als das Herrlein eines halben Jahrs alt wahr / und die Eltern zur Lust ins grüne fuhren / ließ die einschlu ernde Mutter das Kind von ihrer Schos[573] fallen / daß es zwischen den Rädern hinunter purzelte / hätte auch ohn allen zweifel seinen Geist auffgeben müssen / wann nit zu allem glücke ein grosser Stein im Wege gelegen / vor welchen das Herrlein zu liegen kam / dz des Rades Stoß auff demselben gebrochen ward / und ohn alle Verletzung überhin ging / welches dann wol ein Zeichen seiner künfftigen gefahr seyn mochte. Nachgehends gaben sie etwas fleissiger acht auff ihn / kunten aber doch den unvermeidlichen fällen nicht vorbauen /dann wie nach dreyen Jahren der GroßFürst neben seinem Gemahl und diesem ihren ältesten Herrlein (dann der Himmel hatte ihnen schon den andern bescheret) auff der GroßFürstin Fr. Mutter Begräbniß in Schweden reiseten / wurden sie an der OstSee des Nachtes in einem Dorffe von einer Schaar Dänischer SeeRäuber überfallen / da der GroßFürst mit seinem Gemahl sich in einer alten Scheuren verbarg / das Herrlein aber mit samt der WartsFrauen / bey welcher es schlief / hinweg geführet ward; jedoch / weil des GroßFürsten Völker bald ins Gewehr kahmen / und den Räubern nach setzeten / ward das Herrlein wieder erlöset / und seinen Eltern zugestellet. Nach gehaltener Leichbegångniß machte der GroßFürst sich wieder in sein Land / uñ wendete grossen fleiß auff seines SöhnleinsErzihung / welcher / da er schier von sechs Jahren wahr (eben dazumahl bin ich gebohren) von seinem H. Vater eine ritterliche Rüstung foderte / in welcher er zuzeiten ausreiten / und als eines LandesFürsten Sohn sich zeigen könte; und als ihn sein Herr Vater mit schimpflichen Worten abwies / er währe zu klein / Harnisch zuführen / uñ stünde ihm eine Tüte vol Zucker ungleich besser an / verredete er / kein Zucker mehr zuessen / triebs auch bey dem H. Vater so lange / dz er ihm ein kleines Schwert und leichten Bogen geben ließ / womit er den ganzen Tag über sein Kinder-Spiel hatte und inwendig drey Monden sich dergestalt übete / daß manniger Vogel von ihm erschossen ward. Seines H. Vaters Jäger kahmen (da er sieben Jahr alt wahr) einsmahls von der Jagt /brachten etliche grosse Wölffe auffs Schloß / und erzähleten / mit was grosser Mühe sie dieselben gefellet hätten / dessen Herkules nur lachete / und sie fragete; was ihm wol fehlen solte / ein solches Tihr zuerlegen / wann er sein Schwert und Bogen bey sich hätte; Und als seine Fr. Mutter gegenwärtig ihm einredete / er solte bey Leib und Leben schweigen / und die Götter bitten / daß ihm ja ein solches grimmiges Tihr nicht auffstiesse / sonst müste er von demselben alsbald verschlungen werden / antwortete er: Gnädigste Fr. Mutter / solten die Götter wol zugeben / daß ein so unwertes Tihr sich mit eines jungen Fürsten Fleisch speisete? hat man auch gehöret / daß ein Fürst jemahls von einem Wolffe verschlukt oder hinweg getragen sey? forschete darauff bey den Jägern gar eigentlich nach / an was Ende die Wölffe gefangen währen; und da sie ihm aus Scherz den nähesten Dornpusch beim Schlosse mit Worten bezeichneten /hieß er des folgenden Morgens seinen Auffwarter /(der fünff Jahr älter als er wahr) mit gehen / und ihm seinen kleinen Spieß nachtragen / lieff geschwinde nach dem beschriebenen Pusche / und wie er gar leise hinzu trat / sahe er einen scheußlichen grossen Wolff /mit auffgesperretem Maule schlaffen liegen / nam seinen kleinen Degen / und sties ihm denselben in den Rachen biß ans Gefäß / sprang darauff wieder zurük /und hohlete den Spies / damit ging er wieder auff den Wolff / welcher schon mit allen vieren von sich schlug / und mit dem tode rang; dessen er aber nichts achtete / sondern ihm das Schwert / welches er nicht verlassen wolte / wieder aus dem Maule zog / und[574] ihm den Spies auffs neue in den Rachen stieß / ihn auch so lange quålete / biß er dahin starb / ungeachtet ihm das Blut hin und wieder auff die Kleider sprützete / hernach dem Knaben befahl etliche Jåger zu hohlen / die den Wolff nach dem Schlosse schleppeten. Dieser berichtete in der GroßFürstin Gegenwart / was sich zugetragen hätte / welches ihm niemand gläuben wolte / biß auff vielfältiges beteuren sie mit etlichen Dienern hinunter ging / und ihr liebes Söhnlein mit blutigem Spiesse und Kleidern gegen ihr daher lauffen sahe / der sie also anredete: Herzen Fr. Mutter /sprechet forthin mehr / der Wolff werde mich verschlingen / ich habe ihn gleichwol so geputzet / daß er sich an mir ferner nicht reiben sol. Die GroßFürstin gedachte / er würde etwa einen Hund erstochen haben; als sie aber das grausame Tihr in seinem rauchenden Blute liegen sahe / erschrak sie über alle masse / und schalt hefftig mit ihm / dz sie ihn auch zu ficken dräuete / welches aber das Herrlein mit einem sonderlichen Eifer und ernstlichem Angesichte beantwortete: Je Herzen Fr. Mutter / sagte er / solte ich mich dann von diesem Ungeheur fressen lassen? So wahr ich ein Teutscher Fürst gebohren bin / werde ich mein Leben so liederlich nicht dahin geben / und weis gewiß / mein H. Vater wird mir ein grösseres Schwert geben / daß ich hernåhst der schändlichen SchaffRäuber mehr aus dem Wege schaffe; stellete sich auch unter dem Reden so freudig / mit zierlichen springen /Tanzen / und zusammen schlagung der Hände / daß seiner Fr. Mutter die Freudenträhnen hervor drungen /insonderheit / da er auff dem Schlosse die herzutretende Jäger mit höhnischen Worten angriff; was sie vor schlimme furchtsame Kerle währen / und einen Wolff zutödten / vor ein grosses Werk außgeben dürfften. Der GroßFürst wahr des vorigen tages außgeritten /und da er des folgenden wiederkam / und die Taht erfuhr / auch das Tihr besahe / kunte er vor verwunderung fast kein Wort reden / biß er endlich zu seinem Gemahl sagete; Ich habe diesen unsern Sohn allemahl vor eine sonderliche Gabe der Götter gehalten / darumb haben sie mir ihn nun zum drittenmahl beschützet; werden wir aber sein nicht besser acht haben /dürffte der Himmel ihn bald wieder abfodern. Zwar die Götter haben uns noch einen männlichen Erben /unsern Baldrich (der dazumahl im fünfften Jahr wahr / und sich nunmehr zu allen fürstlichen Tugenden schicket) gegeben / aber müssen wir darumb diesen in solcher Gefährligkeit / als einen Baurjungen allein umbher lauffen lassen? Hernach fuhr er dz junge Herrlein scharff an; höre du Leckerchen / sagte er /wer hat dir befohlen die Püsche durch zukrichen / und ohn Uhrlaub vom Schlosse zu lauffen? wirstu das mehr tuhn / sol dir mit frischen Ruhten gelohnet werden. Herkules stellete sich etwas beleidiget seyn / und antwortete: Mein Herr Vater / zürnet doch nicht so hart mit mir / weil ich ja nichts böses begangen habe; meine Fr. Mutter wolte mich schrecken / da mich ein Wolff anträffe / würde er mich verschlingen; ja wie schön hat er mich verschlungen? Ich wahr ihm mit meinem prafen Degen viel zu behende. Wie ungehalten nun der GroßFürst wahr / muste er doch des Knaben von Herzen lachen / und sagte zu ihm; wie aber /wann er dich verschlungen hätte / würde man dir das Leben haben wieder geben können? Verschlungen? antwortete das Herrlein / und wann ihrer gleich zween gewesen / solten sie mich nicht verschlungen haben; ich hatte ja den Vortel im Pusche / daß sie nach Willen nicht hätten können an mich kommen / und wie leicht hätte ich ihrer etliche / einen nach dem andern übern hauffen stossen können; darumb bitte[575] ich euch /Herzlieber Herr Vater / nehmet mich forthin allemahl mit auff die Wolffesjagt / weil ich ihnẽ schon gnug gewachsen bin. Du magst mir ja gewachsen seyn /sagte der GroßFürst mit einem Gelächter / aber gedulde dich nur ein wenig / ich wil dich schon auff eine Wolffesjagt (Bücherjagt meine ich) führen / da du die Buchstaben jagen / uñ mit dem Gedächnis fangen solt. Nun hatte vor weniger Zeit der GroßFürst etliche Räuber einsetzen lassen / welche erstes tages solten abgetahn werden; unter denen fand sich ein Römer /der in Griechischer und Lateinischer Sprache wol erfahren wahr / nahmens Katullus / denselben ließ der GroßFürst vor sich allein fodern / und sagte in des jungen Herrichens Gegenwart zu ihm; du wirst dich erinnern / daß du umb Untaht willen dein Leben zehnfach verwirket hast / welches dir nicht als durch meine Gnade kan geschenket werden; wañ ich nun wissen solte / daß du forthin die Boßheit angeben / dich der Erbarkeit befleissigen / und diesen meinen jungen Sohn in Lateinischer und Griechischer Sprache fleissig unterweisen woltest / möchte dir vielleicht mehr gutes begegnen / als du dir jemahls hättest einbilden können; so gib mir nun hierauff richtige Erklärung /wessen du dich zuverhalten gesonnen seist / und gedenke ja nicht / mich mit betrieglichen Worten zuhintergehen / dañ soltestu wieder auff dein altes fallen /würde ich schon Mittel wissen / dich in meine Gewalt zubringen / und alsdann das neue mit dem alten zubezahlen. Dieser fiel vor dem GroßFürsten in die Knie /baht um Lebensfristung / und erboht sich / hinfüro ein frommes Leben zu führen / auch allen möglichen Fleiß in Unterweisung des jungen Herrlein anzuwenden; Worauff er demselben alsbald vor einen Lehr-und Hoffmeister zugeordnet / die übrigen sechs Räuber aber hin zur Richtstat geführet wurden / deren einem / weil er sich vor Katullus Anverwanten angab / und derselbe einen Fußfal vor ihm taht / das Leben geschenket ward / jedoch / daß er stündlich Teutschland räumen solte / welches er nit allein angelobete /sondern nachdem er mit wenigem von Katullus Abscheid genommen / sich hinweg machte. Herkules aber hatte gar kein Herz zu diesem Lehrmeister / und beklagete sich unterschiedliche mahl gegen seine Fr. Mutter / daß er einem Räuber müste untertahn seyn /und von demselben sich unterweisen lassen; und wer weiß / sagte er / ob er mich dereins nicht gar ermorden dürffte; welches aber als eines Kindes Rede verachtet ward / wiewol die Reue bald darauff folgete /gestaltsam er kaum vier Wochen diesem seinem Amte vorgestanden wahr / da ein armer Mann / die leidige Zeitung auff das Schloß brachte: Er hätte zween einzelne Männer ins Gehölze reiten sehen / deren einer einen schönen jungen Knaben vor sich auff dem Pferde geführet / dem der Mund mit einem Tuche zugestopffet / auch die Augen verbunden gewesen; und da ihm recht währe / hätte er vor diesem den Knaben mit einem kleinen Degen und Handbogen auff dem Schlosse gehen sehen. Dem GroßFürsten ward dieses alsbald kund getahn / und Katullus mit dem jungen Herrlein gesuchet / aber umb sonst / massen die Schildwachte berichtete / sie währẽ mit einander ihrer Gewohnheit nach aus dem Schlosse gangen / und hätte jeder ein Buch in der Hand getragen. Bald wurden die Pferde gesattelt / und musten 100 Reuter mit dem Zeitungsbringer auffs eiligste fort reiten / mit dem versprechen / da sie das Herrlein samt den Räubern lebendig einbringen würden / solte jedem drey Monat Sold geschenket werden. Diese macheten sich geschwinde auff den Weg / und geriet ihnen so wol /daß sie gegen den späten Abend alle drey unter einer hohen[576] Eichen sitzend antraffen / da sie ein wenig Brod zur Speise / und einen trunk Wasser aus einer vorüberflissenden Quelle hatten. So bald Katullus der Reuter inne ward / fassete er sein Brodmesser / uñ wolte damit vor erst das junge Herrlein / hernach sich selbst entleiben / geriet ihm aber durch der Götter abwendung keines; dann Herkules dieses sehend / wie er sehr gerader Gliedmassen wahr und noch ist / da er lebet / sprang geschwinde auff / uñ weich ihm aus dem Stich / wiewol er nicht allerdinge unbeschädigt blieb / sondern ihm das Messer in das linke Oberbein fuhr / und weil es vielleicht schon einen Bruch haben muchte / darinnen gar abbrach / daß über die helffte drinnen stecken blieb / und also der Mörder kein Mittel hatte / ihm selber Hand anzulegen. Herkules rieff /ungeachtet aller Schmerzen / heftig umb Rettung /welche ihm bald wiederfuhr / dann die Reuter drungen stark auff sie zu / sahen dz junge Herrlein bluten / und zogen ihm die zubrochene Messerklinge aus der Wunde / da inzwischen die anderen sich an die beyden Räuber machten / ihnen Hände und Füsse bunden / und mit sich auff den Pferden fortschleppeten / ritten auch die ganze Nacht / nachdem sie das Herrlein ein wenig mit frischen Kråutern verbunden hatten / biß sie folgenden Morgens sehr früh bey dem GroßFürstlichen Schlosse anlangeten. Der GroßFürst samt seinem Gemahl hatten diese Nacht die Kleider nicht abgeleget / da die Mutter mit stetem Weinen und Klagen wegen ihres verlohrnen allerliebsten Söhnleins anhielt / biß ihnen die fröliche Zeitung kam / daß das Herrlein gerettet / doch in etwas von dem Räuber verwundet wåhre / welcher dann alsbald zu seinen lieben Eltern hinauff getragen ward / durch müdigkeit und verblutung sehr abgemattet; erhohlete sich doch ein wenig / da er sich in seiner Fr. Mutter Armen befand /und sagte mit schwacher Stimme; die Götter haben mir das Leben erhalten / sonst würde ich schon erstochen seyn / muß mich deßwegen nach diesem mehr vor Räubern als vor den Wölffen vorsehen / und hat mir von Anfang her / wie ihr wisset vor diesem schlimmen Lehrmeister gegrauet. Die Mutter tröstete ihn / er solte zu frieden seyn / sie wolte nicht gönnen daß ein solcher Räuber ihm nach diesem vor einen Lehrmeister zugegeben würde; vor dißmahl solte er dem WundArzt fein stille halten / ob die Verbindung ihn gleich ein wenig schmerzen würde. Verbindet ihr mich nur recht / sagte er zu dem Arzt / ich wil euch gerne stille halten / nur daß mir der Schenkel nicht krum oder lahm werde / dann ich wil lieber sterben /als undůchtig werden / dereins Waffen zu führen. So bald er verbunden wahr / und der Arzt ihn versicherte / daß es nur eine Fleischwunde / und keine Gefahr zubefürchten währe / lachete er vor freuden / und sagte zu dem Arzt / mich deucht ihr seid gar zu gelinde mit mir umbgangen / dann mein H. Vater pfleget zu sagen; Weiche Aerzte machen faule Wunden. Nein Gn. Herrlein / antwortete er; Eure Gn. habe ich ja so scharff angegriffen / als wann ein starker Baur die Wunde gehabt hätte / wie er dann beteurete / daß er mit dem Wundeisen die tieffe recht erforschet / und er sich über des Herrlein Geduld verwundert hätte / welche bey vielen erwachsenen nicht währe; welches das Herrlein hörend / zur Antwort gab / ey so tuht die verwund- und Verbindung gleichwol so wehe noch nicht / als ich mir eingebildet hatte; foderte einen Trunk /und legte sich zur Ruhe. Inzwischen ward Katullus und sein Miträuber / der sein leiblicher Bruder wahr /auff der Folter / jeder absonderlich befraget / aus was Ursachen sie das unschuldige fromme Kind / welches ihrer keinen jemahls mit einigem Worte oder Augenwink beleidiget / hinweg[577] geführet hätten; wohin sie es führen wollen / und warumb es so schändlich verwundet worden. Worauff sie endlich durch erschrekliche schwere Pein übernommen / einhellig bekennet: Sie währen Gebrüder aus Mantua / hätten nach ihrer Mutter Tode ihren Stief-Vater erschlagen / umb dessen grosse Güter zugeniessen / die er ihnen ohn das schon erblich vermacht gehabt / und sie seinen Tod nicht abwarten wollen; weil aber der Hausknecht den Mord ohngefehr gesehen / hätten sie sich müssen aus dem Staube machen / wären nach vielen umlauffen / dieser örter in Teutschland angelanget / und in eine starke Räuber-geselschaft von allerhand Landsleuten gerahten / welche sich stehlens und Strassenraubes nehreten / bezeichneten auch den Ort / da sie sich auffhielten /und bekenneten ferner / Katullus hätte bey dem damahligen Gefangenen / dem das Leben geschenket worden / der Räuber-geselschafft zuentbohten / umb welche Zeit sie ihm ein Pferd senden solten / auff welchem er ihnen seinen Schüler zuführen wolte / den hernach seine Eltern mit grossem Gelde lösen würden; als er nun der folgenden Reuter gewahr worden /hätte er beydes das Herrlein und sich selbst ermorden wollen / währe aber durch des Messers Zerbrechung daran verhindert worden. So bald Herkules vom Schlaffe erwachet wahr / erzählete er seinen Eltern /wie Katullus etliche Tage her ihn mit sich hinaus vor dz Schloß hinter eine Hecke geführet / vorgebend / im grünen lernete sichs am besten; als er nu gestern ein grausen in seinem Herzen empfunden / und anfangs mit ihm nicht hinaus gehen wollen / einwendend / ihm wåhre etwas übel / hätte er ihm vorgetragen / er hätte des vorigen Tages ein Nest voll junger Hasen in der bekanten Hecke gefunden / welche sie ausnehmen /und auff ihrer Lerne-Stuben groß zihen wolten; wodurch er sich auffsprechen lassen / und währe mit ihm hinter die Hecke gangen / woselbst ihn der Räuber mit der dicken Faust vor die Stirn geschlagen (dessen er noch empfünde) / daß er nidergestürzet wåhre /hätte ihm alsbald ein zusammen gewickeltes Tuch in den Mund gestopffet / und eins umb die Augen gebunden / mit hoher Bedräuung / wo er einigen Laut von sich geben würde / wolte er ihm die Gurgel abschneiden; hätte ihn ein wenig fortgeschleppet / nachgehends sich zu Pferde gesetzet / und mit ihm auffs hefftigste davon geeilet / worauff es aber angesehen /oder wohin sie ihn führen wollen / hätte er nicht gewust / biß gegen den Abend sie sich mit ihm unter den grossen Baum gesetzet / und ihn heissen gutes muhts seyn / es solte ihm nichts böses widerfahren /nur müste der GroßFürst ihnen viel tausend Kronen vor seine Erlösung geben. Alsbald schickete der GroßFürst eine Reuter-Schaar 300 stark an den Ort /woselbst das Räuber-gesindle sich auffhielt / zwo grosse Tagereisen vom Schlosse gelegen / traffen die selben in guter Sicherheit an / und namen sie allesamt / an der Zahl LXXV gefangen / da sie gute Beute bey ihnen funden / und führeten sie mit sich / welche alle mit einander umb das Königliche Schloß her an Bäume auffgehenket wurden; So bald das Herrlein wieder gehen kunte / wurden die beyden Räuber hingerichtet / Katullus mit glüenden Zangen viermahl gezwakt / und hernach vier grossen hungerigen Wölfen vorgeworffen / die ihn jämmerlich zurissen / welches alles sein Bruder ansehen muste / der mit den Zangen verschonet ward / aber erstlich hefftig gestrichen / und nachgehends eben diesen Wölfen zur Speise übergeben; welcher Straffe Herkules zusahe / uñ sie doch nicht billichte / vorgebend / es währe zu grausam / mit einem Menschen dergestalt zu verfahren; hätte es auch gerne verbehten / wann ers erhalten mögen; seine Fr. Mutter aber[578] unterrichtete ihn / es müste solche scharffe Straffe ihnen angelegt werden /auff daß andere dadurch von dergleichen Vornehmen abgeschrecket würden / gestaltsam mannicher verwägener Bube / nicht so viel den Tod selbst / als die Pein fürchtete. Nach vollstrecketer Urtel wurden den Teutschen Schutz-Göttern nicht allein wegen geschehener gnädigen Rettung / viel Opffer geschlachtet /sondern auch / daß sie hinfüro sich des jungen Herrleins Heil uñ Wolfahrt wolten angelegen seyn lassen /welcher schon solche Lust / Kunst Tugend und Sprachen zulernen / in seinem Herzen empfand / daß er bey seinem H. Vater täglich anhielt / ihm einen geträuen Lehrmeister zuzuordnen; welcher aber ohn das schon hierüber bemühet wahr / und in Erfahrung brachte / dz ein vornehmer Teutscher Herr einen erkaufften Römer / Nahmens Tibullus bey seinen Kindern hielte / die nunmehr die Bücher beyseit legen /und dem Kriegswesen nachzihen solten. Diesen verschrieb der GroßFürst; und als er sich einstellete / ließ er ihn in beyseyn etlicher vornehmer Herren vor sich treten / und redete ihn also an: Was vernünfftige Eltern ihren Kindern schuldig sind / wolte ich den meinen ungerne entzihen / damit sie nicht dereins Ursach haben mögen / mich in der Grube zuverfluchen. Leib und Leben / Land und Leute hat dieser mein Sohn (der vor ihm stund) durch der Götter Gnade von mir teils empfangen / teils zuhoffen; welches alles aber ihn nit glükselig machen kan / dafern sein Gemüht wilde und ungebauet bleiben solte. Vor weniger Zeit setzete ich ihm einen Lehrmeister vor / welchem ich das Leben schenkete / da ich ihn auf offentlichem StrassenRaube ertappete / vermachte ihm daneben eine ehrliche Jahrsbestallung / und ließ ihn bey meinen vornehmsten Hofeleuten / ja zuzeiten / wann ich allein wahr / über meinem Tische Speise nehmen / ihn durch solche Gnade anzulocken / daß er bey meinem Sohn Träu und Fleiß anwenden solte; welches er aber mit solchem schändlichen Undank ersetzet hat / daß er anfangs mein liebes Kind mir zurauben / nachgehends gar zu ermorden sich unterwinden dürffen / dessen ich / andern zum Beyspiel / ihm abscheuhliche Straffe erteilen müssen. Nun habe ich zu dir viel ein ander Vertrauen / als dessen Frömmigkeit / Wissenschafft und Fleiß mir von deinem vorigen Herrn gerühmet ist / daher ich dir nicht zum Schrecken / sondern zur blossen Erkäntniß jeztgedachte Begebniß vorstellen wollen / der Hoffnung gelebend / du werdest nit minder bey mir / als vorhin bey andern dich redlich und träufleissig finden lassen / so daß du diesen meinen Sohn ohn alle gegebene ärgerniß (welche der Jugend schädlichster Gifft ist) zur Furcht und Liebe der unsterblichen Götter haltest / der Tugend innerliche Schönheit ihm angenehm und bekant machest / und in Griechischer und Lateinischer Sprache /auch andern Wissenschafften ihn unterweisest. Wirstu dieses nach Vermögen leisten / so sol dir überflüssig an Speise uñ Trank / Kleidung und geziemenden Schmuk gereichet / ein Reitpferd samt einem Diener gehalten / und zur jährlichen Bestallung 400 Kronen ausgefolget werden / nebst Fürstlicher Versprechung /daß ich dich über acht Jahr reichlich begabet / in vollkommene Freyheit setzen / und in dein Vaterland zihen lassen wil; würde dir aber gefallen / bey mir zubleiben / soltu bey mir haben / was du wünschen wirst / und dein Stand ertragen kan. Tibullus durch so hohes versprechẽ fast entzücket / setzete sich vor dem GroßFürsten auff die Knie / und nachdem ihm von demselben ernstlich befohlen wahr aufzustehen / antwortete er also: Großmächtigster Großfürst / gnädigster Herr; Euer GF. Durchl. ich unwirdigster Knecht /finde weder Worte noch[579] Vermögen / eine so hohe Gnade zubeantworeen / gestaltsam ich meine Leibeigenschafft wol erkenne / in welcher ich schon über ein Jahr / wiewol in leidlicher Dienstbarkeit zugebracht habe / nachdem ich im Streit / da ich XVII Jahr alt wahr / gefangen / uñ nach Kriegsbrauch meiner Freyheit beraubet bin. Daß nun Eure GF. D. mir einige Hoffnung / selbe dereins wieder zuerlangen / gnådigst machen wollen / verbindet mich ungleich mehr zu aller Träue und möglichem Fleisse / als wann mir eine ganze Herrschafft wirklich eingeräumet würde / massen ich von einem vornehmen Römischen Herrn / wiewol als ein Bastard Sohn erzeuget / und auff den fall meiner Freyheit von demselben grosse Befoderung zuhoffen habe. Ich bin zwar erst von XIIX Jahren / aber von erster Jugend an in Künsten und Sprachen wol unterwiesen / da ich kaum aus der Schuele trat / uñ wie gesagt / in die Knechtschaft fiel / verspreche auch bey Verlust aller Götter Gnade / und daß dieselben mich mein geliebtes Vaterland nimmermehr wieder sehen lassen / dafern ich einiges vermögen spare / in unterweisung dieses Durchleuchtigen jungen Herrleins anzuwenden / dessen Augen und Bezeigung nebest der vortrefflichsten Gestalt mir schon einen gewünschten Verstand und Liebe zur Tugend sehen lassen / daher ich nicht zweifele / die Götter werden aus ihm schier heut oder morgen einen solchen Fürsten werden lassen / dessen Ruhm und Tahten den grösten Teil der Welt durchschallen sollen. Dafern nun Eure GF. D. gnädigst geruhen wird / mir etliche begehrte Bücher von Köln zuverschreiben / wil mit der Götter Hülffe diesen jungen Fürsten ich in wenig Jahren so weit anführen / daß die allerschweresten GeschichtBücher der Griechen und Lateiner er ohn mühe lesen und verstehen sol. Dieses Versprechen ließ ihm der GroßFürst wol gefallen / gab ihm alsbald neue Kleider / und räumete ihm ein lustiges Gemach ein / da dann das junge Herrlein so willig zu den Büchern wahr / daß man ihn davon reissen / und zum essen nöhtigen muste; dann er liebete diesen seinen Lehrmeister herzlich / welcher ein geschikter frommer und Gottfürchtiger Mensch wahr / hatte auch solche Zuneigung gegen diesen seinen Schüler (welchen er einen Wundermenschen zunennen pflegete) gefasset /daß ihn dauchte / er würde ihn schwerlich sein lebelang verlassen können; Der junge Herr lernete auch in zwey Jahren so trefflich / daß er nicht allein Latein uñ Griechisch fertig lesen und artig schreiben / sondern ein jedes Ding in diesen Sprachen nennen / und was er begehrete / ohn Anstoß fodern kunte. Kurze Zeit nach Bestellung dieses wolgerahtenen neuen Lehrmeisters / besuchte der Großmächtigste König in Böhmen Herr Notesterich / seinen Schwager und Oheim GroßFürst Henrich / dann er hatte dessen / und meiner Fr. Mutter leibliche Schwester zum Gemahl / führete auch seinen Sohn und einigen månlichen Erben des Königreichs Herrn Ladisla mit sich dahin / welcher der Zeit ohngefehr von X Jahren / und drey Jahr älter als Herkules wahr. Pharnabazus fiel ihm hier in die Rede (weil er der GroßFürstin Saptina einen Trunk muste bescheid tuhn) und sagte: Diesen Fürsten und jetzigen König in Böhmen kenne ich / dann er hielt gleich zu meiner Zeit mit des Stathalters zu Padua Frl. Tochter daselbst Beylager / da ich die grosse Ehre gehabt / so wol dem Freystechen als Ringelrennen beyzuwohnen / und zwar unter dieser Gunst / daß man mir allerdinge unbekanten den höchsten Preiß (ob ichs gleich nicht verdienete) eingeliefert hat / der mir insonderheit wegen des Ringelrennens nicht gebühret håtte / massen Fürst Herkules mir im selbigen weit überlegen wahr / und muß bekennen / daß[580] ein so vollkommener Meister dieses Spiels mir niemahls vorkommen ist / gestaltsam er nie keinen FehlRitt taht /sondern allemahl das Ringelein sehr künstlich / und bald mit der rechten / bald mit der linken Hand hin weg nam / welches allen Zusehern grosse Belustigung uñ verwundern erweckete; Weil er aber bald anfangs sich bedingete / daß er nicht umb den Preiß / sondern bloß zur Ergetzung mit rennete / habe ich mir den Dank müssen auffdringen lassen. Phraortes der GroßFürst fragete / ob dann dieser Fürst nicht mit gestochen hätte; Nein / antwortete er / dann so viel ich verstund / hatte er neben seinen Gesellen König Ladisla /(welcher so wol als jener / sich nur bloß einen Herrn nennen ließ) das Ritterspiel angestellet / wiewol ihm bald anfangs dieses Stechens ein sehr verwägener Ritter auff Leib und Leben absagen ließ / mit dem er aber ausser den Schranken bald fertig ward / und ihm seines Schwerts Schärffe dergestalt mitteilete / daß ich gerne bekenne / dergleichen Gefecht nie gesehen zuhaben. Er ist noch sehr jung / und hat noch kein Häärlein umb den Mund / wuste sich aber auff der Schau Bühne dermassen ernsthafftig und freundlich zuhalten / daß jederman ihn beydes zulieben und ehren gezwungen ward. Zu seiner Rechten saß ein wunderschönes Fräulein / deren er mit reden gar geheim wahr / und ließ ich mich berichten / daß sie eines sehr vornehmen Römischen Herrn Tochter / und mit König Ladisla Gemahl blutnahe verwand währe /und hätte er sie vor weniger Zeit aus der Hand eines mächtigen Römischen Ritters erlöset / würde sie auch ehistes heyrahten. Diese lezten Worte durchschnitten Herkuliskus das Herz und die Seele dermassen / als ob ein Blitz oder Donnerkeil dadurch gefahren währe / er erbleichete gar im Angesicht / und meynete vor Herzensangst den lezten Geist und Odem auszublasen / so daß die Hände bey ihm nidersunken / uñ das Häupt auf seine rechte Schulder sich neigete; dessen Arbianes wahrnemend / schleunig aufsprang / ihn rüttelte und schüttelte / auch mit einem Glase Wein unter dem Gesichte begoß / daß er endlich wieder zu sich selber kam. Frl. Barsene kunte dasmahl ihre Zuneigung nicht bergen / sondern trat mit hinzu / und fragete mit bewäglicher Stimme / ob ihm eine Machtlosigkeit zustiesse; worauff er sich bald ermunterte / und ihr zur Antwort gab: Er wüste selbst nit eigentlich /wie ihm geschähe / welches die ganze Zeit seines Lebens ihm niemahls begegnet / schämete sich auch fast sehr / in so Hochfürstlicher Geselschafft einige Ungelegenheit zumachen / und gab vor / er müste sich etwa in heutigem Gefechte zu hefftig bemühet haben; baht endlich bey Pharnabazus umb Verzeihung / daß er seine Erzählung gestöret hätte / und hielt fleissig an /sein vorgenommenes auszuführen / wie das Stechen abgelauffen / und ob sein Oheim Herkules das treffliche Fräulein schon geheyrahtet hätte; worin er ihm gerne zuwillen wahr / auch endlich hinzu taht / er hätte Fürst Herkules angeloben müssen / nach geendigter seiner Reise nach Rom / ihm zu Padua zuzusprechen / aber wie er daselbst wieder ankommen /währe die ganze Stad vol traurens gewesen / wegen des Verlusts einer jungen Fräulein / Königs Ladisla Frl. Schwester / welche von Räubern entführet / und von Herkules / Ladisla / und des Stathalters Herrn Fabius Sohn embsig nachgesuchet würde. Herkuliskus bestürzete wegen dieser Rede / fürchtete sich sehr / in Argwohn genommen zuwerden / uñ antwortete als aus grosser Verwunderung: Ach mein Gott! ist dieses allerliebste Fräulein / meine nahe Anverwantin dann auch geraubet worden? jezt erinnere ich mich eines Teutschen Pfaffen unglükliche / aber wie ich vernehme / warhaffte Weissagung / welcher / da[581] ich mit diesem Fräulein einsmahls spielete / zu den anwesenden sagete: Diese beyde werdẽ fast auff eine Zeit verlohren / aber nicht auff eine Zeit wieder gefunden werden; fragte auch fleissig nach / wie lange es wol seyn möchte / daß dem Fräulein solches Unglük zugestossen / uñ ob Herkules und die andern mit starker Geselschafft zur Nachsuchung ausgezogen währẽ. Er antwortete: Die Entführung währe ohngefehr vor vier Monat geschehen; sahe in sein Handbüchlein / und fand / daß es CXIIX Tage währen; meldete nachgehends / daß wie Herr Herkules der Fräulein Verlust erfahren / er wie ein todter Mensch zur Erden niedergesunken währe / daß jederman gemeynet / er hätte sein Leben vor grosser Herzensprast und Angst auffgegeben; nachdem er aber wieder erquicket worden /hätte er ohn genommenen Abscheid sich mit etlichen zu Pferde gesetzet / und X Räuber / die eine gefangene Jungfer von der Fräulein Geselschafft bey sich gehabt / in einem Flecken angetroffen / und sie alle seinem Gesellen übergeben / ohn daß er mit einem Räuber sich zu fusse davon gemacht / umb das Fräulein zu suchen / und wie er ausgeforschet / daß sie nach dem Meer zugeführet worden / ihr alsbald gefolget; sein Geselle aber H. Ladisla und der junge Fabius hätten sich hernach mit zwey ausgerüsteten Schiffen auffgemachet / beydes das Fräulein und ihren Freund Herkules zusuchen / wie mir solches / sagte er / von einem vornehmen Rahtsverwanten zu Padua elzählet. Wie kunte aber mein Oheim Herkules sein geliebtes Römisches Fräulein so verlassen / sagte Herkuliskus /und dieser verlohrnen nachsetzen? dann ob sie gleich nahe verwand / gehet doch ohn Zweifel die Liebe der Blutfreundschafft vor / insonderheit / weil ich versichert weiß / daß er dieser Fräulein sehr wenige Kundschafft hat. Ja / antwortete er / eben aus dieser eiferigen Nachfolge und erzeigeter grosser Traurigkeit hat man eigentlich gemuhtmasset / daß sein Herz einer andern / als dieser Römerin / müsse geschenket seyn; und die runde Warheit zubekennen / gab ich genaue acht auff seine Unterredung / die er auff der SchauBühne mit dem Fräulein führete / merkete aber an ihm durchaus keine solche Blicke / welche den verliebten Geist zuverrahten pflegen. Doch hält dieses Fräulein sich annoch zu Padua auff / mag auch etwas Hoffnung zur künfftigen Heyraht haben / welches ich so eben nicht wissen kan / aber ohn Zweifel ist es / daß sie mit der Böhmischen Jungfer / die ein sehr feines adeliches Bilde von Leibe und Gestalt ist / insonderlicher Freundschafft lebet. Durch diese Reden ward Herkuliskus wieder erquicket / und feindete sich selber an /daß er solche Gedanken von seinem auffrichtigen ergebenen Herkules ihm einbilden können / fassete auch die gewisse Hoffnung der schierkünfftigen Erlösung /weil man in Nachsuchung seiner so embsig wahr /schlug alle Furcht und Gefahr aus dem Sinne / und trug fast Verlangen dem Parther Könige geliefert zuwerden / der festen Zuversicht / dessen Gemüht durch ehrliebende Reden von aller unbillichen Liebe oder anmuhten abzulenken / uñ in Erzeigung seiner Großmühtigkeit und Waffen-Erfahrung / sein weibliches Geschlecht zuverbergen / darinnen er sich aber betrogen fand. Pharnabazus sahe / daß seine Mattigkeit sich geleget hatte / und meynete ihn zu fernerer Erzählung von Herkules Leben anzuführen / aber der GroßFürst befürchtete / es möchte ihm die Ohmacht wieder kommen / und hielt vors beste / daß man sich zur Ruhe begäbe / weil es ohndas zimlich späte / und ihm folgendes Tages viel Geschåffte oblagen; womit das Frauenzimmer wol zufrieden war / ohn daß Frl. Barsene gerne noch etliche Stunden bey ihm hätte sitzen mögen / die in ihrem Gemüte alle gedanken[582] umlauffen ließ / durch wz mittel sie ihm ihre herzliche ehrliebende Zuneigung uñ verliebete Seele zuverstehen gebẽ könte / worauf sie auch die ganze Nacht über bedacht war. Arbianes eriñerte damals seinen geliebten Herkuliskus der heutigẽ anmuhtung / uñ dz er sein Schlafgeselle zu sein sich nit wegern möchte der ihm zur Antwort gab: Er wäre seinẽ Fürsten nach aller mögligkeit auffwärtig / fürchtete aber sehr / demselben hiedurch Ungelegẽheit zu schaffen / angesehen sein getahnes Gelübde ihn verbünde / keine Nacht ausser den täglichen Kleidern zu schlaffen / biß er sehen würde / was eigentlich Gottes Versehung mit ihm vor hätte. Dieser ließ sich dadurch von seinem Vorhaben nicht abwendig machen / so gar / daß er sich er boht /gleichergestalt in seinen Kleidern zu schlaffen / daher Herkuliskus alle entschuldigung benommen ward /und mit ihm nach Bette gehen muste / stellete sich auch / als ob er geschwinde fest eingeschlaffen währe / welches Arbianes von weiterem Gespräche abhielt /weil er ihn in der Ruhe nicht stören wolte / wie wol er aus Herzbrüderlicher Liebe ihn etlichemahl freundlich küssete / auch ihm den Arm unterlegete / in welchem er die halbe Nacht hindurch lage. Des Morgens / da sie vom Schlaffe erwacheten / suchte Arbianes die vertrauliche Freundschafft mit ihm fester zu legen / uñ redete ihn mit diesen Worten an: Ihr mein allerliebster und werdester Freund / ich kan mich nicht gnug verwundern / aus was Ursachen ihr euch so niedrig und unwerd halten möget / da doch eure allernäheste Blutverwanten / Könige und GroßFürsten sind / woraus dann Sonnen klar erscheinet / daß ihr eben des Standes seyn müsset; so gelanget demnach an euch mein freundliches Ersuchen / mich hinfüro mit hohen Ehren-benahmungen nicht zu beschweren / wie gestriges tages mit meinem Verdrus geschehen ist. Meine herzliche Zuneigung gegen euch an den Tag zugeben /kan ich durchaus nicht umbhin / welcher LiebesBrunnen die Gedanken meiner Seele durch der ZungenDienst aus dem innersten hervor treibet / daß ich bey euch Ansuchung zu tuhn gezwungen werde / mich forthin vor einen Bruder auffzunehmẽ (weil ihr ja von meiner Fr. Mutter vor einen Sohn erwählet seid / und vor einen solchen Verbundenen mich zu halten) der hiemit äidlich verspricht / sein Leib und Leben / und alles was ich irgend bin uñ vermag / ohn einige Bedingung oder Außnahme zu eurem besten anzuwenden. Wann ihr nun nicht die Ursach meiner stetswehrenden Traurigkeit und betrübnis sein wollet / werdet ihr meine getahne Bitte bey euch Stat und Raum finden lassen. Herkuliskus wahr aus allen seinen Handlungẽ gnug versichert / dz er nichts ertichtetes redete /wolte sich auch nicht unhöfflich gegen ihn stellen /noch sein Ansuchen abschlagen / und antwortete ihm also: Ach mein allerliebster Fürst / und herzengewogener Freund; mit was Diensterweisungen kan oder sol ich immer und ewig diese hohe angebohtene Gunst ersetzen / welche recht zubetrachten / mein Gemüht viel zu unverständig / mein Herz viel zu blöde ist; muß demnach ich die Vergeltung bloß allein von Gott erbitten / welcher dañ ohn zweiffel diese mir armen geraubeten Jüngling erwiesene Gnade zubezahlen sich wird finden lassen. So viel meinen Stand betrifft / wird derselbe zwar in meinem Vaterlande Fürsten gleich gehalten / weil mein Vater ein gewaltiger Feldherr über mehr als 100000 Mann wahr wie wol der Geburt nach nur Herren-standes / wie etwa Herr Mazeus / dabey ich doch nicht leugne / daß meine Fr. Mutter des mächtigsten GroßFürsten der Teutschen eheleibliche Tochter ist. Aber gesetzet / ich währe mit meinem allerliebsten Fürsten gleiches Standes; bin ich dann[583] nicht ein armer geraubeter Knabe / von den meinen so weit entfernet / daß meine Heimführung niemande als dem Alwaltigen Gott möglich ist? doch weil unangesehẽ meines Elendes / mein gnädigster GroßFürst und Herr / Herr Phraortes mir so hohe Gnade wiederfahren lässet / daß er mich als einen Fürsten hålt / und meine gnädigste GroßFürstin sich mir zur Mutter angebohten / muß ich dann nicht hin wiederumb / nicht allein deren Durchleuchtigkeiten /sondern auch ihrem wirdigen Sohn die gebühliche Ehre bezeigen? Mein Fürst beut meiner Unwirdigkeit den liebreichen Bruder Nahmen an: O währe ich in dem Stande / daß denselben anzunehmen ich in etwas nur möchte bestand seyn! von Brüderlicher Bewågung / die mich zu meinem Fürsten hinreisset / ist mein Herz auffgequollen / sol auch in meiner Seele beståndig verbleiben / wann sie schon von dem Leibe als ihrer kümmerlichen Herberge frey und loß seyn wird; unterdessen aber gönne mir mein Fürst / bitte ich sehr / ihn zum wenigsten nur in anderer Leute Gegenwart gebührlich zu ehren / daß nicht durch dessen unterlassung ich von andern unhöfflich angesehen werden /und daher in verachtung fallen möge; wann als dañ meinem werten Fürsten es also gefället / ihm / da wir ohn auffmerker allein seyn / den süssen Brudernahmen mit der Zungen zuzulegen / den das Herz ohn auffhören außruffet / wil ich gerne und willig gehorsamen. Auff dieses Erbieten umbfing ihn Arbianes Brüderlich / und schwuren einer dem andern alle mögliche Träue / als lange sie an beyden Seiten (welches Herkuliskus nicht ohn Ursach hinzu taht) der wahren Fürstlichen Tugend sich befleissigen würden. Worauff Arbianes einen schweren Seufzen ließ / und mit trähnenden Augen zu ihm sagete: O mein trauten Brüderchen / wie ängstet sich meine Seele / daß ich des vermögens nicht bin / eure Lieferung nach Charas zu hindern; doch werde ich noch mannichen gedanken fassen / ob ich etwas darzwischen werffen möchte. Stille stille mein allerliebster Fürst und Bruder / antwortete er / und lasset bey Leib und Leben euch solches Vornehmens nicht gelüsten; dann hat Gott es also beschlossen / je warumb solte ich mich dann wegern / dem grossen Könige mich darzustellen? wer weis / ob er nicht noch Mitleiden mit mir hat / wann er meines Unfals berichtet wird? ist aber alle Liebe zur Tugend und Erbarkeit in ihm erloschen / weis ich doch noch ein Mittel mich von seiner Greuligkeit loßzubrechen. Nicht destoweniger gehe es nach Gottes Willen / ich bleibe von Charas nicht hinweg / nachdem ich einmahl vernommen / daß eurem H. Vater einige Gefahr auff meiner nicht-Lieferung stehen könte; daher wird mein Fürst und Bruder die Befoderung tuhn / daß ich ehist dahin geführet werde; dann je zeitiger ich dahin komme / je früher ich diesen lieben Ort besuchen kan. Arbianes wünschete hierauff / daß er mit zihen / und einerley Glük und Gefahr mit ihm gemein haben möchte / jedoch wolte er die Tage seiner Anwesenheit nicht kürzen lassen / die sein H. Vater ihm gestriges tages versprochen / gelebete auch der Hoffnung / er selbst würde ihm diese kurze Zeit seiner Glükseligkeit gönnen. Machten sich hiemit von ihrem Lager auff / und gingen nach dem grossen Gast-Saal /woselbst das Frauenzimmer ihr Gespräch von Herkuliskus führete / und dessen nicht eins werden kunten /ob Schönheit / oder Verstand / oder Liebe zur Tugend / oder Freundligkeit / oder Waffens erfahrenheit / oder der unüberwindliche Muht am meisten an ihm zu rühmen währe. Als er zum Gemache hinein trat / und vor erst der GroßFürstin / nachgehends Fr. Roxanen und Frl. Barsenen die Hände mit sonderlicher Anmuhtigkeit küssete /[584] ward er nicht anders als ein Sohn uñ Bruder empfangen / wie wol das Fräulein ihm den Bråutigams Nahmen am liebsten gegeben hätte; nam ihr auch gänzlich vor / bey erster Gelegenheit ihm die Rede vorzutragen / welche sie diese Nacht außgesinnet hatte / welches aber diesen Tag sich nicht fugen wolte / aber des nähstfolgenden glückete es ihr / daß sie auff einem Umgange sich bey ihm allein befand /weil Arbianes von seinem Herr Vater weg gefodert ward / fing demnach mit schamhafftigen Geberden folgende bewägliche Rede an: Wann die Liebe durch Tugend erwecket / der ganzen erbaren Welt wol anstehet / kan ich meine Gedanken dessen nimmermehr bereden / daß in tieffer Nachsiñung euer volko enheiten sie einigen Verweiß verdienen mögen / es währe dann / daß allein Barsene in dem sündigte /was andern als gut und löblich außgeleget wird; weil aber dieses eine unwitzige Furcht seyn wolte / scheuhe ich mich nicht zu bekennen / daß der göttliche Herkuliskus seiner Barsenen Herz durch alles was an ihm ruhmwirdig ist / ihm dergestalt zu eigen verbundẽ hat / daß ihr der Tod angenehmer / als die Vermeidung seiner Gegenwart seyn würde / dessen sie doch keines so gar zeitig hoffet. Versichert euch / mein in ehrẽ höchstgeliebter freund / das mein Herz sider des grimmigen Tihrs Erlegung ohngeruhet bemühet ist / wie durch eine Wiedergeltung meines dazumahl erhaltenen Lebens ich anzeige tuhn möge / wie bereitwillig ich bin / meinem Erretter dankbar zu seyn / so dz auch sein Leben und was dem anhängig ist / der instehendẽ gefahr entrissen werde; zwar durch Krafft uñ Stärcke vermag ich weniger als nichts / wiewol mein Gemüht fast nicht zweiffelt / ein Mittel erfunden zuhaben / durch welches mein teurer Herkuliskus nicht allein bey Mañheit / Ehr / und Leben bleibe / sondern auch bey seiner geliebten Fr. Mutter frisch und gesund anlange. Wovor ich ihn vor seinem Bette neulicher Zeit gewarnet / ist leider mehr als gewiß zubefahren / dann aus was vor Ursachen wolte man ihn dem unzüchtigen Könige sonst zuführen? Töchter und Nifftel hat er nicht / die man ihm zu verheyrahten gedächte / sondern der Zweg dahin mit ihm gezielet wird / ist Laster und Schande / dessen schnödes Werkzeug er wird wieder seinen Dank und Willen seyn müssen. Nun ist der gerechten Römer Gebiet nicht sogar weit von hinnen / welches wir in wenig Tagen mit schnellen Pferden erreichen können / uñ ich den richtigsten Wegweiser mit verheissung einer Anzahl Kronen bald zu wege bringen wil. Mein allersüssester Freund wolle nur sein Herz ansprechen / ob dasselbe mir die Herberge einer stetsbleibenden Ehefreundin gönnen und geben kan / alsdann getraue ich den Göttern / sie sollen mit uns reiten / und unsern Pferden die Sporen geben / in solcher Sicherheit und Beschirmung / wie solches eure Volkommenheit und meine herzliche Liebe verdienet. Dafern aber meinem Freunde weder der Anschlag noch die Bedingung gefället / wird er zum wenigsten hieraus ein Zeichen fassen / daß zu vergeltung der mir geleisteten LebensRettung ich nichts zu sparen gemeinet bin / wodurch ihm einiger Weise angenehme Freundschafft kan erzeiget werdẽ. Herkuliskus hätte sich einer solchen Erklårung nimmermehr versehen / daher er sich auff eine Antwort so schleunig nicht besinnen kunte / jedoch sie zu keiner Verzweiffelung oder Wiederwillen zu reitzen / umbfing er sie mit beyden Armen / boht ihr auch unterschiedliche züchtige Küsse / und bedankete sich herzlich der hohen ehrliebenden Zuneigung / die er mit einer solchen Liebe zuersetzen äidlich angelobete / welche nimmermehr fehlen solte / so viel in seinem Vermögen währe; wolte demnach hiemit versprechen /[585] sie vor seine stets bleibende herzens Freundin zu halten / nur daß sie nicht im ungleichen verstehen möchte / dz auff getahnen Vorschlag er nicht alsbald Antwort gäbe / weil der Sachen Wichtigkeit eine kurze Bedenkzeit erforderte. Er wolte weiter reden /hätte sich auch fast erkühnet ihr sein weibliches Geschlecht zu entdecken; weil er aber Fr. Roxanen he zu nahen sahe / (welches ihm sehr lieb wahr) gab er seiner Rede die Endschafft / mit versprechung gegen Abend sich völlig herauszulassen. Fr. Roxane hatte daß Herzen und Küssen dieser beyden ohngefehr durch ein Fenster gesehen / wobey ihr nicht so gar wol wahr / weil sie sich einer ungebührlichen Liebe zwischen ihnen vermuhtete / welches sie doch ihrer keinem zuschreiben durffte / und daher in zweiffel stund / ob sie sich ihrer Wissenheit solte merken lassen; redete anfangs mit beyden freundlich / biß Herkuliskus Abscheid nam / da erinnerte sie ihre Frl. Schwester / es pflegte bey fremden Argwohn zuerwecken / wann die Fräulein mit Mannesbildern allein umbgingen / zwar sie hätte deßwegen gar keine Sorge / aber böse Nachrede zu meiden müste man sich offt mich in diesem mässigen / welches an sich nicht ärgerlich währe / weil es böse Mäuler ungleich außdeuten könten. Das Fräulein befand sich durch diese Züchtigung in etwas beleidiget / verschmerzete es doch / mit Vowendung / sie gläubete nicht / daß jemand hierdurch könte geärgert werden / was zwischen ihnen vorgangen währe; wolte sich doch ihrer Erinnerung schon wissen gemåß zuverhalten / und dabey dañoch der gebührlichen Höffligkeit nicht vergessen /durch welche sie gehalten währe / von redlichen Leuten nicht bäurisch hinweg zulauffen / welche sie unter dem freien Himmel zusprechen begehreten; wie sie dann diesem Tugendhafften züchtigen Jünglinge /wegen ihres Lebens Errettung vor dem Tiger / noch wol schuldig währe / seine Reden anzuhören / welche auff nichts als Erbarkeit zieleten. Ihre Schwester wolte sich mit ihr nicht zweien / fassete sie bey der Hand / und ging mit ihr zu der GroßFürstin / auff deren Zimmer sie ingesamt den ganzen Tag / mit mancherley Spiel zubrachten / weil der GroßFürst und Pharnabazus mit geheimen wichtigen Händeln beschäfftiget / erst zur Abendmahlzeit sich einstelleten /nach deren Endigung Herkuliskus das Fräulein haussen vorm Gemache allein antraff / da er nach gegebenem Kusse zu ihr sagete: Hochwertes Herzgeliebtes Fräulein / ich wiederhohle nochmahs / daß mein Unvermögen ihre hohe mir erzeigete Gewogenheit nimmermehr vergelten kan / ob ich mich ihr gleich zum untrenlichen Freunde geliefert und äidlich verbunden habe. Ihren heutigen Vorschlag liesse ich mir gerne mit gefallen / zweifele auch fast nicht / er dürffte glüklich von statten gehen / dafern solches unser Glük nicht anderer Leute / und zwar unserer besten Freunde gewisses Unglük und Verderben nach sich führete /gestaltsam der grosse König Artabanus ungezweiffelt davor halten würde / es währe unsere Flucht mit des GroßFürsten Vorbewust und einwilligung vorgenommen / worüber er in Land- und Lebensgefahr gerahten würde; zugeschweigen / daß der GroßFürst nicht anders muhtmassen könte / als Herr Mazeus hätte unsers tuhns gute Wissenschaft / oder zum wenigsten dessen Gemahl / eure Fr. Schwester. Was vor Unheil nun denen hieraus erwachsen würde / ist unschwer zuerrahten. Weil ich aber tausendmahl lieber sterben /als zu solchem Ubel Ursach geben wolte / müssen wir unsern Rahtschlag nohtwendig endern / und die Reise nach Charas einwilligen / daß ich dem Könige dargestellet werde; da ich dann meinem Herzgeliebten Fräulein teur versprechen wil / aus diesen Ländern nicht[586] zuscheiden / als mit ihrem guten Willen und volkommener Erlaubniß. Solte sie aber wegen der vor Augen schwebenden Gefahr meiner Ehren / und was dem anhängig / in einiger Furcht stehen / so versichere ich sie bey dem heut geschwornen äide / daß ich ungezweifelte Mittel weiß / mich davon loßzubrechen / welche mir entweder gerahten müssen / oder der schandbahre König sol mir sein Leben lassen / ehe und bevor ichtwas ungebührliches an mir verrichtet wird. Das verliebete Fräulein / da sie sahe / daß er sich nicht wolte abschrecken lassen / wolte ihn dannoch ihrer Liebe versichern / uñ durch einen äid versprechen / ihr Herz nimmermehr keinem andern als ihm zuzuwenden / welches Herkuliskus merkend / ihr in die rede fiel / und sie durch Gott baht / damit einzuhalten / weil er ihrer herzlichen geträuen Liebe schon gnug vergewissert währe / daß sie also mitten in der Rede abbrach / und ihr vornehmẽ nicht vollführete. Es hatte aber Pharnabazus des vorigen Tages eine sonderliche Gunst diesem Fråulein zugewendet /dessen er sich gleichwol nicht merken ließ / und ging die GroßFürstin eben mit den Gedanken umb / sie ihm zufreyen. Inzwischen wuste der verschlagene Herkuliskus sich allerseits in die Possen zuschicken /indem er sich an diesem Orte teils vergeblich von dem Fräulein / teils ungenehm von Arbianes muste lieben lassen; dann dieses Schlaffgeselle zuseyn / war ihm nicht allein zuwider / sondern fürchtete sich fast /ihren geliebten Bräutigam dadurch zubeleidigen /oder doch dermahleins bösen Verdacht und schlimme Nachrede zuerwecken.

Unterdessen reisete Ladisla mit seinen Gefärten und Dienern frisch fort nach dem Parther Lande zu; dann da sie von Seleuzia abschieden / gingen sie gar sicher und unangefochtẽ biß an den Eufrat / da sie in Mesopotamien kahmen / und zween Tage ohn Hindernis fortzogen; Am dritten Tage aber sahen sie sechs gewaltige grosse Ritter auff starken Hengstẽ gerade auff sie zu reiten / da Ladisla zu Fabius sagte: Geliebter Bruder / es scheinet fast / ob wolten uns jene Landsknechte rechtfertigen / werden uns demnach in etwas vorzusehen haben / befahl auch den Dienern /das Gewehr fertig zuhalten / und auff Begebenheit /ihren Herren frisch nachzufolgen / doch / daß Mardus der Dolmetscher / weil er unbewapnet war / und solcher Spiele ungeübet / sich des Streites enthalten solte. Je nåher jene sechse an sie kahmen / je mehr sich die unsern über ihrer Leibes-grösse verwunderten / und vermuhteten sich eines harten Puffes / dessen sie sich doch wenig entsetzeten / schicketen auch Mardus an sie / umb zufragen / wie weit sie noch zu einer Stad hätten / weil sie fremde und des Weges unerfahren währen; dem sie aber keinen Bescheid erteileten /sondern kurzumb zuwissen begehreten / was vor Leute sie währen / wohin sie gedächten / und woher sie kämen. Ladisla / dem dieser Frevel zu Häupte stieg / antwortete durch den Dolmetscher / ihre Reise währe eilig / daß sie nicht der Zeit håtten / langwieriges Gespräch zuführen / achteten sich auch nit schuldig es zubeantworten / weil man sie ihrer ersten Frage nicht vergnügen wolte. Hiemit war dem Tanze schon gnug gepfiffen / massen diese ungeheure Rulande solche trotzige Reden / wie sie es auslegeten / nicht verschmerzen kunten / griffen demnach zun Schwertern /und sageten: weil ihnen dann die Reise so eilig währe / wolten sie ihnen den Weg kurz gnug machen; befahlen ihren sechs Knechten stille zuhalten / und fielen ohn ferner Wortwechseln einmühtig auff die unsern an / welche ihr Gewehr auch nicht lange in der Scheide stecken liessen / und gnug zuvernehmen gaben /daß sie nicht willens währen / ihr Blut wolfeil zuverkauffen /[587] weil sie ohndas an der Zahl sich gleich schätzeten / nicht anders gedenkend / ihre Diener würden ihre Schuldigkeit betrachten / und zugleich mit auff den Feind ansetzen; worin sie sich aber zeitig betrogen funden; dann diese ungeträue Buben hielten anfangs stille / uñ sahen dem Gefechte nur zu / unter der Hoffnung / es solten ihre Herren bald den kürzern zihen; als aber unsere drey Helden diesen sechsen gewachsen wahren / und sich mit ihnen dergestalt umtrieben / dz deren zween im ersten Anfall zimlich verwundet wurden / begaben sich der unsern Diener gar auff Feindes seite / und schlugen auff ihre eigene Herren ungescheuhet mit zu; worüber Ladisla sich so hefftig erzürnete / daß er / ungeachtet aller Gefahr /sich an seinen meinäidigen Diener machete / uñ ihm das Häupt vom Rumpfe glat hinweg schlug / stund auch nicht lange an / daß er dem vornehmsten von den Gewalttähtern einen Stoß zwischen die Rippen gab /daß er vom Pferde stürzete. Fabius schämete sich /daß er noch keinen nidergelegt hatte / und wagete sich an den einen so eiferig / daß er ihm durch den Helm das Angesicht auffspaltete / daß er ohnmåchtig vom Pferde fiel. Inzwischen hatte Leches auch seinem Knechte gelohnet / und ihm die rechte Faust hinweg gehauen / daß er vom Pferde steigen / und unter einen Baum sich nidersetzen muste; da Mardus der gefelleten Diener Pferde / als die mit Golde und Kleinoten zimlich beladen wahren / derweile fleissig hütete /mochte vielleicht gedenken / es siegete einer oder ander / könte er ihm doch durch diesen Dienst Freunde machen. Es stelleten sich die übrigen vier Parther überaus grimmig / daß diese drey ihrer Haut sich so lange erwehreten / uñ dräueten ihnen mit erschreklicher Stimme die grausamste Pein / welches die unsern / weil sie es nicht verstunden / nicht beantworteten /ohn mit den Schwertern / welche sie nicht feyren liessen / so daß Ladisla in kurzer Zeit noch einen zu bodem legete. Der Parther sechs Knechte sahen / daß schon drey von ihren Herren gestenzet wahren / daher einer unter ihnen anfing: Wir müssen sehen lassen /dz wir geträuer dienen als jene / die zu unsern Herren übergetreten sind / welches ihnen doch übel gelungen / und müssen jene drey gewißlich lebendige Teuffel aus der Helle seyn / sonst währe ihnen unmöglich /einer solchen Gewalt zuwiderstehen / welche sie / wo wirs nicht verhindern / in kurzem gar brechen dürfften; Zween seiner Mitknechte gaben ihm recht / wahren auch schon fertig / ihre Herren teils zurächen /teils zuretten; aber die anderen drey widersetzten sich diesen / einwendend / es währe schon mehr als schelmisch von ihren Herren gefochten / dz sie nicht allein in grösser Anzahl die fremden ohn ursach überfallen /sondern deren schelmichtẽ Diener ihres Beystand sich gebraucht hätten / welche Bosheit / wie vor Augen stünde / der Himmel nicht wolte ungestraffet lassen; solten demnach diese sich stille einhalten / oder sie wolten ihnen so viel zuschaffen geben / daß sie des unritterlichen Entsatzes bald vergessen solten. Weil dann diese drey auffrichtige Männer (welche Römische Untertahnen / und ihrẽ Herren aus Zwang dieneten) in Waffen ungleich besser erfahren wahren als die andern / erhielten sie durch ihre Dräuworte / daß sie sich eines andern bedachten. Fabius sahe / daß sein annoch übriger Knecht ausreissen wolte / und gedachte ihm den garaus zumachen / welcher aber vom Pferde sprang / in die nähesten Hecken kroch / und hiedurch sein Leben errettete / Fabius aber wieder umkehrete / und seinen Gesellen Hülffe leistete / daß es nunmehr einen gleichen Streit gab / drey wider drey; glückete auch Leches so wol / daß er mit seinem Manne zuerst fertig ward. Weil er nun wuste / daß weder Ladisla noch Fabius seinen Beystand[588] zulassen würde / fing er des abgestrichenen Knechtes Pferd auff / band es an einen Baum / und machte sich hin nach den sechs Dienern; da die drey redlichen ihm der andern Vorhaben anzeigeten / und er darauf denen befahl / von den Pferden zusteigen / und das Gewehr von sich zutuhn / worzu sie / als übermannet / willig wahren. Er rühmete auch der andern auffrichtiges ritterliche Gemüht / und versprach ihnen gute Belohnung; hieß hernach Mardus den Streitenden näher zureiten / umb zuvernehmen / ob die Feinde umb Gnade bitten würden; welches ihnen Ladisla gerne / Fabius wider seinen Willen gönnete / uñ muste sie der Dolmetscher fragen / aus was ursachen sie diese Feindseligkeit geübet / da sie doch fremde wären / und ihnen nie kein Leid angetahn. Diese gaben zur Antwort / sie hätten ihre Bescheids-wegerung vor eine Beschimpffung gehalten / und währen von ihren drey Dienern mit Hand- und Häuptwinken angereizet / den Streit anzufahen / woraus sie leicht die Rechnung machen können / daß grosse Schätze bey ihnen verhanden wären / deren diese mit zugeniessen hoffeten. Leches verwundeter Knecht muste solches gestehen / und daß sie etliche mahl willens gewesen / ihre eigene Herren zuermorden / da es ihnen bloß an der Gelegenheit gefählet. Die beyden Parther hielten unterdessen auff Pferden / und ran dz Blut hauffenweise von ihnen /dann sie währen tödlich verwundet / daß auch der eine / ehe man sichs versahe / vom Pferde stürzete / und seinen Geist auffgab; daher der lezte sich Sterbens erwog / wolte aber streitend gefellet seyn / und fiel mit hefftigem wüten auff Fabius an / als welcher ihn dergestalt zugerichtet hatte / ward doch mit wenig Streichen getroffen / dz ihm der Helm vom Häupte sprang / und man sein greuliches Gesicht bloß sehen kunte / an dem sie alle abscheuh hatten / daß auch Fabius sagte: Es währe vor der erbaren Welt nicht zuverantworten / daß man dergleichen Unholden leben liesse; mit welchem Worte er ihm dz Häupt abschlug. Als dieser gefellet wahr / kam der zuerst verwundete wieder zu sich selbst / richtete sich auff / und ward gewahr / daß alle seine Gesellen herunter geschlagen waren / uñ auff der Erden gestrekt lagen / dagegen unsere Helden noch frisch und unverwundet auff ihren Pferden sassen; legete deswegen seinen Helm ab / und sagte: Er möchte dieser Ritter Erkäntniß gerne haben /die über menschliches vermögen gefochten / und drey gegen neune das Feld erstritten hätten. Die unsern wolten ihm hierin zuwillen seyn / entblösseten ihre Häupter / und liessen ihre Angesichter sehen; welche dieser Parther so jung und zierlich schauend / sich nicht anders geberdete / ob wolte er rasend werden /sagte auch mit grimmigẽ Worten: Dafern ihr Menschen und nicht Götter seyd / bin ich nicht werd / daß ich jemals Harnisch geführet / weil euch alle drey mit meiner Faust zuerwürgen ich zu schwach gewesen bin. Ladisla / der keine Beschimpffung leiden kunte /stieg vom Pferde / reichte diesem ein Schwert und sagete: Nun must du mir deine Manheit in der Taht beweisen / oder als ein verzagter ohn Gegenwehr nidergehauen werden. Es wahr aber so ein ungleiches Paar / da sie zu fusse bey einander stunden / daß Ladisla wie etwa ein vierzehnjähriger Knabe gegen ihn schien / daher ihm dieser die unfehlbare Rechnung machte /er wolte ihn im ersten Angrif zur Erden legen; befand sich aber heßlich betrogen / dann wie er sich nach wenig Streichẽ verhieb / und ihm Ladisla ausweich /bekam er zur Wiederkehr einen solchen Schlag auf den rechten Arm / daß ihm das Schwert aus der Faust fiel / und das Blut aus den geöffneten Adern ins Angesicht sprützete / Ladisla aber zu ihm trat / ihm den Helm abreiß / und durch seinen[589] Dolmetscher zu ihm sagete: Meynest du unbendiges Tihr / daß ein ungeschikter Klotz von einer leichten Holz Axt nicht könne nidergehauen werden? Ja ich empfinde / antwortete dieser / dz die Götter mich gar verlassen haben / sonst müstestu mir so leicht als ein Schos-Hündichen seyn; darumb gebrauche dich deines Glüks / und vollende / was du vorhast. Ladisla aber sagte: Es müste mir leid seyn / daß mit solchem unreinen Drek ich mich weiter beschmitzete; reichte Mardus das Schwert hin / der ihn den Schedel herunter schlug; welches der von Fabius im Angesicht verwundete mit Schmerzen ansahe / und sich mit seinem eigenen Dolche erstach / da Leches seinem Knechte unter dem Baume den leztẽ Lohn gab / wahr ihnen aber leid / daß Fabius Diener davon kommen war /der ihnen etwa Gefahr bereiten könte. Sie foderten der erschlagenen Parther sechs Diener vor sich / da die drey redliche anzeigeten / sie währen Bürger und Inwohner der Stad Damaskus / und von diesen ihren vorigen Herren gefangen / welche sie zu dienen gezwungen hätten / bahten sehr um Freylassung / und meldeten an / daß ihre niedergelegte Herren von dem Parther Könige vor KriegsObristen bestellet währen /umb in der nähesten Stad (daraus unsere Helden vor vier Stunden geritten wahren) 4 Tonnen Goldes behueff ihrer Werbung zu heben. Leches besuchte die Erschlagenen / fand sehr köstliche Kleinot bey ihnen und ihren Dienern in Wetschern / auff 120000 Kronen wert / dabey einen offenen Wechsel wegen der obgedachten Gelder / wurden deswegen zuraht / die drey mördliche Diener alsbald niderzumachen / damit sie von ihnen nicht verrahten wůrden / nachgehends zurük nach der Stad zu reiten / und die WechselGelder zuheben / welches ihnen glüklich geriet / bestelleten auch daselbst drey Knechte / die ungewapnet dienen / ihrer Pferde warten / und jeder / wie auch Mardus einen beladenen MaulEsel an der Hand führen musten; den dreyen Damaskern aber schenkten sie 36000 Kronen / und liessen sie ihres Weges reiten /eileten sonst sehr auf dem Wege / daß sie den Tigerfluß hinter sich legen möchten / und wie sie denselben auff eine Stunde erreichet hatten / wurden sie von beyden Seiten her angesprenget / merketen auch / daß der Räuber eine zimliche Anzahl im Gehölze verstecket wahr / daher Ladisla dem Dolmetscher befahl / etwas hinter sich zureiten / und sein hellschallendes Hörnlein zublasen / hernach so bald solches geschehen /ihnen Spornstreichs zufolgen; welcher Anschlag so glüklich gerieht / daß die Räuber alle sich verstecketen / und nicht anders meyneten / es währe eine grosse Anzahl dahinden / deswegen sie sich zurük zogen /und den unsern freyen Durchzug liessen / daß sie in guter Sicherheit über den Tigerfluß gingen / und nicht ferne von dannen in eine grosse Kauffstad Assyrischen Landes ankahmen / sich in eine Herberge legeten / und auff Geselschafft warteten mit deren sie wegen Unsicherheit der vielen Räuber ungeschlagen durchkommen möchten.

Inzwischen brach Valikules von Tyrus auff nach Damaskus zu reisen / weil ihm sein Wirt nachrichtung gab / welches Weges die Parthischen Herren gezogen währen / wolte sich aber seines an die Römische Beamten erteileten Schreibens nicht gebrauchen / sondern hielt sich an allen Orten ungemeldet / biß er nach Damaskus kam / woselbst er dem Römischen Stathalter Herrn Sulpizius / den Gruß von seinem Oheim Herrn Pompejus anmeldete und nach auffgelegtem Schreiben Fürstlich empfangen ward / nicht anders /als ob des Käysers nähester Anverwanter ankommen währe muste auch wieder seinen willen[590] drey Nacht daselbst verharren / und weil er in gute Kundschafft mit ihm geriet / legte er den grösten Theil seiner Barschafften bey ihm nieder / nahm die angebohtene Begleitung von dreyssig Pferden zu sich / und zog in guter Sicherheit über den Eufrat in Mesopotamien /da er in der nähesten Stad einen versamleten Hauffen /LIII stark antraf / die sich mit Gewehr auffs beste versehen hatten / und einen Häuptmann unter sich auffworffen / welcher ein grosser ansehnlicher aber sehr verzagter Mensch wahr. Er gab sich mit in ihre Geselschafft / mit dem erbieten / lieb und leid mit ihnen auszustehen / und da sie loßbrachen / wunderte er sich der ungeschiklichen Ordnung / welche dieser Großpraler ihr Hauptmann bey dem Fortzuge anstellete / in dem er die Kauffmans Wagen und Karren voraußgehen ließ / und sich mitten unter dem Hauffen versteckete / da er in der besten Sicherheit zu seyn vermeinete; da wieder er aber nichts reden wolte / als lange er sahe / daß keine Gefahr verhanden wahr / nur daß er in allem Glimpf erinnerte / er hielte es vor rahtsam /daß die Wagen und Karren fein in die mitte genommen würden / und die zu Fusse dabey lauffende (deren XXV wahren) mit ihren Pfeilen sich darzwischen setzeten / alsdann wůrde man auff allem Fall die Waaren beschützen und den Anfal abhalten köñen; dessen ihr Hauptman lachete / und zur Antwort gab; er hätte so manniche Reise getahn / währe auch mehr als einmahl in Scharmützeln wieder die Räuber gestanden / und bedürfte dergleichen junger unerfahrner Rahtgeber nicht / es möchte Valikules sich umb seine Haut bekümmern / weil er bey den Gütern nichts zuverlieren hätte. Dieser als ein verständiger fraß solches geduldig in sich / weil er nicht wuste / wessen er sich zu den übrigen zuversehen hätte / gedachte es doch auff Begebenheit zu ahnen / worzu es folgendes tages gute Gelegenheit gab / da eine Räuberische Schaar LXXX Reuter stark ihrer von ferne gewahr wurden / welche auch unser Held zeitig ins Gesicht bekam / daher er seine Gefärten fragete / ob sie willens währen frisch zu fechten / wo sie angegriffen würden / alsdann wolte er daß seine mit dabey tuhn / ungeachtet er mit sehr guten Freibrieffen versehen währe / auch keine eigene Güter beschützen dürffte. Worauff ihr Hauptman ihm antwortete; es stünde ihm frey zu fechten oder zu ruhen / und ob er sich seiner gelben Haar fürchtete / kähme es umb ihn nicht zu / so grauete ihm gar wenig vor jenen Weibischen Räubern / weil er einen jeden in seiner Geselschafft besser / als jener drey schätzete. Valikules sahe / daß es unzeitig wahr /mit dem Narren zu zanken / taht als hörete ers nicht /und ermahnete die andern / daß sie ihr Gewehr fertig hielten und die Glieder fest setzeten / alsdann solte es mit GottesHülffe keine Noht haben; er sähe schon daß der Gegenteil sich gefast machte / auff sie loßzugehen / und müste man sich zur Gegenwehr schicken. Worauff die Geselschafft sich ermunterte / und ihm versprachen / Leib und Leben zu wagen / und einem guten Vorgänger zu folgen; welches alles er gerne vernam / uñ zu dem verordenten Hauptman sagete: Mein Freund / ihr werdet euch eures Amts eriñern /dann hie wil es mit hönischen Worten trauen nicht außgerichtet seyn; demnach erwählet euch eine Schaar / denen ihr am meisten trauet / und fanget mit deren Beystand den Streit an / da man uns Gewalt anlegen wolte / ich wil helffen so viel ich gelernet habe. Der stolze Kleinot-Händeler empfand diese eriñerung sehr hoch / und durffte sich schimpflicher Dräuworte vernehmen lassen; er aber ermahnete ihn / daß er ja nicht durch innerliche Empörung die ganze Geselschafft in Gefahr setzete / hätte er aber /[591] nach dem diese Feinde wůrden gedämpffet seyn / auff ihn zusprechen / und er von der löblichen Geselschafft dessen Urlaub hätte /solte ihm schon zur Gnüge begegnet werden; vor dißmahl müste man bedenken / was vor Antwort den Abgefertigten / die dort herkähmen / solte erteilet werden. Laß sie ankommen / antwortete dieser / ich wil ihnen die Antwort mit der Faust und nicht mit der Zunge geben. Er hingegen baht die Geselschafft höchlich / sie möchten zu ihrer eigenen Wolfahrt ihrem Hauptman einreden / damit er durch unbesonnene Frecheit nicht Unglük anrichtete; man müste den Feind nicht verachten / insonderheit da er an Mannheit überlegen / und wie sichs ansehen liesse / in Waffen wolgeübet währe / hielte auch davor / es würde gut seyn / daß man den herzunahenden Abgeordenten mit höfflicher Antwort begegnete. Die Geselschaft ließ ihr solches wol gefallen / aber ihr Führer grimgramsete / ob er sich von so einem jungen unerfahrnen Menschen solte unterweisen lassen; es währe ihm von allen Anwesenden die Häuptmanschafft einhellig auffgetragẽ / und wolte er schon wissen / diesen Schimpf zu gelegener Zeit zu rächen. Wol wol / antwortete er / und lasset uns nur in dieser algemeinen Gefahr gute Freunde seyn / hernach solt ihr alles finden was ihr suchet. Ritte darauff mit seinem Dolmetscher Plautus und vier frischen jungen Kauffleuten den Abgeschikten entgegen / uñ hörete von ihnen diese Werbung an: Sie währen von jener ädlen ritterlichen Geselschafft abgeordnet / umb zu vernehmen /was vor Leute sie währen / und wessen sie sich zu ihnen versehen solten / auch ob Kauffleute sich unter ihnẽ fůnden / die mit ritterlichem Gewehr / wieder ihren Stand sich außgerüstet hätten / darauff begehreten sie insonderheit Erklärung / daß sie den ihrigen eine richtige Antwort hinterbringen könten. Der stolze Kleinot-Händler kam herzu gerant / in Meynung / sie mit hochmuhtigen Worten abzuschrecken; aber Valikules kam ihm zuvor / und sagte: Seid gebehten / und gönnet uns eine geringe frist / daß wir uns einer Antwort vergleichen mögen: Und als sie dessen zu frieden wahren / begehrete er von seiner Geselschafft zu wissen / was die Ursach währe / das sie absonderlich nach Kauffleuten frageten; und vernam / daß die Räuber vor erst aus Liebe zur Beute solches wissen wolten / hernach / weil sie nicht leiden könten / daß Kauffleute mit Wehr und Waffen sich zum Schuz gefasset hielten. Seid ihr dann der festen Meynung /sagte Valikules / euch redlich und geherzt zu wehren /so wil ich geträuen Beystand leisten / wo nicht / weiß ich schon Mittel / mich samt meinen Dienern als ein Gesanter durchzubringen: weil sie sich nun erkläreten / biß auff den lezten Blutstropffen zu fechten / und den Plaz nicht als nur Sieghaft zu verlassen / vermahnete er sie nochmahls / darüber aus zu seyn / daß ihrem Führer untersagt würde / damit er nicht durch Frevel ein unwiederbringliches Unglük verursachete; kehrete sich nachgehends zu den Abgeschikten / und antwortete ihnen durch seinen Dolmetscher: Es nähme sie nicht unbillich Wunder / was man sie auff freier Landstrasse rechtfertigen dürffte / da sie doch weder mit einigem Menschen Feindschafft hätten / noch andere zu beleidigen suchten: wolte demnach ihre ädle Geselschafft freundlich erinnert haben / sie an ihrer Reise nicht zu verhindern / damit man ihnen nicht Ursach gäbe / sich dessen zubeschweren. Die drey Abgeschikte wolten mit dieser Antwort nicht friedlich seyn / sondern begehreten außdrüklich zu wissen /was vor Leute sie währen. Valikules erinnerte sie nochmahls / sie möchten sich keiner Tähtligkeit unterfangen; sie währen Leute die sich gedächten nach mögligkeit zu[592] schützen / und zeigeten die Wagen und Karren an / was vor hantierung sie trieben / weil selbe / nachdem sie es ja wissen wolten / nicht mit Bauren oder Soldaten- sondern Kauffmans Waaren beladen währen. Wolan / sprachen diese; so seid ihr Afte Reuter und Kauffleute / deßwegen lässet euch jene Ritterschafft hiemit bey Lebensstraffe gebieten / die Waffen / so euch zu führen nicht geziemen / alsbald abzulegen / alle eure Waaren ihnen willig zu liefern / und endlich vor Lebensfristung eines jeden / 150 Kronen aus dem nähesten Orte herbey zuschaffen. Das währe ungütlich gehandelt / antwortete Valikules; dañ vor erst haben wir unsere Waffen nicht angelegt / jemand zubeschädigen / sondern bloß zu unser Beschützung /wolten sie auch gerne diese Reise über behalten / oder auffs wenigste so lange / als wir sie verteidigen können. Uber das sind die Waaren mit unsern wolgewoñenen Geldern eingekaufft / daran eure Geselschafft durchaus keine weitere Ansprach hat / als was sie davon einkauffen möchten. Sollen wir aber hierüber noch unser Leben von euch lösen / müssen wir vorhin wissen / ob ihr Macht darůber habt; können uns demnach anders nicht erklären / als daß wir von euch freien Fortzug begehren / welchen wir euch zu hindern eben wenig gemeinet sind. Diese verwunderten sich der herzhaften Erklårung / sonderlich von einem so jungen Menschen / und sagten zu ihm: Jůngling / uns ja ert eures bevorstehenden Unglüks /und gebet ihr freilich zu verstehen / daß ihr mehr im Kramladen / als auf der Streitbahn geübet seyd / doch wollen wir mit euch nicht zanken; aber es wird euch übel ausschlagen / daß ihr im vollen Streicharnische důrffet aufgezogen kommen / welches von einem Kramer-Knecht unerhöret ist. Valikules antwortete mit halblachender Stimme: Er möchte vielleicht schon vor diesem sich im Felde getu elt habẽ / müste auch seine Haut selber zu markte tragen / und möchten sie seinetwegen nur unbekü ert seyn / ohn daß er ihnen andeuten wolte / er hielte seine Haut sehr teur / wäre auch diese Stunde noch nicht willens sie zu verschenken. Ließ sie damit reiten / hieß die Wagen und Karren enge ineinander führen / und die Kauffdiener und Fuhrleute mit ihren Spiessen und Pfeilen sich darzwischen stellen / die Geselschaft aber fleissige Aufsicht haben / daß sie sich nähest bey den Wagen hielten /und sich weder davon abtreñen noch gar ůmringen liessen / wählete hernach ihrer zwölfe neben Gallus und dem Dolmetscher / die allemahl sich üm jhn halten / und seinem Vornehmen folgen solten. Kaum wahr dieses angeordnet / da drang der räuberische Hauffe frech uñ verächtlich auff sie an / denen die hochmuhtige Rede des jungen Kauffmanns in vollem Harnische heftig zu Herzen gieng / insonderheit da sie ihn sein Pferd vor dem Hauffen so verwågen tu eln sahen / wodurch er doch die seinen dermassen anfrischete / daß sie alle gute Hoffnung des Sieges fasseten; dagegen rechneten jene es vor einen Schimpf und stilschweigendes Ausfodern / schikten deßwegen einen an ihn ab / ob er die Kůnheit håtte / vor dem algemeinen Gefechte einen absonderlichen Kampf anzutreten; denen er zur Antwort gab: Dafern sie sich etwas wieder zurück ziehen / oder ihm sonst Sicherheit vor mörderischem Anfal schaffen würden / währe er bereit und erbötig / so lange mit einem und folgendem zu kämpffen / als er das Schwert führen könte; dessen zwar seine Geselschafft sich betrübete / aber Gallus redete ihnen ein Herz ein: Sie håtten sich seines Herren wegen nicht zu bekümmern; Er zweifelte nicht / ihnen Bestand gnug zu seyn / sie nach einander alle sämtlich niederzulegen. Jene namen den Kampf uñ gemässigte bedingung an / gaben den Kämpfern[593] Raum gnug / und als Valikules mit seinem Manne traf / und kaum fünff Streiche geführet hatte / schlug er ihm das Häupt vom Rumpfe glat hinweg / schikte sei nen Dolmetscher an die Feinde / es möchte ein ander kommen / und seines Gesellen Schaden rächen. Diese hätten sich des Unfals nicht vermuhtet / mercketen auch aus seinẽ Gefechte / daß er mit dem Gewehr anders als auff Kaufmans art ümging; doch fand sich ein wolversuchter Räuber / der mit einer schweren Streitkolbe auff ihn zusetzete / damit er ihm den Gar-auß zu machen bedacht wahr; Er aber weich ihm aus dem ersten Streich / und versetzete ihm eins auf den rechten Arm / daß derselbe mit samt der Kolbe auff die Erde fiel / und dieser zwar außreiß / aber Schmerzen halben vom Pferde stürzete. Bald ließ Valiskules den Räubern andeuten / da ihrer einer nicht muhtig gnug währe / den Kampff fortzusetzen / möchten ihrer zween zugleich kommen. Zwar der Hohn taht ihnen wehe / wolten doch den Streit nicht versagen / und schicketen zween ab / mit Befehl / den verwägenen Buben lebendig zu fahen / damit ihm die gebührliche Straffe werden möchte; aber er mischete sich unter sie / und erlegte beide mit wenig Streichen; worauff der ganze räuberische Hauffe aufbrach / und solches Schadens von einem einzigen nicht mehr gewärtig seyn wolten. Valikules sahe dieses zeitig / und foderte seine zwölff Erwählete durch den Dolmetscher zu sich / den Ubrigen ließ er sagen / die Glieder fest und unbeweglich zu schliessen / uñ sich nicht zu regen / biß sie angefallen würden / oder er ihnen dessen ein Zeichen gäbe / schikte auch Gallus ihnen wieder zu / sie zu unterweisen / wessen sie sich verhalten solten /weil er sahe / daß sie wenig geübet wahren; Er aber hielt mit seinen Zwölffen auff der Wahlstatt / da er schon die vier erleget hatte; und als eine starcke Schaar / von XXX Mann auff ihn traff / setzete er mit den seinen dergestalt in sie / daß ihrer im ersten Treffen X stürzeten / und sie dagegen nur einen einbüsseten / hielt auch mit seinem Gemåtsche immer an / biß der Feinde XX gestrekt lagen / und er empfand / daß er nunmehr ihnen an der Zahl der Manschafft nicht ungleich wahr / da ließ er sein ganzes Volk einbrechen / mit denen Gallus so eiferig angriff / daß inwendig einer halben Stunde nicht XX Räuber mehr Vermögens wahren / das Schwert zu gebrauchen / befunden sich überdas so gar von allenthalben umgeben /daß ihnen unmöglich war durchzubrechen; so hatten die Fuhrleute und Kauffdiener sich auch herbey gemacht / und ihnen den Abzug verleget / daß sie endlich üm Gnade und Lebens-Fristung bahten. Valikules erhielt bey den seinen einen kurzen Anstand /schlug den Helm auff / und wolte kurzumb wissen /was vor Leute sie währen / und was vor Ursach zur Feindseligkeit sie vorschützen könten. Diese antworteten / sie währen alle verarmete vom Adel / aus dieser und andern umliegenden Landschafften / hätten sich eine zeit her des Stägreiffs ernehret / und von reisenden Kauffleuten gebeutet / weil es keinen Krieg gäbe; weil nun der gröste teil ihrer Geselschafft erschlagen / båhten sie Lebens Freiheit. Ich weiß nit /antwortete er / ob ihr des Lebens forthin würdig seyd /nach dem ihr euren adelichen Ritterstand so schåndlich beschmitzet / und euch auff Rauben und Morden begeben habt; ich bin auch ein Ritter / und ohn unzeitigen Ruhm / gnug Adeliches Herkommens / aber niemand feinder / als die ihren Adel durch Untugend schänden. Sehet an diese redliche Kauffleute / wie Blutsaur sie sichs werden lassen / daß sie mit Gott und Ehren etwas erwerben mögen / davon die ihrigen Unterhalt haben; dieselben nun sind / oder müssen deßwegen mit Gewalt eure Feinde seyn / daß sie ein Stück Brodt besitzen.[594] Doch wann ich wissen könte /ob auch Besserung bey euch zu hoffen wåhre / wolte ich mich bemühen / vor euch eine Bitte einzulegen. So bald die Kauffleute merketen / daß er sich zur Barmherzigkeit wolte lenken lassen / fielen sie einmühtig zu / und erschlugen die übrigen alle / weil aus ihrer Geselschafft auch IIX das Leben zugesetzet /und XV verwundet wahren. Dann / sagten sie / bleiben diese lebendig / so ist der lezte Betrug årger als der erste / und haben wir nicht allemahl einen solchen Schutz-Gott (auff Valikules zeigend) bey uns. Also muste er sie nach Willen machen lassen / rühmete sie nach erhaltenem Siege wegen erwiesener Tapfferkeit /und vermahnete sie zur Plünderung / da sie auff den Pferden und in der RäuberKleidern eine Barschafft auf zwo Toñen Goldes / und an Kleinoten fast ja so viel funden / welches sie alles geträulich zusammen legeten / und ihr vermeynter Häuptman sich schon durffte vernehmen lassen / wie groß sein Anteil seyn müste; Herkules trat zu demselben / und fragete ihn /ob er noch zornig währe / oder des willens / mit ihm einen Kampff zu halten / es solte ihm dißmahl sein schändliches Geplärre nachgesehen seyn / würde er aber nach diesem es mehr machen / solte er Streiche davor leiden. Gallus sagte: Ja mein Herr / der verzagte Hudler hat sich nicht eins in den Streit wagen dürffen / sondern ist stets hinter den Karren in Sicherheit blieben. Er hat ihm recht getahn / amwortete Valikules / dañ weil in solchen Fällen an dem Hauptmann ein grosses gelegen ist / hat er uns allen zum besten sein Leben retten wollen / und mag er meinethalben seine Hauptmanschafft wol wieder antreten / nur allein über mich nicht. Das wenden die Götter ab / rieffen die übrigen einmühtig / sagten auch ausdrüklich /er währe des Ampts unwirdig / hätte durch sein Großsprechen und äusserliches Ansehen ihnen falsche Hoffnung gemacht / und im Streite übrig sehen lassen / wie wenig sein Herz mit der Zungen einstimmete /indem er sich verstecket / und seinen Gesellen in Nöhten nicht beygesprungen währe / wovor er dann abtrag machen / oder am Leben solte gestraffet werden; dann seine Güter / die er bey sich führete / gingen am Wert höher / als die übrigen alle mit einander / was sie dann endlich benöhtiget währen / ihm das seine zuschützen / und vor ihn ihr Blut zuvergiessen; da lägen acht ihrer Gesellen auff dem Sande gestrecket / welche nicht den hundertsten Teil Güter dabey hätten / und währen doch nicht unwillig gewesen /alle gefahr mit auszustehen / da dieser inzwischen geruhet / biß es zur Ausbeute kommen währe / da hätte er sich tapffer gebrauchet / und ihm schon den besten Teil der Beute fodern dürffen. Valikules rief ihn vor sich / und fragete ihn / wie er diese Auflage zuverantworten gedächte; aber die Furcht hatte ihm alle Sprache benommen; endlich noch wandte er ein / ihm währe übel worden / da ihn seine alte Plage der Schwindel angestossen / und er sich ins Gedränge nicht wagen dürffen / wolte sonst den Feind mit hauffen nidergeschlagen haben. Aber ein junger verwundeter Kauffmann fiel ihm in die Rede / uñ sagte: Je du verzagter Hudler / muste dann der Schwindel eben im anbegin der Schlacht kommen / und mit deren Endigung alsbald auffhören / dz du munterer bey der Plünderung seyn kuntest / als einige andere? Und haben meine Augen mich nicht betrogen / so meyne ich nicht anders / als daß du etliche geraubete Sachen schon zu dir gestecket hast / als ein Dieb. Dieser gab sich auffs leugnen / aber viere griffen ihn an / suchten nach /funden acht köstliche Kleinot in seinem SchiebSak /und frageten / wie er dabey gehandelt hätte. Er sahe /daß er die Untaht nicht leugnen kunte / gab vor / er håtte anfangs gemeynet / ein jeder solte behalten[595] was ihm dz Glük bescherete / weil es aber der Geselschafft anders gefiele / wären die Stücke da / und noch unverzehret / und damit man sich über ihn nicht zubeschweren hätte / wolte er nach gehaltener gleicher Teilung ihnen in der ersten Herberge einen Schmauß geben. Wodurch sie alle sich dergestalt über ihn eiferten / daß sie ihn ohn Zweifel erschlagen hättẽ / dafern Valikules nicht währe sein Schutz gewesen / welcher sie dann zufrieden sprach / und sie vermahnete / einen gemeinen wolbedachten Raht über ihn zuhalten /damit er sich keiner Gewaltsamkeit zubeklagen hätte. Sie nach gehaltener Beredung trugen vor: Es hätte dieser Großsprecher sich zur Hauptmanschafft fast eingedrungen / und ungezweifelt eingelogen / hernacher seinen Unverstand zu solchem Amt sehen lassen / nachgehends den Kopff gar aus der Schlinge gezogen / und keinen Schwerdschlag gegen den Feind getahn / ungeachtet ihnen bewust währe / daß seine geladene Güter auff etliche Tonnen Goldes sich erstrecketen; hätte also sein Gut samt dem Leben verwirket /welches sie ihm auch nehmen / uñ es vor der Obrigkeit schon verantworten wolten / weil bey allen reisenden Geselschafften dieses Recht gülte / daß sie alle vor einen Mann stehen / und der Ungeträue das Leben verlieren solte. Valikules hieß den Beklagtẽ seine verantwortung tuhn / ob etwa seiner schlimmen Sache könte geholffen werden; Er hatte aber nichts erhebliches einzuwenden / ohn daß er angab / er hätte geringe Sachen geladen / die bey weitem nicht so hoch im Preise wären; Und als er hiemit endigte / warnete ihn Valikules / seine Gefahr zubedenken / und alle mögliche Mittel hervor zusuchen / durch welche die erzürnete Geselschafft könte begütiget werden. Dieser meynete die Gefahr nicht so groß zu seyn / und lag ihm seine vorige Hauptmanschafft noch etwas im Kopffe. Aber die Geselschafft bestund auff ihrem vorhaben / und machten sich schon fertig / ihn niderzusäbeln; nur Valikules baht sie mit bewåglichen Worten /sie möchten umb seiner Vorbitte willen ihm das Leben schenken / und wann er ja nicht gar ohn straffe davon solte / ihm eine gelindere aufflegen. Worauff sie ihm anzeigeten / dafern er der kräfftigen Vorbitte dieses tapfferen Helden (den er so hoch beleidiget hätte) geniessen wolte / müste er den vierden Teil aller bey sich habenden Güter zu ihren freyen Händen stellen / und durch einen Fußfall umb Vergebung bitten. Dieses Ausspruchs meynete der geizige Mensch zuverzweifeln; Sie möchten ihn doch nicht an den Bettelstab bringẽ / oder daß er gezwungen würde / ein Bånkchen zumachen / massen er nicht mit seinen eigenẽ / sondern mit erborgeten Geldern handelte /wolte dannoch nicht allein sich alles Anteils an der Beute begeben / sondern überdas noch ihnen 600 Kronen zustellen / nicht zweifelnd / sie würden damit friedlich seyn. Auff welches erbieten sie ihn zur Erden rissen / und erbärmlich zuprügelten / daß wo Valikules ihn nicht mit seinem Leibe geschützet hätte /würde er dem Tode nicht entgangen seyn; Derselbe nun brachte es durch Vorbitte zur näheren Handelung / und ward der Schluß gemacht / welchen Valikules mit gut heissen muste; Es solte der Verdamte eins vor alles 30000 Kronen geben / oder seine Güter alle miteinander müssen preiß seyn. Hier besan er sich nun /was ihm am ertråglichsten währe / sterben / oder so viel Gelder missen; endlich besorgete er sich der gar zu sauren Todes Bitterkeit / und erbot sich / ihrem Willen ein genügen zutuhn. Nun hatte er über 120000 Kronen Baarschafft bey sich / welche er aus Kleinoten gelöset / und überdas vor eben so viel / ungefassete Steine; wog die Gelder ab / und als die Fuhrleute und Diener den grossen Vorraht sahen / wolten[596] sie alles Preiß machen / welches zuverhüten er ihnen 10000 Kronen schenken muste. Da ward nun alle FeindesBeute samt den 40000 Kronen in drey gleiche Teile geleget / deren einen die Geselschafft vor sich behalten / den andern Valikules zustellen / den drittẽ / die halbscheid Gallus / und das übrige den Wittiben und Kindern der acht erschlagenen Kaufleute zuwenden wolten / uñ redete ein verständiger Kauffman unsern Valikules also an: Hochådler tapfferer Held und Ritter; wir allesamt müssen bekennen / daß eure unüberwindliche Faust und hohe Klugheit unser aller Leben und Güter beschützet / und aus den blutgierigen Händen dieser Råuber loßgerissen hat / so dz ohn eure Hülffe uns unmöglich gewesen wåhre / dem Tode zuentgehen; ist demnach billich / daß wir ein Zeichen unserer Dankbarkeit spüren lassen / und eurer Hochädl. Gestränge diesen wolverdienten Anteil der Beute einreichen / wobey wir Kaufleute ingesamt eine Tonne Schatzes von unsern Gütern legen / und zum Andenken seines hohen Verdienstes liefern wollen; Da auch ihre Gestr. uns anzeigen wolte / worin wir derselben sonst dienen könten / würde uns solches die höchste Vergnügung geben. Valikules bedankete sich des Erbietens zum freundlichsten / und gab zur Antwort: Er währe in Beschützung seines eigenen Lebens bemühet gewesen / und hätte ein jeder unter ihnen mänlich gefochten / daß ihm daher durchaus kein Dank / geschweige / einige Verehrung oder Anteil der Beute gebührete; so wäre auch seine art nit / um Geld oder Geldesgewehr zu fechten / dessen er nicht allein zu guter gnüge bey sich führete / sondern allenthalben / wo er auch kähme / gnug haben könte; würden dem nach nicht allein von ihren Gütern keine Anlage zu seiner Verehrung machen / sondern auch den grossen unverdientẽ Teil der Beute wieder zu sich nehmen; Ihr freundwilliges Herz währe ihm Erstattungs gnug /wolte sich auch mit Auffrichtigkeit zu ihrer aller Dienst und Freundschafft hiemit anerbohten haben. Die Kauffleute wurden hierüber sehr betrübt / beredeten sich kürzlich / und liessen durch den vorigen abermahl vorbringen: Sie trügen das feste Vertrauen zu seiner Hochådlen Gestr. dieselbe würde durch beharliche Wegerung sie nicht gar zu hoch beschämen /sondern dafern sie in dero Gewogenheit währen / zum wenigsten den Anteil der Beute zu sich nehmen / sonsten / da sie solches über verhoffen nicht würden erhalten können / währe dieses ihr Gelübde / daß derselbe ganze Anteil als ein geheiligtes verlobetes durch diese Wüsteney eines guten Weges hin solte ausgestreuet werden. Valikules erkennete daher ihren Vorsaz / durffte sich ihnen nicht zu stark entgegen setzen / und erboht sich / weil es ihnen also gefiele / er aber seinen Gehorsam ihnen nicht versagen könte / wolte er zum freundlichen Andenken ihrer so guten Gewogenheit die Kleinot von dem Anteil der Beute zu sich nehmen / und die Baarschafften der ehrlichen Geselschafft lassen; womit sie endlich zufrieden wahren /weil man ihm meistenteils Kleinote gelegt hatte / nahmen aber die Gelder / und teileten sie unter Gallus und Plautus / welches er weder durch Bitte noch Ernst hindern kunte. In der ersten Herberge foderte er den gewesenen Hauptman allein vor sich / und legte ihm alle seine Kleinot vor / mit Befehl / daß er davon vor 30000 Kronen zu sich nehmen solte / damit er seines Schadens nachkähme / womit ihm durchaus nicht gedienet währe; Uber welche Höfligkeit sich dieser nicht gnug verwundern kunte / wolte dessen auch nichts zu sich nehmen / sondern baht gar wehmühtig / er möchte ihm sein hohes Verbrechen hochgünstig verzeihen /wodurch er ihn unverantwortlich zu Zorn gereitzet hätte / dann er erkennete /[597] daß durch seine Vorbitte er Leib und Leben / auch den grösten Teil seiner Güter erhalten; Ja er nam einen köstlichen Ring / auff 3000 Kronen wert / und schenkete ihm denselbẽ / mit Bitte / ihm zugönnen / daß er sich ihm hiemit zu ewigen Diensten verpflichtete. Valikules sahe seine Reue /welche ihm sehr wol gefiel / nam den Ring auff Freundschafft an / uñ stellete ihm ein wichtigers Kleinot wieder zum Gedåchtniß zu / welches er auch mit Danksagung behielt / aber Gallus ein gleichgültiges wieder schenkete. Die übrige Reise durch Mesopotamien biß an den Tigerfluß endeten sie in guter Sicherheit / da sie Assyrien erreicheten / sich daselbst teileten / und gegen Valikules aller möglichen Dienste sich erbohten / insonderheit vergaben sie ihrem gewesenen Hauptmann auff dessen hohe Vorbitte / und daß dessen Verbrechen sie gegen niemand gedenken wolten; Und ging nun Valikules auff seiner Reise eilig fort / weil er noch zur Zeit seiner Liebsten Zeichen allemahl antraf / und nach diesem Leitstern seinen Lauff in guter Hoffnung richtete.

Es wird aber schier Zeit seyn / daß wir unsern Herkuliskus nach Charas begleiten / welcher die fünff Tage über zu Ekbatana aller Anwesenden Herzen ihm dermassen durch seine Zucht und Freundligkeit verbunden hatte / daß nicht weniger der GroßFürst und sein Gemahl / als die andern ihn inbrůnstig liebeten /auch wegen seiner Großmühtigkeit und Waffen Erfahrenheit niemand Argwohn fassete seines weiblichen Geschlechtes / ohn allein Pharnabazus / dem daß geraubete Fräulein stets im Sinne lag / und fast nicht mehr zweifelte / sie währe eben dieselbe in Manneskleidern; jedoch / wann er ihren Muht / Schiessen und Fechten betrachtete / straffete er sich selbst dieser Gedanken halber; bemühete sich nicht desto minder / ob er nicht etwas gewisses von Arbianes erfahren könte /weil er wuste daß sie Schlaffgesellen wahren / daher fragete er ihn einsmals ob auch Herkuliskus so zart am Leibe als unter dem Gesichte und an den Händen währe. Diesem wahr die Ursach solcher Frage unbekant / und antwortete; er könte hievon nicht wissen /weil er stets in Kleidern schlieffe / vorgebend / er hätte dessen ein Gelübde auff sich / hielte sich auch so schamhafftig / daß er nichts blosses an seinem Leibe sehen liesse. Es fehlete wenig / daß Pharnabazus nit loß brach / und seine Meinung anzeigete / nur weil er fürchtete / ihn dadurch zubeleidigen / hielt er an sich / und beschloß in seinem Herzen / hievon keinem Menschen ichtwas anzuzeigen / ob er gleich im geringsten nicht mehr an der Warheit zweiffelte. Er wahr aber mit samt dem GroßFürsten sehr betrůbet /daß er dem unkeuschen Könige nach Charas solte geliefert werden / welches doch nohtwendig geschehẽ muste / weil seine vortreffliche Schönheit dermassen schon beschriehen wahr / daß die ädlen und Herrenstandes in der nähe häuffig nach Hofe reiseten / den fremden Jüngling zu sehen. Noch wahr niemand der seines tuhns und lassens genauer wahr nahm / als Fr. Roxane / weil daß verliebete Fräulein ihre Zuneigung nicht bergen kunte / und weil er sich aller Höffligkeit gegen sie gebrauchete / in die Gedanken fiel / es möchte eine unzimliche Liebe daraus entstehen / welches an der Fräulein Seite nichts als Schimpf und Schande bringen könte / weil sie an der Unbilligkeit nicht zweiffelte / die man ihm in Parthen zumuhten würde. Herkuliskus wahr so einfältig nicht / daß er dieser fleissigen Auffmerkerin Gedanken nicht solte erkennet haben / dessen er aber in seinem Herzen lachete / nicht zweiffelnd / sie würde sich dereins solches Argwohns am meisten schämẽ / welche doch vor dißmahl nach nichts so sehr / als nach seinem Abscheid[598] verlangen trug / weil die GroßFürstin sich schon etlicher reden / betreffend Pharnabazus und der Fräulein Heyraht / hatte vernehmen lassen / welches ohn zweiffel würde den Krebsgang gewissen / da man der Fräulein Liebe zu Herkuliskus merken solte. GroßFürst Phraortes schlug sich inzwischen mit zweiffelmühtigen Gedanken / wie ers mit ihm halten solte; Er hätte ihn herzlich gerne in Teutschland geschicket / muste sich aber befürchten / König Artabanus würde ihn deßwegen von Land und Leuten jagen /als der ihm ohn daß zimlich ungewogen wahr / weil er sich etlicher reden wieder seine Hocheit solte haben vernehmen lassen; berahtfragete sich deßwegen mit Pharnabazus / hielt ihm beydes die Gefahr und sein Mitleiden vor / und daß auff den Fall der Lieferung er nicht allein sich würde müssen seiner Mannheit berauben lassen / sondern auch wol abscheuhliche Unfläterey annehmen. Dieser wuste des guten Rahts nicht viel / steckete zwischen Tühr und Angel; hätte zwar seinem Freunde Herkules zugefallen die Lieferung gerne gehindert und wiederrahten / uñ sahe doch nicht / wie sein Schwager der grossen Gefahr entgehen würde / welches ihn zu dieser Antwort veranlassete; die Götter wissen / daß in dieser Sache gar kein Raht bey mir ist; möchte wünschen / daß Mazeus ihn hieher nicht geliefert / sondern eine Zeitlang in der stille bey sich behalten hätte / damit man ihn / andern unwissend / nach seiner Heimat senden mögen; ehe wir aber etwas schliessen / währe mein Raht / mit ihm zu reden / und seine Meinung drüber zu hören. Herkuliskus ward darauff gefodert / welcher / da er ihre Traurigkeit sahe / fragte er ganz lieblich / was dessen die Ursach währe; meinete / es geschähe wegen des Fechters Tod / welcher an den von ihm empfangenen Wunden vor anderthalb Stunden gestorben wahr / derhalben er sich entschuldigte / und sich auff des GroßFürsten Zeugnis berieff / daß er ehren halber nicht anders gekunt hätte. Aber der GroßFürst antwortete ihm; Mein geliebter Herkuliskus; hundert und noch hundert Fechter Tod / würden mich zu dieser Schwermühtigkeit nicht bewägen / kan auch nicht anders Urteilen / als daß ihm recht geschehen sey. Euer / ja bloß euer Zustand lieber Sohn / stürzet mich in diese Traurigkeit / weil ich durchaus kein Mittel bey mir erdenken kan / euch in freien Stand zusetzen daß ihr nicht dem Könige Artabanus nach Charas geliefert werdet; dann wie lieb und angenehm mir eure Kundschafft / auch eure und meines Sohns Arbianes Freundschafft ist / so hart schmerzet mich die Ungelegenheit / in welche ihr etwa dorten gerahten möchtet /und ich nicht würde abwenden können. Herkuliskus fassete des GroßFürsten Hand / küssete dieselbe inniglich / und fing darauff also an: Durchleuchtigster GroßFürst / gnädigster Herr; der Sohns Nahme / den eure GroßF. Durchl. meiner Unwirdigkeit zu geben gnädigst beliebet / wird mich Zeit meines Lebens der Schuld erinnern / womit euer GF. Durchl. ich verbunden bin / und darff ich der kühnen Hoffnung geleben /es komme dereins die Zeit / daß dieselbe den süssen Vater-Nahmen mit gnädigem Willen von mir annehmen wird; daß aber dieselbe meinetwegen einige Bekü ernis über sich nehmen solte / müste mir von ganzer Seele leid seyn / welches zubezeugen / schwöre ich alhie vor des Himmels Gegenwart / daß / dafern Eure D. meine Reise nach Charas über die angesetzte / auff zween Tage verflossene Zeit / noch länger auffschieben wolte / ich alle Gelegenheit suchen wil / erstes tages als ein Flüchtiger dahin zu reisen / und dem Könige in euer Durchl. Nahmen mich darzustellen; dann warumb solte ein so teurer Fürst meinetwegen sich bekümmern / oder einige[599] Gefahr auff sich laden? ehe wolte ich eines schnöden todes sterben / wañs auff andere Weise nit könte abgewendet werden; bitte demnach eure Durchl. untertähnigst / und beschwöre sie bey Gott / daß sie fort nicht mehr sich meinetwegen herme / noch die Reise auffschiebe; dann ich bin dessen gewiß und versichert / das grösser Unglük mich nicht übergehen kan / als der Himmel / oder vielmehr der wahre Gott / der über alles herschet /über mich beschlossen hat; es währe dann daß derselbe auff diese Unterwelt kein Auge wendete / welches ihm aber kein vernünfftiger Mensch wird einbilden lassen. So beschleunige nun mein gnädigster Herr diese Reise / auff daß derselbe dieser Sorge entrissen /und ich der himlischen Versehung geliefert werde. Phraortes hörete dieses mit übergehenden Augen an /umbfing ihn als einen Sohn und sagete: Nun dann /weil es ja so seyn sol und muß / wil ich mein Vornehmen endern / welches bloß auff eure Erlösung tichtete / und nebest euch hoffen / die Götter werden euch in kein verderben gerahten lassen / welches nach Vermögen abwenden zuhelffen / ich selber mit euch reisen /und euch dem Könige zuführen wil. So wil ich mit einen Gefärten geben / sagete Pharnabazus / und da euch eine Gefahr zustehen solte / muß mir zuvor mein Leben gebrochen werden. Wolan / so sey es beschlossen / sagete der GroßFürst / daß wir geliebts Gott ůbermorgẽ auffbrechen / uñ mit grossen Tagereisen und geruheten Pferden nach Charas zu reiten; dessen Herkuliskus nicht wenig erfreuet ward / massen des jungen Arbianes Liebe sich täglich gegen ihn mehrete / so daß er fürchtete / sein Geschlecht in die långe vor ihm nicht verbergen zukönnen; zugeschweigen / daß schier heut oder Morgen es ihm möchte verdacht bringen / daß er bey ihm so viel Nachte geschlaffen; hierzu kam Frl. Barsenen blinde Liebe / die ihren Vorschlag ins Werk zusetzen / noch immer anhielt / weil sie ihr leicht die Rechnung machete / dafern sie den Vogel aus dem Kefich liesse / dürfte er ihr entfliegen /oder von einer andern abgefangen werden / auf welchen Fall sie sich sterbens erwogen hatte. Uberdas merkete er an Pharnabazus unterschiedlichen verdecketẽ Reden / daß er ihn vor Herkules verlohrne Liebste hielt / in dem er einsmahl / da er ihm nahe saß /der unvergleichlichen Liebhabere / Fürst Herkules uñ Frl. Valisken Gesundheit trank / auch nach getahnem bescheide ihn umbfing / sprechend; ach daß ich meinem Freunde Fürst Herkules wünschen könte / daß er die Kron seiner Seelen dergestalt umbarmen möchte /oder zum wenigsten ich ihm dereins darzu könte behůlflich seyn / wie ich der Hoffnung gelebe; woraus er leicht verstund / was dieses Räzel bedeutete; ihm aber von dergleichen Vornehmen abzuhalten / also antwortete: Mein Herr; ich vor mein Häupt wůste meinem Oheim und meiner Wasen nichts bessers zu wünschen / und kan möglich seyn / daß solcher Wunsch schon seine Erfüllung habe; wo nicht / alsdañ wolle mein Herr ihnen nach mögligkeit träulich beystehen / vor allen dingen aber ihre Heimligkeit / die ihm etwa möchte bewust seyn / verschwiegen halten / und keinem Menschen unter der Sonnen offenbahren / auch sich ihrer äussersten Dankbarkeit versichern. Auß welcher Antwort er abnam / daß ihm die Erkäntnis seines Geschlechtes allerdinge zu wieder währe /daher er hinfort sich dessen mit keinem Worte merken ließ / und gedachte auff nichts so hefftig / als wie es noch endlich zu Charas ablauffen würde; welches hingegen Herkuliskus auß dem Sinne schlug / uñ nicht eins darauff achten wolte / biß er sähe / wie mans mit ihm würde anschlagen. Als nun der Schluß zur Reise gemacht wahr / gingen sie miteinander zu Tische /nach dessen auffhebung[600] der GroßFürst unsern Herkuliskus fragete / ob ihm geliebete / mit auff die Jagt zu reiten / solte ihm solches frey stehen; welches er mit grossem dank annam / und auff vergůnstigung samt Arbianes in den Mahrstall ging / ihm ein Pferd zu wählen / auff welchem er einige Zierligkeit könte sehen lassen. Es gefiel ihm aber keines so wol / als der Blänke / welcher von den andern allen abgesondert stund / und laut anfing zu wrinschen / da er in den Stal trat / ging ihm näher / und verwunderte sich über seine hohen geraden Schenkel / wolståndigen Hals / lange Mäne / zierlichen Kopf / starke Brust und geschiklichen Leib / sagte auch zu Arbianes; ohn zweiffel wird dieses Pferd niemand / als der GroßFürst selbst reiten. O nein / herzlieber Bruder / antwortete er / es ist ein dermassen unbendiges Tihr /daß es niemand wil auffsitzen lassen; ist in der Wildnis gefangen / und meinem Herr Vater vorm halben Jahre geschenket / welcher es etliche mahl hat wollen niderschiessen / weil es so gar nicht zu zähmen ist /und habe ichs bißher noch verbehten / ob es mit der Zeit die Wildheit ablegen wolte / weil es noch jung /etwa von drey Jahren ist. O daß ich ein solches Pferd hätte / es zubereiten / sagte Herkuliskus / ich wolte ihm entweder den Kitzel vertreiben / oder es můste mirs müde machen / dann es scheinet aus allen Zeichen / daß es über die masse fest / und zum außreissen geschikt ist. Der Bereiter stund dabey / und antwortete ihm: Junger Herr / ich wil fast ja so gern auff einem Tiger / als auff diesem Pferde sitzen / werde es auch nimmermehr rahten / daß ihr euch dessen unterfahet. Hätte ich darauff meines Gn. GroßFürsten erläubnis / sagte er / ich wolte euch schon zeigen / wie man mit diesem unvergleichlichẽ Pferde geberden müste / und bitte sehr / sagte er zu Arbianes / mir die Freyheit bey seinem Herr Vater zu erbitten / daß ichs nur versuchen möge. Dieser wolte ihn durch einführung der Gefahr abmahnen / als es aber nicht verfangen kunte / ging er mit ihm hin / und brachte sein Begehren vor; worauff der Vater antwortete: Mein Sohn Herkuliskus / ich bin euch in allem zugefallen / aber warumb solte ich Ursach eures Verderbens seyn? wåhlet euch sonst ein Pferd nach belieben / dañ dieses würde euch den bittern Tod verursachen. Euer GF. Durchl. gehorsame ich billich / antwortete er; aber Jammer und Schade ist es / daß dieses ädle Tihr wegen des Bereiters Unerfahrenheit bey der Krippe versteiffen und veralten sol / welches / wann ich ein Ritter währe / umb eine Herschafft nit vertauschen wolte. Pharnabazus halff bitten / daß es nur auff den Plaz geführet würde / damit er sähe wie unleidlich es des reitens währe. Und als der GroßFürst einwilligte /ging er in flüchten nach dem Mahrstalle zu / und befahl auff Phraortes geheiß / ihm einen gelinden Zaum anzulegen / welches aber nicht verrichtet werden kunte / biß ihm alle viere gefesselt wahren / und man ihm zugleich ein scharffes Naseband antaht / bey welchem vier starke Knechte es an beyden Seiten zum Stalle außleiteten / deren keiner unbeschädigt davon kam. Sobald es auff den Plaz gebracht wahr / und seine Wildheit immerfort sehen ließ / nam Herkuliskus einen Rohrstecken / rieff ihm auff Teutsch hart zu / und gab ihm unterschiedliche Streiche über die Lenden / redete ihm darauff freundlich zu / und streichelte ihm zugleich den Hals / worüber es zwar nicht allerdinge sich zur Ruhe begab / aber doch den grösten Teil seiner Wuht einstellete / so daß er nach abgerissenem Nasebande / den Zügel fassend / sich hinauff schwang / und es ungesattelt im Plaze weidlich tummelte / da es anfangs sich hefftig bemühete / seinen Reuter abzuwerffen / und in kurzem doch so sanfftmühtig ward / daß ers nach[601] allem Willen lenken und zwingen kunte. Der GroßFůrst dieses ersehend / sagete zu den Anwesenden; dieser Jüngling schändet mir alle meine Leute / denen ich so grossen Sold gebe; meine Schützen müssen sich vor ihm verkriechen; dem Fechter hat er gar die Faust hinweg gehauen; die Bereiter macht er jezt zu Lehrjungen; und wer weiß /wie es noch heut meinen Jägern und mir selber ergehen wird? Unterdessen belustigte sich Herkuliskus auff dem wunder-starken-geraden Pferde / biß ihn dauchte genug seyn / da sprang er herunter / liebkosete ihm mit flachen Handschlägen / an der Stirn / Brust / Hals und Lenden / welches das Pferd nicht allein willig añam / sondern überdaß sich mit lustigem wrinschẽ / Schweifschlagen und Fußkratzen so freidig und zugleich gehorsam erzeigete / als währe es sein lebelang mit ihm umbgangen. Er zohe es nachgehends in den Mahrstal / entzäumete es / uñ gab ihm ein gutes Futter / kehrete wieder nach dem Saal / und ließ sich gegen den GroßFürsten verlauten / er hielte das Pferd nach seinem schlechten verstande höher / als daß es ums Geld könte geschätzet werden / weil es eine so ädle Art / gewünschete Geschikligkeit / uñ trefliche Leibesstärke hätte; merkete auch so viel / daß es sich sklavischer Weise von den Knechten nicht wolte zwingen lassen; und dafern ich nicht irre / fuhr er fort / so hat es fast abscheuh bey andern Pferden zu stallen. Phraortes legte ihm die Hand auffs Häupt und sagete: Geliebter Sohn ich erinnere mich bey euch des grossen Alexanders und seines ädlen Buzephals / welches nur diesen einzigen auffsitzen ließ / und keines andern Zügel oder beschreitung sich untergeben wolte; zweiffele nicht / es habe mit diesem meinem Pferde gleichmässige Beschaffenheit / gestaltsam ichs mit ihm auff allerhand Weise versuchet habe / aber bißher allemahl vergebens; und daher nicht anders Urteilen kan / als daß eure VorEltern / wo nicht ihr selbst von götlichem Stamme müssen entsprossen seyn / auch umb so viel mehr mich versichere / der Himmel werde sich euer in allen begebenheiten geträulich annehmen. Herkuliskus küssete ihm die Hand / und gab zur Antwort: Er währe seines GroßFürsten untertähnigst-gehorsamster Knecht / wůste sich auch schuldig / ihrer Durchl. Scherzreden geduldigst anzunehmen / wie hohe rohtgefärbete Wangen ihm dieselben gleich macheten / daß seine unwirdigkeit dem grösten Welt Herrn Alexander verglichen / ja biß an der Götter Geblüt erhaben würde / welche doch in seinem Vaterlande sich mit schwachen Menschen nicht so gemein macheten / daß sie Kinder mit ihnen zeugeten. Es sey wie ihm wolle / antwortete der GroßFürst /so erkennet doch mein unvernünftiges Pferd etwas sonderliches an euch warumb solte dann ein verständiger Mensch dasselbe nicht begreiffen? Aber geliebet euch / den Blänken auff der Jagt zu reiten / werdet ihr ihm den Sattel selbst müssen aufflegen / da er meinen Leuten den Gehorsam ferner wegert / weil es Zeit seyn wird / sich auffzumachen. Daran sol es nicht mangeln / sagte Herkuliskus; empfing von Arbianes den Sattel / welcher mit Rubinen und Perlen auff ein Güldenstük trefflich gesticket wahr / und ließ die Bereiter den Versuch tuhn / ob sie forthin das Pferd besser zwingen würden; aber alles vergeblich / dann es schlug und bisse von sich / viel erschreklicher als vorhin; so bald aber Herkuliskus ihm mit dem Stecken dräuete /und selber Hand anlegete / stund es wie ein Lamb /und ließ sich von ihm kratzen / kämmen / Zäumen und Satteln. Im hinaus reiten zohe der GroßFürst allein voraus / und folgete ihm Arbianes und Herkuliskus / hinter denen Pharnabazus und Mazeus. Es ward aber Herkuliskus mit solchem[602] Wunder beschauet /daß Jung und Alt / Weibes und Mannes Volk håuffig herzu lieff / die schon so hoch beschriehene Schönheit und Geschikligkeit dieses fremden Jünglinges zusehen / daher Arbianes zu ihm sagete: Sehet mein herzen Freund / wie sich die Inwohner drängen / euch als ein Weltwunder zubeschauen. Er antwortete ihm mit einem freundlichen lachen: Durchl. Fürst; warumb solten diese Zuseher nit vielmehr an ihrem Groß-Fürsten / und dessen einigem wirdigen Erben / als an meiner Unwirdigkeit sich erlustigen / nachdem sie ja von mir weder zugeniessen noch zu hoffen haben? Nein o nein? sondern die Liebe zu ihren angebohrnen Herrn / hat sie aus den Häusern gelocket / und kömt nur ohngefehr / daß der arme geraubete Herkuliskus von ihnen mit beschauet wird; ja wer weiß / ob nicht der gröste Teil meiner Unhöfligkeit übel wil / daß ich mich unterstehẽ darf / dem Groß-Fürstlichen jungen Herrn an der Seite zu reiten. Er aber hörete dieses mit grossem Unwillen an / daß er sich verlauten ließ /wann er jemand unter dem Hauffen mit solchen Gedanken beladen wissen solte / müste derselbe es mit dem Leben büssen. Nicht so unbarmherzig / mein Fürst / nicht so unbarmherzig / antwortete er; dann weil ich dem grösten Hauffen / ja fast allen Zusehern unbekant bin / wer könte ihnen solches verargen? fassete damit seinen Bogen / und in dem er auff eine vorüber fliegende Taube loßdrückete / sagte er mit heller Stimme; ein Schuß auff meines Fürsten und wahren Freundes Gesundheit; schoß ihr auch den Pfeil in die Brust / daß sie auß der Lufft hernider fiel / und von Pharnabazus aufgefangen ward; dessen das anwesende Volk nicht allein sich zum höchsten verwunderte /sondern ein starkes freuden Geschrey anstimmete; Der junge Fürst lebe / und sein Freund / der junge Fürst lebe und sein Freund! Daß verleihen mir die Götter /sagte Arbianes / daß ich mit meinem Freunde Herkuliskus / und nicht ohn ihn leben möge. Welches sein Vater mit betrübetem Herzen anhörete. Sie wahren kaum auff den besameten Acker hinaus ko en / da Herkuliskus einen Hasen quer über lauffen sahe / und weil er ihnen ferne wahr / ließ er sein Pferd auff ihn zu eilen / welches wie ein Bolzen von der Sehne dahin flohe / da er inzwischen anlegete / und den Hasen schoß / daß er über und über purzelte. Der GroßFürst dieses sehend / sagte zu den folgenden; ich ruffe den Hi el zum Zeugen / daß mein Gemüht durchaus zweifelt / ob der Jüngling ein Mensch oder Gottes Kind sey; und was werde ich noch in kurzen vor Wunder zu Charas von ihm sehen? aber sehet doch /wie er mit seiner Beute dorther pranget / welche er vielleicht unser einem zu liefern bedacht ist; worin er doch irrete; dañ er wendete sich hin zu der GroßFürstin Gutsche / reichete ihr das Wild untertähnigst und mit lächelnden Augelein / sprechend: Durchl. GroßFürstin / weil mir das Glük so wol mitfähret / daß ich die erste / und zwar ungestellete Beute davon gebracht / ihrer Durchl. aber mit alle meinem Vermögen mich Leibeigen weiß / so gelanget an dieselbe mein untertähnigstes Ansuchen / dieses Häsichen gnädigst vor mir anzunehmen; küssete ihr hiemit die Hand /und lieferte das Wild einem beylauffenden ädelknaben ein. Mein allerliebster Herkuliskus / antwortete sie; billich solte dieser Hase zum Gedächtnis eines fast unmöglichen Schusses auffgehoben werden; aber damit ihr eigentlich sehet / was vor eine Gewogenheit ich euch trage / wil ich selbst Hand anlegen / und ihm das Fel abstreiffen / daß er auff dem GroßFürstlichen Tische verzehret werde. Bald darauff ging die Häuptjagt an / bey der sich Phraortes weidlich gebrauchete /auch die anderen ihr bestes wirketen /[603] daher Herkuliskus ihnen keinen Eingrieff tuhn wolte / nur wann er sahe / etwas den andern schon entgangen seyn / dem setzete er nach / und gab ihm den Fang; dann sein Pferd wahr wunder geschwinde / und seiner Hand gehorsam / so daß es zugleich mit bemühet wahr / die flüchtigen Tihre zuerlegen / wie es dann einer wilden Sau dergestalt auff den Rüssel traff / das sie sich über und über warf. Nach geendeter Jagt / da sie wieder nach Ekbatana ritten / funden sie die Felder mit Menschen angefüllet / die sich versamlet hatten / den wunder-schönen Jůngling zu sehen / unter welchen sich ein Sternseher fand / in der schwarzen Teufelskunst erfahren / der sich sehr zu ihm nahete / und überlaut /daß etliche hundert Menschen es höreten / ihn also anredete: Unvergleichlicher wunder-Jüngling; euer verborgenes ist mir nicht so gar verborgen / ob gleich kaum vor fůnff Tagen ich euch erstmahls gesehen: O wie manniches Herzenweh ist euch schon übergangen / und o wie manniches dräuet euch der Himmel noch! tröstet euch aber mit dem / daß keine ungewogene Sternen über euch auffgehen; und ob zwar eine väterliche Zuchtruhte euch treffen möchte / sol doch kein Henkers Schwert ůber euch gezücket werden; nur wanket in eurem herzhafften Vorsatze nicht / alsdañ muß euch die allerschmerzlichste Wiederwertigkeit zur empfindlichen Wollust gedeien; dann wessen eure Freunde sich euretwegen besorgen / daß ist unmöglich / erfüllet zu werden / wie ihr selber wisset. Dieses Mannes Ansehen hatte aller Anwesenden Gemüht einen solchen Gehorsam eingegebẽ / daß sie ihm stilleschweigend zuhöreten / da er nur mit der Hand winkete; insonderheit gab Herkuliskus fleissig acht auff seine Rede / meinete auch nicht anders / als daß der Himmel selbst ihm diesen Trost zugeschikt håtte /deßwegen er ihm zur Antwort gab; Geliebter / wie wol unbekanter AltVater; eure Vermahnung zur Tugend / die den himlischen Trost mir zum grunde leget / muhtiget mich dergestalt / dz ich Gottes Gunst mir ungezweiffelt versprechen darf; werde mich demnach äusserst bemühen / daß weder im Unglük ich der göttlichen Verhängnis wiederspenstigkeit / noch im wolergehen Frevelmuht sehen lasse; seid aber gebehten /und verleyhet mir bey Gott eine Vorbitte / der euch wirdiget / künfftige Geheimnissen euch zu offenbahren. Der Alte sagete hierauff: Eure versehung / treflichster Jüngling / bedarf meiner Vorbitte nicht / und wo ich nicht heßlich betrogen bin / werdet ihr in wenig Monaten dieses Begehren selbst wiederruffen; kehrete sich darauff von ihm hinweg / verbergete sich unter das Volk / und verließ Herkuliskus wegen der tunkelen Reden in schmerzlichen Nachdenken / welcher nach einer halben viertel Stunde / da er frisch nach der Stad fort ritte / einen Mann etwa von 40 Jahren am Wege stehẽ sahe / der seine Augen starre über sich gen Himmel wendete / und dauchte ihn / wie eine sonderliche Freidigkeit und Inbrunst aus seinem Antliz erschiene / daß er auch nicht umbgang haben kunte / ihn zu fragen / ob er etwas sonderliches am Himmel vernähme / daß er mit so unverwendeten Augen hinauf sähe; welcher ihm zur Antwort gab: Tugendliebender Herr / meine Himmel-brünstige Augen / kehren sich auffwerz nach dem wahren Schöpffer dieser irdischen Welt / welcher zwar allenthalben gegenwärtig ist / aber dort oben die Herschafft seiner göttlichen Herligkeit führet / zu demselben seufzet mein Geist /euch in seinen gnaden Schuz zu nehmen / und eure Seele zuerleuchten / auff daß ihr schier erkennen möget / was Gott sey / und was vor unaußsprechliche Himmelsfreude er denen bereitet hat / die ihn erkennen / und auff seinen heiligen Wegen gehen / auch umb dessen Willen alles Unglük geduldig[604] ausstehen /weil sie endlich erfahren und befinden / daß ihnen mehr gutes und heilsames aus der Welt Angst / als Wollust aus ihrem liebkosen zukomme; und zweifelt mir nit / derselbe wahre Gott werde den Brunn seiner Gnade über euch ergiessen / daß ihr eure Seele nicht weniger mit Himmelsfreude / als das Gemůht mit Tugend-begierigen Gedanken erfüllen möget. Herkuliskus hatte dergleichen Wunsch vor nie gehöret / und gedauchte ihn / daß eine sonderliche Krafft in den Worten steckete / bereitete sich deswegen / ihm zuantworten; aber der vorige Alte trat unvermuhtlich wieder herbey / und sagte: Trefflicher Jüngling / nicht sehet / bitte ich / diesem Neulinge ins Maul / der euch von ertichteten Dingen und ungefangenen Fischen schwåtzet / gestaltsam er ein Verächter der Götter ist /und / umb einẽ einigen Gott alle himlischen Kräffte zuvertauschen / anzusuchen pfleget; haltet vielmehr dz vor wahr / was ihr mit Augen sehet / und verwerffet / was dieser und andere seines gleichen ohn Grund und klaren Beweißtuhm tichten und lügen; sehet an die glänzende Sternen / den wandelbahren Monde /die unvergleichliche Sonne / das verzehrende Feur /und erkennet ihre Göttliche Krafft und unbetriegliche Gottheit. Alter Vater / antwortete Herkuliskus / mit wem streitet ihr? oder was hat euch dieser andåchtige Mañ leides zugefüget / dz ihr ihn der Lügen zeihet /deren er mir doch keine vorgelegt hat? so höre ich im geringsten nicht / daß er dem Himmel oder der Erden ichtwas ungebührliches auffbürde / daher ihr zweifels ohn seine Reden unrecht werdet verstanden haben. Ja / trefflicher Jüngling / sagte der Alte; ist es noch nicht Bosheit gnug / daß er von einem einigen wahren Gott sein Geblärre führen / und dadurch die andern alle übern hauffen schänden darff? Ich höre kein schändẽ aus seinem Munde / sagte Herkuliskus / und das er von einem wahren allmächtigen GOtt redet / ist nicht sein Getichte / wie ihr vorbringet / sondern viel hochverständige Leute sind dessen mit ihm einig. Dieses redete sie / weil sie aus Herkules Schreiben solches gesehen / und in ihrem Herzen sich schon erkläret hatte / den Christlichen Glauben anzunehmen. Der Alte / ungeachtet aller Einrede / wolte in seiner Verleumdung fortfahren / weil aber Arbianes unsers Herkuliskus Verdruß sahe / hieß er ihn schweigen / und sich hinweg packen; da inzwischen der andere / welcher ein andåchtiger erleuchteter Christ wahr / sich wegen seines getahnen wolgemeyneten Wunsches demühtig entschuldigte / dem Herkuliskus antwortete: Er nähme es mit gutem Herzen auff / trüge einen begierigen Willen nach des wahren Gottes Erkäntniß /und hielte selbst davor / daß mehr Menschen durch Glückes Gewogenheit / als dessen Sturm in das Verderbens Meer gestůrzet wůrden; nam darauff freundlichen Abscheid von ihm / und folgete seiner Geselschafft / die schon voran geritten war. Des folgenden Tages / welcher der näheste vor dem Auffbruche wahr / ließ der GroßFürst ein treffliches mahl anrichten /worzu unterschiedliche Medische Herren eingeladen wurden. Arbianes und Herkuliskus wahren in einem güldenen Stücke auff einerley art gekleidet / empfingen die Gåste / und verrichteten das Vorschneider Amt; Nach auffgehobenen Speisen / ward eine treffliche Lust auff allerhand Seitenspielen angestimmet /woran Herkuliskus sich zimlich ergetzete / auch der Geselschaft zu ehren / und seinem lieben Herkules zum andenken / folgendes Lied in Teutscher Sprache in die Harffe sang / die er zugleich selber gar artig spielete.


[605] 1

So muß ich nun gezwungen frölich seyn /

Ob ich die Lust gleich suche gar zumeiden.

O liebes Herz / wie offt gedenk ich dein /

Was magstu wol von meinetwegen leiden?

Wo gehestu wol in der Irr' umher?

Und klagest so: sind wir dann gar gescheiden?


2

Bistu hinweg ohn alle Wiederkehr?

Bistu hinweg? O Herkules mein Leben;

Ich singe zwar / doch kömt es ohngefehr;

Dann niemand kan mir Lust und Freude geben /

Als einig du. Wie fürcht' ich deiner fast /

Es werde dir schwer seyn / den Stein zuheben.


3

Der ferne Weg benimt dir Ruh und Rast /

Des Räubers Schwert wird dich rechtschaffen üben.

Ihr Himmel helfft / daß unter dieser Last

Mein Einig-All nicht gar werd auffgerieben /

Lasst über mich vielmehr das Wetter aus /

Und diesen frey / den ich ins Herz geschrieben.


4

Du grosser Gott / der du des Himmels Hauß

Gewölbet hast; sol er mich wieder finden /

So wickel' es nicht gar zubund und krauß /

Und laß viel eh mich armes Kind dahinden /

Ich müste sonst / wann er solt' untergehn /

Vor Ungemach und Herzensangst verschwindẽ.


5

Nun Hoffnung nun / sol ich ihn wieder sehn /

So wil ich mich an seiner Tugend laben;

So wil ich / was mir Leides ist geschehn /

Als einen Scherz vorüber lassen traben;

Nun Hoffnung nun! sol meine Lust bestehn /

So muß ich ihn doch endlich wieder haben.


Alle anwesende verwunderten sich der überaus lieblichen Stimme / welche sie dergestalt zu zwingen / und in der Kehle zukräuseln wuste / daß mans mit keinem Spielwerke ihr nachmachen kunte / daher der GroßFürst hernach zu seinen Leuten sagete: Daran mangelte es noch / daß auch meine Spielleute und Sänger vor diesem Jünglinge / wie Butter an der Sonne bestehen musten. Niemand aber / als Pharnabazus / urteilete daraus ihr weibliches Geschlecht / und wunderte sich sehr / daß niemand einigen Argwohn darauff legete. Das lohbrennende Feur wuchs in Frl. Barsenen Herzen je mehr und mehr / ließ auch keine gelegenheit vorüber streichen / da sie ihm dessen Anzeige geben kunte; vor dißmahl aber baht sie umb Abschrifft der Gesanges-Weise / dann sie wahr dieser Kunst und des Harffenspiels zimlich erfahren / dessen sie einen Beweißtuhm ablegete / und folgende Reimen dabey in Persischer Sprache sang:


1

Ihr meine Gedanken / wo denket ihr hin?

Seyd nicht zu muhtig;

Es trifft zu blutig /

Wann schwaches Vermögen und kräfftiger Siñ

In einer Geselschafft sich dürffen verparen /

Dann ausser dem können muß wollen sich sparẽ.


2

Ihr meine Gedanken / wem ziehet ihr nach?

Last leichtes fliegen /

Und schweres liegen;

Dann beydes gibt schaden uñ schmerzliches ach;

Diß drücket / und jenes bringt schnödes verachtẽ;

Hier mustu ersticken / und dorten verschmachten.


3

Das Mittel geht ohne Gefährligkeit zu;

Scharff ist zu Herrisch /

Und stumpff zu närrisch;

Der bleibet ohn fehlen in stetiger Ruh /

Wer immer auff mitteler Strasse sich waget;

Dañ niedriges schmähet / uñ stoltzer Mut plaget.


4

Dich Ikarus treibet die üppige Lust

Zur Himmels Spitze /

Da du vor Hitze

Verschmelzen / uñ nunter in Meeres-grund must.

Wer Fährligkeit liebet / muß drinnen vergehen /

Und kluge Vorsichtigkeit bleibet bestehen.


5

Drumb endert ihr meine Gedanken euch bald;

Schwingt eur Gefieder

Nicht auff / nicht nider;

Auff mitteler Strasse wird jederman alt;

Doch gönnet dem besseren dieses zu erben /

Was eure Gebrechen nicht können erwerben.


Herkuliskus ließ sich nicht merken / daß es von ihr aus halber Verzweifelung wegen seiner Liebe gesungen wahr / lobete beydes den Tichter und die Stimme / und ward von der Groß-Fürstin gebehten / ihr die Harffe zureichen / damit sie auch ein schlechtes Schuelrecht tuhn /[606] und der Tugend Lob nach vermögen angeben möchte; welchem zu folge / sie allen Spielleuten geboht / mit einzustimmen / daß das Spielzeug gedämpffet / und in sanftem Gleich-Klange gespielet würde; Worauff sie folgendes Lied hören ließ.


1

O Du heller Tugend-Schein /

Kan man deines gleichen finden?

O nein! alles muß verschwinden /

Was dir darff zuwider seyn.

Frevel-Macht /

Hochmuht Pracht

Muß zu deinen Füssen

Liegen / und demühtig büssen.


2

O du unsers Lebens Licht /

O du Glanz der keuschen Sinnen

Dein Vornehmen / dein beginnen

Schläget keinen blossen nicht.

Schanden-Lust /

Falsche Brust

Muß zu deinen Füssen

Liegen und demühtig büssen.


3

Wer kan deiner Stärke dann /

Deiner Herrschafft sich entbrechen?

Du weist Feindes Macht zu schwåchen /

Und legst ihnen Ketten an;

Spieß und Schild /

Freches Wild

Muß zu deinen Füssen

Liegen und demühtig büssen.


4

Blutgier / Mord / List / und Gewalt /

Geldes Sucht / unkeusches wollen;

Und vor Neid gar seyn geschwollen /

Hat bey dir kein Auffenthalt.

Drumb wil ich /

Einzig dich

Tugend stets besingen /

Und dir mein Lob-Opffer bringen.


Herkuliskus gab diesem Gesange genaues Gehör /und wie er gar eines fertigen Verstandes wahr / tichtete er stündlich einen GegenSatz / in dem er des Glückes Grausamkeit anklagete / wie dasselbe der Tugend gemeinlich widerstrebete; dannoch aber dieselbe gar zuunterdrücken nicht tüchtig währe; nam die Harffe zu sich / und sang darein folgende Reimẽ:


1

Ja Tugend; Weder List noch Streit

Kan dich erlegen.

Wie aber? daß des Glückes Neid

Sich so verwägen

An dir zureiben pflegt /

Und immer fort mit wüten auff dich schlägt?


2

Wann sie auff rechtem Wege geht /

Und Frieden liebet /

Bistu / der ihr entgegen steht /

Und sie betrübet.

Wie schlecht sie immer ist /

Verfolgt man sie doch / wann du zornig bist.


3

Das fromme Schaf versiht es leicht /

Daß du ergrimmest /

Wann es dir nicht den ReichsStab reicht /

So bald du brümmest /

Dann gehstu mit Geschoß

Und Grimmigkeit auff sie verwägen loß.


4

Du hetzest alle Welt auff sie

Durch Lügen-tichten;

Der zwakt sie da / und jener hie /

Durch falsches richten;

Ja deines Zornes Glut

Sucht Löschung in der frommen Tugend Blut.


5

So kämpfft das Glük; muß aber doch

Der Tugend gönnen;

Daß sie geherzt das schwere Joch

Wird tragen können;

Dann wie der PalmenBaum

Bricht sie hervor / nimt man ihr gleich dẽ Raum.


6

Sie wartet der bestimten Zeit /

Die Gott gesetzet /

Weil sie Träu und Beständigkeit

Vor höchstes schätzet.

Schön Wetter / spricht ihr Wiz /

Erfolget doch auff Hagel / Sturm und Bliz.


7

Nun dann / so muß mein Herz und Sin

Doch nicht ersticken /

Solt' auch des Glückes Neid mich hin

Ins Wilde schicken /

Da wo der Drachen Wuht

Nur wohnet / weil sich Tugend zu mir tuht.


Arbianes baht nach geendigtem singen / ihm dieses Teutschen Liedes Inhalt ins Griechische überzusetzen / welches hernach Pharnabazus in gleiche Art Medische Reimen brachte /[607] und hatte die GroßFürstin ein solches Vergnügen an demselben / daß sie es vor ihr bestes wählete / so daß sie ihrem vorgeben nach / es Herkuliskus zum Gedåchtniß vor ihr Leibstük halten wolte / weil mit seinem Zustande es so gar einstimmete. Dieser / weil er sich erinnerte / daß er des nähstfolgenden Morgens seine Reise nach Charas anstellen würde / stund von seiner Stelle auff / entblössete auff Teutsche Art sein Häupt / und fing folgende Rede an: Durchleuchtigster / Großmächtiger GroßFürst; wie dann Durchleuchtigste GroßFürstin; auch Durchleuchtigster Fürst Arbianes / Gnådigste Herren und Frau; Der aus seinem Vaterlande entraubete Herkuliskus / dessen der Himmel sich als eines Glüks Ballen gebrauchet / kan nicht absehen / mit was gebührlichem Danke Ihren Durchleuchtigkeiten zubegegnen er düchtig ist / vor die überaus grosse Gnade /ihm über alle Verdienst und Wirdigkeit angetahn; Der Unfall hat ihm vor etlicher Zeit seinen lieben Vater entrissen / den hat er an dem Durchl. GroßFürsten alhie wieder funden. Die boßhafften Räuber haben ihn seiner herzlieben Fr. Mutter entführet / dieselbe hat er an seiner gnädigsten GroßFürstin hieselbst angetroffen; Das Unglük hat ihn von seinem vertrauten Oheim Herkules weit abgeschieden / der ist ihm an seinem höchstwerten Fůrsten Arbianes wieder gegeben. Nimmermehr werde ich mich dieses Glüks gnug rühmen können; nimmermehr werde ich solches zuerkennen geschikt genug seyn. In meiner ersten Ankunft bildete ich mir eine leibeigene Knechtschafft ein / und ward vor Sohn und Bruder erwählet; ich furchte mich vor dz unbekante Ekbatana / und traff daselbst meiner Eltern Schos an. O Hi el / gib mir Vernunfft / es recht zubetrachten; und du Gott / der du darinnen herschest / verleihe mir Gnade / ein Dankzeichen abzulegen; ja vergeltet das gute an mir erwiesen / ersetzet / was alle meine Verwanten zubezahlen nicht gnug sind. Gewaltiger GroßFürst / was hat Eure Durchl. uñ Gn. an ihrem unwirdigsten Knechte gesehẽ / das ihn so angenehm gemacht hat? Höchst-rühmliche GroßFürstin /welcher Liebes-Gott hat ihre mütterliche Brust mir geöffnet / dz ich hinein geschlossen bin? Durchleuchtigster Fürst Arbianes / warumb leget seine Vortreffligkeit einem gefangenen Knechte den süssen Bruder Nahmen zu? Die Gnade ist zu häuffig; die Liebe zu strånge; die gewogenheit übermässig; und dannoch habe ichs annehmen müssen / wolte ich mich selbst nicht unangenehm machen; Ich muste mich vor den halten lassen / der ich nicht bin / und solche Verwaltung in diesem Schauspiele auff mich nehmen / der ich viel zu leichte wahr; daher haben meine Höchstgebietende ja so wenig die Ersetzung von mir zugewarten / als ich sie nimmermehr zuerlegen weiß. Aber diese Liebe Trähnen (die er mit dem Finger aus den Augen wischete / und auff den Tisch warff) sollen hieselbst zum Zeugnis vertroknen / daß wofern ich leben sol / ich nicht völlig werde glůkselig seyn können /als lange mirs an gelegenheit mangelt / mein Herz sehen zulassen / wie gerne es den Anfang der Zahlung seiner unzählichen Schuld machen wolte / welche völlig abzutragen / des Himmels Reichtuhm erfodert. Aber O mir gar zu verhaffteten! wie sol ich eure hochgeneigete Freundschafft und Hulde / Hochgebohrner Herr Pharnabazus / Herr Mazeus / Fr. Roxane / Frl. Barsene / wie sol ich immermehr ihnen erwiedern /was ich von ihnen ohn maß empfangen habe? Lasset euch / bitte ich / des gütigen Gottes Art gefallen / der mehr Vergnügung an der Wilfährigkeit / als an Geschenken hat / und versichert euch doch / daß ich kein Vermögen sparen wolte / wañ mirs beywohnete / da ich nun wegen mangel nur Wort-Speisen[608] auffzutragen genöhtiget werde. Niemand war über Tische / dem die klaren Trähnen nicht in den Augen gestanden währen; Das Frauenzimmer aber fing überlaut an zu weinen /und Arbianes wahr der Ohmacht am nähesten. Diese Traurigkeit nun in etwas zulindern / foderte Herkuliskus die Harffe / und mit einem Liebes-brennenden Angesichte / sang er folgendes Lied in Griechischer Sprache:


1

Wann mein Wunsch in Krafft bestünde /

Und mein wollen / können fünde;

Solte meine Dankbarkeit

Feste stehn zu aller Zeit.


2

Wann die Hände könten zahlen /

Was Gedanken wol abmahlen /

Solte meine Dankbarkeit

Feste stehn zu aller Zeit.


3

Aber O! von Armut wegen /

Kan ich gar kein Zeichen legen;

Drumb steht meine Dankbarkeit

Nur im wollen allezeit.


4

Ja mein Herz / sih wie es gehet;

Wer zu hohe Gunst empfähet /

Und mehr als er tragen kan /

Schauet niemand frölich an.


5

Wer zu schwer wird überladen /

Wann er muß durch Fluten waden /

Trägt vergebens seinen Sin

Nach dem fernen Ufer hin.


6

Herz / jezt lernestu gar eben /

Mehr zu nehmen als zu geben;

Solte das nun Tugend seyn;

Währstu voller Tugendschein.


7

Doch du hast zwar nehmen müssen.

Drumb wird Gott zu lohnen wissen /

Was ein schwacher Schuldes-Mann

Durch sich nicht ersetzen kan.


Der GroßFürst erhohlete sich unterdessen / und die weiblichen Trähnen wurden gestillet / daß auch Arbianes sich wieder erinnern kunte / wo er wahr / und gab Herr Mazeus nach GroßFürstlichem Befehl / unserm Herkuliskus diese Antwort: Durchleuchtiger /und von Himlischer Gunstreichbegabeter Herr Herkuliskus; GroßFürstl. Durchl. allerseits / hält die hohe Danksagung vor überflüssig / weil sie ichtwas geleistet zuhaben / sich nicht erinnern können / das eure Vollkommenheit nicht hundertfach verdienet hätte; wünschen nichts mehr / als daß ihnen Freyheit gegönnet werde / euch zeit ihres Lebens Elter- und Brüderliche Liebe zu erweisen / erbieten sich bey GroßFürstlichen Ehren / es an keinem ermangeln zulassen / was in ihrem Vermögen stehet. Auch wird mein Herr sich erinnern / was unser allerseits Gn. GroßFůrst sich neulich gegen ihn erboten / aber er selbst åidlich geunwilliget / und sich widersetzet hat. Seine GF. Durchl. aber zweifelt nicht / ihm werde gelegenheit zustossen / auch am bewusten Orte ihm seine gewogenheit und våterliches Herz sehen zulassen. Darauff trat Herkuliskus zu dem GroßFürsten / setzete sich auff seine Knie / und kůssete ihm die Hände in kindlicher Neigung / biß ihn derselbe auffrichtete / und zu ihm sagte: Mein geliebter Sohn / ich hoffe / die gütigen Götter werden uns verleihen / uns untereinander bessere Freundschafft zuleisten / als bißher geschehen. Er hingegen wendete ein / er håtte schon gar ein übriges empfangen / machte sich hin zu der GroßFürstin / und wolte sich auch vor ihr niderlegen / welche ihn aber umfing / und nach erteiletem mütterlichen Kusse sagete: Mein Sohn / die Götter wollen euch beystehen; ein mehres wolte die herzbewägende Traurigkeit nicht zulassen. Arbianes meynete / die Ordnung würde nun an ihm seyn / empfand aber in seinem Gemüht nicht / wie er sich verhalten solte; welches Herkuliskus merkend / zu ihm sagete: Hochgeliebter Fürst / wir werden hernach allein bequemere gelegenheit haben / uns vor dißmahl zuletzen; wendete sich zu Pharnabazus / ihm Ehre zubeweisen / welches er aber nicht zugeben wolte / sondern ihm wider seinen Willen die zarte Hand küssete / einwendend /[609] es wåhre gar zu viel / daß er sich auch gegen seine Wenigkeit bedanket hätte / da ihm doch keine Gelegenheit zustossen wollen / ihm auffzudienen / die er gleichwol zusuchen / höchst wolte geflissen seyn. Mazeus taht desgleichen / und erboht sich mit alle seinem Vermögen. Hernach trat er hin zu Frl. Barsenen /die sein halbzitternd erwartete / küssete ihr die Hand /und meldete in Höfligkeit / wie er sich der erzeigeten Gunst unwirdig schätzete / baht umb stetswehrende gewogenheit / und verpflichtete sich mit vielfältigem erbieten / ihr steter Diener zubleiben / als viel sein Vermögen ohn einige Bedingung leisten könte; wie ihm dann sein Herz eigentlich zutrüge / sie würden in beståndiger Freundschafft noch manniche Zeit leben. Das Fräulein währe lieber mit ihm allein gewesen /umb ihre Liebe zu guter lezt zubezeugen / und seiner Zusage ihn zuerinnern / weil es aber Zeit und Orts gelegenheit nit gönnete / muste sie es vertragen / wünschete ihm mit gebrochener Stimme des Hi elsSchutz / und bedankete sich aller geschehenen Ehre. Es hatte Fr. Roxane seine Worte angehöret / welche sie alle ungleich deutete / und auff eine hitzige Liebe zog; Sie wuste fast nicht / ob sie ihm hold oder ungeneigt seyn solte / weil sie in den Gedanken stund / er ginge mit gefährlichem Vorsatz umb / ihre Frl. Schwester zuverleiten / und war ihr nicht so gar unangenehm / daß er seine Reise nunmehr fortsetzen würde. Herkuliskus hatte aus unterschiedlichen Stachelreden / auch von dem Fräulein selbst vernommen / wessen sie gegen ihn gesiñet war / welches er ihr doch nicht verargete /stellete sich auch vor dißmahl überaus freundlich gegen sie / und nach geendigter Danksagung / hielt er bitlich an / mit ihm einen kurzen Abtrit zunehmen /weil vor seinem Abscheide er gar ein wenig mit ihr absonderlich zureden hätte. Sie bestũrzete hierüber /und zweifelte nicht / es würde die Offenbahrung seiner Liebe gegen das Frl. betreffen / welche einzuwilligen sie durchaus nicht gesinnet wahr / weil sie mit der Groß-Fürstin die Heyraht ihres Bruders zimlicher massen schon beredet hatte; wegerte sich demnach höflich / mit ihm zugehen / biß ihr Gemahl ihr solches gebot. So bald sie im Neben Gemache sich allein befunden / küssete er ihr die Hand / und brachte vor / er hätte vorerst ihr eine grosse Heimligkeit zuentdecken / und hernach eine freundliche Bitte abzulegen / wañ er ihrer Verschwiegenheit könte versichert seyn. Sie bildete ihr den vorigen Wahn so fest ein / daß sie gänzlich meynete / es würde die Anwerbung darauff erfolgen / und gab ihm zur Antwort: Es möchte vielleicht eine solche Heimligkeit seyn / welche sie zuwissen nicht begehrete; wann dann eine unmögliche Bitte darzu kommen solte / wũrde er nur ihre gute gewogenheit in Zweifel zihen da sie ihm doch von herzen alles gutes gönnete. Herkuliskus lachete dieser Sorge bey ihm selber / wolte sie doch etwas besser prüfen / und sagte weiter: Sein höchstes Vertrauen hätte er auff ihre Gütigkeit gebauet / wolte auch nicht hoffen / dz sie ihm ihre Gutwilligkeit versagen würde; Die Heimligkeit währe so beschaffen / daß sie noch zur Zeit kein Mensch / als sie / wissen dürffte / deren Nohtwendigkeit die hinzugefügete Bitte åusserst erfoderte / so daß er sich billich vor unglükselig schätzen müste / wann er bey ihr solte einen blossen schlagen. Ach mein geliebter Herkuliskus / antwortete sie / die Götter wissen / wie gerne ich ihm zugefallen bin / wegere mich auch nicht / nach seinem begehren zuschalten / dafern nur meine Frl. Schwester nicht mit eingemenget wird / weil dieselbe nicht mehr frey / sondern von der GroßFürstin und mir / einem trefflichen Herrn / ihrem nahen Anverwanten ehelich versprochen ist /ob sie gleich dessen selbst noch keine Wissenschafft träget. Ich[610] erfreue mich von Hertzen / sagte er / daß mein hochwertes Fräulein zu gutem Glük sol ausgesteuret werden / und weil meine liebe Freundin nicht gerne sihet / daß das Fräulein mit zugezogen werde /so ist solches eben mein begehren / frage nur noch einmahl / ob ich mich auf eure Verschwiegenheit verlassen darff; solte dann meine Bitte nicht können stat finden / woran ich doch im geringsten nicht zweifele /wil ich derselben gerne sie erlassen. Aber was frage ich lange nach eurem guten Willen / der mir durch so manniche Erweisung mehr als zu kund ist? Vernehme demnach meine hochwerte Freundin / meine grösseste Heimligkeit / die ich noch keinem fremden offenbahret habe; und was meynet ihr / herzgeliebete Frau Roxane / mit wem ihr redet? etwa mit Herkuliskus? Ja mit dem / der allen andern biß dahin Herkuliskus bleibet / nur allein euch nicht als meiner allervertrautesten Freundin. Es fing Fr. Roxane an vor Furcht zuzittern uñ beben / nicht anders gedenkend / er würde sich ihr offenbahren / daß er ein warhafftiger Gott währe; Er aber taht / als merkete er ihre Furcht nicht / und fuhr also fort: So höret nun meine Freundin / diese Heimligkeit / und wisset / daß ich so wenig mänliches Geschlechtes bin / als eure Frl. Schwester / sondern ihr sehet vor euch eines mächtigen Königes Tochter / des so offtgedachten Herkules Wase und versprochene Braut / Valiska. Ich sehe wol / meine Freundin / dz ihr gedenket / ich scherze; aber ach nein: die Merkzeichen sollen bald zeugen / was ich rede; öffnete hiemit ihren Busem / und ließ ihre zarten Brüste sehen; daß Fr. Roxane sich in höchster Verwunderung befand /und ihr diese Antwort gab: Allergnädigstes Fräulein /ich bedanke mich untertåhnigst der erzeigeten Gnade /wodurch sie ihre höchste Heimligkeit mir vertrauen wollen / und gelobe ihr hiemit äidlich / daß ich keinem einigen Menschen dieser Welt solches offenbahren wil / als lange sie es verschwiegen zuhalten mir gnådigst anbefihlet; uñ weil ich durch blinden Irtuhm eine sehr unbedachtsame Grobheit begangen / bitte ich umb gnädigste Vergebung. Herkuliskus fiel ihr umb den Hals / küssete sich lange mit ihr / und taht ihr zuwissen / daß um Erhaltung ihrer Jungfräulichen Keuscheit sie Jünglings gestalt angenommen / bähte /ihr nicht zuverdenken / daß sie Arbianes Schlafgeselle zuseyn sich bereden lassen / weil er sie noch diese Stunde vor einen Jüngling hielte / wiewol sie meist deswegen mit ihrer Reise eilete / dz sie des Verdachts möchte enthoben werden; Demnach sie aber nicht wüste / ob ihre Verstellung zu Charas gelten würde /möchte sie gerne auf allen fall uñ ingeheim ein weiblich Kleid bey sich haben / welches zu bezahlen sie Mittel gnug hätte / und diß währe die Bitte / welche sie zugleich ablegen wolte. Warumb gedenket mein Gn. Fråulein der Zahlung? antwortete sie; ich bin ja derselben wegen jezt erzeigeter Gnade mit viel einem mehren verbunden / und weil ich meiner Schwester gestriges Tages ein neues Kleid verfertigen lassen / da der UnterRock von einem Silberstük mit allerhand Farben durchwirketem Blumwerk / das Oberkleid aber von zarter weisser Seide ist / mit Perlen gestikt /wobey Strümpfe / Schuh / und anderer gebührlicher Zierraht sich findet / als wolle Eure Durchl. solches von mir gnådigst annehmen / und meines bereitwilligsten Herzens dabey eingedenke seyn. Herkuliskus bedankete sich davor herzlich / baht / sein mit grossen Königlichen Ehren-Nahmen zuverschonen / und erboht sich / wegen des versprochenen wolgefålligen Kleides alle Dankbarkeit sehen zulassen; håtte aber noch eine Bitte bey ihr abzulegen / als nehmlich / daß sie etliche geträue reitende Diener aussenden wolte /des Weges / welchen er kommen währe / um / in den[611] mit diesem 3. Buch Merkmahl bezeichneten Herbergen zuerforschen / ob nicht ein oder ander fremder Ritter daselbst gewesen / der entweder nach Herkuliskus oder Valiska gefraget / massen sie nicht zweifelte / ihr Herkules oder wol andere mehr / würden nicht unterlassen / ihre Erlösung zubefodern. Fr. Roxane lobete ihr träulich an / ein solches erstes Tages ins Werk zurichten / und weil sie beyderseits sich fürchteten / es möchte ihr langes Gespräch den anwesenden verdächtig fallen / gingen sie wieder in den Saal / da Frl. Barsene in Furcht stund / er würde ihrer Fr. Schwester ihre Liebe anvertrauet haben. Es war die lezte Nacht /daß Arbianes seinen geliebeten Herkuliskus im Arme schlaffen hatte / bey dem er anhielt / es von seinem H. Vater zuerbitten / daß ihm möchte vergünstiget werden / mit nach Parthen zureisen / damit er umb so viel länger seiner lieben Geselschafft und Gegenwart zugeniessen hätte; welches er ihm zwar versprach / und doch zuleisten nicht gesoñen wahr / dann es wolte ihm der junge Herr schon zu geheim werden; daher er wegen der instehenden Reise sich nicht wenig freuete. Des folgenden Morgens lieferte ihm Roxane das Kleid in einem Wetscher / und betrübete sich Arbianes sehr / daß ihm mitzuzihen durchaus nicht wolte erläubet werden / und er also von seinem Herkuliskus den endlichen Abscheid zunehmen gezwungen ward /welchen er mit diesen Worten anredete: Die Götter sind meine Zeugen / herzgeliebeter Bruder / daß in Abwendung seines Unglüks / welches ihn vielleicht treffen möchte / ich weder Gut noch Blut sparen wolte / wann sich einige gelegenheit erzeigen würde; nachdem ich aber bey meinem Herr Vater nicht erhalten kan / daß mir die Reise gegönnet werde / bin ich gezwungen / mich auff dißmahl mit dem grösten Teil meiner Seele zuletzen / daß ich auch nicht weiß / ob mir das Glük verleihen wird / ihn dereins wieder zu sehen; wiewol ich das Vertrauen zu den himlischen Göttern habe / sie werden nicht zugeben / dz die allerschönste tugendhaffteste Menschenzucht in Ehren-und Lebensgefahr gerahte; welche Hoffnung mir die Verheissung tuht / ich solle meinen Herzensfreund nicht gar verlieren / sondern (welches ich wünsche) in hohem Ehrenstande mit Koniglichen Gnaden überhäuffet / wieder antreffen; Inzwischen wil ich ihm des Himmels Schutz helffen erbitten / nicht zweifelnd / er werde mir sein versprochenes in der ferne nicht ersterben lassen / sondern die angefangene Freundschafft und tråue Auffrichtigkeit halten / welches bey Verpfändung meiner Seele von mir sol geleistet werden; fiel ihm mit diesen Worten umb den Hals / und in dem er ihn unterschiedliche mahl küssete / sagete er: O wie glükselig würde ich seyn / wann mir vergönnet währe / des Unglüks helffte über mich zunehmen / da meinem Seelen-freunde sonst einiges von dem Verhängniß angedräuet wird. Mein hochwerter Fürst /antwortete Herkuliskus / er wolle sich / bitte ich /meines künfftigen ergehens so hoch nicht annehmẽ /sondern vielmehr sich versichern / daß mein Muht dem Hi el noch viel ein mehres trauet / da ich ihm dann hiemit brüderlich verheisse / aus diesen Morgenländern nicht zuweichen / ehe und bevor ich an seiner beliebeten Gegenwart auffs neue mich ergetzet / und die angeschürzete Liebes Bande fester geknüpffet habe. Wendete sich darauff zu der GroßFürstin und anderen anwesenden / und nach abermahl genommenem Abscheide / befahl er sich ihrer beharlichen Gnade und Gewogenheit / setzete sich neben den GroßFürsten auff seine Leib-Gutsche / und in Begleitung 200 Reuter / die von Pharnabazus und Mazeus geführet wurden / eileten sie auffs geschwindeste fort / die Parthische Häuptstadt Charas zuerreichẽ.[612]

Ladisla und Fabius samt Leches und ihren neuen Dienern / hatten in Assyrien gute Geselschafft angetroffen / mit denen sie in zimlicher Sicherheit fast die Persischen Grenzen berůhreten / da dem guten Fabius gar ein schweres Unglůk zusties / als sie im Gehölze einẽ engen Weg ritten / und wegen Räuberischen anfalles gute Auffsicht haben musten / welcher Ursach halben Ladisla vor dem Hauffen / Leches in der Mitte / und Fabius hinten nach ritte. Als nun dieser / umb das sein Pferd stallen wolte / sich ein wenig bey einem trummen umbwege verspåtete / und eines Steinwurffs zu rücke blieb / nahmen dessen vier junge verwågene Räuber wahr / die ihm Pusche sich verborgen hielten / schossen ihm das Pferd alsbald nieder /und sprungen auff ihn zu / da er unter dem Pferde lag / hielten ihm das Maul zu / bunden ihm die Hånde /und führeten ihn mit sich ins Gesträuche / da sie ihm die Augen verbunden / den Harnisch abzogen / und alsbald zuerstechen dräueten / dafern er nicht willig mit fort gehen würde. Fabius wahr übermañet / muste mit springen / und wahr ihm das ungelegenste / daß man ihm das Maul geknebelt hatte / und sich solcher Gestalt eine grosse Meile muste treiben lassen; endlich / da er dieser Beschwerung entnommen wahr /gab er mit wenig Persischen Worten zuverstehen / sie möchten ihn als einen Ritter handeln / er wolte als ein Gefangener ihres Willens leben. Diese aber kehreten sich hieran wenig / sondern führeten ihn mit gefesselten Armen nach dem Fürstentuhm Susiana / und da sie etliche Meilen ohn auffhören fortgelauffen wahren / und sich keiner Nachfolge mehr zubefahren hatten /frageten sie / wer er wåhre / und ob er Geld bey sich hätte. Er gab vor / er hiesse Kleon / währe ein gebohrner Grieche / håtte mit niemand Feindschaft / triebe auch kein gewerbe / ohn daß er als ein schweiffender Ritter seinem Glük nachzöge: Die Geselschaft / mit denen er gereiset / währen reiche Kauffleute / deren einer ihm ein zusammen gewickeltes kleines Tůchlein zuverwahren gegeben / möchtẽ wol köstliche Sachen drinnen seyn / die er ihnen gerne einhåndigen wolte; überreichte ihnen hiemit etliche zusa en gebundene Kleinot ohngefehr 8000 Kronen an wert; über welche die Räuber sich höchlich freueten / und ihm die Wahl zur sonderlichen Gnade gaben / ob er lieber sterben /oder sich verkäuffen lassen wolte. Er empfand hieraus schlechten Trost / und gab ihnen zur Antwort; dafern er so bittselig seyn könte / das ihm Leben und Freyheit geschenket würde / wolte er sich äidlich verpflichten / es an ihrer keinem zueifern; währe es aber ja nicht zuerhalten / bähte er um Lebensfristung / und daß sie ihn einem vornehmen Herrn verkauffen möchten. Nein antworteten sie / wir bieten dich nicht weiter aus / als an einen / welcher dich nach Willen selbst behalten / oder weiter verhandeln wird. Weil er nun die Bremsen nicht reizen / noch diese Buben mit unangenehmen bitten erzürnen wolte / ergab er sich ihrem Willen / nur daß sie ihm die Hände frey lassen möchten / nachdem er ihnen nicht entlauffen könte; welche Gnade er in so weit erhielt / daß ihm dannoch die Arme mit einem Stricke aneinander gebunden wahren / und er deren sich nicht frey gebrauchen kunte. Er gelebete noch immer der Hoffnung / Ladisla würde seines abwesens zeitig inne werden / und umb seine Erlösung sich bemühen: aber alles vergeblich /weil die ganze Geselschaft ihn vor spätem Abend / 6 Stunden nach seinem Verlust / nicht misseten / da sie auff einem breiten Platze sich samleten / und Ladisla nach ihm umsahe / endlich ihm mit Nahmen rieff /und fleissig nachfragete / ob nicht jemand umb ihn Wissenschaft trüge. Man befand zwar / daß er nach gemachtem Schlusse sich anfangs[613] hinter der Schaar gehalten / währe aber in 6 Stunden daselbst nicht gesehen / so daß man gedacht / er wůrde neben hin geritten seyn / und unter andere sich vermischet haben. O mein Bruder / sagte hierauff Ladisla / so bistu gewißlich in Unfal gerahten / und wol gar erschlagen; wendete damit sein Pferd umb / in meynung / den Rükweg zunehmen / und ihn zusuchen; aber Leches redete ihm ein; es währe später Abend und in der Wildnis / da nicht allein Räuber sondern auch die wilden Tihre zu fůrchten; so müste man einen Weg von sechs Stunden reiten / welches den Pferden ja unmöglich fallen würde; zwar er wåhre bereit zu folgen /doch hielte er vor rahtsam / den Pferden etliche Stunden Futter und Ruhe zu gönnen / ob man etliche von der Geselschaft vermögen könte / in früher MorgenStunde mit zu reiten / und Nachsuchung zu tuhn. Ach Leches / antwortete er; inzwischen kan er gar umb sein Leben kommen. Die Götter werden ihn behůten /gab er zur Antwort / und solchẽ Unfal von ihm abwenden. Ladisla sahe daß er gezwungen diesem Raht folgen muste / hielt auch bey der Geselschaft an / des folgenden tages in dem Flecken zu verweilen / biß er entweder seinen Gesellen angetroffen / oder zum wenigsten einige Kundschaft von ihm eingezogen hätte; die zehrungs kosten / wie hoch sie lauffen würden /wolte er gerne abtragen. Dieses erhielt er nicht allein bey ihnen / sondern sie erbohten sich ůberdaß / mit ihm zu reiten; machten sich auch früh Morgens auff /und zogen des vorigen Weges / biß sie sein erschlagenes Pferd antraffen / auff welchem der Wetscher noch unversehret / unter dem Reitmantel gefundẽ ward / welchen sie ablöseten / uñ zu sich nahmen /weil auff die 150000 Kronen wert Kleinot darinnen wahren. Ladisla gingen die Augen über / und kunte nicht ersinnen / wie diß möchte zugangen seyn / biß einer aus der Geselschaft anzeigete; er erinnerte sich /daß er dieses Orts etwas zurücke blieben wåhre / und můsten etliche verborgene Räuber ihn unversehens überfallen / und mit sich hinweg geführet haben. Dessen muß ich gewissere Zeichen suchen / sagte Ladisla; stieg mit XXV Mannen ab / und durch kroch die Püsche hin und wieder / biß sie sein Harnisch und Schwert funden / woraus sie gewisse Hoffnung fasseten / er müste nicht erschlagen / sondern gefangen hinweg geführet seyn; zweiffelte auch nicht / er würde seiner Verschlagenheit nach / schon Mittel finden /sich loß zu machen / worzu ihm die kostbahren Kleinot / die er bey sich fůhrete / könten behülfflich seyn. Also kehrete Ladisla mit der Geselschaft wieder umb / und nam Fabius Harnisch / Schwert und Pferde Zeug mit sich. Inzwischen muste der Gefangene Kleon (also werden wir Fabius eine Zeitlang nenen) auch noch diesen ganzen Tag bey geringer Speise biß in die sinkende Nacht eilig fort traben / wie auch des folgenden tages biß an den Mittag / da sie in einem geringen Flecken ankahmen / und bey ihrem bekanten Wirt einkehreten / dem sie den Gefangenen umb 100 Kronen zukauffe bohten; nachdem aber Kleon auff des Wirts Frage / was er gelernet håtte / zur Antwort gab / daß er ein Kriegsman / und keines Handwerks kündig währe; sagete dieser: Mit solchem nichts werten Menschen ist nichts bessers anzufahen / als daß man ihn erschlägt; dañ weil ich ihn nirgend zu lassen weis / werde ich nicht hundert Pfennige vor ihn außzahlen. Kleon wahr in augenscheinlicher Gefahr seines Lebens / weil die Räuber der Mühe verdroß / wel che sie / ihn mit zuführen / angewendet hatten / daher sie sich über ihn machten / ihm die Kleider abzuzihen / uñ nachgehends den Kopf einzuschlagen; würde auch dem tode nicht entgangen seyn / wo er nicht diese List erdacht /[614] und bey dem Wirt angehalten hätte / er möchte ihm ein Wort absonderlich hören /so wolte er ihm schon Ursach melden / warumb er ihn käuffen solte; uñ als sie allein wahren / sagte er zu ihm: Mein Herr / da ich von diesen vieren gefangen ward / und verstund / daß ich solte verkauft werden /wuste aber / daß ich keine Handkünste gelernet hatte /wolte ich dannoch meinem Käuffer in andere Wege Ergezligkeit machen / und habe diesen Schaz heimlich bey mir verwahret / welchen ich euch liefern wil /möget euch wol versichern / daß er mit gutem Willen umb 6000 Kronen-kan verkauft werden: So nehmet ihn nun zu euch / daß es diese nicht erfahren / und ich mein Leben behalten möge / weil ja niemande mit meinem Blut kan gedienet seyn; ob ich auch gleich kein Künstler bin / wil ich mich doch in die Hand Arbeit / und was einem Knechte oblieget / wol zuschicken wissen; ůberdaß findet sich wol ein grosser Herr der mich käufft / daß ich ihm die Pferde abrichte /oder wol seine Kinder in fremden Sprachen unterweise. Der Wirt nahmens Orsillos / besichtigte die Kleinot / fand sie köstlich / und sagete: Du hast durch diese Bedachtsamkeit klůglich gehandelt / und nun zweifele nicht / ich wil dich käuffen / und umb ein geringes Geld dich einem guten Herrn zuführen. O wie froh ward Kleon / daß er Lebensversicherung bekam; er erboht sich zu aller möglichẽ Auffwartung / und ging mit dem Wirt in die Stuben / welcher zu den Räubern sagete; es hätte ihn dieser arme Tropf durch viel bitten vermocht / daß er ihn kåuffen wolte; ward also mit ihnen umb 80 Kronen eins / die er baar erlegte / und seinen Kleon alsbald in den Pferdestal jagete /denselben außzumisten; wohin er sich willig verfügete / umb daß er daselbst seine annoch übrigen Kleinot / die er unter den Kleidern am Leibe trug / verbergen möchte / welche eine Tonne Schaz am wert ůbertraffen; nach welcher verrichtung er mit der Arbeit / ehe man sichs versahe / fertig wahr / da ihn gleich einer nach dem Hause rieff / die Kleider abzulegen / welche die Räuber bey dem kauffe ihnen vorbehalten hatten. Nun wahr er hierzu gar willig / uñ mit den geflicketen Lumpen / die man ihm zuwarf / wol zufrieden; weil er aber im außzihen merkete / daß noch ein Ring in dem Hosenfutter verborgen wahr / gab er seinem Herrn einen Wink / daß Kleid nicht aus der Hand zu lassen /ob ers gleich dreyfach bezahlen solte; welcher seine Rechnung leicht machete / daß noch ein Vortel müste verhanden seyn / uñ daher die Räuber mit 30 Kronen befriedigte; vorgebend / es stünde das Kleid seinem Leibeigenen so zierlich / daß er in demselben ihn umb ein zimliches teurer als sonst zuverkäuffen hoffete; und zwar dz außgelegte Geld reuete ihn nicht / massen nach der Råuber Abscheid er einen Demant Ring auff 1200 Kronen dariñen fand / dessen er sich freuete / und zu Kleon sagete; weil du mir auch noch diesen Vortel hast gönnen wollen / soltu mich wieder gnädig finden / und wil dich in Speise und Kleidung besser als die andern halten. Also muste dieser Held allhier 5 Wochen als ein Leibeigener dienen / da ihm täglich gar ein wenig warme Speise zum groben Brodte / und ein TrunkWasser gereichet ward / muste unterdessen die Viehställe misten / die unflätigen Winkel reinigen Holz hauen / Wasser tragen / und dergleichen schwere und unflätige Haußarbeit mehr verrichten / und zwar ohn einige gegöñete Tagesruhe biß in die sinkende Nacht; alsdañ gab man ihm eine dünne Sträu im Viehstalle / worauff er mit geschlossenen Füssen ruhen muste. Drey Mägde wahren im Hause / von zimlicher Frecheit / welche sich seiner guten Gestalt gelüsten liessen / und ihm sehr nachgingen / daß er Mühe hatte / sich ihrer zu erwehren / ja des Wirts Weib[615] selber / wie alt sie gleich wahr / begunte ihn ungebührlich anzusprechen. Vier Tage verschonete ihn sein Herr mit schlågen / aber am fünfften suchte er Ursach an ihn / umb zuerforschen / wie er sich in die Peitsche schicken wůrde / striegelte ihn auch so elendig ab / daß er fast am ganzen Leibe blutstrimig wahr; welches er vor dißmahl mit möglicher Geduld auffnam; als ihm aber solches zu unterschiedlichen Zeiten begegnete / nam er ihm vor / diesen Jammer durch den Tod zu endigen / und zuvor seinen wůterischen Herrn zuermorden; jedoch erhohlete er sich durch Standhaftigkeit / und ward nach Verlauff dreier Wochen zu rahte / denselben zu bitten / er möchte ihn etwa in eine Stad führen / ob sich irgend ein Kaufman fünde / der ihn seinethalben vergnůgete. Dieses setzete er folgendes tages ins Werk / aber mit seinem grossen Unglük; dañ Orsillos schlug ihn mit einem Ochsenstecken so jåmmerlich / daß er drüber in Ohmacht niederfiel; hernach redete er ihn mit diesen an: Du leichfertiger fauler Schelm / woltestu mir vorschreiben / wie ichs mit dir anschlagen sol? Eja / bistu meiner Knechtschaft bereit überdrüssig? harre nur / wir můssen uns was besser beriechen / ehe wir uns scheiden; ich habe etliche Tage her an dir wol gespůret /daß du nicht mehr so hurtig zur Arbeit bist wie vorhin; aber ich werde dir den Brodkorb umb so viel höher knůpfen / daß dir der Kitzel vergehe; wobey dieser Ochsenstecken das seine auch tuhn sol: Du ungeschikter Esel kanst mir kinen Groschen erwerben /wovor sol ich dir dañ das fressen geben? Der gute Kleon verdåuete auch noch dieses Fruhstük mit Geduld / uñ nach dem er sich erhohlet hatte / gab er zur Antwort: Mein lieber Herr / eben dieses / dz ich nichts verdienen kan / gehet mir auch zu Herzen / daß ich gedachte / euch möchte etwa mit dem Gelde mehr / als mit mir gedienet seyn; weil ich aber sehe / daß euch solches nicht zuwillen ist / wil nach diesem mit so ungenehmer Anmuhtung ich euch nicht mehr beschwerlich seyn. Daß wil ich dir auch nicht rahten /antwortete er / wo du Hund sonst dieser Schläge forthin můssig gehen wilt; ich bedarf deines nicht werten Rahts gar nicht / und werde schon selber wissen / wie ichs mit dir anfahen sol. Mit diesem Troste ging der elende Kleon wieder an seine Arbeit / und stunden ihm die Augen vol Trähnen. Ach ihr Götter / sagte er / wodurch habe ich dise schwere Busse verdienet? O Herkules! O Ladisla! O mein lieber Vater! O meine Ursul! werdet ihr euch auch wol einbilden können / in was vor Schmach ich mein unseliges Leben fůhre? Hiemit ergreif er eine Holzaxt / des Vorsatzes seinen Herrn damit zuerschlagen; aber sein guter Geist mahnete ihn noch dißmahl ab; jedoch schwur er bey sich selbst einen äid / dafern sein Elend inwendig drey Wochen nicht solte gelindert werden / wolte er versuchen außzureissen / ob er gleich darůber sterben solte. Es verlieffen aber nur zwo Wochen / daß ein Frey Herr desselben Landes daselbst durchreisete / welcher zwar in eine andere Herberge einkehrete / aber doch etliche Diener bey Orsillos einlegete; mit deren einem machete Kleon Kundschaft / und fragete ihn / ob nicht sein Herr eines Knechtes benöhtiget währe / der ihm junge Pferde abrichtete / dz Gewehr putzete / oder seine junge Herrlein in Lateinischer und Griechischer Sprache unterrichten und zu allerhand Ritterspielen anführen könte / alsdann wolte er nicht allein ihm tråulich dienen / sondern das Geld / welches er heimlich verborgen hätte / selbst außzahlen / damit er seinem jetzigen Herrn könte abgekauffet werden. Dieser zeigete ihm an / ob sein Herr solches gleich gerne tuhn wolte / dürfte er ohn seines Gemahls vorwissen es nicht wol wagen / als welche ihn nicht anders[616] als einen StokNarren handelte. Mein Freund / antwortete er / lieber seyd mir zugefallen mit dieser Werbung /und wann ihrs dahin bringet / verspreche ich euch einen Ring von 50 Kronen zur Verehrung. Dieser meynete nicht / daß ein so lausichter und lumpichter Knecht (massen er vol Unziefer wahr) von solchen Mitteln seyn solte / daher wolte er den Ring zuvor sehen; welcher ihm nicht allein gezeiget / sondern alsbald geschenket ward / mit trähnender Bitte / ihm behülfflich zu seyn / daß er diesem unbarmherzigen Herrn möchte entrissen werden. Dieser trug Mitleiden mit ihm / sahe aus seinen Geberden / daß er kein gemeiner Sudelknecht wahr / und ging hin zu seinem Herrn / ihn alles zuberichten; welcher antwortete: Ein guter Bereiter stünde mir nicht übel an / und wann ich ihn ůber das noch ohn meine Kosten erhalten kan /habe ich nicht ursach / ihn auszuschlagen. Der Knecht verständigte Kleon dessen / welcher mit ihm anlegete / wie er sich weiters verhalten solte; der auch alsbald hin zu Orsillos ging / und ihn fragete / ob sein leibeigener Kleon ihm feil währe; sein Herr währe eines benöhtiget / den er mit dem Fürsten verspielet hätte /und möchte ihm so bald diese Gelegenheit / ein zimlich Stück Geldes aus ihm zulösen / nicht zustossen. Orsillos gab zuverstehen: Der Leibeigene währe ihm lieb / weil er dreyer Mannes Arbeit verrichten könte /jedoch schlüge er ihn wol loß / wann er ihm gebührlich bezahlet würde; aber unter 1500 Kronen währe er ihm nicht feile / gegen deren Auszahlung er ihn in guter Ritterlicher Kleidung liefern wolte. Das währe viel vor einen solchen Sudelknecht / antwortete dieser; jedoch wil ichs meinem Herrn hinterbringen; ging aber zuvor nach Kleon / und taht ihm bericht wegen des hohen Preises. Demselben sprang das Herz vor Freuden in seinem Leibe / stellete sich doch traurig /und sagete: Es wůrde nicht raht seyn / ihn mit vielem Dingkauffe aufzuhalten / damit er nicht rükfällig würde / und wůste doch eigentlich nit / ob er so viel zuwege bringen könte; er hätte ein Kleinot / in welchem alles sein Vermögen bestůnde / verhoffete auch / wann er in einer grossen Stad wäre / solte mans so hoch wol ausbringen. Davon weiß ich guten Bericht zugeben / sagte dieser / weil ich V Jahr bey einem Kleinod-macher gedienet habe / und möchte vielleicht mein Herr das Geld wol selber vor das Kleinot erlegen / da es so viel austragen kan. Kleon nam aus seinem Winkel ein weiblich Bruststük hervor / welches über 2500 Kronen gelten kunte / boht es diesem dar /und sagete mit trauriger Stimme: O ihr Götter / gebet / daß dieser mein Schatz mich selber zubezahlen /gültig gnug seyn möge. Der Diener / nach kurzer Besichtigung / sahe / daß es doppelt so viel gelten kunte / als Orsillos foderte / ließ sichs doch nicht merken /sondern erboht sich / Fleiß anzuwenden / daß es verkaufft würde; und wann ich (sagte er mit lachen) es einem über seinem Wert anschmieren könte / wůrde mir ja solcher Vortel wol gegönnet seyn. Ja wanns viel tausend Kronen austrüge / antwortete er / wolte ich ihm solches von herzen gönnen; nur bitte ich /mein Freund wolle nicht seumen / damit mein Herr sich nicht eines andern bedenke. Dieser verfügete sich alsbald zu seinem Herrn / zeigete an / der Leibeigene håtte ein Kleinot / welches nicht sonders köstlich /hoffete aber / es dem Wirte in dem begehreten Preise anzubringen / daß der Leibeigene damit gekaufft würde; ging auff erlangete Vollmacht zu Orsillos /lieferte ihm das Kleinot Pfandsweise / und zeigete an /weil sein Herr jetzo auff der Reise so viel Baarschafft nicht entrahten könte / solte es drey Wochen bey ihm stehen / und alsdann mit 1500 Kronen ausgelöset werden. Also ward Kleon ins Haus geruffen /[617] zu dem sein Herr sagete: Deine Haut ist nun verkaufft / so nim nun diese deine vorigen Kleider / und lege sie an / weil ich dich zuliefern gedenke / wie ich dich empfangen habe. Dieser kunte vor Freuden nicht antworten / taht doch nicht / als wann ihm groß drumb währe / wiewol er sich auffs beste putzete / seinem neuen Herrn zugefallen / nachdem er seine trefflichẽ Kleinot wieder zu sich genommen hatte. Orsillos führete ihn hin / trat anfangs allein vor Nabarzanes / und berichtete / er währe da / seinen verkaufften Leibeigenen zuliefern / welcher auch alsbald hinein gefodert ward. Bey seinem Eintrit taht er seinem Herrn grosse Ehrerbietung / der ihn auff Griechisch fragete / aus welchem Lande er kähme / und was sein Gewerbe wåhre. Er hingegen ließ gnugsam erscheinen / daß ob er gleich einen grossen Teil seines Fleisches verlohren /er doch sein gutes Herz und Höfligkeit annoch unverlezt hätte / und fing also an: Hochgebohrner gnädiger Herr; daß Eure Gn. von der schnöden unsaubern Arbeit mich loßzuwirken / gnädig eingewilliget hat / davor bedanke ich mich untertähnig und von herzen; mein Stand / der Geburt nach / ist ohn Ruhm zumelden / frey / und von Griechischem Adel / und bin nie dienstbar gewesen / ohn daß vor wenig Wochen mich etliche Råuber hinterlistiger weise gefangen /und gegenwårtigem Orsillos dem unbarmherzigen und Feinde alles ådlen Geblüts / verkaufft haben; Ich bin von Jugend auf zu den freyen Künsten / nachgehends zu den Waffen gehalten; im Pferde bereiten hoffe ich die Gebühr zuleisten / und was sonst vor ritterliche übungen von mir erfodert werden. Einem solchen Diener / sagte Nabarzanes / habe ich lange nachgetrachtet / und währe unbillich / daß du mit unflätiger Arbeit länger soltest beladen seyn; Wirst du dich nun getråu und fleissig bey mir halten / soltu bessern und gelindern Herrn dir nicht wünschen. Kleon bedankete sich der angebohtenen Gnade untertähnig / und hielt um Vergũnstigung an / wenig Worte mit gegenwärtigem Orsillos zureden / nach deren Erlangung er zu ihm sagete: Höret ihr greulicher Wüterich; ich erinnere euch zugleich / was vor einen ansehnlichen Schatz ich euch bald anfangs eingeliefert / und dadurch eure Gunst und freundlichere Pflegung wol verdienet hätte / wie ihr mir aber solches vergolten / und diese fünff Wochen mit mir umbgesprungen seyd / wird euch noch in frischem Andenken seyn / verheisse demnach hinwiederum und an äides-stat / daß wann mir schier heut oder morgen vor meine geträuẽ Dienste meine Freyheit wieder werden solte / ich nicht ruhen wil / biß ich euch aller Woltaht halber baar und mit vollem masse bezahlet habe / weil meine begierden mich ohn das allemal zur Dankbarkeit anreizen / und ich nicht gerne schuldig bleibe / erbiete mich daneben / daß ich mit der Götter hülffe bald kommen / und meine versetzeten Kleinot samt dem lezten Ringe (weil sie mir nur mit Schlägen haben wollen bezahlet werden) einlösen wil. Ja kom nur / wañ dichs gelüstet / sagte der verwågene Orsillos / die Kleinot (ich meyne den Ochsenstecken und die Peitsche) hangen noch an ihrem gewöhnlichen Orte / und können dir / so offt du mit lusten darnach bist / zu aller gnüge mitgeteilet werden /wiewol ich mich von herzen herme / daß ich dich verkaufft / und nicht vielmehr lebendig ans Kreuz geheftet / oder den Hunden zur Speise vorgeworffen habe. Behaltet diese Antwort in eurem Gedåchtniß / sagete Kleon / ich hoffe euch derselben dereins in aller Güte zuerinnern / da euch erst der jeztgedachte Reuel recht kommen dürffte. Dein dräuen / und eines Sperlinges zwitzern gilt mir gleich / sagte Orsillos / und wann ich übel wolte / könte ich mit dir als einem Leibeigenen verfahren / dz du einem[618] freyen Persen und Susianer dräuen darffst. Ich habe kein Dräuwort aus meinem Munde gehen lassen / antwortete er / und wollet ihr mit mir vor die hohe Landes Fürstliche Obrigkeit treten / hoffe ich euch zuüberbringen / daß ihr ein Feind und Schänder des ganzen Adels seyd. Dieser wolte sich so weit nicht einlassen / sagte mit wenigem: Ein leibeigener hat keine Ehre / einen Freyen zubeschuldigen / als welcher immerzu Lügen redet wider seinen Herrn / der ihm hart gewesen ist / welches du mehr / als nie keiner / verdienet hast; und ging damit hinweg. Nabarzanes wolte seinen neuen Diener prüfen / wie ihm das reiten anstünde / und befand ihn darin so vortrefflich / daß er bekennete / ihm währe seines gleichen nie vorkommen. Des folgenden Tages sehr früh brach er mit seinem Gesinde auff /daß er noch vor Abends sein Schloß erreichen möchte; Er hatte sechs gewapnete freye Knechte / und drey Leibeigene bey sich / da Kleon den vierden gab / der seinen Herrn fragete / ob ihm wegen der Gefahr der Räuber nicht vergönnet währe / Harnisch anzulegen /damit er auff Begebenheit vor seinen Herrn streiten /und sein Blut behutsam wagen könte. Nun wahr Nabarzanes ein hochmuhtiger Narr / und gewaltiger Großsprecher / aber dabey so eine feige Mämme / daß ihn der Blåttergeräusch an den Bäumen erschrecken kunte / dannoch wolte er seinen neuen Diener nicht offentlich beschimpffen / sondern sagte auff sein begehren: Gib dich zu frieden Kleon / und fürchte dich nicht zuhart deiner Haut / ich bin meiner Fäuste selbst mächtig gnug / und solt vor Wunden schon geschützet werden; überdas habe ich wehrhaffte freye Diener gnug bey mir / und wil dich zu nirgend / als meine zween junge Söhne erster Ehe zulehren / und etwa ein junges Pferd abzurichten / gebrauchẽ / woneben du meine Rüstkammer unter handen haben / und die Waffen fein sauber halten solt. Kleon durffte nicht widersprechen / insonderheit / da er der Tohrheit seines Herrn innen ward / und beklagete seine Leibeigenschafft nicht so sehr / als daß er keinen rechtschaffenen Herrn hatte. So verdroß es die freyen Knechte nicht wenig / daß er sich unternehmen wolte / Waffen zufũhren / daher sie ihm viel Schimpffs erwiesen /auch endlich gar mit Maulschellen dråueten / welches alles er geduldig erlitte / unter der Hoffnung / es ihnen einzubringen. Um den Mittag / da sie den halben Weg hinter sich gelegt hatten / sahen sie sechs gewapnete Ritter von ferne auff sie zureiten / dessen Nabarzanes nicht wenig erschrak / und anfangs willens wahr /auszureissen / bedachte sich doch wieder / und hoffete / es würden etwa bekante oder sonst aufrichtige Ritter seyn. Jene kahmen in guter Ordnung auff sie angesetzet / und merkete Kleon bald / was ihr Vorhaben wahr / daher er zu seinem Herrn sagete: Diese werden uns gewißlich mit ihren Schwertern grüssen / und hätte ich Waffen / würde ich nicht unterlassen / ihrer Gn. ein dienstwilliges Herz in Bestreitung dieser vermuhtlichen Räuber sehen zulassen. Nabarzanes kunte sich vor Angst kaum auff dem Pferde halten / und antwortete ihm mit zitternder Stimme: Weil du dann so gute Lust hast zu fechten / wil ich dir vor dißmahl meine Waffen überlassen / weil ich wegen eines Fiebers mich sehr übel befinde. So lassen ihre Gn. die Diener voraus reiten / sagte er / und da sie solten angefallen werden / den Streit anfahen / daß ich Zeit gewinne /mich zuwapnen. So bald jene auff diese stiessen /griffen sie nach kurzer Wortwechselung zu den Schwertern / und schlugen frisch auff die sechs Diener loß / welche zwar den ersten Anfall aushielten / aber endlich hinter sich getrieben wurdẽ / gleich da Kleon gewapnet wahr / welcher sie also anfuhr: Schämet ihr euch nicht / daß in[619] eures Herrn gegenwart ihr euch auff die Flucht begeben dürffet? ein solches trifft ja mit eurem heutigen Troz bey weitem nicht ein; so folget mir nun / wollet ihr sonst nicht an eurem Herrn Verrähter spielen / und euch aller Ritterschafft unwirdig machen; traff hiemit auff die Feinde mit solchem Ernst / daß er im ersten Angriff einen niderhieb / und den andern tödlich verwundete; welches die Diener ersehend / wieder einen Muht fasseten / und auf die Feinde losgingen; wurden aber dergestalt empfangen /daß ihrer viere stürzeten; dahingegen Kleon ein solches Gemätsche hielt / daß sie vor ihm wichen / biß sie alle auff einen / teils erschlagen / teils zum Gefechte undüchtig gemacht wurdẽ. Nabarzanes hielt von ferne hinter einer Hecke / und sahe mit Verwunderung zu / wie sein neuer Knecht Raum machete /daß er im Herzen bekennen muste / er hätte ohn seine hülffe sich vor dem Tode oder Gefängniß nicht beschützen können; Als er nun sahe / daß die Räuber biß auff einen erlegt waren / gab er sich aus dem verborgenen hervor / und rief Kleon zu / er solte niemand leben lassen / sondern den lezten auch hinrichten; dann weil dieser ein fester Ritter wahr / gab er ihm viel zuschaffen / wiewol man leicht sahe / daß ers in die harre nicht treiben würde; ließ doch sein gutes Herz nicht sinken / und sagte zu Kleon: Ritter / ihr seyd der meinen Tod gewesen / welches ich billich rächen muß. Ritter / antwortete er / mannichem mißlinget die Rache / drum lasset euch genügen / es dürffte euch sonst gereuen. Darauff muß es gewaget seyn /sagte jener / und hielt sich wol / biß Kleon ein Stoß geriet / mit welchem er ihm den garaus machete. Hiemit wahr der Streit geendiget / jedoch auch Kleon an etlichen Orten seines Leibes zimlich verwundet. Nabarzanes aber stund und beklagete seine Diener / welche da gestrekt lagen / sagte auch zu Kleon: Du hast dich zwar zimlich gehalten / aber håtte ich selbst gefochtẽ / solte meiner Diener keiner beschädiget seyn. Dieser seuffzete über seines Herrn Tohrheit / und merkete aus seinen Reden / was hinter ihm steckete /hoffete doch bessere Gelegenheit bey ihm / als bey dem vorigen zuhaben / daß er seine Zeit ersehend /sich davon machen könte; wolte ihn aber dißmahl mit genehmer Lauge zwagen / und gab ihm zur Antwort: Ja / gn. Herr / an eurer unbegreiflichen Stärke / und Heldenmutiger Herzhaftigkeit / trage weder ich noch jemand Zweifel / auch ist mir hingegen meine Schwacheit wol bekant; aber gewißlich muß Euer Gn. Dienern das Unglůk sehr übel gewolt haben / daß von diesen nichtwerten Råubern sie dergestalt gezüchtiget sind / da sie vorhin vor Hochmut bersten wolten / uñ der Waffen mich unwirdig schåtzeten / wiewol ich ihnẽ das Leben gerne geschützet hätte / da es in meinem Vermögen gewesen. Nabarzanes antwortete mit wenigem: Hin währe hin / und könte nicht wiederbracht werden / nur låge ihm am meisten dran / daß er in so schlechter Begleitung auff sein Schloß reiten solte. Damit hieß er ihm die Waffen wieder geben /und von den erschlagenen die besten zu sich nehmen /welches er willig verrichtete. Die beyde annoch ůbrige freye Knechte ritten mit ihrem Herrn fort / aber ehe sie das Schloß erreicheten / stürzeten sie von ihren Pferden und verschieden / da Kleon uñ die drey Leibeigenen aller erschlagenen Pferde zusammen kuppeln /und mit sich führen musten. Als sie das Schloß ins Gesicht bekahmen / erkennete Kleon / daß vor einen so ungeschlieffenen Herrn es viel zu gut war / und im Einzuge befand er nicht geringe Zeichen seines Reichtuhms. Die Frau / ein junges und schönes Bild / die mit seiner Ursulen dem Angesichte nach / sich in vielen sehr verglieche / stund im innern Platze / sehr prächtig gekleidet / und hatte sechs Leibdienerinnen hinter ihr[620] stehen / empfing aber ihren Nabarzanes solcher gestalt / daß Kleon die Haar davor zu Berge stunden. Feiner Herr / sagete sie / wie bleibet man über die bestimmete Zeit so lange aus? ich meyne /man habe den Weg vergessen; Jedoch / grosse Narren (Herren wolte ich sagen) müssen sich erlustigen /damit die Speisen ihnen desto besser schmecken. Hier wirds gewiß nicht ohn Haar rauffen abgehen / gedachte Kleon / und legte schon über / wessen Beystand er seyn wolte; wie er aber hörete / daß dieser Tropf die Pillen geduldig verschluckete / ja vom Pferde herunter stieg / und ihr liebkosete / gedachte er; Oho gehets hier so zu / must du der Frauen zu dienste stehen /alsdann wirstu wol hindurch kommen; sprang gleich damit vom Pferde / setzete sich vor ihr auff die Knie /und redete sie mit diesen Worten an: Hochgebohrne Gn. Frau; nachdem das Glük in meinem höchsten Unfall mich so beseliget / einer so trefflichen Frauen untertähnig auffzuwarten / habe über meinen bißher erlittenen Verlust ich nicht zuklagen; wůnsche nur bloß / daß meine geringschätzige Dienste also möchten beschaffen seyn / daß Ihrer Gn. selbe gefallen könten /welche ohn Sparung meines Blutes anzuwenden / ich bereit und willig bin / bitte in tieffster Demuht und Untertähnigkeit / meine Gn. Frau wolle mit beharlichen Gnaden ihrem unwirdigsten Knechte gewogen bleiben. Fr. Statira sahe Kleon inständig an; sein Angesicht und Höfligkeit gaben / daß er kein gemeiner Knecht wahr; hieß ihn demnach auffstehen / und fragete Nabarzanes / von wannen ihm dieser Diener kähme / und wo sein ander Gesinde währe / auch was die Kuppelpferde wolten; sie hoffete ja nicht / daß er gar zum Pferdetåuscher gedienen. Hieselbst fing nun dieser Gecken seine Ruhmrähtigkeit weidlich an: Dieser sein Kleon / Griechisches Adels / wåhre ihm von einem vornehmen Persischen Herrn vor leibeigen geschenket; Vier Meilen von hinnen hätte er einen harten Stand wider eine grosse Anzahl Råuber ausgehalten / und alle seine Diener zugesetzet; sein Arm währe von vielem Gefechte ihm erstarret / und entsetzete sich vor den Blutbächen / die sein Schwert heute rinnen gemacht. O du Auffschneider / sagte sie / schämestu dich dann keiner Lügen mehr? Ja wañ dein Hasenherz mir unbekant wåhre / möchtestu mir dieses Kletchen anwerffen; Vielleicht hast du hinter einem Baum gehalten / und zugesehen / wie deine Diener nidergeschlagen sind. Unter dieser Rede ward sie gewahr /daß noch etliche Blutstropfen von Kleon fielen / und sagte zu ihm: Tapffer Ritter / hat euch Unglük etwa in Dienstbarkeit gestürzet / so trauet den Göttern uñ eurem Glük / die euch in vorigen Stand wieder setzen können; meine Gutwilligkeit sol euch unversagt seyn /wann ihr euch (wie ich dann nicht zweifeln wil) gebůhrlich verhalten werdet. Befahl auch alsbald einer Magd / den Arzt zufodern / damit ihm seine Wunden verbunden würden / und gefiel ihr dieser Diener so wol / daß sie nichts so sehr / als seine völlige Gesundheit begehrete / insonderheit / da sie sein tapfferes Gefecht von dem einen Leibeigenen rühmen hörete.

Unser Herkuliskus hatte gar eine glükliche Reise von Ekbatana nach Charas / woselbst er mit dem GroßFürsten und der ubrigen Geselschafft ohn einigen Anfall anlangete. Phraortes ließ sich bey Artabanus untertähnigst anmelden / daß ihm ein freier Zutrit allergnädigst möchte vergönnet seyn / aber es ward ihm solches nicht allein gewegert / sondern muste von einem nichtigen Kämmerlinge in sich fressen / was ihn so verwägen kühn machte / ungefodert vor seinem Groß Könige zuerscheinen. Dieser schändliche Hochmuht erschreckete[621] unsern Herkuliskus in etwas / und vermuhtete daher wenig Höffligkeit und Liebe zur Tugend bey diesem Unholden. Hingegen kehrete sich Phraortes / als dem des Königes Stolz bekand wahr /gar nichts daran / sondern ließ zum andernmale seine alleruntertåhnigste Dienste anmelden / nebest andeutung / er wůrde seine Königl. Hocheit zubemühen sich nicht unterstanden haben / wañ er nicht deroselben ein sonderliches einzuliefern hätte / nehmlich einen schönen ritterlichen / tugendliebenden fremden Jüngling / deßgleichen ihrer Königl. Hocheit sehr wenig oder wol gar keiner würde vorkommen seyn. Worauff er seines Ansuchens einwilligung bekam; stieg vor dem innersten Schloßtohr ab / und ließ Herkuliskus / von Pharnabazus und Mazeus begleitet /hinter ihm her treten / auff welchen alle Anwesende ihre Augen wendeten / und nicht anders meineten / er währe ein Engelisches Bilde. Anfangs hatte sich derselbe verwundert über dieser Stad grösse / uñ ihrem prächtigen Ansehen / aber hier entsetzete er sich wegen der ungläublichen Vortrefligkeit dieses Königlichen Schlosses / da alles auffs üppigste gebauet wahr / und man daß ganze Werk von dem außerlesensten Alabaster und kraußbunten Schein-Marmel auffgemauret sahe. Der Glanz der übergüldeten Dächer und gegossenen Bilder / welcher von den Sonnenstrahlen entstund / blendete den Anschauenden das Gesicht; des Schlosses Begriff wahr so weit / daß mans vor eine zimliche Stad schätzen mögen / und wahr nicht desto weniger ein jeder Stein auffs allerfleissigste außgearbeitet / so daß man Urteilen muste /hundert tausend Steinmätzen hätten es in etliche hundert Jahren nicht enden können; der zierlichen Windeltreppen / lustigen Umbgänge unter den Dächern /und der Hange-Garten wahr fast keine Zahl; und wann ich nur die vornehmsten Gemächer mit ihrer Zierligkeit entwerffen solte / würde ich ein zimliches Buch damit anfüllen. Eine sehr weite Windeltreppe /fast mitten am Gebäu Ostwerts / wahr die ansehnlichste / welche mit 60 Kriegsknechten und 20 Trabanten außwendig besetzet / niemand zu steigen erläubet wahr / ohn die außdrüklichen Königlichen geheiß bescheinigen kunten / und weil sie dahinauff begleitet wurden / muhtmassete Herkuliskus nicht vergebens /es wåhre der Gang zum Königlichen Gemache; deren dann drey in außgestrekter länge aneinander gebauet wahren / und kunte man durch alle drey hindurch von einem Ende zum andern sehen. Im hinterstẽ saß der König / wann er Gehör vergünstigte / auff einem erhabenen Stuel mit güldenen Tůchern behänget / die von ädlen Steinen glänzeten. Außwendig vor der Tůhr legete der GroßFürst seinen Säbel ab / wie auch Herkuliskus / der mit Pharnabazus und Mazeus daselbst wartete / biß er hinein gefodert würde; dann Phraortes trat anfangs allein hinzu / fiel bald im Eingange nach Parthischem Gebrauch auff die Knie / und taht dem Könige den Fußfal / und da er dieses Gemachs Ende erreichet hatte / und zum mitteln eintrat / leistete er eben dieselbe Ehrerbietung / im dritten und innersten /blieb er liegen / biß Artabanus ihm durch Neigung des Reichsstabes auffstehen hieß / da er seine Rede diesergestalt führete. Allergroßmächtigster unüberwindlichster König / allergnädigster Herr: Die Götter verleihen euer Königl. Hocheit stetswierige Gesundheit und glükliche Herschung; befehle mich deroselben in tiefster Untertähnigkeit und Gehorsam / und zeige derselben demühtigst an / daß aus fernen Landen durch der Götter Vorschub mir von dem Glük ein wolständiger schöner Jüngling zugeführet ist / welcher / unangesehen seiner Jugend / im Schiessen /Fechten /[622] Reiten / Jagen / Tanzen / Singen / und Seitenspielen sehr wol und außbündig geübet / doch unserer Morgenländischen Sprachen nicht allerdinge erfahren ist / sondern ins gemein Griechisch und Latein redet; vom Geschlecht ist er / seinem vorgeben nach /Fürstenstandes / und von Zierligkeit der Sitten in meinen Augen fast volkommen; wañ dann ihre Königl. Hocheit den ernstlichen Befehl ergehen lassen / daß die zierlichsten Jůnglinge und Jungfräulein / deroselben sollen zugeführet werden / habe ich solches gehorsamst verrichten wollen / untertähnigst bittend /Ihre Königl. Hocheit wollen dieses mein Tuhn allergnädigst vermerken / und mit beharlichen Gnaden mir / ihrem gehorsamst-untertähnigsten Knechte gewogen verbleiben. Artabanus neigete den Reichsstab zum Gnadenzeichen gegen ihn und sagte: Mein Fürst lasse zu uns den Knaben nach gebühr herein treten / wie er wird unterwiesen seyn; werden wir dann etwas sonderliches an ihm finden / sol es von uns allergnädigst erkennet werden. Phraortes eilete ihn hinein zu führen / der ihm unerschrockẽ folgete / und wie er unterrichtet wahr / taht er den gewöhnlichen Fußfall durch alle drey Gemächer. Da ihn nun der König in der nähe beschauete / ward er über seiner volkommenen Schön heit fast entzükt / neigete den Königsstab ziemlich tieff gegen ihn / und gab ihm dadurch Erläubnis zu reden / da er mit freudigem Angesicht / unerschrokenem Herzen und unverworrener Rede in Persischer Sprache (dann er hatte sich fleissig darzu geschicket) also anfing: Unüberwindlichster allergroßmächtigster König / allergnadigster Herr; es hat der Himmel aus sonderlicher Gunst gegen diese weitläuftige volkreiche Morgenlånder / eure Königliche Hocheit auff diesen großgebietenden Stuel setzen / und dero herliches Ansehen mir zuerkennen geben wollen / daß ihrer Hocheit unermäßliche Gewalt / volko ene Weißheit /und helleuchtende Tugend ich verhoffentlich dermahleins meinem weit abgelegenen Vaterlande anmelden /und dero pråchtigste Herligkeit kund machen solle. Zwar mannicher meines gleichen / würde lieber den Tod als diese Stelle / worauff ich stehe / wählen; ich aber / nach dem ich der festen gewißheit bin / daß /wie eure Königl. Hocheit mit Gewalt den Göttern am nähesten sitzet / dieselbe nicht weniger an Liebe zur Tugend und Erbarkeit ihnẽ verwand seyn müsse /werde / diese hohe Glükseligkeit / eure Königl. Hocheit gesehen und angeredet zu haben / aus meinem Gedächtnis nimmermehr kommen lassen. Dafern nun eure Königl. Hocheit ein göttliches Werk der Barmherzigkeit / meiner Fr. Mutter / einer gebohrnen GroßFürstin aus Teutschland erzeigen / und mich /ihren lieben Erben derselben allergnädigst wieder zusenden wolte / würde die Parthische Gerechtigkeit daher ihre Strahlen umb so viel weiter werffen / angesehen / ich keines Feindes Kind / noch in einer Schlacht oder Fehde gefangen / sondern von boßhafften Räubern auffgefasset / und den meinen nicht ohn Blutvergiessen entführet bin / denen die göttliche Rache albereit ihren verdienten Lohn gegeben / und sie durch andere Räuber hat erschlagen lassen. So eröffne nun eure Königl. Hocheit ihr von Barmherzig-und Gerechtigkeit angefülletes Herz / mir / ihrem aller untertähnigsten Diener / und lasse mich unwirdigsten einen Teil ihrer Königlichen hohen Gnade unter die Leute außtragen / damit die weit abgelegene Welt erkenne / der grosse König Artabanus sey wirdig / von der Sonnen Auffgang / biß zu ihrem Niedergange den Reichsstab außzustrecken / als mit dessen Volko enheit nichts unter dem Himmel kan verglichen werden. Allergerechtester König / ich halte nicht an / umb Königl. Geschenke;[623] nicht umb Hůlffe wieder måchtige Feinde; nicht umb wider gewinnung / was mir wiederwärtige Hand und Macht möchte geno en haben; sondern bloß / daß mir möge allergnådigst erläubet seyn / mich nach den meinen zuverfügen / ohn einiges Menschen beschwerung / Schaden und Mühe / die ich nicht doppelt zuerstatten mich verpflichten solte. Schließlich wünsche ihrer unvergleichlichen Königl. Hocheit ich untertähnigster / gesundes Leben / beständige Herschaft / Sieg wieder alle ihre Feinde / und glüklichen Fortgang alles Vornehmens / deren allergnädigsten Gewogenheit ich mich untertåhnigst empfele. Nach geschlossener dieser Rede / fiel er abermahl vor des Koniges Füssen nider / und bückete sich gar biß auff den Bodem. König Artabanus antwortete ihm mit keinem einzigen Worte / betrachtete nur seine innigliche Schönheit / und gab ihm mit dem Reichsstab ein Zeichen aufzustehen; nachfolgends saß er als ein Tiefsinniger / der im Herzen rahtschlaget / ob er der Bitte Stat geben wolle oder nicht; daß auch Phraortes und Herkuliskus selbst in hoffnungs Gedanken gerieten / er würde von der Tugend sich übermeistern lassen / und ihn den seinen wieder zusenden; aber sie wurden hierin sehr betrogen; dann er hatte keine Acht auff Herkuliskus Rede gewendet / sondern überlegete / wozu er ihn am besten gebrauchen würde. O / sagte er in seinem Herzen / daß dieser Jüngling in ein Weibsbild könte verwandelt werden / alsdann hätten meine Begierden den Zweg ihres Nachsuchens völlig erhalten. Endlich brach er mit diesen loß: Mein Fürst Phraortes / von wannen kömt euch dieser zierliche Knabe / welcher ohn zweiffel an Schönheit mein ganzes Frauenzimmer weit übertrift? Phraortes wiederhohlete sein voriges / und am Ende baht er / ihre Königl. Hocheit wolten die innerliche Seelen Schönheit dieses Fürstlichen Jünglinges / durch welche er an Tugend und Geschikligkeit leuchtete / ihr allergnädigst gefallen lassen. Ja er wird uns sehr lieb seyn /antwortete der König / sol auch diese Hulde spüren /deren noch kein ander genossen hat / wie seine Schönheit auch wol verdienet. Aber Jüngling / sagte er zu Herkuliskus / dich wird zuvor ein kleiner Schmerzen übergehen / nach dessen Vollendung dir höhere Glükseligkeit begegnen sol / als du dir niemahls hast einbilden können. Dieser wunderte sich /daß ihm so gar nichts auff seine Rede geantwortet ward; und ob er gleich in seinem Herzen gedachte /hier ist weniger Liebe zur Tugend / als bey einem abgesageten Feinde der Erbarkeit / wolte er doch noch eins versuchen / was durch Worte möchte zuerhalten seyn / und gab diese Antwort: Allergroßmächtigster König; ich weiß nicht / was vor Schmerzen der höchste Fürst auff Erden mir einem unschuldigen Jünglinge Fürstliches Geblüts anzulegen / gönnen oder zugeben könte / zumahl ich der allergeringsten übertretung mich nicht schuldig weiß; es währe dañ / daß dieses Königlichen Hofes Gebrauch mit sich brächte / daß man etwa einen Beweißtuhm der Demuht oder Geduld ablegen můste / dessen ich mich nicht wegern werde; dañ in meinem Vaterlande führet man mich und andere meines gleichen zu solcher Bewehrung oftmahls an; deßwegen wil ich mich umb so viel desto gefasseter darzu einstellen / und zwar in alle dem / was ohn verletzung meiner Zucht und Ehre gesehehen kan /wie ich mich dann dessen verlustes an diesem Orte nicht befahren darff / welchen wir als der Götter Siz anbehten müssen. Der König ließ hierauff ein greßliches Angesicht erscheinen / doch zwang er sich über seine Gewohnheit / und sagte zu Phraortes / es schiene dieser ein sehr frecher Knabe zu sein / daß er seiner[624] Hocheit von Ehre und Zucht reden dürfte / da doch des Königes Wille der Ehre uñ Zucht die masse gäbe; hernach befahl er dreien ädlen Trabanten / die im Gemach auffwarteten / sie solten den Jüngling hinführen / daß er verschnitten / und aufs fleissigste geheilet würde; welches Herkuliskus hörend / sich auff die Knie legete / und mit ganz bewäglicher Stimme also redete: Allergroßmächtigster König; euer Königl. Hocheit ich unwirdigster bitte uñ flehe demühtigst /mich dieser Schmach nicht zu unterwerffen / als nach deren gewaltsame anlegung ich mich vollends hinzurichten / gänzlich entschlossen bin. Mein Stand / in dem ich gezeuget / ist trauen nicht Knechtisch / und ein teutsches Herz untergibt sich lieber dem Henkerschwert / als dem schanden-Messer; meinet eure Königl. Hocheit / mich etwa im Frauenzimmer zugebrauchen? O nein! dem werde ich durch einen rühmlichen Tod leicht vorkommen; oder ist einer / der mir grössere Schande anmuhten dürfte? dem schwöre ich bey dem wahren Gott / daß ich seiner Viehischeit sehr teure Bezahlung suchen werde / eben da er am wenigsten sichs versehen möchte. Nicht rede ich solches euch grossem Könige zu Troz / davor mich der Himmel wol bewahren sol / dann wie könte zu demselbigen ich mich einiger Unmenschheit versehen? Nur ist mein allerdemütigstes flehen / eure Königl. Hochheit wolle ihren scharffen Befehl allergnädigst auffhebẽ. Der König stellete sich nochmals / als håtte er der Rede nicht wahrgenommen / sahe seine Diener greßlich an / und fragete: Ob sie seinen Befehl vernommen hätten. Dieselben fielen nider / bahten umb Gnade /und machten sich mit freundlicher Rede an Herkuliskus / er möchte ja durch seine wiederspenstigkeit des grossen Königes Zorn nicht auff sich laden / sondern willig mit ihnen gehen. Er wolte aber nicht / sondern blieb auff seinen Knien sitzen / und sahe den König mit helblinkenden Augen ins Angesicht / mit solchem frischen beständigen Muht / daß alle Anwesende sich davor höchlich entsetzeten; daher die Diener ihren König frageten / ob ihnen befohlen währe / den wiederspenstigen Jüngling mit Gewalt hinweg zu tragen. Nein / antwortete er / aber wird Phraortes nicht schaffen / daß der frevelmuhtige Knabe mit gutem Willen fort gehe / sol es an beyder Leben grausamlich gerochen werden. Der GroßFürst erzitterte hierob / trat zu ihm / und sagete: Mein geliebter Sohn / sollen wir dann beyde eines bösen todes sterben? doch mein Leben kan ohndaß so gar lange nicht mehr wehren. Er aber richtete sich freudig auff / neigete sich anfangs gegen den König / und gab zur Antwort: Ey daß wolte Gott nicht / daß so ein teurer ehrliebender Fürst meinetwegen in Lebensgefahr gerahten solte; neigete sich abermahl / und mit ernsthaffter Sti e sagte er zu dem Parther: Grosser König / es hat mich keine todes Furcht von dieser Stelle auffgehoben / sondern euer Königl. Hocheit den ersten Gehorsam nicht zu wegern / gehe ich mit diesen Dienern hin; das übrige stelle ich Gott heim / zu Rettung euer Königl. Hocheit Ehren / auch zu meiner Zucht und Gesundheit / als lange sie können beysammen seyn; dann ich schwöre nochmals / daß alles beydes an mir untrenliche Schwestern sind / so daß der einen Verlust die andere willig nach sich zihen wird; dessen doch ungeachtet /eure Königl. Hocheit ich klårlich sehen lasse / wie hoch ich dero Befehl achte; neigete sich zum drittenmahl / und sagete zu den Dienern / komt bald / wir müssen auff Königlichen Befehl / diesen Weg vor uns nehmen / umb zu sehen / wie es Gott weiter schicken werde. Als sie aus dem lezten Gemach traten / nam er seinen Säbel von Timokles / hing ihn an / und befahl ihm / geschwinde nach der Gutsche[625] zulauffen / und ihm seinen Kleiderwetscher zu holen; Pharnabazus und Mazeus aber baht er / in der nähe zu bleiben. Die drey Diener hatten alsbald einen treflichen Wund Arzt bey sich / der unserm Herkuliskus versprach / er wolte so säuberlich mit ihm verfahren / daß er des Schnittes kaum solte inne werden. Gingen also miteinander über den innersten Plaz nach einem Gemache / welches fein gezieret wahr / und an allen vier Seiten sehr klare Fenster hatte; in der Mitte stund ein langer Tisch / auff welchem etliche seidene Stricke lagen /und an den Fenstern umbher stunden allerhand erquikliche Kraftwasser in Kristlinen und Alabaster Geschirren / deren etliche sie hervor nahmen / und bald darauff begehreten / Herkuliskus solte die Kleider ablegen; gab aber zur Antwort; durchaus nicht / dann ich habe dessen von meinem Könige keinen Befehl /mich solcher Schmach zu unterwerffen / sondern nur mit zugehen / dem ich gehorsamst nachkommen bin. Diese lacheten der kalten Entschuldigung / und erinnerten ihn zum andernmahl / damit sie Hand anzulegen möchten geübriget seyn / drungen auch zugleich auff ihn hin / des Vorsatzes ihn zu entkleiden. Er sagte / sie solten gemach tuhn / legte den Medischen Rok von sich / riegelte die Tühr inwendig zu / trat an dieselbe / und sagte: Da liegen alle Kleider / die ich aus Zwang lebendig abzulegen willens bin / uñ nöhtige mich ja niemand zu einem mehreren. Die Diener kehreten sich hiran wenig / und wolten ihn bey den Armen erhaschen / da er ihnen entweich seinen Säbel zückete / und mit feurigen Augen zu ihnen sagete: Haltet ein ihr Buben / haltet ein / wo ihr mich nicht nöhtigen wollet / euch den Lohn vor verrichteter Arbeit zugeben. Weil sie nun immer begieriger auff ihn drungen / hieb er dem verwägensten den Schedel glat herunter; richtete sich gegen den andern / der ihn zuerschrecken / den Säbel entblössen wolte / aber ehe er sichs versahe / wahr ihm der Bauch auffgeschlitzet / daß ihm das Gedärm vor die Füsse fiel; der dritte ergriff ihm den Säbel bey dem Kreuz / aber er risse ihm seinen eigenen von der Seite / und spaltete ihm den Kopff biß an die Kinnebacken. Der Arzt versteckete sich hinter den Tisch; aber er sagte zu ihm: Du unflätiger Bube solt dieses schändliche Handwerk nit mehr brauchen; auff welches Wort er ihm den Säbel durchs Hirn schlug. Pharnabazus und Mazeus höreten draussen das Gematze / und macheten ihnen bald die Rechnung / was vor gehen müste / daher Pharnabazus verdecketer Weise sagete: Gilt mein Herr / wo unser Herkuliskus nicht durch diese Taht ganz in ein ander Geschlecht verwandelt wird / welches sich bald kund geben sol. Derselbe nun öffnete gleich das Gemach /ließ seine Augẽ nicht anders als zwo brennende Kerzen sehen und sagete: Geliebte Freunde / ich bin in eines unvergleichlichen Wütrigs Hand gerahten; doch wil ich ehe sterben als in Schande Leben / und wer mir Schmach anzufügen gedenket / sol gleich also /wie diese Buben / gelohnet werden worzu ich gute Mittel weiß / und wans gleich Artabanus selber wåhre. Sehet / diese Schandbuben haben aus mir einen Verschnittenen machen sollen / welches doch unmöglich / und wieder meine GeburtsArt ist / massen ich euch nunmehr offenbahren muß / daß ich kein Mannesbilde / sondern / ein Königliches Fråulein aus Böhmen / meines einig geliebeten Herkules verlobete Braut bin / wie solches / meiner muhtmassung nach /Herr Pharnabazus an mir schon gemerket hat. Aber dieser wolte solches gar nicht gestehen. Mazeus verwunderte sich zum hefftigsten / und stelleten sich beyde unwillig / daß sie ihr Geschlecht biß auff die lezte Stunde vertuschet hätte; Sie aber sagete; lasset euch nichts irren /[626] nur machet euch beyseit / Unglük zuvermeiden / und daß mein Diener bald komme. Unter diesem Verlauff wahr niemand in grösser Angst / als Phraortes; Er bedachte bey ihm selbst / ob auch die Götter dem frommen Jüngling so grosse Schande und Schmach würden anlegen lassen; nimmermehr /sagte er in seinem Herzen / wird er sich hierzu bequemen / und wer weiß / ob er wol nicht schon tod ist? Der König sahe / daß er sehr verwirret wahr; Zwar es steckete demselben noch ein Zorn im Herzen / aber die Liebe trieb solchen gemehlig aus; Daß er nun des GroßFürsten Gedanken erforschen möchte / fragete er ihn / was er so bekümmert währe? Ich weiß nicht /allergnädigster König / antwortete er / was vor selzame Schwärmereyen mir im Kopffe umher schweben /nur bitte ich untertähnigst / Ihre Königl. Hocheit wollen mir keine Ungnade zulegen / da der Jüngling meinem vermuhten nach / sich sperren würde / welches ich höchlich fürchte / wann ich seiner lezten Rede mich erinnere. Was wolte er sich sperren? sagte der König / meine Diener werden ihn schon zähmen. O allergn. König / antwortete er / seine geschikligkeit in Waffen übertreffen alle Kräfte / dessen mein Fechter wol inne worden. Wir werdens bald erfahren / sagte der König / wie bendig er wird gemacht seyn / wann sie dessen die Zeichen bringen. Herkuliska (also wolte sie nunmehr geneñet seyn) so bald sie die weiblichen Kleider von Timokles bekam / legte sie dieselben auffs schleunigste an / schmückete sich mit Kleinoten und Perlen auffs prächtigste / und ging ohn einiges Menschenhinderung die bekante Steige wieder hinauff. Dem Könige begunte zu mißdünken / daß seine Diener so lange aussen blieben / und befahl einem ädelknaben / zuzusehen / was dessen die Ursach währe; Dieser begegnete dem Fräulein oben auff dem Gange / nahe vorm Gemache / und entsetzete sich vor ihrer Schönheit; Sie hingegen fragete ihn freundlich / wohin er eilete / und auff seine kurze Antwort sagte sie zu ihm: Mein / saget Fürsten Phraortes / es sey hier eine / die wolle ihm von allem Bericht geben. Dieser / nach erwiesener hoher Ehre wahr gehorsam / und sagete zu Phraortes: Mein Herr / ein himlisches Weibesbilde in trefflichem Schmucke /deren gleiche die Sonne wol nimmermehr beschienen hat / und dem weggefũhreten Jünglinge fast ähnlich ist / suchet Eure Gn. zusprechen / mit dem erbieten /von allem ergangenen bericht zutuhn. Ich weiß von keinem Weibesbilde / antwortete er / deren ich auch keine in meiner Geselschafft gehabt; doch ging er auff Befehl des Königes hin / es zuerfahren; und weil das Angesicht ihm wol bekant wahr / wiewol sie wegen angenommener freundlichen Geberden gar eine andere zu seyn schiene / wolte er doch nicht zweifeln / und sagte zu ihr: Mein Herkuliskus / was bedeutet diese Umkleidung? gedenket ihr etwa den König hiedurch zugewiñen? O ich fůrchte sehr / es werde keinen glüklichen Ausgang nehmen! Mein herzallerliebster Herr Vater / antwortete sie / Eure Gn. lassen sich dieses nicht befremden / und glåuben bey meinem äide / daß ich nie kein Mannesbilde gewesen / sondern zu Rettung meiner jungfräulichen Zucht / welches mir Gott Lob bißher geglücket / die Kleider gebraucht habe; weil mich aber dieselben nicht långer verbergen k \nnen / muß eine tapffere Erklärung mich würgen oder retten; Ihr werdet demnach gläuben / daß ich das verlohrne Böhmische Königliche Fråulein warhafftig bin / nur zeiget dem Könige an / was ihr sehet / und lasset die Göttliche Versehung vor das übrige sorgen. Dieses redete sie mit solcher ernsthafften Liebligkeit /daß er in die Gedanken geriet / sie währe warhafftig eine Göttin / welches zuerzeigen / er sich vor ihr niderlegen wolte;[627] Sie aber sagete: Mein Herzen Herr Vater / umb Gottes Willen enthaltet euch dessen / und versichert euch / daß ich Fürst Herkules verlobete bin und bleiben werde. Ey nun dañ / antwortete er / so wil mit euer Liebe ich leben und sterben / wie es der Himmel verfehen hat. Ging hin / fiel vor dem Könige nider / und sagete: Allergnådigster König / die wunderselzamen Begebnissen durchgehen mein Gemüt /daß ich fast nicht reden kan; dann ich erfahre gleich jezt mit höchster Bestürzung / daß der Jüngling unter der Kleider Verstellung in der Warheit ein hochgebohrnes Fräulein ist / welches zuzeigen / sie sich mit weiblichen Kleidern angetahn hat / und umb allergnädigsten Urlaub / hereinzutretẽ anhält. Ey sagete er /die wird uns ein liebes Fräulein / und die Kron unsers Herzen seyn; daß wir sie nur bald sehen / und unser Königlichen Hulde sie versichern. Phraortes ging frölich hin / sie hinein zuführen / und rühmete ihr des Königes Gewogenheit; Sie aber gab zur Antwort: Seine Hulde muß noch viel anders beschaffen seyn /dafern ich meinem Herkules zum besten leben sol /dann demselben allein lebe ich / und sterbe sonst einem andern jedweden; über welcher Rede der Groß Fürst in die Erde vermeynete zusinken / und sagte zu ihr: Ach mein Fräulein / ich bitte von herzen / dem Könige gelinde und vernünfftig mitzufahren. Er wolte ferner reden / sie aber fassete ihn bey der Hand / und ging mit ihm hinein / taht auch keinen Fußfall / biß sie vor den König kam / da sie sich auff ihre Knie legete / in Meynung / solcher gestalt ihre Rede vorzubringen; aber der König befahl dem GroßFürsten / er solte sie auffrichten / welches sie willig zuließ / und also anfing: Aller Großmächtigster König / allergnädigster Herr; Ich / Fräulein Herkuliska / gebohrne aus Königlichem und freyem GroßFürstlichen Stamme /stelle vor Ihrer Königl. Hocheit mich nunmehr in meiner gebührlichen Kleidung / nachdem mein Geschlecht ich weiter nicht verbergen kan / wie bißher /dem Himmel sey Dank / ohnvermerket geschehen ist /wodurch ich nicht allein vielem Unglük vorgebauet /und alle Schande von mir abgekehret / sondern auch dem Zorn der Götter biß auff diese Stunde mich entrissen habe. Dann Euer Königl. Hocheit gebe ich hiemit allergehorsamst zuvernehmen / was gestalt meine geliebete Eltern mich in der Stunde meiner Geburt /der grossen und keuschen Göttin Vesta / biß auff Vollendung meines XVIIden Jahrs verlobet / welches ich nachgehends frey eingewilliget / uñ mit höchster Verfluchung / da ich brüchig würde / bekråfftiget habe. Solte nun Ihrer Königl. Hocheit nicht belieben /mich in solchem meinem Gelübde Königlich zuschützen / sondern dieses zubrechen / mich zwingen oder nöhtigen wollen / so schwöre ich bey eurem Königlichen Häupte / welches das heiligste auff Erden ist /daß solcher Gewaltsamkeit vorzukommen / ich mich diese Stunde unterstehen wil / damit ich nicht hernach gezwungen werde / beydes mich und den Nöhtiger zugleich hinzurichten / worzu ich krafft meines der Göttin geleisteten äides verbunden bin; Und daß ich von meiner Göttin hierzu Stärcke und Muht gnug habe /sollen die drey Diener und der Arzt bezeugen / welche alle viere ich in so viel Streichen (ungeachtet sie mit dreyen entblösseten Säbeln auff mich angangen) hingerichtet habe / und zwar mit solchen kräfftigen Hieben / wie der Augenschein bezeugen wird / welche meinem schwachen Jungfräulichen Arme unmöglich währen / wann dersebe nicht von meiner Göttin währe geführet / und die Freveler erschrecket worden / umb /daß wider Königl. Befehl sie mich wolten entkleiden /und meiner Entschuldigung / daß ich ein Weibsbild währe / keinen Glauben zustellen. Nun fehlen[628] mir an der Zeit meines Gelübdes annoch ein Jahr und zehn Wochen / nach deren Endigung ich mich nach Euer Königl. Hocheit / und meiner gnädigsten Fr. Mutter Willen zuverheyrahten / nicht abgeneiget bin. Hierauff trat sie fünff Schritte zurücke / legte ihre rechte Hand unter den OberRok / an den daselbst verborgenen Dolch / ließ dessen Gefäß sehen / und sagete weiter: Nun stelle Euer Königl. Hocheit ich die freye Wahl zu (dieses redete sie mit der allerherzbewåglichsten Freundligkeit) ob dieselbe mir wollen befehlen / alsbald zusterben / oder aber die jeztgemeldete Zeit allergnädigst und kräftigst versprechen; dañ ich wil lieber mich allein / als Eure Königl. Hocheit zugleich mit / niderstossen / ja ich wil lieber den allerruhmwirdigsten zeitlichen Tod / als ein unbeflektes reines Opffer der Götter / mir selbst antuhn /als von den bösen hellischen Geistern nach dieser kurzen Zeit mich immer und ewig quälen lassen. Der König sahe des Dolchen Handhabe / und schwebete dermassen zwischen Furcht und Begierde / daß er sich keiner gewißheit entschliessen kunte / biß Herkuliska also anfing: Nun du keusche Göttin Vesta / nim an mein Blut / welches ich vor den schändlichen Räubern in Manneskleidern beschützet habe / aber wider diesen Allermächtigsten König auf Erden nicht vertähtigen kan; Ich opffere dir / O meine Göttin / dasselbe / wie du weist / in eben derselben reinen Keuscheit / in welcher es von meiner Fr. Mutter an diese Welt kommen / und dir pflichtschuldig verbunden ist. Womit sie den Dolch begunte zu zücken / worüber Artabanus sich entsetzend / mit erhabener Stimme rief: Wir Artabanus / schwören bey unserm Häupte /Kron / Reichsstab und Schwert / euch allerschönstes Fräulein die Zeit eures Gelübdes unverstöret zugönnen / nach deren Verlauff aber / euch die königliche Kron / als unserm erhabenen Gemahl auffzusetzen /und biß dahin euch ein wolbewahretes Gemach und eigenes Frauenzimmer zuzuordnen / von dem ihr Königlich sollet geehret und auffgewartet werden. Ließ darauff alsbald einen erhabenen / mit güldenen Tüchern behängeten Stuel neben sich stellen / auff welchen Herkuliska nach königlichem befehl von Phraortes gesetzet ward; aus welcher Gnade sie gewisse Hoffnung schöpffete / ihr gröstes Unglük würde vorbey seyn / und Herkules Zeit genug gewinnen / ihre Erlösung zubefodern. Sie stund aber von ihrem Stuele bald wieder auff / stellete sich vor den König / und redete ihn folgender gestalt an: Allergroßmächtigster König / allergnädigster Herr; anfangs bitte ich demühtigst umb Verzeihung / daß mit diesem Dolche (welchen sie hiemit Phraortes reichete) vor eure Königl. Hocheit ich mich finden lassen / in ansehung /daß er zu nichts anders / als den Göttern das ihre zugeben / solte gebrauchet worden seyn / daher GroßFürst Phraortes ihn auch als einen geweiheten wird in ein fliessend grosses Wasser / oder in eine grundlose Erdengrube hinein werffen. Und weil die gar zu hohe /mir teils schon erzeigete / teils aufs künftige angebohtene Gnade mich dieses Opfers hat benehmen wollen /werde ich daher ursach haben / stets nachzusinnen /wie viel Euer Königl. Hocheit ich davor schuldig bin. O wie einen unsterblichen Ruhm wird meinem Allergnädigsten Könige diese allerlöblichste Taht erwerben / welche zuvergelten / sich der Himmel mit allen seinen Kräften bemühen wird. So ergebe nun Euer Königl. Hocheit ich mich ganz und gar / mit untertähnigster Bitte / dieselbe wollen ihrem hohen unwiderruflichen versprechẽ nach / mir ein keusches Frauenzimmer zuordnen / in deren Geselschafft ich meinen Jungfråulichen Stand / ohn einige ärgerniß und Furcht halten und führen möge. Der König ließ alsbald zwölff schöne[629] ådle Jungfern / und vier ehrbare ådle Frauen herzu hohlen / welche er also anredete: Sehet da / was vor einen kostbaren Schatz wir euch anvertrauen / dieses unser herzallerliebstes Fräulein / mit welcher wir uns ehelich versprochen / und nach Vollendung einer gewissen Zeit sie zur GroßKönigin über unsere Landschafften krönen wollen; gehorsamet ihr /als eurer vollkommenen Gebieterin / zum Tode und Leben. Zwar es wird uns schwer fallen / das Königliche Beylager so lange auffzuschieben / aber doch versprechen wir über das vorige / daß wir die ganze Zeit über / unserm Fråulein so nahe nicht kommen wollen / als ein Mann mit dem Wurffspiesse abwerffen kan /auff daß sie daher erkeñen möge / wie willig wir sind / sie ihrer Bitte / auch mit unsern Schmerzen zugewehren. Dieses versprechens erfreuete sie sich höchlich / nam es mit Untertähnigkeit an / und in unterschiedlichen Gutschen wurdẽ sie ingesamt nach einem andern Schlosse geführet / welches fast am Ende inwendig der Stad / eine gute Viertelstunde gehens /von dem Königlichen / Nordwest gelegen / und mit einem breiten auffgemaureten Graben / und sehr hoher Maur befestiget wahr. Pharnabazus muste auff ihr begehren zu ihr auff die Gutsche steigen / dem sie allen Verlauff kürzlich erzählete / und mit ihm Abrede nam / er möchte seinem Freunde Herkules zugefallen / unterschiedliche reitende Bohten auf die vornehmsten Landstrassen senden / umb zuvernehmen / ob nicht er selbst / oder einige andere unterweges währen / ihr nachzufragen; dann ich habe / sagte sie / über Jahrsfrist keine Gefahr / wo sonst Artabanus nit meinäidig wird; aber nach deren Verlauff sehe ich nicht / wie ich mein Leben retten sol / es sey dann / daß mein Herkules komme / der schon Mittel finden wird / mich loszumachen. Pharnabazus gelobete ihr alle Mögligkeit /mit Beteurung / wann er wissen solte / wo er anzutreffen währe / wolte er mit etlichen Geschwaden Reuter ihm entgegen zihen. Der gute Timokles hatte nun auch erfahren / was vor einem Herrn er bißher gedienet / lief neben der Gutsche her / und weinete vor Freuden; Herkuliska hieß ihn auffsitzen / und sagete zu ihm: Mein geträuer Freund / ich danke euch vor alle redliche Auffwartung / welche ihr mir bißher geleistet / und zweifele nicht / ihr werdet ferner geträu verbleiben / auff welchen fall ihr euch versichern sollet / daß ich aus euch einen grossen und reichen Herrn machen wil; leget euch in eine Herberge / nehmet von Herrn Pharnabazus Leuten einen Diener an / haltet euch adelich / verzehret meine Kleinot ohn sparen /stellet euch täglich etliche mahl bey meinem Schlosse ein / da ihr obẽ beym Fenster mein Zeichen werdet schwarz angemahlet sehen / und was euch Herr Pharnabazus weiter anvertrauen wird / dem ko et fleissig nach / des sol euch dereins eine Herrschafft zu lohne werdẽ. Ja mein Timokles / setzete Pharnabazus hinzu; ihr werdet in wichtigen Geschäfften als ein vornehmer Diener bestellet / drumb lasset euch kein Ding in der Welt zur Untråu verleiten / des wil ich euch bey meinen Ehren vor mein Häupt 50000 Kronen zur Vergeltung versprochen haben / und euch noch heut 6000 Kronen zustellen / nebest einem grossen und kleinen Diener / samt dreyen Pferden; zehret nur als ein Herr /und lebet nach eurem Willen. Diesem stunden die Augen vol Trähnen / bedankete sich des gar zu hohen erbietens / und verwünschete sich zu aller zeitlichen und ewigen Straffe / wo er nicht seinem Gn. Fräulein geträuer als ihm selber seyn wolte / als lange er lebete / welchẽ Vorsatz weder Pein noch Tod ihm aus dem Herzen nehmen solte. Nachgehends redete sie mit Pharnabazus alle Nohtwendigkeit ab / und bedankete sich seines gutwilligen Herzẽ.[630] Nach der Fräulein Abscheide wahr der König mit Freuden und unzåhligen Begierden umgeben / rieff Phraortes zu sich / und sagete: Mein geliebter Fürst / weil ihr unser Herz mit der Volkommenheit dieser Fräulein befriediget habt /sollet ihr dessen zu Lohn alle Schatzungen eures GroßFürstentuhms vier Jahr lang vor euch heben /und in den geheimen Groß Königlichen Raht / als der fünffte in der Ordnung hiemit auffgenommen seyn. Ließ auch Mazeus vor sich kommen / belehnete ihn mit einer erledigten Herrschafft in Assyrien / und vermachete ihm als einem HofRaht jährlich 12000 Kronẽ zur Bestallung. Bey der Abendmahlzeit erzählete Phraortes alles denkwirdige / wz sich mit dem Fräulein zugetragẽ / als wodurch ihnen aller Argwohn ihres weiblichen Geschlechtes beno en wäre; worüber der König sich höchlich erlustigte / und dermassen in Liebe entzündet ward / dz ihn schon gereuete /wessen er sich verbunden hatte / uñ doch eine Unmögligkeit fand / es zuwiederruffẽ.

Der geträue Liebhaber Valikules reisete unterdessen in Persen als in der Irre umher / weil er von der Spuhr abkommen wahr / und weder in Städten noch auff dem Lande seiner Fräulein Zeichen angeschrieben fand. Die Ursach dieses Irtuhms wahr / daß er den geradesten Weg nach Parthen vor sich nam / da sie von den Räubern Nordwerts geführet wahr. In dieser Ungewißheit nun befand er sich nicht wenig betrübet /daher er zu Gallus sagete: Ich bin sehr irre in meinem Gemüht / daß mein Leitstern sich nicht mehr finden wil / woraus ich muhtmasse / die Parther müssen einen andern Weg gezogen seyn / dessen Ungewißheit mich an meinem Vorhaben sehr verhindern dürffte; ja wer weiß / ob sie mein Fräulein nicht gar einen andern Herrn zugeführet haben? O mein Gott / sagte er mit gefaltenen Händen; zeige du mir den Weg meines Vorsatzes / und gib nicht zu / daß diese Unschuldige in Ehren- oder Lebensgefahr gerahte: Gallus antwortete ihm; Gn. Herr / wir werden in Mangel dieses Zeichens den geradesten Weg nach dem Königlichen Håuptsitze vornehmen / woselbst wir ohn zweiffel Zeitung von ihr haben werden. Ja gerade / sagte er /als ob ihr nicht auff der gefährlichen Reise ein Unglük hätte zustossen können / welches wegen Mangel des Zeichens ich nicht unbillig fürchte; müssen demnach den grundgütigen Gott bitten / daß er unser Führer und Gleitsman seyn wolle / damit unser Vorhaben zum gewünschten Ende außschlage. Des Abends kahmen sie in ein geringes Dörfflein / da sie Herberge nahmen / und mit schlechten Speisen zu friede wahren / weil ihre Pferde gute Futterung antraffen / welche sie diesen Tag sehr abgeritten hatten. Valikules brachte die ganze Nacht auff der Stråu mit dem Gebeht zu /ohn gegen Morgen überfiel ihn der Schlaff / und gedauchte ihn / wie ihm auff der Reise ein alter Mann den Zůgel aus der Hand rückete / und da er Ostwerts reiten wolte / ihn straks gen Norden leitete / worůber er erwachete / auffsatteln ließ / uñ den Wirt fragete / was vor Landschafften gegen Norden gelegen währen. Als ihm nun Meden geneñet ward uñ er vernam / daß etliche Tagereisen nach der Häuptstad Ekbatana wåhren /sagete er: Nun so wil ich im nahmen Gottes den Streich vor mir nehmen / ob es gleich meiner Einbildung straks zuwieder läufft; bekam doch in sechs Tagen keine Hoffnung / wie eilend er auch mit seinen Wegweiser fortjagete / der ihn gegen Abend in einen Flecken brachte / dreissig guter Teutscher Meilen vom vorigẽ Dorffe gelegen. Des siebenden Tages wahr er früh auff / und traf umb den Mittag einen Scheideweg an / deren einer in einen grossen Wald gerade gegen Norden; der ander nach[631] einer weitläuftigen Wüsteney NordostWerts führete / und wie sehr ihm der Wegweiser zu diesem riet / wählete er doch durch sonderliche Eingebung den andern / da er sagete: Ich muß und wil Norden folgen / als lange ich innerhalb Meden bleibe / erinnerte doch Gallus / sein Gewehr fertig zu halten / daß man sich auff allen Fall schützen könte / weil der Ort gefährlich seyn schiene. Sie wahren eine Stunde im Walde geritten / da stiessen vier junge verwägene Räuber zu Pferde mit Streit Axten auff sie / mit Befehl / sie solten stille halten /und nicht näher rücken / woran Valikules sich wenig kehrete / nur daß er sich wegen seines Führers betrübete / welcher solches hörend / ohn einiges Wortsprechen außrieß / und der Streiche nicht erwarten wolte /wiewol ihn Valikules wieder seinen Willen nicht auffgehalten hätte / wann er ihm nur seinen Lohn entrichten können: Weil es aber nicht Zeit wahr / sich umb ihn zu bemühen / ließ er ihn reiten / und setzete immer seinen Weg fort; antwortete auch jenen vieren; es währe ihnen ungelegen / sich zuseumen / weil seines Fürsten Geschäfte eile erfoderten. Nicht desto weniger begegnete ihm deren einer / mit Begehren / er solte neben seinem Gesellen Gut oder Blut geben /auch alsbald den Harnisch ablegen: Die übrigen drey setzeten frisch nach / der Meinung geschwinde fertig zu werden / und vor ihrer Geselschafft Ankunft die beste Beute davon zu trecken; aber Valikules den Ernst sehend / machte nicht viel wesens / sondern mit Gallus mischete er sich unter sie / dergestalt / daß inwendig einer halben viertel Stunde sie alle vier gestrecket lagen; sie aber wolten hier nicht lange verzihen / fürchtend / es möchten bald mehr kommen / und dieser ihren Tod rächen / worin sie dann nicht irreten /massen in kurzem ihnen IIX begegneten / eiferig fragend / ob ihnen nicht viere mit lichtbraunen Pferden auffgestossen währen. Ja / sagte Valikules / aber so bald sie mich und meine folgende Schaar sahen / kehreten sie sich nach der rechten Hand / uns etwa vor Råuber haltend. Diese erschraken der Rede / namen kurzen Abscheid / und machten sich ausser Weges nach der Seite davon. Nicht lang hernach folgeten ihrer zehẽ / welche mit gleicher Antwort auff ihre ebenmässige Frage abgeschrecket wurden / daß sie den andern nachsetzeten. Hingegen dankete Valikules seinem Gott / vor die scheinbare Rettung / und jagete mit den seinen fort / als viel die Pferde es ertragen kunten / da er in kurzer Frist einen zimlichen Hauffen erschlagener und von dem Wilde fast gar verzehreter Leichnam antraff / auch zu gutem Glük seiner Fräulein Zeichen an dreien Bäumen gemahlet sahe / mit dieser Unterschrifft Cum aliis prædonibus Ecbatana tendo: Ich nehme mit andern Räubern meinen Weg nach Ekbatana. Er zeigete dieses Gallus mit freuden /und sagete: Dem barmherzigen Gott sey Lob und Dank gesagt / der uns diesen Weg geführet hat; dañ mein Herz trägt mirs zu / ich werde schier gewisse Zeitung haben. Ich hoffe solches mit / sagte Gallus; wir werden aber unsern Pferden rechtschaffen zusprechen müssen / es möchten die Räuber des betruges inne werden / und uns verfolgen; darauff sie dann nach äusserster Mögligkeit forteileten / welches ihnen wol zu statten kam; dañ jene / als sie keine Nachfolge merketen / gingen den rechtigsten Weg vor sich / da sie ihre vier erschlagene antraffen / deren einer noch lebete / und sich beklagete / was Gestalt sie von zweien Rittern also zugerichtet währen / welche seiner Hoffnung nach / den verdienten Lohn schon würden empfangen haben. Pfui Schande über Schande / antworteten diese / daß wir aus vergeblicher Furcht diese Buben haben reiten lassen / kehreten mit ihren Pferden umb / und meineten sie noch[632] anzutreffen / aber vergeblich / massen die unsern schon einen grossen Vorsprung geno en hatten / da sie ohn Speise und Trank fortjageten / biß sie ein zimlich Städlein erreicheten / und doch auff dem Wege der Fräulein Zeichen nicht merketen; Hieselbst erfuhr Valikules / daß sie noch sieben zimliche Tagereisen nach Ekbatana vor sich hätten / weil er im Walde irre geritten / und zu weit nach der rechten Hand gangen wåhre. Sie vertauscheten hieselbst ihre Pferde / weil sie undüchtig wordẽ / lagen fůnff Tage stille / nahmen einen Wegweiser zu sich / und gelangeten nach abermahliger siebentågiger Reise in einem Flecken an / welcher nahe bey Mazeus Schlosse lag / bleib auch die Nacht daselbst / uñ fragete den Wirt / was vor einen Herrn diese Festung hätte / dieser antwortete ihm; es währe gar ein freundlicher verständiger Herr / und erst diesen Tag von einer weiten Reise wieder zu Hause angelanget / stünde bey dem GroßFürsten in sonderlichen Gnaden / und wåhre sehr måchtig: Sein Schloß währe nicht anders / als eine offene Herberge fremder Ritter und Herren / auff welche er jährlichs ein grosses verwendete; und wañ ihr ihm die Ehre antähtet /sagte er zu Valikules / ihn vor eurem Abscheide nach Ekbatana zu sprechen / würdet ihr bald einen guten Freund an ihm bekommen / der in euren Werbungen bey dem GroßFürsten euch sehr behülflich seyn kan. Hiedurch ward er bewogen / dieses Herrn Kundschafft zu suchen / weil er ohndaß über diesen Durchzug muste / machte sich des Morgens sehr früh auff / und da er dem Schlosse nahete / ward er über die masse hoch erfreuet / dann er sahe seiner allerliebsten Fräulein Zeichen über die 20 mahl am åussersten Tohr angemahlet / und (welches ihm die Freudentråhnen außtrieb) diese Worte dabey geschrieben: Herculisci suave Diversorium. Des Herkuliskus liebliche Herberge. Er warff die Augen etwas höher / da sahe er über dem Tohr einen von dem reinesten Erz gegossenen Jůngling / mit dieser überschrifft: Miraculum Orbis Herculiscus. Herkuliskus das Wunder-Geschöpff der Welt. Hilff Gott / sagte er zu Gallus / hier lässet mich mein Heyland die Ergezligkeit aller meiner Müheverwaltungen blicken; und O du ädle Seele / hast nicht ruhen können / diesen fremden Ländern auch im durchreisen / ein unsterbliches Gedächtnis deiner Volkommenheit zu hinterlassen; dann freilich ist diese Ehrenschrift dir nicht ohn Ursach gesetzet. Wie er in dieser Betrachtung vor dem Tohre hielt / rieff ihm die Schildwache zu / von wannen er kähme / und wohin er gedächte. Er hingegen begehrete / man möchte dem Herrn des Schlosses anmelden / daß ein fremder Ritter ihre Gn. gerne sprechen wolte. Mazeus / als ein fleissiger Auffseher seiner Geschåfften ging schon im Innerplaze / und ließ auff anmeldung den fremden hinein geleiten und auf den grossen Gastsaal führen /da Valikules ihn nach Ritterstandes gebühr höfflich grüssete / und nach gebehtener verzeihung andeutete: Er hätte nicht allein am Tohre / die ihm bekante angemahlete Zeichen / sondern ůber demselben ein auffgestelletes Bildnis samt angesetzeten nahmen Herkuliskus gesehen: Nun währe er von seinem Herrn aus weit abgelegener Landschaft außgeschicket / diesem Jünglinge nachzufragen / und seines Zustandes sich zu erkündigen; gelangete demnach an ihre Gn. sein dienstfleissiges Ansuchen / ihm deßwegen einige Nachricht zu gönnen / wovor sein Herr alle mögliche Dankbarkeit würde spüren lassen. Guter Freund / antwortete Mazeus / suchet ihr diesen vortrefflichsten jungen Herrn / deßgleichen diese Welt kaum gezeuget hat /alsdañ můsset ihr mir sehr wilkommen seyn; rieff darauff seinem Diener / er solte diesem fremden die Waffen abzihen /[633] und muste ein ander hingegen / seine Geselschaft herein zu hohlen. Er verwunderte sich der freundlichen Bezeigung / gab vor / es wolte ihm nicht geziemen / sich auffhalten zu lassen / müste als ein geträuer Diener seines Herrn / nochmals umb Nachricht anhalten / als wornach derselbe / und andere mehr / grosses Verlangen trügen. Ich weiß wol / sagte Mazeus / daß man diesem vortreflichen Jünglinge nachfraget / aber einer ist insonderheit / dessen ankunft vor andern hoch begehret wird / möchte von Herzen wünschen / daß derselbe in der Nähe währe /dañ hiedurch würde ich meines Wunsches völlig vergnůget / und den Zweg meiner höchsten Begierden erlangen. Valikules wuste nicht / was er aus dieser Rede schliessen solte / und antwortete; er könte nicht wissen / was vor einen ihre Gn. so hoch wünscheten / da er ihm aber bey nahmen genennet würde / möchte er ihm vielleicht bekant seyn. Mazeus kunte diesem Mißtrauen nichts verargen / wolte sich doch so bald nicht bloß gebẽ / umb / dieses Dieners Träue zuerforschen / und sagete: Der Nahme währe ihm entfallen wiewol er ihn hätte nennen hören / wüste ihn auch so eigentlich nicht zu beschreiben / weil er ihn nie gesehen / hätte aber dessen preißwirdige Tahten zum guten Teil von seiner Freunde einem vernommen /und wolte gerne den besten Teil seiner Herschaft dran setzen / dz er demselben auff seinem Schlosse gütlich tuhn solte. Je geneigter sich aber dieser vernehmen ließ / je argwöhnischer Valikules ward / daß er ihm gänzlich vornam / sich noch zur Zeit nit zu melden; bald gedachte er: hat auch dieser Herr meiner Fråulein weibliches Geschlecht in erfahrung gebracht / daß er sie dieses Orts verborgen hält / und suchet / durch Auffopfferung meiner / sich ihrer zuversichern? Ja /ist auch das Bilde vielleicht als ein Lokvogel ůber das Tohr gestellet / mich dadurch zu fahen? Bald fůrchtete er sich / diesem redlichen Manne durch solche Gedanken grosses Unrecht anzulegen / und antwortete in zimlicher Verwirrung: Ihre Gn. můssen diesem Herrn trefliche Neigung tragen / welchen sie mit so grossem Verlust ihrer Herschafft wůnschen / da sie doch denselben / ihrem Vermelden nach / nie gesehen haben. Eben darumb verlanget mich so hoch nach seiner Kundschafft / sagte er / weil ich ihn bißher nur von hörsagen kenne; jedoch / da die Götter mir nicht gar zu wieder sind / werde ich die Ehre haben / ihn zu sprechen; ermahnete ihn nochmahls / den Harnisch abzulegen; er håtte einen geringen Abtrit zu nehmen /und wolte bald wieder bey ihm seyn; gin hin zu seinem Gemahl und deren Frl. Schwester / und zeigete ihnen an / es währe ein frischer junger Ritter / bräunlicher Gestalt ankommen / welcher dem Herkuliskus nach fragete / ob er sich auch gleich nicht kund geben wolte / zweiffelte er doch nicht / er währe von Fůrst Herkules abgeschikt. Fr. Roxane ward der Zeitung froh / meinete / dafern solches währe / wolte sie es bald erfahren / ging mit ihrem Gemahl hin zu ihm /und nach freundlicher empfahung / redete sie ihn also an: Mein Herr ist uns sehr wilkommen / als ein bekanter des allerädelsten Herkuliskus / dessen Bildnis /Zeit abwesens meines Gemahls ich über das Schloßtohr auffrichten lassen / auff daß ich eine tägliche Auffmunterung habe / der vertraulichen Freundschafft / welche er mit mir gestifftet / und zu seiner allergeheimesten Freundin mich gewirdiget hat. Valikules küssete ihr die Hand / und antwortete: Wolgebohrne Frau; ich treffe alhie eine unvermuhtliche und zugleich unverdienete Freundschaft und Gutwilligkeit an / mehr als ich mir nie einbilden mögẽ / angesehen ich dieser örter ganz unbekant / und mein gnädiger Herr /der mich außgeschikt / mir nicht die allergeringste Anzeige[634] getahn / dessen was mir begegnet; muß demnach eine sonderliche schickung Gottes seyn / daß ich mir diesen Weg erwählet / und mir sonst viel einen andern vorgeno en hatte. Vielleicht mag eurem Herrn diese unsere Freundschaft wol selbst unbewust seyn /sagte Fr. Roxane / und wann ich fragen dürfte / ob derselbe der Durchleuchtigste GroßFůrst aus Teutschland währe / würde ich mich so weit erkühnen; Ursach / weil auff meines allerwerdesten Freundes Herrn Herkuliskus anhalten / ich unterschiedliche reitende Bohten außgeschikt habe / umb zuvernehmen / ob dessen Durchl. nicht in diesen Landschaften anzutreffen sey / weil von meinem Anverwanten / Herrn Pharnabazus ich gewisse Nachricht habe / daß seine Durchleuchtigkeit sich über Meer begeben / diesen meinen Freund aus Räuber Händen zu erlösen. Valikules nam aus dieser Rede ab / es müste seyn Fräulein an diesem Orte sehr vertraulich gelebet / auch Pharnabazus (über dessen Anwesenheit er sich freuete) wol gar ihr Geschlecht offenbahret haben / und gab diese Antwort: Mich wundert sehr / wie ihre Gn. mir meinen Herrn so eigentlich beschrieben hat / welchen vor redlichen Leuten zu verschweigen ich nicht Ursach habe; möchte wünschen / daß ich nur in etwas nachrichtung wegen des verlohrnen Herkuliskus haben könte / ob derselbe annoch im Leben und guter Gesundheit sey / damit ich stündlich umbkehren / und meinem Gn. Herrn / der sich in der Nähe auffhält /diese so hoch gewůnschete Zeitung bringen möchte. O ihr Götter antwortete sie / ist der so viel begehrete Fürst Herkules anko en! O ihr mein gnädigstes herzallerliebstes Fräulein! Mit diesen Worten stutzete sie /dann sie wahr nicht willens / straks im anfange merken zu lassen / daß sie ihres weiblichen Geschlechtes Kundschaft hätte; aber der Brey wahr aus unvorsichtiger Freude schon verschüttet / und sie aus Valikules grosser Veränderung merkete / daß er durch dieses Wort getroffen wahr; doch fuhr sie fort; Mein Herr seumet euch nicht auf dem Wege / und bringet dem Durchl. GF. aus Teutschland / neben Anmeldung meiner untertåhnigen Ehrendienste diese Zeitung / wann er meines Seelenfreundes / Herrn Herrkuliskus guten Wolstand erfahren wil / möge seine Durchl. mir seiner gehorsamen Dienerin die Gnade bezeigen / und den Besiztuhm dieses geringen Schlosses / als lange es ihm gefallen wird / einnehmen; inzwischen werde ich an meinen Herzenfreund Herrn Herkuliskus eine schleunige Bohtschaft abfertigen / ihr (hier verredete sie sich abermahl) die glůkliche Ankunft ihres Seelen-eigenen Oheims wissen zu lassen. Valikules baht sehr / mit dieser Abfertigung etwas einzuhalten; sein Gn. Herr währe in der Nähe / zweiffelte nicht / er würde ihm die angenehmste Zeitung bringen. Mazeus erboht sich mit zureiten / aber er wehrete solches ab / ihn versichernd / daß er selbst sich bald einstellen würde; nahm Abscheid / und ritte mit seinen Leuten nach der vorigen Herberge / daselbst machete er die angestrichene Farbe ab / legete ein köstliches Kleid an / und putzete sich Fürstlich aus / nachdem er Standeshalben schon erkennet wahr. Als er mit den seinen nach dem Schlosse ritte / sahe er / daß Mazeus nebest seinem Gemahl uñ dem Fräulein ihm ausserhalb Schlosses entgegen gingen / und zwo treffliche Gutschen hinten nach führen liessen / deßwegen / als er ihnen etwa auff 50 Schrit nahete / sprang er sehr zierlich vom Pferde / als er zuvor dasselbe ein wenig auffs kůnstlichste getummelt hatte. Sein Kleid wahr ein gülden Stük mit grüner Seiden durchwirket / uñ mit Schmaragden reichlich besetzet / welches ihm Frl. Lukrezie mit auff den Weg gegeben hatte; an stat des Helmes[635] trug er einen schwarzen Huht mit einer langen weissen Feder / und flogen ihm die Goldgelben Haarlocken umb die Schuldern. Jene sperreten Mund und Augen auf / da sie ihn anfangs so zierlich mit dem Pferde sprengen / hernach ihn so treflich wolgestalt sahen. Er aber trat ihnen entgegẽ / da er mit entblössetem Häupte sie sehr freundlich grüssete / nachgehends dem Fräulein / und Fr. Roxanen / ungeachtet ihres wegerns / die Hände küssete; und als er darauff Herrn Mazeus anreden wolte / kam ihm derselbe zuvor / und sagete: Durchl. Groß-Fürst / Gn. Herr /wie überaus grosse Vergnügung ich an meinem heutigen Glük habe / kan ich mit Worten nicht zuverstehen geben / wolte auch Euer Durchl. willig und gehorsam etliche Tagereisen mit gnugsamer Manschaft zur Wegesversicherung entgegẽ geritten seyn / wann dero Ankunfft ich währe verständiget worden; erfreue mich höchlich über Ihrer Durchl. Gesundheit / mit demühtiger Bitte / dieselbe mit ihrem Knechte der Zeit Gelegenheit nach / gnädig vor lieb und gut nehmen / und auff meinem Schlosse nach allem ihren Willen gebieten und verbieten wollen. Herkules bedankete sich mit sonderlicher Freundligkeit / der angebohtenen unverdieneten Ehre und Freundschafft / und baht ganz ernstlich / mit ihm / als mit einem Freunde und umschweiffenden Ritter umzugehen / weil ihm dieser Zeit nichts so sehr / als ein Fürstlicher Nahme zuwider währe; nachgehends sagte er: Ihr meine hochwerte Freunde / ich befinde mich ihnen wegen der / meinem Oheim Herkuliskus erzeigeten Freundschafft dermassen verbunden / daß ich nicht absehen kan / durch was Mittel er oder ich / uns dankbarlich loßwirken können / es währe dann / dz ein williges Herz / auch vor sie zusterben / in Bezahlung möchte gültig seyn /welches ich ohn einige Wegerung darbiete. Mazeus gab zur Antwort: Seine Dienste wären Unvermögens halber sehr schlecht / und ihm wegen des trefflichen Herkuliskus schon mit einer geschenketen statlichen Herrschafft tausendfach vergolten. Welche Rede ihn nicht wenig befremdete / dañ er wuste wol / daß sein Fråulein in diesen Landschafften keine liegende Güter zuverleihen hatte; doch wolte er nicht nachfragen /sondern auff vielfältiges nöhtigen ging er mit auff das Schloß / da er Frl. Barsenen bey der Hand / wiewol wider ihren Willen / führete / welche zu ihm sagete: Durchl. Fürst / es hat mein Gn. Fräulein / Frl. Herkuliska / mich und andere / die ganze zeit ihres anwesens so artig auffgezogen / indem sie sich vor einen Herren-Standes-måssigen Jůngling angegeben / also daß wir ihr die wolgebührliche Ehre und Auffwartung nicht leisten können. Ob nun zwar aus ihrem zarten Angesicht / wir von ihrem Geschlecht billich hätten urteilen sollen / müsten wir doch von neuen wieder zweifelhafftig werden / massen wir aus diesem Grunde nicht anders / als Eure Durchl. vor ein Fräulein halten könten. Herkules stellete sich der Rede halben sehr verwundernd / und antwortete: Mein hochwertes Fräulein; so ist meine Fräulein Wase / an diesem Orte ihrem Geschlechte nach erkennet? O was vor ein sonderbahres Glük hat sie doch an diesen Freundes-Ort geführet? Zwar wann dieselbe aus Leichtsinnigkeit Mannes Gestalt an sich genommen hätte / wůrde ich der erste seyn / der es an ihr tadelte; weil aber zu ihrer Ehrenversicherung es nohtwedig hat geschehen müssen / werden meine hochwerten Freunde ihr diese Mummerey nicht verargen / insonderheit / nach dem /wie ich vernehme / sie sich noch endlich zuerkennen gegeben hat. O nein / antwortete sie / solches ist von meinem Gn. Fräulein so heimlich gehalten / daß es kein Mensch erfahren mögen / ohn daß ich argwohne / meine Fr. Schwester habe des Tages ihrer[636] Reise /dessen von ihr Wissenschafft bekommen; dann einmahl muß sie mir nunmehr gestehen / daß sie ihre Durchl. mit Kleidern auff den Weg versehen. Hiervon wollen wir zur gelegenen Zeit reden / sagte Fr. Roxane / dann ob ich solches von meiner Herzen Freundin erfahren hätte / was sie dir verschwiegen / darff dich nicht wundern / nachdem mein Gemahl selbst es von mir nicht hat wissen können. Sie gelangeten hiemit vor dem SchloßTohr an / da Herkules das Bild beschauete / und von Fr. Roxanen diesen Bericht empfing: Durchl. Fürst; wo sonst Menschen Hände die Göttlichen Vollkommenheiten in etwas nachaffen oder entwerffen können / meyne ich / dieser Abguß solle etwas getroffen seyn / welchen ich zeit der Abwesenheit meines Gemahls zurichten lassen / und dannoch mir vorgenommen / den rechten Abdruk niemand zuzeigen / biß der hochbegehrete Fürst Herkules verhanden währe; nachdem nun die Götter denselben hergeführet / muß das geheime entdecket werden. Was habt ihr dann vor ein geheimes / sagte Mazeus /das ihr weiters noch vor mir verhehlen mögen? Sie antwortete ihm nicht / sondern befahl einem Schloß-Soldaten / auff das Tohr zusteigen / und des Bildes Hinterteil mit gewalt herunter zureissen / da sich alsbald ein zierliches Fräulein-bilde sehen ließ / und zun Füssen diese Worte auf Medisch geschrieben: Valiska / eine Sonne aller Schönheit / Vernunfft und Tugend / gebohrnes Königliches Fräulein / des Trefflichsten der Welt Eigene. Bey Leib und Leben / sagte Mazeus /daß solches kein Mensch innen werde. Also ward das Verdeck stündlich wieder daran geschlagen / und zwar so feste / daß es ohn Werkzeug nicht kunte herunter gerissen werden. Herkules nam hieraus ab / dz sie ihm hiedurch seine Liebe wolte zuverstehen geben / und ward von ihr auff ein herrliches Gemach geleitet / weil Mazeus anderwerts zuordnen hatte / und das Fråulein die Küche bestellen ließ / welche Gelegenheit er in acht nam / und zu Fr. Roxanen sagte: Hochwerte Freundin; ihrem Willen mich gemäß zubezeigen / habe ich mich ungeseumet einstellen wollen / umb verständiget zuwerden / was gestalt mein Fräulein lebe / und an was Ort sie sich auffhalte / auff daß ich ihre Erlösung / wie ich hoffe / beschleunigen / und sie in ihr Vaterland führen möge. Euer Durchl. Frl. sagte sie / gehets meines wissens sehr wol / und nachdem mein Gemahl unserm GroßFürsten / Herrn Phraortes das Geleite nach Charas gegebẽ / wohin sie dann nohtwendig hat müssen geführet werden / da sie / unsers GroßFürsten äusserstes Verderben abzuwenden /diese Reise selbst inständigst begehret hat / so bin nach seiner Wiederkunfft ich alles Verlauffs umständlich berichtet worden. Erzåhlete hierauff die begebnis zu Charas mit dem Fräulein / und meldete zulezt /was gestalt König Artabanus sich nicht allein sehr gnädig gegen sie erzeiget / sondern in so hefftige Liebe entbrand / daß er sie stündlich vor sein GroßKönigliches Gemahl erklåret / und allen andern Fräulein vorgezogen hätte. Dieser meynete solcher Zeitung wegen zusterben; die schöne Farbe ward in ein Todtenbleich verendert / und weil die Knie ihn nicht mehr halten wolten / fiel er ohn einiges Wortsprechen nieder zur Erden; dessen sie so hefftig erschrak / daß es ihr fast auch also ergangen währe; merkete doch / daß ihre dunkele Rede hieran schuldig wahr; Sie schüttelte ihn aber / biß seine Geister wieder kahmen / und er seine Augen zugleich mit diesen Worten auffschlug: Ach meine hochwerte Freundin / ihr saget mir wunderliche Zeitungen / deren bey so gestalten Sachen ich mich nimmermehr hätte versehen können. Mein werter Fürst / antwortete sie / nicht nehmet meine Worte unrecht ein; der König hat das Fräulein zwar[637] zum Gemahl erwählet / aber darumb sie noch nicht geheyrahtet; dann weil ihrem damahligen vorgeben nach / sie ein Gelübde auff sich hat / der Göttin Vesta noch über ein Jahr lang in Jungfräulicher Keuscheit zudienen /hat der König ihr äidlich versprechen müssen / sie in solcher Zeit durchaus unangefochten zulassen; Worauff sie dann mit ihrem zugegebenen Frauenzimmer auff ein sehr wolverwahrtes Schloß in der Stad Charas geführet ist / woselbst kein Mannesbilde / auch der König selbst nicht zu ihr kommen darff. Herkules ward durch diese Reden wieder ermuntert / bedankete sich der geschehenen Erzählung / und weil er gnug spürete / daß sie seiner Heimligkeit guten teils Wissenschafft trüge / baht er sehr / es als eine vererauete Freundin im Herzen zubewahren / welches ihr nach aller Mögligkeit dereins solte ersetzet werden. Als nun Mazeus und das Fräulein wieder zu ihnen kahmen / und seiner Farbe Verenderung wahr nahmen /gab er vor / er empfünde zuzeiten eine Vermahnung vom Fieber / welches aber bald würde vorüber seyn; Welcher geschwinden Erfindung sich Fr. Roxane verwunderte / und als unwissend fragete / ob er der Ruhe begehrete. Weil er nun dessen sich wegerte / wurden allerhand kräfftige eingemachte Sachen auffgetragen /biß es Tischzeit wahr / da sie diesem ihren lieben Gast nach aller Mögligkeit gütlich tahten / auch nach auffgehobenen Speisen allen Verlauff mit Herkuliskus erzähleten / welches ihm grosse Vergnügung und gewisse Hoffnung machete / Gott würde ihre Erlösung zum gewünschten Ende ausführen; Insonderheit wahr ihm sehr angenehm / daß er in Pharnabazus bessere Kundschafft kommen solte / von dem er grosse Befoderung seines Vorhabens hoffete; wäre auch gerne noch desselbigen Tages nach Ekbatana auffgebrochẽ /doch weil er von ihnen allen / nur biß auff morgen zubleibẽ / bitlich ersucht ward / ließ er sichs gefallen. Bey dem Abendessen fragte Frl. Barsene den Schützen Batis / welcher aufwartete / ob ihm auch weiters nach einem Wette-schiessen mit Herrn Herkuliskus verlangete; worauf er mit einem Seuffzen antwortete: Er beklagete den Verlust seiner Gelder durchaus nicht / wann ihm nur der Königl. Frl. Gnade könte wieder erworben werden / dann er hätte mit seiner Unbescheidenheit wol verdienet / daß ihm harte Straffen aufferlegt würden; jedoch weil die Götter (vor deren Tochter er dieses Fräulein hielte) durch Bitte könten versöhnet werden / wolte er von seinem Gn. Herrn Urlaub bitten / nach Charas zulauffen / ob er durch seinen Freund Timokles Gnade erlangen könte. Herkules fragete nach / wz vor ursach er håtte sich zubeschweren; Und nach dessen Erzählung sagete er zu ihm: Guter Freund / euer Verbrechen ist eben so groß nicht / und müste mir leid seyn / daß dieses Fräulein /so mir verwand / an diesem lieben Orte / einigen ungewogenen / oder der mit fuge sich über sie beschweren kan / haben solte / dessen ich euch aber wegẽ eures grossen Verlustes nichts vor übel halten könte; Demnach versichert euch / daß ich nicht allein aller Ungnade bey diesem Fräulein euch entheben / sondern eures erlittenen Schadens euch ergetzen wil; hieß darauf Gallus / ihm 800 Kronen zuzählen / welche er auch / unangesehen Mazeus sehr widersprach / zu sich nehmen muste. Des folgenden Morgens / nach eingenommenem Frühstük / machtẽ sie sich fertig zur kurzen Reise / dann Fr. Roxane und Frl. Barsene wolten der Freude zu Ekbatana mit teilhafftig seyn; und als Herkules willens wahr / sich in angestrichener Farbe daselbst einzustellen / widerriet es Mazeus /weil der GroßFürst etwas argwöhnisch / und zu ungleichen Gedanken geneigt währe; versicherte ihn daneben / er dürfte demselben kühnlich[638] trauen / ob gleich Pharnabazus hohe Neigung nicht währe. Also folgete er willig / legte ein schwarzes Kleid an / mit einem silbern Grund / und eingewirketen güldenen Blumen / steckete einen schwarzen Federbusch auf den Huet / welchen er mit einer köstlichen Demant-Kette fest machete; Die Armbänder / so er von Frl. Lukrezien bekommen / trug er öffentlich / und ließ ihm Pferd und Harnisch nachführen / weil er mit Mazeus und dem Frauenzimmer auff der Gutsche sitzen wolte. Auff halben Wege begegnete ihnen ein ansehnlicher Ritter mit sechs reitenden Schützen / welchen Herkules ersehend / gar eilig seinen Helm auffsetzete / und sein Brustharnisch anlegete / dz auf allen fall er fertig seyn könte / und befahl Mazeus seinen acht Schützen / die hinter dem Wagen her ritten / sich fertig zuhalten. Der fremde hatte gesehen / dz Herkules ihm seine Waffen reichen lassen / welches er vor eine beschimpfung auslegete / uñ durch seinen Leibdiener fragen ließ / aus was ursachen solches / und obs ihm zum Trotz geschähe? Dem Herkules zur Antwort gab: Reitet hin / mein Freund / und saget eurem Herrn / ich habe meine eigene Waffen angelegt / welches mir zu Tage uñ Nachte frey stehet / wie ihm auch; und ich darum ihn nimmermehr werde fragen lassen / noch ihm meines tuhns und lassens Rede und Antwort geben. Damit wird mein Herr schwerlich zufrieden seyn / sagte der abgeschikte; welches Herkules mit wenigem also beantwortete: Und von mir wird er noch schwerlicher eine andere Antwort bekommẽ /sprang damit aus der Gutsche / setzete sich auff sein gutes Pferd / uñ mit Schild und Speer ritte er neben dem Wagen her / mit Mazeus Sprache haltend. Jener trotzige lachete der empfangenen Antwort / und ließ ihm zum andern mahl gebieten / stille zuhalten / und die Waffen abzulegen / hernach wann er würde vorüber seyn / solte ihm frey stehen / dieselben wieder anzulegen. Worüber er sich etwas eiferte / und durch Plautus seinen Dolmetscher ihm antworten ließ: Er befünde sich wegen Anfoderung seiner Waffen / an seinem ehrlichen Ritter-Nahmen beschimpfet seyn /daher er ihm in güte abtrag machen / oder des feindlichen Angriffs solte gewärtig seyn. Dessen sich aber jener so hart beleidiget befand / dz er seinen Säbel blössete / den Anbringer niderzuhauen / währe auch ohn zweifel geschehen / wañ dieser nicht durch seines Pferdes geradigkeit sein Leben gerettet hätte. Herkules sahe solches / uñ rante eiferig hinzu / ihm von ferne zuschreyend / es müste ihm dz Lebẽ kosten / dafern er sich an seinem Diener unredlich vergreiffen würde. Weil dann jener darauf einhielt / und zurük zohe / sein Speer zu hohlen / welch Herkules auch /das übrige seines Harnisches anzulegẽ / weil er sich der feindlichen Pfeile befahrete. Mazeus kunte nicht außsinnen / was dieser vor ein frevelmůhtiger Ritter seyn můste / welcher sich sehr unbendig erzeigete /und i erzu winkete / daß man ihm begegnen solte. Weil dann Gallus in voller Rustung ritte / wolte er sich gegen ihn wagen / nam das Speer zur Hand / und setzeten ganz grimmig auffeinander / aber mit seinem grossem Nachteil / massen er nicht allein getroffen und außgehoben / sondern auch an der rechten Schulter zimlich verwundet ward / daß er wol empfand / er währe schon undüchtig gemacht / das Schwert zu gebrauchen; der Fremde / nach volbrachtem Lauffe /wolte mit dem Såbel ůber ihn her / und ihn vollends hinrichten / aber Herkules ritte zu ihm hin / und sagte: Höret ihr stolzer Ritter / mit mir müsset ihr zuvor stechen / ehe ihr dz Schwert gebraucht / hernach tuht was euch gefält; Gallus nam diese Gelegenheit zu seiner Rettung in acht / hatte sein Pferd noch beim Zugel / setzete sich drauff / und muste nach abgelegtem Harnisch[639] ihn der Schützen einer verbinden. Der Fremde aber gab unserm Herkules zur Antwort / du nichts werter Tropf must neben deinem Gesellen sterben /und hättestu noch fünff Harnische übereinander angezogen. Du stolzer Schänder sagete er / du must mich zuvor käuen / ehe du mich einschluckest / drum setze dich ritterlich / so wil ich forschen / ob dein oder mein Tod der näheste sey. Also ritten sie vonander / und nahmẽ einen raumen Lauff / traffen auch dergestalt /das die Speer splitters weise in die Luft fuhren / und keiner gefellet ward / wiewol Mazeus unserm Herkules den Preiß zulegete / und sich über seiner Stärke verwunderte: Sie hatten bald andere Speer zur Hand /wageten den andern Saz / und wirketen dergestalt /daß unserm Herkules sein Schild durchstochen ward /und das Speer ihm zwischen der Seiten und den linken Arme hindurch fuhr / daß es schien / als wåhre er durch uñ durch gerennet; Der fremde aber taht einen unwilligen und sehr unsanften Fal / daß ihm die Rieben im Leibe knacketen / und mühe hatte wieder auffzustehen; als er nun sich wieder in den Sattel gerichtet hatte / machte er mit der rechten Hand etliche verwunderungs Zeichen / über seiner Niderlage / und schickete sich zum Schwertstreite. Herkules hatte Zeit / dz Stücke vom Speer aus seinem Schilde zureissen / und hoffete / dieses hochmühtigen Verwägenheit schier zu dämpffen. Sie fielen wie tolle Hunde / besser zusagen / wie wütige Löuen auffeinander / und getrauete ein jeder seinen Feind in den Tod zu schicken / daher sichs nicht anders ansehen ließ / als wåhre das Feur aus ihren Schwertern gesprungen; anfangs wahren sie beyde gleiche munter / aber nicht gleiche behutsam /in welcher Tugend Herkules weit ůbertraf / und seinem Feind gar zeitig etliche Wunden anbrachte / welches zuleiden dieser ungewohnet wahr / und es doch nicht endern kunte / worůber er in hefftiger Wuht mit den Zähnen kirrete / dz es über etliche Schritte gehöret ward. Aber Herkules ließ sich dadurch nicht schrecken / sondern sagte; ich befinde mich gleichwol noch ferne von deinem Maule / und beissest schon so Hundisch zu; schlug ihn auch zugleich über das Helmgesicht / daß ihm das Maul davon schmerzete; noch wehrete er sich nach bestem vermögen / und trieben sie den Kampf / daß endlich ihre Pferde ermüdet / keinen festen Trit mehr tuhn kunten / welches sie machete absteigen / umb ihr Heyl zu fusse zu versuchen / da der Fremde / nahmens Susag / ein hochbeschriehener Skytischer KriegsOberster / mit unserm Herkules bald hoffete fertig zu werden; wie wol ihn seine Meynung umb ein grosses betrog; dann ob er zwar viel gröber und stårker von Knochen und Gliedmassen wahr / als unser Held / wuste doch dieser durch seine Geschwindigkeit alles doppelt zu ersetzen / uñ richtete ihn also zu / daß sein Harnisch blutroht gemahlet ward / auch zimliche Pfüele Blut von ihm auff der Erde stunden / welches ihm seine Kraft / aber nicht den Troz benam / daß er den redlichen Held als einen Hundebuben außschalt / welcher sich dannoch den Eifer nicht wolte übernehmen lassen / sondern zu ihm sagte; ich merke wol / daß deine schåbichte Zunge suchet mich zu tödten / nach dem weder dein Speer / noch dein Såbel / noch deine Zähne des vormögens sind: und hätte ich mich über dich erbarmet /wañ du dich dessen selbst nicht unwirdig machetest. O du verzåuberter Bube / fing dieser an / mein Säbel und Speer sind noch auff keinem Stahl oder Eisen abgeglitschet. Du must auffhören zu schmähen und zu trotzen / fiel ihm Herkules in die Rede / und schlug ihn damit über den Helm daß es wie eine Glocke döhnete / wodurch dieser dutzig ward und zur Erden stürzete; da ihm Herkules das Häupt gar[640] blössete /und ihn wieder zu sich selbst kommen ließ / umb zusehen / wie er sich bezeigen wůrde / erkennete auch aus dem scheußlichen Angesichte was vor eine ungeschlieffene Seele in ihm wahr. Dieser / als er sich erhohlet hatte / und das Häupt bloß merkete / sagte er zu ihm selber. Je du schlimmer nichts werter Susag /hat man dich darumb den ůberwinder bißher genennet / daß du dich nieder stossen und schlagen lässest? auff welche Rede er ihm selbst die Kehle mit seinem eigenen Säbel rein abschnitte / und aus dieser Wunde das übrige seines Blutes außschüttete. Herkules schickete alsbald einen Schützen an seine Leute / und ließ ihnen sagen / dafern sie könten ruhig seyn / solte ihnen kein Leid wiederfahren; welches diese vor bekant annahmen / und ihre schon auffgelegeten Pfeile wieder in den Köcher stecketen; auch ihrer einer zu Herkules ritte / mit der Frage / ob er ihnen noch etwas anzusagen hätte. Mazeus sprang aus der Gutsche /und sagte: Er wolte sie vor aller Gefahr versichern /dafern sie redlich bekennen wůrden / wer ihr Herr gewesen / und aus was Ursachen er solchen Stolz und Frevel getrieben. Warumb solten wir solches verschweigen? antwortete dieser; Unser gewesener Herr wahr der Welt beschrihene Skyte / Herr Susag / welcher seinem Könige Skolothus so mannichen Sieg erhalten / als nie keiner vor ihm / ist auch biß daher unüberwindlich geschätzet worden / massen er in einem Tage mit XXI Rittern solchergestalt gekämpffet / daß er anfangs einen / hernach zween / weiters drey / und immerzu einen mehr / biß auff sechse vorgenommen /und sie alle hingerichtet hat. Ich habe zu Charas noch neulich von ihm gehöret / sagte Mazeus / und bekomme nun die Ehre / ihn überwunden zu sehen. Ja / antwortete dieser / mich däucht es träume mir seine Niderlage / und wird man uns an unsers Königes Hofe ein solches nicht gläuben / daß durch einen einzigen jungen Ritter im auffrichtigen Kampffe er gedemühtiget sey. Herkules antwortete ihm: Also pfleget Gott allemahl den Hochmuht zu dämpfen / aber was hatte dieser Susag doch auff meine Waffen zusprechen? Nichts / sagte dieser / als dz er sie nicht leiden kunte. Daß wahr gar zu ein grosser Frevel antwortete er /und zwar in eines andern Herrn gebiet. Ihr aber sollet mit eurer Geselschafft freien Abzug haben / dafern ihr mir schwören werdet / daß ihr alles an eurem Ort redlich erzählen wollet / wie ihrs gesehen und gehöret habet; und daneben anzeigen / daß ein fremder Ritter aus weitabgelegenen westnordischen Ländern bürtig ihn gezwungen habe / daß er ihm seine Waffen hinfüro werde müssen unangeschriehen lassen. Ja mein Herr / antwortete dieser / wir wollen solches angeloben / und als redliche auffrichtige Skythen leisten. Mazeus fragete weiter / was Susag dieser ends zuverrichtẽ gehabt; er antwortete; ihm währe gesaget worden / daß seiner nahen Anverwantinnen eine von sechs Assyrischen Rittern aus Parthen heimlich hinweg geführet währe / wie wol gesagt würde / sie hätte sich gerne darzu gebrauchen lassen; weil aber Susag ihm solches vor einen grossen Schipf angezogen /währe sein Vorhaben gewesen diese sechse auff einmahl und in einem Kampffe zubestehen. Diese / antwortete Herkules / werden sich seinetwegen weiters nicht zu befürchten haben; ihr aber möget euren Susag mit euch führen / oder hieselbst bestatten /nach eurem gefallen. Seine Waffen / sagte dieser /wollen wir seinem Bruder Argunthis mit ůbernehmen / aber der Leichnam würde uns stinkend werden. Hiemit machten die unsern sich wieder auff ihren Weg /und nach abgelegten Waffen / setzete sich Herkules an seinen Ort in die Gutsche / da er wegen seiner Tapfferkeit sich von[641] dem Frauenzimmer gnug muste rühmen lassen. Sie wahren kaum eine halbe Meile weiter fortgezogen / da sahen die Beyreuter in der Nähe einen ungeheuren Löuen auff ein erschrockenes Weibesbilde ansetzen / worüber sie ein lautes Geschrey ergehen liessen / dessen Herkules sich in etwas entsetzete / von der Gutsche sprang / und mit entblössetem Schwert gleich als im Sprunge dem Löuen entgegen lieff; Als nun das Tihr auff das elende Weib anfallen wolte / stellete er sich zwischen ein / und mit einem Hiebe schlug er ihm beyde Tatzen ab / daß er zur Erden stürzete und grausam brüllete; er aber reichete ihm noch einen Stoß in die Seite / uñ richtete ihn damit hin. Das armselige Weib hatte sich ihres Lebens schon getröstet fiel vor ihm nieder / und bedankete sich demühtig / daneben wünschend / der gütige HErr JEsus möchte ihm solche Woltaht hier zeitlich und dort ewiglich belohnen / weil in ihrem Vermögen es nicht stünde. Herkules den allersüssesten nahmen JEsus in dieser Fremde hörend / ward voller freuden / hielt es vor ein sonderliches gnaden Zeichen / richtete das Weib auff / und als er vernam / daß sie eins Witwe wahr / schenkete er ihr eine ganze Hand vol Kronen / gleich da Mazeus herzu kam / und zu ihm sagete: Euer Gn. haben uns des Schreckens bald benommen / als die ohn zweiffel dergleichen Tihre mehr wird erleget haben. Er aber antwortete / ihm währe auff der ganzen Reise kein Löue auffgestossen / hätte auch nie keinen im freien Felde lauffen sehen /meinete doch / daß ihnen leicht zubegegnen und beyzukommen währe / wann man nur gute Auffsicht auff sein Vornehmen hätte; setzete sich wieder auff die Gutsche / und weil ihm Anleitung gegeben ward / fing er eine Rede an von des Menschen Vortrefligkeit über andere Tihre. Wir haben / sagte er / dem grundgütigen Gott hoch zu danken / daß er uns Menschen eine vernünftige Seele eingegossen / und diesem Teile nach /uns unsterblich gemacht hat; dann durch anführung dieser verständlichen Kraft können wir nicht allein die wunderbahren mañigfältigen Geschöpfe erkennen /sondern auch diesem selbst nach fragen / der solches alles in ihrem Wesen darstellet / und die Oberverwaltung über Himmel und Erden führet. O wie eine süsse Belüstigung unserer Seelen ist es / wann man Gottes wahre erkäntnis hat / und nach dessen Willen zu lebenweiß! Gleich wie aber die mächtigsten Tihre den allergrösten Schaden tuhn / wann sie ihre Krafft in eine Wuht verwandeln; also wirken auch wir Menschen das allergröbeste übel / wann der Seelen Vermögen aus den Schranken der Gottesfurcht und Erbarkeit loßbrechen / und den Lüsten des Fleisches nachhängen; welcher Frevel dann leider in der Welt so gemein und durchgehend ist / daß die Erbarkeit kaum neben ihm demühtig herzukriechen / Raum findet. O wie mannichmahl sehen wir die Frecheit der Gottesfurcht überlästig seyn? Ja was ist täglichers / als daß Tugend den Lastern die Füsse küssen muß? Dieses alles rühret aus Fleisches Bosheit her / welche der Seelen die Augen blendet / daß sie den gebührlichen Zweg nicht absehen kan / nach welchem sie zuzielen befuget ist; und wann sie es gleich sihet / ist doch der Boge zu schwach / die Sehne zu schlapff / der Pfeil zu fladdericht. Hingegen wo die Begierden der Billigkeit die Herrschafft gönnen / ey da leuchtet des Menschen unvergleichliche Hocheit hervor / und lässet sich sehen / auch mitten im tunkeln / in dem der Mensch alle Gültigkeit der Seele hinwendet zu dem / daß ihm von Gott und dem Recht eingebunden ist. Kein vernünfftiger widerstehet seiner eigenen Wolfahrt / und ein unvorsichtiger nimt derselben nicht eins wahr /dann er kämpffet wider seinẽ[642] eigenen Vortel / wann er sonst nichts zutuhn hat / und rennet willig ins Verderben / ehe man ihn jaget; Das macht / er schämet sich von Tugendhafften zulernen / was ihm selig ist; ja verlachet noch wol denselben in seinem woltuhn / ob er gleich sihet / daß ein solcher von Gott durch alles Gewitter frey hindurch geführet wird; und wie könte etwas schädliches hafften / da man Gott zum Führer wählet? Wie könte es anders als glüklich ausschlagen / da Tugend das Fähnlein schwinget? Ich heisse aber das nicht Glük / von Königlichem oder sonst ädlem Geblüt entsprossen seyn; Ich heisse das nicht Glük /die Kasten und Säcke mit der Welt Narren-Schellen /den güldenen und silbernen Pfennigen gefüllet haben; Ich heisse das nicht Glük / des Leibes Kräffte in aller Gesundheit brauchen; wiewol auch diese Stücke eigentlich und an sich nicht unglüklich sind; sondern Glük ist Gottes Gnade; Glük ist ein gutes Gewissen; Glük ist ein fröliches Herz / auch mitten im Tode /und auff der Folterbank; dann Leibesweh ist so ein schädliches übel nicht / wanns von Gott zur Besserung herrühret. Aber der Seelen Krankheit / die trifft gar zustränge / die verwundet gar zu gefährlich / die tödtet gar zu herbe / weil sie Gottes Hulde störet / und dem innerlichen Peiniger / ich verstehe das böse Gewissen / uns in die Hände liefert. O du undankbare Welt / wie darffstu deine Augen gen Himmel wenden / da du das höchste Gut / dir von Gott verlihen / ihm entgegen stellest? Die Seele meyne ich / welche du zwingest / dem Fleische unterwürffig zu seyn / und der üppigkeit die folge durch Wasser und Feur zuleisten. Wer rühmets an einem Untertahnen / daß er seines Fürsten Freygebigkeit zu dessen Verderben gebrauchet? wie ist dann derselbe in den Augen Gottes zuachten / welcher das gröste Himmelsgeschenk wider den Himmel selbst kehret / und stürmet auff den zu / welcher ihm die Krafft zustürmen verlihen hat? Hieran sind alle muhtwillige schuldig / die ihrer Seelen Wirkung durch Liebe zur Leichtfertigkeit und Fleisches Wollust von der Bahn abzihen / auf welcher sie zuwandeln von Gott erschaffen sind / könten auch folge leisten / wann sie das böse diesem besten Teil nicht zustränge eindrücketen / sondern dem Frevelmuht das Gebiß anlegeten / wann er zur seiten ausweichet / und mehr den süssen / als gesunden Speisen nachhänget. Wer nun diesem übel einzureden kühn genug ist / der allein geneust des Lebensaffts / welcher durch der Seelen Wirkung eingetrüpffet wird /und umb so viel häuffiger / je beständiger er auff die Tugend ansetzet. Ich bekenne / daß einem Gottlosen Menschen besser währe / ein Klotz zu seyn; Aber wåhre auch dem jezt erschlagenen Löuen nicht besser / daß er zum Hasen oder Eichhörnichen gedien wäre? Noch bleibet Löuenadel wol über anderer Tihre Gültigkeit; aber weil er Wuht vor Krafft / blinden Anfall vor Vorsichtigkeit brauchte / muste ihn seine eigene Last stürzen. Also muß ich der Ursach halben menschliche Vortrefligkeit nicht schänden / ob gleich der boshaffte mehr ůbels als einiges wildes Tihr begehet / sondern Vernunft bleibet in sich gut und heilsam / wann das böse nur gemieden wird / und wer seinen Verstand zum guten anwendet / hat unter allen Geschöpffen Gottes seines gleichen nicht; Ja wann er diesem gehorsamet / verbindet er ihm denselben / daß er ihn weder in Nöhten stecken lassen / noch die Hülffe ihm versagen kan. Mazeus und die seinen / sahen ihn / weil er dieses redete / mit unverwendeten Augen an / und gedauchte sie / weder lieblichere Stimme /noch holdseliger Angesicht / noch züchtigere Geberden jemahls bey einigem Mannesbilde gespüret zuhaben / und nahm sie wunder / daß er in seiner Rede des ergangenen Streites so gar mit keinem[643] Worte gedachte / als ob er nichts davon wüste; so wolte ihrer niemand antworten / um ihn dadurch zureizen / daß er seinen anmuhtigen Worten noch länger folge gäbe. Weil er aber geschlossen hatte / sagte Mazeus endlich: Durchl. Fürst / es muß warlich ihr Teutschland treflich gelehrte Männer haben / welche der Jugend so hohen Verstand so frühzeitig beybrigen / und in der ersten Frecheit der kindischen Jahre sie zur Tugend anführen köñen. Man hat ja vor diesem in Persen auch weise Lehrer gehabt; aber heut zu tage finde ich bey ihnen nur dieses / daß sie uns diesen oder jenen Stern am Himmel zeigen / und mit errichteten Kreissen uns ihren Lauff einbilden; dann fahen sie von deren Wirkungen an: Dieser bringe trockene Dürre; Jener nasse Feuchte; Unter jenem Gestirn gebohren werden / mache beherzt; unter diesem gelehrt / reich /faul / aberwitzig / glüklich / frech / wollüstig / und so fort an; Aber wie unsere Seele mit Gottesfurcht und Tugend müsse ausgeschmücket werden / davon wissen sie nichts / wie solches ihr Leben und Wandel gnugsame anzeige tuht / in dem sie in aller Unzucht und Schande sich wälzen / und zum Nuz des Vaterlandes keine Ader anwenden. Das sind die allerschådlichsten Lehrer / sagte Herkules / die mit ihrem Leben ein Haus niderreissen / wann sie durch die Kunst etwa eine Wand getünchet haben; wiewol ich ihre Unterrichtung und Lehre selbst vor schädlich halte / als wodurch sie die ihnen anvertrauete Jugend entweder sicher oder verzagt machen / da einer gedenket / mein guter Stern wird mir schon das versprochene Glük zuwenden; Der ander: Meine Mühe nach dem guten ist umsonst / weil mein Himmelszeichen mir daran verhinderlich ist / und sie also alle beyde durch Verleitung ihres Lehrmeisters ins Verderben gerahten. Aber gibt es in diesen Ländern sonst keine andere Lehrer? Jenes elende Weib / sagte er / welches dem Löuen fast im Rachen steckete / ließ unter ihrer Danksagung sich etlicher Reden merken / aus welchen ich muhtmasse /daß sie in der Gottesfurcht zimlich müsse unterwiesen seyn / gestaltsam sie mir einen nennete / welcher von den Christen (wie man sie heisset) vor den wahren GOttes Sohn gehalten wird. Ja / antwortete Mazeus /es finden sich dieser Orten auch Christen / und zwar unter den gemeinen Leuten / in zimlicher Menge; doch müssen sie sich in ihrem Glauben heimlich halten / weil ihre Verfolger ein wachsames Auge auff sie haben / und sie zur erschreklichen Straffe zihen / da sie einige Missetaht auff sie bringen können. So ist überdas ihnen jederman gehässig / weil sie alle andere Götter verachten / und / wie man saget / einen Gekreuzigten anbehten / und über alles erheben. Nichts desto weniger stehen sie auff ihrer Meynung so feste /daß sie auch durch Feur und Schwert davon nicht mögen abgebracht werden. Aber ihre Lehrer werden von uns nicht gehöret / damit man sich mit ihrem törichten Aberglauben nicht beschmitze. Herkules gab zur Antwort: Ich habe die Christen zu Rom auch lernen kennen / und anfangs nicht anders gemeynet / sie währen ein wahnwitziges / und ihrer Sinnen beraubetes Volk / daß ich ihrer neben andern zuspotten pflag / da ich doch / meines wissens / keinen gesehen hatte; aber so bald ich dessen besser unterrichtet ward / und ihren erbaren Wandel und heilige Werke sahe / bekam ich Lust / mich ihres Gottesdienstes etwas besser zuerkündigen / befand auch / daß ihre Widerwärtigen ihnen viel dinges aufdringen / dessen sie durchaus nicht schuldig sind. Zwar man gibt insgemein vor /sie geben ursach zu Auffruhr / sie treiben Unkeuscheit bey ihrem Gottesdienste / und was der Aufflagen mehr sind; aber wie kan solches und der gleichen von ihnen gemuhtmasser werden?[644] sintemahl sie weder nach weltlicher Herschafft trachten / noch / die mit groben Lastern beschmitzet sind / in ihren Versamlungen dulden. So hat ja noch keiner / der sich von ihnen abgesondert / jemahls gestanden / oder mit Warheit dargetahn / daß solche und dergleichen Sünde von ihnen solten begangen seyn / oder gut geheissen werden. Ich weiß wol / daß an etlichen Orten es schändliche Menschen gibt / welche sich vor Christen halten / und doch weder in der Lehre noch im Wandel denselben im geringsten gleich sind / sondern sie verbergen sich unter solchem fälschlich angenommenen Nahmen / und währen wert / daß wegen ihrer Unfläterey und Sünde sie vertilget würden / daher auch die wahren Christen mit denselben nicht die allergeringste Gemeinschaft haben / sondern sie vor Ketzer schelten / und zu Gott ruffen / daß er sie verstören wolle. Mazeus antwortete: Ich habe der Christen tuhn und lassen wenig wahr genommen / wann sie aber der Frömmigkeit der gestalt er geben sind / kan ich nicht absehen / aus was ursachen man ihnen so auffsätzig ist / daß man ihnen auch die gemeine Lufft nicht gönnen wil. Es mag sich mein Herr wol versichern / antwortete Herkules / dz sichs ingemein mit ihnen also verhält / habe ihnen auch verheissen / als lange sie dergestalt leben / wolle ich ihnen alle hohen Häupter /mit denen ich in Kundschafft gerahte / nach Vermögen gnädig und geneigt machen; und da ich meinem Herrn ein solches ihretwegen anmuhten darff / habe ich darumb fleissig zubitten. Mazeus erklårete sich hierauff / ob gleich sein Vermögen schlecht und geringe währe / wolte er doch bey zufallender Gelegenheit nicht unterlassen / diesen Leuten eines solchen Fürsten Vorbitte geniessen zulassen. Also brachten sie die Zeit mit Unterredungen hin / biß sie vor das Stad Tohr kahmen / da Herkules das Liebe Zeichen etliche mahl angeschrieben sahe / und zu Mazeus sagete: Sehet mein Herr / dieses Zeichen ist mein Leitstern gewesen / welcher nähest Gott mich diesen Weg / von Tyrus her / geführet hat. Es ist uns wol bewust /sagte Fr. Roxane / habe auch nach unser gnädigste Fräulein begehren / unterschiedliche Reuter ausgeschikt / um zuerforschen / ob Eure Durchl. in den mit diesem Zeichen bemahleten Herbergen nicht gewesen währe / deren aber noch keiner zurük kommen ist. Als sie in der Stad vor dem Schloß Tohr anlangeten / da es fast umb den Mittag wahr / stiegen sie ingesamt vom Wagen / und gingen zu fusse hinauff. Im innersten Platze funden sie den GroßFürsten mit Pharnabazus ein ernstliches Gespräch halten /wurden auch von ihnen nicht gesehen / biß Pharnabazus sich umwante / und unsers Herkules gewahr ward / welchen er ansehens kennete / und zu den GroßFürsten sagete: Hilf Gott! da komt der teure Fürst Herr Herkules her! trat ihm geschwinde entgegen / und empfing ihn nicht viel geringer als einen herschenden König. Herkules hingegen umfing ihn mit beyden Armen / und sagete: Mein hochwerter Herr und Freund / ich bitte sehr / mich mit so überflüssiger Ehre nit zubelasten / sondern der fest versprochenen aufrichtigẽ Freundschaft eingedenk zuseyn / als welche mich angemahnet hat / meinen werten Herrn uñ Freund nicht vorbey zugehen / da ich denselben in der nähe seyn / vernommẽ habe; erfreue mich auch von herzen / Gelegenheit zufinden / das wolangefangene fortzusetzen. Hiemit trat er zu dem GroßFürsten / erwieß ihm sonderliche Ehre / und redete ihn mit diesen Worten an: Großmächtiger GroßFürst / daß ungemeldet meiner Ankunfft / auff diesem Königlichen Schlosse ich erscheinen dürffen / darzu hat mich mein Freund / Herr Mazeus verleitet; weil aber dieses meine Unhöfligkeit nicht entschuldigen kan / als bitte Eure Durchl. ich demühtig um[645] Verzeihung / dero ich mich ohn einige Bedingung zu allen möglichen Diensten anerbiete. Der GroßFürst antwortete ihm: Wessen Eure Liebe sich gleich jezt gegen meinen geliebeten Oheim beschweret / hätte ich grosse ursach / gegen Eure Liebe zuwiederhohlen / die ich als einen hochgewünschten Freund sehr wilkommen heisse / mit Bitte / dieselbe sich des meinigen nicht anders als ihres Eigentuhms kühnlich gebrauchen wollen. Herkules wendete ein: Er liesse sich hieselbst bloß als ein umschweiffender Ritter finden /dannenhero ihm nit gebühren wolte / sich seiner Durchl. gleich zuschätzen / bähte demnach untertähnig / dieselbe wolten ihm nicht auffdringen / wider gebühr und willen unhöflich zuseyn / dann seine schuldigkeit währe ja / nicht allein Ihrer Durchl. selbst /sondern auch dero hohen Beamten gehorsam und folge zuleisten. Küssete ihm darauf die Hand / und befahl sich seiner Großfürstl. Gewogenheit. Fr. Roxane hatte sich alsbald nach dem Frauenzimmer gemacht / und des Fürsten Ankunfft vermeldet / derhalben die GroßFürstin einen ädelknaben herunter schickete / ihr Gemahl wolte sich belieben lassen / den angenehmẽ Gast hinauf zuführen. Woselbst nun Herkules seine Höfligkeit spüren ließ / und nach gebohtenem Handkusse also redete: Durchleuchtigste GroßFürstin / die Unruhe durch meine Ankunfft erwecket /muß ich mit der Nohtwendigkeit entschuldigen / die mich treibet / einer Fräulein nachzufragen / deren ich auff unterschiedliche weise hoch verbunden bin; Als ich nun in Erfahrung gebracht / was grosse Ehre und Liebe derselben alhie erzeiget worden / ist meine höchste Schuldigkeit / die Danksagung davor / mit Worten abzulegen / weil des Vermögens Unkrafft mich an die Wiederleistung nicht hinlässet. Es seyn aber Ihre GroßFürstl. Durchl. eines ergebenen Knechtes an mir versichert / so daß in dero Diensten mein Leben zuwagen / mir die höchste Vergnügung bringen solte. Sie aber antwortete ihm: Durchleuchtigster GroßFürst; gewißlich erwecket Euer Liebe ankunft durchaus keine Unruhe / weil man derselben mit höchstem Verlangen erwartet hat; Dem Königl. Fräulein habe wegen ihrer Verstellung ich wenig Ehre und Dienste erzeigen können / solte aber ihr Geschlecht und Stand mir kund worden seyn / würde ich mich bemühet haben / ihr besser zur hand zugehen; muß also die Unwissenheit zur Entschuldigung einschieben /und daher mich befleissigen / den an dem Königl. Fräulein begangenen Fehler / auff zugelassene weise zuverbessern. Der junge Fürst Arbianes kam wieder zu hause vom Lustreiten / und ward ihm im Schloßplatze gesagt / es währe ein trefflicher schöner Herr /mit Mazeus ankommen / dem vorigen Herkuliskus fast ähnlich. O Dank sey allen Göttern / sagte er / es wird gewißlich der treffliche Held / Fürst Herkules seyn / durch dessen Unterweisung ich in ritterlichen Ubungen etwas zu fassen gedenke; blieb ein wenig stehen / und bedachte sich / wie er ihn empfangen wolte; stieg alsbald hinauf / und als er in den Saal trat neigete er sich gegen ihn / küssete ihm die Hand / und redete ihn also an: Durchleuchtigster GroßFürst /hoch berühmter Held; nach dem die Götter mein Begehren erfüllet / und ihrer Durchl. den Weg hieher gezeiget / verhoffe ich / dieselbe werden meiner demühtigen Bitte Stat geben / und mich in die Zahl ihrer Diener einschreiben / damit aus ihrem Leben und Tahten ich fassen möge / was einem gebohrnen Fürsten schier heut oder Morgen Ruhm und Ehre bringet. Aus diesen lezten Worten vernam er / daß er der junge Fürst wahr / taht ihm gleiche Ehre an / und gab ihm zur Antwort: Warumb machet mein Durchl. Fürst mich vor ihren geliebten Eltern / und dieser ganzen hohẽ[646] Geselschaft so schamroht / daß ich nicht weiß /wie ihrer Liebe ich mit Worten begegnen sol? Zwar meine geringe Tahten werden das Lob mir anjezt gesprochen / nimmermehr erreichen / ob ich gleich tausend Jahr leben solte; aber ein Freund uñ williger Diener des Groß-Fürstl. Medischen Erben zu seyn und bleiben / erbiete ich mich mit auffrichtigem Herzen / wil mich auch nimmermehr wegern / vor ihrer Liebe Wolfahrt / mein Schwert / wie krafftloß es gleich ist / gerne zu führen / und in ihrer Geselschaft mich mit zugebrauchen / als welche ich schon so tapfer / und in ritterlichen Ubungen erfahren weiß / daß sie meiner geringschätzigen Unterweisung durchaus nicht bedürffen. GroßFürst Phraortes antwortete: Hoch berümter Fürst; mein Sohn zeiget ja noch seine Begierden / daß ihm deren Geselschaft und Unterweisung / die durch Tugend den Weg der Unsterbligkeit suchen / angenehmer ist / als welche auff ihre Macht und Gewalt sich verlassend / ihrem Willen folge leisten / und nach den Lustreizungen des gemühtes Kräfte lenken. Herkules sagete hierauff; es hat auch mein hochwerter Fürst von einem solchen Vater nicht anders können angeführet werden / und schätze mich billich glükselig / wann unter dergleichen Geselschaft ich mag gerechnet werden; zweifele nicht / ihre Durchl. werden vor genommene Mühe die schöne Frucht des außgesträueten Samen / in kurzen / reichlich einernten. Die GroßFürstin mengete sich mit ein /vorwendend / die Speisen würden kalt werden; daher die Geselschaft sich zu setzen genöhtiget ward. Bey dem Mahle gab es unterschiedliche Beredungen / und erzählete Arbianes seinem Vater / was gestalt ihm auff dem heutigen kurzẽ Wege zwo wichtige Begebnissen auffgestossen währen / und zwar fast an einem Orte; Vor erst hätte er einen sehr grossen erschlagenen Löuen im offenen Felde liegen sehen / dem die beyden Tatzen abgehauen gewesen; bald hernach währen sechs Skythische Schützen hinter ihm angeritten / mit Panzern verwahret / deren jeder ein Stük eines mit Blut gefärbeten Ritter-Harnisches und blosses Schwert bey sich geführet / hätte deren herzunahung erwartet / uñ nach befragung zur Antwort bekommen / der gewaltige bisher unüberwindliche Skythische Kriegs Obriste / H. Susag währe etwa vor anderhalb Stunden von einem jungen fremden Ritter im auffrichtigen Kampf zur Erden gebracht und seines Helms beraubet / worauff er ihm selbst vor Unmuht wegen der Niederlage die Kehle abgeschnitten / dessen Leichnam sie in die Erde begraben / und seine Waffen mit sich führeten / wie ihnen von dem Uberwinder erläubet währe. Was? sagte Pharnabazus / ist der Frevelmühtige baumstarke Skithe Susag durch eines einzigen Ritters Hand gedämpffet / von dem vor beständig gesagt wird / daß er schon vorm Jahre über 260 Ritter im offenen Streiterschlagen / und er mannichesmahl deren fünff oder sechse auff einen Bissen genommen. O wie hoch wird durch diese Zeitung ein vornehmer Fürst erfreuet werden / welches ersten tages von mir zu schreiben ich nicht umbgang haben kan. Mein Oheim schreibe solches nur kühnlich /sagte Mazeus / dann ich habe diesen Kampf mit Augen angesehen / in welchem er inwendig einer halben Stunde von gegenwärtigem Teutschen GroßFürsten ist nie dergeschlagen worden; und hat eben dessen Schwert den gedachten Löuen auch in den Tod geschicket; erzählete darauff allen Verlauff eigentlich; worüber die Anwesende sich höchlich verwunderten /und Arbianes wünschete / das Glük gehabt zu haben /daß er diesen Kampf hätte mögen ansehen. Mazeus fragete Plaucus / der bey der Mahlzeit auffwartete /wie es umb[647] seinen verwundeten Spießgesellen stünde / worauff der GroßFürst alsbald befahl daß er aus der Herberge / in welche er / sich heilen zu lassen / eingekehret wahr / nach dem Schlosse gehohlet / und auffs beste gepfleget würde. Nach abgetragenen Speisen fragete die GroßFürstin Herkules nach Königs Ladaisla Wolergehen; und vernam / daß sie auff der Reise nicht aneinander getroffen / hoffete doch / dafern er auff dem Wege keine Verhindernis gehabt / dürffte er schon in Parthen angelanget seyn. Pharnabazus fragete nach Leches / welchen er wegen seiner Rittermässigkeit sehr rühmete / mit wünschung / die Gelegenheit zu haben / daß er ihm einige Dienste und Freundschafft leisten könte; fragete auch nach seinem Stande und Herkommen / und wahr ihm liebe / zuvernehmen / das er nicht von geringem Adel / sondern Herrenstandes währe / so daß er der Mutter nach / dem Königlichen Geblüte verwand / weil ohngefehr vor 100 und mehr Jahren / seine Großälter Mutter / eines Königes aus Böhmen Tochter / sich an einen vornehmen Teutschen Herrn verheyrahtet hätte. Die GroßFürstin fragete ihren Bruder / was vor Kundschaft er mit diesem Ritter hätte; worauff er ihr erzählete / wie sie auff dem Freystechen zu Padua in Kundschafft gerahten /und er an demselben einen scharffen Gegenstecher gehabt hätte. Der Tag ward mit allerhand freundlicher Unterredung zugebracht / uñ hielt endlich Herkules fleissig an / daß ihm folgendes tages seine Reise nach Charas möchte verstattet werden; weil ihn aber der GroßFürst versicherte / es könte ihm aus gar zu schleuniger Eile / Ungelegenheit zuwachsen / muste er sich auffhalten lassen / und zu Ekbatana länger bleiben / als ihm lieb und angenehm wahr.

Ladisla / wie droben erwähnet / wahr und seinen geliebeten Fabius herzlich bekümmert / und erhielt bey seiner Geselschaft so viel / daß sie ihm zugefallen zween Tage in dem Flecken stille lagen / da er alle Stunden der Hoffnung gelebete / er würde sich loß machen und nachfolgen; weil aber alles harren vergeblich wahr / nam er von seiner Geselschafft abschied / richtete seinen Weg auff Persen zu / und hatte Leches / den Dolmetscher / und drey Knechte bey sich / deren jeder ein Handpferd mit Golde und Kleinoten belegt / an der Hand führete. Seine Reise hielt er fast Sudost / daß er auch bißweilen gar in das Fürstentuhm Susiana rückete / wiewol er kurze Tagereisen taht / und zuzeiten an einem Orte etliche Tage stille lag / ob er von Fabius etwas vernehmen möchte. Einsmahls / wie er in den Susianischen Grenzen Herberge nam / traff er einen ansehnlichẽ Herrn an / mit welchem er zwar Kundschaft machete / aber doch nicht erfahren kunte / von wannen / und wer er eigentlich wahr; wiewol er ihm zuvernehmen gab / daß er nunmehr ins dritte Jahr sich in diesen weitläuftigen Morgenländern auffhielte / welche er auch / aus Liebe / die Welt zuerkennen / in die länge und breite / als von dem Mittelmeer biß an den Ganges / und von dem Persischen biß an das Kaspische / durchzogen und besehen hätte; es wird aber mein Herr erfahren /sagte er / was vor eine nahmhaffte Verenderung in kurzem vorgehen / und den Parthischen Stuel aus seiner alten Stelle verrücken werde / massen ich an allen fürstlichen Höfen merke / daß man der Arsazischen Herschaft von Herzen müde ist / welches man nirgend unvorsichtiger / als an diesem Susianischen außschläget / und dannoch zugleich vor sehr klug wil gehalten seyn. Doch scheinet / daß dieser Fürst darunter seinen sonderlichen Geitz-Vortel spiele / um unter diesem Dekmantel die Unterthanẽ durch ungewöhnliche Schatzungen[648] und zuvor unerhörte Aufflagen umb ihre Baarschafft zubringen / und solche in die Schazkammer zu spielen / welches bißher die Inwohner nicht gemerket / auch weil sie haabselig sind /nicht groß geachtet haben / aber wo das Ziel überschritten wird / dürffte es nicht wol ablauffen; zwar es bauet der Fürst allenthalben vor was er kan / so gar /daß er auch seinen leiblichen Bruder / einen redlichen / tapffern und frommen Herrn / nahmens Satropazes /sol haben auff der Jagt (wie man beständig berichtet) meuchlischer weise erschiessen lassen / weil eine Rede außgangen / es währe derselbe besser zur Herschaft als er; aber ich fürchte sehr / er werde durch Verwägenheit dem Fasse endlich den Bodem gar aus stossen; einmahl ist gewiß / daß kein grösser Feind des außländischen Adels in allen diesen Ländern zufinden ist / als eben dieser Fürst / und habe ichs meinem Glük hoch zudanken / daß ich seinen Händen entgangen bin. Ladisla hörete diesem verständigen Manne fleissig zu / und erkundigte sich mannicherley / sonderlich / was vor Beschaffenheit es mit dem Parthischen Hofe hätte; da ihm dieser zuverstehen gab /es wäre der übermuhtige Pracht dieses grossen Königes nicht zubeschreiben / und würde ohn zweifel ein zwiefaches übel denselben zu grunde richten; als /seine Sicherheit / und seine unkeusche Begierden; es sey dann / sagte er / daß seine tapffere Leute / deren er etliche hat / durch ihre Vorsichtigkeit ersetzen / was er selbst verdirbet. Ich bin willens / sagte Ladisla /die grosse und so hochbeschriehene Parthische Häupt Stad zubesehen / und suche ich nur Geselschafft / mit welcher ich sicher durchkö en möge. Mein Herr wird daselbst viel böses und wenig gutes sehen / antwortete er / dann es gehet alda nach dem alten Sprichwort: Wie das Häupt sich hält / so machens auch die Glieder; Der Ort ist mit unsäglichem Reichtuhm angefüllet / und daher komt es / daß ein Reisender vor viel Geld wenig Pflege / ja wol kaum ein gut Wort hat /insond'heit / wo man die Herberge nahe bey dem Schlosse suchet / da man mehr vor das Schlaff Gemach / als vor die Speisezahlen muß. Ich werde mich dieser guten Unterrichtung zubedienen habẽ / sagte Ladisla / ließ sich sonst von allerhand Sachen unterweisen / und wahr ihm leid / daß er dieses Mannes Geselschafft nicht länger geniessen kunte / welcher seinen Weg nach Assyrien / er aber Persen werz nam /und in des Landes Grenzen in einer Herberge des Abends drey Persische Herren antraff / welche von ihren Dienern sich gewaltig ehrenliessen; weil er aber sahe / daß wenig Tugend hinter ihnen steckete / kehrete er sich nicht groß an sie / und begab sich bald nach gehaltener Mahlzeit zu Bette. Folgenden Morgens geboht er Leches / sich ihm allerdinge gleich zu halten / nam auch bey dem Mittags Mahl die Oberstelle / und hieß Leches neben sich sitzen / welches den Persen / als ohndas hochmuhtigen Leuten / zu Haupte stieg / kunten doch nicht gedenken / was diese vor Herren währen / weil ihre Angesichter und Sprache anzeigete / dz sie aus der fremde kämen / sie auch mehrenteils Teutsch / und mit ihrem Sprachmeister Griechisch redeten / dessen einer von diesen auch kündig war / und daher Gelegenheit nam / mit ihm zu sprachen / da er fragete / wohin seine Reise angesehen währe. Weil er aber so richtig bey fremden auszubeichten nicht gewohnet wahr / gab er zur Antwort: Sein Drittesmann hätte sich auf dem Wege durch unfall von ihm geschieden / welchen auszufragen / er bald hie / bald dahin ritte / ehe er seinẽ richtigen Weg / der nach einem grossen Herrn ginge / verfolgen könte. Als er nun hinwieder nach des Landes Gelegenheit fragete / bekam er gleichmässigen Bescheid: Es währe ein weitläufftiges Fürstentuhm /[649] und hätte unterschiedliche Gebräuche und Sitten / aber das ädleste Volk unter der Sonnen zu Inwohnern; merkete also Ladisla bald / wz vor Stolz hinter diesen Leuten steckete; ließ sich gleichwol nichts anfechten / sondern fing durch seinen Dolmetscher ein Gespräch mit dem Wirt an / und fragete / wohin man den nähesten Weg nach Charas nehmẽ müste; baht ihn nachgehends / er möchte nach einem Kleinot-Händler senden / der ihm allerhand köstliche Kleinot bringen solte; welches dann bald geschahe / uñ weil ihm die Stücke nicht gefielen / muste er andere hohlen / deren er ihm vor 180000 Kronen abkauffte / und ohn das noch über 100000 Kronen Baarschafft bey sich behielt /über die Kleinot / welche er auff drey Tonnen Goldes wert bey sich führete. Die anwesende verwunderten sich des Reichtuhms / und gedachten / er würde etwa dem Könige oder seinen Hof Schranzen diese Verehrung überbringen wollen; Und weil ihm sein Pferd gedrükt wahr / kauffte er zween gleichmässige starke /zum Schimpf und Ernst wolabgerichtete Rappen /welche er mit 2000 Kronen bezahlete. Es hatte der Wirt etliche leichtfertige Weibsbilder im Hause / die nach Persischem Gebrauche sich begunten herbey zumachen / an welche sich die unsern nichts kehreten /wolten auch der Persen unflätigen Muhtwillen nicht ansehen / sondern begehreten von dem Wirt ein absonderliches einsames Gemach / in welchem sie schlaffen und gespeiset werden könten / gestaltsam sie aus den Ländern währen / da man Zucht und Erbarkeit höher als unbändige Wollustschätzete. Die Persen legten dieses zu ihrer Beschimpffung aus / und durften verwägen gnug fragen / warumb er ihrer Geselschafft sich äussern wolte: denen er zur Antwort gab: Als lange sie züchtig und keusch lebeten / währe ihm ihre Geselschafft nicht zuwider / aber unzüchtigen Reden und Tahten beyzuwohnen / hätte er niemals Lust getragen; Zwar er wolte ihnen weder heissen noch verbieten / meynete aber / er tähte ihnen zugefallen / daß er ihnen wiche / da er sonst ohn das in gemeiner Herberge so grosse Freyheit auffzustehen /als sie zusitzen / hätte. Hiemit war der Brey schon verschüttet / und begunten diese mit gnug höhnischen Worten zufragen / er würde vielleicht nicht wissen /bey was Geselschafft zusitzen er gewirdiget währe; man hätte ihm / angesehen seiner fremde und Jugend schon etliche Streiche zugute gehalten / welches er dem blossen Glük und ihrer Höfligkeit zuzuschreiben hätte / und liesse er gnugsam sehen / wie wenig er mit Herren Standes umgangen währe. Mit Herren Standes? sagte Ladisla; trauen in meinem Vaterlande müste sich ein ädler Herr mit gemeinen Weibern nicht zihen / da er seinen Ritterstand nicht gar einbüssen wolte; Das ich nun fremde und jung bin / macht mich weder schlimmer noch besser / bin mir auch einiger Unhöfligkeit nicht bewust / es währe dann / daß man mir verübeln wolte / daß ich an leichtfärtiger Weiber Geselschafft abscheuh trage; jedoch mögen sie mit ihnen nach willen leben / aber wer mich gleichwol zwingen wolte / solchen Sachen beyzuwohnen / müste es trauen nicht mit Worten / sondern auff Rittersweise versuchen. Die Weiber empfunden diese Schmach sehr hoch / wolten sich doch etwas höflich bey der Sache stellen / uñ sagte die eine zu ihm: Schöner Herr / als viel ich merke / werden schöne Frauẽ eures Geldes nicht viel / noch weniger euer Liebe geniessen. Freylich findet kein Mensch einigen genieß bey mir /antwortete Ladisla / wann mirs Schimpff und Schande brächte. Wir sind auch nicht einem jeden zugefallen /gab diese zur Antwort / aber warumb solte man grossen Herren mögliche Dienste versagen? Er wolte sich mit ihnen nicht zanken / weil es[650] einen Hurenstreit geben würde / sondern stund mit Leches auff / in willens davon zugehen; aber die fünff Weiber traten an die Tühr / vorgebend / sie würden ihm keinen Abzug verstatten / ehe und bevor er wegen des angetahnen Schimpffs abtrag machete; Worüber die Persen sich kitzelten / daß auch der vornehmste unter ihnen einem Weibe an die Hand gab / sie solte ihm einen Kuß bieten / ob er auch so höflich seyn / und vor solche Gunst ihr der eingekäufften Kleinot eines schenken würde. Die gute Tochter ließ sich bereden / und fiel ihm unzüchtig gnug umb den Halß / ward aber mit einer solchen Ohrfeige abgewiesen / daß ihr die Zähne im Maul knirreten / und sie ohmächtig zur Erden fiel; worauf er zu dem Persen sagete: Wie bistu so ein weibischer und unhöflicher Kerl / dz du unzüchtige Weiber auf einen ehrliebenden Ritter hetzen darffst / dessen du mir trauen Rechenschafft geben must; und hastu vor dich allein so viel herzens nicht / so nim deine beyden Gesellen zu dir / dann solt du keine Bestreiter / als mich selbander finden / auff daß ich das Glük haben möge / zuerfahren / ob ihr so wol gelehret seyd / ritterlich zufechten / als leichtfertig zu scherzen. Mit diesen Worten ging er mit Leches hinaus /legetẽ die Waffen an / befahlen auch dem Dolmetscher / dem Wirt zubezahlen / und samt den Knechten mit ihren Wetschern zufolgen. Die Persen nahmen den Streit an mit einem Hohngelåchter / beredeten sich schon / wie sie nach erhaltenem Siege die köstliche Beute unter sich teilen wolten / wapneten sich /und folgeten den unsern mit ihren unbewehrten Dienern bald nach / damit sie nicht entfliehen möchten. Ladisla ermahnete Leches / er solte im anfange seine Kräffte sparen / daß er / wann der Streit sich in die harre verzöge / ihm Lufft machen könte. Jene tahten mit dem Schwert den eiferigen Angriff unter guter Vorsichtigkeit / gaben auch den unsern gnug zuschaffen / so daß sie schon gewonnen rieffen; aber man ließ sie sich abarbeiten / biß man merkete / daß ihre Schläge gemachsamer gingen / da sagete Ladisla zu Leches: Nun tapffer dran; Hieben damit so grimmig von sich / daß die Feinde zurük wichen / und keinen Stand mehr fassen kunten / welches ihnen Ladisla verwieß / da er zu ihnen sagete: Empfindet ihr schier /daß sichs bey unzüchtigen Weibern sicherer sitzet /als auff dem Pferde unter Feindes Schwert? Hörete doch nit auff zuschlagen / daß in kurzer Zeit das Blut an allen dreyen häuffig hervor drang / und sie willens wahren / auszureissen; aber Ladisla fassete den vornehmsten beym Halse / und warf ihn vom Pferde / daß er das Genicke zubrach; die übrigen beyden stürzeten auch nach wenig Streichen tod von ihrẽ Pferden / welches ihre Diener ersehend / alsbald nach der Stad zuflohen. Hier wird nicht lange Federlesens seyn / sagte Ladisla / rennete mit den seinen sporenstreichs davon / und hörete nicht auff / biß sie noch desselben Tages sieben Meilen hinter sich gelegt hatten / wodurch sie ohn zweifel ihr Leben retteten; dann weil der erschlagenen Herschafften in der nähe belegen wahren /brachten die ihrigen alsbald 50 Pferde zusammen /ihrer Herren Tod zurächen. Ladisla rühmete sein neugekaufftes Pferd hoch / daß er dem Verkäuffer gerne ein gedoppeltes davor gegönnet hätte / und machete sich mit den seinen straks Nordwerz / da er in einem Flecken eine Versamlung von 80 bewehreten Kauffleuten antraff / die in Parthen zureisen willens wahren / gaben sich in ihre Geselschafft / und nahmen den Weg Ostenwerz in guter Sicherheit / biß fast an die Parthischen Wüsteneyẽ / woselbst 60 / meistenteils wolgewapnete Reuter / von Mittage her auff sie stiessen / und nachdem Ladisla und Leches / die voraus ritten / bey ihren Pferden und Harnischen alsbald erkennet[651] wurden / schicketen jene einen Reuter an diese Kauffmans Geselschafft ab / mit Vermeldung: Es fünden sich zween mörderische Ritter unter ihrer Schaar /die man überdz vor Ausspäher hielte / hätten drey vornehme Persische Herren unredlicher weise erschlagen / und dadurch des Henkers Straffe verdienet; begehreten demnach / die übrigen sich deren nicht annehmen / sondern sie ungewegert zur Straffe ausfolgen solten. Die Geselschaft nahmen unsere Helden stündlich vor / umb zu hören / was sie auff so schwere Klage und Beschuldigung antworten würden; Und nachdem sie des wahren Verlauffs berichtet / auch Ladisla sich erboht / wider jedem / der sein begehren würde / es mit dem Schwert auszuführen / wie fälschlich und boßhafft sie ihn beyde des Mords und der Verrähterey beschuldigten / gaben diese jenen hinwieder zur Antwort: Es gestünden die Beklagten solche Aufflage nicht / daher man Erbarkeit halben sie nit verlassen könte / zumahl sie bereit währen / durch einen redlichen Kampff ihre Unschuld zuhandhaben. Also ritte der Abgeschikte zurük / und Mardus mit ihm / welcher im Nahmen seines Herrn die Verfolger also anredete: Nachdem meine beyde Herren mit Schmerzen verstanden / daß etliche eures Mittels sich finden dürffen / sie als Verrähter und Mörder bey ihrer Geselschafft in Verdacht zubringen / als schieben sie solche unredliche Schmähung in deren Bart und Busem / sagen ihnen auf Leib und Leben ab / und sodern sie / krafft dieses zum auffrichtigen Kampffe /da die Unschuld vermittelst des Schwerts sich schon eräugen wird. Es wahren vier vornehme Persische Herren / der drey Erschlagenen nahe Anverwanten /welche die Rache anstelleten / und ihre Diener mit sich genommen hatten / es desto besser ins werk zurichten. Als sie diese Ausforderung vernahmen / taht es ihnen weh / daß der vermeyntliche Schimpff von zweyen Ausländischẽ ihnen solte angelegt werden; liessen die Geselschafft zum andern mahl erinnern /sich wol vorzusehen / was sie tähten; es könte an ihnen dereins schwer gerochen werden; wolten ihnen demnach rahten / sich dieser Ubeltähter nicht anzunehmen / noch deren Mißhandelung sich teilhafftig zumachen; Diese / weil sie Kauffleute wahren / begunten der Sache zwischẽ sich uneins zuwerden; etliche wendeten ein / warumb man sich umb dieser fremden willen in Gefahr setzen wolte? man solte sich des Handels entschlagen / daß man dieser Herren ungunst überhoben bliebe / deren Hände weit umb sich grieffen. Dem guten Ladisla wahr hiebey nicht gar wol / hielt umb Erlaubniß an zureden / und sagete: Ihr meine vielwerte Herren und Freunde; nicht lasset /bitte ich / diese nichtige Dräuung euch schrecken /vielweniger dahin bewägen / daß ihr unüberzeugete den unbillichen Feinden übergeben woltet / die sich euretwegen auff begebenheit alle Gefahr gemein zuhaben / erkläret / uñ eurer Redligkeit sich anvertrauet; solten dann diese Räuber / davor ich sie halte / sich ferner des Streits entbrechen / so tuht der Unschuld und Gerechtigkeit dieses zu steur / und lasset sie wissen / ich habe mich auff den grossen König der Parther beruffen / daß sie etliche ihres Mittels in eurer löblichen Geselschafft lassen mitreiten / und daselbst mich mit Recht besprechen / alsdann ich ihnen Rede und Antwort geben wil. Diesen Vorschlag liessen sie alle sich wolgefallen / beschlossen / demselben zugeleben / und begehreten / daß Mardus es jenen vortrüge. Ladisla wahr dessen froh / unterrichtete diesen /und ließ ihn die Werbung solcher gestalt ansagen: Nach dem jene löbliche Geselschafft / und insonderheit meine beyde Herren vernehmen müssen / daß ihr den Ritterlichen Kampf wieder Rittersbrauch nicht[652] allein verzagter Weise außschlaget / sondern über das bey vorigem begehren steiff verharret / wird euch hiemit eins vor alles zuwissen getahn / daß man in euer Ansuchen durchaus nicht gehehlen kan / sondern da ihr einige Beschuldigung auff diese beyde habt / und sie sich auff den grossen König Artabanus beruffen /stehet euch frey / etliche eures mittels mit zu senden /und an gebührendem Orte die Klage zuverfolgen; denen jene so viel Sicherheit versprechen / als sie ihnen selber geben können. Die vier Herren stecketen die Köpffe zusammen / und funden sich übermannet /sonst hätten sie sich gerne an ihnen allen gerochen. Die Klage vor den König zu bringen dauchte sie nicht tuhnlich / und stelleten es lieber auff die Spitze des Kampfs. Nun hatten sie unter ihren Reutern zween zu Roß und Fuß wolversuchte Kämpffer / deren einer ein Indier / nahmens Hages / über vierdehalb Ellen lang /und mächtiger Leibes stärke; sein Geselle Tyriotes /ein Assyrier von rechter grösse / und im Kampfe behuhtsam. Diese beyden fodertẽ die vier Persische Herren vor sich / und versprachen jedwedem 1000 Kronen / wann sie diese beyden Ritter im Kampf erlegen / oder gefangen nehmen würden. Der verwägene Hages antwortete; man möchte ihm die 2000 Kronen allein gönnen / so wolte er beyden zugleich das Schwert bieten / und sie unter den Armen davon tragen. Sein Herr zweiffelte an seiner Uberwindung nicht / doch weil es ihn etwas gefährlich däuchte / nam er ihn absonderlich vor; er solte sichs gefallen lassen /wie es vorgetragen währe / nach erhaltenem Siege solte ihm nicht destoweniger so viel erlegt werden; dessen er dann friedlich wahr / jedoch mit dem bedinge / daß sein Geselle sich nicht einmischen solte / biß ers ihn heissen würde. Fertigten also den Dolmetscher wieder zurücke / und liessen ihnen sagen; es währe zwar unbillich / dz unsere Helden / angesehen ihrer Mordtaht / wie Ritter im Harnisch sterben solten /weil aber ihre Geselschaft sich ihrer so weit annähmen / welcher Schimpf biß dahin solte außgestellet seyn / solten sie alsbald hervor treten und sich niderhauen lassen. Ladisla lachete der Dräuung und sagete: Daß währe gar ein schönes Anmuhten / sich ohn gegenwehr niderhauen zu lassen; ich meine aber noch vor Abends darzutuhn / das ich mein Leben zuverlieren noch heute nicht willens bin; setzete den Helm auff / und empfand des Schimpfs wegen / grossen Zorn in seinem Herzen. Alsbald sahen sie den vierschrötigen Hages auff einem hohen Hengste daher traben / vor dem sich die Kauffleute hart entsetzeten /und zu Ladisla sageten: Er hätte sich wol vorzusehen / dann aller anzeige nach / würde er einen harten Stand halten müssen. Er aber antwortete; ihr ehrlichen lieben Herren und Freunde; in meiner guten Sache schrecket mich dieses Ungeheur nicht / wann er gleich selb ander kähme / wiewol mirs etwas schwer fallen wird / seine Waffen durchzuhauen; bleibet ihr nur günstig / und verhütet unredlichen Uberfal. Schwänkete damit sein Pferd mit entblössetem Häupte / biß Hages ihn also anredete: Ritter du erzeigest dich zimlich kühn in dieser deiner Jugend / und ist mir dein Verbrechen halb leid; jedoch / weil du es also verdienet hast / so stelle dich unerschrocken ein; ich gebe dir die Wahl / ob du lieber von meiner wehrhaften Faust sterben / oder als ein gefangener Mörder unter Büttels Hand leiden wilt; auch ruffe deinen Gesellen herzu / dann ich habe mich verbunden / euch beyde auff einmahl und zugleich vorzunehmen. Ladisla hatte unterdessen den Helm aufgesetzt / machte aber das Gesichte wieder auf / uñ sagte zu ihm Du unverschämter Großsprecher / ich meinete / du würdest mich zum Kampf außfodern / so beutestu mir schon[653] den gewissen Tod / auffs wenigste / die Gefängnis an; ja / gedenkest auch zugleich meinen Gesellen auff einen Bissen mit zuverschlucken / da du doch so wenig meine Kraft / als ich die deine geprüset habe; weil ich aber noch niemals einen einzigen selb ander bestritten / werde ich deinetwegen meine Gewohnheit nicht brechen; versuche zuvor dieses mein Schwert; ist dirs dañ zu leicht oder zu stumpf / kömt meines Gesellen hernach frühe gnug; ließ damit den Helm zufallen / setzete mit freudigem Herzen sehr behutsam auff ihn an / und gab ihm bald anfangs etliche Streiche über den Helm / daß ihm die Ohren gelleten. Dieser meinete vor Zorn zu bersten / und überfiel Ladisla mit solchem Wuht / daß wann sein fester Schild nicht gewesen / er bald anfangs der Wunden nicht wenig hätte annehmen müssen; massen jener ihm gänzlich vorgenommen hatte / sein Schwert nicht ruhen zulassen / biß Ladisla stürzen würde. Derselbe aber ließ dieses tolle Vieh sich immer abarbeiten / nam unterdessen seiner Schanze wahr / mehr durch behändigkeit als stärke / und weich ihm mannichen Streich aus; dann setzete er unversehens wieder an / daß Hages seinen Vorsaz vergeblich sehend / aller Beschützung vergaß / und sich blössete / daß ihm Ladisla eine grosse Wunde an den linken Arm beybrachte /empfing aber dagegen einen solchen Schlag über den Helm / daß ihm bey nahe geschwunden währe. Die beyde Schaaren hielten in ihrer Ordnung / sahen dem Gefechte zu / und verwunderten sich höchlich / daß Ladisla der grossen Gewalt so lange Wiederstand halten könte; schätzeten es doch nur vor eine geringe Frist / und schrieben seinem Feinde an beyden Seiten die Uberwindung zu / so daß die Kauffmans Geselschafft ein grosses Mitleiden mit ihm trugen; denen aber Leches Trost einredete / sie solten gutes muhts seyn / es währe seines Herrn Brauch allemahl / im anfange behutsam zugehen / biß sein Feind die ersten Kräfte gebrochen hätte; welches er dann gleich dazumahl spüren ließ; dann als er empfand / daß seines Gegeners Streiche viel schwächer als im anfange gingen / ermunterte er sich / und sagete zu ihm: Hastu grobes Tihr dañ nicht schier außgewütet / daß mir auch etwas Willen gegönnet werde? Damit verdoppelte er seine Hiebe und Stösse / daß Hages sich mehr des Schildes als des Schwerts gebrauchen muste; weil er aber darin zimlich unerfahren / bekam er unterschiedliche Wunden / ersahe endlich seinen vermeineten Vortel / und gedachte Ladisla das Häupt zu spalten: Weil er ihm nun behende zur Seiten außwich /und dieser den Schlag nicht einhohlen kunte / traff er sein eigenes Pferd zwischen die Ohren / daß ihm das Hirn aus dem Kopffe sprang / und mit ihm zur Erden stürzete. Als seine Herren ihn liegen sahen / trieben sie Tyriotes an / Ladisla anzusprengen und Hages zuentsetzen; welcher zur Antwort gab / es währe solches wieder Ritters Ehre / doch auff ihr Befehl und Verantwortung wolte ers tuhn. Leches sahe ihn daher rennen / ging ihm freidig entgegen / und sagete: Du meinäidiger Bube / hältestu also Rittersbrauch? damit fingen sie einen ernstlichen fast gleichmässigen Kampf an /weit sie an Alter / Grösse / und Leibeskräften sich schier gleicheten. Ladisla sahe seinen Hages auff der Erden unter dem Pferde liegen / stieg auch ab / und sagte zu ihm: Bald er gib dich / oder du must sterben. Dieser antwortete: Bistu ein redlicher Ritter / so laß mich zun Beinen kommen / sonst wird man sagen /nicht du / sondern ich selbst habe mich gefellet. Ladisla lachete des Einwendens und sagete: Ich bleibe wol ein redlicher Ritter / ob ich mich gleich meines Glüks gebrauche / daher sprich bald / ob du mein Gefangener seyn / oder sterben wollest.[654] Dieser sahe / daß er dem Tode nicht entgehen würde / und verdroß ihn sehr / daß von seinen Herren ihm keine Hülfte geschahe / daher gab er zur Antwort: Ich ergebe mich / aber zu freyem Ritterdienste. Ladisla wahr damit zu frieden / half ihm auff die Füsse / und wolte das Schwert von ihm nehmen. Dieser aber sich auffrecht befindend / ward meinäidig / trat zurük / und in dem er das Schwert zum Schlage auffhuhb / sagete er: Ich bin wieder frey / und du must mir den Schimpf mit dem Leben bezahlen. So muß ich mich noch mit einem Schelme schmeissen / antwortete er / ward auch von dem grossen Ungeheur dergestalt überfallen / daß er grössere Gefahr als zuvor außstund / welches ihn fast reuen machete / daß er ihm getrauet hatte; dann durch stärke vermochte er nichts außzurichten / sondern muste nur der Behendigkeit sich gebrauchen / welches ihm in vollem Harnisch schwer genug fiel / wiewol ihm endlich ein Stoß geriet / daß er ihm die vornehmste Sehnader am rechten Arme abstach / und er den Schild von sich werffen / das Schwert aber in die linke Hand (welcher Arm auch schon verwundet wahr) nehmen muste. Hier empfing Ladisla völlige Hoffnung zum Siege / daß er zu Hages sagete: Ich hoffe du solt schier fühlen / wie die Götter den Meinäidigen zu lohnen pflegen. Diesem schlug der Dampf aus dem Helmgesichte / wolte doch nit gewoñen geben / sondern führete mit dem Schwert einen hefftigen Streich / welcher zu behäuptung des Sieges währe gnug gewesen / wann Ladisla durch das Außweichen sich nit geschützet hätte; wiewol Hages sich darüber gar verhieb / und das Schwert tieff in die Erde schlug / dessen sich Ladisla zu seinem Vortel gebrauchete /trat ihm ein / uñ schlug ihm die linke Hand reine hinweg. Dieser wolte außreissen / aber wegen vergiessung des Blutes wahr er zu schwach; Und als er seinen Feind hinter sich merkete / wendete er sich / lieff ihm ein / und rante ihn unversehens zu Bodem / wahr auch geschwinde über ihn her / uñ wolte ihn mit den Füssen zutreten; aber Ladisla richtete sich schleunig auff die Knie / und schlug ihn mit dem Schilde wieder das linke Bein / daß er stürzen muste / machte sich über ihn / reiß ihm den Helm ab / und sagete: Unter welchem Arme wiltu mich nun als deinen Gefangenen fortschleppen? Doch sage mir / kanstu dich noch nicht überwinden / daß du mein Gefangener seist? Dieser gedachte / es währe sein Ernst und gab zur Antwort: Ich bin nun durch dich überwunden / darumb gelebe ich deines Willens. Ja / wer wird mir vor dich gut sagen / sagte Ladisla / daß du nicht abermahl zum Schelme werdest? fassete den Schild und schlug ihm damit das eine Bein entzwey / dann er wolte ihn nicht tödten / sondern sich sein nur versichern / daß er ihm nicht entlieffe; setzete sich auff sein Pferd / uñ hielt neben ihm / dem Kampfe zusehend / welchẽ die andern beyden hielten. Die Persischen Herren erschraken des Unfals mit Hages / welchen sie ihnen nicht hätten können einbilden / uñ erkläreten sich / die ganze Kauffmans-Geselschafft unversehens zu über fallen / unter der Hoffnung / sie würden sich nicht wehren. Ladisla merkete ihr Vorhaben / und sagete zu den seinen: Lieben Freunde / ich meine ja nicht / daß ich ichtwas / meine Unschuld zuerweisen / unterlassen habe / aber allem ansehen nach / gehẽ jene Bubẽ mit einem Schelmstük schwanger; so saget mir nun /bitte ich / ob ihr willens seid / einen unredlichẽ Anfal abzuweisen / so wil ich fechten / als lange ein tropfen Blutes in mir überbleibet. Die Kauffleute zogen alle von Leder / und erbohten sich / nicht allein ihnen redlich zuwiederstehen / sondern diese Räuber freidig anzugreiffen. Er aber mahnete sie ab / wolte ungerne /daß ihrer einer ein tröpflein[655] Blut seinetwegen solte verlieren / und sendete seinen Mardus ab / jenen zu sagen: Ob sie so kühn währen / und sich regeten /solte ihres Gebeins nicht davon kommen; wodurch der gröste Teil dergestalt geschrecket ward / daß sie sich des Anfals gegen ihre Herren außdruklich wegerten. Leches hatte mit seinem Manne noch volle Arbeit / dann er wahr ein fester wolgeübeter Kämpfer / aber wegen empfangenen tieffen Wunden so Kraftloß / daß er sich kaum schützen kunte / wolte nun nicht / wie sein Geselle / das äusserste wagen / sondern nach auffgeschlagenem Helme sagte er zu ihm: Trefflicher Ritter / ich habe meinem Versprechen gnug getahn /da habt ihr mein Schwert / und das übrige meines Lebens zu eurem Dienste / welches ich redlich halten wil. Leches antwortete: Behaltet eur Schwert und folget mir / ihr werdet dort an meinem Herrn finden was ihr suchet; ritten mit einander nach Ladisla / zu welchem Leches sagete: Gn. Herr / dieser begehret vor künftige geträue Dienste / Lebensfristung / welches in eurer Gn. Willen und Händen stehet. Geträuer Leute /antwortete Ladisla / sind wir benöhtiget / und möchte wünschen / daß Hages auch so vernünftig gehandelt hätte / worzu ich ihm satte Anleitung gab. Bald schicketen die Persen ihren Diener herzu / und begereten den Gefangenen wieder / wie auch den elenden Hages / welcher auff der Erden lag / und sich als ein wurm krümmete: Tyriotes aber gab dem Anwerber diese Antwort selbst: Was den frevelmuhtigen Hages betrift / darzu habe ich nicht zu reden / ich aber bin ein williger Gefangener / und habe Lust diesen treflichen Helden hinfüro stets zu dienen; dann weil meiner vorigen Herren keiner so viel Herzens gehabt / mich zuentsetzen / bin ich ihnen fort nicht verbunden. Ladisla setzete dieses hinzu: Wollen deine verleumdertsche Herren noch Gefangene von mir fodern / und sehen / daß sie schier selbst meine Gefangene sind? sendete auch seinen Mardus an sie / welcher sie also anreden muste: Nachdem eure Vorfechter unterliegen / und meiner Herren Unschuld dadurch an die klare Sonne gestellet ist / können jeztgedachte meine Herren damit noch nicht friedlich seyn / sondern fodern die vier Persische Herren / als boßhaffte Schänder und Verleumder zum Kampffe aus; werden sie sich dessen wegern / alsdann wird euch jene ehrliebende herzhaffte Geselschafft angreiffen / und euch allen die Hälse zubrechen; Meine beyde Herren wollen sonst die viere auff einmahl bestehen / und ihnen die Bosheit vergelten. Diese viere zücketen in etwas / doch weil ihre Völker selbst sie ihrer Ehren erinnerten / und des Gefechtes sich ausdrüklich wegerten / weil sie übermannet wären / musten sie fort / uñ stelleten sich zugleich auf den Platz / denen unsere Helden unerschrocken begegneten / uñ bald anfangs ihrer zween zur Erden stürzeten / daher die übrigen beyde des Vertrags begehreten; denen aber Ladisla zur Antwort gab: Die ihm angelegete Schmach währe viel zu groß; so hätten sie auch keine Lösegelder bey sich / müsten demnach sich nicht verdriessen lassen / dasselbe auszustehen /was sie aus lauter Bosheit und ohn redliche Ursach ihm zugedacht hätten; worauff sie auch bald mit jhnen fertig wurden / und sie erwürgeten; sendeten folgends Mardus an die übrigen / ob noch etliche verhanden währen / die Streits begehreten / solten sie sich stellen; aber diese entschuldigten sich demühtig: Sie währen gezwungen / mitzureiten / und bahten umb freyen Abzug / auch / daß sie ihre erschlagene Herren mit sich führen möchten / welches ihnen gegönnet ward / wiewol mit dem bedinge / daß ihrer einer herzu reiten / dem Hages / als einem meinäidigen die andere Faust auch abbauen / und ihn den wilden Tihren daselbst[656] liegen lassen solte; welches der Bube mit Ohrẽ anhörend / ein schrekliches Geheule anfing / muste aber noch solche Straffe ausstehen / da er sich dann vollends verblutete / und die Seele auffgab. Der von Leches zuerst gefellete wahr noch am Leben / welches die unsern nicht wahr nahmen / und davon zogen /daher seine Diener ihn auffhuben / und in der eile verbunden / daß er noch das Leben behielt / wiewol er an beyden Armen lahm blieb. Die Kauff Geselschafft erfreuete sich des Sieges höchlich / tahten unsern Helden grosse Ehre an / und liessen Tyriotes nebest den unsern (welche etliche / wiewol geringe Wunden bekommen hatte) fleissig verbinden / setzeten ihren Weg fort / und merketen unterschiedliche Räuber Schaar auff der folgenden Reise / welche aber / umb daß sie zu schwach waren / nicht ansetzen durfftẽ.

Der verwundete Kleon ward von Fr. Statiren fleissig gewartet / die sich gegen ihn hefftig verliebet befand / daher sie ihn täglich besuchete und tröstete /daß sie willens währe / ihn vor ihren Diener anzunehmen; ja sie scheuhete sich nicht / der Verbindung selbst beyzuwohnen / und seines Leibes Gestalt zubesichtigen / wodurch sie je mehr und mehr zu unzimlichen Begierden gereizet ward / welche sie / da er wieder gehen kunte / ihm nicht lange verbergen wolte /sondern unverschämter weise andeutete / sie hätte eine sonderliche Zuneigung zu ihm / weil sie aus seiner Tapfferkeit und guter Leibesgestalt leicht urteilete / daß er nicht von Knechtischen Eltern / sondern von gutem Adel müste entsprossen seyn. Dieser Anmuhtung ward sein Gemüht verworrener / als alles übrigen Unglüks / wolte auch solche Reden nicht verstehen / sondern als hätte sie etwa von ehrlicher Huld und Gnade geredet / gab er demühtig zur Antwort: Er bedankete sich der hohen Gnade / die er nicht verdienen könte / mit Bitte / in derselben beharlich zuverbleiben; Er hingegen wolte in allen Ehrendiensten sich allemal als ihren bereitwilligstẽ Knecht finden lassen; welches sie aber seiner Einfalt zuschrieb. Zween Tage nach seiner völligen Gesundheit empfing Nabarzanes Schreiben von seinem Fürsten Gobares /zu ihm zukommen / dahin er seinen neuen Diener Kleon mitzunehmen willens wahr; weil aber sein Gemahl es nicht zugeben wolte / einwendend / dz der Fürst ihm allemahl seine besten Diener abspänstigte /ließ er ihn daheim / mit Befehl / seinem Gemahl in allem volkommenen Gehorsam zuleisten; Dieser währe ungleich lieber mitgereiset / sahe aber / daß die Frau es verhinderte / dessen Ursach ihm so gar unbewust nicht wahr; wie sie dann überdas ihm solches noch desselbigen Tages nach seines Herrn Abschied so viel klärer zuverstehen gab / da sie ungescheuhet zu ihm sagete: Mein geliebter Kleon / als Bruder / ihr habt meine herzliche Gewogenheit vor weniger Zeit von mir verstanden / welche sieder dem sich nicht gemindert / sondern größlich gemehret hat; und warumb solte ichs euch viel mit verblümter Rede vortragen? Meine Meynung ist / daß ihr meiner Hulde / als eines geliebeten und ergebenen Buhlen sollet mächtig seyn; könnet euch demnach wol rühmen / daß wegen eurer guten Gestalt / Sitten und Tapfferkeit ich euch dasselbe anbiete / was grosse Herren mit trefflichen Geschenken vergeblich gesucht haben. Kleon sahe des Weibes unverschämte Kühnheit / wuste nicht / was er ihr antworten solte / und sagete endlich: Gnädige Frau; mir zweifelt nicht / Eure Gn in Betrachtung ihres und meines Standes / ein solches nur zum Scherze reden / um mich zuprüfen / ob ich so kühn seyn /uñ meinem Gn. Herrn einige Schande an seinem allerliebsten Gemahl anzulegen mich dürffte gelüsten lassen / wovor mich aber die Götter schon behüten werden; bitte demnach untertähnig / dieselbe wolle[657] auff andere wege meine Träue zuerforschen ihr gnädig belieben lassen; Ich verspreche derselben bey meiner höchsten Pflicht / daß ungeachtet meiner Einfalt / ich wol gelehrt bin / mich dergestalt zuverhalten / daß ich mit keinem Gedanken begehren sol / was ihrer Gn. und meinem Gn. Herrn irgend kan verweißlich seyn; Weil dann Eure Gn. diese meine Erklärung wol vernommen / bitte ich untertähnig / bey meinem Gn. Herrn nicht allein mich bester massen zubefodern /sondern vor sich selbst meine Gn. Frau zuverbleiben. Diese gedachte añoch / er verstünde ihr anmuhten nicht recht / wolte ihn doch vor dißmahl weiter nicht ansträngẽ / sondern nur ihrer Liebe ihn zuversichern /sagte sie: Mein herzgeliebeter Freund / versehet euch zu mir aller redlichen Träue / und gedenket nicht / daß eine solche boßhaffte Falscheit in meinem Herzen wohne / dann verfluchet müste ich seyn / wann durch der Zungen Stellung ich euch Stricke legen / und bey meinem mir ohndas unangenehmẽ Gemahl euch Leibesgefahr erwecken wolte / sondern was ich rede / das meyne ich / dessen ich euch ein Schwesterliches Zeichen blicken lassen wil; worauff sie ihn freundlich umfing / und sich hoch verpflichtete / nimmermehr zuzugeben / daß ihm einige Widrigkeit begegnen solte / die sonst abzuwenden / in ihrer Macht stünde. Kleon wahr fast willens / ihr solches anmuhten mit dürren Worten abzuschlagen; weil er aber wuste / daß sie Herr im Hause wahr / widersprach er zwar nicht /und gab doch durch stilleschweigen gnug an den Tag / wie sehr ihm solches zuwider wahr. Hingegen legete sie es ihm vor eine Blödigkeit aus / aber zur Versicherung ihrer gewogenheit / muste er zu Abend mit ihr Mahlzeit haltẽ / ungeachtet alles vorgebrachten einwendens. Sie zechete zimlich mit ihm loß / und führete allerley Gespräch zur Liebesreitzung / wobey sie sich offt leichtfertig gnug blössete / biß sie ihm endlich zumuhtete / es währe zeit / sich an die ruhe zulegen / und weil sie allein zuschlaffen / gar zu furchtsam währe / solte er ihr allerliebester Schlaffgeselle seyn. Er aber wolte diesem Feur so nahe nicht kommen / und brachte zur Entschuldigung vor / es würde ihm solches von andern übel ausgelegt werdẽ /als die daher unzimliche Gedanken schöpffen könten /da er dann lieber unschuldig sterben / als hierzu ursach geben wolte; Jedoch ihrer grauenden Furchtsamkeit vorzukommen / währe er erböhtig / neben anderen seinen Mitknechten vor ihrem Gemache die ganze Nacht zuwachen. Ihr seyd gar zu einfältig / sagete sie / dann ihr höret ja / daß umb Liebe willen ich euch zu mir nehmen wil / und ihr wollet noch Schildwache dabey aussetzen? So kommet nun / und lasset uns gehen / die Freude zunehmen / welche Zeit und Glük selbst an die Hand gibt. Hiemit fassete sie ihn an /und wolte ihn mit sich in die Ka er führen; dessen er sich aber wegerte / und mit demühtigen Worten baht /solcher unzimlichen Gedanken müssig zugehen; Er währe ein armer Knecht / und müste ohn Gnade sterben / da ein solches von ihm auskähme; ja wann sie nach begangener Sünde sich eines bessern bedächte /würde sie ihn deswegen selbst aus dem Mittel räumen / und ihm tausendmahl feinder werden / als sie ihm anjetzo Gnade sehen liesse. Dieser abschlägigen Antwort meynete sie vor Liebe und Ungeduld zubersten /und sagete: O du undankbahrer / hältestu mich so unwert und verächtlich / da ich doch Macht und Gewalt über dein Tod und Leben habe? Sihe da / ich schwöre dir bey der geträuen aufrichtigen Liebe / so ich dir undankbahren angebohten / daß wo du mir nicht mit gutem Willen folgen / und ehe dann eine Viertelstunde vergehet / dich bey mir liebhaft einstellen wirst /du morgen solt ans Kreuz gehefftet / und durch die allergrausameste Pein hingerichtet werden.[658] Ging mit dem Worte von ihm in die näheste Kammer / entkleidete sich daselbst bey einem Liechte / und ließ die Tühr offen stehen. O währe ich nun noch in meiner ersten Dienstbarkeit / sagte Kleon bey ihm selber / wie gerne wolte ich den Ochsenstecken leiden / und mit Wasser und Brod vorlieb nehmen; besan sich ein wenig / und den gewissen schmerz-schmählichẽ Tod vor Augen sehend / sagete er als ein Heyde in seinem Herzen: Nun wirstu ja unvermeidlich gezwungen /böses zubegehen / und must zur Rettung deines Lebens das tuhn / was du nie bedacht gewesen bist vorzunehmen. Ging darauff hin in die Kammer / setzete sich vor ihr in die Knie / und sagte: Gn. Frau; ich bitte demühtig umb Gnade und Vergebung / daß dieselbe ich mit meinen Reden erzürnet habe / dann ich weiß auch diese Stunde noch nicht / ob ihre Gn. in Ernst und aus Liebe / oder nur zum Versuch mit mir geredet habe; Zwar wz solte ich höhers wünschen können / als die Liebe einer solchen vortreflichen schönen Frauen? weil aber in Ansehung meines Standes ich mir so grosses Glük nicht einbilden kan / bitte ich nochmahls untertähnig / mir ihre ernstliche Meynung gnädig erkennen zugeben. Als sie ihn nun dergestalt nach ihrem Willen reden hörete / richtete sie ihn auff / und nach freundlichem umfahen beteurete sie ihm äidlich / sie suchete nit sein Verderben / sondern aus inbrünstiger Liebe bezwungen / hätte sie ihm vertrauliche Freundschafft angebohten; löschete nachgehends dz Liecht aus / uñ nachdem er die Kleid abgelegt hatte / führte sie ihn mit sich zu Bette; nach welcher Wilfahrung er bey ihr in beharlicher Gunst verblieb / dañ sie nam ihr gänzlich vor / ihn ni ermehr von sich zulassen. Also muste er wider seinen Willen dieser Zirze als ein Ulysses 13 Wochen lang aufwarten / in Hofnung / es würde sich gelegenheit eräugen /davon zuko en / uñ seinẽ Ladisla nachzusetzen. Nach sieben Tagẽ kam Nabarzanes wieder zu hause /grüssete sein Gemahl des Fürsten wegen freundlich /und daß er nach Verlauff IX Tage bey ihr seyn würde. Sie bedankete sich dessen / und hieß ihn mit süssen Worten wilko en seyn / welches sonst ihre Gewohnheit nicht wahr / rühmete auch den neuen Diener Kleon / wie er in Bereitung seiner Pferde so trefflichen Fleiß angewendet / und in dieser kurzen Zeit sie hübsch abgerichtet hätte; Sie hätte vorlängst gerne einen solchen Diener haben wollen / und weil sie ihn nunmehr nach Wunsch überkommen / gedächte sie ihn zeit ihres Lebens nit zuübergeben; so hielte er auch seine beyden Söhne / ihre Stief Kinder in feinem gelinden Zwange / und brächte ihnen alles mit Lust bey; daß nun der gute Kleon in diesem Fleisse möchte erhalten werden / solte er ihn frey lassen / jedoch daß er zuvor einen äid leistete / ohn Urlaub nicht wegzuscheiden. Nabarzanes ließ ihn vor sich fodern / taht nicht desgleichen / ob hätte er von seinem Gemahl dieses vernommen / sondern fragete ihn / ob er seinem befehl nachgelebet / und in schuldigem Gehorsam seinem Gemahl auffgewartet hätte; Und als er zur Antwort gab / er hoffete nach seinem Vermögen getahn zuhaben; fing sie von neuen an / ihn in seiner Gegenwart zurühmen; daran Nabarzanes grosses gefallen trug / nebest dem ernstlichen Geboht / er solte seiner Schuldigkeit weiter also nachkommen; dann wo sein Gemahl in einiger Sache über ihn klagen würde / solte er an ihm einen ungnädigen Herrn haben. Kleon lachete des geduldigen Tropfes / und erboht sich zu aller Mögligkeit. Daran erfüllestu meinen Willen /sagte sein Herr / und weil ich willens bin / dich ihr zum Diener zuůbergeben / wil ich dich von Knechtischer Leibeigenschafft frey lassen / doch daß du mir äidlich angelobest / ohn Vorsatz des ausreissens bey mir zuverbleiben. Dieser wahr nicht willens /[659] sich dergestalt zuverbinden / und gab zur Antwort: Gn. Herr / da ihre Gn. einiges Mißtrauen in mich setzen /warumb wollen die mich dann frey geben? den äid zu leisten / würde ich mich nicht wegern / aber was ist Euer Gn. damit geholffen? Wer zum Buben werden wil / achtet geschwornen äid gar wenig; so habe ich überdas solche Freyheit / daß ich grössere nicht begehre noch begehren kan. Ich wil aber nicht zugeben /sagte Fr. Statira / daß ihr länger in knechtischer Dienstbarkeit / sondern forthin als ein Freyer leben sollet / wie ihr in dieser kurzen Zeit es wol verdienet habet / und noch in künfftig besser verdienen werdet. Also sprach ihn Nabarzanes frey / und sie ließ ihm ein schönes Scharlaken Kleid hohlen / welches sie ihm hatte machen lassen / da er nicht viel geringer als sein Herr selbst / auffgezogen kam / da sie ihm überdas einen Leibdiener hielt. Sie trieb aber ihre Bulerey so unbesonnen / daß Nabarzanes handgreiflich spürete /es ginge nicht allerdinge recht zu / durffte sie doch darůber nicht zu rede stellen / weil er ihr schon die Freyheit gegeben hatte / mit Fürst Gobares solche unzulässige Freundschafft zuhalten; dannoch verdroß ihn / daß sein Knecht mit ihm in ehelicher Gemeinschafft sitzen solte / daher ward er zu rahte / ihn zubeurlauben / foderte ihn vor sich / und sagete: Kleon / deine Dienste gefallen mir nicht alle mahl /und gibt mir zimlichen Verdacht / daß du so wol gehalten bist; so habe ich mich nun berahten / dich meiner Dienste zuerlassen / daß du nach belieben einen andern Herrn / oder vorige Freyheit suchest. Niemand wahr hierzu lieber als Kleon; dann vorerst wahr er der gezwungenen unbillichẽ Liebe von herzen überdrüssig; vors ander begehrete er nichts mehr / als die Freyheit zu haben / seinen liebsten Ladisla und Herkules zusuchen; und gab ihm diese Antwort: Gnädiger Herr / ich bedanke mich untertähnig vor diese Gnade / nebest dienstlicher Bitte / mir bey seinem Gemahl gleichmässige Beurlaubung zuerlangen; hat aber mein Herr irgend einen Verdacht auff mich / trägt er selber schuld daran / nachdem er mir bey verlust seiner Hulde gebohten / seinem Gemahl in allem zugehorchen / welches ich leisten / oder der Straffte von beyden gewärtig seyn muß; hoffe gleichwol nicht / daß er gar zu ungleiche Gedanken haben werde. Solche Meynung hat es nicht / sagte er / nur du hast meinen endlichen Willen verstanden. Ja / antwortete Kleon / dem wil ich alsbald und von herzen gerne nachkommen /da mirs nur so gut werden kan / welches bey meiner Gn. Frauen mir zuerlangen / ihr alles euer Vermögen anzuwenden habt. Ging darauf in den Stall / fattelte sein Pferd / legte die Waffen an / und machete sich fertig / als einer / der stündlich reisen wil; wiewol ihm gnug bewust wahr / daß nichts draus werden würde. Die Frau sahe ihn im Harnische daher treten / und das Pferd bey dem Zügel führen / fragete ihn auch mit Bestürzung / was dieses bedeutete. Mein Gn. Herr / sagete er / hat mir den Dienst aufgekündiget / und daß ich bey Soñenschein sein Schloß räumen solle; weil ich dann wider dessen Willen nicht länger bleiben darff / uñ er mir nichts zuverzehren gegeben / bitte Eure Gn. ich untertähnig umb etwz nöhtiger Reisekosten / und daß dieselbe zuzeiten ihres Kleons eingedenke seyn wolle. Sie lachete des vorbringens / ihn fragend / wz vor Lust ihm dieser kurzweilige Aufzug gäbe. Als er aber beständig dabey verblieb / nebest Erinnerung / er fürchtete sehr / sein Herr hätte ihres Liebetuhns wahr genommen / und dürffte ihm wol gar nach Leib und Leben stehen / daher ers vor ein Glük rechnete / daß er also davon kähme / auch daneben baht / sie möchte an seinem Tode nit ursach seyn / er hoffete gelegenheit zuhaben / ihr hernähst besser und länger zudienen; Da erzürnete[660] sie sich hefftig / und sagete: Was? hat euch der Esel beurlaubet? Lieber komt mit mir / ich wil ihn schon lehren meinen Freunden auffzudanken. Weil er nun wuste / daß er nicht kunte erlassen werden / und Lust hatte / dieses Spiel anzusehen / ging er mit ihr / da sie mit grimmigen Augen und zitternder Stimme den armen Nabarzanes also anfuhr: Du nichtswerter fauler Tropff / was hastu meinem lieben Diener auffzukündigen? Bald sage mirs / oder ich wil dir die Augen aus dem Kopfe kratzen. Der elende Mensch erschrak dessen so hart / daß er kein Wort sprechen kunte / da Kleon zu ihm sagete: Gn. Herr / verdenket mirs nicht / dañ ich bin willig / diese Stunde eurem Befehl nachzukommen. Was? sagete sie / soltet ihr davon reiten? ehe wolten wir diesen unnützen Hund die Steige hinunter werffen; uñ was nennet ihr ihn einen gnädigen Herrn? er ist ein unachtsamer Hudler. Aber / antwortestu mir nichts? sagete sie zu Nabarzanes: Warumb wiltu meinen liebesten Diener vertreiben? Tuht gemach Frau / tuht gemach / antwortete er; Es gebühret sich nicht / dz ein Weib den Diener mehr als den Herrn liebet; gehet in euch / wie viel Willen ich euch gegönnet habe / und noch gönne / wann es Zeit und Gelegenheit giebet /und beschimpfet mich nicht so hoch / daß ihr einen gefangenen Knecht zu lieben wählet; ich habe diese Zeit her gnug gespüret / aus was Ursachen ihr ihn bey meiner Wiederkunft so treflich rühmetet; daher sage ich nochmahl / bedenket euch eines bessern / und böses Gerüchte zuvermeiden / lasset ihn zihen / nachdem er von mir Abscheid bekommen hat. Als sie dieses hörete / schrihe sie Zeter und Mord über ihn / verstellete die Geberden dergestalt / daß Kleon ein Abscheuh davor hatte: O du meinäidiger Kerl / sagete sie / woltestu meinen Kleon / diesen ädlen und tapferen Kleon verachten / deßgleichen mir nie vorkommen ist / welcher dir dein Leben gerettet; ja / welcher mehr Vernunft und Geschikligkeit in seinem kleinen Finger / als du ungewaschener Flegel in deinem ganzen Leibe hast? Sihe da; nach dem dichs verdreust / daß ich etwas auf ihn halte / wil ich ihn erst lieben / uñ dir zu troz ihm alle Freundschafft erweisen. Er ist mein Diener; und wiltu es recht wissen? er ist mein Freund; und troz sey dir gebohten / daß du mir ihn beurlaubest. Damit wendete sie sich mit freundlichen Geberden hin zu Kleon und sagete: Mein lieber Freund / nicht kehreteuch an dieses losen Mannes Reden / ihr wisset daß ihr mein Diener seid / darumb sollet ihr hinfüro ihn nicht hören / wann er euch von Abscheid sagen würde. Weil sie dieses redete / machete sie sich an seinen Harnisch / gürtete ihm denselben ab / und in dem sie ihn umbfing / sagete sie: Ko et mein Freund / wir wollen uns an diesen nichtigẽ Holzbok nichts kehren. Nabarzanes seufzete hierüber sehr tieff / und sagete: Wann ihr dañ euren Kleon gar nicht lassen wollet / wil ich endlich zu frieden seyn / doch dz ihr ihn nicht mehr in meiner Gegenwart so lieblich umfahet / als jezt geschehen ist; und wollet ihr hierin mein nicht schonen so schonet. Des Fürsten wolte er sagen: Aber sie fiel ihm in die Rede; wessen solte ich schonen? wollet ihr ungleiche Gedanken aus meinem umbfahen nehmen? währe ich des Sinnes / ich würde in eurer Gegenwart mich schon wissen zu mässigen; Unsere Liebe bestehet auff Freundschaft / die mir kein Mensch nicht wehren sol noch kan. Wer wolte ein anders gedenken / antwortete der verzagete Tropff / nach dem eure Redligkeit mir viel zu wol bekant ist; nur rede ich solches aus guter Meinung / damit nicht andere ein mehres argwohnen /als es an ihm selber ist. Kleon lachete des geduldigen Menschen / und sagete: Mein Herr / ihr habt gar ein[661] blödes Gehirn / und könte ich eine Sache nicht besser außführen / würde ichs nicht anfangen; doch werde ich hernähst meines freien Willens Leben / weil ihr mir eins vor alles aufgedanket habet. Die Frau hatte nun was sie suchete / und gab ihrem Nabarzanes zur Antwort: Mit eurem lezten Erbieten wil ich zu frieden seyn / doch sol Kleon nach diesem nicht mehr als ein Diener auffwarten / sondern als ein guter Freund mit uns stets zu Tische gehen. Der elende Mensch wahr mit allem friedlich / und rechnete es vor ein Glük /daß er nicht gar außgeschlossen ward.

Auff die angesetzete Zeit stellete Fürst Gobares sich ein / welches Statira vordißmahl lieber hätte gelassen sehen / da Kleon bey der Mahlzeit in guter Höffligkeit auffwartete / daß der Fürst ihm besondere Gnade zulegete. Nabarzanes hatte sein Gemahl aus dieses Fürsten Frauenzimmer geheyrahtet / ungeachtet der Fürst schon etliche Jahr ihrer gute Kundschafft gehabt / hatte sie ihm auch mit diesem außdrüklichen Vorbehalt außfolgen lassen / daß / so oft er zu ihm ko en würde / er seiner alten Liebe Freiheit haben möchte / welches dieser närrische Mensch / aus blinder Liebe eingangen wahr / und nachgehends nicht wiederruffen kunte. Der Fürst fragete ihn / was vor einen wolgeschaffenen Diener er hätte / welchen er vor nie bey ihm gesehen; worauff er antwortete: Er hätte vor etlichẽ wochen ihn in einem Flecken bekommen / währe durch Räuber Hände in Dienstbarkeit gerahten / und sonst der Geburt nach / adeliches herkommens aus Griechenland. Bald fragete ihn der Fürst von neuen Zeitungen; dem er so zubegegnen wuste / daß er sonderliches Wolgefallen daran hatte /und ihm alle Gnade versprach; welcher Gelegenheit sich Kleon bedienete / und dem Fürsten klagete / wie unbarmherzig er von seinem vorigen Herrn gehalten währe / baht auch untertähnigst / ihre Fürstl. Durchl. wolten in ihrem Lande gnädigst anordnen / daß ädelgebohrne Leibeigene / wegen ihres Adelstandes nicht schnöder als andere gehalten würden / wie ihm leider begegnet währe / daß er stets hätte müssen auff dem Brodte fressen / der Adelstand währe zu nirgend nütze / weil er sich nicht auff Handwerkelegete /daher man Vortel schaffen könte; welche Verschmähung ihm schmerzlicher als der Tod selbst / gewesen währe. Fr. Statira kam ihm hieselbst zu hülffe / und baht den Fürsten / solchen Schimpff zu eifern / als welcher dem ganzen Adel höchst verweißlich währe /und nicht auffhören würde / biß an einem und andern Adelfeinde eine ernstliche Straffe erginge. Der Fürst wahr ihr gerne zugefallen / und sagete zu Kleon: Ich möchte einen solchen Schelm / wie dein voriger Herr ist / wol sehen und reden hören; drum so nim meine Diener zu dir / und hohle ihn herüber; finde ich ihn dañ dieses Frevels schuldig / wil ich ihm eine recht wirdige Urtel sprechen / und ihn dir zum Leibeigenen schenken / damit du gnugsame Rache wieder ihn anstellen könnest. Kleon / welcher ohndz rachgierig wahr / erfreuete sich dessen höchlich / bedankete sich der grossen Gnade / und ritte mit IIX Fürstlichen Reutern nach dem Flecken / besetzete rings umbher das Hauß / als er seiner Anwesenheit verständiget wahr / und ging zu ihm in die Stube / gleich da er mit seinem Weibe Mahlzeit hielt / rieff seine Reuter auch herzu / und redete anfangs freundlich mit ihm / da er begehrete / er solte ihm und seiner Geselschaft vor gute bezahlung etliche leckere Speisen und den besten Wein aufftragen / dann er müste in diesem Hause auch einmahl gut Geschir machen / da er ehmahls so grosses Ungemach außgestanden hätte. Dem Weibe begunte Angst zu werden /[662] Orsillos aber / nach seiner Verwägenheit / fragete ihn / wer ihn so kühn gemacht hätte / ohn gebehtenes Urlaub in sein Hauß zutreten; weil er auch an seine lezten Dräuworte gedachte / redete er ihm hönisch zu: Ob er in so kurzer Zeit hätte Herr zu spielen / gelernet; er müste gemach fahren /und nicht über knechtes Stand sich erheben. Worüber Kleon von Zorn und Grim entbrante / und schier Hand an ihn gelegt hätte / zwang sich noch ein / und sagte zu ihm: O du boßhafter unbarmherziger Schelm / gedenkestu nicht / daß nach geendeten Dienst Jahren der Zahlungs-tag endlich herbey komt? Stelle dir nun vor Gedächtnis allen Frevel und Boßheit / so du mir angeleget hast / und schicke deine Haut / daß sie ein gleichmässiges anzunehmen sich nicht wegere: Band ihm damit die Hände auff den Rücken / und stellete ihm etliche unwürsche Maulschellen zu. Dieser ließ sich harter Dräuworte vernehmen / er solte den Hunden zur Speise vorgeworffen werden / daß mit einem freien Susianer dergestalt zuverfahren er sich unternehmen dürffte. Kleon kunte sich länger nit enthaltẽ sein Mühtlein an ihm zu kühlen / uñ sagete zu ihm: Was? darfstu mir noch dräuẽ? hohlete den Ochsenstecken von dem bekanten Orte / welchen er oft hatte verdäuen müssen / und striegelte ihn dergestalt / daß ihn dauchte / es könte sich zum anfange leiden / weil er sahe / daß ihm die Ohmacht nicht ferne wahr. Das Weib fing an Zeter und Gewalt zu ruffen / wolte auch zum Hause hinaus wischen / die Nachbarn zur Hülffe auffzumahnen / aber sie ward von einem Reuter mit harten Maulschellen hinter sich getrieben / und an eine Säule fest angebunden. So bald Orsillos sich etwas erhohlet hatte / fragete ihn Kleon / ob er annoch seine Reden nicht höher als des Sperlinges Zwitzern schätzete: Bekam aber keine Antwort / ohn daß er vorgab / das Blad würde sich bald wenden: Wovor ihm auffs neue etliche gute Streiche zu teile wurden. Nachgehends fragete Kleon nach seinem Kleinot / und welches er von Herrn Nabarzanes pfandsweise bekommen hätte. Dieser antwortete: Es währe dieses annoch in guter verwahrung und solte gegen Einlieferung der versprochenen Gelder sich schon finden /von mehrem wüste er nichts / als welches er ihm dazumahl geschenket / und er vor 10 Tagen verkauft /aber kaum 80 Kronen davor bekommen / weil es alles von falschen Steinen gewesen. O du Bube / sagete Kleon / hättestu deinem versprechen nach mich etwas gelinder gehalten / wolte ich dir nichts abfodern; aber deine grausame Unbarmherzigkeit hat dich dessen unwirdig gemacht. Rieff dem Haußgesinde / und begehrete zu wissen / ob ihr Herr die Kleinot verkaufft hätte; welche davon nichts zu sagen wusten / und muste der Haußknecht frische Ruhten herzuhohlen /seinem Herrn die Kleider abzihen / und ihn am ganzen Leibe zerhauen / biß er durch Schmerzen überwundẽ / sich erboht / alles herzulangen / dann es wahr noch unverkauft. Die Nachbarn höreten das elende Geschrey welches Orsillos bey der Geisselung trieb /und kahmen häuffig herzu / ihn zu erretten; Sie kenneten aber des Fürsten Reuter / und empfingen von ihnen Bericht / dz alles aus ihres Herrn Befehl erginge; worauff sie es geschehen liessen / weil sie ohndas ihm wenig gutes gönneten. Orsillos fragete Kleon ob er dann durch Unglük in seine Leibeigenschaft gefallen währe. Er aber gab zur Antwort / er würde solchen Außspruch von seinem Landes Fürsten selbst hören /uñ sich gefasset halten aller guttahten Vergeltung zu empfahen: Legete ihm einen Strik umb den Leib und schleppete ihn durch Koht und Lachen neben dem Pferde her / biß er ihn dem Fürsten darstellete / uñ also anfing: Durchleuchtigster[663] Fürst / Gnädigster Herr; hier sihet eure Durchl. dieses unbarmherzige Tihr / den abgesagten Feind aller ritterlichen Tugenden / welcher alle ädlen bloß darumb vernichtet / daß sie nicht so viel auff geizigen Vortel / als auff Ehre sehen / daher er dann schliessen darf / der Adel müsse zu grunde außgetilget werden / wo sonst ein redlicher Kauffmann sein Gewerbe mit Nuz treibẽ sol. Der Fürst gab Orsillos Freyheit / seine Verantwortung zutuhn; welcher darauff anfing sich zubeklagen / was gestalt dieser sein ehemahliger Leibeigener ihn einen freien Susianer in seinen eigenen vier Pfälen überfallen / geprügelt / mit Ruhten zerhauen / gefesselt / und als ein unvernünfftiges Vieh neben sich hergeschleppet; zweiffelte nicht / seine Fürstl. Durchl. würde solchen unerhöreten Frevel ungerochen nit lassen hingehen / nachdem er sich von Jugend auff als ein geträuer Untertahn erzeiget / und seinen Schoß / Dienste / und andere Unpflichte allemahl gebührlich abgetragen hätte. Fürst Gobares erinnerte ihn / er müste vor solcher Klage zuvor auff die Beschuldigung antworten /alsdann solte er zur Gnüge gehöret werden: Weil er sich aber schuldig wuste / und von seinen eigenen Leuten leicht hätte können überzeuget werden / baht er umb Gnade / zur Entschuldigung anführend / er möchte etwa aus Eifer ein Wort zu milde geredet haben / wovor er seinem Gn. Fürsten mit einem Stük Geldes Abtrag machen wolte / uñ sich hernähst aller solcher Ungebühr gerne enthalten. Oho hastu keine bessere entschuldigung / sagte der Fürst / bistu aller Gnade unfähig: Sprach ihm darauff diese Urtel; Kleon / nachdem du diesem Buben so schwere Dienstbarkeit hast leisten müssen / ungeachtet du ihm so grosse Schenkungen getahn / sol er dir davor zum Leibeigenen geliefert seyn / deines gefallens mit ihm zu schalten. Kleon nam den Außspruch mit untertähnigem Danke an / ließ seinem Leibeigenen eine starke Kette anlegen / und setzete ihm eben so viel Tagewerk / in seines Herrn Mahrstal und anderen unflätigen Orten zuverrichten / als er ihm hatte leisten müssen; weil er aber schon zimlich bey Jahren wahr / und seiner Glieder nicht so mächtig als Kleon / kunte er die gesetzete Arbeit nicht außführen / daher ihm allemahl vor Abends der Ochsenstecken mitgeteilet ward / daß er ihm endlich vornam / mit Kleon zuhandeln / ob er sich vor ein gewisses Geld loßkäuffen könte; aber er ward wegen des zumuhtens mit gleich solchen Worten uñ Schlägen empfangen / als Kleon ehmahl / da er um verkauffung seiner / anhielt / daß er nur stets des Todes begehrete. Diese Tage lebete Fr. Statira mit Fürst Gobares nach ihrer alten Gewohnheit / wie wol mehr aus Zwang als gutem Willen / dann sie hing so gar an ihrem Kleon / daß sie keines anderen neben ihn achtete; weil sie es aber nicht endern kunte / hielt sie ihr Wesen sehr geheim / daß Kleon dessen nicht innen werden möchte; welcher aber so einfältig nicht wahr /daß er diesen Braten nicht zeitig gerochen hätte. Was solte er aber machen? er währe gerne davon gewesen; solte er nun außreissen / uñ man würde ihn in der Flucht wieder ertappen / müste er ohn Gnade eines abscheuhlichen todes sterben; so wahr er in einem fremden unbekanten Lande / wuste weder Wege noch Stege / hatte auch keinen andern Menschen / der ihm davon Unterricht geben mögen / und welches das ärgeste wahr / gab Statira so genaue acht auff ihn / daß ihm unmöglich wahr / sich füglich und bewapnet von ihr loßzuwirken / dann sie hatte ihr Gesinde / welches auff alles sein Tuhn und lassen fleissig merken muste; ward also gezwungen / sich in sein Unglük zuschicken / biß ihm etwa Gelegenheit vorfallen würde / ohn sondere Gefahr davon zu streichen / und so[664] lange umher zu reiten / biß er etwas von Ladisla oder Herkules könte in erfahrung bringen / wornach ihn am allermeisten verlangete.

Zu Ekbatana muste sich Herkules auch wieder seinen Willen auffhalten / woselbst er von hohen und nidrigen sehr geliebet und geehret ward / bekam auch von dem GroßFürstẽ die Zusage / er wolte sich der Fräulein Erlösung als seiner leiblichen Tochter lassen angelegen seyn / weil sie von ihm / (wiewol auff ihre selbst eigene ansträngung) zu abwendung seiner Gefahr / dahin geliefert währe. Zween Tage nach seiner Ankunft hielt Pharnabazus bey dem GroßFürsten an /ein offenes freies Ritter-stechen außzuschreiben / daß man sehen möchte / was vor wehrhafte Ritter sich in seinem Lande fünden / deren man in künfftig sich zugebrauchen hätte / welches niemand so sehr als Herkules zuwieder wahr / und sich dessen doch nicht durfte merken lassen. Seine hefftige Liebe reizete ihn täglich zu der Reise nach Charas; so wiederriet man ihm daselbst die Eilfärtigkeit / dessen Ursach ihm unbewust wahr / und daher umb so viel destomehr sorge in seiner Seele empfand; weil er aber nicht wiedersprechen durfte / trieb er stark an / daß das bestimmete Rit erspiel auffs schleunigste möchte fortgesetzet werden / welches aber erst den 14 den Tag hernach seinen Anfangnam / damit es gleichwol durch die umbliegende Länder in etwas lautbar werden möchte /daher sich auch inwendig solcher Zeit die Ritterschaft daselbst in guter Anzahl einstellete. Herkules beschloß bey sich / nicht anders / als auff verstellete Weise bey dem Stechen zuerscheinen / und wahr ihm doch schwer / einigem Menschen mehr zu entdecken /daß er durch Mittel des Pulvers sich unbekant machen kunte. Des nähesten Tages vor dem Stechen baht Pharnabazus / er möchte im Rennen ihn zum Gesellen annehmen; er hätte noch fünff feste Medische Ritter /mit deren Beystand und Hülffe er die übrigen alle versuchen wolte. Dieser entschuldigte sich / er währe ein Fremdling / könte durch dieses Mittel ihm bey mannichem grossen Wiederwillen und Verfolgung zu wege bringen / auch gar zubekant hiedurch werden / welches seinem Vorhaben sehr schädlich seyn würde; umb dieser Ursach willen hätte er ihm vorgeno en /dem Schimpffspiel nur zuzusehen. Nun hätte die GroßFürstin ihrem lieben Bruder gerne eine sonderliche Ehre gegönnet / wahr deßwegen auff ein Mittel bedacht / wodurch Herkules mit-stechen / und doch unbekant bleiben möchte / und sagete zu ihm: Da eure Liebe mir zur Freundschafft mit Rennen wolte / währe ich gesonnen / dem Frauenzimmer durch dero Tapfferkeit eine sonderliche Ehre zu erwerben / im falle dieselbe unbeschweret seyn könte / in Gestalt und Kleidung einer Amazonin auff der Steche-Bahn zuerschemen. Er antwortete mit lächelndem Munde: Euer Durchl. Vortrag währe so uneben nicht / aber woher nehmen wir in der Eile die Amazonischen Waffen und Kleider? Fehlet es sonsten an nichts sagte sie / könte mein Gemahl eine zimliche Schaar Amazoninnen außrüsten / und ich die behörigen Kleider schaffen. So bin ihrer Durchl. ich allemahl bereitwilligster Knecht / antwortete er: Und ist dieses der geringste Gehorsam / welchen euer Durchl. ich schuldig bin /nur daß von meiner hochwerten Fräulein Barsenen ich sehr freundlich bitte / sie wolle mir erläube% / ihren Nahmen zu führen; ihre Durchl. aber gnädig einwilligen / daß ich nicht steche / als unter der Bedingung /daß wer durch mein Speer gefellet wird / sich zu euer Durchl. verfüge / und von derselben drey Befehl empfahe / welche zuleisten / er bey ritterlichen Ehren sol gehalten seyn. Der Ehre bin ich nicht fähig / sagte[665] die GroßFürstin: So ist auch ohnzweiffel mein Nahme zu unwirdig / sagte das Fräulein / daß er von meinem Gn. Fürsten geführet werde. Er hingegen erboht sich alle Mühe anzuwenden / daß dieser Nahme unbeschimpfet bliebe. Darauff gingen sie mit einander nach der Rustkammer / und nahmen zierliche Amazonische Waffen heraus / auch einen vergüldeten / und mit ädlen Steinen außgeziereten Bogen / neben einen helffenbeinen Köcher mit vergüldeten Pfeilen / die ihm ein Jüngling in Amazonischer Kleidung nachführen solte. Der Helm wahr oben etwas zugespitzet /und zu oberst ein fligender Drache mit auffgesperretem Rachen. Der Rock / welchen die GroßFürstin herzu brachte / wahr ein trefliches Güldenstük / Leibfarbe durchscheinend / welcher nach Amazonischer Art nur etwas über die Knie reichete.

Ladisla gelangete vier Wochen nach gehaltenem herben Kampffe wieder Hages / in einer Stad an / woselbst er in einer Herberge zwölf Medische Ritter antraff / die er freundlich grüssete und von ihnen hinwiederumb höflich empfangen ward / vernam auch bey der Mahlzeit / daß ein eilfertiger Post Reuter vermeldet hätte / es würde zu Ekbatana ein ritterliches Stechen gehaltẽ werden / dahin sie zuzihen willens währen. Er beredete sich kürzlich mit Leches in Geselschaft dieser Ritter fortzureisen / weil er nicht besser / als durch solche Gelegenheit von Herkules und seiner Fräulein Schwester / auch wol gar von Fabius Zeitung erfahren könte. Weil dann Leches ohn daß bey solchen Ritterspielen sich gerne finden ließ / riht er fleissig mit zu / nur daß er fragete / wie sie es mit ihrem verwundeten Tyriotes machen wolten / der am Fieber hart darnieder läge. Der muß uns nicht hinderlich seyn / sagte Ladisla / kan er dann nicht mit reiten / so lasse er sich heilen / und folge nach. Auff solchen gefasseten Schluß redete er die Versamleten also an: Ich vernehme gerne / daß eure Tapfferkeit euch anstränget / auff angesetzetem Stechen / Ruhm und Ehre zu suchen; ob nun zwar meine Häuptreise eigentlich dahin nicht gerichtet ist / sol mir doch dieser Umbschweiff nicht verdrißlich seyn / dafern meinen Herren es nicht mißfällig ist / mich und meinen Gefärten in ihre Geselschafft auffzunehmen / da wir dann alle Gefahr der Reise mit ihnen gemein haben / uñ unser Leben neben das ihre zu algemeinem Schutze hinstellen wollen. Der ansehnlichste unter ihnen antwortete: Sie lägen zu dem Ende alhier stille / daß sie gute Geselschafft antreffen möchten / weil ohn zweiffel das außgeschriebene Ritterspiel die Strassen unsicher machen dürfte; wünscheten demnach / daß ihre Schaar fünffmahl stärcker währe / und sie desto sicherer durchgehen könten. Boßhaffte Räuber / sagte Ladisla / sollen uns wol ungeschändet lassen / wann wir uns mit allerhand Gewehr versehen / und unsere Diener mit Geschoß außrüsten; so wollẽ wir gute feste Speere neben den Schwertern führen / und unter der Götter begleitung Morgen früh auffbrechen / vielleicht mehrer sich unser Hauffe auff dem Wege mehr als wir gedenken. Er befahl dem Wirte alsbald / nach allerhand gutem Gewehr zu schicken / welches er aus seinem Beutel bezahlete / daß ihrer schon 30 bewehrter Mann wahren: Durch welchen kühnen Vorschlag und angewendete Kosten er erlangete / daß sie ihn einhellig zum Hauptmann auffworffen / dessen er sich zwar wegerte / aber doch endlich annehmen muste /wiewol er diese Bedingung hinzu setzete / das mit solchem Amte sie täglich umbwechseln wolten. Hernach fragete er den Wund Arzt / ob Tyriotes zum reiten düchtig währe; uñ als er ein wiedriges vernam /ließ er[666] ihm durch Mardus andeuten / er solte sein wol pflegen / und so bald möglich / nach Ekbatana folgen / zu dessen behuef er ihm 300 Kronen einreichete; welcher daher sehr traurig ward / und untertähnig baht / ihn nicht zurücke zulassen; es währe mißlich / ohn starke Geselschafft durchzukommen; so befünde er sich / daß er des reitens ungemach hoffete zuertragen /wolte doch lieber auff der Reise sterben / als von seinem Gn. Herrn geschieden seyn. Ladisla verwunderte sich dieser Träue / und ließ einen sanfften Wagen kauffen / auf welchem der Kranke solte mitgeführet werden; nam noch desselbigen Abends von seiner vorigen Geselschafft Abscheid / und bedankete sich ihres guten Schutzes. Des folgenden Morgens nam diese ritterliche Schaar den nähesten Weg auff Ekbatana vor sich / und kam Ladisla der Wagen wol zu statten / auff welchem er seine Gelder und Kleinot füglich mit fort bringen kunte. Auff der Reise begegneten ihnen unterschiedliche Räuber Schaaren / die mannichen Anfall wageten / so hatten sie auch zuzeiten Gefahr von wilden Tihren / aber weil ihr Hauffe sich täglich mehrete / und sie unter unsers Helden vorsichtiger Anordnung sich fleissig hüteten / gingen sie allenthalben sicher durch. Als sie noch anderthalbe Tagereisen nach Ekbatana hatten / und sie über LX bewehreter Mann stark wahren / stieß von der linken Seite her ein Hauffe von XXX teils geharnischten /teils gepanzerten Reutern auf sie / vorgebend / sie wolten nach Ekbatana auff das Ritterspiel / und hätten Lust / in ihrer Geselschafft fortzugehen; welches Ladisla etwas verdächtig vorkam / weil sie mehr auff Räuber- als Ritter-Art gewapnet wahren / hielt demnach mit seinen Leuten eine kurze Unterredung / uñ nach gemachtem Schlusse zeigete er ihnen an / sie wolten ihnen zwar nicht wehren / mit fortzureisen /aber umb Verdacht zumeiden / würden sie in einem absonderlichen Hauffen allein reiten / und ihr Seitengewehr / biß eine Meile an Ekbatana von sich geben /alsdann solte ihnen Schutz vor allen Anfall gehalten werden. Diesen wahr solches ungelegen / stelleten sich doch demütig / und gaben vor / sie wolten zwar ihnen hierin gerne gehorsamen / aber vorerst würde es ihnen schimpflich seyn / wehrloß zureiten; hernach kähme es offt / daß man unversehens angegriffen würde / und man alsdann das Gewehr zuspät suchete. Weil nun solche Entschuldigung einen Schein hatte /und man ihnen doch wenig trauete / muste Leches mit 26 Geharnischten sie ganz enge zwischen sich nehmen / und mit ihnen hinter dem ganzen Hauffen herzihen / so daß sie keinen Raum zur Gegenwehr haben kunten. Als sie etwa eine halbe Meile fortgeritten wahren / kam ein grosser Hauffe in die LII stark von derselben Seite herzu gerennet / schicketen einen Reuter ab / und begehreten zuwissen / was vor Leute sie währen / wohin sie gedächten / und warumb man ihre Gesellen als gefangene eingeschlossen hielte / welche ihnen doch kein Leid angetahn hätten. Ladisla selbst gab ihm zur Antwort: Die erste und andere Frage zubeantworten / hielte man vor unnöhtig; das übrige geschähe nicht / jemand zubeleidigen / sondern sich selbst zuversichern; drumb solte er hinreiten / und alsbald anzeigen / wessen man sich zu denen / so ihn abgesand / zuversehen hätte / alsdann solte ihnen bessere Erklärung mitgeteilet werden. Die XXX eingeschlossene begunten gelegenheit zu suchen / sich loßzumachen / aber Leches zeigete ihnen an / dafern sie nicht alsbald ihr Gewehr willig von sich geben würden / solten sie als Feinde gehandelt werden / weil die Anfoderung schon übrig gnug meldete / was vor Leute sie wären. Diese hingegen fingen alsbald ein wüstes Geschrey an / und drungen mit ganzer Macht nach der linken zu / sich loßzumachen / welches[667] ihre Gesellen ersehend / ohn weitere Worthandelung zun Schwertern und Streit Axten griffen / in Meynung /Leches Hauffen zuüberfallen / und den ihren Lufft zumachen; aber Ladisla setzete mit XII Speer Rittern auff sie hinein / erlegten im ersten Treffen XIII Räuber / und braucheten bald hernach ihre Schwerter redlich; Die Bogen Schützen an unser seite feyreten auch nicht / und tahten den Feinden zimlichen Abbruch. Die eingeschlossene fühleten auch schon Leches und der seinen harte Schläge / welche beydes Roß und Reuter in solcher enge nidermachten / daß ihrer kein einziger übrig blieb; worauff er Ladisla entsetzete / so daß nach verlauff einer Stunde die ganze Räuber Schaar LXXXII Mann gestrecket lagen / bey denen die unsern an Baarschafft und Kleinoten vier Tonnen Schatz fundẽ / woran aber weder Ladisla noch Leches anteil haben wolten / denen die andern / wegen ihres Ritterlichen verhaltens / überaus grosse Ehr antahten /nicht anders / als währens ihre gebietende Herren gewesen. Nach diesem Treffen gingen sie unangefochten fort / und hielten des folgenden Tages zimlich spät ihren Einzug zu Ekbatana / da sie sich in unterschiedliche Herbergen verteileten. Ladisla wählete sechs Ritter aus dem Hauffen / deren Streitbarkeit er in der Räuber Schlacht angemerket hatte / und baht sie / mit ihm auff seine Kosten eine enge Geselschafft zumachen / weil er willens währe / sich selb achte zustellen / und aller anwesenden zuerwarten; legte sich mit ihnen in eine absonderliche Herberge / ließ acht blanke Harnische mit eingeschmelzetem gülden Blumwerk / und sechs starke Rappen bringen / damit er sie versahe; Ihre Pferdedecken waren schneeweiß mit güldenem Blumwerk / ausgenommen die seine war mit köstlichen Perlen gezieret / uñ sein Pferdezeug glänzete von ädlen Steinen / daß sie sich verwunderten /woher diesem Ritter in der fremde so grosse Schåtze kähmen. Auff dem Helm führete er einen güldenen Löuen / welcher in der rechten Tatzen ein Schwert / in der linken ein Schildlein hielt / mit diesen eingegrabenen Worten: Fratrem quæro & Sororem. Ich suche den Bruder und die Schwester. Im Schilde war nach künstlicher Arbeit ein gedoppelter heller Strahl gemahlet / und ein Schatten davor gezogen / mit dieser überschrifft: Ubi lates, mundi decus? Wo liegst du verborgen / du Zier der Welt? Herkules und Pharnabazus liessen an der Zubereitung auch nichts ermangeln /nahmen sechs Ritter in ihre Geselschaft / und erwarteten des Tages / da indessen der GroßFürst alles zu diesem Ritter Spiel nöhtig / anordnen ließ. Der Renneplatz wahr ein Halbviertel Meilichen von der Stand / und die Steche Bahn so weit / daß zehne neben einander Raum gnug zustechen hatten. Die Schau Bühne umher so groß / daß etliche tausend Menschen darauff sitzen und stehen kunten. Des GroßFürsten und seiner Gemahl Königliche Stüle / wahren über andere inetwz erhaben; allernähest saß Arbianes (dem das Stechen von seinem Vater noch nicht wolte erlaubet werden) /und Herr Mazeus neben andern Medischen Herren; Vor ihnen her / etwas niedriger / sassen Fr. Roxane /Frl. Barsene und etliche andere Herren-Standes / und hatten einen zimlichen hauffen des adelichen Frauenzimmers bey sich. Es versamlete sich eine treffliche Anzahl Ritter / von Inwohnern und Ausländischen /welche zierlich auffgezogen kahmen. Herkules / als eine Amazonische Heldin / und Pharnabazus / mit ihrer Geselschafft / wahren die ersten / und erschienen in ansehnlicher Rüstung. Herkules Schild wahr vergüldet / auff welchem ein junger Löue an einer Ketten lag / zu dem ein grösser trat / ihn loßzumachen / mit dieser Umschrifft: VOLENTE DEO. Nach Gottes willen.[668] Die Pferde Decke wahr röhtlich / mit Perlen gesticket / über welcher sich der Amazonische Rok etwas ausbreitete; und daß er ja vor ein Weibesbild möchte angesehen seyn / ritte ein zierlicher Knabe in Amazonischer Kleidung / mit Pfeil und Bogen hinter ihm her. Auff der Bahn nam er mit seiner Geselschafft einen Ort gegen Osten ein / daß er den Großfürsten stets im Gesichte hatte. Ihm folgeten etliche Medische und Assyrische Ritter / Herren-Standes bey die zwanzig. Darauff ließ sich Ladisla mit seinen Gefärten sehen / die in oberwähneter gleichmässigen Rüstung hinter ihm her ritten / welches ein feines ansehen gab /dz jederman die Augen auff ihn warff / und ihn gerne unter dem Gesichte gesehen hätte / welches er mit fleiß unter dem Helme verdecket hielt / weil er ohngefehr diesen Morgen erfahrẽ hatte / daß Pharnabazus zugegen währe / und mit stechen würde / da er dann zweifelte / ob es raht währe / sich ihm zuerkennen zugeben. Herkules / der allernähest bey Pharnabazus hielt / sahe seinen liebsten Freund / den er nicht kennete / in die Schranken reiten / und sagte zu seinem Gesellen: Dieser wird gewißlich ein grosser Herr seyn / welches sein Auffzug ausweifet / zweifele nicht / da die Kraft den Geberden antwortet / werde er uns zuschaffen geben. So bald alle Gebräuche des Stechens gehalten / und die Gesetze abgelesen wahren / ritte Pharnabazus hervor / und mit einer zierlichen Ehrerbietung fing er an: Hochansehnliche Gestränge Ritter und Herren; demnach der Großmächtige GroßFürst der Meden / aus sonderlicher Beliebung zu der Ritterschafft / dieses Stechen angestellet / als hat diese gegenwärtige Durchleuchtige Amazonin / Frl. Barsene /welche ohngefehr bey uns angelanget ist / dieser übung beyzuwohnen sich gefallen lassen / doch mit diesem ausdrüklichen Vorbehalt / daß wer sie zur Erden fellen / und selbst ungefellet bleiben wird / von ihrer Gn. ein absonderliches Kleinot auff 12000 Kronen zum Preise von ihr bekommen; hingegen aber / da er von ihr Sattel-loß gemacht würde / er sich der Durchleuchtigsten GroßFürstin gegenwärtig / kniend darstellen / und von ihr drey Befehle annehmen sol /unter ritterlichen Ehren nach Vermögen zuleisten; solte aber jemand solches einzugehen bedenken tragen / bittet hochgedachte Amazonin / ihres Speers sich zuenthalten; und wil ich hiemit ansuchung tuhn /es wollen zween Ritter mit uns beyden den Anfang zumachen / sich gefallen lassen. Die Ritterschafft sahe einer auff den andern / meynetẽ anfangs / Ladisla / seinem ansehen nach / würde die Bahn einnehmen; weil er sich aber nicht bewägete / gaben sich zween Assyrische Ritter hervor / uñ ranten getrost auff die Anfoderer zu / aber die Amazonin legete den ihren alsbald zur Erdẽ / und trabete unbewäglich vorbey /welches Ladisla ersehend / zu Leches sagete: Ob ich zwar nicht gläube / daß diese verstellete Amazonin ein Weibsbild sey / so bin ich mir doch solches Rittes bey ihr nicht vermuhten gewesen. Pharnabazus traf mit seinem Gegenteil auch / und weil keiner gefellet wahr / wiederhohleten sie den Ritt / daß der Assyrer den Sattel räumen muste / wie hart er sich auch bemühete / den Fall zuverhüten. Der zuerst abgestossene schämete sich sehr / weil er vor einen festeren Ritter als sein Geselle / gehalten ward / bezeigete sich doch den vorgeschriebenen Satzungen gemäß / stieg auf die Schau Bühne / legete sich auff die Knie / und erwartete der GroßFürstin Befehl. Dieselbe aber hieß ihn auffstehen / und redete ihn also an: Mannfester ädler Ritter / weil der Durchleuchtigen Amazonin es also gefället / ist mein dreyfacher Befehl / daß ihr dem GroßFürsten / meinem Gemahl / auff begebenheit zu dienste; der Amazonin gewogen: uñ Ritterlichen Ehren stets zugetahn seyd[669] und verbleibet; und weil ihr der erste gewesen / der in diesem Spiel mit der unüberwindlichen Amazonin (dann davor wird sie gehalten) ein Treffen gewaget / sollet ihr diesen Ring (der auff 500 Kronen wert wahr) zu dessen Gedächtniß von mir annehmen. Dieser küssete ihr den Rockes Saum / und sagete: Er währe den dreyfachen gnädigsten Befehl ohndas schuldig zuleisten / und erboht sich / lieber zu sterben / als deren einen aus der acht zulassen; währe ich aber / sagte er / dieses Gnadengeschenkes mir vermuhten gewesen / würde ich mich selbst vom Pferde herunter geworffen haben / wañ es dieser tapfferen Amazonin wider mich gefehlet hätte. Inzwischen stelleten sich drey andere von Pharnabazus Geselschafft / denen drey begegneten / mit diesem Glücke / daß von den Ausfoderern einer / an der andern Seite zween abgeworffen wurdẽ. Die übrigen 3 hielten sich besser / und legeten im dritten Treffen ihre Gegener nider. Bald wahr Herkules und Pharnabazus wieder fertig / und stellete sich gar ein ansehnlicher Ritter gegen die Amazonin / ließ ihr doch durch einen Knaben andeuten / er nähme ihre vorgetragene Bedingung an / jedoch wann ihm auch die seine gewehret würde / daß auff den fall seines Sieges / sie bekennete / daß sein Schatz das schönste Fräulein in ganz Assyrien währe. Herkules lachete der Anmuhtung / und gab zur Antwort: Jüngling / sage deinem Herrn / ich kenne seinen Schatz nicht; ist sie aber so schön / wil ich auch auf den fall meines Sieges ihr diesen Preiß gerne lassen / daß er mir nur frisch begegne. Kehrete sich hernach zu Pharnabazus / und sagete: Dieser Ritter muß entweder mit dem Liebespfeil / wie ich; oder mit Hasen Schroht getroffen seyn /daher ich mich desto besser vorzusehen habe / daß ich vor ihm Schimpff-loß bleibe; mit welchem Worte er so eiferig auf ihn ansetzete / dz er ihn mit samt dem Pferde niderwarff / uñ alle anwesende sich der Kraft höchlich verwunderten / insonderheit Ladisla / der zu Leches sagete: Ich werde nicht unterlassen / es mit dieser vermummeten Amazonin zuwagen / Gott gebe /wer des andern Meister wird. Pharnabazus machete gleicher gestalt seinen Bestreiter die Erde küssen /und seine ganze Geselschafft legte zu diesem mahle Ehre ein / dessen er sich nicht wenig freuete. Herkules uñ sein Geselle stelleten sich zum dritten mahle /gleich da Ladisla loßzubrechen willens war / welcher aber alsbald einhielt / dann er wolte es mit der Amazonin nicht anlegen / biß er zuvor so mannichen Ritt gegen andere / als sie / getahn hätte. Es begunten schon etliche schimpflich gnug von ihm zureden / daß ers auch hörete / aber sich daran nicht kehrete / sondern wahr ihm liebe / daß ein trefflicher Ritter / von zween anderen begleitet / sich gegen die Amazonin stellete / mit dem sie ein gewaltiges Treffen hielt / daß sie beyderseits der Püffe wol empfunden / und doch unbewäglich sitzen blieben / da hingegen Pharnabazus seinen Mann niderlegete / sein Geselle aber abgestochen ward. Jene tahten den andern Ritt / und verlohr der fremde ein Stegreiff / welches ihn nicht wenig höhnete / spürete auch / daß sein Pferd zu leicht wahr / daher er ein stärkeres von einem andern Ritter nam /und gedachte dißmahl das äusserste zu versuchen. Herkules sagete zu Pharnabazus: Dieser ist in Warheit ein gewaltiger Ritter / und muß er oder ich zum dritten mahl unten liegen; stürmeten auch frisch und behutsam auff einander / und traff die Amazonin dergestalt / daß jenem die Sattelgurt zusprang / und er mit samt dem Sattel auff die Erde fiel. Nun / sagete Ladisla / diese Amazonin stehet nicht zutadeln / wie mirs auch mit ihr noch heut ergehen wird. Aber der abgestochene stund aus dem Sattel auff / voll Zorn und Unmuht des leidigen Falles halber / daß er offentlich sagete:[670] Und wann mein Diener solche schwache Gurt angelegt hätte / müste ers mit dem Leben büssen; schickete auch an die Amazonin / mit Bitte / ihm den vierden Ritt nicht zuversagen / weil nicht er / sondern der Sattel abgestochen währe. Herkules aber gab zur Antwort: Es wäre freylich die schwache Gurt des Falles ursach; weil aber das vierde Treffen beydes wider die abgelesene Satzungen / uñ wider seine gewohnheit wäre / bähte er / ihn dessen günstig biß auf morgen zuerlassen / weil er seine Tapfferkeit gnug hätte zuerkeñen gebẽ / und sich nit vor überwunden schätzen dürfte; womit er sich auch befriedigen ließ. Pharnabazus übrige fünffe hieltẽ sich abermal wol /dz nur einer den Sattel räumete; Worauff Ladisla uñ Leches mit einẽ zierlichen Pferdetu eln die Bahn einnamen / uñ nit wenig auf ihre festen Hengste sich verliessen. Er setzete sich gleich gegen die Amazonin /und wartete / ob sich jemand stellen würde / welches nit lange anstund / dañ eben sie selbst und Pharnabazus liessen sich finden; welches ihm doch noch zur Zeit ungelegen war / und seiner Ritter einẽ mit dieser Werbung an sie schickete: Mein Gn. Herr uñ sein Gefärte nähst anmeldung ihrer Dienste uñ Grusses / erfreuen sich / die Ehre zu haben / mit eurer Vortrefligkeit einen ritterlichen versuch zu tuhn; weil sie aber bißdaher geruhet / und hingegen eure Pferde sich hart bemühet haben / ist ihr bitliches suchen / ihnen die Ehre zu gönnen / deren sie schon genossen / damit sie auch zuvor mit dreyen andern sich versuchen mögen / hernach sind sie zu ihren pflichtschuldigen Diensten bereit und willig / welches Ansuchen / weil es der Billigkeit gemäß / sie umb so viel desto leichter zuerhalten hoffen. Pharnabazus / nach dem er zuvor der Amazonin Meinung vernommen / gab zur Antwort: Herr Ritter / wir bedanken uns wegen des übergebrachten Grusses von eurem ansehnlichen / uns unbekanten Herrn / ersetzen denselben mit gleichem / und geben ihrem Begehren billich stat / als wodurch sie ihre Herzhafftigkeit uns sehen lassen; sonsten wünschen wir ihnen / zubehauptung ihrer Ehren / Glük und Sieg. Hiemit ritten sie alsbald von der Bahn /welches ein grosses auffsehen gab / weil die wenigsten ihre Rede verstehen kunten; doch funden sich bald zween andere / die Lust hatten dieses treflich geputzeten Herrn Mannheit zuversuchen / kunten sich aber wegen des Gegenstechers nicht vergleichen /dann jeder wolte mit dem vornehmsten dieser kleinen Geselschaft es zu tuhn haben / biß sie Ladisla und Leches loßbrechen sahen / denen diese zwar verwägen gnug begegnetẽ / wurden aber so unsäuberlich empfangen / daß sie beyde über und über purzeltẽ / und der von Ladisla getroffene den linken Arm zubrach /da doch die unsern unbeweglich vorbey gingen. Der Anfang ist trauen gut sagete die Amazonin zu ihrem Gesellẽ. Es hatten aber schon zween andere die Bahn eingenommen / und gaben durch winken ihr Begehren zuverstehen / musten doch den vorigen gleich / einen unwilligen harten Sprung tuhn / daß ihnen das Gerippe knackete. Ein hochmuhiger Hirkaner fürchtete sich / Ladisla würde ihm an erwerbung des Preises hinderlich seyn / rieff seinen Gesellen zu sich / und begegnete ihm frisch / erhielt auch die Ehre / daß er vom ersten Stosse ungefellet blieb / aber der andere streckete ihn dergestalt langs auff der Erden aus / daß man ihn ohmächtig von der Bahn tragen muste / da Leches den seinen schon im ersten gange außgehoben hatte. Dieser gewaltige Ritter hat besser Glük und Ehre als wir / sagte die Amazonin zu Pharnabazus / weil jederman sich an ihm reiben wil / zweiffele auch nicht / er werde sich äusserst bemühen / den schon erworbenen Preiß zu handhaben / weil ich ihn noch nicht gesehen im Sattel wanken /[671] und mag sein Geselle auch wol vor einen guten Rittersmann bestehen. Nach diesem tahten drey von Ladisla Geselschafft ein Treffen / und behäupteten den Sieg; die übrigen drey aber wurden herunter gestossen. Worauff der / so von der Amazonin mit dem Sattel gefellet wahr / sich auff die Bahnstellete / es mit Ladisla zu wagen; dem solches nicht unangenehm wahr. Sie ranten mit guter Vorsichtigkeit wieder einander / und nach außgehaltenem Stosse gingen sie beyde unverrükt vorüber. Leches fand auch seinen Mann / der vom ersten Treffen sich nicht wolte beugen lassen. Ladisla gedachte bey sich: Werffe ich diesen nicht herunter / so sieget mir die Amazonin ob / dessen ich vor meinem Herkules mich schämen müste; nam ein starkes Speer zu sich / sprach seinem Pferde muhtig zu / und ging mit solchem Eifer auff seinen Mann / daß er ihn mit samt dem Pferde übern Hauffen rante / wiewol er des Gegenstosses wol empfand / und einen Stegreiff darüber verlohr. Daß ist ein treflicher Ritter / sagte Herkules / deßgleichen mir sehr wenig vorkommen sind; währe aber seyn Pferd nicht so stark und wol abgerichtet / hätte er ohn zweiffel dem andern im fallen Geselschaft leisten müssen. Der Gefellete taht einen unsanften Sprung /daß ihm die linke Huft verrenket ward / und von ihm selber nicht auffstehen kunte; welches Pharnabazus ersehend / hinritte / und zu ihm sagete: Treflicher Ritter / wie befindet ihr euch / wegen eures Pferdes Unträue? Herr antwortete er / ich habe keine Gefahr /ohn daß mir eine Huft ein wenig verrenket ist / wollet demnach die meinen kommen lassen / daß sie mich auff ein ander Pferd heben. Weil nun diese gleich verhanden wahren / ließ er sich von ihnen hinweg führẽ. Leches muste mit seinem Gegener den dritten Saz wagen / welcher ihm nach Willen glückete. Ihre sechs Gesellen stelleten sich zugleich auff die Bahn / und ungeachtet sie starke Gegenrenner hatten / erhielten sie doch die Uberwindung. Der GroßFürst hätte Ladisla gerne gekennet / und sagete zu seinem Gemahl: Dieser und unsere Amazonin werden einander etwas bieten / da sie sonst aneinander gerahten; so wird euer Liebe Bruder uñ jenes sein Geselle auch zu tuhn bekommen. Dieses hatte er kaum außgeredet / da schickete Ladisla einen Ritter an die Amazonin / mit dem Erbieten / da es ihr nun gefällig / könte sie sein zu einem Versuch bemächtiget seyn. Herkules gab zur Antwort: Es hätte seines Hn. Pferd sich gewaltig abgemattet möchte es zuvor ein halb Stündichen ruhen lassen / alsdann könten inzwischen andere sich der Bahn gebrauchen / und solte sein Herr ihn darauf zu Dienst und Willen haben. Ladisla verstund hieraus /das sie gleiche Hösligkeit gegen ihn gebrauchen wolte / und ließ sichs nicht mißfallen. Also ward die Zeit über zwar manniches / aber kein denkwürdiges Stechen verricht / ohn daß etliche vom Falle verletzet /und einer zu Tode gerennet ward / weil er das Genik abstürzete. Nach verlauff der gesetzeten Zeit tummelte Ladisla sein Pferd gar zierlich; die Amazonin taht nicht minder / und merketen alle Anwesende / daß diese beyden nunmehr umb den besten Dank stechen würden / wendeten auch ihre Augen nur auff dieselben hin / umb den Außgang zuerkennen. Leches stellete sich nähest bey Ladisla; Pharnabazus bey Herkules / so daß Herkules mit Leches / Ladisla mit Pharnabazus treffen muste / welches ihnen allerseits nicht unangenehm wahr. Im ersten Ritte wolte niemand wanken / im andern musten Leches und Pharnabazus sich an ihrer Pferde Mähne halten; im dritten befunden sich diese beyden auff der Erden / und stunden mit Scham und Zorn auff / insonderheit Leches / der sich fürchtete / er würde von[672] einem Weibesbilde abgesetzet sein. Herkules wahr wegen seines Gesellen Fall entrüstet / und nam vor / ihn / wo möglich / zu råchen. Ladisla stund in gleichen Gedanken / und setzeten mit solchen Kräften auffeinander / daß sie daumlich wurden / hielten doch solche unfreundliche Püffe aus / daß sie unbewäglich sitzen blieben / als währen sie im Sattel angenagelt. Die Zuseher verwunderten sich der grossen Mannheit / sonderlich / wie sie wähneten / bey einem Weibesbilde / daß die sitzenden alle auffstunden / des Stechens Ende und Außgang desto eigentlicher zuerkennen. Unsern Stechern aber wuchs das Herz durch ihrer Gegen-Kämpffer Tapfferkeit / und wahren froh / daß jeder seines gleichen angetroffen hatte / wageten den andern Saz / daß sie wegen der unsanften Stösse beyde hinter sich bogen / wiewol Ladisla etwas mehr als Herkules. Nach vollendetem Treffen sahen sie sich beyderseits um / und weil sie noch keinen Fall vermerketen /machten sie sich beyde die Rechnung des künftigen /nur daß jedem die Hoffnung überblieb / seinen Mañ mit zu fellen. Die Pferde schwitzeten / daß der Dampf von ihnen ging / insonderheit der Amazonin ihres / als welches das schwächeste wahr; noch muste es zum drittenmahl gewaget seyn; da sie dann nicht allein mit den Speeren / sondern mit Pferden und Leibern dergestalt aneinander gerieten / daß Mann und Roß übern Hauffen fiel / und die Ohmacht beyden nicht weit wahr. Leches uñ Pharnabazus erschraken des Unfals /und lieffen eilig hinzu / den ihren zu helffen. Ladisla Pferd ermunterte sich wieder / uñ stund auff von seinem Herrn / der sich Bügelloß gemacht hatte / und als ihm Leches den Helm abnam / daß er frischen Luft bekam / erhohlete er sich bald wieder. Pharnabazus hatte mit seinen Rittern mehr zu schaffen / das tode Pferd von Herkules abzuwalzen / rissen ihm auch den Helm ab / und vernahmen mit freuden / daß er ohn Schaden blieben wahr / da er sagete: Mich verlanget zu wissen / wer dieser trefliche Held sey / der mich Zeit meiner Ritterschaft zu allererst gefellet hat. Ladisla hingegen beklagete sich gegen Leches / daß er vielleicht von einem Weibesbilde müste nidergeleget seyn / und sinnete schon nach / wie er sie zum Schwertstreit bringen möchte; aber er ward dieser Gedanken bald entladen / dann Herkules hatte sein Angesicht schon erblicket / deßwegen er mit außgerecketen Armen hin zu ihm lieff / fiel ihm umb den Hals / und sagete: O du mein Herzliebster Bruder / warumb müssen wir uns so feindlich angreiffen? ist daß der Dank / welchen ich meinem geträuesten Freunde vor sein eiferiges Nachsuchen schuldig bin? Ladisla ward über seines Herkules unvermuhtlicher Gegenwart so voller freuden / daß er nie bey ihm selber wahr / küssete ihn etlichemahl und sagete: Verflucht sey das Amazonische Kleid / welches mich deiner Erkentnis beraubet hat; es würde mir sonst nicht gefehlet haben / deines Stechens Art in gedächtnis zu ruffen, aber mein werter Bruder / hastu auch Schaden genommen? Herkules fragete deßgleichen / und danketen Gott vor fristung ihrer Gesundheit. Leches machete sich auch zu Herkules / taht seinen Helm ab / setzete sich auff ein Knie / und baht untertähnigst umb verzeihung / das er sein Speer wieder ihre Durchl. gerichtet hätte: Ward aber von ihm auffgerichtet / und wilkommen geheissen / neben der Erinnerung / daß das verzeihung bitten ein überfluß währe. Weil diese mit einander redeten / entblössete Pharnabazus sein Häupt / uñ erzeigete Ladisla grosse Ehre / als einem Könige / indem er ihm nach tieffer Neigung die Hand küssete / und sich unglüklich schalt / ihre Hocheit nicht vor dem Reñen erkennet zu haben; hieß ihn sehr wilko en seyn / und sagete:[673] Er hätte nunmehr seinen Wunsch erreichet / wolte auch Ihrer Durchl. vielleicht zu allererst die gute Zeitung von dero Durchleuchtigsten Frl. Schwester bringen / dz sie wol auf / in guter Gesundheit und Ehren-sicherheit währe. Mein Herr und grosser Freund / antwortete er; mir kan höhere Glükseligkeit nicht zustossen / als diesen Tag geschehen ist / wollen daher der hartẽ Püffe vergessen /damit wir uns gegrüsset / weil es aus Unwissenheit ergangen / und bitte sehr / mich mit überflüssiger ganz ungenehmer Ehren-benennung günstig zuverschonen / weil ich mich dieser örter nicht anders als einen umschweiffenden Ritter erkenne; kehrete sich wieder nach seinem Herkules / kunte sich an seinem anschauen nicht ersåttigen / und sagete zu ihm: Mein Bruder; wir haben beyderseits unserer Paduanischen kurzen Ergezligkeit scharffe Besalzung in Griechenland eingenommen; aber sage mir / bitte ich; wahrestu nicht derselbe / der bey dem Feur mich vom Tode errettete? Ich wahr nicht weit davon / mein Bruder / antwortete er / aber bloß mein Heyland JEsus / dem ich dich in meinem täglichen Gebeht stets befehle / hat dein Leben dazumahl erhalten / sonst hättestu dem Tode nicht entgehen können / welches ich dir bey besserer gelegenheit erklären wil. So bin ich schuldig /sagete Ladisla / deinem kräfftigen JEsus / als meinem wahren Gott und Helffer von herzen davor zudanken. Kein angenehmer Wort hatte Herkules von einigen sterblichen Menschen jemahls gehöret / lachete auch vor freuden / und auff dreyfaches umfahen sagete er zu ihm: O mein Bruder / wie hoch erfreuestu mich durch dieses erbieten! Ist dein Herz von dem wahren Gott schon so weit gerühret / werde ich nun erst anfahen / dich meiner ganzen Liebe teilhafftig zumachen /welches dein hartnäckigter Unglaube mir bißher verbohten hat. Hatten nun die anwesende sich über ihren ernstlichen Kampff verwundert / befremdete sie die unversehene inniglichste Freundschafft vielmehr / und daß der fremde Herr von Pharnabazus so trefflich geehret ward; daß auch der GroßFürst selbst einen Knaben auf die Renn-Bahn schickete / umb zuvernehmen / was vor grosse Freude die Amazonin über den fremden Ritter hätte. Aber indem dieser hinging / sagete Fr. Roxane: Ich dürffte wetten / es sey der allerliebsten Fräulein Herr Bruder. O ja / antwortete er / kein ander ist es. Der Knabe brachte gleich den Bericht: Der fremde Herr hiesse Ladisla. So muß ich gestehen / sagte er darauff / daß nie vollkommenere Ritter Harnisch geführet haben; und sind / ungeachtet ihres hohen Standes wirdig / daß alle Welt sie ehre und liebe. Die stille aber unter der Ritterschafft wahr so groß / daß niemand auff ferneres Stechen gedachte; daher zum Abzuge geblasen ward / und erreichete das Spiel die Endschafft. Die Kleinot / welche den Uberwindern geordnet wahren / wurden hervor getragen /und erkenneten die Richter einhellig / die Amazonin uñ Ladisla hätten den ersten; der Ritter mit der verrenketen Hufft den andern; Pharnabazus und Leches den dritten Preiß verdienet. Weil aber unsere beyde Helden sich wegerten / den Dankzuempfahen / und der beschädigte / wie fast man nachfragete / sich nicht melden wolte / musten Pharnabazus und Leches den ersten; zween Medische Ritter / einer von Ladisla /der ander von Herkules Hauffen / den andern; Der Assyrer / so mit Herkules am ersten stach (weil er nach gehends sich tapffer hielt) und ein Parthischer Ritter /den dritten Dank annehmen. Nach dieser Austeilung kehrete ein jeder nach seiner Herberge / ohn daß der GroßFürst unsern Ladisla mit seiner ganzen Geselschafft auff das Schloß laden ließ / wovor er sich höchlich bedankete / stiegen ingesamt zu Pferde / und ritten[674] in zierlicher Ordnung nach der Stad / da Ladisla und Herkules im ersten; Pharnabazus und Leches im andern Gliede / und ihre zwölff Ritter vermenget hinten nach ritten / dañ der GroßFürst wahr mit seiner Geselschafft schon voran gezogen; Im vor der Platze aber des Schlosses empfingen sie Ladisla sehr freundlich / welcher dem GroßFürsten und Frauenzimmer den Handkuß umsonst anboht / uñ sich sehr bedankete wegen der seiner Frl. Schwester erwiesenen Gunst und Freundschafft / mit erbieten aller seiner Mögligkeit. Der GroßFürst entschuldigte sich und die andern ingesamt / daß wegen Unwissenheit / sie dem Königl. Fräulein die gebührliche Ehre und Aufwartung nicht hätten leisten können / und baht / seine Liebe möchte hieselbst als auff ihrem eigenen / gebieten und verbieten. Weil nun hohe zeit wahr / das Mahl einzunehmen / fassete ihn der GroßFürst bey der Hand / und führete ihn die Stiege hinauf / da nach abgelegeten Waffen man sich bald zu Tische setzete / und Ladisla allernähest dem GroßFürsten; Herkules zwischen der GroßFürstin und Frl. Barsenen die Stelle gegeben ward. Die zwölff Ritter stelleten sich zudienen vor den Tisch / wurden aber in das Neben Gemach geführet /und daselbst wol bewirtet. Bey wehrender Mahlzeit ward mehrenteils von dem Fräulein gesprachet / uñ als Pharnabazus die eheliche Versprechung Königes Artabanus erzählete; gab Ladisla zur Antwort: Man wird nicht leicht jemand finden / der solche ansehnliche Schwägerschafft ausschlagen solte / wiewol ich viel eines andern Sinnes bin / weil dieser König mir zu schwer seyn würde. Die GroßFürstin meynete nicht / daß Herkules Liebe seinem Ladisla solte verborgen seyn / und antwortete ihm: Ich zweifele nicht / als lange Fürst Herkules lebet / werde Eure Liebe sich dieser Schwägerschaft nicht zubefahren haben / angesehen der übergrossen Träue und Liebe / damit diese beyden einander zugetahn sind; wie dann dem allerliebsten Fräulein unmöglich wahr / ihre Liebe zuvertuschen / auch in ihrer Mannes-verstellung / wie dessen dieses Teutsche Lied / welches sie etliche mahl sang / und von unserer keinem verstanden wird / ohn zweifel Kundschafft giebet / massen der Nahme Herkules darin enthalten ist; es war aber dasselbe / welches droben am 606ten Blade gesetzet / und sie Ladisla zulesen reichete. Herkules wünschete / daß sie mit dieser Offenherzigkeit hätte inne gehalten; hingegen freuete Ladisla sich höchlich / und antwortete nach des Gesanges Verlesung: Ich versehe mich zu Gott / er werde meiner Frl. Schwester ein wirdiges Gemahl bescheren / und wird sie von meiner Fr. Mutter und von mir niemand lieber gegönnet seyn / als dem ich sie / ehe er sie gesehen / in meinem Herzen zugefreyet habe. Herkules sagete zu der GroßFürstin: Es muß meine Frl. Wase ein überaus grosses Vertrauen auf Ihre Durchl. gesetzet haben / daß sie unsere Heimligkeit derselben offenbahret / welche sie ihrer leiblichen Fr. Mutter uñ ihrem einigen H. Bruder verschwiegen. Sie ist auch hieselbst so ausschlägern nicht gewesen / antwortete die GroßFürstin / und hat solches erst zu Charas meinem Gemahl und wenig anderen vertrauetẽ Freunden kund getahn. Herkules fragete seinen Freund / wie er den jungen Fabius bereden mögen / nach Padua wieder umzukehren / da er schon biß in Griechenland mit fortgezogen währe. Worauf er gar traurig antwortete: Ebẽ diß ist mein gröstes Unglük / welches mir auf dieser ganzen Reise zugestossen / daß ich ihn in einem Walde verlohren / und sider dem keine Zeitung von ihm einzihen können. Erzählete darauf allen Verlauff / uñ gab ihm Herkules den Trost / er würde sich wieder finden. Die GroßFürstin stellete nach der Malzeit ein herliches Seitenspiel[675] an /da sie endlich selbst die Harffe zur Hand nam / und ihr erwähletes Leib-stük am 607den Blade gesetzet /mit anmuhtiger Stimme sang / auch nach gehends berichtete / ihr Bruder hätte es aus der Fråulein Teutschem / durch Hülffe der Lateinischen Sprache / ins Medische übersetzet. Sie reichete darauf Herkules die Harffe hin / welche er sehr wol spielete / daher er ihr solches nicht versagen durffte: Weil es dann dazumahl umb die Zeit war / daß die Geburt Gedächtniß des lieben Jesuleins von den Christen gefeyret ward /uñ er vor wenig Tagen ein Danklied darauff gesetzet hatte / ließ er ihm sein Buch hohlen / spielete und sang dasselbe mit hoher Stimme / welches also lautete:


Christliches Dank-Lied /

Vor die heilsame Geburt unsers lieben Jesuleins.


1

So bistu nun / du werter Gast

Eins kommen / hast an dich gefasst

Mein schwaches Fleisch / bist sterblich worden;

Hast Gottes ungemäßnen Pracht

Dem Erden-Staube gleich gemacht /

Und trittest in der Menschen Orden?


2

Du / welchen schon im Paradeiß

Der erste Mensch zunennen weiß /

Du Schlangen-Treter / biß wilkommen;

Du Weibes-Saamen / und doch Gott /

Du Hellen-Stürmer / Todes Tod /

Du starke Hoffnung aller Frommen.


3

Wilkommen / O du grosser Held /

Der du die Grundverderbte Welt

Wilt mit dem höchsten Segen laben;

Wilkommen du gewünschtes Heil /

Nach dem die Väter alleweil

Von Herzengrund geseuffzet haben.


4

Nun ist der Jakobs-Stern bereit

Zu dieser angenehmen Zeit

Der ganzen Welt zum Trost erschienen.

Der andre Moses predigt schon

Das süsse Wort / den Gnaden-Lohn;

Des Herren Zweiglein siht man grünen.


5

Der Jungfern Söhnlein ist nun hier /

Immanuel / worüber wir

Vor grosser Herzensfreude lachen;

Der Gott und Mensch / der Wunder-Mann /

Das grosse Liecht / das alles kan /

Auch Finsternissen / helle machen.


6

Der Sohn / der schon so lange Jahr

Uns dürfftigen versprochen wahr /

Und uns zum Heyland auserkohren;

Der Frieden Fürst / Krafft / Held und Raht /

Das Reiß / das Jessen Wurzel hat

Gezeuget / ist Gott Lob gebohren.


7

Der Heyden Trost / des Teufels Leid /

Die Sonne der Gerechtigkeit

Bescheinet nun den Kreiß der Erden;

Der Bräutigam sucht seine Braut /

Die er ihm ewig hat vertraut /

Und läst sie nicht geschändet werden.


8

O allerliebstes Jesulein /

So wiltu nun mein Bruder seyn /

Und lässest dich ein Kind gebähren?

Kömst her zu mir / verlässt die Krohn

Des Himmels / wirst ein Menschen Sohn /

Und tauschest Kot vor Pracht und Ehren?


9

Du grosser Herscher / Herr der Welt /

Wie daß dir Mensch zu seyn gefält?

Wie daß dir unser Fleisch behaget?

Ist nicht der Sternen Zelt dein Sitz?

Bistu nicht / der den hellen Blitz

Abscheust / davor die Welt verzaget?


10

Bistu nicht / dessen starke Hand

Des Donner Knalles schnellen Brand

So schreklich loßzubrennen pfleget?

Bistu nicht / der das weite Rund

Des Himmels / und der Erden Grund

Gewölbet hat / und fest geleget?


11

Und kömst zu mir in diese Quaal /

Nur daß du mir den schönen Saal

Magst / deiner Herligkeit / erwerben?

Ja wirst ein Kind / arm / klein und bloß /

Damit ich würde reich und groß /

Und nicht möcht' ewiglich verderben.


12

Wie dünket dich der Stall so fein /

Du allerschönstes Jesulein /

Da Ochs und Esel dich beschreiben?

Wie daß du in der Krippen liegst /

Und dich so eng' inander schmiegst?

Wie kan dich Stroh und Heu erfreuen?


[676] 13

Ach freylich hab ich diese Noht

Dir angetahn / und Kreuzes Tod /

Durch meine Schuld und schwere Sünden;

Ich bin / der sich durch Missetaht

So hefftig grob vergangen hat /

Und du must dessen Straff empfinden?


14

Du bist mein Schutz / ich schmähe dich /

Ich bin dein Feind / du liebest mich;

Du bist ein Gott / und must doch büssen?

Ich bin ein Stank und Ungeheur;

Und du erkäuffest mich so teur /

Daß auch dein Blut muß von dir fliessen?


15

Mein Helffer! Güter hab ich nicht /

Damit ich meiner Schuld und Pflicht

Nach Wirdigkeit mich kan entheben;

Drumb wil ich dir mein Herz und Sinn /

Und alles was ich sonsten bin /

Zur eignen Knechtschafft übergeben.


16

Doch ist es leider viel zu schlim /

Erwecket leichter Gottes Grim /

Als daß es vor ihm könte nützen.

Mein Gott! mit deiner Reinigkeit /

Die dir beywohnet jederzeit /

Wil ich mein schlimmes tuhn beschützen.


17

Du hast / was ich nicht leisten kan

O JEsus Christ vor mich getahn;

Dein Ungemach / die tieffen Wunden;

Dein Leiden / Schmach / Angst / Kreuz und Tod /

Die haben aller Pein und Noht

Mich armen Sünder schon entbunden.


18

Hier stel ich meines Lebens Ziel /

Ein ander suche was er wil;

Mich sol kein irdisches verleiten;

Du JEsus bist mein Einig-all /

Den meiner Lippen Ruhm und Schall

Besingen sol zu allen Zeiten.


19

Du hast mich wieder frey gemacht /

Mir Leben / Heil und Wollust bracht /

Und aus der Helle mich gerissen;

Du JEsus bist mein Löse Geld /

Auff daß ich auch des Himmels Zelt

Und deiner Freude mag geniessen.


20

So laß doch diesen schlechten Schall /

Gott hochgelobet überall /

Biß hin zu deinen Ohren gehen /

Und daß ich mit der frommen Schaar /

Nach dieser Trübsal und Gefahr

Mag deiner Gnaden-Antliz sehen.


Ladisla hörete den Worten / die übrigen nur der Weise zu / und weil ers in Teutscher Sprache sang /meyneten sie / es würde seinem Fräulein zu Ehren angestimmet seyn / daß auch die GroßFürstin sagete: Durchl. Fürst / ob gleich mein Wunsch keinen Nachdruk hat / daß eurer Liebe vertrautes Fräulein möchte gegenwärtig seyn / gelebe ich doch der Zuversicht /sie werden einander bald sehen und sprechen. Das verleihe uns Gott / antwortete er / und derselbe gebe /daß ich sie ihrer höchstbetrüdten Fr. Mutter bald zuführen möge. Es ging noch mannicherley Gespräch unter ihnen vor / da die GroßFürstin unterschiedliche Fragen an unsere Helden / sie zuerlustigen / abgehen ließ; Wie lange es währe / daß das Herrlein Herkules die jungen Wölffe aus dem Neste gehohlet / und seinen Ladisla nicht mitnehmen wollen? Wie lange es währe / daß Ladisla sich von seiner Fr. Mutter hätte krank nach Teutschland führen lassen / umb / seinen Herkules zusehen? Was Herkules gedacht / da sein Ladisla ihm seine Eltern in ihrem Schlosse mit seinen eigenen Untertahnen belagert? Ob Herkules mehr Kühnheit in seinem Herzen empfunden / da er nacket mit dem grimmigen Pannonier gestritten; oder mehr Schahm / da ihm sein Fräulein das Blut vom Leibe helffen abwaschen / und was der Fragen mehr wahren / deren sich die unsern nicht gnug verwundern kunten / und doch leicht gedachten / das Fräulein müste ihren ganzẽ Lebenslauff erzählet haben. Der gleichen Unterredungen trieben sie / biß der späte Abend sie nach Bette führete / da Herkules bey seinem Ladisla auff einem Lager schlief. Als sie des Morgens erwacheten / begehrete Ladisla zuwissen / wie dañ sein JEsus ihn in Griechenland vom Tode errettet håtte. Herkules gedachte / jezt währe es Zeit / ihn nach mögligkeit zubewägen; erzählete ihm / was[677] vor ein Gesichte er gehabt / ehe ihn Klodius angetroffen hätte. Was? fiel ihm Ladisla in die Rede / ist dann Klodius bey dir gewesen? Ja freilich / antwortete er / aber er hat neben Markus mir äidlich verheissen müssen / es keinem Menschen zuoffenbahren / daher du ihnẽ solches nicht verargen wirst. Und also wirstu nun erkennen / fuhr er fort /daß mein Gott und Heyland mich zu deiner Rettung in Griechenland auffgehalten / dem ich auch dazumahl angelobet / allen möglichen Fleiß anzuwenden / daß du zum Christentuhm gebracht werdest. Nun mein Bruder / so erkenne doch Gottes Güte; ja erkenne dich selber auch / und laß dich des bösen Feindes Stricke weiter nicht binden. Ach gläube mir / wann ich meines Glaubens nicht so gewiß währe / wolte ich dieses so eiferig nicht bey dir treiben; so suche ich ja auch nicht meinen Vortel / sondern bloß allein deine Wolfahrt / deren du dich bey der höchsten Warheit / und so gewiß Gott lebet / berauben wirst / wo du nicht wirst meinen Heyland annehmen / und ihn vor deinen Erlöser halten. Hierauff fing Herkules dieses Gebet an zu Gott / und sagete: Du barmherziger Herr / du Vater meines lieben HErrn JEsus Christ; ach ach! erbarme dich über diesen meinen Freund / geuß ihm den Heiligen Geist ins Herz / welcher den halstarrigen Unglauben hinweg nehmen / und ihn zu dir zihen möge / damit er des teuren verdienstes unsers Heylandes fähig werden /und ewig geniessen möge. Zeit dieses Gebehts drungen ihm mehr Trähnen aus den Augen / als Worte aus dem Munde; welches Ladisla nicht ohn bewägung wahr nehmend / zu ihm sagete: Höre auff lieber Bruder / dich über meiner ehemahligen Halsstarrigkeit zubetrüben; dein Gott hat mich so mächtig gerühret /beydes durch deine jezige Vermahnung und gestriges andächtiges Danklied / das mein Herz nit anders begehret / als in deinem Glauben forthin zu leben und zu sterben; hoffe auch / dein lieber HErr JEsus Christ werde mir die Gnaden-tühr nicht versperren / welche er dir geöfnet hat; nur unterrichte mich / was ich nach diesem gläuben / und wie ich mein Leben anstellen müsse; dann deine mir zu Rom getahne Erinnerung hat nicht haften können / weil des wahren Gottes ich mich selbst unwirdig machete. Dank sey dir mein Heyland / sagte Herkules / vor diese deine unaußsprechliche Güte / und befodere diß Werk / welches du angefangen hast / dañ es ist nicht mein / sondern dein Werk; umbfing ihn hernach und sagete: O du mein wahrer und einiger Freund; lobe ja Gott mit mir vor diese gnädige Erleuchtung / und befestige dein Herz / daß du bey der einmahl erkanten Warheit beständig verharrest / und keine Wiederwertigkeit noch Furcht / noch Wollust dich davon abwenden lassest. Fing darauff an / ihm den algemeinen Christlichen Apostolischen Glauben vorzu behten / welchen er mit feuriger Andacht nach sprach / und ihn alsbald außwendig lernete; hernach von ihm selbst das heilige Vater Unser behtete / welches Herkules wunder nam /ihn fragend / wer ihn solches gelehret hätte. Wer sonstẽ / antwortete er / als du selber? massen ichs so oft von dir gehöret / und weil mirs sonderlich wolgefallen / habe ichs sider deinem abwesen / auch noch ehe ich in das Griechische Unglük geriet / täglich gesprochen / unter dieser Hoffnung / der wahre Gott / wer er auch währe / würde es von mir annehmen; muß auch gestehen / daß mirs oft grossen Trost in mein Herz gegossen. Du hast wol getahn / antwortete Herkules / daß du des wahren Gottes hast begehret / zweiffele auch nicht / derselbe habe solches an dir geliebet / und dein Herz algemach zu sich gezogen. Darauff erzählete er ihm / wie er zu Jerusalem in seinem Glauben so treflich gestärket währe / und daselbst die heilige[678] Tauffe empfangen / daß auch der Römische Stathalter daselbst / Herr Pompejus / mit seinem Gemahl und Frl. Tochter das Christentuhm angenommen; auch was sonsten sich daselbst begeben hätte. Hernach stunden sie von ihrem Lager frölich auff / und legeten ihre Kleider an / die von ädlen Steinen schimmerten. Weil dann Leches ihnen andeutete / daß der GroßFürst mit den seinen schon im Gastsaal währe / gingen sie zu ihnen hinein / und wurden freundlich empfangen /auch zur Morgen Suppe geführet / weil man dem Stechen etwas zeitiger den Anfang geben wolte. Ladisla foderte seine sechs Ritter in gegenwart aller vor sich /sagete ihnen Dank wegen ihres ritterlichen Beystandes / und schenkete jedem einen Ring von 200 Kronen. Weil auch unsere beyde Helden heut nicht stechen wolten / erkläreten sich Pharnabazus und Leches deßgleichen. Der GroßFürst ließ etliche Gutschen anspannen / und als er vernam / daß die unseren zu Pferde hinaus wolten / muste man vor ihn und Arbianes auch satteln. Nun hatte Herkules des vorigen Abends verno en / wie artig Herkuliskus das unbendige Pferd beritten / und bekam grosse Lust / es zu prüfen / insonderheit / als er hörete / daß sider ihrem abwesen es vorige Wildheit wieder angenommen hätte. Weil ihm dann solches gerne gegönnet wahr / ging er selber in den Marstal / redete dem Pferde freundlich zu / und stellete sich neben dasselbe; da stund es so stille wie ein Lamb / ließ sich auch von ihm das Gediß antuhn /und den Sattel aufflegen. Arbianes sahe es mit verwunderung an / lieff geschwinde hin / und taht es der Geselschafft zu wissen / welche hervor traten / und ihm zusahen / wie er den ädlen Blänken am Zügel aus dem Stalle leitete / der sich zwar überaus muhtig /aber so gehorsam bezeigete / als hätte er seinen Sinn eigentlich gewust. Herkules schwang sich leichtfertig hinauff / und tummelte ihn so artig / daß Phraortes über laut sagete; es müste ohnzweiffel der Teutsche Fürsten Stand allen Adel der Welt übergehen / daß auch die unvernünftigen Tihre es merken könten. Weil er dann aus Herkules Reden spürete / daß ihm das Pferd sehr wol gefiel / sagete er zu ihm; Wann er wissen solte / daß er so ein schlechtes Geschenk nicht außschlagen / und wegen der treflichen Fräulein es vor sein Leibroß gebrauchen wolte / hätte er zu bitten / es davor anzunehmen. Welches Geschenkes er sich höchlich bedankete / ihn versichernd / daß es ihm lieber als so schwer Gold währe. Ladisla kunte seinen Hengst wegen des gestrigen falles nicht reiten / daher er auff Erläubniß einen grossen Lichtschimmel aus des GFürsten Leibrossen wählete / welchen er mit schönem Zeuge / seinen Kleidern Gemäß / außputzen ließ. Im hinaus zihen ritte Ladisla dem GroßFürsten zur Rechten / und Herkules zur Linken. Arbianes aber ward von Pharnabazus und Leches begleitet / worauff zehn Gutschen mit Frauenzimmer folgeten / hinter denen Mazeus und andere Medische Herren ritten. Jederman sahe unsere Helden mit verwunderung an /und kunten nicht aussinnen / was vor grosse Herren /und aus was Landschaft sie seyn möchten / weil es von ihnen sehr heimlich gehalten ward. Doch Urteileten sie ingesamt / es würden die gestrige Best-stecher seyn. Auff der Schaubühne nam der GFürst und sein Gemahl die vorige Stelle ein / und wahren zween Stüele gleicher Höhe und Zierde mit jenen / gesetzet /auff welche sich unsere Helden niderlassen musten /da Herkules auff Ladisla emsiges nöhtigen / den nähesten Siz bey der GroßFürstin nam / weil er Lust hätte bey Fürst Arbianes zu bleiben / und mit dessen Liebe bessere Kundschaft zu machen. Die versamlete Ritterschaft verstund nicht ungerne / dz die fremde[679] Herren nicht mit stechen würden / dann keiner hatte Hoffnung / ihnen anzugewinnen / ohn ein ansehnlicher Herr / in einem ganz vergüldeten Harnische mit schwarzen eingeetzeten Blumen / und sehr prächtig gezieret / der von zwölff herlichen Rittern begleitet ward. Dieser nam Herkules vorigen Plaz ein / und als er unsere Helden auff der Schaubühne sahe / ritte er selb dritte wieder aus den Schranken. Es gab ein sonderliches auffsehen / uñ gedachte der mehrerteil / ihm währe eine Schwacheit zugestossen; Aber Herkules sagete zu Ladisla; irre ich nicht / so ist es eben der gewaltige Ritter / der sich gestern an uns beyden versuchete / und weil er gestern mit niemand / als uns beyden / stechen wolte / wil er sich heute gar enthalten /nachdem er uns nicht findet. Bald fiel ihm ein / dz er ihm noch einen Rit auff heut versprochen hatte / und baht den GFürsten / ihm eine kurze Rede an die Ritterschaft zu erläuben / da er stehend also anfing: Hoch- und wolgebohrne Herren und sämtliche hochlöbliche Ritterschaft; ich erinnere mich gleich jezt einer Zusage / die mir bey meinem Gewissen entfallen wahr / da ich nehmlich dem gestrigen lobwirdigen Ritter auff sein freundliches anhalten heut ein oder etliche Ritte versprochen; nun könte ich mich meines nicht-stellens halbẽ damit wol entschuldigen / daß ich ihn wegen des lezten Treffens schadhaft gesehen; jedoch / dafern demselben gefällig seyn möchte / vor sich selbst / oder durch einen gevolmächtigten es zu leisten / bitte ich dienstlich / mich meines außbleibens nicht zu verdenken / und seine Anwesenheit mich wissen zu lassen. Niemand wahr zugegen der geantwortet hätte / ob er gleich eine Zeitlang stehen blieb / setzete sich deßwegen nieder / und befahl Gallus / ihm seine Waffen zu hohlen. Ladisla ließ die seinen mit bringen / dañ sie sahen / daß wie zween Ritter den Anfang zum Stechen macheten / einer von der zwölffen Zahl sich heimlich aus den Schranken hinweg stahl / der ohn zweiffel dem entwichenẽ Zeitung bringen wolte. Also legeten sie ihre Waffen an / wie auch Pharnabazus und Leches / und setzeten sich auff die Bahn / woselbst Ladisla des vorigen Tages gehalten hatte. Nicht lange hernach sahen sie einen selb sechse herzu rennen / welche doch / verdacht zu meiden / sich nicht zu den ersten verfügeten; ihr Führer aber schickete bald darauff einen ab an Herkules / der ihn also anredete: Treflicher Mannfester Ritter / nähest anmeldung seiner Dienste und Grusses lässet euch der gestrige Ritter / dem die Gurt zubrach / freundlich anzeigen / es sey ihm vorerst eine hohe Freude gewest / dz er in erfahrung gebracht / wie ihr nur der Durchl. GroßFürstin zu ehren und Dienste gestriges Tages das Amazonische Kleid angeleget / entschuldiget sich seines aussenbleibens / wegen des verrenketẽ Schenkels / und erbeut sich zu allen möglichen Freundschaft-diensten; damit aber eure vortreffligkeit alhier sein nicht vergeblich warten möchte / hat sein Geselle sich an seinen Plaz gesetzet / welcher dann umb den versprochenen Rit freundlich ansuchet / und hingegen sich äusserst verbindet. Mein Herr / antwortete er / die trefliche Mannheit eures Herrn oder Freundes zu rühmen /habe ich satte Ursach; bedanke mich des Grusses und erbietens dienstlich / mit Wunsch / dereins demselben dienen zu können / und seiner hochwerten Kundschaft zu geniessen. Dem Ansuchen seines wirdigen Gesellen gebe ich billich stat / und bin zu aller Wilfahrung bereit. Als der Ritter diese Antwort vernam / wunderte ihn nicht weniger seiner Freundligkeit als stärke /und schickete sich auff das instehende Treffen. Herkules übersahe auch nichts / ohn daß er zweiffele / ob sein Blänke sich in den Handel schicken würde / welcher anfing mit den[680] Füssen zukratzen und zu wrinschen / auch sich forne zuerheben / daß die anwesende es mit Lust ansahen. So bald Herkules einlegete / flohe es wie ein Pfeil von der Sehne / die Bahn hin /und ward sein Gegener dergestalt getroffen / daß ihm das Gesichte verging / und an seines Pferdes Mähne sich halten muste. Die Speer gingen beyderseits zutrümmern / und welches das ärgeste wahr / sprang der Blänke dem andern Pferde auff den Hals / und risse es mit den Zähnen zu bodem / daß es mit samt seinem Reuter dahin fiel; worüber Ladisla sich hoch erfreuete; aber Herkules wahr mit dieser Wuht nicht zufrieden / weil es ein Schimpf-Spiel seyn solte / kunte doch das Pferd weder mit Gewalt noch Kunst abhalten / sondern muste ihm sein rasen gönnen / da nach begangener Taht es sich umsahe / ob noch einer oder ander verhanden währe / der sich an ihm reiben wolte. Der gefellete Ritter wahr des gedoppeltẽ Schimpffs zornig / ob er gleich keinen Schaden nam / welches Herkules merkend / abstieg / zu ihm trat / und mit offenem Helme ihn also anredete: Trefflicher Ritter /meines Pferdes rasen ist mir sehr leid / weiß auch /daß sichs nicht ziemet / dergleichen auff Schimpf-Spielezuführen. Nun ist aber der Hi el mein Zeuge /da ich dessen die allergeringste Wissenschafft nicht gehabt / nachdem ichs heut zuerst gesehen / und von meinem Gn. GroßFürsten mir geschenket ist; bitte demnach dienstlich / mir dieses nicht zuzuschreiben /noch daher einen Widerwillen auff mich zulegen. Der Ritter nam diese Entschuldigung an / und antwortete: Es ist wahr / trefflicher Ritter / daß man solche Pferde auff Schimpff-Streiten nicht gebrauchen sol / werde auch so unhöflich nicht seyn / ihn darumb anzufeinden / weil kein Vorsatz darunter stecket; aber seyd gebehten / und gönnet mir noch einen oder etliche Ritte / da es euch nicht zuwider ist. Er bedankete sich der Verzeihung / und wahr ihm im übrigen gerne zu dienste; kehrete sich auch zu Leches / ihm sein Pferd zu leihen / welcher geschwinde abstieg / und ihn auffsitzen ließ / wolte nachgehends den Blänken beym Zügel fortleiten / der ihm aber dergestalt zusetzete /daß er ihm weichen muste / biß die Stallknechte herzu lieffen / und es aus den Schranken trieben. Inzwischen hatten die Kämpffer sich fertig gemacht / insonderheit der fremde; da sie dann eiferig traffen / und dieser zimlich auff die Weichseite kam / brachte doch den Lauff zum ende / und begehrete des dritten Treffens /in welchem Herkules ohn einiges wanken / ihn dergestalt herunter warff / dz jederman meynete / er hätte das Herz im Leibe zubrochen / lag auch als unempfindlich / und ward von den seinen auf ein Pferd gehoben / und weggeführet / da er vol unmuhts wahr / daß er sich schlimmer als des vorigen Tages gehalten hatte / machete sich auch mit seiner Gesellschaft davon daß niemand erfahren kunte / wer er wahr / und wohin er sich begab. Herkules wolte auch nicht länger in den Schranken halten / und sagete zu Ladisla: Damit gleichwol dieser Ritter sehe / daß wir unsere Waaren auch nicht den Bauern feilbieten / deucht mich das beste seyn / wir lassen den andern Raum /ihre übung fortzusetzen; Als sie aber im Abzuge begriffen wahren / machete sich ein unansehnlicher doch festgesezter Ritter hervor / und sagte zu Ladisla: Mein Herr / ich zweifele nicht / ihm geschehe ein sonderlicher Dienst / da ihm gelegenheit gegeben wird / ein Speer zubrechen / auff welchen fall ich mich darbiete / wo ich dessen wirdig bin. Es hatte dieser schon desselben Tages fünff ansehnliche Ritter nidergelegt /welches Ladisla nicht unbewust wahr / daher er ihm zur Antwort gab: Seine schon erwiesene Mannheit hätte ihm wolgefallen / bedankete sich des erbietens /und möchte sich nur alsbald auff die Bahn stellẽ.[681] Sie traffen beyde gewaltig auff einander / daß die Speere in die Lufft flogen / hielten aber zu beyden teilen redlich aus; foderten andere Speere / und wageten es abermahl / da der Ausfoderer schier den kürzern gezogen hätte / jedoch sich des Falles noch enthielt. Ladisla meynete / es währe ihm schimpflich / daß er den dritten Satz halten solte / in welchem er ihn auch traff / daß er sich mit samt dem Pferde überwog / uñ im Falle den rechten Schenkel zubrach; Noch wolte er sich nicht lassen hinweg führen / sondern ließ sich im nåhesten Zelt verbindẽ / und kehrete wieder in die Schranken / der Hoffnung / an dem Preise Teil mit zuhaben. Mit Leches trug sich sonst ein werklicher Zauberposse zu. Es ritte ein kleiner Zwerg zu ihm / grüssete ihn mit starker Stimme von seines Herrn wegen /und zeigete an / daß er ihn umb ein Treffen ersuchen liesse. Niemand hatte das Zwerglein gesehen in die Schranken reiten / welchem Leches antwortete: Er währe zu dem ende da / niemand / der dessen begehrete / abzuschlagen. Nun dann / so haltet euch wol /sagte der Zwerg / dann es wird euch nöhtig seyn. Ich wil mein bestes tuhn / gab er zur Antwort / ein mehres kan ich weder versprechen noch leisten. Hier auff gedauchte ihn / es hielte ein erschreklicher Riese gegen ihn / und winkete mit einem Stangenbaums-dicken Speer; daher er zu Ladisla sagete: Gn. Herr / ob gleich dieser Riese mich mit unrittermässigem Gewehr angreiffet / wil ich ihm dannoch begegnen. Ladisla wolte ihn fragen / wo dann dieser Riese währe; aber er rante alsbald fort / zweifelnd / ob er auch mit dem Leben davon kommen würde; da inzwischen ein heftiges Gelächter beydes von den Rittern und Zusehern angefangen ward; dann als Leches vermeynete einen grossen Riesen zutreffen / bekam er ein Gebündlein Stroh an sein Speer / womit er dẽ Lauff vollendete / und annoch nicht anders meynete / er hätte den gräulichen Riesen zur Erde geworffen / der auff ihn einen Fehlstoß getahn. Hingegen sahen alle anwesende / daß nur ein Pferd gegen ihn lieff / auff welchem das Bündlein Stroh lag / welches ein Zäuberer zugerichtet hatte / den anwesenden ein Gelächter zuerwecken. Nach vollführetem Ritte sahe Leches sich umb / hörete das lachen / und ward des Strohs auff seinem Speer innen / sahe aber keinen abgestochenen auff der Bahn liegen / daher er voll Eifer lief / daß er bey seinen Ehren schwuhr: Könte er den Augenverblender erforschen / solte er ihm das Leben lassen. Aber Ladisla redete ihm ein / er hätte nicht ursach zuzürnen; einem jeden redlichen Ritter könte ein gleichmässiges begegnen / tähte demnach am besten / daß er mit lachete; welche Erinnerung doch so bald bey ihm nicht hafften wolte / biß er sich endlich besan /und da sie wieder auff die Schau Bühne gestiegen wahren / dem GroßFürsten seinen Strohwisch mit diesen Worten zun Füssen legete: Gnädigster GroßFürst / ein boshafter Zäuberer hat gemacht / dz mir dieser Wisch als ein ungeheurer grosser Riese erschienen ist / daß ich mich auch des Lebens schon erwogen hatte; weil aber ich etwa mit Fisch Augen gesehen / habe ich das auslachen billich davor zu Lohn davon getragen. Er aber tröstete ihn / und sagete: Es hätte ohn zweifel der betriegliche Zäuberer sein unerschrockenes Herz erkeñet / daß er auch mit einem Riesen zutreffen sich nicht scheuhete / wovor ihm billich der Preiß des Stechens zuerkeñet würde. Das Spiel ward noch zimlich angetrieben / und begaben sich lauter Unglüksfälle / so dz keiner abgestochen ward / der nit Arm oder Bein zubrochen hätte; ja es begunte ein solcher Lermen unter der Ritterschafft zuentstehen / dz sichs ansehen ließ / als wolten sie sich in zween Hauffen schlagen / und einen scharffen Streit anfahen, deswegen Herkules zu dem GroßFürsten[682] sagete: Gewißlich bemühet sich der arge Menschen Feind / unschuldig Blut zuvergiessen! Ich weiß selber nicht / antwortete er / was ich gedenken sol; ließ den Abzug blasen / und bey Leib und Lebensstraffe alle Tähtligkeit verbieten; wodurch dann im Augenblik aller Aufflauff gestillet wahr / und die Richter mit dem Frauenzimmer zusammen traten / wegen Austeilung des Gewins anordnung zumachẽ / der auf sechs Häupter zugerichtet war. Herkules und Ladisla / auch der mit jenem gestochen hatte / wurden ausgesetzet / und ihnen der Preiß mit einer kurzen Lobrede zugelegt; Darauf sendete man den ersten Dank dem Ritter / der so manlich mit Ladisla getroffen hatte / welcher ein Skythischer Herr wahr; den andern wolte man Leches einhändigen / aber er baht sehr / das Ziel der Gerechtigkeit nit aus Freundes Neigung zuüberschreiten / damit nicht einer oder ander ursach hätte / darauff zu schimpffen / daß vor Abstechung eines Strohwisches er diese Belohnung empfangen hätte; welches sie dañ gelten liessen / wiewol die Großfürstin ihm ein absonderliches Geschenk versprach / und folgendes Tages einlieferte /nehmlich ein köstliches Halsband auff 2000 Kronen wert; Die übrigen fünff Geschenke wurden den Obsiegern gebührlich eingereichet. Zeit wehrender Austeilung kam ein wolgeputzeter Ritter in vollem Rennen herzu / stieg bey der Schau Bühne ab / und ließ bey dem GroßFürsten gebührlich ansuchen / ob ihm könte zugelassen seyn / auff die Schau Bühne zutreten; er hätte im nahmen und von wegen eines grosses Herrn /den beyden fremden Rittern etwas vorzutragen. Der GroßFürst wahr willens / ihm solches abzuschlagen /sich neben allen anwesenden befürchtend / er würde sie zu einem blutigen Kampff ausfodern sollen; aber weil Herkules umb Einwilligung sehr anhielt / gab ers zu / insonderheit / als er ihn neben Ladisla auffstehen sahe / hinunter zutreten. Der Abgesante mit halb verschlossenem Helme redete sie beyde also an: Vortreffliche Ritter und Herren; mein Gn. Herr / welcher gestern und heut sich mit euch versuchet / und seine Meister gefunden hat / lässet euch seine aufrichtige Freundschaft und mögliche Liebesdienste durch mich anmelden / und umb Verzeihung bitten / daß aus höchstwichtigen Ursachen er vor dißmahl unerkeñet davon reiten muß / möchte von herzen gerne eurer beyder Stand und Nahmen wissen; erbeut sich / auf euer begehren / solches vor jedermänniglich zuverschweigen / und wil zu gelegener Zeit sich ihnen gerne kund geben; hat mir sonst diese beyde Ringe zugestellet / Eurer Gn. Gn. solche als ein Pfand seiner Ergebenheit einzuliefern. Alle anwesende wurden hie durch höchlich erfreuet / und nahmen unsere Helden die Ringe mit ernsthaffter Höfligkeit zu sich / deren jeder auf 8000 Kronen geschätzet ward / dabey Herkules diese Antwort gab: Herr Ritter; mein Freund hie zugegen und ich / haben ursach zubekennen / daß euer Herr so wol an Mannheit als Höfligkeit ganz vortrefflich und vollkommen ist / gegen den wir auch wider unsern willen uns gebrauchet haben / halten gänzlich davor / es sey an unser Seite ergangen / wie den Spielern / die wegen des Mit Spielers bewilligung mit schlimmer Karte und wenig Augen gewinnen / und gestehen gerne / daß zeit unsers Lebens wir von keinem Ritter härtere Püffe / als von ihm eingenommen. Daß er in Vertrauen unsers Standes gerne wil berichtet seyn / rechnen wir vor eine sonderliche Ehre / und wolle er seinem Herrn unter solchem Vertrauen andeuten / daß wir um unser Wolfahrt willen / die niemand schädlich / als schweiffende Ritter umher zihen / auch nahe Blutfreunde sind / und uns ohngefehr hieselbst angetroffen; Mein Geselle ist ein herschender König[683] nig in weit abgelegenen Nordwestischen Ländern / und ich ein gebohrner GroßFürst der Teutschen; Dieser heisset Ladisla / und ich Herkules. Die eingereicheten köstlichen Ringe nehmen wir mit gebührendem Danke an / und bitten / mein Herr wolle seinem Herrn diese beyde Ringe (welche sie von ihren Fingern zogen / und nicht minder köstlich wahren) hinwiederumb zur gleichmässigen bezeugung unsers ihm ergebenen Herzens und Willens / überliefern / nebest dem aufrichtigen erbieten / daß da wir dereins so glükselig seyn werden / diesen vortrefflichen Herrn zuerkeñen / wir nicht unterlassen wollen / unsere gegenwärtige Aufwartung ihm willig zuleisten. Der Ritter bedankete sich des hohen erbietens / und sagete: Wie hoch werde ich meinen Gn. Herrn erfreuen /wann er vernehmen wird / daß Eure Durchll. eben dieselben sind / welche er selbst gewünschet / als die in Italien ihnen einen solchen Nahmen erworben / welcher durch die ganze Welt fleuget. Wir sind seiner Durchl. eures Herrn Diener / sagte Ladisla / und werden stets auf unsere Glükseligkeit hoffen / eures und unsers Herrn Kundschaft zuerlangen. Dieser ritte in schneller eile davon / und verließ allen anwesenden nicht geringe Verwunderung; man kunte aber in keiner Herberge erfahren / wer er seyn möchte / wiewol der GroßFürst und Pharnabazus es eigentlich errietẽ; doch weil sie sahen / dz jener noch zur Zeit ungemeldet seyn wolte / sich dessen gegen niemand merken liessen. Sie ritten wieder nach der Stad / da Herkules Pferd sich überaus freudig erzeigete / daß er unverhohlen sagete: Es währe ihm sein Blänke lieber als eine Grafschaft / wolte auch kein Geld sparen / wann er feines gleichen wüste vor Ladisla zubekommen. Bey der Mahlzeit suchete Herkules gelegenheit nachzufragen / was und wie mancherley Glauben und Gottesdienst in diesen Morgenländern üblich und zugelassen währe; dessen ihn Pharnabazus den besten Bericht geben kunte / der ihm dann anzeigete / es währe durchgehend der Persische Gottesdienst der gebräuchlichste / da man den uhralten Griechischen Glauben fest behielte / und die närrischen Tichtereyen der jetzigen Griechen und Römer verlachete / welche ihnen Götter träumen liessen / die von Menschen gebohren und erzeuget sind / denen sie Kirchen und Klausen aufrichteten / auch wol Bilder schnitzeten / ob wäre bey denselben eine sonderliche Krafft zuhelffen; diesen kindischen Wahn / sagete er / können wir uns nicht einbilden lassen / sondern sind von unsern Vorfahren gelehret / unsere Götter unter dem freyen Himmel und auf den Gipfeln der Berge zuverehren; Unser höchster Gott ist Jupiter / durch welchen wir die höchste Krafft / die alles erhält / verstehen; hernach haben wir andere Götter / diesem algemeinen Gott untergeben / als da sind / Sonne / Monde / Feur / Erde /Wasser / Winde; denẽ unsere andächtige Opffer zuverrichten / haben wir von unsern Vorfahren gelernet. Jedoch finden sich auch in diesen Landschafften / wie im Römischen Gebiet / Juden und Christen / und zwar in nicht geringer Anzahl; haben doch die Freyheit nicht / ihren Gottesdienst öffentlich zuhalten; und ob gleich diese unter sich stetige Irrungẽ haben / auch /wie ich davor halte / ihres dinges nimmermehr einig werden können / so sind sie doch in Verachtung unser Götter ganz einig / beschuldigen uns des Aberglaubens / uñ sprechen; alles was wir vor Götter ehren /seyn nur Geschöpffe ihres wahren Gottes / und daher nicht vor Götter zuachten; worauf dann unsere Gelehrten sehr übel zusprechen sind / und sich heftig bemühen / solches vorgeben durch wolgesetzete Vernunftgründe umbzustossen / und unserer Götter Ehre zuschützen; weil sie aber in dem Hauptgrunde nicht können[684] einig werden / auff welchem der äusserste Beweißtuhm hafften muß / behält immer ein teil gegen den andern / damit er seine Meynung schützet /und die widerwertige anficht. Herkules wolte sich mit ihm in kein Streit gespräch einlassen / sondern fragete / wie dañ die Christẽ ingemein sich in ihrem Leben uñ Wandel verhielten. Die Juden / antwortete Pharnabazus / sind überal dem Wucher ergebẽ; essen weder mit Christẽ noch Helden; Aufrichtigkeit findet sich bey ihnẽ nit; zum gebrauch der Waffen sind sie gar ungeschikt; befleissigẽ sich aller tückischẽ boßheit / uñ hoffen auf einen ihres Geschlechts / der sie aus aller Welt versamlẽ / uñ in ihr Land wieder führen solle. Den Christen wird auch viel böses nachgesagt / aber es wil sich dannoch allerdinge nicht finden; einmahl ist gewiß / daß sie ihrem Gottesdienste fleissig obliegen / und sich lieber durch allerhand Pein hinrichten lassen / als daß sie ihren Gott verleugnen solten; man hat sich oft bemühet / diese Lehre zuvertilgen / aber weil sie durch Verfolgung nur zunimt / und sie gleichwol noch keinmahl wieder die ObrigkeitEmpörung vorgenommen / wie die Juden sich wol unterstanden /lässet man sie hingehen. Gewißlich ist es auch un recht / sagete Herkules / einigen Menschen umb des Glaubens willen zu tödten / wann man sonst nichts auff ihn zu sprechen hat / und da es hie zu Ekbatana etliche Christen hätte möchte ich ihre Kundschaft wol haben / dann ich bekenne / daß weder zu Rom noch zu Jerusalem / jezt Elia genand / mir mehr Liebedienste / als von den Christen geschehen sind. Freilich gibt es hie derselben / sagte Mazeus / und wann wir nur einen Juden hätten / solte uns derselbe bald einen schaffen: Dann diese sind ihre rechten Spührhunde und abgesagte Todfeinde. Eines Juden wollen wir bald bemächtiget seyn / sagte der GroßFürst / und befahl einem Diener nach der Wechselbank zu lauffen /wo selbst sich stets Juden fünden; ward auch ungeseumet einer herzu geführet / welcher ohn ehrerbietung ins Gemach trat / und alsbald fragete / ob die Herren oder das Frauenzimmer etliche Kleinot zu käuffen /Lust hätten / könten sie deren bey ihm umb liederlichen Preiß bemächtiget seyn. Mazeus antwortete ihm: Du bist schacherns halben vor dißmahl nicht hergefodert / sondern uns einen Christen herzuschaffen. Des Unziefers wol hundert vor einen / sagte der Jude /wañ sie nur alle möchten gehenket seyn / wie ihr Lügen-Gott. Herkules ergrimmete wegen der Lästerung / das ihm Herz und Hände bebeten / hatte das Messer schon gefasset / ihn damit durch zu werffen; doch brach er seinen Eifer / nur daß er zu ihm sagete: Je du leichtfertiger Bube / darfstu dann einen Gott schänden / und zwar in dieser Fürstl. Gegenwart? wañ du Ritterstandes währest / du müstest mir ohn fehlen mit dem Halse bezahlen; nun aber werde ich mich an dir nicht reiben / und zweiffele nicht / dafern der Christen Gott ein warhaftiger Gott ist / werde er seine Ehre schützen. Der Jude / nahmens Eleasar / erschrak der Dräuung anfangs / weil aber keine tähtligkeit erfolgete / ließ ers hingehen / und hohlete einen Christen herzu: Welcher / da er ins Gemach trat / demühtigete er sich sehr / wünschete anfangs dem GroßFürsten und seinem Gemahl GottesGnade / langes Leben / und glükliche Herschung; nachgehends allen Anwesenden / Friede / Gesundheit / und alles wolergehen; Zeigete darauff an / er hätte verstanden / daß ihre GroßFürstl. Durchl. gnädigst seine gegenwart begehreten / deßwegen er untertähnigst hätte erscheinen sollen und wollen / umb / gehorsamst zuvernehmen / woriñen seinem gnädigsten GroßFürsten oder anderen grossen anwesenden Herren / er könte auffwärtig und bedienet seyn. Dem GroßFürsten gefiel diese[685] Rede sehr wol / und fragete ihn mit freundlicher Stimme /ob er ein Christ währe. Ja / gnädigster GroßFürst /antwortete er / ich bin ein Christ / und mit allen meinen Glaubens-genossen behte ich täglich zu Gott /daß er eure Durchl. mit ihrem ganzen GroßFürstl. Hause vor allem Unheil väterlich beschützen wolle; befleissigen uns auch eines guten gewissens / und da uns von unsern Feinden zu leide geschihet / verzeihen wir ihnen von Herzen / und befehlen unserm Gotte die ganze Sache und Rache. Daran tuht ihr wol / sagete der GroßFürst / und als lange ihr euch in diesen Schranken verhaltet / sol euch wegen des Glaubens keine überlast geschehen; nur daß gleichwol unser Gottesdienst von euch ungeschendet bleibe. Dem Christen stiegen vor freuden die Trähnen aus den Augen / fiel vor dem GroßFürsten nieder / und bedankete sich in aller Christen Nahmen zum untertähnigsten / mit beteurung / da einiger Christ wieder GroßFürstliches Geboht oder Verboht handeln / oder sonst unerbarlich Leben würde / wolten sie ihn keine Stunde unter sich dulden / sondern bey der Obrigkeit anklagen / und der Straffe übergeben. Der GroßFürst fragete weiter / aus was Ursachen die Juden ihnen und ihrem Gott so gehässig währen / und was sie denselben zu leide tähten. Gn. GroßFürst / antwortete er: Wir hüten uns mit allem Fleiß vor ihnen / können aber doch nicht unangefochten bleiben / sondern da sie bey uns hergehen / speien sie uns an / und fluchen unserm Heylande an den wir gläuben; wie mich dann jezt der Anwesende Jude hart angegriffen / daß wegen meines Lügen-Gottes (mein Gott verzeihe mirs / daß ich ihm die Lästerung nach rede) von einem jungen hochmuhtigen Ritter / und wie er ihn mehr neñete / er sich hätte müssen über das Maul hauen lassen; wo aber / und wann solches geschehen / hat er nicht hinzugetahn. Der GroßFürst erzürnete sich hierüber heftig / ließ den Juden ins Gemach fodern / und sagete zu ihm: Du meinäidiger Schelm wer hat dir befohlen /oder die Freyheit gegeben / diesen Christen und ehrlichen Mann unbilliger Weise anzufahren / der unter meinem Schuz wohnet? und wie darfstu gegenwärtigen Ritter (auff Herkules zeigend) so frech schänden? Dieser fiel auffs leugnen; sagte / die Christen währen boshaffte verlogene Leute / und sucheten nur / wie sie fromme Juden bey der Obrigkeit verhasset macheten /daher sie des verleumdens kein Ende finden könten. Daß leugestu Bube / sagte der GroßFürst; es hat noch nie kein Christ einigen Juden bey mir angetragẽ. Herkules kunte nicht länger schweigen / machte sich an den Juden / und sagete: Du wirst / versichere dich /ohn Straffe nicht entgehen / dafern du vor erst nicht klärlich dartuhst / daß die Christen solche boshafte Leute seyn; hernach / daß ihr Gott ein Lügen-Gott sey. Ist er ein lügen Gott? Ich meine ja / er habe euch gehalten / und mit vollem masse eingeschenket / was er euch gedräuet / daß zu Jerusalem kein Stein solte über den andern bleiben: Ich meine ja / er habe seyn Blut über euch und eure Kinder kommen lassen / und euch in alle Welt zustreuet. So schicke dich nun zum beweißtuhm / oder ich werde bey meinem Gn. GFürsten der unschuldigen Christen Vorsprach seyn / und zugleich mit eifern / daß du mich vor einen hochmühtigen gescholten hast. Der Jude warff sich weit / daß er des Worts solte gedacht haben / setzete auch den Christen mit heftigen Worten zu rede; Ob er ihm diesen Ritter genennet hätte / dessen Nahme ihm ganz unbekant währe? Der Christ antwortete: Wen er gemeinet hätte / währe ihm unbewust / aber daß er sich über einen jungen Ritter ob gedachter gestalt beschweret hätte / würden ohn zweifel die Kriegsknechte bezeugen können[686] / die haussen vor dem Schloßtohr wacheten. Wie sie dann bey schleuniger Verhörung einmühtig ablegeten; der Christ währe ohngefehr vorüber gangen / da ihn der Jude angespien / schändlich außgemacht / und ob gedachte Worte daneben geführet hätte. Worüber der GroßFürst sich dermassen erzürnete / daß er befahl ihn mit Knütteln zu tödten. Weil aber Herkules und der Christ vor ihn bahten /daß ihm das Leben möchte geschenket werden / wolte der GroßFürst weiter nicht verfahren / sondern stellete Herkules frey / die Urtel nach belieben zu fellen; Der ihn vorfoderte / und zu wissen begehrete / ob ihm seine Bosheit leid währe; welcher aber nichts anders antwortete / ohn das er umb verzeihung baht / weil er nicht gewust hätte / daß er ein Christ währe. Ob ich ein oder kein Christ bin / sagte Herkules / bin ich nicht schuldig dir Buben rechenschaft zu geben; nur antworte mir auff meine Frage / ob dir leid sey oder nicht / was du wieder der Christen Gott außgespeiet hast. Der Jude sahe vor sich nider / aber kein einziges Wort kunte man aus ihm bringen / daß endlich Herkules sagete: Dieser Lästerer ist in seiner Bosheit so verhärtet / daß alle besserungs Hoffnung an ihm verlohren ist; ich bitte aber sehr / ihre Durchl. wollen ihn ungestraft gehen lassen / weil er die Obrigkeit und ihre außdrükliche Satzungen nicht beleidiget noch übertreten hat; vor das übrige wird ihn der gerechte Gott schon finden. Euer Liebe zu gefallen / sagte der GroßFürst / endere ich meinen Vorsaz; du solt aber /sagte er zu dem Juden / mit diesem Christen hin zu allen denen gehen / die du vor diesem hast beleidiget /uñ ihnen mit gebogenen Knien und gefaltenen Händen abbitte tuhn / oder ich wil dich mit deinem ganzem Hause stündlich lassen ans Kreuz heften. Der Jude versprach allen Gehorsam / sein Leben zuerretten /und ging mit dem Christen hin / da unfern vom Schlosse drey erschrökliche grosse schwarze Hunde Nordwerts herzu lieffen / und den Juden ohn einziges gebelle anfielen / in kleine Stücke zurissen / und doch nichts von ihm frassen / sondern liessen alles liegen /ohn daß sie das Eingeweide auff der Gassen zerzerreten; und ob gleich eine sehr grosse menge Volkes dabey stund / kehreten sich doch die Hunde an niemand / sondern nach verrichteter Taht lieffen sie deß Weges den sie kommen wahren / und sahe kein Mensch wo sie endlich blieben. Der Christ entsetzete sich über der göttlichen Rache / lobete seinen Heyland / daß er seine Ehr selber geschützet hatte / und kehrete wieder nach dem Schlosse / dem GroßFürsten ein solches anzumelden. Da man nun seine gegenwart der Fürstlichen Geselschaft zu wissen taht / meinetẽ sie / er würde von dem Juden auff ein neues beleidiget seyn / auff welchen Fall der GroßFürst ihm die äusserste Straffe dräuete. Des Christen erschrockenes Angesicht zeigete etwas sonderliches an / daher in Herkules fragete / worüber er sich dergestalt entsetzet hätte. Dieser gab zur Antwort: Durchleuchtigste gnädige Herren und Frauen; es hat der almächtige Gott ein ernstliches Beyspiel seiner Gerechtigkeit an dem Gotteslästerlichen Juden sehen lassen; dann als derselbe mit mir fortging / und ohn unterlaß mir zum verdrieß diese Worte mit sanfter Stimme wiederhohlete; der Christen Gott ist dannoch ein Lügen-Gott: Ich aber dagegen meine Andacht gen Himmel richtete /Gott möchte ihm diese Lästerung verzeihen / wañ ers aus unwissenheit tähte kahmen alsbald drey grausame Hunde herzu gelauffen / und zu rissen ihn in stücken /welches über zwey hundert Menschen angesehen / uñ noch beschauen / weil sie kein Bißlein von ihm gefressen / sondern alles liegen gelassen auch ohn andere weitere beschädigung[687] einiges andern Menschen davon gelauffen sind. Die Anwensende entsetzeten sich über dieser Erzählung / und gingen mit einander hin / das Wunder zu sehen; aber Herkules sagete in seinem Herzen: Gelobet seistu mein Heyland / daß du deines Nahmens Ehre gerochen / und diesem unwissenden Volke deine göttliche Krafft hast zuerkennen gegeben / und bitte dich demühtig / erhalte mich in erkäntnis deiner seligmachenden Warheit zu dem ewigen Leben. Ladisla wahr wegen dieses Wunders in seinem Gewissen ganz erschlagen / sahe mit zittern an / wie abscheulich der Jude zurissen / und alle seine Knochen zubrochen wahren / daß das Mark und Gehirn unter dem Blute vermischet lag / und sagete zu Herkules: Lieber Bruder / ich habe mit meinem ehmaligen schändlichen Gespötte wol verdienet / daß dein HErr JEsus gleiche straffen über mich kommen liesse; so hilff mir nun unsern Heyland ängstiglich bitten / daß er mir meine abscheuliche Lästerungen allergnädigst verzeihen möge / weil ichs nit aus Boßheit / sondern aus Irtuhm getahn habe. Herkules tröstete ihn in seiner Herzensangst; er solte zwar diese Begebnis wol zu gemüht fassen / aber nicht zaghafft darüber werden; währe er gleich vorhin ein Feind Gottes gewesen / und hätte lästerliche Reden aus unwissenheit wieder den Sohn Gottes außgegossen / währe ihm doch solches schon alles verzihen und vergeben / weil er diese seine Sünde bereuete / und mit rechtschaffener Busse sich hin zu dem Sündenträger gewendet hätte; nur allein solte er sich hüten / daß nach einmahl erkanter Warheit er nicht wieder abfiele / und zum Heydentuhm sich begäbe; alsdann wolte er ihm seine Seele verpfänden / das Christus Blut ihn von vorigem schon gesaubert uñ rein gewaschen hätte. Ey so wolte ich mich lieber in hundert tausend Stücken zerlegen lassen / antwortete er / ehe daß ich meinen Heyland angeben und schänden wolte. Ich lobe deinen Vorsaz /sagete Herkules / und Gott hat ein wolgefallen an demselben / du must aber deinen Heyland Herz- und täglich bitten / daß er dich hierin stärcken / und die Hand nicht von dir abzihen wolle / dann alle bestendigkeit im Glauben rühret nicht aus unser Kraft / sondern aus des heiligen Geistes Wirkung her. Den GroßFürsten und die andere Anwesende traf ein grausen wegen des Juden Unfalles / und bekenneten öffentlich / der ChristenGott währe in Warheit kein geringer Gott / daher man ihn nicht schänden / sondern unter die Zahl der wirdigsten Götter setzen müste; und solches redeten sie nach ihrer heidnischen Einfalt / weil sie ihren gefasseten Irtuhm nicht ablegen kunten. Herkules aber nam den Christen beyseit / und befahl / er solte des folgenden Morgens auff gewisse Zeit sich vor dem Schlosse finden lassen / und bey dem Bischoffe eine Christliche einfältige Predigt über die Häuptlehren / von Gottes Wesen / und seiner Barmherzigkeit / auch von Christus gnugtuhung / und dann von der Busse und Glauben bestellen / und zwar wegen seines Gesellen / der im Glauben annoch schwach und unwissend / und erst vor weniger Zeit zum Christentuhm getreten währe; Er aber wolte mit seinem Diener da gegenwärtig / das heilige Abendmahl empfangen. Der Christ / nahmens Ammonius /bestellete solches willig / aber als er des folgenden Morgens sehr früh sich nach dem Schlosse verfügete /den unsern solches anzumelden / ward er von etlichen vermummeten Männern / welche aus einer Nebengasse unvermuhtlich hervor sprungen verfolget / und weil er gerader Füsse wahr / daß sie ihn nicht erhaschen kunten / wurffen sie mit Steinen weidlich auff ihn / daß er an der rechten Schulter hart gnug beschädiget ward / doch entging er ihnen / kam bey dem Schloßtohr an / und klagete[688] den wachenden Kriegsknechten daselbst / was ihm begegnet wahr / uñ er nicht anders muhtmassen könte / als daß es Juden seyn müsten. Weil sie dann solches mit Augen selbst gesehen hatten / gingen ihrer etliche loß / die Gewalttähter zu erhaschen / deren sechse wahren /aber nur zween von ihnen ertappet und dem Hauptman übergeben wurden / welcher alsbald alles an den GroßFürsten gelangen ließ / der in grossem Eifer Herkules und Ladisla zu sich foderte / und dem Christen Ammonius / nach dem er verbunden wahr / befahl /alles zuerzählen. Die beyden Gefangenen wurden dar auff vorgefodert / und unter der bedräuung der grausamesten Pein / absonderlich verhöret / da der eine aus Furcht / die Warheit bekennete / es hätte die ehrliche Judischeit dieser Stad sich gestern Abend verbunden /nicht zu ruhen / ehe dañ der Zäuberer Ammonius von ihnen getödtet währe / welcher durch des Teuffels Hülffe den ehrlichen und beständigen Juden Eleasar so schändlich umbgebracht hätte. Der GroßFürst fragete nach den Redelsführern / bey deren benennung dieser sehr unbestendig redete / daher er samt seinem Gesellen auff die Folter gelegt / und alles aus ihnen gebracht ward. Kaum wahr die befragung geschehen /da zeigete ein Auffwarter an / es währen in die 100 Juden vor dem Schlosse / und hielten demühtig an /daß der GroßFürst sie gnädigst hören möchte. Er stellete alles mit Herkules und Ladisla in Raht / und ließ sie alle in den Vorplaz kommen / da sie von 200 Kriegsknechten umbgeben wurden. Herkules ging zu ihnen hin / und zeigete an / daß GroßFürstl. Durchl. sie hören wolte / jedoch daß sie zuvor zehn auff dem Zettel benennete vor seine Durchl. allein solten treten lassen. Sie merketen daraus / daß die Sache schon verrahten wahr / und begehrten Bedenkzeit / welches ihnen Herkules verweißlich auffrückete / und ihnen riet / sich ja gehorsam zubezeigen; worauff die begehreten mit gingen / sahen die beyden Gefangenen in elender gestalt zur Seite sitzen / weil sie wegen der Folterungsschmerzen nicht stehen kunten / uñ erschraken darüber daß sie erzitterten. Des Großfürsten geheimer Schreiber fragete sie aus der Uhrgicht / ob nicht ihrer viere mit den zween Gefangenen in vermummeter gestalt den Christen Ammonius verfolget hätten. Vors ander: Ob nicht die übrigen sechse den Anschlag über Ammonius gemacht / und daß sie ihn vor einen Zäuberer angeben wolten / damit ihre Sache desto scheinbahrer / und der Christ getödtet werden möchte. Die viere kunten ihre Taht nicht leugnen; die sechs übrigen zeigeten an / daß sie als Vorsteher ihres Volkes sich der Sache billich angeno en hätten /ihrer aller Ehre zu retten. Sie wurden darauff absonderlich allezehne befraget / ob die sechs vermu ete mit vorbewust / und aus geheiß der sechs Vorsteher dem Christen Ammonius zugesezt hätten; welches die Verfolger mit schlechtem ja; die andern aber mit unbestendiger Rede beantworteten / biß ihnẽ die Peinigung angesaget ward / und sie darauff mit einstimmeten; daher sie alle 12 hinab geführet wurden / und der geheime Schreiber diese Urtel vor allen Juden ablase: Demnach gegenwärtige 12 Juden den gemeinen Frieden gebrochen / und einen frommen unschuldigen Einwohner dieser Stad auff freier Gassen biß an das GroßFürstliche Schloß mit Stein-werffen verfolget /des Vorsatzes / denselben vom Leben zum tode zu bringen / wodurch sie ihre Obrigkeit selbst geschändet / und unerhörter Sache eine vermeinete Rache anstellen wollen / die ihnen keines Weges zustunde / ob sie gleich von dem verfolgeten (welches doch nicht geschehen) beleidiget währen; so hätte der GroßFürst beschlossen an[689] diesen 12 verbrechern ein Beyspiel sehen zu lassen / durch welches andere ihres gleichen / uñ jedermänniglich von dergleichen offenbahren Mordtaht abgeschrecket würde; wurden also dieselben hiemit und Kraft dieses verurteilet / daß sie alsbald solten gegeisselt und lebendig an Kreuze mit Nageln auffgehenket werden / unter der verwahrung / daß /wer vor sie eine Vorbitte einlegen würde / eben solcher Straffe solte unterworffen seyn. Den unschuldigen Christen Ammonius (dafern man nicht volgültigen Beweißtuhm führen würde / daß er ein Zäuberer währe) hätte der GroßFürst unter seinen sonderbahren Schuz und Schirm genommen / also und dergestalt /daß / wo einziger Jude durch sich selbst oder durch andere / mit Worten oder Werken / ihn würde beleidigen / solten alle Anwesende 90 Juden mit der Kreuzigung bestraffet / ihre Weiber und Kinder Leibeigen gemacht / und alle ihre Güter der GroßFürstl. Schazkammer eingeliefert werden; wie dann der 12 verurteileten ihre Güter der hohen Obrigkeit verfallen währen / davon der unschuldige Ammonius den zehenden Teil / das übrige der GroßFürst zu sich nehmen würde. Die Juden ingesamt erschraken der Urtel zum höchsten / fielen alle miteinander nider zu der Erden / uñ trieben ein jämmerliches Geheule / aber es wahr keine Gnade zuerhalten; Die verdammeten wurden alsbald hinaus geführet / mit denen Herkules ritte / ob er ihrer etliche zum Christlichen Glauben bekehren möchte / und weil es vergebens wahr / machte er sich wieder zurücke / und wolte der Volstreckung nicht beywohnen. Die übrigen neunzig Juden begaben sich nach hauß ohn getahne Vorbitte / damit sie nicht in gleiche Straffe fallen möchten / und ward hiedurch Ammonius und der ganzen Christenheit Ruhe und Friede vor den Juden geschafft weil diese in den Wahn gerieten / der GroßFürst selber währe ein Christ worden. Herkules samt Ladisla / Leches / Gallus und Plautus gingen mit Ammonius hin zu der Christlichẽ Versamlung / in eines Rahtsherrn Haus /welcher ein heimlicher Christ wahr / und die unsern sehr ehrerbietig empfing / auch sie auff einen wolgezierten Saal führete / woselbst der Christliche Bischoff ein ansehnlicher eißgrauer Mann / vor einem erhabenen Tische stund / auff welchem er Brod und Wein / und daneben die Heilige Schrifft Gottes liegen hatte. Er hieß die anwesende wilko en / und weil er verstund / dz sie Fremdlinge / der Lateinischen Sprache erfahren wahren / hielt er in derselben anfangs eine kurze Vermahnung zur Andacht / laß aus dem dritten Kapittel des Evangelisten Johañes / den sechszehnden Vers / Also hat Gott die Welt geliebet / etc. in dessen Erklärung er die oben berührte Hauptstücke so klar und deutlich einführete / und innerhalb drey Stunden vollendete / daß Herkules gestund / er hätte des Lehrers gleichen von Gaben und Geschikligkeit noch nie gehöret. Ladisla wahr in seiner Andacht so inbrünstig / daß er als ein verzücketer saß / uñ zum offtern seine BußTrähnen fallen ließ / insonderheit / da die Lehre von Gottes Barmherzigkeit erkläret ward /und der Bischoff die Geschichten der Kinder Israel in der Wüsten kürzlich durchlief / wie offt dieselben ihren Gott durch Abgötterey / Ungehorsam und Widerspenstigkeit erzürnet hätten / dannoch aber unser GOtt durch Mose Vorbitte sich zur gnade wenden lassen / und mit den Ubertretern geduld gehabt; nachgehends zeigete er eben solche fälle aus dem Buch der Richter / und meldete zur Lehre / daß Gott offtmahl eines ungläubigen Menschen schonete / wegen der Vorbitte eines gläubigen Christen / welches Ladisla auff sich und Herkules fein auszudeuten wuste; auch sich durch des Lehrers[690] Schluß trefflich getröstet befand / daß obschon etliche vorwitzige sich bemüheten / zuerfahrẽ / worin eigentlich Gottes Wesen und Hocheit bestünde; was er getahn hätte / und wo er gewesen währe / ehe er die Welt erschaffen; so wolte er doch mit allen einfältig-Gläubigen in steter Verwunderung bleiben / daß Gott so voll und reich von Barmherzigkeit und Gnade währe / und seinem ungehorsamen mutwilligen Geschöpff diese Gnade und unaussprechliche Liebe erzeiget / daß er seinen ewigen einigen Sohn umb ihret willen mit Fleisch und Blut bekleidet / und in den schmerzhafftesten Tod des Kreuzes dahin gegeben hätte. Leches wuste anfangs nicht / was dieses bedeuten solte / dann er wahr des Christentuhms im geringsten nicht unterrichtet; nicht desto weniger lenkete ihn der Heilige Geist / daß er sich bald schickete / diesen Glauben anzunehmen. Nach geendigter Predigt / da Herkules und Gallus mit etlichen andern anwesenden das Heilige Abendmahl empfangen woltẽ / nam Ladisla mit etlichen anderen ungetaufften Christen einen Abtrit / und ließ sich nachgehends unterrichten / was dieses vor eine Speisung währe / deren kein ander / als nur die getauffte Christen zugeniessen hätten / daß nemlich alhier zwar nur Brod uñ Wein gesehen und geschmecket würde /aber es hätte unser Heyland krafft seines Wortes es also geordnet / daß wann ein Mensch das gesegnete Brod ässe / und diesen gesegneten Wein trünke / so ässe und trünke man zugleich auch seinen Leib und sein Blut / wie es der Sohn Gottes selbst also hätte verordnet und eingesetzet / welches uns dienete zu unsers Glaubens stärkung / und zur Versicherung unser Seligkeit / wañ wirs in Christlicher Andacht und mit reinem Herzen empfingen; Weil es aber nur den getaufften Christen könte zuteil werden / möchte er sich daran nicht ärgern / und der Zeit seiner Tauffe abwarten. Was ärgern? sagete Ladisla; ich achte mich schon unwirdig / den Trost Gottes aus seinem Wort anzuhören / wie solte ich dann so verwägen seyn / und solcher hochheiligen Speise begehren? Wendete sich hierauff zu dem Bischoff / und sagete: Ehrwürdiger Vater / vor die deutliche Unterrichtung in der heiligen Lehre / und erteileten starken Seelentrost bedanke ich mich sehr / und bitte / mir ein Büchlein mitzuteilen /in welchem dieser seligmachende Glaube kurz und einfältig verfasset ist; Der Bischoff wahr willig / und ließ jedem ein kleines Büchlein reichen / in welchem der kurze Glaubens-begriff enthalten wahr. Leches fragete / womit das Büchlein bezahlet würde / uñ vernam / daß mans den armen gerne umsonst zukommen liesse / die Haabseligen aber gäben davor nach ihrem belieben / welches zur Unterhaltung der Knaben und Jünglinge angewendet würde / die täglich gewisse Stunden in Abschreibung dieser und anderer Christlichen Bücher zubringen müsten. Ladisla ließ dem Bischoff sein dankwilliges Gemüht sehẽ / indem er ihm andeutete: Er wolte noch heut ihm 12000 Kronen lassen einreichen / die auff Rente gelegt / und in drey gleiche Teile / zum Unterhalt der Lehrer; der Witwen und Wäysen / und der Bücher-Abschreiber solten angewendet werden. Leches stellete ihm einen Ring von 200 Kronen zu / und gleich so viel Baarschafft; Gallus 150 Kronen / und Plautus 40 Kronen / bekahmen jeder ein Büchlein / und nahmen damit Abscheid /nachdem Herkules 1000 Kronen versprochen / und Ladisla der Kirchen Vorbitte sich befohlen hatte. Weil die unsern in dieser gottseligen übung wahren /ging das Stechen wieder an / und als der GroßFürst auff die unsern wartete / zeigete ihm Mazeus an / er hätte vernommen / daß sie durch das gestrige Zauberwerk etwas entrüstet wären / und nicht willens / dem Stechen heut beyzuwohnen[691] / aus furcht / es möchte sich desgleichen mehr zutragen. Also zog der GroßFürst ohn weiteres nachfragen mit den seinẽ hinaus /und ließ anfangs ausruffen / dafern ein boshaffter Zäuberer heut wiederumb etwas anrichten würde /solten alle Zäuberer / so viel man deren in seinem Lande antreffen würde / zum Feur verurteilet werden; und meynete jederman / daß hiedurch der Bube währe abgeschrecket worden / weil sich dessen nichts merken ließ. Die Kreuzigung der Juden wahr gleich an dem Wege verrichtet / dahin der GroßFürst mjt den seinen zog / und trieben dieselben nicht allein ein jämmerliches Angstgeschrey / sondern auch vielfältige Lästerungen wider den Sohn Gottes / zappelten den ganzen Tag am Kreuz / biß sie gegen Abend auff Herkules Vorbitte mit Pfeilen tod geschossen wurdẽ. Gleich zu endigung des Stechens kahmen die unsern bey dem GroßFürsten an / da ihm Herkules zuverstehen gab / er hätte mit den seinen heut in aller stille ihm als ein Christ lassen seinen Gottesdienst halten /hoffete / es würde seiner Durchl. nicht zuwider seyn. Aber der GroßFürst beschwerete sich der Entschuldigung / vorwendend / er hätte Ihrer Liebe bey ihrer Ankunft alle Freyheit / nach willen zuhandeln / zugestellet / wobey es sein auffrichtiges verbleiben hätte / zugeschweigen / daß jedem fremden seine Götter billich müsten gegönnet werden. Als die Speisen auffgehoben wahren / stund Herkules auff / und mit entblössetem Häupte fing er diese Rede an: Großmächtiger GroßFürst / gnädiger Herr; die überaus grosse und recht väterliche Hulde und Freundschafft / welche Eure Durchl. wie nicht weniger die Durchleuchtigste Großfürstin / mir zeit meiner Anwesenheit erzeiget /bin ich schuldig / als lange ich lebe / zurühmen /erkeñe mich davor allerdinge verpflichtet / und werde mich bemühen / wo nicht wirklich / doch durch möglichste Zeichen / ein dankbegieriges Herz sehen zulassen. Nun wissen Ihre Durchll. ohn mein eriñern / aus was Ursachen ich die beschwerliche Reise über Meer / biß an diesen Ort fortgesetzet habe / und daß mir gebühren wil / keine gelegenheit zuverabseumen / die meinem Vorhaben ichtwas kan zuträglich seyn; bitte demnach von herzen / mein höchstgeneigeter Herr Vater und Fr. Mutter (wovor ich sie zeit meines Lebens ehren wil) wollen mir gnädig erläuben / meine Reise samt meinem Bruder Ladisla ohn weiteres auffschieben nähstfolgendes Tages fortzusetzen / damit ich meinem vorgestekten Ziel näher treten möge /umb zuversuchen / wie weit solches zuerreichen / der Barmherzigkeit Gottes gefallen werde; und weil mein geliebter Bruder / der imgleichen Euren Durchll. sich als ein gehorsamer Sohn und bereitwilligster Diener darbeut / eben des vorhabens mit mir ist / habe in unser beyder Namen ich diese Bitte vortragen wollen /nit zweifelnd / ihre Durchll. werden / in betrachtung der SachenWichtigkeit / uns gnädig und willig erlassen; fassete hierauff des GroßFürsten Hand / dieselbe zuküssen / welcher ihm aber vorkam / und ihn ganz väterlich umfing / nachgehends also antwortete: Hochwerte Herrẽ / und (welches wegen der mir gegebenen Freyheit ich von herzen rede) allerliebste Söhne; köñen sie in ansehung unser vertraulichen Freundschaft auch den allergeringsten Gedanken wol fassen / daß mit gefahr der trefflichen Fräulein / meiner herzgeliebeten Fräulein Tochter / ich sie eine Stunde / ja einen einzigen Augenblik auffhalten / und nicht vielmehr sagen wolte: Auff / und zu Pferde /damit nichts verseumet werde / was man hernach mit keinem Gelde lösen kan. O nein / ihr meine wahre HerzensFreunde; ist mir gleich eure gegenwart genehme / so sehe ich doch mehr auff eure Wolfahrt / als auff meine Vergnügung. Nun[692] weiß ich aber sicherlich / daß ein geringes verweilen eurem vorhaben vorträglicher ist / als die schleunige Eilfärtigkeit; dann euren Liebden ist ohn mein erinnern bewust / daß man auf den erst-eingesperreten Vogel viel genauer acht gibt /als auff den schon gewehneten. Lasset / bitte ich / den ohn das argwöhnischen König etwas sicher werden /dann ist ihm sein Herz zu nehmen / aber doch mehr durch List als Gewalt. Erzählete darauff / wie fleissig das Fräulein von einer Besatzung lauter Verschnittener bewachet würde / so daß kein Mannesbilde / ohn sonderbahre Königliche Erlaubniß zu ihr kommen möchte. Und was gilts / sagte er / wo nicht Eurer Liebe ich den Weg / zu ihr zukommen / bahnen muß? so folget mir nun / bitte ich / und zihet diesen meinen Raht nicht in Argwohn / gönnet mir auch zugleich /da ihr mich Vaters wirdiget / eurer Liebe bessere Kundschafft. Herkules bedankete sich der väterlichen Gewogenheit / und antwortete mit wenigem: Es währe unnöhtig / ihre Durchl. zueriñern / daß man ehe zuspäht als zu früh kähme; Sie wolten sich zu Charas schon wissen eingezogẽ zuhalten / daß durch Unvorsichtigkeit das ganze Wesen nicht übern hauffen gestossen würde; währen nicht desto weniger willens /bey ihrem Gn. Herr Vater sich noch etliche Tage auffzuhalten / weil seinem väterlichen Herzen es also gefiele; im übrigen bähten sie / seine Durchl. wolte alle mahl die hohe gewogenheit fortsetzen / als dessen Raht und Hülffe ihr Vorhaben mehr als alles ihr Vermögen / befodern könte / daher sie auch nähst Gott sich auf seinen Beystand verliessen. Der GroßFürst wahr mit diesem erbieten friedlich / und übete Herkules den jungen Medischen Fürsten Arbianes im reiten / rennen / stechen / fechten / springen und ringen / daß er in geringer Zeit mehr von ihm fassete / als er sonst sein lebelang nicht würde gelernet haben / weil insonderheit er etliche böse Stükchen im reiten angewähnet hatte / die ihm zu allen ritterlichen übungen sehr schädlich wahren.

Unsere Herkuliska ward inzwischen in ihrem Schlosse als in einem Kefig verwahret / da es ihr an königlicher Verpflegung nicht mangelte / nur daß sie ausserhalb Schlosses nicht kommen durfte / hatte auch keinen Menschen umb sich / mit dem sie vertraulich reden mögen; so durfte Timokles nicht zu ihr kommen / ja nicht eins sich merken lassen / daß er ihr zugehörete / sondern ihrem Befehl nach / hielt er sich in einer Herberge auff / nicht weit vom Schlosse / als einer der etwas zu sehen / sein Geld verzehrete. Er lebete kärglich / hielt nur einen Diener zu Fusse / und ein Pferd auff der Streu / wolte auch von seinem Wirte nicht herlich gespeiset seyn / dem er aber reichlich zahlete / und seinen Kindern / deren er ein zimliches Häuflein hatte / fast täglich geschenke und nottürftige Kleider gab / wodurch er sich sehr beliebt machete. Pharnabazus hatte ihm angezeiget / der Fräulein Befehl währe / daß er auff den Fall / ihr Herkules Ankunfft mit einem weissen / Ladisla gegenwart mit einem rohten Tüchlein in der Hand / solte bezeichnen / da aber nur Botschaft von ihnen kähme /solte er die gute mit gelber; die traurige mit blauer Farbe andeuten. Anfangs wolte das Frauenzimmer sich zu gemein mit ihr machen / dem sie bald vorbauete / uñ ein sonderliches Gemach wählete / auff welches niemand ungefodert durfte zu ihr kommen /daher sie es die verbotene Stube nennete. Ihr Ansehen zuerhalten / wählete sie aus den zwölf Jungfern eine Leibdienerin / nahmens Aspasia / und unter den vier Frauen eine Hofmeisterin / Fr. Sysigambis; verteilete je viere uñ viere in ein Gemach / welche täglich zwo Stunden in dem grossen Saal zusammen kommen /und rechenschaft geben musten / was sie gewirket /gesticket[693] oder genähet hatten / dann sie wolte ihnen durchaus keinen Müssiggang verstatten. Weil sie auch etliche etwas leichtsinnig seyn spürete / gab sie nicht allein jedem Teil Jungfern eine Frau zur Auffseherin zu / sondern versetzete sie stets umb den andern Tag / welches sie so bund zu karten wuste / dz die ganze Zeit über sie nit wieder auff ein Gemach kamen / die einmahl beyeinander gewest wahren. Hiedurch erhielt sie ihr Frauenzimmer in gehorsam / Furcht /Fleiß und Frömmigkeit / und daß sie nicht anders als fremde miteinander lebeten; Ja sie wuste auff Begebenheit sich dergestalt in ihre Gemühter einzuschlingen / daß sie einer jeden Art und Begierden völlig erkennete. Inzwischen hielt sie sich gegen alle so züchtig / daß sie sich von keiner einzigen an etwa ihrem Leibe nacket sehen ließ / so gar / das ihr ganzes Frauenzimmer zweiffelte / ob sie ein Fräulein oder Jüngling währe / weil sie anfangs sich in Mannes Gestalt angegeben hatte. Ihre Ubung wahr mannigfaltig / vor erst hatte sie einen kleinen Wagen mit zwey Pferden /mit welchem sie im Schloßplatze zu rennen pflag /daß sie den Wagen zu wenden treflich fertig ward. Dabey hatte sie ein Reitpferd / welches auch täglich muste getummelt seyn. Unter ihrer Besatzung wahren etliche geūbete Fechter / die ihr mannichen Streich ablerneten. Pfeil und Bogen gebrauchete sie am meisten; so erlustigete sie sich nicht wenig mit der Angelruhte / wann sie auff der hohen Maur mit verdecketem Angesicht saß / und aus dem tieffen Graben die köstlichsten Fische fing und zu ihr hinauff zog. Zu zeiten erzählete sie ihrem Frauenzimmer / was vor Unglük sie schon erlebet und auff der Reise außgestanden /wodurch sie ihnen manniche mitleidens Trähnen hervorlockete. Auch muste ihr der König einen Altar bauen lassen / gab vor / ihr gelübde erfoderte solches / daß sie der Göttin Vesta den täglichen Weihrauch opffern müste. Der König hingegen wuste seine Freude nit zu mässigen / dz er ein Fräulein nach allem Wunsch angetroffen hatte / rühmete solches so Schrift- als mündlich bey seinen Fürsten und Gewaltigen / und daß ihm ein sonderlich angenehmer Wille geschähe / wer ihm hülffe sein Fräulein ehren. Was nun dieses nach sich führete / wahr leicht außzulegen / daher fast kein Beamter wahr / der nicht ein köstliches Geschenk nach vermögen eingeschikt hätte / mit untertähnigster Bitte / ihre GroßKönigl. Hocheit möchte durch ihr hochvermögen dem undüchtigen Geschenk die Wirdigkeit erteilen / dz es dem unvergleichlichẽ Fräulein / als ihrer schier-künftigen GroßKönigin dürffte eingeliefert werden; und dieses tahten nicht allein die geträuen Diener / sondern auch die Fürsten so sich wieder ihn heimlich verbunden hatten / umb Argwohn zuvermeiden / triebens am eiferigsten / daß sie wol aus den abgelegensten Indien die kostbahresten Sachen bringen liessen / und dem Fräulein zuschicketen / welches alles der König zu sich nam /und hernach durch ihre Hofmeisterin nebest den beygefügeten Schreiben ihr zustellen ließ; daher sie Zeit ihrer Anwesenheit zu Charas einen solchen Schaz samlete / welcher sich auff viel Tonnen Goldes belieff / daß wann sie so nidriges gemühts gewesen / und durch schenkungen hätte können geblendet werden /sie ihren Herkules wol hätte auffgegeben; aber ihre tugendhafte Seele hielt solches alles vor Koht und eitel; ja sie hätte es mit keinem Auge angesehen / noch mit Händen berühret / da sie des Königes Ungnade nicht zubefürchten gehabt. Also muste sie sich in die Zeit schicken / wie ihr treflicher Verstand sie darzu statlich anführete / daß sie auff einliefferung dem Könige allemahl einen Dankbrieff zuschickete / in welchem sie doch so behutsam ging / daß sie ihn weder[694] an ihrer Liebe zweifeln machete / noch zu einiger Begierdesreizung gelegenheit gab. Ihr verbohtenes Gemach wahr Westwerts gelegen / und kunte sie durchs Erker-Fenster diese ganze Seite außwendig übersehen / woselbst Timokles nach ihrem Befehl sich täglich zubestimmeter Zeit anfand / daß nicht allein sie ihn / sondern er sie auch im Fenster wol sehen und erkennen kunte. Uber vorigem anmelden durch die Farben /hatte sie ihm noch befehlen lassen / da etwas hochwichtiges vorgehen würde / welches ihr zu wissen nöhtig / solte er ihr solches zuschreiben / und den Brieff in einem hohlen Pfeile überschiessen / worzu sie ihm den Ort früh genug bezeichnen wolte. Nachdem sie nun über einen Monat lang nach ihrem Herkules umsonst aussahe / machte diese Verzögerung /oder vielmehr der Zweifel seiner Ankunfft ihrem Gemüht nicht geringe Sorgen / welche sich in ihr innerstes senketen / dz ihr anfangs die Lust zur Speise vergieng / und fast einen steten Durst empfand / welchen sie auch bißweilen zu Nachtzeiten mit einem Labetrunk stillen muste / daher ihre Schönheit sich umb ein grosses ringerte / welches ihr Frauenzimmer mit höchstem Kummer empfunden / und sie untertähnigst bahten / ob sie ein Anliegen oder Leibesschwacheit merkete / möchte sie es beyzeiten offenbahren / daß ihr könte raht geschaffet werden; entstünde es aber aus Betrübniß des Gemühts / würde sie ihrem göttlichen Verstande nach sich dessen schon wissen zuentschlagen / und sich dem zu Trost und Ergetzung zuerhalten / der sie mehr als seine Seele liebete. Ja / antwortete sie / wann ich hierauff nicht bedacht währe /hätten mich die Würmer schon verzehret; Ihr sollet euch aber meinet wegen nicht bekümmern / dann ich weiß / daß es mit mir nicht noht zum Tode hat. Das Frauenzimmer empfand hiedurch etwas Trostes / welches doch nicht lange wehrete; dann des folgenden Tages fiel sie ein hitziges Fieber / welches dem Könige bald kund getahn ward / welcher dessen heftig erschrak / und die vornehmsten Aerzte der Stad versamlẽ ließ / mit eiferiger Bedräuung / dafern sie nit Raht schaffen / und dem Fräulein zu voriger Gesundheit verhelffen würden / müste es ihnen das Leben kosten. Der erfahrneste unter ihnen gab dem Könige zur Antwort: Er / neben seinen zugeordneten wolten allen menschlichen Fleiß anwenden und spüren lassen /auch verhoffentlich mit der Arzney gutes wirken / da fern ihm und etlichen anderen nur würde vergönnet seyn / dem Königlichen Fräulein 24 Stunden aneinander auffzuwarten / daß man der Krankheit Art / Hefftigkeit / Abwechselung und Ursachen nachsuchen könte. Der König ließ ihnen solches gerne zu / und durffte das Fräulein nicht widersprechen / wiewol sie ihnen an ihrem Leibe nichts mehr gestattete / als die SchlagAdern an den Armen zubegreiffen / uñ auff ihren Athem / Hände- und Angesichts-Hitze zuachten; stellete sich sonsten frisch / ob empfünde sie weder Anliegen noch Schmerzen / welches die Aerzte doch aus den Zeichen anders befunden / die nach verlauff der berahmeten Stunden sich wieder nach dem Könige verfügeten / da der vorige also redete: Allergroßmächtigster unüberwindlichster König / allergnädigster Herr; die gütigen LebensGötter werden nicht zugeben / dz die unvergleichliche Blume menschliches Geschlechts (billich nenne ich dieses Königliche Fräulein also) vergehen solte / noch ehe sie sich recht aufgetahn / und Ihrer GroßKönigl. Hocheit die Niessung eingeliefert hat / deren sonst kein Mensch dieser Welt fähig ist / und dahero durch der Götter Verhängniß nohtwendig hat müssen hieher geführet werdẽ. Sol ich nun mein bedenken von ihrer Krankheit geben / so ist dieselbe zwar geährlich / jedoch nit verzweifelt-böse /[695] kan auch durch sorgfältige Arzney vertrieben werden /wann nur dz Königl. Frl. nit selbst durch schwermuht erstickẽ wird / wz der Hi el gerne erhaltẽ wil. Alle Zeichen / die ein Arzt wissen uñ suchẽ kan / so weit es vergöñet ist / geben Zeugniß eines wolgeseztẽ gesundẽ Leibes; Lunge uñ Leber / Milz uñ Nieren sind gewünscht volko en / nur dz Herz leidet Noht / wiewol nit durch mangel / sondern wegen Gemütsbekü ernis / so dz auch das Geblüt schon davon geärgert /und in etwas angangen ist. Aber ihre Hocheit wenden jeztangedeutete Ursach der Krankheit allergnädigst ab / welches deroselben leicht wird zu tuhn seyn; vor das übrige wil ich stehen. Artabanus wolte anfangs nicht gläuben / das sein Fräulein durch Schwermuht diese Krankheit ihr solte zugezogen haben; jedoch / weil die Aerzte es einhellig bejaheten / fragete er / durch was Mittel sie meineten / daß solche von ihr könte abgekehret werden. Wann ihr Anliegen mir bewust währe / antwortete der vorige / müste man weiter sinnen / dem Gemühts-Ubel zubegegnen; solte ich aber meine Gedanken zu öffnen Freyheit haben / wolte ich fast schwörẽ / biß auff dreyerley zuerrrahtẽ / was ihr diese Seelen-beschwerung verursache. Als nun der König solches von ihm in geheim hören wolte / uñ mit ihm in ein absonderliches Gemach trat / fuhr der Arzt weiter also fort: Ihre GKönigl. Hochheit werden mir recht geben / ja mit mir schon einer Meinung seyn / daß das Fräulein entweder die Abwesenheit von ihren Eltern und Anverwanten; oder ihre harte Einsperrung; oder sonst eine künftige Wiederwertigkeit /welche sie befahret und nicht melden darf / in ihrem Herzen betrauret; umb diese dreyerley muß man sie befragen / nebest anmeldung / so bald sie genesen werde / solte ihrem Begehren gewilfahret / und die Wiedrigkeit aus dem Wege geräumet werden. Hiedurch wird die Hoffnung alle Traurigkeit vertreiben /und die Feymühtigkeit unsere Arzney nach Wunsch wircken machen; im Falle aber dieses nit helffen wolte / müste man sie mit etwas bedräuen / daß ihr am heftigsten zuwieder währe. Artabanus hörete ihm fleissig zu / lobete seinen guten Verstand / und befahl ihm / dieses nach seiner besten Weißheit zuverrichten / welches mit hoher Gnade solte ersetzet werden. Die übrigen Aerzte / deren 25 wahren / wurden beurlaubet / und jedem 1000 Kronen gegeben / nur der eine nam die Mühe auff sich / ging hin zu dem Fräulein / und wie er dann gnug beredsam wahr / fing er also zu ihr an: Durchleuchtigstes gnädigstes Fräulein; ihre GroßKönigl. Hocheit entbieten ihrer Durchl. alle Gnade und Liebe / und weil dieselbe von den Aerzten berichtet sind / daß ihrer Durchl. Krankheit nur aus Kummer und betrübnis hervor quelle / als lässet allerhöchstgedachte ihre Hocheit / dieselbe väterlich erinnern / sich alles grämens zu entschlagen / und nur kühnlich anzudeuten / was die Ursach ihres hermens sey; alsdann wollen sie äusserst sich bemühen / solches zu endern. Insonderheit ist mir allergnädigst anbefohlen / diese dreyerley zu erfragen; erstlich / ob ihre Durchl. nach ihrer Fr. Mutter verlangen trage /solle alsbald eine ansehnliche Bohtschaft an dieselbe abgeschicket werden; oder ob derselben diese Einsamkeit mißhage / wolle der GKönig sie auff sein Schloß nehmen; oder ob sie sich einiges wiedrigen befahre / solle ihr satsame Versicherung geschehen /daß alle Furcht vergebens sey. Ist nun / daß ihre Durchl. Königlicher Hocheit hierin gehorsamen / und meine Wenigkeit zum untertähnigsten Knecht zugebrauchen / wirdigen wil / wolle dieselbe mir gnädigst anzeigen und befehlen / was ihre Erklärung / und meine verrichtung sey. Das Fräulein hatte dieses FuchsesSchlauheit schon gestriges tages gemerket /[696] und wie sie sich des ärgesten befürchtete / ging sie sehr behutsam / da sie anfangs zu ihm sagete: Mein Freund / ich schätze euch über alle Aerzte / die leben mögen / inbetrachtung / daß ihr nicht allein meines Leibes / sondern auch des gemühts Gebrechen habt erkennen können; welches trauen eine anzeige ist eines treflichen verstandes; und lobe ich meinen König sehr / daß er sich eures Rahts gebrauchet; ja ich schätze ihn vor glükselig / daß ihm die Götter euch gegönnet und zugeführet haben. Die drey mir vorgestellete Fragen zubeantworten / bin ich nicht allein willig / sondern auch schuldig / meinem allergnädigsten Könige zugehorsamen; gebe euch demnach zuvernehmen / daß es nicht allerdinge ohn ist / das mein Gemüht etliche Tage her harte und schwere anfechtungen erlittẽ / welche unleidlicher sind als der Tod; daß aber hierin die ganze Ursach meiner Leibesschwacheit bestehen solte / kan ich mir nicht einbilden / und doch euch nicht vor übel halten / daß ihr solche nicht wisset. Betrachtet bitte ich / daß ich dem Leibe nach ein junges / zartes und schwaches Fräulein bin; dagegen haltet nicht allein / daß ich zu dreyen unterschiedlichen mahlen in Räuber Hände gefallen /sondern über Meer und Land in die 800 Meile geschleppet bin; wie manniches ungewöhnliches Gewitter habe ich erlitten; wie heftige Hitze hat mich gebrennet; wie mannichen ungesunden Trunk habe ich eingeschlukt; wie oft ist mir die nöhtige Ruhe gestöret worden. Suchet nun / mein Freund / suchet meiner Krankheit Ursach; ihr werdet deren zehne vor eine finden. Jedoch leugne ich nicht / daß meines gemühtes Leiden auch der Gesundheit meines Leibes abbruch tuhe; aber diß eine Pferd trecket den Unglükswagen nicht allein / ihr werdet ein starkes Span davor gestricket sehen. So wil ich nun auff eure Rede kommen / da mein König zu wissen begehret / was meine Gedanken ängstige. Vermeldet seiner Hocheit dẽ äussersten Gehorsam von seiner armẽ Magd / die er an zeitlichen Gütern in dieser kurzen Zeit reicher gemacht hat / als alle ihre VorEltern nicht gewesen sind / und versichert dieselbe wegen der ersten Frage / daß ich nicht Ursach habe / nach meiner Fr. Mutter oder nach meinem Vaterlande verlangen zutragen / so lange derselbe nicht darinnen ist / welchen ich mehr als mich selbst liebe / wegen der Liebe die er mir träget. Auch suche ich nicht / die vorige Armut mit dem jetzigen Reichtuhm wieder zuvertauschen, wolte aber ihre Hocheit meiner betrübten Fr. Mutter nach diesem meine Glükseligkeit zuwissen tuhn / wil ich nicht wiedersprechen. Auff die andere Frage antworte ich mit Bestendigkeit / daß diese meine Einsamkeit und Verwahrung mir die aller angenehmste Freyheit sey /die mir dieser Zeit Gelegenheit nach begegnen könte /werde auch ohn zweiffel des todes seyn / dafern man mich derselben beraubet. Wollet ihr nun euer äusserstes Unglük von euch abwenden / und daß ich nicht dereins mich grausam an euch rächen sol / so tichtet und erdenket Raht und Mittel / daß weder ihr noch einiger Mensch meinen König dahin verleite / mich von diesem Schlosse hinweg auff seines zunehmen / wie ihr dann durch vorwendung mannicher Ursachen es leicht hintertreiben könnet; und warumb ich dieses so hefftig begehre / wird euch aus meiner Antwort auff die dritte Frage klar genug werden. Es ist wahr / fuhr sie fort / daß mich eine Furcht der künftigen Wiederwertigkeit drücket / welche ich bißher keinem Men schen offenbahren dürffen / stehe auch noch diese Stunde bey mir an / ob ichs ohn Lebensgefahr werde tuhn können; dann es ist die grösseste Angst meiner Seele / uñ bin entschlossen gewest / es mit mir in die Grube zu nehmen; wiewol meinem[697] Könige zugehorsamen / wil ichs euch alles ausbeichten. Hat mein König euch noch nicht wissen lassen / was gestalt ich der ernstlich-gerechten Göttin Vesta / biß zum Ende meines siebenzehnden Jahrs verlobet bin? so höret es anjezt aus meinem Munde. Merket nun weiter meine Rede / und zweifelt so wenig an der Warheit / als an meines Leibes jetzigem Gebrechen. Ich erzittere vor der Erzählung / und zweifele / ob nicht diese Göttin mir deswegen gehässiger werde / als sie schon ist. Vor ohngefehr drey Wochen (so lange hat mein Frauenzimmer meine merkliche Verenderung gespüret) lag ich im tieffen Schlaffe / eine Stunde vor Tage / als die saursichtige Göttin Vesta mich mit diesem Verweiß anfuhr: Ist dirs nicht schon verbrechens gnug / O du Undankbare / daß du meinen Opfferherd ohn Rauchwerk stehen liessest / da du zu Ekbatana Gelegenheit gnug gehabt hast / dich deiner Schuldigkeit zuerinnern; und kanst überdas noch mit Hochzeitgedanken umgehen / die mir so gar zuwider sind; ja dir einen lieben Bräutigam wählen / weil du noch in meinem Bunde stehest? traue mir / daß deiner frommen Mutter Gebeht die einige Ursach deines Lebens ist / welches wegen deines schlimmen Ungehorsams mir schon verfallen war. Nicht sage ich dieses / ob wäre dir dein Verbrechen schon verzihen; O nein; du solt zeit deines Lebens hieran zukäuen haben. Wirstu dann über vorigen Frevel so verwägen seyn / und vor Endigung der Zeit deines Gelübdes / ohn meine Einwilligung (die nur von Prag müste hergehohlet werden) dich in Mannes Armen finden lassen / es geschehe aus freyem Willen oder durch Zwang; alsdann wil ich von dir und deinem unbillichen Gemahl eine solche Rache nehmen / daß ihr beyderseits aller Welt sollet zum Beyspiel dienen. Ich warne dich nicht vergebens / dann des Königes und deine Gedanken sind mir nicht verborgen; Hütet euch / O hütet euch vor der Götter Zorn / welcher ungleich schwerer ist / als daß MenschenHände sie abhalten könten. Woltestu aber mich fragen / durch was Mittel du dich mir rein und unbeflecket bewahren könnest / so hastu Feur / Wasser / Schwert / Gifft / Strang / solches brauche wider meinen Beleidiger so lange du kanst / oder zum wenigsten gebrauche es wider deinen eigenen Leib / damit deine arme Seele von der gar zu schweren Straffe frey bleibe. Sehet mein Freund / sagte das Fräulein weiter / ob ich nicht ursach habe / meiner Seele die betrübniß zugönnen / und kommet mir / ist es möglich / mit eurem klugen Raht zu hülffe / des wil ich zeit meines Lebens euch verpflichtet seyn. Der Arzt hörete alles mit Verwunderung an / kunte wegen ihrer Ernsthafftigkeit nicht die geringste Muhtmassung ergreiffen / daß sie anders als die Warheit geredet hätte / und gab ihr zur Antwort: Durchleuchtigstes Fräulein; ich muß freylich gestehen / daß ihr Gemüht nicht ohn ursach verwirret ist. Aber ist Euer Durchl. dieses Gesichte mehr als einmahl erschienen? Nein weiters nicht / sagete sie; nur daß die gedräueten Straffen mir stets vor Augen schweben. Weil ich aber der Göttin nicht allein grosse Opffer verheissen / sondern über das mich äidlich verbunden / entweder frölich zusterben / oder ihre Loßsprechung (es geschehe durch Endung der Zeit / oder durch ihre freywillige Enderung) abzuwarten / hoffe ich bey ihr Gnade und Barmherzigkeit des begangenen zuüberkommen; habe mir auch vorgenommen /alle Traurigkeit aus dem Sinne zu schlagen / und durch stetigen Gottesdienst mir die Göttin wieder zuversöhnen. Befahl hierauff ihrer Leibdienerin / eine bezeichnete Schachtel mit Kleinoten ihr herzureichen / daraus nam sie einen Ring und ein Halsband auff 16000 Kronen geschätzet / reichte es dem Arzt /[698] und sagete: Nehmet von mir dieses geringe Zeichen meiner Freundwilligkeit / und versichert euch / daß ich dereins mich bemühen werde / ein ungleich mehres zuleisten; hingegen aber fodere ich von euch auffrichtige Träue / als weit sie unserm Könige zuträglich /uñ euch selbst unschädlich ist; wendet auch fleiß an /meine Gesundheit zubefodern / daß ich ursach habe /dem Könige euer wolverhalten zurühmen. Dieser nam das Geschenk zu sich / versprach sein äusserstes / und nachdem er ihr etliche Arzneyen eingegeben hatte /machte er sich nach dem Könige / rühmete der Fräulein hohen Verstand / und erzählete ihm die ursach ihrer betrübeten Gedanken fast mit ihren Worten; wovor sich der König entsetzete / und dem Arzt vertraulich offenbahrete / wie er währe gesonnen gewesen / seine dem Fräulein getahne Zusage zuwiderruffen / und das Beylager in kurzer frist zuhalten / weil ihm seine Begierden zu hefftig drüngen; welches der Arzt mit betrübten Geberden anhörete / und nachgehends ihm anzeigete / in was vor ein Verderben er sich selbst und das Fräulein stürzen würde / massen die Göttin Vesta eine sehr mächtige und hart straffende Göttin währe; Dieses führete er mit so bewäglichen Gründen an / daß der König vor dißmahl sein Vorhaben zuendern bewogen ward / ließ auch dem Fräulein durch den Arzt anmelden / daß ihr die geschehene Zusage unbrüchig solte gehalten werden. Weil dann der Arzt alle Mögligkeit anwendete / und das Fräulein / in Hoffnung der schier nahenden Gegenwart ihres Herkules / vorige Fröligkeit wieder annam / ward sie in kurzer Zeit wieder gesund / und durch einen Brief rühmete sie dem Könige des Arztes Fleiß / daß er deßwegen mit einem statlichen RitterSitze verehret ward.

Nun hätte das Fräulein nicht übel getahn / wann sie des Königes erbieten befodert / und eine Botschafft an ihre Fr. Mutter hätte abgehen lassen / als welche ihretwegen herzlich bekümmert wahr; dann nachdem ihre Gesanten von Padua wieder zu Prag anlangeten /und neben Einreichung der ihnen zugestelleten Schreiben / auch mündlich ablegetẽ / was Jungfer Brela ihnen vor Zeitung von dem Fräulein gebracht hatte; kunte sie nicht gläuben / daß sie zeit ihres Lebens dieselbe wieder sehen würde; begab sich demnach gar aufs klagen und weinen / daß ihre Rähte und Frauenzimmer gnug an ihr zutrösten hatten. Ritter Neda taht das beste bey ihr / indem er ihr das gute Herz erklärete / welches sie auf der Reise getragen / auch den guten Fleiß / welchen Herkules und Ladisla zu ihrer Rettung anwendeten / daß sie sich etlicher massen zufrieden gab / und zu rahte ward / einen steten Gesanten zu Padua zuhalten / der sie schleunig berichten könte / wann Zeitung von dem Fräulein einkähme. Dieses dauchte Neda eine gewünschete Gelegenheit /sein Vorhaben desto füglicher ins Werk zurichten; baht auch untertähnigst / ihm solches Amt gnädigst zubefehlen; erzählete zugleich Brelen Zustand / und daß er sich ehelich mit ihr versprochen hätte / da er ihr zugleich ein köstliches Kleinot ihretwegen einlieferte. Die Königin hörete solches gerne / gab ihren Willen darein / und befahl ihm / sich bald fertig zumachen / damit er ungeseumet sich nach Padua erheben könte. Also zog er nach seinen Eltern / und grüssete sie samt seiner Schwester im Nahmen Libussen und Brelen freundlich / denen zwar der erste Gruß sehr angenehm / der andere aber hefftig zuwider wahr / daß auch die Schwester nicht unterlassen mochte zuantworten: Seine glükliche Wiederkunfft / und ihrer Wasen Gesundheit währe ihr lieb; das übrige aber hätte nicht groß zubedeuten / es währe dann / daß ihr Bruder[699] durch ihr anschauen in vorige Tohrheit wieder gerahten währe. Neda hatte ihm vorgenommen / sich nichts irren zu lassen / und sagte im Scherze zu ihr: Ich möchte gerne wissen / geliebte Schwester / was dir an dieser Jungfer so hefftig mißfället; an Zucht /Adel / und Schönheit ist sie ja keiner Jungfer dieses Königreichs viel schuldig / ohn daß sie ein verlassenes Wäyselein ist; Woltestu sie nun deswegen verachten / köntestu dich dadurch versündigen / daß dir dermahleins ein gleiches widerführe. Die Schwester befand sich hiedurch in etwas verletzet / und wolte schärffer loßbrechen; aber die Eltern wehreten ihr /und sagetẽ: Sie könten selber nicht billichen / dz man ehrliche Jungfern verachtete; vernähmen gleichwol nicht / daß seine Schwester desgleichen tähte / sondern es ginge ihr aus Schwesterlicher Zuneigung zu herzen / daß ihr Bruder durch Heyraht seine Güter verringern solte / massen wo kein BrautSchatz folgete / müste der weibliche Schmuk von des Mannes Gütern gezeuget werden / welches nur Schulden verursachete. Geliebete Mutter / antwortete Neda; ich stelle dieses an seinen ort / und wann ich gleich eine arme Jungfer heyrahten würde / hoffe ich doch so viel zuerwerben / daß ich sie ohn mein väterliches Erbe ernehren wolte; solte man aber einen aus Freundschafft angebohtenen Gruß so höhnisch verwerffen? zwar meine Eltern höre ich gerne / aber meiner jüngeren Schwester räume ich diese Macht durchaus nicht ein /über mich zuherschen / würde auch meinem Ritterstande und tragendem Amte sehr schimpflich stehen. Aber lieber saget mir / habt ihr auch etwz mehr auff JungferBrelen zusprechen oder an ihr zutadeln / als daß sie unbegütert ist? Nein / sagte die Mutter / wir halten sie im übrigen wirdig gnug; weil du aber selber bekennest / daß du den Eltern Gehorsam schuldig bist / wirstu ihnen folgen / und ihren gemacheten Schluß nicht umstossen. Was ist das vor ein Schluß? fragete Neda. Je / antwortete sie; welchen wir mit Herr Vratisla wegen deiner und seiner Tochter Heyraht getroffen haben. Wie versaget / oder verkäufft ihr mich dann / fragete er / und forschet nicht zuvor / ob ich auch einwilligen werde? Ich bin ja kein gebohrner Sklav / so kan ich euch auch nicht bergen / daß ich umb Geldes willen / Ehr uñ Redligkeit hindan zusetzen nicht gemeynet bin / und wolte den Geizhals Vratisla mit seiner Tochter lieber erwürgen / als in solche verfluchte Ehe einwilligen. Die gute Mutter wuste das Gerüchte wol / entschuldigte es aber bester massen; man müste den Lästermäulern nicht gläuben; mannicher redlichen Jungfer würde ohn alle schuld eine Klette angeworffen; und was des dinges mehr wahr. Sein Vater Krokus wolte auch länger nit schweigen /sondern sagete zu dem Sohn: So bin ich gleichwol dein Vater / und da du mir gehorsam versagest /werde ich mein Recht zugebrauchen wissen. Was vor Recht / lieber Vater? antwortete er; ich wuste ja kein Recht in der Welt / daß mich zwingen könte / wider meinen Willen ein Weib zunehmen? Der gute Alte erzürnete sich hierüber / und dräuete ihn zuenterben; aber Neda bewägete sich gar nicht / sondern fragete nur / wem er die Güter zuwendẽ wolte. Wem sonst /sagte der Vater / als deiner einigen Schwester. Ja /antwortete er / wañ sie mir davor dankete / liesse ichs ihr vielleicht mit gutem Willen zu; aber dann müste sie zuvor gegen Jungfer Brelen einen bessern Willen fassen; wiewol meine gnädigste Königinnen / so wol die herschende / als die zu Padua / mich vor Enterbung schon befreyet habẽ / auch meiner Schwester /wegen ihrer lieben Brelen Verachtung / eine schlimme Urtel sprechen dürfften; Ist demnach diese Bedräuung vergebens / und weiß ich schon vorhin wol / daß sie[700] euch / lieber Vater / nicht von herzen gehet; dann wie könte ich der Lehngüter entsetzet / oder dieselben meiner Schwester zugelegt werden? bin ich euch aber verhasset gemacht / das zeiget mir an / alsdann wil wider euren Willen ich keines Hellers wert von eurem Gute geniessen / sondern nach eurem Tode sie der höchsten Obrigkeit aufftragen / und dannoch vor Armuht und Mangel gnug befreyet seyn; wisset auch /daß meine Gnädigste Königin mich vor ihren stets sitzenden Gesanten zu Padua bestellet hat. Hierauf gaben die Eltern nähern Kauffs / dann sie wusten / in was Gnaden Brela wahr; sageten demnach / wann er ihm ja nicht wolte rahten lassen / möchte er nach seinem willen freyen. Aber die gute Schwester durffte allein widersprechen; das könte nicht seyn; was Herr Vratisla sagen würde; das verheissene solte und müste gehalten werden / oder ihre Eltern würden vor unwarhafft ausgeruffen werden / und dürffte sie Jungfer Wisna nicht unter die Augen kommen. Wiltu auch nach diesem meine Schwester heissen / sagte Neda /soltu dich der leichtsinnigen Dirnen entschlagen /oder ich / als dein älterer Bruder / werde diesem wissen vorzubauen; Weist du nicht / daß ihr Bruder umb ihret willen seinen wolgezierten Reitknecht erstochen hat / weil er ungebührliche Dinge gesehen hatte? Wer mit Dieben läufft / der lernet stehlen; und hüte dich nur / daß du ihres Gerüchtes nicht teilhafftig werdest /damit unser Geschlecht ungeschändet bleibe. Die Mutter wolte ihre Tochter viel entschuldigen / als welche ein grosses Geplärre anfing; aber der Vater sagete: Dafern die Wisna in solcher Nachrede steckete /hätte seine Tochter sich billich vorzusehen / daß ihr nicht gleicher Schandflecken angehänget würde. Worauff Neda also anfing: Herzgeliebete Eltern und Schwester; meine versprochene Braut / die ädle Brela / welche mit unserm gnädigsten Fräulein biß in Syrien gewesen / und neulich zu Padua wieder angelanget /entbeut euch Kindlichen und Schwesterlichen Gruß /übersendet zum Zeichen ihrer Liebe uñ Ergebenheit diese Kleinot / mit bitte / ihr wollet ein Vater-Mutter-und Schwester-Herz gegen sie fassen / uñ euch versichern / daß wieder euren Willen sie weder tuhn noch lassen wolle. Und daß ihr sie forthin armut halben nicht verachtet / möget ihr wol gläuben / daß ihre Baarschaften uñ Kleinot zu Padua sich über 16 Tonnen Goldes erstrecken. Erzählete nachgehends allen Verlauff / und daß Herr Fabius ihm die Oberwachtmeisterschaft über die Paduanische Besatzung gegeben / worzu das obgedachte Königliche Amt kähme /daß er erstes tages sich dahin begeben müste. O du närrische Geldliebe / was können Geschenke und Gaben bey den Menschen nicht erhalten? Die Mutter und Schwester besahen die kostbahre Sachen / welche über ihren Stand reicheten / auch die mit güldener Münze außgefülleten Wetscher / daher sie das übrige zu gläuben desto leichter bewäget wurden. Da wahr nun Brela die beste / die ädleste und angenehmste. Ach Herzliebe Tochter Brela / währet ihr doch selber hie / daß das Beilager gehalten würde / sagete die Mutter. Ach Herzliebe Schwester Brela / währet ihr doch mit überkommen / sagete Schwester Therba. Alles wahr vergessen / als währe es nie ergangen. Was? solte ich der leichtfertigen Wisna meinen Sohn geben? sagte die Mutter. Was? solte die schiefmaulichte Wisna meinen Bruder heyrahten? sagte die Schwester. Worüber nicht weniger der alte Vater als Neda selbst zu lachen bewäget ward / sahen doch gerne / daß alle Feindschaft auffgehaben wahr. Der Vater wünschete dem Sohn zu beyden Amtsverwaltungen Glük / und fuhr selbst mit ihm nach Prag zu[701] der Königin / woselbst Neda sich mit 10 gewapneten rittermässigen Dienern versahe / und nach empfangenem Königlichen Befehl und Volmacht / den geradesten Weg nach Padua zuritte. Auff der Reise stieß ihm unterschiedliche Gefahr auff / die er teils durch Mañheit / teils durch List abwendete / biß er zu Padua frisch und gesund anlangetete. Er fand daselbst alles im vorigen guten Stande / ohn das sein Obrister / Herr Klodius nicht anheimisch / sondern mit seiner liebesten Agathen des vorigẽ morgens nach Rom geritten wahr / dem er nach kurzer ablegung seines auffgetragenen Befehls / und einlieferung der Königlichen Schreiben alsbald zu folgen gesinnet wahr; weil aber Frau Sophia und Frl. Sibilla Lust gewonnen mit zureisen / ward es biß folgenden Morgen auffgeschoben / und beredete Fr. Sophia die beyden Bömischen Jungfern leicht / daß sie ihr Geselschaft leisteten; Sie kunten aber Klodius in zween Tagen nicht erreichen /wie hart sie auch eileten / da jener doch eine Begleitung von 10 Fußknechten / und diese 20 wolberittene Reuter bey sich hatten. Des dritten tages fast gegen Abend / gerieten sie an ein Gehölze / da Neda mit seinem Leibdiener voran ritte / und die Gutschen und beladene Wagen mit dem Frauenzimmer unter der Begleitung folgen ließ. Als er den Wald fast zum Ende wahr / hörete er ein Gefechte und Geschrey etlicher Klagenden / setzete frisch fort / und sahe einen Ritter zu Fusse sich mit acht Mördern schlagen. Umb ihn her lag eine zimliche menge Toder und sterbender / uñ wahr gleich an dem / daß der Ritter sich hätte müssen fahen lassen; dem er Beystand zu leisten sich alsbald entschoß / schickete seinen Diener zu rük nach seinen Reutern / und mit entblössetem Schwert rieff er den Mördern zu / sie solten sich an dem Ritter nicht vergreiffen; sprengete unter sie / uñ erlegete bald im anfange ihrer zween; weil aber sein Pferd erstochen ward / machte er sich herunter / trat neben den andern schon zimlich verwundeten Ritter / und sagte; haltet euch frisch / wir werden bald mehr Beystand haben. Worauff sich dieser ermunterte / daß vor der andern ankunft sie die Räuber alle erlegeten / und nach erhaltenem Siege Klodius den Helm abzog / umb zuvernehmen / wer ihm so ritterlichen Beystand geleistet hätte. Neda kennete ihn alsbald / und sagete: Geehrter Herr Bruder / ich freue mich sehr / daß ich ihm zu rechter Zeit bin zu hülffe kommen; aber wo hat er seine Liebeste? Klodius umbfing ihn / bedankete sich kürzlich der geleisteten Rettung / und klagete / er wüste eigentlich nicht / wohin sie geritten währe; hätte ihr aber drey Kriegsknechte zugeordnet / und meinete nicht anders / als daß sie sich nach der rechten Hand hingewendet hätte. Weil dann Neda Geselschafft gleich herbey kam / teileten sie sich / und traffen sie zwischen vier Mördern an / die ihre Knechte erschlagen / und sie mit sich geführet hatten / ward aber bald frey gemacht / und herzu geleitet / dañ wegen erschreknis kunte sie keinen Fuß aus der Stete setzen; meinete auch nicht anders / es währen neue Räuber / die sie abermahl gefangen; so bald sie aber berichtet ward / daß ihr Junker von seinem Oberwachtmeister Neda entsetzet / und Fr. Sophia mit ihrem Frauenzimmer zu gegen währe / erhohlete sie sich wieder / ward auch von der Geselschaft freundlich empfangen / ihres Unfals getröstet / und zogen miteinander fort nach dem nähesten Flecken / wo selbst Klodius sich verbinden ließ. Zu Rom ward Fr. Sophia mit ihrem Zimmer von Herr M. Fabius umb so viel freundlicher empfangen / weil sie unvermuhtlich kahmen / insonderheit freuete sich Frl. Sibyllen Mutter über ihrer geliebeten Tochter Gegenwart / und taht Frl. Virginien und anderen[702] ihren Gespielen ihre Ankunft zu wissen. Als aber zu Rom ausgebreitet ward / daß Fr. Sophia von Padua verhanden währe /deren der Keyser und der Raht das Ehrengedächtnis hatte richten lassen / ward sie von den vornehmsten Römischen Frauen besuchet / und höchlich gepreiset /daß durch ihren Raht und Angeben das grosse und algemeine Verderben von ganz Italien abgewendet währe. Käyser Alexanders Mutter Fr. Mammea / ließ sie auff ihrer Leibgutsche nach ihrer Burg hohlen; diese wahr dem Glauben nach zwar eine Christin /aber der Christlichen Tugenden befließ sie sich nicht allerdinge / dann sie übete an unterschiedlichen Römern schlimme grausamkeit / und wahr dem Geiz sehr ergeben. Dieses wuste Fr. Sophia wol / hatte sich auch mit übergrossen Geschenken versehen / die auff drey Tonnen Goldes sich belieffen / welche sie ihr demühtig einhändigte / und sich ihrer gnädigsten Hulde und Gewogenheit befahl. Diese wegerte sich anfangs sehr / ein so reiches Geschenk anzunehmen / aber auff harte nöhtigung empfing sie es / mit erbieten / bey ihrem Herr Sohn dem Käyser alles daß zuleisten / was zu ihrem auffnehmen gereichen könte; da sie dann /ihre Gunst zu erzeigen / mit ihr auff einer Gutsche nach dem Marsplatze fuhr / und ihr Ehren-Gedächtnis besahen. Der Käyser selbst / wie er ihrer Anwesenheit berichtet ward / baht sie neben Herr M. Fabius und Frl. Sibyllen zur Mahlzeit / und vernam alles umbständlich von ihr / wie sichs in Bestürmung des Raubnestes zugetragẽ hätte; sagte / er währe willens gewesen / die treflichen Helden nach Rom fodern zu lassen / und mit ihnen Kundschaft zu machen / hätte aber erfahren / daß wegen eines geraubeten Fräuleins sie abwesend wären; uñ muste sie diesen Unfal gleichmässig erzählen / da der Käyser und andere Anwesende sich der herzhafften Frl. Valiska nicht gnug verwundern kunten. Klodius und Neda macheten inzwischen zu Rom gut geschir / dann wie verachtet jener ehemahls wegen seiner schuldhaften wahr / so hoch ward er jezt geehret / und von den Römischen jungẽ Rittern besuchet und zu Gaste geladen. Titus Bellizius / welcher Klodius älteste Schwester geheirahtet hatte / stellete des dritten Tages nach ihrer Ankunft eine grosse Gästerey an; untern andern Gästen wahr ein verwägener ädler Römer / nahmens Kajus Opelius / derselbe fing an / etliche Schimpfreden auff den Teutschen Adel außzustossen / nur daß er Ursach an Neda haben möchte / der sich vor ihm nicht so tieff demühtigte /als ers gerne gesehen hätte. Nun hatte dieser gleich sein Geschwätze mit Klodius Schwester / daß ers nicht acht nahm; so wahr Klodius hinaus gangen /daß er ihm nicht einreden kunte / und wolten die andern sich nicht mit einmengen / weil er ein unreiner Vogel wahr / und sein Adel neben der treflichen Erfahrenheit in Waffen / ihn gar frech machete. Als dieser merkete / daß der erste Bolzen vergebens abgeflogen wahr / fiderte er bald einen schärfferen / und fragete seinen Nebensitzer / mit was vor Waffen sich die Teutschen doch gegen sie gestellet / als Käyser Antoninus Karakalla sie vor eilf Jahren am Main geschlagen. Dieser wolte ihm nicht Ursach zu weiterem Unlust geben / und antwortete; er könte nicht leugnen /daß ihre Ritterschaft wol und redlich gefochten / und ob sie gleich mit Waffen so volkommen nicht währẽ versehen gewesen / hätten sie dannoch diesen Abgang durch Mannheit ersetzet / und möchte er vor sein Häupt wünschen / dz man diese zimlich abgelegene Nachbarn zu stetigen Freunden haben könte / massen die Teutschen Kriege viel Wunden und wenig Beute brächten. Opelius fuhr fort; er hoffete / die Teutschen würden das Narrenseil schier wieder zihen /[703] und einen blinden Fal wagen / alsdann wolte er auff seine kosten wieder sie fortzihen / und nach Rom nicht kommen /biß er 50 ädle Teutschen gefangen / welche ihm seine Landgüter als Leibeigene bestellen / und des Vihes hüten solten; dann ich höre / sagte er / daß sie in Friedeszeiten den Pflug selber treiben / damit sie nicht hungers verschmachten. Diese Reden gingen beydes Klodius und Neda durchs Herz / uñ kunte jener insonderheit seinem Herrn Herkules zu ehren / es unbeantwortet nit lassen / sagete demnach zu ihm; Geliebter Oheim Opelius / ich bitte / er wolle sich in solchen Reden mässigen / welche vielleicht etlichen Anwesenden zu nahe treten möchten; ich diene einem teutschen Herrn / und wil mich glükselig achten / als lange ich die Ehre habe / ihm zu dienen / dann ich weiß / daß nicht alle Teutschen so beschaffen sind / wie man sie uns vormahlet; solten nu gleich Teutsche von Adel sich zuzeiten des Ackerbaues annehmen / würde solches ihren Adel eben so wenig schänden / als es ehmahls den treflichsten Römern L. Quintius Zinzinnatus / Attilius Seranus / Markus Kato / uñ anderen mehr / keines Weges verächtlich gewesen ist; nachdem wir aber freundschaft und Lust wegen beyeinander sind / wollen wir von frölichern Sachen schwätzen. Inzwischen saß Neda und brante vor Zorn / nahm auch gänzlich vor / sich an dem Schänder zurächen /und sagte zu Klodius; Geehrter Herr Obrister / und Brüderlicher Freund / er weiß dz ich mich unter den Teutschen Adel zählen lasse / ob ich gleich meine Güter in Böhmen habe / welches Reich doch mitten in dem Herzen Teutschlandes gelegen ist. Nun wil ich nicht hoffen / daß die jezt vorgebrachte Reden insgemein auff allen teutschen Adel gemeinet seyn / sondern nur auff die Unnützen und faulen / deren es ohnzweiffel allenthalben / auch mitten in Rom geben möchte; daher dann dieser Ritter so wenig Ursach hat umb solcher willen so weit zu reisen / als wenig wir uns dessen anzunehmen haben; wiewol ich wünschen möchte / daß er alle nichtwerte Teutschen vor Leibeigen hätte / auff daß Teutschland / welches nur tapffere Herzen liebet / des unnützen Wustes möchte entladen seyn. Opelius wahr so tummes verstandes nicht / daß er den Auffzug nicht solte gemerket haben / gedachte ihm aber zuvergelten / und gab zur Antwort: Die unüberwindlichen Römer haben nicht dẽ Brauch / daß unnütze mit sich über Land zuschleppen / sondern geben es ihrer Mutter der Erden; nur was sie tüchtig finden / dem gönnen sie das Leben zu ihrem Dienste; uñ hat man wol ehmahls mehr Leibeigene Teutschen /als Herren zu Rom gefunden; ja wer weiß / was uns das Glük in kurzem zuwendet? Ich rühme die unüberwindlichen Römer / als Herren vieler Länder / sagete Neda / aber die Leibeigenen haben sie nicht beim Trunke / noch mit dem Maule / sondern mit bewehrter Faust gemacht. Damit ging der Tanz recht an / massen Opelius alsbald fragete / ob er damit gestochen währe. Niemand / antwortete Neda / ohn der den redlichen Teutschẽ Adel schändet / welchen Käyserl. Hocheit neulich auf dem Marsplatze sonderlich geehret hat. Opelius fassete das Trinkgeschir / in meinung ihm dz Gesicht damit zuschänden / aber Neda solches sehend / fing den Wurff mit der Hand auf / wolte doch nicht wieder werffen / sondern redete die Anwesende Geselschafft also an: Ihr hoch ädle ruhmwirdige Römer / werdet mir schier heut oder Morgen dessen beständige Zeugniß geben / was alhie vorgangen ist; Dich boßhafften Schänder aber / sagte er zu Opelius /halte ich des Ritterstandes unwirdig / weil du einen Ritter nicht mit Ritterlichen Waffen / sondern mit einem Trinkgefäß angreiffest / uñ wil ich dich umb deiner Schmachrede[704] willen ausfodern / dz du auff dem Marsplatze erscheinest / damit ich sehen möge / ob dein Herz so fest wiederhalten / als dein Maul schänden kan. Dieser antwortete: Ob er noch einen Teutschen BaurenFlegel bey sich hätte / solte er denselben zu hülffe nehmen / daß er ihm den Schild vorhielte. Hie führe ich meinen Flegel an der Seite / sagte Neda / und werde noch heut sehen / ob du bequemer seyst zu dröschen oder gedroschen zuwerden. Ging damit hinaus auff sein absonderliches Gemach / legete seine Waffen an / und ritte nach des Käysers Burg / bey dem Fr. Sophia zu gaste wahr; dieselbe ließ er zu sich hinaus bitten / erzählete ihr alle begebniß / und baht untertähnigst / bey Käyserl. Hocheit ihm urlaub zuerlangen / seine Ausfoderung zuverfolgen; worzu sie willig wahr / brachte es auch bewäglich vor / nebest anmeldung / dieser Ritter währe eines vornehmen Böhmischen Herrn Sohn / und ihres Gemahls lieber Geträuer / daß auch ihr Herr Vater ihn wegen seiner Tapfferkeit in Römische Dienste genommen hätte. Der Käyser ließ ihn selbst hervor treten / da er dann den Schimpff / dem ganzen Teutschen Adel angelegt /so ernstlich vortrug / und zugleich um Erlaubniß des Kampffes anhielt / daß der Käyser sich alsbald erboht / den Opelius deswegen an Leib und Leben zustraffen / dafern er seiner Anklage glaubwirdige Zeugniß führen könte. Weil er dann sechs Römische Ritter bey sich hatte / die solches einhellig ablegeten / erzürnete sich der Käyser sehr / hätte auch ernstliche Straffe ergehen lassen / wann nicht Neda davor gebehten / der nur bloß umb des Kampffs Vergünstigung ansuchung taht / dessen er durch Fr. Sophien Vorbitte endlich gewehret ward / doch daß Opelius zuvor bey dem Käyser erscheinen muste / welcher ihn also anfuhr: Du beschimpffung des Römischen Adels; wie darffstu eines ganzen Landes Adel schänden / dessen Manheit unserm Reich allezeit widerstanden / und sich in Freyheit erhalten hat? Du hast vielmehr des Henkers Beil /als das Ritterliche Schwert verdienet / indem du eben diese wider unser Reich auffzuwiegeln bedacht bist /welche mit Freundschafft uns zuverbinden / wir geflissen sind; weil wir aber absonderlich erbehten worden / diesen Kampff zuzulassen / kanstu dich darzu schicken / und im fall du obsiegest / nicht desto minder des Rechts erwarten. Opelius taht einen demühtigen Fußfall / hätte wegen eines eingebildeten Schimpffs zu milde geredet / welches er abzubitten erböhtig währe; hoffete sonst vor dißmahl zuzeigen /wie hoch Römischer Adel den Teutschen überginge. Der Käyser hieß ihn sich packen / und daß er nicht bedacht währe / seines unbesonnenen Schwerts zu solchem wichtigen Beweißtuhm zugebrauchen; stund auff / und machte sich mit seiner Geselschafft fertig /dem Kampffe beyzuwohnen / und da es nöhtig seyn würde / des Teutschen Ritters Leben zuretten / weil ihm Opelius Kühnheit wol bekant wahr. Das Frauenzimmer zog mit hin / und empfand die gute Brela in ihrem Hertzen nicht geringe Furcht und Schmerzen /daß sie zu Libussen sagete: Meinen ungenehmẽ Bräutigam habe ich zu Padua im Kampff verlohren; solte ich nu meinen SeelenSchaz hier zu Rom einbüssen /hätte ich erstüber Unglük zuklagen. Aber Libussa tröstete sie; Neda hätte vorerst die Gerechtigkeit / hernach der Götter und des Käysers Gunst auff seiner seite / und währe sein erstes nicht / daß er hochmühtigen Frevel dämpffete. Die Kämpffer setzeten mit ihren Speeren grimmig auff einander / welche in der Lufftverstoben / aber keinen niderwurffen; daher ließ ihnen der Käyser neue reichen / weil Neda insonderheit darumb anhielt; der sich dann mit solcher Gewalt auff seinen Feind loß gab / daß er ihn gestrekt auf[705] die Erde niderlegete / daher seine Brela gute Hoffnung fassete des künfftigen Sieges. Neda stieg bald ab / trat hin zu dem gefälleten mit blossem Schwerte / da derselbe sich noch nicht regete / machte ihm das Helmgesicht auff / daß er frische Lufft empfing / und sagete überlaut zu ihm: Nun mein Opelius / bistu noch gewillet / 50 Teutsche von Adel zufahen / deren vielleicht noch keiner mag gebohren seyn? der Anfang ist zimlich schlecht / und stünde dein Leben in meiner Hand / wann ich eine grausame Seele hätte; aber mache dich auff die Füsse / damit ich sehen möge / ob du besser auff zwey als auff vier Beinen streiten könnest / dann ich muß dein Schwert auch kennen lernen. Dieser erhohlete sich wieder / und als er sich auffgerichtet hatte / gab er zur Antwort: Nicht du / sondern des Käysers Ungnade hat mich abgestochen. Ja /hastu so hochgelehrte Entschuldigungen / sagte Neda / so ist gefährlich mit dir zuzanken; aber fasse einen Muht / und trit dem Unglük mit eben der Herzhafftigkeit entgegen / durch welche du die ädlen Teutschen mit hauffen pflegest gefangen zunehmen / wann dir der Wein wol schmecket. Dieser Spot taht ihm weher als der Tod selbst; warff sich in die Höhe / und fing an seine Fechterkunst sehen zulassen. Aber Neda dröschete weidlich auf ihn loß / daß in weniger Zeit seine Waffen mit Blut angefärbet wurden / und ihm alle kraft entging. Weil er dann nicht willens wahr /ihn zutödten / trat er ihm mit dem Schilde ein / ließ sein Schwert fallen / und risse ihm das seine aus der Hand / sprechend: Nun gib dich / Opelius / ich bin nicht willens / dich zuverderben / wann du guten Willen erkennen kanst; uñ daß du mein redliches Herz spürest / wil ich mich bemühen / dir einen gnädigen Käyser zu machen. So währe ich euch mein Leben schuldig / sagte Opelius; ist aber keine Gnade zuerhalten / so beseliget mich mit einem schleunigen Tode; Der Käyser hörete ihr Gespräch / aber nicht dessen Verstand / vor welchem Neda sich in die Knie legete / und alleruntertähnigst baht / ihre Käyserl. Hocheit möchte in ansehung seiner beyden gnädigen Herren / Ladisla uñ Herkules / deren Ehren Gedächtniß hier auffgerichtet stünden / gegenwärtigem Ritter Opelius allergnädigst verzeihen / als ob des verlauffenen nichts vorgangen währe. Fr. Sophia und Frl. Sibylla bahten ein gleiches bey des Käysers Fr. Mutter; Worauf der Käyser sich also erklärete: Redlicher Ritter / damit ihr sehet / wie hoch ich die Gedächtniß der beyden Helden / Herren Ladisla und Herkules halte /und ihre Wirdigkeit schätze / insonderheit / weil des erstgenanten sein Gemahl das Wort mit führet / so trit herzu / du unvorsichtiger Opelius / dein Verbrechen ist tod / und sol forthin weder gedacht noch genennet werdẽ. Die anwesenden ingesamt erfreueten sich der ganz ungewöhnlichen Gnade / kehreten wieder umb /teils nach der Burg / teils nach T. Bellizius Behausung / und liessen den verwundeten fleissig verbinden. Des folgenden Morgens stellete Klodius auff Fr. Agathen begehren eine treffliche Gästerey an / bey welcher sich Herr M. Fabius mit Fr. Sophien und Frl. Sibyllen einstelleten. Nach abgehobenen Speisen hielt Fr. Agatha in aller Gäste gegenwart bey ihrem Klodius an; nachdem sie ihn zum Herrn aller ihrer Güter gemacht hätte / möchte er ihr den dritten Teil aller seiner Römischen Güter schenken / welches von allen mit einem Gelächter angenommen ward; Er aber /weil er ihr vorhaben merkete / willigte alsbald darein; worauf sie dessen drey gegenwärtige Schwestern also anredete: Hochwerte Frr. Schwestere / und herzgeliebete Freundiñen; weil ich meinen ergebenen schwesterlichen Willen ihnen gerne in der Taht erzeigen /und dessen ein Zeichen hinter mir lassen[706] wolte / so bitte ich freundlich / sie wollen diesen dritten Teil aller Römischen Güter ihres geliebeten Bruders unwegerlich von mir annehmen / und dabey sich allemahl meines geneigten Herzens erinnern. Sie samt ihren Ehejunkern verwunderten sich der grossen freygebigkeit / weil einer jeden Anteil sich auff 12000 Kronen wert erstreckete / und wahr keine unter den Schwestern so kühne / daß sie geantwortet hätte; worüber Klodius anfing: Er wolte nimmermehr hoffen / daß seine Schwestern ihrer Schwägerin seiner Eheliebsten diese ihre erste Bitte abschlagen wolten; so dürfften sie auch nicht gedenken / als wann ihm solches zuwider währe; Gott hätte ihm so grosse Güter mit seiner Liebsten bescheret / daß er durch diese Verehrung keinen Abgang zubefürchten hätte. Darauff ward das Geschenk mit sonderlicher Danksagung allerseits angenommen / und verehreten die drey Schwäger ihr hinwiederumb eine treffliche Gutsche mit sechs Sizilischen Blänken / blieb auch diese Geselschafft zwo Wochen zu Rom / da Klodius und Neda etliche mahl bey der Käyserlichen Mahlzeit sich musten einstellen / hernach macheten sie sich wieder nach Padua. Als sie daselbst ankahmen / wurden sie mit neuer Freude überschüttet; dann es trat zugleich mit ihnen ein Bohte hinein / welcher von Jerusalem geschicket wahr / und dem Stathalter drey Schreiben einlieferte; eines von Herr Pompejus / das andere von Ladisla / das dritte von dem jungen Fabius seinem Sohn. Pompejus meldete / wie es Fürst Herkules bey ihm ergangen währe; die anderen beyde zeigeten ihr wolergehen an /und hatten ihre Briefe zu Seleuzia geschrieben. Frau Sophia bekam zwey Schreiben; eines von ihrem Ladisla / da er sie seines Abwesens tröstete / und schleunige Wiederkunfft versprach; das andere hatte Fräulein Lukrezie auffgesetzt / unter dieser überschrifft: Der Durchleuchtigsten Fürstin und Frauen / Frauen Sophien Fabiin / vermähleten Königin in Böhmen; meiner vertraueten Frau Schwester Hier muß gewißlich mein Ladisla oder Herkules gewesen seyn / sagte sie; dann was wüsten sie zu Jerusalem sonst von meiner Heyraht? Aber ihr Vater antwortete: Gedenkest du dann /daß ich meinen nähesten Anverwanten deine Heyraht nicht werde zugeschrieben haben? Sie öffnete den Brief / und lase daraus folgende Worte:

Herzgeliebete Frau Schwester; nachdem der Durchleuchtigste GroßFürst / Herr Herkules / dieses Orts glüklich angelanget / hat der Allmächtige Gott es gnädig geschicket / daß ich in seiner Liebe Kundschafft und brüderliche Vertrauligkeit auffgenommen bin / dessen zeit meines Lebens ich mich rühmen und freuen werde / angesehen ich den Ausbund aller Tugend und Zucht bey ihm angetroffen; ja eben den / welcher der Frau Schwester nicht anders als seiner Seele gewogen ist. Zeit seiner Verwundung. Was muß das vor eine Verwundung seyn? sagte sie zu ihrem Vater; welcher ihr befahl /sie solte zum Ende lesen / hernach wolte er dieses aus seinem Schreiben schon erklären; fuhr demnach also fort: Zeit seiner Verwundung / da ich ihm stetige Geselschafft leistete / musten seine Frau und Fräulein Schwestere Sophia und Sibylla allemahl das Hauptwerk seiner Rede seyn / daß mich wunder nam / wie eine andere ihn von so lieber Geselschafft abzihen mögen / es sey dann /daß mit der verlohrnen sein Herz verlohren währe / welches ich muhtmasse / weil weder Gefahr noch ichtwas anders ihn von dieser Nachsuchung abhalten kunte. Aber erkennet doch euer Gebrechen / ihr herzliebe Schwestern / daß ihr einen so allerliebsten Bruder ohn gebührliche Kleidung habt können von euch zihen lassen; zwar eure Fehler habe ich nach Mögligkeit ersetzet / aber hiedurch seyd ihr nicht zuentschuldigen / welches nach diesem euch mündlich zuverweisen / ich unvergessen seyn wil. Inzwischen befehle ich euch dem Schutz des allmögenden wahren Gottes / verbleibend / weil ich lebe /[707] meiner hochgeliebten Frau Schwester bereitwilligst-gehorsamste / und ganz ergebene Dienerin / Lukrezie Pompejin.

Fräulein Sibylla wuste nicht / ob sie ihr Schreiben öffentlich lesen dürffte / biß Herr Fabius ihre neue Zeitung ihnen mitzuteilen anhielt; worauff sie den Brief ihrer Wasen zulesen reichete / der also lautete:

Herzgeliebete Frl. Schwester; eures guten Zustandes /welchen ihr ohn zweifel dem unvergleichlichen Fürsten /Herrn Herkules zudanken habet / bin ich zur gnüge berichtet; möchte wünschen / daß wir so nahe beysammen lebeten / daß die Zunge uns an stat der Briefe dienen könte. Aber O! in was grosser Freude und Lust müsset ihr gewesen seyn / da der zierliche Silvan euch im Pusche so viel Honigsüsses vorschwatzete; nimt mich wunder /wie ihr demselben Schwesterliche Hulde zuwenden können / der euch eines so höflichen Schatzes beraubet hat. Bitte sehr / dieses Schreiben vor eine Trost Schrifft zu rechnen / und dem Kummer wegen Abfalls dieses Liebesten nicht zu weiten Raum in eurer Seele zugönnen. Ich habe unserm Bruder Herr Herkules diese Unhöfligkeit sehr auffgerücket / daß er einem verliebeten Fräulein einen so höflichen Buhlen entrissen / der in Freundligkeit es einem erzürneten Ochsen fast zuvor tuhn solte. Mässiget / bitte ich / eure Trähnen / und machet mich durch genehme Antwort wissen / was mein Schreiben vor Trost gewirket. Dem Schutz GOttes empfohlen / von eurer geträuesten Schwester Lukrezien Pompejin.

Alle anwesende lacheten des Auffzuges; aber das Fräulein sagte: Ich gönne meiner Wasen nichts böses / aber den hundertsten Teil meiner damahligen Angst dürffte ich ihr fast wünschen; doch wann sie daher die Straffe ihres Gelächters erkennete / wolte ichs ihr gerne wieder abnehmen. Ihr müsset ihr diesen Streich vergelten / sagte Herr Fabius; und als sie ihre Einfalt anzog / sagte Frau Sophia: Gebet euch zu frieden /wir wollen zehn Pfeile vor einen finden / so bald wir nur den Bogen haben / sie ihr zuzuschiessen. Frau Ursula stellete sich sehr betrübt / daß sie kein absonderliches Schreiben von ihrem Fabius hatte / welches aber in des Vaters seinem verschlossen wahr / und ihr endlich eingehändiget ward / da sie wegen seines Wolergehens sich vergnüget befand / und mit den andern der glüklichen Wiederkunfft mit Schmerzen erwartete.

Zu Ekbatana freueten sich unsere Helden / daß die Zeit ihrer Reise nach Charas biß auff einen Tag verflossen wahr / da sie dann allerdinge fertig wahren loßzubrechen. Es kam aber eine Vorschafft von Artaxerxes den Persischen GroßFürsten / mit Schreiben an Pharnabazus. Phraortes wahr ihm nicht ohn Ursach eines wichtigen Inhalts vermuhten / brachen den Brieff / und funden dieses: Ihm währe glaubwirdig vorko en / daß zween vortreffliche Ritter sich bey ihnen auffhielten / deren Erfahrenheit in Kriegssachen sehr groß währe; nun würde man zweiffels ohn dem ruhmwirdigen Vorhaben in kurzen seinen Fortgang göñen / wobey ritterliche Helden das meiste verrichten könten; und ob man gleich fremder Waffen nicht bedürfte / welche dannoch nicht außzuschlagen / hätte man doch zuverhüten / daß solche Leute nicht dem Feinde zu dienste gingen; bähte demnach / alle mögligkeit anzuwenden / daß man sich dieser Helden versicherte / und keinen Sold zu hoch achtete / damit man sie in bestallung bringen könte. Phraortes merkete wol / woher Artaxerxes dieses erfahren / ließ ihm den Vorschlag wolgefallen / und beriet sich mit Pharnabazus / wie das Ding am füglichsten anzugreiffen währe / daß man gleichwol die Geheimnis[708] vor ihnen noch zur Zeit verborgen hielte; macheten sich hin zu unsern Helden / und trugen ihnen dieses vor; Hochwerte Herren und Freunde / es ist eine hochwichtige höchstgeheime Verbündnis obhanden / in welcher wir neben andern hohen Häuptern begriffen sind; begehren demnach instendig von uns / mit euer Liebe vertraulich zuhandeln / ob denen belieben könte / als lange sie in diesen Ländern sich auffhalten / ihnen mit Raht und Taht beypflichtig zu seyn / auff welchen Fall sie euch Monatlich 200000 Kronen ingesamt bestallungs Gelder / und jedem 100 LeibReuter zu unterhalten anbieten / es möge Krieg erfolgen oder nicht; da euch dann die HochFürstl. Verbündnis freiwillig verspricht / auff den Fall ihr selbst Feinde bekommen würdet / euch mit 200000 MannBeystand zuleisten. Herkules und Ladisla beredeten sich hierauff kürzlich / und gaben zur Antwort: Sie wünscheten denen Durchll. vereinigten Fürsten und Ständen Glük und Heyl zu ihrem löblichen Vorhaben / und weil sie höreten / daß sie beyde selbst vornehme Glieder solcher verbündnis währen / erkenneten sie sich schuldig / ihnen mit Gut und Leben zu dienen / als viel ihr Vorhaben immermehr zulassen wolte; daß sie aber durch wirkliche Bestallung sich zuverbinden bedenken trügen / würde verhoffentlich der GroßFürst ihnen nicht verargen / massen ihnen allerdinge unbewust währe / wie lange sie in diesen Landschafften sich würden auffhalten können. Der GroßFürst erboht sich hingegen / ihnen im Nahmen der vereinigten Stände schriftliche Versicherung zu tuhn / daß wieder ihren freien Willen sie nicht einen Tag auffgehalten /noch irgend wo zu solten gefodert werden / daß ihrem Vorhaben könte hinderlich seyn; wiederhohlete darauff seyn voriges / und wandte ein / da sie auff beharlichen Abschlag fest stehen würden / dürften die vereinigte zweiffelhafte Gedankẽ fassen / wessen sie sich zu ihnen versehen solten. Hierauff erbohten sie sich /ihres Willens zu leben / dafern der Krieg nicht wieder die Römer angesehen währe / auff welchen wiedrigen Fall sie lieber geträue Mitler zum Friede seyn wolten. Und als ihnen auch diese Furcht gänzlich beno en wahr / schlossen sie miteinander / und daß Leches Monatlich 4000 Kronen / im Felde aber gedoppelt so viel haben solte. Also ward diesen Tag alles zum Auffbruch fertig gemacht / und nach genommenem Abscheide / welcher traurig genug wahr / und nicht ohn Trähnen geschahe / begaben sie sich unter der Begleitung 200 Reuter / auff den Weg nach Charas /so daß Pharnabazus mit ihnen biß an die Parthischen Grenzen fortritte / und von darab sich wieder nach Persepolis zu dem Persischen GroßFürsten begab /welcher ihn nach Rom verschicket hatte.


Ende des Dritten Buchs.

Quelle:
Andreas Heinrich Buchholtz: Des Christlichen Teutschen Großfürsten Herkules Und Der Böhmischen Königlichen Fräulein Valiska Wunder-Geschichte. 6 Bücher in 2 Teilen, Teil 1, Braunschweig 1659/60, S. 474-709.
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