Vierdes Buch.

[709] Fürst Gobares / nachdem er zwölff Tage bey Nabarzanes außgehalten / und seinen unkeuschen Willen nicht so wol als ehemahls vergnüget hatte / ward eingedenke / daß die Reichsnoturfft seine Gegenwart erfoderte / deßwegen er sich wieder zur heimreise fertig machete. Er merkete aber aus den Liebesblicken /welche F. Statira auff ihren Kleon zum oftern schiessen lies / daß sie nicht schlechte Zuneigung gegẽ ihn trüge; so lag ihm die Kaltsinnigkeit uñ geringe Inbrunst im Kopffe / welche sie ihm dißmahl über ihre Gewohnheit hatte merken lassen; dann die Warheit zumelden / währe sie des Fürsten gerne abgewesen /wann sie mit Fuge gekont hätte / und gedachte fort mehr keinem ihre Liebe / als Kleon zuerteilen / so daß sie auch mit den Gedanken schwanger ging / ihren Nabarzanes vom Brodte zurichten / und Kleon vor einen Gemahl anzunehmen / auch mit ihm gar davon in sein Vaterland zuzihen / da sie zuvor alles / was tuhnlich währe zu Gelde machen / auch was sie außstehen hatte / einfodern wolte. Der Fürst / welcher ohndaß dem Zorn und der Eifersucht ergeben wahr /fassete aus blossem ungegründeten Argwohn / solche schwere ungnade wieder Kleon / daß er ihm gänzlich vornam / diesen verdächtigen Mitbuhler des Lebens zuberauben / jedoch zuvor wahr zunehmen / ob er sich auch einiger Bezeigung würde merken lassen /daher er seiner Buhlerey könte vergewissert werden; Welches jener aber so fleissig verhütete / daß der Fürst in etwas gelinder ward / und in seinem Herzen gedachte / vielleicht ist dieses Feur in Statiren Seele annoch verborgen / und Kleon unwissend; foderte doch des Abends vor seinem Abscheide Nabarzanes allein vor sich / und redete ihn also an: Ich weis nicht / mein Freund / was günstige Augen unsere Statira eurem neuen Diener zuwirffet / die mich fast / ja wol ungezweiffelt einer heimlichen Liebe zwischen ihnen berichten wollen; wie nun solches mich nicht wenig verdriessen würde / also währe es euch trauen sehr nachteilig / mit einem schlimmen erkaufften Knechte euer eheliches Gemahl gemein zu haben / insonderheit da dieser schier heut oder Morgen sich dessen bey andern berühmẽ solte. Ja wer weiß / ob er euch nicht gar nach dem Kragen stehen dürfte / worzu ich ihn verwägen gnug ansehe. Nehmet demnach bey Zeiten wahr /was vor eine schädliche Schlange ihr in eurem Busen ernähret / und bauet dem Unglük vor / ehe es Oberhand nimt / dann in dem ersten Grase kan das Unkraut leicht gedämpfet werden / wans aber schon vollen Samen gesetzet hat / nimt es den ganzen Garten ein und verdirbet alles / daß man ihm weder zu rahten noch zu steuren weiß. So habet nun bey zeiten acht auff euch selbst / und könnet ihr dem Ubel auff andere Weise nicht vorkommen / so lasset den Buben entweder nidermachen / oder jaget ihn von euch / habt ihr dañ Gelder vor ihn angewendet / die wil ich euch gedoppelt und dreyfach wieder geben. Nabarzanes wuste umb diese Händel sehr wol / schämete sich aber / es dem Fürsten zu offenbahren / und fürchtete sich zugleich vor seinem Gemahl / daher er diese Antwort gab: Gnädiger Fürst und Herr / ich bin dieses dinges bißher unberichtet / habe auch davon nichts merken[710] können; doch kan es seyn / daß der schlimme Bube mit dieser Bosheit schwanger gehet / welches da ichs vernehmen würde / ihm trauen nicht solte übersehen werden; einmahl kan ich nicht leugnen / daß mein Gemahl sehr viel auff ihn hält / weil er gar ein guter Bereiter und Jäger ist; es wissen aber eur Durchl. daß sie von mir keine Einrede annehmen wil / daher ich mich scheuhe / eurer Gn. Gedanken ihr vorzutragen /und möchte wünschen / daß dieselbe ihr nur scharff gnug einredete / und diesen Fehler verweißlich vorhielte / welches ohn zweiffel viel nutzen schaffen und dem Ubel leicht steuren würde. Mein / ihr seid gar zu einfältig / sagte Fürst Gobares / und wil sich ja nicht reimen / daß sie dessen verweiß von mir einnehme /sondern euch lieget ob / sie ihres verbrechens zuerinnern / und nach befindung zu straffen / welches / daß es erster Stunde geschehe / ich träulich rahten wil /doch daß ihr meiner dabey im geringsten keine Meldung tuht. Wie es euer Durchl. beliebet / antwortete er / und wil schon wissen / sie rechtschaffen vorzunehmen; weil aber die Abendspeisen schon auff uns warten / werden wir uns zu Tische setzen. Bey der Mahlzeit ließ der Fürst sich keines Wiederwillen merken /biß Statira ihrer Gewohnheit nach / die Augen gar zu hefftig an ihren gegen ihr überstehenden Kleon weidete / und fast essens und trinkens drüber vergaß / daß auch Kleon unwillig drüber ward / und ihr einen Wink gab / sich hierin zu mässigen. Gobares / der genaue acht auf sie gab / entbrante hierüber von Zorn /dz er den Eifer sich bald hätte übermeistern lassen /ihr verweißlich zuzuredẽ / welches Nabarzanes merkend / seinen Kleon einen Abtrit nehmen hieß / vorgebend / er hätte mit dem Fürsten in geheim zureden /welcher dann nach Kleons Abtrit zu Nabarzanes sagete: Gewißlich mein Freund / ihr habt einen holdseligen Diener an diesem Griechen / und scheinet derselbe ein guter erkenner des schönen Frauenzimmers zu seyn. Fr. Statira ward durch diesen Stich am innersten ihrer Seele gerühret / und nam ihr vor es unbeantwortet nicht zu lassen / wañ nicht Nabarzanes ihr zuvor kommen währe / der zu dem Fürsten sagete: Ich weiß nicht / daß mein Diener nach dem Frauenzimmer sich ernstlich umbsehen solte / sonsten hat mein Gemahl unterschiedene saubere Dirnen / deren eine ich ihm an den Hals werffen wolte. Daß ihrs nicht gemerket /sagte der Fürst / ist umb so viel schlimmer; so schnappet mannicher lieber im finstern nach dem schönsten / als an der Sonnen nach dem mittelmässigen / und hat man sich mehr vor schlaubeissende als bellende Hunde vorzusehen / dann die fallen uns ungemeldet an / so daß sie den Biß schon volbracht haben ehe mans gewahr wird. Unter dieser Rede / wie hart sie gleich wahr / besan sich dannoch Statira / verbarg ihren Zorn / und antwortete mit lächelndem Munde: Wañ ich wüste / daß meines Gemahls Diener so freyisch währe / wolte ich ihm keine einzige aus meinem schlechten Zimmer versagen / insonderheit /weil mein Gemahl sich erbeut / selbst freywerber zu seyn. Sie suchte aber Gelegenheit zu anderem Gespräche / und stellete sich algemehlig gegen den Fürsten freundlicher als diese Zeit über geschehen wahr; wodurch sein Grim sich legete / und er in etwas befriediget ward / ließ sich auch weiter nicht daß geringste gegen sie vermerken. Sie aber machete sich des folgenden Morgens zu ihrem Nabarzanes / küssete und herzete ihn über ihre Gewohnheit / und sagte nachgehends: Herzgeliebter Herr und Gemahl / was hatte der Fürst gestern Abend vor Ursach / auff meinen Kleon zu schimpfen? Ich wil ja nicht hoffen / daß durch falsches Geschwätze ihr ihm Ursach darzu gegeben habet / mich und ihn in ungleichen[711] Verdacht zuziehen; dann währe solches geschehen / wolte ich versichert mich alsbald vor euren Augen erstechen. Der einfältige Tropff meynete / sie ginge bereits mit Todes Gedanken umb / offenbahrete ihr deswegen alles /was der Fürst mit ihm geredet / und er hinwieder geantwortet hätte / taht endlich aus seinem eigenen Gehirn hinzu / der Fürst wäre entschlossen / Kleon etwas mit auff den Weg zunehmen / und niderhauen zulassen; worüber sie gar bestürzete / machte sich bald hin zu Kleon / und gab ihm Befehl / Sudwerz auff die Jagt zureiten / und vor späten Abend nicht wieder zukommen / weil sie fürchtete / er würde mit dem Fürsten reiten müssen / welches ihm Ungelegenheit geben dürffte. Diese Zeitung wahr ihm nicht so gar angenehm / gestaltsam er sein bevorstehendes Unglük unschwer zuerkennen hatte; machte sich demnach bald auff / nam ein Strik Winde zu sich / und taht wie ihm befohlen wahr. Inzwischen überlegete Gobares bey ihm selber / wie er Kleon vom Brote richten könte / dz Statira dessen nicht gewahr würde / und befand endlich am tuhnlichsten / es dergestalt anzugreiffen /wie Nabarzanes aus eigenen Gedanken vorgab /machte sich darauff von seinem Lager / und ließ alles zum schleunigen Auffbruch fertig halten. Wie er nun Kleon bey dem Frühstücke / vorigem Gebrauche nach / nicht aufwarten sahe / und seines abwesens ursach zuwissen begehrete / gab die Frau ihm zur Antwort: Weil sie gestern Abend gemerket / daß Ihre Gn. etwa einen Unwillen zu ihm trüge / wolte sie dieselbe durch seine Gegenwart nicht zu weiterem Zorn oder ungenehmer Bewägung reizen; überdas hätte sie des Fürsten gestrigen Reden etwas tieffer nachgedacht /und da sie wissen solte / daß sie damit gestochen währe / wolte sie verschwören / sich zeit ihres Lebens von einigem Mannesbilde / wer der auch währe / weiter berühren zulassen / wolte auch zum Zeugniß ihrer Unschuld / diesen ihren Diener / ungeachtet seiner Unschuld / mit eigenen Händen erwürgen; welche Worte sie mit einem kläglichen weinen endigte; Wodurch der Fürst dergestalt bewäget ward / daß er ihr Trost einsprach / mit Beteurung / es wäre nur scherzweise / uñ durchaus nicht auf sie geredet; so hätte er auch gar keine Ungnade auff ihren höflichen Diener geworffen / dessen adeliche Sitten ihm insonderheit wolgefielen / daher er ihm / etliche Meilẽ mitzureiten / zulassen wolte. Zwar es merkete Statira sein meuchlisches Vorhaben handgreifflich / ließ sich aber dessen nicht merken / sondern befahl dem Kleon zuruffen / ward aber berichtet / er währe nicht anheimisch /sondern gar früh auf die Jagt ausgeritten / mit vorgeben / nicht umzukehren / biß er einen Hirsch / oder sonst ander groß Wild angetroffen hätte. Erst gedachte Gobares / diß müste ein angelegtes Spiel seyn /kunte doch seine Reise nit auffschieben / sondern nach eingenommenem Mahle / setzete er sich mit allen seinen Dienern zu Pferde / ohn daß er einen verschlagenen ädelknaben hinterließ / der sich krank stellen / und auf Statiren und Kleons Beginnen acht haben solte / welches von ihm fleissig verrichtet ward; dann so bald Kleon mit seinem grossen wilden Eber / den er auf einem Karren nachführen ließ / zu Hause anlangete / empfing die Frau ihn nach Gewohnheit sehr freundlich / und ging bald darauff mit ihm in ein absonderliches Gemach / welches der Knabe ersehend / heimlich nachschleich / und ihres Liebehandels zu gutem teile wahrnam / ging unvermerket wieder davon / und setzete nach genommenem Abscheide seinem Fürsten ungeseumet nach / welcher vor wenig Stunden seine HauptStad Susa erreichet hatte; demselben taht er zuwissen / nicht allein was er ingeheim verspüret / sondern auch öffentlich angesehen hätte /[712] daß Kleon mit Nabarzanes zu Tische / allernähest bey Fr. Statiren gesessen währe. Diese Zeitung wahr dem Fürsten als ein Schwert im Herzen /wolte doch nicht / daß es unter die Leute solte ausgebreitet werden / weil ohn das diese seine Buhlerey sehr heimlich und verborgenwahr / derhalben er den Knaben die folgende Nacht auf dem Lager mit einem Stricke erwürgen ließ / und sendete früh Morgens sechs gewapnete Knechte nach Nabarzanes Schlosse mit diesem Schreiben:

Fürst Gobares wünschet Nabarzanes seinem lieben geträuen / Glük und Heil. Nachdem ich neulich von euch weg geritten / und die löbliche Sitten eures Dieners Kleons in bessere Obacht gezogen / ist mir eine sonderliche beliebung ankommen / ihn vor meinen Leibdiener zuhaben / zweifele nicht / ihr werdet mir hierin gerne wilfahren / wie imgleichen Kleon solches gute Glük nit ausschlagen wird. Ich übersende bey Zeigern den bewusten Lehnbrief über das versprochene Rittergut / welches ihr von nun an besitzen / und als euer Eigentuhm gebrauchen sollet / ohn einiges Menschen Hinderung uñ Einrede. Gehabt euch wol / und grüsset unsere herzgeliebete Fr. Statiren.

Diese Abgesanten hatten von ihrem Fürsten den ausdrüklichen Befehl / daß sie Kleon auff dem Wege erschlagen / und sein Häupt mit überbringen / den Leib aber den Hunden vorwerffen solten; welche /solches zuverrichten / sich auff den Weg begaben /kahmen auch des dritten Tages umb Mittageszeit auff Nabarzanes Schlosse an / da die Frau mit ihrem Kleon gleich auff einem Lustgange umher ging. Sie muhtmassete alsbald / es würden des Fürsten Leute seyn / deswegen verbarg sie ihn auff einem Gemache /ging darauf nach ihrem Gemahl / und lase neben ihm des Fürsten Schreiben; nam einen frischen Muht an sich / uñ gab zur Antwort: Dieses währe ein schlechtes begehren von Ihrer Fürstl. Gn. dem leicht könte und billich müste untertähnig gewilfahret werden /und möchten die Abgesanten sich nur gedulden / biß Kleon von der Jagt wieder zu hauß kähme; ihres Gn. Fürsten Woltahten währen so groß / daß sie ihm nicht allein einen Diener / sondern alle ihre Güter und Vermögen schuldig währe. Nabarzanes ward dieser Erklärung sehr froh / und lobete sein Gemahl / daß sie wider des Fürsten Willen sich nicht sperrete; Sie aber / weil sie ihren geliebten Buhlen so leicht zuübergeben nicht willens wahr / machte sich hin zu ihm / er solte bey Nachtzeit in stiller geheim hinaus reiten /sein Pferd unfern des Schlosses erstechen / und seinen Huet und Degen dabey ligen lassen / nachgehends zu fusse wieder auff das Schloß kehren / und nur gutes muhts / auch der gewissen Zuversicht seyn / daß sie Lebensgefahr mit leichter Mühe von ihm abwenden wolte. Kleon verwunderte sich ihrer listigen Erfindungen / und hielt sich fertig / ein solches ins Werk zurichten / dann er merkete schon / daß ihr dieser Streich gerahten würde. Sie bezeigete sich gegen den Abgesanten sehr freundlich / und fragete offt nach des Fürsten wolergehen / da sie unter andern zuwissen begehrete / in was Diensten seine Fürstl. Gn. Kleon gebrauchen wolte / bekam aber eine solche kalte Antwort / daß sie daher gnug abnam / es würde ihm die lezte Urtel schon gesprochen seyn. Als das Abendmahl solte gehalten werden / fragte sie nach Kleons Wiederkunfft / und befahl / daß er bey Tische auffwarten solte / umb den lezten Abscheid von ihrem Herrn Nabarzanes zuempfahen; weil ihr aber zur Antwort ward / er liesse sich nirgends finden; fing sie an: Ich habe ihm schon vor diesem ernstlich gebohten /daß er beyzeiten von der Jagt umkehren / und seine obliegende Geschäffte verrichten solte / doch weil er nun einen mächtigen Herrn bekömt / werde ich ihm diesen Ungehorsam müssen zugute halten. Nabarzanes verwunderte[713] sich sehr / daß sie zu seiner Erlassung so willig wahr / sagte gleichwol zu dem Abgesanten / weil dieser sein Diener ihm bißher träulich auffgewartet hätte / möchte er den Fürsten in seinem Nahmen untertähnig ersuchen / daß er gnädig gehalten würde. Kleon verschlief die Zeit nicht / sondern umb Mitternacht ritte er heimlich hinaus / verrichtete der Frauen Befehl / und stellete sich unvermerket an bewustem Orte wieder ein / da sie ihm etliche Stunden gesellschafft leistete. Des Morgens wahr sie sehr frühe auff / nam wegen Kleons aussenbleibens sich einer zornigen Ungeduld an / und befahl etlichen Dienern / hinauszureiten / umb zu erforschen / wo er bliebe; welche dann bald wieder kahmen / und Kleons Schwert samt seinem blutigen gnug zerhacketen Huet mit sich brachten / dabey berichtend / es läge sein Pferd nicht weit vom Schlosse im offenen Wege / und währe mit unterschiedlichen Stichen und Hieben niedergeschlagen / auch der Zaum hinweg / aber der Sattel añoch vorhanden. Des Fürsten Abgesanter mit sei nen Dienern stund dabey / hörete diese Zeitung / ritte hinaus / uñ fundens also / daher niemand / auch Nabarzanes selbst nit zweifelte / er währe gefangen hinweg geführet / welches er auch den Fürsten schriftlich wissen ließ / und dessen Leute zurük sendete. Fr. Statira wahr froh / daß ihr dieser Anschlag gerahten wahr / stellete sich gegen ihrẽ Gemahl sehr traurig / und gab vor: Ob sie gleich sich gegen den Abgesanten vernehmen lassen / wie willig sie währe / dem Fürsten diesen ihren Kleon zuübergeben / hätte es ihr doch sehr wehe getahn / einen solchen geträuen und tapfferen Diener zuverlieren / desgleichen sie nimmer wieder bekommen würde / und stünde sie fast in den Gedanken / ob währe er von des Fürsten Leuten schelmischer weise erschlagen / die ihm etwa aufgewartet hätten / nachdem sie vernommen / daß er auff der Jagt währe; wodurch sie dann Nabarzanes in seiner meynung dergestalt vergewisserte / daß er bey allen Göttern geschworen hätte / es verhielte sich also; doch entschuldigte er des Fürsten Leute / und daß er nicht gläuben könte / daß sie dessen befehl von ihrem Fürsten hätten. Also speisete sie nun ihren Kleon gar wol auff einem geheimen Gemache / und lebete mit ihm ihres willen. Niemand aber freuete sich mehr über seinen Tod / als sein leibeigener Orsillos / welcher sich bey der Frauen angab / und begehrete / in vorige Freyheit wieder gesetzet zuwerden / nachdem die Götter sein Elend angesehen und den greulichen Bluthund Kleon hinweg genommen hätten; worauf sie anfangs nicht sonderlich antwortete / sondern ihm die verzuckerte Galle einstreich / er solte sich ein wenig gedulden / seiner Bitte könte nach befindung ein genügen geschehen / und wolte sie es mit ihrem Gemahl in gnädigen bedacht zihen. Hiedurch ward er sicher /ging müssig / aß uñ trank / und kehrete sich so gar an keine Arbeit / ob hätte er die Dienstketten schon abgeleget. Aber nachdem sie mit ihrem Kleon abrede genommen / und er über fünff Tage abermahl zimlich ungestüm anhielt / auch viel Schimff- und Schmachreden wider Kleon ausstieß / redete sie ihm dannoch gütlich zu / erkundigte sich bey allem Gesinde wegen seines verhaltens / uñ taht es ihrem Gemahl zuwissen / ihn mit bewäglichen Worten erinnernd / daß er einmal / um sein Ansehen bey dem Gesinde zuerhalten /einen Ernst sehen lassen / uñ diesen Buben also straffen solte / daß es den andern allen zur Warnung dienen / und sie in gebührlichem Fleisse erhalten könte. Dieser ließ sich darzu leicht bereden / und nach ihrer Anordnung ward allem Gesinde des Abends angesagt / auff dem Schlosse zubleiben / und vor ihrem Herrn und Frauẽ zuerscheinen; Welches da es geschahe /muste Orsillos zuerst vortreten / da ihm die Frau mit[714] guter Freundligkeit die Freyheit gab / sein gestriges und ehmahliges begehren ihrem Herrn und Gemahl selbst vorzutragen; worauf er also anfing: Gn. Herr /ob ich zwar durch des Schandbuben Kleons falsche Bezichtig- und Verleumdung bey unserm gnädigen Fürsten dergestalt angegossen bin / daß dessen Durchl. mich ihm zum Leibeigenen / wiewol / wie ich nicht anders davor halte / auf eine kurze Zeit übergeben hat / so bin ich dannoch meiner Ankunfft und Geburt nach / frey / und kan dartuhn / daß meine Vorfahren ädel und rittermässig gewesen / wie ich dann selbst in meiner Jugend Waffen geführet / und mich in Kriegen wider die Römer / drey Jahr lang zu Pferde gebrauchen lassen / welches wann meinem Gn. Fürsten es kund getahn würde / zweifele ich nicht / es würde von dessen Durchl. mir meine angebohrne Freyheit bald wieder zugesprochen werden; insonderheit / weil derselbe / dem ich als einem unwirdigen dienen müssen / durch des Himmel Rache gestraffet /und meine Unschuld dadurch an den Tag geleget ist. Diesem nach gelebe ich der gänzlichen Zuversicht / es werden Eure Gnaden mich mit diesen Ketten weiters nicht drücken / sondern mir meine Freyheit gönnen /daß ich nach meiner Heimat reise / und mein Haus und Hoff nach wie vor besitze / bitte danebest umb ein ehrliches neues Kleid und nöhtigen Reisepfennig. Die Frau gab ihrem Gemahl einen Wink / daß er ihn solte heissen einen Abtrit nehmẽ / beredete sich weiters mit ihm / und geboht dem anwesenden Gesinde /daß alles / was sie unbilliches von Orsillos wüsten /sie ungescheuhet auf befehl anbringen solten. Dieser ward bald wieder vorgefodert / und bekam von Nabarzanes diese Antwort: Daß du der knechtischen Ketten müde / und der Leibeigenschafft überdrüssig bist / traue ich dir wol zu; daß du aber umb die Freylassung anhältest / und zwar mehr foderungs- als bittesweise / ja mehr trotzest als flehest / solches befremdet mich in etwas; jedoch / weil du weist / daß niemand die verlohrne Freyheit erlangen kan / es geschehe dann durch Gewalt / oder durch des Herrn sonderliche Gnade / oder durch ein gnugsames Lösegeld /ich aber weder das erste noch dritte Mittel sehe / so wird dir die Freyheit nicht anders als durch meine Gnade können zu teile werden. Weil man nun solche grosse und sonderbahre Gnade niemand anders / als hochverdieneten mitteilen muß / als werde ich gehalten fleissige Nachforschung zutuhn / ob du eine solche durch deine redliche und geträue Dienste und Gehorsam dir erworben habest / und da ich ein widriges erfahren solte / müste ich mich gegen dich also bezeigẽ / daß weder ich dessen schande / noch du zu hohe belohnung davon hättest; Tretet deswegen hervor /alle Knechte / Mägde und Dienstbohten / und bey unausbleiblicher Todesstraffe zeiget an / ohn scheuh und Ungunst / was von dieses Orsillos verhalten euch bewust ist. Der Haus Vogt brachte seine Klage zum er sten an: Es hätte sieder Kleons ableiben sich dieser Orsillos nit anders als ein Freygelassener bezeiget /seinen Befehl verachtet / und seines Willens gelebet /unter dem vorgeben / weil der Teuffel seinen schelmichten Herrn gehohlet / währe er frey und niemand verbunden. Die Stall- und Wagen Knechte bezeugeten solches einhellig / und daß er alle Abend mit einem Rausche währe zu Bette gangen; Die KüchenBuben klageten / er hätte ihnen kein einiges stük Holtz spalten wollen; Die Schliesserin gab an / er hätte ihr diese ganze Zeit über angelegen / gute Speise und Trank ihm zuschaffen / und hätte ihr vor wenig Tagen Unzucht angemuhtet / unter dem versprechen / weil er nunmehr von rechtswegen frey währe / und seine Haushaltung bald antreten würde / wolte er sie ehlichen; Die Mägde[715] klageten alle mit einander / wie unzüchtig er sich bezeiget / und gab endlich des KühHirten Weib an / er währe ihr diesen Morgen heimlich auf den StrohBalken nachgeschlichen / da sie dem Vieh dz Futter herunter geworffen / da hätte er sie notzüchtigen wollẽ / würde auch zweifels ohn nicht abgelassen haben / wann nicht die eine MelkeMagd darzu kommen währe / und sie gerettet hätte; baht deswegen sehr / ihr gn. Herr möchte diesen alten frechen und wollüstigen Buben abschaffen / damit sie und andere mehr vor ihn möchten gesichert seyn. Nabarzanes hieß den Beklageten darauff antworten; welcher dañ anfangs sich stark aufs leugnen begab / und sich doch in seinen Reden etliche mahl selbst verriet; Muste endlich einẽ Abtrit nehmen / und nach seines Herrn und Frauen Beredung wieder vortreten / da ihm sein Herr diese Urtel sprach: Nachdem unläugbar ist /dz Kleon der entleibete / mein Knecht und Leibeigener gewesen / so folget daraus unwidersprechlich /daß alles / was demselben zugestanden / mein Eigentuhm ist; Weil dañ der Durchleuchtige Fürst von Susa selbst meinem Kleon dich Orsillos zum Leibeigenen geschenket hat / und solches umb deines schweren verbrechens willen / wird niemand als ein Wahnwitziger es leugnen / daß Orsillos zugleich / ja vornemlich auch mein Leibeigener sey. Nun aber hält derselbe nicht allein gar trotzig bey mir umb die Freylassung an / sondern hat sich überdas dergestalt ungehorsam /frech uñ bübisch erzeiget / daß mein ganzes Gesinde /niemand ausgeschlossen / darüber klagen muß / wodurch er dann verdienet hat / daß er nach meinem belieben gekreuziget / oder den Fischen zur Speise vorgeworffen / oder sonst abscheulicher weise am Leben gestraffet werde / damit andere seines Standes sich an ihm spiegeln / uñ gleiche Bosheit zubegehen scheuh tragen; jedoch / weil mit so unnützem Blute mir nicht gedienet ist / sol er vor dißmahl nacket ausgezogen /an eine Säule gebunden / und von oben an biß unten aus gestrichen werden / damit ihm der Kitzel zur Unzucht vergehe. Der arme Tropff fiel nider / und baht umb Gnade / aber es halff nichts / dann vier starke ihm ohn das ungewogene Knechte / entblösseten ihn /bundẽ ihn an / und richteten ihn mit scharffen Ruhten so jämmerlich zu / daß ihm die Haut am ganzen Leibe zerhauen ward. Nach vollendeter Geisselung ging Nabarzanes davon / und hielt eine kurze Rede an das Gesinde / daß sie diese Straffe ihnen solten zur Warnung dienen lassen; Sein Gemahl aber / welche Kleons Schmach noch besser rächen wolte / trat dem ohmächtigen Orsillos näher / ließ ihn mit starken Krafftwassern an der Säule erquicken / und als er hoffete abgelöset zuwerden / hieß sie Honig herzubringen / und ihn damit über den ganzen Leib bestreichen / da die Fliegen sich häuffig auf ihn setzeten / und er so unsäglichen Ja er trieb / daß nur seine einige Bitte der Tod wahr; aber sie gab ihm zur antwort: Mit deinem Tode ist weder mir noch deinem abgeleibeten Herrn gedienet / sondern ich muß sehen / ob ich einige Bescheidenheit in dich bringen möge / daß du hernähst etwas höflicher von deinem Herrn reden lernest / welcher mir alle behägliche Dienste erwiesen hat. Befahl darauf / ihn mit Salzwasser abzuspülen / welches ihm noch die unleidlichsten Schmerzen verursachete / biß er abgelöset / gelabet / und mit köstlichen Salben geschmieret ward / durffte auch nachgehends seiner Befreyung keine Erwähnung mehr tuhn / sondern verrichtete seine Arbeit besser als vor nie / weil er in eine neue Haut gekrochen wahr; überdas wuste er sich fleissig vorzusehen / und seine Zunge im Zaum zuhalten / daß er seines gewesenen Herrn weder in bösem noch gutem gedachte / von welchem jederman wähnete / er währe im Pusche vollends[716] erschlagen / weil man daselbst ein menschliches Gerippe funden hatte /da dann Fr. Statira bemühet gnug wahr / solche Zeitung zubehaupten / damit so wol Fürst Gobares als ihr Nabarzanes selbst auffhören möchten / ihn weiter zuverfolgen. Unterdessen wehrete dem guten Kleon die Zeit in diesem unangenehmen Gefängniß sehr lange / dann er wahr des frechen Weibes von herzen überdrüssig / durffte sich dessen doch nicht merken lassen / und fand auch keine Gelegenheit / davon zukommen / zürnete deswegen auff sich selbst / dz er die Nacht / da er sein Pferd erstach / nicht davon geritten wahr; O wie oft klagete er seine Träulosigkeit an / die er seiner lieben Ursulen zubeweisen gezwungẽ ward / deren Monaten schon vor acht Wochen zum Ende gelauffen wahren / welches sie doch vor jedermänniglich so meisterlich zuverbergen wuste / daß man davon nichts argwohnete / biß das Wehe sie anstieß / und sie zu Fr. Sophien / die damals bey ihr wahr / also sagete: Herzgeliebete Frau Schwester /meine Bürde / die ich eine zeitlang von eurem Bruder bey mir getragen / wil sich länger nicht bergen lassen / dann ich empfinde die Geburtswehe sich herzu nahen / wollet es deswegen euren und meinen lieben Eltern zuwissen machen / daß mir eine vernünfftige Wehmutter zugeordnet werde. Frau Sophia erschrak dessen / und verwieß ihr mit harten Worten / daß sie biß auff die lezte Stunde solches verborgen hielte /hätte sich mögẽ mit samt der Frucht in den Tod stürzen / dafern in aller Menschen abwesenheit / ihre Zeit herzu genahet währe; Sie hätte gerne mehr geredet /aber die Noht trieb sie fortzueilen / kam doch mit der Wehmutter und anderer weiblichen Geselschafft bald wieder / und halff Gott / daß inwendig zwo Stunden sie eines jungen Fabius genaß / worüber die Eltern und sämtliche Anverwanten höchst erfreuet wurden /weil der ganze Stam durch dieses erste Zweiglein erhalten ward.

Wir wollen aber diese ihr junges Söhnlein zu Padua baden und säugen lassen / und unsern beyden Helden / Herkules uñ Ladisla auf der Reise nach Charas nachfragẽ / die sich in begleitung Herren Pharnabazus und Mazeus von Ekbatana auffgemacht hatten /von denen sie biß an die Parthische Grenzen wol vergeselschafftet wurdẽ / woselbst sie sich scheideten /weil Pharnabazus / wie oben erwähnet / nach dem Persischen GroßFürsten Artaxerxes / Mazeus aber mit den zugegebenen Reutern wieder zurük nach Meden /und die unsern sieben Mann stark / des nähesten Weges nach Charas fort reiseten / hatten auch zimliche sicherheit / biß auff eine tage Reise von der Stad /da ihnen 15 gewapnete Reuter im freien Felde ausstissen / welche in ihrer Rechnung nicht fehleten / es müste gute Beute auff ihre zween grosse Rustwagen geladen seyn; wurden deßwegen eins / sich derselben zubemächtigen / und sendeten zween ihres mittels an die unsern / mit dem Befehl daß sie stille halten / und ohn außdrükliche Erläubnis nicht fortrücken solten. Nun hatte Herkules einen guten Freibrieff von dem GroßFürsten aus Meden bey sich / dessen er sich so nahe bey der Stad lieber als des Schwerts gebrauchen wolte / deßwegen er den Abgeschikten zur Antwort gab / sie ritten als freie Leute in des GroßFürsten Phraortes Diensten / bey Königlicher Hocheit etwas vorzutragen / wolten demnach hoffen / daß man ihnen daran nicht würde hinderlich seyn / massen sie dessen guten Schein von Hochgedachtem Fürsten auffzulegen hätten. Ihr Führer solches vernehmend / wolte sich daran nicht kehren / und ließ ihnen zum andern mahle andeuten / es würden der falschen Freibrieffe heut zu Tage so viel geschrieben[717] / daß man gar keinẽ mehr zu trauen hätte / weil selbe fast alle miteinander von den HofSchreibern erkauft / nicht von den Fürsten erteilet würden; doch wie dem allen / so währe niemand unter ihnen / der sich auff Brieffelesen groß verstünde / müsten demnach nicht ihre Briefe / sondern ihre Waffen /und was sie auff den Wagen führeten / von sich geben / und von ihrer Gnade das Leben erbitten. Herkules antwortete mit wenigen: Er wolte hoffen es währe ihm und den seinen die Landstrasse zu reisen so frey als einem andern / da aber ein Fürst oder sonst ein grosser Herr verhanden währe / wolten sie demselben alle mögliche / und einem Ritter nicht schimpfbringende Ehre antuhn / einem andern aber gestündẽ sie durchaus kein heissen noch verbieten. Diese verdroß solche Verwägenheit / daß eine so kleine Schaar sich noch sträuben und unnütze Worte von sich geben solte /setzeten mit vollem Lauff und entblösseten Degen auff sie an / und funden über verhoffen mehr als sie sucheten; dann Herkules und Ladisla / neben Leches /Tyriotes und Gallus gebraucheten sich aller ihrer stärke / und tahten ihre beyden Dolmetscher Plautus und Mardus auch so viel in ihrem Vermögen wahr / daß in kurzer Zeit der gröste Teil dieser Räuber erschlagen /uñ die übrigen gefangen wurden / welche auff bedrauliche Frage bekenneten / sie kähmen von Charas / der Ritter mit welchem Herkules den absonderlichen Streit gehalten / und ihm dz Häupt zerspillet / währe des grossen Königes Artabanus unehlicher Sohn /Fürst Sanatruzes / auff dessen Tapfferkeit der Vater viel gehalten / und ihn zum FeldObristen über 20000 Parthische Reuter ernennet hätte. Dieser Zeitung entsetzeten sie sich über alle masse / so daß sie ganz erbleicheten / fasseten doch eine kurze Erklärung / hieben die Gefangenen nider / und wendeten sich in grosser Eil auff eine andere Strasse / damit sie des Verdachts dieser Taht möchten befreiet bleiben. Herkules hatte zeit wehrendem Gefechte des Tyriotes Mannheit verspüret / weil er in wenig Streichen zween feste Ritter erlegete / sagte deßwegen nach geendigtem Streit zu ihm: Tyriotes du hast in einer guten Schuele gelernet / und mangelt dir weder an Vorsichtigkeit noch Herzen; so biß nun geträu / from und verschwiegen /und versichere dich / daß wann dir geliebet dereins mit uns in unsere Heimat zu reisen / du daselbst Zeit deines Lebens mit adelichen Gütern solt versorget seyn / oder gefält dir diese OstenWelt besser / sol dirs in Meden oder Persen eben so wenig fehlen / dessen ich dir meine Redligkeit zum Pfande setze. Dieser ward des Erbietens sehr froh / bedankete sich untertähnig / mit dem versprechen / sein Leib und Blut vor seine gnädigste Herren willig auffzuopffern / leistete auch einen hohen äid / ihren Stand und Heimligkeit niemand zu offenbahren; hingegen vermacheten sie ihm 150 Kronen Monatliche Bestallung / dañ er wahr zu Charas wol bekant / daß ihnen seine Dienste sehr ersprießlich wahren. Des andern tages nach gehaltenem Kampfe / näherten sie der Stad auff eine Viertelmeile / stiegen ab von ihren Pferden / und tahten zu Gott eine herzliche Danksagung mit vielen andachts- Trähnen / daß er sie bißdaher geleitet / und auß mannicher Gefahr erlöset hatte / bahten ihren Heyland ferner / er wolte ihnen forthin allemahl Schuz halten /und zu ihrem Vorhaben Glük und Seegen geben / auff daß sie mit dem lieben Fräulein wiederumb bey den ihren anlangen möchten; wovor sie Zeit ihres Lebens Gottes Lob und Preiß erhöhen und außbreiten wolten. Nach geendigtem Gebeht setzeten sie sich wieder zu Pferde / legeten die Harnische auff den Wagen / und ritten in gemeiner Reuterkleidung in die Stad / kehreten[718] aber nicht miteinander in eine Herberge ein / sondern Herkules / Ladisla und Tyriotes blieben beysammen / die übrigen nahmen fast gegen über ihr Ablager / nicht gar weit von Fräulein Valisken Schlosse / und wahren des ersten tages stille. Des folgenden ging Herkules mit Tyriotes hin / dieses Schloß eigentlich zubesehen / welches zwar gegen das GroßKönigliche zu rechnen / klein / aber über die masse zierlich gebauet wahr / auch mit tieffen Wassergraben und hohen Mauren und Zwängern umbfangen; das Gebäu an sich wahr von glänzendem weissen Marmel / mit hangenden Gemächern außwendig Blumwerksweise vergüldet; die Fenster von dem lautersten kristallen Glase; das Dach glänzete von Golde / daß wann die Sonne darauff schien / es den Anschauenden die Augen blendete. Der Graben hielt ein sehr klares Wasser in sich / welches mit Röhren hinein geleitet wahr / und wurden die herlichsten Fische drinnen gehäget / dann der Fräulein höchste Lust wahr in dieser ihrer Einsamkeit / daß sie zuzeiten mit einer Angelrute oben von der Maur hernider dieselben fing / und nach sich in die Höhe zog / und weil man diesen Graben außwendig gar umbgehen kunte / besahe Herkules das Schloß rings umbher / da er eines Obergemaches Westwerts gewahr wurde / an welchem außwendig nähest bey dem Fenster zu beyden Seiten / seiner liebsten Fräulein Zeichen 4. Buch mit schwarzer Farbe in zimlicher grösse gemahlet stund / dessen er höchlich erfreuet ward / unter der Hoffnung / er würde sie dieser ends bald zu sehen bekommen / weil er ungezweiffelt davor hielt / dieses müste der Fräulein eigenes Zimmer seyn / wie es dann auch wahr; ging deßwegen alsbald wieder nach der Herberge / und erzählete seinem Ladisla was er angetroffen hatte; Sie gingen desselben tages sechsmahl miteinander dahin /aber vergebens / dann es befand sich das Fräulein den ganzen Tag über in grosser Traurigkeit und schweren Gedanken / und solches aus furcht / daß ihr Herkules auff der gefährlichen Reise in Unglük gerahten und wol gar umb sein Leben kommen möchte; Uber dz hatte sie in erfahrung gebracht / es stünde wegen eines vermuhtlichen iñerlichen Krieges sehr gefährlich im ganzen ParthischenReiche / daraus sie muhtmassete /daß die Unsicherheit zu reisen ihn gar wieder zurük zihen dürfte / in welchẽ Gedanken sie sich so sehr vertieffete / daß sie vergaß an ihr Fenster zu gehen /und ihres Timokles wahrzunehmen / wie sonsten ihr täglicher brauch wahr. Des andern Morgens gingen sie zimlich frühe wieder hin / und nachdem sie etwa eine halbe Stunde sich daselbst auffgehalten hatten /erblickete Herkules das Fräulein ohngefehr am Fenster / da er vor freuden seinem Ladisla an der Seite niedersank / nicht anders als ob die Seele aus ihm gefahren währe / auch Ladisla nicht anders meinete / er währe etwa vom Schlage getroffen uñ plözliches todes verblichen / dessen er so hefftig erschrak / daß ihm schier ein gleiches begegnet währe / doch hielt er sich feste / und schüttelte seinen Freund so lange / biß er ihn endlich wieder zu rechte brachte / weil Timokles / der seiner Gewohnheit nach sich daselbst von seinem gebietenden Fräulein sehen ließ / seines Unfals inne ward / aus mitleiden hinzu trat / und aus dem nähesten Brunnen Wasser zutrug / damit sie ihn wieder erquicketen. Frl. Valiska sahe dieses an / und kennete doch ihre liebsten Freunde nicht / weil sie beyde ihre Angesichter verstellet hatten. Ladisla hatte ihrer noch nicht wahr genommen / biß Herkules / da er sich erhohlete / sie ihm mit beyden Händen zeigete / und in teutscher Sprache zu ihm sagete: Bruder / sihestu deine Frl. Schwester nicht / deren Geister die meinen zu sich hinauff gezogen haben?[719] Hiemit sahen sie beyde das Fräulein starre an / und kunte Herkules nicht unterlassen / ihr eine höfliche Ehrerbietung nach teutscher Art zuerzeigen / dessen sie mit höchster verwunderung wahrnam / und vorgewiß hielt / ihr allerliebeste Nachsucher würden in der nähe seyn / und diese ihre beyden Diener voraus geschikt haben; durfte aber / Argwohns halbẽ sich nichts merken lassen /weil ihr Frauenzimmer mehrenteils bey ihr wahr /schlug das Fenster zu / voller Gedanken / und geriet bald auff die furcht / obs ein Verführer währe / und von dem Könige darzu bestellet. O du günstiger Himmels Gott / der du von meinem Herkules so hoch geehret wirst / sagte sie mit stillem Munde / aber schreienden Herzen und quellenden Trähnen / ist dann die Zeit meiner Erlösung nicht schier vorhanden? oder wiltu zugeben / daß der Außbund des menschlichen Geschlechts / mein fro er Herkules mit mir zugleich untergehen und verderben sol / welchen jederman vor ein volkommenes Meisterstük des Himmels halten und ehren muß? Timokles hatte zwar Herkules Reden an Ladisla nicht gehöret / und ob er sie gleich gehöret hätte / würde er sie doch nicht verstanden haben; aus ihrer beyder geberden aber urteilete er / sie müsten ohnzweifel der Fräulein Kundschaft habẽ / folgete ihnen deßwegen nach biß in ihre Herberge / und stellete sich gar ehrerbietig gegen sie / daher Herkules ihn also anredete: Mein Freund / ihr seid heut in erquickung meiner sehr bemühet gewesen / ungeachtet ich euch allerdinge fremde bin; möchte deßwegen gerne euer etwas bessere Kundschaft haben / ob ich daher Gelegenheit finden könte / euch eure mir geleistete Dienste zuvergelten. Dieser antwortete: Seine Dienste währen schlecht und geringe gewesen / und keiner Vergeltung wirdig; seinen Zustand betreffend / währe er hieselbst fremde / würde sich aber eine zeitlang alhier auffhalten / weil er nach seines Herrn befehl /dem er dienete / auff dessen gute Freunde wartete /deren er aus weit abgelegenen West-Nordischen Ländern gewißlich vermuhtete / und währe alles sein tuhn / daß er täglich die vornehmsten Herbergen besuchete / umb Nachfrage zuhalten / ob nicht einer oder ander möchte ankommen seyn / denen dieses Zeichen 4. Buch (welches er ihnen vormahlete) bekant währe. Herkules erfreuete sich dieses vorbringens überaus höchlich / und gab ihm zur Antwort: Mein Freund / es hat ein sonderliches Glük euch zu uns geführet / dann niemand als wir / kan eures Herrn Freunde euch zuerkennen geben / von denen wir abgefertiget sind / eurem Herrn und dessen wolergehen nachzufragen. Umb meinen Herrn / sagte Timokles /stehets noch wol / so viel Ehr / Leben uñ Gesundheit betrift / dem von Tyrus biß hieher ich stets auffgewartet habe; aber kan ihnen nicht belieben / mir ihrer Herren nahmen zu nennen? dann ehe solches geschihet / werde ich stets im zweiffel bleiben. Mein Herr /sagte Herkules / heisset Ladisla. Er neigete sich vor diesem nahmen und gab zur Antwort: Derselbe grosse Herr ist meines Herrn leiblicher uñ einiger Bruder. Ihr wisset genug / mein Freund / sagte Herkules / und wollen euch unsere Herren bald sehen lassen; befahl darauff / Tyriotes solte ihm ein wenig Geselschafft leisten / biß man ihn ruffen würde. Sie aber gingen auff ihr Gemach / rieben die angestrichene Farbe ab /legeten köstliche Kleider an / und ward Tyriotes von Leches gefodert / mit dem fremden herauff zukommen / welcher da er zur Tühr hinein trat / sagte Tyriotes zu ihm; da sehet ihr eures Herrn Freunde / woran ihr nicht zuzweifeln habet. Timokles entsetzete sich vor ihrem Fürstlichen Ansehen / dz er erstarrete / fiel nachgehends vor Herkules nider / und sagete: Durchleuchtigster GroßFürst / gnädigster Herr /[720] mit was unaussprechlicher Freude und Vergnügung werde Euer Gn. ergebenes Fräulein ich unwirdiger noch heut erfüllen / da ihrer Gn. und des Großmächtigsten Königes Herrn Ladisla glükliche Ankunfft deroselben ich andeuten werde; O mit was sehnlichem Verlangen ist Ihrer Gnn. Ankunfft täglich erwartet worden / welche mich meiner Gn. Fräulein schierkünftigen Erlösung fast versichern darff. Herkules hieß ihn auffstehen /und fragete / woher er ihrer Kundschafft hätte; Und bekam zur Antwort: Es hätte Herr Pharnabazus auff der Frl. geheiß ihm solches alles offenbahret / auch mit ihm verabscheidet / dafern er ihre Gnn. antreffen würde / wolte er seine Herberge ihnen kund tuhn. Nun wahr dieses zwar also ergangen / aber Pharnabazus hatte es allerdinge vergessen / und erinnerte sich dessen erst / da er schon zu Persepolis angelanget war /worüber er sich sehr hermete / aus furcht / es würden unsere Helden diesen träuen Diener nicht antreffen. Nicht weniger befremdete es auch die beyden Fürsten / daß er solches so gar nicht geahnet hatte / wolten sich dessen aber nicht merken lassen / sondern es rühmete Herkules diesen Diener wegen seiner dem Fräulein erzeigeten Träue / vermahnete ihn zur Beständigkeit / und verhieß ihm höhere Belohnung / als er selbst wünschen möchte; wovor er sich untertähnigst bedankete / und alles vermögen ihnen äidlich versprach / erzählete hernach kürzlich / wie es dem Fräulein bißdaher ergangen währe / und taht endlich hinzu / er hielte es vor ein sonderliches Glük-zeichen / daß GFürst Herkules in einem Schneeweissen / König Ladisla in einem rohten Kleide sich eingestellet hätten /nachdem mahl sein gn. Frl. mit ihm verabscheidet /ihrer Gnn. anwesenheit ihr mit solchen Farben anzudeuten. Herkules fragete / ob ihm dann nicht zugelassen würde / zu dem Fräulein zugehen / und mündlich mit ihr zureden; Und als er vernam / daß noch diese Stunde kein Mannesbilde ohn sonderliche Erläubniß des Königes zu ihr gelassen würde / sondern der ihm solches unternehmen wolte / ohn zweifel eines schändlichen Todes sterben müste / wie Herr Mazeus ihm schon angedeutet hatte / merkete er daher wol /daß es ihm schwer fallen würde / sein Vorhaben ins Werk zurichten; doch weil er in allen dingen seinem Gott und Heylande vertrauete / also zweifelte er nicht / derselbe würde ihm schon den Zutrit öfnen. Timokles hielt demühtig an / ihn dißmahl nicht länger aufzuhalten / damit er seinem gn. Frl. ihre Ankunfft verständigen / und ihr den grossen Ku er benehmen möchte / welcher sie wegen ihres langen aussenbleibens fast verzehret hätte. Es wahr gleich der Frl. GeburtsTag / nehmlich der 31ste des JennerMonats / mit welchem sie in das 17de Jahr trat / welchen Tag nicht allein sie mit ihrem Frauenzimmer / sondern der König selber mit seinen Höflingen zubegehen willens wahr. Nun befand sich das verliebete Fräulein /wegen des empfangenen Ehrengrusses / mit ungewöhnlichen Freuden beladen / daß ihr Frauenzimmer /in betrachtung ihrer bißher erzeigeten Schwermuht /eine sonderliche beliebung darob hatte. König Artabanus sendete ihr ein treffliches schneeweisses Kleid /dessen Werd sich auff zwo Tonnen Goldes erstreckete / dabey wahr eine Königliche Krone / und eine Halskette von überaus grossen Kosten. Wie sie sich nun auff ihrem Gemache ausputzen ließ / fand Timokles sich an seinem gewöhnlichen Orte / nam gemachter Abrede nach / ein helles Pfeifchen / und gab ihr seine gegenwart zuverstehen / dessen sie sich nicht wenig verwunderte / gedachte auch alsbald / er würde ihr ein sonderbahres Zeichen sehen lassen / weil er so bald zum andern mahle wieder kam; machete sich demnach hin zu ihrem[721] Fenster / vorgebend / weil ihr eine geringe Mattigkeit zustiesse / würde sie gezwungen / frische Lufft zuschöpffen; schlug das Fenster auf / und sahe ihn in der Rechten ein weisses / und in der Linken ein rohtes Tüchlein halten / und sie beyde frölich umb den Kopf schwingen; worüber sie vor grosser herzlicher Freude niderfiel / und mit innerlicher Stimme sagete: O hilf nun du wahrer Gott / nun hilff! damit lief ihr alles Geblüt zum Herzen / daß sie unbewäglich liegen blieb. Das gesamte anwesende Frauenzimmer erschraken dessen hefftig / wahren mit kräfftigen Sachen bald zugegen / und macheten ihr den Busem auff / da sie über ihrer trefflichen Schönheit sich nit gnug verwundern kunten / dann sie hatte bißher ihren Leib so wenig von diesem ihren Frauenzimmer beschauen lassen / als währens lauter Mannesbilder gewesen; durch welche Keuscheit sie ihr hohes Ansehen bey ihnen erhielt / wiewol sie es ihr vor einen stolz auslegeten. Es wehrete fast bey einer Viertelstunde / ehe sie ihrer Sinnen wieder mächtig ward /kahm algemählich zu sich selbst / schlug ihre halblächelnde Augen auf / und sagete zu den anwesenden: Ach ihr meine Freundinnen / warumb lasset ihr mich nicht in meiner Jungfräulichen Keuscheit eines so sanfften Todes dahin sterben? Mit dem ward sie ihres zur helfte entblösseten Busems gewahr / welches sie heftig verdroß / ihn alsbald wieder bedeckete / und mit ernstlicher Rede sagete: So nach diesem mich jemand dergestalt entblössen wird / die sol meinem Zorn und schwerer Straffhand nicht entgehen / dann alles wz an mir ist / wird nur einem Fürsten verwahret / sonsten hat kein Mensch der ganzen Welt teil an mir. Das Frauenzimmer baht demühtigst umb Verzeihung; es währe zu ihrem besten geschehen / ihre Geister wieder hervor zuruffen / hätten nicht gewust / daß ihre Gn. bey Frauenzimmer sich so schamhafftig halten wolte / möchte demnach ihnen solches Gn. verzeihen / es solte forthin nimmermehr geschehen. Also gab das Fräulein sich zufrieden / trat wieder vor das Fenster / und sahe Timokles stehen / und abermahl die Tücher frölich schütteln / daher steckete sie das Häupt gar zum Fenster hinaus / ließ ihm ihr añoch todtenbleiches Angesicht sehen / und winkete ihm mit lachendem Munde hinweg zugehen / und die lieben Freunde herbey zuhohlen. Ihr Schmuk ward ihr völlig angelegt / uñ befahl sie hernach dem ganzen Frauenzimmer / einen Abtrit zunehmen / biß ihnen wieder geruffen würde; Als sie nun allein wahr / schlug sie ihre Hände mit diesem herzinbrünstigen Gebeht zusammen: O du mächtiger / mir annoch unbekanter Christen-Gott; dir sage ich von grund meiner Seele Dank /daß du meine Ehr und Leben bißher in deinem geträuen Schutz erhalten / und meinen herzgeliebeten Bräutigam nebest meinen Bruder frisch und gesund herzu geführet hast / dann dir / ja dir allein / schreibe ich alle unsere Wolfahrt zu; O nim dich unser ingesamt ferner gnädig an / gib Glük zu unserm vorhaben / und verleihe daß wir ungetrennet unser liebes Vaterland wieder sehen / mit den unsern frölich leben und dir nach deinem Willen / den ich schier hoffe zuerkennen / gehorsam dienen mögen.

Nach geendigtem Gebeht war sie wol mit tausenderley Gedanken umgeben / ob sie auch ihres lieben Herkules Gegenwart würde ertragen können; ja ob auch derselbe in ihrem anschauen geherzter als das erste mahl zu Prage / sich erzeigen würde. O du geträuer ungefärbeter Liebhaber / sagte sie / wie manniche Ungelegenheit muß dir zugestossen seyn / ehe du diesen Ort erreichet hast; aber gib dich zufrieden / ich wil entweder frölich sterben / oder mit dir von hinnen zihen; bleibe du nur beständig / und versichere dich /daß allein du / oder der bittere Tod meines Leibes Herr und Meister seyn / und dessen geniessen sol. Sie hatte etwa eine[722] Stunde in diesen Liebes-gedanken zugebracht / da sahe sie ihren Bruder Ladisla daher treten / und einen zu seiner Rechten / den sie anfangs nicht kennete / dann es wahr Herkules / der sein Haar braun gefärbet / das Angesicht aber nur ein wenig verstellet hatte / daß wie er näher kam / sie etlicher massen merkete / er müste es seyn / und würde ein falsches Haar auffgesetzet haben / rief ihrem Frauenzimmer / und begehrete von ihnen mit freundlichen Worten / daß sie mit ihr auff den obersten Gang / der umb das Dach auswendig gezogen wahr / gehen / und sich umsehen solten; worzu sie alle willig wahren /insonderheit / als sie vernahmen / daß ihr Unwille sich geleget hatte. Als sie nun da droben in ihrem Königlichẽ Pracht sich eigentlich beschauen ließ / sagte Ladisla zu Herkules: Sihe da / geliebter Bruder / wie hoch der grobe König meine Frl. Schwester ehret /indem er sie nicht anders als eine herschende Landes-Königin ausgeschmücket hat. Dieses machet auch /antwortete er / daß ich mein Schwert lieber vor / als wider ihn gebrauchen möchte / dafern er mir nur diesen teurẽ Schatz ungewägert ausfolgen lassen wolte; Doch muß gleichwol noch eine Liebe zur Tugend in seinem Herzen übrig seyn / weil er nicht nach gewohnheit der Unbändigen / äusserlichen Gewalt brauchet / sondern ihr ertichtetes Gelübde ihm hat gefallen lassen / und hoffe demnach / mein HErr Jesus werde uns beyständig seyn / und helffen / dz ihre Ehre vor ihm und allen andern gesichert bleibe. Unter diesem Gespräch ließ Herkules kein Auge von seinem Fräulein / sondern betrachtete sie inniglich / und befand /daß innerhalb zwey Jahr und 37 Wochen (so lange hatte er sie nicht gesehen) sie viel gewachsen / und über ihr Alter anzusehen wahr. Das Fräulein empfing seine Liebesblicke mit gleicher Andacht / kehrete ihm dz Angesicht zu / und sprachete mit stets lachendem Munde mit ihrem Frauenzimmer. In ihrer Hand trug sie einen vergüldeten Pfeil / auf welchen sie mit schwarzen Buchstaben in Teutscher Sprache geschrieben hatte: Ihr lieben Herzen / sendet mir den hohlen Pfeil. Als sie nun vom Gange ging / nachdem sie über eine halbe Stunde sich alda hatte sehen lassen / nam sie den Bogen zur Hand / und schoß diesen Pfeil als zur kurzweil in die Höhe / daß er vor Herkules niderfiel / welcher ihn ehrerbietig aufhub / und nach der Fräulein Abscheid sich mit Ladisla und Timokles nach ihrer Herberge machte / woselbst sie die Schrifft des Pfeils lasen / und von Timokles zuwissen begehreten / was vor einen hohlen Pfeil das Fräulein fodern möchte; Er aber gab ihnen zuverstehen / was massen ihre Abrede währe / da etwz sonderliches vorginge /solte er in einem hohlen Pfeile ihr ein eingestektes Brieflein auff den Gangschiessen; welches listigen fundes sich Herkules verwunderte / ließ geschwinde einen solchen zurichten / setzete sich nider / und schrieb folgenden Brief:

Der einige wahre Gott Himmels und Erden / hat durch manniche Gefahr mich gesund hergeleitet / und mir heut meiner Seelen-geliebten Fräulein höchstgewünschtes Angesicht gezeiget; Mein Ladisla hat mich nicht wollen las sen allein nachsuchen / sondern ist mir gefolget biß nach Ekbatana / da wir ohngefehr zusammen gestossen / und Euer Liebe Zustand erfahren haben; weil mir dann an meiner Fräulein Beständigkeit und Träue zu zweifeln nicht gebühren wil / als welche mehr auff Tugend / als üppigen Stoltz hält / wird weder WasserGrabe / noch steinerne Mauer / noch Hüters Wachsamkeit / ja Königes Artabanus Macht selber nicht / mir verhinderlich seyn / dasselbe zuerlangen / was nähst Gott mein höchster Schatz und Wunsch ist. Lebet wol / meines Lebens Seele / und seyd gegrüsset von eurem / biß in den Tod ganz ergebenen Knechte / Herkules / jezt Valikules genant.

Dieses Schreiben wickelte er artig zusammen / als ein dünnes Pfeifchen / vermachete es[723] in den hohlen Pfeil / uñ ging des folgenden Morgens sehr früh mit Timokles hin / der ihm den Bogen nachtrug / mit welchem er den Pfeil auff den Gang schoß / und alsbald wieder seines Weges ging. Bey der prächtigen Mahlzeit saß das Fräulein ganz verwirret bey ihrem Frauenzimmer / daß sie wünschete / es währen diese Freunde auff einen andern Tag ankommen. Tausenderley Gedanken lieffen in ihrem Kopffe umb / daß einer dem andern nicht weichen kunte; bald betrachtete sie die wunder-träue Liebe ihres Bräutigams gegen sie; bald die Gefahr / welche er schon glüklich überstanden; bald / welche ihm noch bevor stünde; wie es doch würde können möglich seyn / daß er sie aus diesem wolverwahreten Schlosse brächte; und wann solches gleich geschähe / wie er mit ihr der grossen Macht des Königes entgehen / und sicher durchhauen würde. Doch wahr vor dißmahl ihr höchstes anliegen / daß sie nicht ersinnen kunte / wie sie seiner lieben Gegenwart geniessen / und den sie ungleich mehr als sich selbst liebete / auff ein vertrauliches Gespräch etwa ein Stündichen bey ihr haben möchte; endlich gelebete sie der Zuversicht / Gott würde es in die Wege schicken / wie es ihnen am ersprießlichsten währe / straffete wegen ihrer Schwermühtigkeit sich selber / und nam eine besondere Fröligkeit an sich /daß sie endlich ihre Laute foderte / und welches sie an diesem Orte noch nie in einiges Menschẽ gegenwart getahn / folgende Teutsche Reimen darein sang:


1

Schönster LeitStern meiner Seelen /

Hastu dich herbey gemacht?

Bistu / meines Herzen quälen

Schier zu endigen bedacht?

O du Tugendhaffter Sin /

Sey beständig wie ich bin.


2

Liebster Seelen-Schatz / wie lange

Hab ich nach dir ausgesehn!

Meinem Herzen wahr sehr bange /

Daß du möchtest untergehn /

Und die mancherley Gefahr

Dich erdrücken ganz und gar.


3

O mein Freund / wie manches Leiden

Hat dich sider dem geübt /

Daß du mich hast müssen meiden /

Die du vor so sehr geliebt;

O wie seufztestu mir nach /

Als mein Brehlchen zu dir sprach:


4

Herkuliskus läst sich führen

Nach dem wilden Parther hin /

Da sie wird ohnzweifel spüren

Manches frechen Menschen Sin /

Und wol der Artaban / scharff

Sie umb Lieb' ansprängen darff.


5

Da wird deiner Seele grauen

Recht hervor gebrochen seyn /

Daß du dich hast müssen zauen /

Und zu mindern solche Pein /

Deinen Weg befodert hast

Tag und Nacht ohn Ruh und Rast.


6

Nun mein Herz / du bist ankommen /

Und ich bin noch unbeflekt /

Darumb bleibt dir unbenommen /

Was der Seele süsse schmekt /

Ich bin dein / und bleib es wol /

Wo ich sonst noch leben sol.


7

O wie werd ich mich ergetzen /

Wann uns Gott die Freyheit schikt;

Dann wil ich bey seite setzen /

Was mich noch so hefftig drükt;

Dann wil ich dir Leib und Sin

Schenken / weil ich deine bin.


Nach dieses Liedes endigung / sagte Fr. Sysigambis ihre Hofmeisterin zu ihr: Ach mein Gnädigstes Fräulein / es muß der grosse König Artabanus bey den Göttern in sonderlicher Hulde stehen / weil dieselben seiner Hocheit / ohn einige Heucheley zureden / das allervollkommenste Fräulein der Welt / durch so wunderlichen Glückesfall zugeführet haben; und möchte ich meines teils nur wünschen / daß Ihre Hocheit dieses ihr wunder-süsses Lautenspiel[724] / und die himlische Stimme hätte anhören mögen. Das Fräulein hatte dieser Frauẽ gute Zuneigung zeit wehrender ihrer Schwacheit wol gespüret / und ob ihr diese Rede gleich sehr zuwider wahr / wolte sie ihr doch keine ursach zum Widerwillen geben / wie sie ohndas ihr alles zugute hielt / damit sie ein vollko enes Vertrauen bey ihr erhalten möchte / und auff den Nohtfall desto leichter könte hintergangen werden; vor dißmahl aber gab sie ihr die Antwort: Geliebte Freundin; Gottes Versehung bestehet in seinen heimlichen Rahtschlägen / die keines Menschen Witz erfahren kan; Zu wessen ehelicher Vertrauung mich der Himmel nun verordnet hat / dem muß ich ohn zweifel zu teile werden / solte er mich gleich / oder ich ihn / in den äussersten Grenzen der Erden suchen; was ihr aber von meiner Volko enheit redet / höre ich zwar an / und weiß mich doch zugleich meiner Gebrechẽ sehr wol zueriñern; jedoch mein Wille ist auf Tugend gerichtet / uñ wz menschlicher schwacheit und meinem Unvermögẽ abgehet / wird unter and'n auch meiner Jugend zugerechnet werden. Nachgehends hieß sie einer ihrer Jungfrauen einẽ Tantz spielẽ / da sie unter der Einbildung / ob ihr liebster Herkules / sie bey der Hand führete / solche zierliche Sprünge / Schrenkungen der Beine / und dergleichen Fertigkeiten sehen ließ / dz alle anwesende wunder nam; uñ weil sie den Anfang gemacht / mustẽ die Jungfern auch tanzẽ / so gut sie es gelernet hattẽ / biß sie endlich mit dem späten Abend sich zur ruhe legete / da Herkules ihr im Schlaffe i er vor Augen uñ im Gedächtnis schwebete / welcher inzwischẽ auf nichts so viel bedacht war /als dz er ihr den Christlichen Glauben beybringen möchte / wie er solches seinem Gotte angelobet hatte /befand aber / daß es durch Schreiben schwerlich würde zuverrichten seyn / uñ sahe doch nicht / wie er sein Vorhaben / sie zu sprechen / so schleunig ins Werk richten könte. Das liebe Fräulein / da sie mit dem anbruche der ersten Morgenröhte erwachete /ging unvermerket auff den obristen Lustgang / ob etwa vorigen Abend ihr der hohle Pfeil hinauff geschossen währe / weil sie aber zu früh kam / und nichts fand / machte sie sich eilends wieder nach ihrem Gemache und legte sich zur ruhe / da sie etliche Stunden vom Schlaffe eingenommen ward / und die Einbildungen ihr mannicherley vorstelleten. Wie sie nun erwachete / schämete sie sich / so lange geschlaffen zu haben / legte ihre Kleider an / und ging zum andernmahle auff den Gang / da sie den Pfeil fand /ihn frölich zu sich nam / und in ihrem Gemache öfnete / zohe das Brieflein heraus / und aus der Auffschrift (Der Durchleuchtigstẽ Fräulein / Fräulein Valisken etc. meiner höchstgeliebeten Frl. Wasen und Schwester) erkennete sie alsbald ihres Herkules Hand / küssete den Brieff / und sagete: O ihr mein herzgeliebter Freund / wann wird uns der Himmel unsere Vergnügung gönnen? O daß ich mir Flügel wünschen oder machen könte / nur biß über diese Stad weg zu fliegen / daß ihr eurer Liebe und Träue schuldige Vergeltung spüretet! brach hiemit das Schreiben / lase es / und sagete: Nun mein geliebtes Herz / ob ich gleich viel zu unvermögen bin / deiner Träue und Tugend die Wage zu halten / wil ich doch mein äusserstes dran wenden / damit die dankwillige Herkuliska ihrem Valikules gebührliche Gegenliebe erzeigen / und in Geduld alles vertragen möge / biß dereins Valiska ihres Herkules in ehren vollig wird gewissen können. Aber o ihr mein höchster Schaz / wollen wir des Glückes Gunst uns versprechen müssen wir trauen nicht mit Gewalt verfahren / da wo Gewalt nur Tohrheit ist / sondern Vernunft und Vorsichtigkeit wird in diesem Spiel daß beste seyn / auff daß die Liebesbegierden die[725] wirkliche folge durch ihre blinde Verwägenheit nicht hintertreiben / und der gewünschten Glükseligkeit die ohn das enge Tühr nicht versperren; setzete sich darauff nider / uñ schrieb solgende Antwort: Der Schöpffer und Erhalter dieses grossen Weltgebäues / gibt Valisken und ihrem Gewissen zeugnis / daß vor ihren Herkules sie mehr Sorge / als vor ihr eigen Leben getragen; Wie nun dieselbe seine Beständigkeit aus der gefährlichen Nachfolge satsam erkennet / also sol ihm hinwieder ein gleiches / entweder im ehrlichen Leben / oder zum wenigsten im frölichen tode unfehlbar gehalten werden / welchen Vorsaz weder menschen Wiz noch Macht brechen wird. Wollen wir aber dereins glükselig leben / muß unser Vorhaben durch Vernunft geführet werden / sousten stossen wir das ganze Gebäu übern hauffen / und verlieren alle angewante Mühe samt deren belohnung. Eile ist uns noch zur Zeit nicht so gar nöhtig / vielweniger rahtsam; dann König Artabanus / seinem mehr als äidlichem Versprechen nach / wird mir seiner vermeinetẽ Braut (wo er nicht gar zum Verrähter wird) inwendig Jahresfrist nicht überlästig seyn / inzwischen hilfft Gott und Glük. Aber o daß mein herzgeliebter Herr und Bruder Ladisla bey seinem liebsten Gemahl blieben währe / dann mich tauret sehr / daß dieselbe und sein ganzes Königreich über mich zu klagen einige Ursach haben sol / sehe auch keine Gelegenheit / seiner Liebe solches zuerstatten / es währe dann / daß mein Herkules die Vergeltung an meine stat über sich nehmen wolte / dessen Gesichts verenderung mich etwas befremdet. Schließlich bitte ich Freund- und schwesterlich / mich auff gestrige Weise offters zubesuchen / als lange uns nähere Zusammenkunft gehindert wird / und verbleibe ich Zeit meines Lebens / meinem Groß Fürsten Herkules zu ehren ganz eigen ergebene Valiska.

So bald dieser Brieff verfertiget wahr / schloß sie denselben in eben den empfangenen Pfeil / sahe aus ihrem Fenster / und ward ihres Timokles gewahr /schoß ihm denselben hinunter / und winkete ihm fortzugehen; der sich dann nicht lange seumete / sondern schnelles lauffes der Herberge zueilete / und den lieben Pfeil seinem Herrn einlieferte / welcher der schleunigen Antwort sich verwundernd / den Pfeil öffnete / und auff dem Schreiben diese Auffschrift lase: Dem Durchleuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Herkules etc. meinem höchst vertrauten Oheim und Bruder. Bald erbrach er solches / und nach verlesung sagte er: O du ädle Seele / mir zweifelt nicht / mein Gott habe dich schon von Ewigkeit her in die Zahl der Ausserwählten angeschrieben / und werde dich gnädig erhalten / daß du in erkäntnis der himlischen Warheit zum ewigen Leben unterwiesen werdest; gönnet uns dañ unser Gott / das zeitliche Leben in stiller ruhe zu führen /wollen wirs als sein Gnadengeschenk erkennen / wo nicht / so wird uns alsdann die Ewigkeit nicht zum andernmahle trennen lassen; gab hernach Ladisla den Brieff durchzulesen / der sich aber dessen wegerte /weil ihm wol bewust wahr / daß verliebeter Leute Schreiben keine fremde Augen leiden wollen. Bald darauff gingen sie nach dem Schlosse / nahmen auch Leches und Timokles mit sich / und funden das liebe Fräulein am Fenster stehen / von der sie anmuhtige Blicke und verliebete Winke einnahmen / womit das Fräulein nicht vergnüget / sich auff den Umbgang begab / und sich gerade gegen ihren Herkules stellete / da inzwischen Ladisla mit Leches umbher ging /diese verliebeten aber / weil sie näher nicht zusammen kunten / zur anzeige und bekräftigung geträuer Freundschaft / die empfangenen Briefe / und ihre eigene Hände küsseten / biß endlich nach verlauff einer Stunde dz Fräulein mit einem höflichen neigen freundlichen Abscheid nam / nichts mehr wünschend /als etliche Stunden mit ihrem Schatze sprache zuhalten; mit welcher begierde der überalverliebete Herkules ebenmässig getrieben ward; weil es aber noch zur Zeit ein vergebliches Ding wahr / musten sie mit dem anschauen sich vergnügen[726] lassen / da dann Herkules nicht unterlies / täglich drey oder viermahl sich darzustellen / kam auch nimmer vergebens / sondern empfing allemahl die behäglichen Blicke / welche er dañ mit zehnfachen Zinsen wie der zu geben wuste. Umb diese Zeit genase Fr. Sophia zu Padua eines jungen Söhnleins / worüber alle Anverwanten sich höchlich erfreueten / und wie wol es in der Geburt zimlich hart daher ging hatte die liebe Mutter dañoch ihre herzliche Ergezligkeit an dem wolgeschaffenen Söhnlein /gab ihm auch den nahmen Herkuladisla / und sagete: Wird mein liebes Kind seinem Vater und Vetter (deren nahmen es träget) nachschlagen / sol die Welt seiner Dienste noch wol geniessen können.

Als unsere Helden sich zu Charas wenig Tage auffgehalten hatten / ward eine fliegende Zeitung ruchtbar / es gingen in unterschiedlichen Fürstentühmen / absonderlich in Persen starke Werbungẽ vor / / wie wol in geheim / und wahr die sage / König Artabanus selbst hätte sie angestellet / des vorhabens / die Skythen anzugreiffen / und unter den Gehorsam zubringen / weil sie die Oberbotmässigkeit des Parthischen Stuels nicht erkeñen / sondern nach wie vor ohn Schatzung nur vor Freunde / freie Nachbarn und Bundgenossen wolten gehalten seyn / einwendend /sie als der Parther Voreltern (dañ diese wahren von den Skythen entsprossen) könten ihrer außgewichenen Landsleute Joch durchaus nicht annehmen noch tragen. Artabanus hatte schon von etlichen Jahren her etliche seiner untergebenen Lehn Fürsten in verdacht /als stünden sie nach der Freiheit / daher er sich gegen alle ohn unterscheid sehr hart uñ unmilde erzeigete /wie er dann ohn daß sehr wütiger Art wahr; Nun wahren sie auch in Warheit des Parthischen Joches müde und von Herzen überdrüssig / dañ es ging ihnen schwer ein / daß von Arsazes / des ersten Parther Königes Zeit an / die ädlen Persen / Meden / uñ andere nahmhafte Völker unter dem schweren Parthischen drange sitzen / und dessen Beherschung ohn Ende solten unterworffen seyn; welches zwar dem Könige durch Verrähterey zeitig kund getahn ward / doch weil es meistenteils auff blossen muhtmassungen bestund /und man bißher keine Rustung noch dessen etwas vernommen hatte / wolte der König an sich halten / und die höchsten Häupter ihm nicht unwillig machẽ / umb den algemeinen auffstand zuverhüten / hielt doch unterdessen hin und wieder Völker in bereitschaft /deren auff allen Fall er sich gebrauchen könte. Weil er nun von unterschiedenen Orten her bericht einnahm /dz Artaxerxes der Perse mit gefährlichẽ sachen schwanger ginge / und heimliche Kriegsbestallungen unter dem nahmen seines Königes fortsetzete / davon Artabanus doch keine Wissenschaft hatte / zweiffelte er ferner nicht / es würde Zeit seyn / dem Unheil vorzubauen; wolte aber gleichwol versuch tuhn / ob er durch hinrichtung der Redlensführer das Feur in der Asche dämpfen / und ohn einen blutigen einheimischen Krieg / darein sich die Reichs Feinde leicht mischen dürften / stillen könte / deßwegen er dann an Artaxerxes in Persen / Phraortes in Meden / Menapis in Hirkanien / Pustzes in Assyrien / Eukratides in Baktrien / Tissafernes in Drangian / und Gobares in Susian Schreiben abgehẽ ließ / und begehrete / daß sie ohn verzug auff seinem Königlichen Hauptschlosse sich einstellen / und wegen heilsamer bestellung des Parthischen Reichs mit einrahten solten / weil man nicht wüste / wessen man sich zu dem Römischẽ Käyser / wie auch zu den Skythen zuversehen hätte. Diese Schreiben wurden / ehe die Werbung ruchtbar ward / von dem Könige abgefärtiget / noch ehe Herkules zu Charas an kam. Die Morgen[727] genländische Fürsten zweiffelten nicht / es würde ihre Kriegsverfassung dem Könige kund worden seyn / liessen sich deßwegen nicht finden / und ward an stat einer Antwort dem Bohten ein kurzer Schein des empfangenen Briefes erteilet. Doch wagete es Phraortes uñ zog auff geschwinder Eile inbegleitung 100 Reuter zum Könige; die andern entschuldigten sich teils wegen Leibesschwacheit / teils durch andere Einwendung / und santen gleichwol ihre Gevolmächtigten gen Hofe. Als Phraortes sich bey dem Könige anmelden ließ / ward er alsbald vorgefodert / und fragete ihn derselbe mit blut-grimmiger Rede / worzu die Kriegsverfassungen angesehen währen / von denen hin und wieder Bericht einkähme. Er aber gab zur sanfmühtigen Antwort: Aller Großmächtigster König / allergnädigster Herr; des Tages zuvor / ehe eurer Königl. Hocheit allerwirdigstes gnaden-Schreiben zu meinem alleruntertähnigst-gehorsamsten Händen kam / hatte ich mich schon fertig gemacht zu dieser Reise / umb keiner andern Ursach willen / als daß mir von Kriegswerbungen / so in den Benachbarten eurer Königl. Hocheit untergebenen Fürstentühmen vorgehen solten / eine und andere fliegende Zeitung zu Ohren kam / und zwar alle unter diesem Schein / ihre Königl. Hocheit selbst hätte dieselben allergnädigst angeordnet / weil man von den Reichsfeinden sich eines Anfals besorgete; Es kam mir ein solches überaus verdächtig vor /und zwar daher / daß ich vor vielen andern solte unwirdig gehalten seyn / ihrer Königl. Hocheit durch ein ebenmässiges meinen untertähnigsten Gehorsam zuerzeigen / da doch von deroselben ich ein volkreiches Land habe / und die Meden wegen ihrer Schießkunst gemeiniglich mit auffgefodert werden / wañ es zum Treffen gilt. Ob nun dieses zwar / wie gesagt / mich hoch befremdet hat / so kompt dannoch ihrer K. Hocheit Nachfrage mir ungleich fremder vor / als woraus ich zu muhtmassen gezwungen werde / es müssen solche verfassungen / da das Gerüchte wahr ist / ohn ihrer K. Hocheit wissen eingerichtet werden /welches ein gefährliches Absehen haben würde / eure K. Hocheit aber ihrem höchstweisen verstande nach schon wissen wird / wie solchem unverhofften Unwesen solle glüklich begegnet werden / wobey er sich /sagte er / als ein geträuer Knecht des Königes und des gemeinẽ Vaterlandes gehorsambst wolte finden lassen / so oft / und an was Orten ihre K. Hocheit solches von ihm allergnädigst begehren würden / und währe seine schlisliche alleruntertähnigste Bitte / ihm allergnädigst zuverzeihen / daß auff Königliche Frage er keine Antwort zu geben wüste. Dem Könige wahr von diesem Fürsten nichts absonderlich vorkommen /und da er sein frisches Gemüht und unerschrockenes Angesicht sahe / hielt er ihn vor unschuldig / und antwortete ihm also: Mein lieber Fürst / du erinnerst dich billich deiner schuldigkeit / und weil wir dich neulich unter unsere geheimisten Freunde auffgeno ien / hoffen wir / daß anderer Auffrührer Vornehmen dir verhasset und zuwie der seyn werde; so verbleibe nun in dieser standhaften Träue / und versichere dich aller milden Gnade an unser Seiten. Phraortes bedankete sich untertähnigst / versprach allen Gehorsam / und blieb etliche Tage zu Hofe / weil ohn ausdrükliche beurlaubung wegzuscheiden er nicht bedacht wahr. Des andern Tages nach seiner ankunft / da Herkules sieben Tage daselbst gewesen wahr / erfuhr dieser seine Gegenwart / und sendete Plautus an ihn / daß er ihn gerne sprechen wolte. Aber der Groß Fürst ging alsbald mit nach seiner Herberge / und wahr daselbst sehr wilkommen; er erzählete ihnen die Ursach seiner schleunigen Ankunft / uñ daß der König[728] ihn alles verdachts wegen der heimlichen Verbünbnis erlassen hätte / auch daß er willens währe / bey dem Könige umb erlaubnis anzuhalten / das Fräulein zubesuchen /und ihr seines Gemahls Gruß anzumelden; welches Herkules eine gute Gelegenheit zu seyn dauchte / zu ihr zukommen / ließ sich doch dessen nicht merken /sondern hielt bey dem Groß Fürsten an / daß er ihn als seinen Leibdiener mit nach Hose nehmen / und bey guter Gelegenheit ihn bey dem Könige rühmen möchte als einen in Waffen zimlich erfahren Teutschen Ritter / der vielleicht der Fräulein Eltern kennete. Phraortes ließ ihm solches gefallen / und nach dem er ein gutes ledern Kleid angelegt / und sich zimlich bräunlich angestrichen hatte / trat er hinter dem Groß Fürsten her / voller Andacht zu Gott / er möchte sein Vornehmen wol gelingen lassen. Bey der Königlichen Mahlzeit wartete er mit auff / und hielt sich dermassen geschiklich und tapffer / daß Herr Vologeses der jünger / ein naher Anverwanter des Königes den Groß Fürsten fragete / was vor einen Diener er da hätte /der nach fremden Sitten sich so artig zu halten wüste. Phraortes antwortete: Er hätte ihn etwa vor drey Wochen bekommen / und gäbe sich vor einen Teutschen von Adel aus / hielte davor / es würde ihm der Königlichen Fräulein Wesen nicht allerdinge unbekant seyn / weil er von ihm vernommen / daß er an unterschiedlichen König- und Fürstlichen Höfen desselben Landes auffgewartet hätte. Wie? sagte Vologeses / zeiget dañ eure Liebe solches Königl. Hocheit nicht an? Ich bin dessen willens gewesen / antwortete er / habe ihn auch deßwegen außdrüklich mit mir genommen / und hat bißher nur an Gelegenheit und Mueß gemangelt. So wil ich an eurer stat den Dank verdienen / sagte jener / fing auch darauff also an: Ihre Königl. Hocheit wollen allergnädigst vernehmen / daß Fürst Phraortes gegenwärtiger Leibdiener ein Teutschgeborner seyn sol / der vielleicht etwas von der treflichen Fräulein Herkulisken, Zustand möchte erzählen können. Der König hörete solches mit Lust / und fragete Phraortes / ob sichs also verhielte; welcher zur Antwort gab; es währe ihm also / und könte gegenwärtiger sein Diener darüber befraget werden. Der König sahe Herkules an / welcher sich sehr tief neigete / und seinen Gott im Herzen anrieff / er möchte ihm Gnade vor dem Könige verleihen; trat weiter hervor / daß ihn Artabanus eigentlich sehen kunte / uñ erwartete seiner Frage. Derselbe nun verwunderte sich über seiner Freidigkeit / daß er so wenig Furcht als Unhöfligkeit merken ließ / und sagete zu ihm: Mein / von wannen bistu? Herkules nach erzeigeter Ehrerbietung antwortete: Allergroßmächtigster unüberwindlichster König / grosser Beherscher dieser weiten Morgenländer; euer Königl. Hocheit ich unwirdigster Knecht bin eingebohrner Teutscher. Der König fragete weiter / was bringestu gutes neues aus deinem Vaterlande / und wie neulich bistu daraus gezogen? Allergnädigster König / antwortete er / vor zweien Jahren bin ich mit meinem Herrn / vornehmen Grafen / aus Teutschland in Italien gereiset / dem Kriegswesen nachzuzihen / und weil ich mit einem Römischen Herrn vorm halben Jahre in zwiespalt kommen / und ihn im offentlichen Kampfe redlich erleget / habe ich dannoch der schweren Verfolgung seiner ansehnlichen Freundschaft weichen müssen / bin demnach in einem Meerhafen hinter Padua zu Schiffe gangen / und mich in Syrien begeben; uñ als man mir auch daselbst nachstellete / habe ich der Römer Botmässigkeit zumeiden / mich in Assyrien und Meden gewaget / etwas zusehen und zuerfahren / unter der Hoffnung / nach verlauff etlicher Zeit / mein Vaterland[729] wieder zusuchen. Neues habe ich sonsten aus Teutschland wenig / ohn daß in Italien das Geschrey ging / meines gewesenen allergnädigsten Königs einzige Frl. Tochter / Frl. Herkuliska währe gefangen / und über Meer in Armenien geführet. Der König verwunderte sich der Reden / und sagte zu ihm: Melde uns aber / wer ist derselbige König / dessen Frl. Tochter geraubet ist? Er antwortete: Er wahr ein mächtiger König der Böhmen und anderer umligenden Völker / nahmens Notesterich / dessen Gemahl / Frau Hedewig / eine Tochter des Groß Fürsten der unüberwindlichen Teutschen / anjetzo nach absterben ihres Königes / die Herschafft verwaltet / dann ihr Herr Sohn / der einige Erbe dieses Reichs / sol nebest seinem Vettern den jungen Fürsten aus Teutschland / dem geraubeten Fräulein gefolget seyn / ob sie dieselbe entweder mit der Faust / oder mit Gelde wieder lösen möchten. Der König fragete weiter: Hastu dann desselbigen Königes Kundschaft gehabt? Ja / allergnädigster König / antwortete er /ich unwirdiger habe dero Hocheit vier Jahr als ein ädelknabe auffgewartet / auch von Ihr den Ritters-Orden empfangen; Der Fräulein und ihres Herr Bruders Leben ist mir auch nicht unbewust / welche beyderseits / ungeachtet ihrer Jugend / schon viel Abenteur überstanden haben. Als ihm nun der König zuerzählen befahl / was er von dem Fräulein wüste / strich er ihre Schönheit / Vernunfft / Tapfferkeit uñ Tugend dermassen heraus / auch alles wz von ihr im ersten Buche ist aufgezeichnet wordẽ / daß der König als ein verzükter saß / und nach geendigter Rede zu ihm sagete: Knabe / als viel wir aus deinen Worten merken /hat der Frl. Bruder ursach / sie zusuchen; Wir halten aber gänzlich davor / da sie in diesen Ländern anlangen / und etwa einem grossen Fürsten oder Könige zuteil werden solte / würde sie ihm nicht wieder zugestellet werden / weil Schönheit und hohe Gaben in dieser Welt auch geliebet werden; Wir vor unser Häupt würden lieber fünff Fürstentühmer / als ein solches Fräulein fahren lassen / und wird daher ihres Bruders nachsuchen umsonst seyn; Da sie aber zu uns kommen würden / müste ihnen alles liebes und gutes widerfahren / dürsten auch bey uns leicht solche Gnade zu ihrer Erhöhung finden / daß beydes dem Bruder und Oheim nach ihrem wüsten Vaterlande nicht verlangen würde. Aber woltestu das Fräulein noch kennen / wann sie dir zu Gesichte kähme? Herkules stellete sich / als hätte er Fürst Vologeses ersten Worte von dem Fräulein nicht gehöret / und antwortete: Sehr wol / allergnädigster König / dann das Angesicht ist mir gar zu eigentlich bekant; es wird aber ein solches sich schwerlich zutragen. Der König lächelte /und sagte zu Phraortes: Mein Fürst besuche nach geendigter Mahlzeit unser wertes Fräulein / und nehme diesen Teutschen mit sich / vielleicht ergetzet sie sich darüber / wann sie in der abgelegenen fremde einen Landsmann und bekanten antrifft. Der gute Herkules vermeynete vor Freuden niderzusinken; Phraortes aber bedankete sich der Königl. Gnade / mit vermelden / er hätte an das Fräulein einen untertähnigen Gruß wegen seiner und Mazeus Gemahl / welche zugleich umb Verzeihung bey Ihrer Gn. demühtig anhalten liessen /daß sie derselben die gebührliche Ehre nit erwiesen /noch erweisen köñen / nachdem ihr Geschlecht ihnen ganz verborgen gewesen. Es erzeigete sich der König sehr frölich / daß von seinem allerliebsten Fräulein er solche ruhmwürdige Zeitung vernehmen solte / und rühmete sein Glük / welches sich ihm nie so gewogen / als in Zuführung eines solchen unschatzbahren Schatzes / erzeiget hätte. Nach gehaltenem Mahl machten sich Phraortes und Herkules[730] mit einem von des Königes verschnittenen hin nach der Fräulein Schlosse / und als sie vor ihrer Herberge hergingen /und Timokles vor der Tühr stund / sagte Herkules zu ihm: Zeige Ladisla an / ich gehe auff des Königes Befehl hin / das Fräulein zubesuchen; trat dem Fürsten wieder nach / daß der Kämmerling es nicht gewahr wurde / und fürchtete sehr / es möchte einige Verenderung an ihm oder dem Fräulein gespüret werden; baht deswegen den Groß Fürsten / dem Fräulein seine Anwesenheit vorher anzumelden / er wolte so lange haussen vor dem Gemache ihres Befehls erwarten. Phraortes ließ sich bey dem Fräulein anmelden / und ward als ein sehr wilkommener Freund zu ihr hinein gefodert. Er erzeigete ihr als einer künfftigen Groß Königin hohe Ehre / daß sie dessen sich fast schämete / und zu ihm sagete: Geliebter Herr / als Vater / ich bitte sehr / mit mir vertraulich / und nicht nach Art der Fremden umzugehen / dann mein Heil und Wolfahrt stehet grossen Teils in euren Händen. Phraortes antwortete: Durchl. Fräulein / die Götter sind meine Zeugen / daß ihre Vergnügung mir nicht weniger als meine höchste Wolfahrt anlieget / bitte demnach mir ohn Auffschub zubefehlen / daß ich den teuren und geträuen Liebhaber Herrn Herkules zu ihr herein gehen heisse. Das Fräulein ward hierüber so voller Freuden / daß ihr die Rede stehen blieb / und als der Groß Fürst sahe / daß ihr die Ohmacht nicht weit wahr / redete er sie ernstlich an: Wes zeihen sich Eure Liebe / sagte er / wollen die ihren Herkules nicht anders erfreuen? Es hat Gefahr gnug gehabt / es so weit zubringen / und sie wil an stat der notwendigen Untrerredung die Seele gar ausblasen? Nicht stelle Eure Liebe sich also / oder ich wil ihren Herkules ungesprochen wieder hinweg führen. Das Fräulein erhohlete sich hierauf geschwinder / als hätte man ihr das kräfftigste Wasser unter die Nase gerieben / und sagte zu ihm: O ihr mein allerliebster Herr Vater / führet mir doch dann diesen lieben Freund bald herzu / daß ich meines ausgestandenen sehr grossen Herzleides in etwas ergetzet werde. Phraortes ging alsbald hin / und sagte zu Herkules: Nachdem eure Gegenwart ich dem Fräulein angemeldet / habe ich mühe gehabt / ihr die Freuden-Ohmacht zubenehmẽ; so seyd ihr nun geherzter / und gehet zu ihr hinein / ich wil das übrige Frauenzimmer besuchen / und euch Zeit genug zur Beredung göñen. Herkules fassete einen Muht / uñ trat ins Gemach / ward auch alsbald von ihr erkennet /dañ er hatte die Farbe haussen vor der Tühr abgetahn; da sie ihn erblickete / setzete sie sich auff einen herlichen Stuel / dann es kam sie abermahl eine Ohmacht an / deswegen Herkules / wiewol mit geringen Kräfften zu ihr trat / sie freundlich drückete und schüttelte /biß sie endlich die Augen / und bald darauf den Mund öffnete / da sie zu ihm sagete: O ihr mein herzgeliebter Schatz / und einiger Auffenthalt meines Lebens; sehe ich euch dañ nun gegenwärtig vor mir / oder ist es meines Herkules Geist / der vielleicht vor Unmuht nicht hat länger wollen seinen schönen Leib bewohnen? Ach mein teurestes Fräulein / antwortete er / fasset doch eure gewöhnliche Herzhafftigkeit / auf daß wir diese uns von Gott verlihene Zeit in Beredung unser so nohtwendigen Geschäfften recht anlegen und gebrauchen mögen. Hierauff erhohlete sie sich völlig /und umfing ihren vertraueten Bräutigam mit diesen Worten: O wolte Gott / wolte Gott! daß wir einigen Weg finden könten / aus diesem Schlosse zuentriñen; wie gerne wolte ich allerhand ungemach der Reise angehen / und die zähen Waldwurzeln zur Speise vorlieb nehmen / wañ ich nur hofnung hätte / euch und mich dereins in unserm geliebeten Vaterlande wiederzusehen. Der Allmächtige[731] Gott wird uns helffen / antwortete er / dafern wir nur denselben recht erkennen uñ ehren; und ist mir die allergröste Freude dieser Welt / daß ich zu Rom zum wahren Christentuhm gebracht bin / ausser welchem unmöglich ist / nach diesem zu der Seligkeit zugelangen; solches hat auch unser geliebeter Bruder Ladisla nunmehr erkennet /deswegen er mit sonderlicher Herzensfreude zum Christlichen Glauben getreten ist; Und O mein auserwählter Seelen Schatz / ich bitte inbrünstig und von herzen / nehmet neben uns diese seligmachende Erkäntniß willig an / alsdann wil ich sie versichern /Gott wird uns helffen / und ehe diese Mauren niderfallen lassen / als daß wir unter den Händen dieser Feinde verderben und umkommen solten. Das Fräulein gab ihm zur Antwort: Mein herzgeliebter Schatz / ich habe biß daher von Erkäntniß des wahren Gottes aus der Weltgelehrten und der Poeten oder Tichter ihren Schrifften wenig lernen können / möchte aber von herzen gerne des wahren Gottes Erkäntniß haben /damit ich wüste / zu wem eigentlich in meinen Nöhten mein Gebet richten / und von wem ich Hülffe erwarten solte. Ist dieses eure meynung / sagte Herkules / so danket Gott mit mir; dann auff diese Stunde werdet ihr solches lernen. Unterrichtete sie darauff aus den ersten dreyen Capiteln des Ersten Buchs Mose /von GOttes Wesen / von dem Werke der Schöpffung /von des Menschen dreyfachem Stande / als der Unschuld / des Sündenfalles / und der Erlösung; von der Heiligen Dreyfaltigkeit / und wie die Andere Person der Gottheit vor 229 Jahren (damahliger wahrer Rechnung / dann nach heutiger Dionysischer Zahl wäre es das 226 Jahr) aus dem Jungfräulichem Leibe /menschliches Wesen und Eigenschafften angenommen / und vor unsere Sünde zu Jerusalem gestorben /am dritten Tage wieder aufferstanden / und am vierzigsten hernach / gen Himmel gefahren / hätte seine Jünger in die Welt ausgesendet / in seinem Namen Vergebung der Sünden anzukündigen / auff daß die Menschen sich bekehren / und selig werden möchten. Nachgehends führete er die ungereimeten schändlichen Getichte des Heydnischen Glaubens ein / und erwieß / daß kein anderer als der Christliche uns bey Gott Gnade erwerben / und zur Seligkeit bringen könte. Endlich erzählete er das Wunder / welches sich zu Ekhatana mit dem Juden zugetragen hatte / uñ betete ihr zulezt das Vater Unser / den Christlichen allgemeinen Glauben / und die Heiligen zehn Gedohte vor /neben der Vermahnung / sie solte in dieser Einfalt verharren / biß der gnädige Gott gelegenheit geben würde / sie völliger zuunterrichten. Das Fräulein hörete ihm sehr andächtig zu / und fragete / warumb dann die Heydnischen Gelehrten hiervon nichts schrieben. Er aber zeigete ihr an / es hätten dieselben den Schein dieses Liechtes nicht gehabt / sondern nach ihrer blinden Vernunfft von Göttern und Erschassung der Welt getichtet / wie unter andern aus dem Ovidius zu sehen; Sie solte sich aber mit diesen Gedanken nicht plagen / sondern in allen ihren Nöhten auff den Sohn Gottes Christus JEsus bauen und trauen / auch vor allen dingen sich hüten / daß sie ja nicht / Schande oder Pein zumeiden / sich selbst umbs Leben brächte / dann mit deren Seligkeit stünde es sehr gefährlich. Das Fräulein erboht sich / seiner Vermahnung fleissig nachzukommen / und wünschete /etliche Bücher zuhaben / in welchen der Christliche Glaube fein deutlich beschrieben währe / und wie man Gott ehren und Christlich leben müste. Herkules stellete ihr sein gewöhnliches Büchlein zu / in welchem solches alles kurz und deutlich verfasset wahr / sagete ihr auch zu / er wolte schon Gelegenheit finden / daß die ganze[732] Heilige Schrifft und andere Christliche Bücher ihr durch Phraortes eingeliefert würdẽ; Aber der allmächtige Gott und Vater / sagte er / welcher sich des menschlichen Geschlechtes aus Gnaden erbarmet hat / erleuchte euren Verstand / und behersche euren Willen / daß ihr im heiligen Christentuhm je mehr und mehr wachsen / und dadurch zum ewigen Leben möget erbauet werden. Nach diesem erzählete er kürzlich / wie er dem Könige ihren Stand geoffenbahret hätte / auch daß ihr Bruder und Oheim sie zusuchen /auff der Reise währen / hätte sich aber erkläret / viel lieber grosse Fürstentühmer / als sie / zuverlieren /woraus leicht zuschliessen / daß entweder durch Macht oder Lift ihre Erlösung geschehen müste /wozu er aber Gott Lob / schon ein solches Mittel in Händen hätte / welches ihm nicht fehlen solte; da aber dieses sich noch etwas verzihen würde / wie er nicht eigentlich wissen könte / möchte sie darüber nicht zaghafft noch ungeduldig werden / sondern in geträuer Liebe standfest verbleiben / und durch äusserlichen Schein oder weltlichen Pracht sich von ihm nicht abtrennen lassen; hingegen wolte er ungesparet Leibes und Lebens / ihre Freyheit zubefodern / bemühet seyn / auch ohn ihre Gesellschafft diese Länder nicht verlassen. Das verliebete Fräulein stellete sich wegen solcher Erinnerung sehr traurig / daß ihr auch eine bleiche zustieß / uñ sie endlich zur Antwort gab: O mein Gott! hat dann mein Herkules keine bessere Gedanken von mir / und kan sich fürchten / als würde mich Leichtfärtigkeit übernehmen / ihm einige Träulosigkeit zubeweisen? Meine trauten Seele / fuhr sie fort / erinnert euch / bitte ich / des vergangenen / daß /ungeachtet eure Eltern und ganzes Vaterland euch vor einen Fluch gehalten / ich nicht desto weniger nach wie vor / meines Herkules zu eigen er gebene blieben bin / dessen meine Libussa / ob Gott wil / zu seiner Zeit wird Zeugniß geben; so versichert euch nun /mein Schatz / daß ich dieselbe geträue bleibẽ werde /als lange dieses Herz (auf ihre Brust zeigend) einiges Blutströpflein in sich behält; dann in dieses ist der liebe Nahme Herkules so tieff hinein gedrücket / daß ihn weder Lust noch Angst / noch einige gefahr daraus kratzen sol. Herkules wuste vor hoher Vergnügung nicht zuantworten / umfing sie tugendlich / uñ baht sehr umb Verzeihung seiner Reden / welche die übermachte Liebe verurfachet hätte / als die sich gemeiniglich pflegete zum zweiffel verleiten zulassen /insondheit / wañ das geliebete hochvortrefflich / und über unsere Wirdigkeit ist. Uber Wirdigkeit? sagte das Fräulein; ja wie man den Monden wolte der Sonnen vorzihen / der doch allen Schein von ihr entlehnet. Herkules wolte dieses beantworten / aber sie redete ihm ein / mit einem freundlichẽ Ernst bittend /ihr dieses unbeantwortet zulassen / deßwegen er die gefassete Rede mit einem Seuffzen verschluckete /und damit zuverstehen gab / wie leid ihm währe / daß er gezwungen würde / den billichen Ruhm seiner Liebsten zuhinterhalten. Sie stunden und sahen einander an / dañ die Liebe hatte ihr innerstes eingenommen / daß sie ihrer selbstvergessend / nicht wusten /was sie redeten oder gedachten / biß endlich Herkules anfing: Ach mein HErr Jesus / ist es deiner Barmherzigkeit gefällig / so erzeige mir die Gnade / daß ich diesen unvergleichlichen Schatz / der nunmehr zu deiner Erkäntniß gelanget ist / loßmachen / und in unsere Heimat wieder geleiten möge. Ja mein HErr Jesus /antwortete sie / erhalte du diesen deinen Knecht und Diener der Welt zugute / und laß ihn sein Vaterland wieder sehen; sol ich dann mit ihm fortreisen / wirstu uns schon sicher geleiten / wo nicht / ey so behüte mich nur vor Schande / und laß mich als eine unbefleckete aus dieser Eitelkeit scheidẽ / damit ich weder dem schändlichen[733] Bluthunde Artabanus / noch sonst einem andern als meinem Herkules zuteil werde. Gleich damahl fiel Herkules ein / daß er das ehmahls geraubete Band umb seinem Arm trug / lösete es ab /und überreichte es mit folgenden Worten: Sehet da /mein Fräulein / sie erinnere sich des Frevels / welchen durch Ablösung dieses Bandes ich vor diesem zu Prag begangen / und daneben versprochen / es nicht ehe von mir zugeben / biß ich Hoffnung hätte / sie erstes Tages zu ehlichen; Weil dann solche Zusage ich gerne halten wil / als liefere ich dasselbe gehorsamlich wieder ein / dienstlich bittend / es von mir willig anzunehmen / und die Bedingung zu herzen zufassen /derẽ Vollenzihung dasselbe ist / wz in dieser irdischẽ Welt ich am höchsten wünsche / suche und begehre. Das Fräulein erröhtete wegen der lezten Worte / nam es ungewegert zu sich / und mit einem freundlichen lächeln antwortete sie: Es währe aber dabey nicht verabscheidet / daß ausser Prag / geschweige zu Charas sie dieses Band von seiner Hand empfangen solte; doch weil Gott es also geschicket hätte / müste sie zufrieden seyn / wolte sich ihm und seinem ehrliebenden Begehren nicht wieder setzen / sondern der Stunde ihrer Erlösung erwarten / und sich alsdann ihm ehelich ergeben / stellete ihm darauff die aller kostbahrestẽ Kleinot zu / samt ihrer ersten Räuber Handschrift wegen der nidergelegten Gelder / vorwendend / sie wolte ihm dieses zur ersten Heimsteur einliefern /weil ihm billich eine solche Belohnung vor die angewante Mühe der Nachsuchung gebührete / biß auff folgende Erlösung sie sich ihm selbst eigen lieferte; und ob er sich gleich sehr wegerte / muste er doch so viel Kleinote zu sich nehmen / als er in seinen Kleidern verbergen kunte. Sie hielten ihr freundliches Gespräch bey die drey Stunden / und ergetzeten sich mit inbrünstigen ehrliebenden küssen und umbfahen /unter dem zweifel / ob sie auch so bald wieder möchten zusammen kommen. Und als ihnen Zeit dauchte /daß es müste geschieden seyn / setzete sie ein Schreiben an den König auff / in welchem sie sich höchlich der Gnaden bedankete / daß seine Hocheit dem Groß Fürsten und diesem bekanten Diener ihres höchstseel. Herrn Vaters allergnädigst erlaubet hätte / sie zubesuchen / gab zugleich zuverstehen / sie währe auff des Königes gutheissen gesonnen / eine Botschaft an ihre Fr. Mutter abgehen zu lassen / und ihres guten wolergehens sie zuverständigen / auch bey der Göttin Vesten Geistligkeit zuversuchen / ob von der hinterstelligen Zeit ihres gelübdes nit etliche Monat durch Opffer und Geschenke abzuhandeln stünden. Unter diesem Schreiben färbete Herkules sein Angesicht / Haar und Hände wieder an / dessen sie sich nicht wenig verwunderte / und auff allen Fall des Pulvers etwas zu sich nam / weil ihr Herkules zuverstehen gab / das alle seine Anschläge zu ihrer Rettung nähst der hülffe Gottes / auf dieses Mittel gerichtet währen; Und weil vor dißmahl er sie verlassen muste / umbfingen sie sich inbrünstig / da er sein Fräulein also tröstete: Nun ihr auffenthalt meines Lebens / lasset in diesem Unglük den Muht nicht sinken / sondern vertrauet dem allerhöchsten Gott / ich weiß / er wird nach dem Dornenstiche uns die lieblichen Rosen der zeitlichen und ewigen Glükseligkeit schier künftig brechen lassen. O meines Lebens einige Wollust / antwortete sie / kränket euch meinetwegen ja nicht / ich wil unser genommenen Abrede nach / mich allemahl gefasset halten /ob einige Gelegenheit zu meiner erledigung sich erzeigen würde / Gott verleihe nur / daß es zum Glük außschlagen möge. Amen sagete Herkules / nam freundlichen Abscheid / und in dem er zur Tühr hinaus trat / sagete er zu Phraortes / welcher draussen[734] mit dem Frauenzimmer sprache hielt: Gnädigster Fürst und Herr / nachdem mein allergnädigstes Fräulein mich ihren unwirdigsten Knecht zur gnüge unterrichtet / was bey ihrer Königl. Hocheit ich vortragen sol /habe ich Urlaub hinweg zu gehen. Das Fräulein folgete ihm auff dem Fusse nach / sehr frölich und wolgemuht / uñ sagte zu Phraortes: Mein herzgeliebter Herr Vater / da eure Liebe zusprechen ich so bald keine Gelegenheit haben solte / bitte ich sehr / sein Gemahl / meine auch herzgeliebete Fr. Mutter Kindlich zu grüssen / und was dieser sein Diener bey Köngl. Hocheit suchen wird / befodern zu helffen / dagegen erbiete ich mich zu allem kindlichen Gehorsam / so lange ich lebe. Ich bin des Vater-nahmens zu geringe /antwortete er / und verbleibe meiner Gn. Frl. Diener /bin auch bereit ihrem Befehl willig nachzukommen. Ging also mit Herkules uñ dem zugegebenen Kämmerlinge nach dem Königl. Schlosse / und ward von Artabanus wol empfangen / der ihn alsbald fragete /wie ihm sein Fräulein anstünde / er aber zur Antwort gab: Sie hätte in dieser wenigen Zeit an Schönheit und Leibes-grösse wol zugenommen / gläubete auch nit / daß einige ihres gleichen in aller Welt zu finden währe; seinen Diener hätte sie straks Angesichts gekennet / und anfangs gewähnet / er würde von ihrer Fr. Mutter an sie abgeschicket seyn / da sie aber eines andern berichtet worden / hätte sie inständig angehalten / bey ihrer Königl. Hocheit alteruntertähnigst zu werben / daß ihr möchte erläubet seyn / diesen ihren Diener an ihre Fr. Mutter abzusenden; und weil er scheuh getragen / es mündlich anzuzeigen / hätte an seine Königl. Hocheit sie demselben einen Brief zugestellet. Bald trat Herkules näher / und überreichte dem Könige denselbẽ / welcher ihn ganz begierig lase / und nach endigung sagte: Ey du einige Vergnügung unser Seele und Lebens / ein solches müste dir trauen unversaget seyn / solten wir gleich eine Begleitung von 50000 Mann zur versicherung mit schicken; weil ohndaß es zur beschleunigung unsers Königlichen Beylagers angesehen ist / und wir daher das unfehlbare Zeichen ihrer Liebe gegen uns zur Gnüge erkennen. Aber Jüngling / sagte er zu Herkules / gedenkestu unserm schier künstigen Königlichen Gemahl redliche Träue zuerweisen / soltu von uns mit grossen Schenkungen angesehen werden. Herkules neigete sich tieff / und antwortete: Unüberwindlichster König / allergnädigster Herr / mein ganzes All wil ich dran strecken / das meiner gnädigsten Fräulein Befehl und Wille volbracht werde / wovon weder Gewalt noch Fährligkeit / so weit sie zu überwinden stehet / mich nicht abschrecken sol / insonderheit / wann euer Königl. Hocheit allergnädigstes Befehlen mit einstimmet. Umb sichere Begleitung wird ihre Hocheit sich nicht bemühen dürffen / gestaltsam mein Gn. Fürst und Herr mir aus Meden Gelegenheit gnug verschaffen kan / biß an die Römischen Grenzen zukommen /da ich mit meinem künftigen Freibrieffe weiter Raht finden werde. So gib ihm gnugsame Völker zu mein Füst / sagte der König zu Phraortes; wir wollen ihm nur 20 ädle Parther zuordnen / daß er als ein Groß Königlicher Gesanter erscheinen möge; und damit du zu unsern Ehren zu Prag dich prächtig gnug halten könnest / sagte er zu Herkules / sollen dir 400000 Kronen aus unser grossen Schazkammer stündlich erlegt / und gnugsame Vollmachten unter unser Hand und Pitschaft mitgeteilet werden; kanst auch Morgen früh mit Fürst Phraortes zu unserm Fräulein gehen /und ihre Handschreiben von ihr empfangen. Hieß darauff vor 600000 Kronen allerhand Kleinot und kostbahre Sachen / herzubringen uñ[735] in feste Truhen wolvermachẽ / welche der Königin in Böhmen solten geliefert werden; befahl auch daß man durch reitende Diener im Königreiche hin und wieder nachforschete /ob der Fräulein H. Bruder könte außgekundschaffet werden / welchen er zu seinem Stathalter verordnen wolte. Also muste Herkules hingehen / und sich zur Reise schicken / dann Phraortes gab ihn auff des Königes Begehren dem Fräulein über / und sprach ihn seiner Dienste loß. Da seumete er sich nun nicht /sondern ging eilends nach seiner Herberge / und erzählete seinem Ladisla allen Verlauff; welcher nicht anders meinete / er hätte aus überflüssiger Liebe seinen Wiz verlohren / und fragete / warumb er doch die Reise nach Prag auff sich nehmen / und unterdessen die Gelegenheit / sein Fräulein zuerlösen verabseumen wolte; ja es liesse sich ansehẽ / als währe er willens / König Artabanus Freiwerber zu seyn / welches er nimmer hoffen wolte. Herkules lachete dessen / und gab ihm zur Antwort: Geliebter Bruder / ich habe dir ja bloß nur zuerkennen gegeben / wie ich diesen König geäffet / und kanstu wol solche Gedanken fassen / daß ich die Mühe / mein ander Herz zusuchen /deßwegen über mich genommeń habe / daß ich mich ihrer so leicht begeben / uñ sie Artabanus gönnen wolte? laß du mich nur machen / ich bin so wenig willens nach Prage zu reisen als du / ehe und bevor mein Fräulein in unser Geselschaft seyn wird. Meine Meinung aber ist / daß wir eine Botschaft nach Padua / und wol gar biß nach Prag senden / und unsern Zustand den unsern zuwissen machen / dann mir zweifelt nicht / weil sie die ganze Zeit über nur ein Schreiben so wol von dir als mir haben / sie werden grosses Verlangen tragen / und in steter Furcht unsers Lebens seyn. Inzwischen redete Phraortes bey der Königlichen Abendmahlzeit von seinem gewesenen / nunmehr Königlichem Diener Valikules / wie er so wol mit Wehr und Waffen umbzugehen wüste / und in allen ritterlichen Ubungẽ erfahren währe / welches er /wiewol ungerne / in etlichen Schimpfspielen hätte sehen lassen / währe doch gar stille und eingezogen dabey / und liesse sich dessen so gar nicht merken /als ob er davon nichts gefasset hätte; als er auch endlich hinzutaht / es währe ihm seines gleichen in dem Alter noch keiner vorkommen / sagte Fürst Vologeses der jünger; so muß er vor seinem Abzuge dessen eine Bewehrung sehen lassen / dafern Königl. Hocheit es gefällig seyn kan; dañ ich habe auch einen ädlen Diener aus Armenien / der mir seiner Mañheit so mannichen Beweißtuhm gezeiget / daß er bißher von allen Ritterspielen den Preiß davon getragen / wiewol er auch viel grösser und stärcker von Leibe und Glieden / als dieser añoch lauterer Jüngling ist. Phraortes antwortete: Ich verachte euer Liebe Diener nicht / nachdem er mir unbekant ist / dürfte aber schier eine Schanze wagen / mein gewesener Valikules werde ihm wenig oder gar nichts schuldig seyn / ungeachtet ich von ihm noch keinen ernstlichen Streit gesehen /auch zu den Schimpfspielen übel zubringen ist / gibt vor / man mache ihm dadurch nur Feinde ohn Ursach und aus Ehrgeiz / und sey besser / die Kräfte zu sparen / biß man ihrer ehrenhalben und dem Vaterlande zum besten benöhtiget sey. Eure Liebe verzeihen mir /sagte Vologeses / vielleicht hat euer Diener mehr Wissenschaft und schärffe im Munde / als in den Fäusten vermögens / und halte ich gänzlich davor / mein Mithrenes schlüge sich lieber mit seiner ein halb Dutzet / als mit ihm allein; jedoch weil eure Liebe sich zur Wette anerbeut / bin ich bereit / ein gedoppeltes gegen ein einfaches zusetzen. Phraortes stellete sich etwas furchtsam bey der Sache / insonderheit / weil er meinete[736] Herkules dadurch zuerzürnẽ wante demnach abermahl ein / er pflegete sich der Schimpfübungen gerne zuentbrechen / so währe er auch nicht mehr in seinen / sondern in der Königlichen Fräulein / bevor ab in Königl. Hocheit Diensten. Worauff Vologeses zur Antwort gab / sein Mithrenes solte ihm schon Ursach zum ernstlichen Gefechte geben / da er sonst so viel herzens hätte sich zu wehren / wolte doch mit ihm abreden / daß er seiner Gesundheit uñ Lebens schonen solte. Phraortes stellete es endlich zu ihrer Königl. Hocheit bewilligung / auff welchen Fall er sich abermahl zur Wette erbot. Artabanus sagete / er sähe den Jüngling davor nicht an / daß grosse Kräfte hinter ihm stecken solten / nicht destoweniger möchte er wol sehen / wie er sich in die Sache schicken wolte / unb das Gewehr führen. Des folgenden Morgens ward Herkules nebest den Groß Fürsten nach dem Fräulein geführet / da er ihr eine wolgeschriebene Griechische Bibel mitbrachte. Sie verwunderte sich seiner schnellen Wiederkunft / hies ihn zu ihr ins Gemach treten /uñ wahr über seiner gegenwart voller freuden. Phraortes wolte ihr heimliches Gespräch nicht stören / und begab sich in das gemeine Frauenzimmer / da Herkules gleich anfangs ihr die H. Schrift einhändigte / und unterricht erteilete / wie sie dieselbe lesen solte /worzu ihr lieber wahr / als hätte man ihr ein Königreich geschenket; dann / sagte sie / ich habe hinte diese Nacht eine solche himlische Freude in meiner Seele empfunden / daß ichs nicht außreden kan / auch eine Offenbahrung gehabt / die mich versichert / unser Vorhabẽ werde zur glüklichen endschaft außschlagen / obs gleich nit ohn Mühe und Gefahr zu gehen wird /massen mich eigentlich gedauchte / wir währen in ver mu ieter Gestalt mit schnellen Pferden durch Hecken und Dornen / ja durch Wasser und Feur geritten / und von ferne hinter uns her eine grosse Anzahl der Verfolger / die uns erschrecklich mit ruffen und blossen Säbeln dräueten / aber es stellete sich eine wunderbahre feurige Maur zwischen uns / daß jene uns weder sehen noch einhohlen kunten. Diese feurige Maur /sagte Herkules / ist der Schuz der lieben heiligen Engel / welche uns unser Gott wil zu geben / daß wir vor unsern Feinden sicher bleiben sollen / darumb wollen wir unserm Gott vertrauen und an seiner gnädigen Hülffe nicht zweifeln. Nachgehends berichtete er sie alles dessen / was bey dem Könige vorgangen wahr / und wie er willens währe / etliche Diener nach Padua und wol gar nach Prage zu senden / und unter der Zeit bey Artaxerxes dem Persen sich auffzuhalten / biß es Zeit seyn würde sie abzuhohlen; beredete sich weiter mit ihr / was vor ertichtete Brieffe er dem Könige unter dem nahmen ihrer Fr. Mutter wieder zustellen / oder da ihr Zustand eine geschwindere Eile zur erlösung erfoderen solte / er sich verhalten wolte / da ihm mit Gottes Hülffe sein Anschlag nicht würde fehlen / sie von dem Schlosse zu führen. Den Tag lasse uns Gott bald erleben / sagte das Fräulein / damit ich mich schier wieder in Freiheit wissen und sehen möge; fingen darauff ein züchtiges inbrünstiges Liebe-Gespräch an / und ergetzeten sich etliche Stunden mit einander / da Herkules sich erkühnete / und umb schleunige Einwilligung ihres Christlichen Beilagers anhielt / einwendend / daß er alsdañ aller Furcht und Sorge / die ihn so heftig quälete / erst würde benommen seyn. Sie aber kunte aus schamhaftigkeit darein nicht willigen / ob sie gleich bekennete sich ihm darzu verbunden seyn / endlich auff sein weiters anhalten / vertröstete sie ihn auff ihre erste Zusammenkunft / weil sie keine Hofnung hatte / ihn vor seinem abreisen wie der zusprechen; womit er auch zufrieden wahr / ergetzeten[737] sich miteinander in reiner Liebe / und muste er auff ihr anhalten erzählen /was ihm auff seiner Reise denkwirdiges begegnet wahr / da er nicht unberühret ließ / was vor grosse Freunde er an dem Stathalter zu Jerusalem / dessen Gemahl und Fräulein Tochter hätte / rühmete auch Fr. Sophien Tugend / und Frl. Sibyllen auffrichtige Frömmigkeit. Sie hingegen wolte mit ihm kurzweilen und sagte: Mein trauten Schaz / ich bin schon in erfahrung kommen / daß diese leztgenante sehr schöne Römische Fräulein zu Padua eurer Liebe hat sollen vermählet werden / und o wie eine herzbrechende Angst würde mir diese Zeitung gewesen seyn / halte auch wol dz bloß nur euer Gewissen euch zurücke gehalten; möchte doch gerne wissen / ob ihr auch grössere Kundschaft mit ihr als bißher mit mir gehabt / welches euch zuverzeihen / ich hiemit versprechen wil /wo es sonsten noch bey der Zimligkeit verblieben ist. Sie brachte dieses zwar mit äusserlicher Freundligkeit vor / welche aber dannoch den Liebes-Eifer nicht allerdinge bergen kunte. Herkules hingegen lachete dieser Reden einfältig / und nach erteiletem herzlichen Kusse antwortete er ihr: Ob ich gleich durchaus nicht ersinnen kan / von wañen euer Liebe dieses zukommen sey / mag sie dañoch sich wol versichert halten /welches ich auch bey meinem teils des Himmels rede /das gegen dieses Fräulein noch keine eheliche Liebe /vielweniger eine unzüchtige in meinem Herzen aufgangen ist / deren keusche Zucht und Tugend doch geliebet zu werden / wol verdienet / wird demnach mein Schaz mich solches verdachtes / da einiger bey ihr ist / wol erlassen; aber wann sie ja alles was mir in solchen sachen begegnet ist / wissen wil / ward mir zu Rom in meiner Leibeigenschaft wol anders nachgestellet / da ich mich kaum der Tochter im Hause durch ertichtete Lügen erwehret hatte / als die Stieffmutter mit viel grösserer Frecheit meiner unzimlichen Liebe begehrete; doch schickete es der fromme Gott / daß ich auch deren durch ein gefährliches Getichte noch loß wahr / und ward hohe Zeit / wie mein Ladisla zu meiner Erlösung sich einstellete / massen ich aus unterschiedlichen ihren Reden spürete / daß sie meine getahne Entschuldigung begunte in zweifel zuzihen /wiewol ich lieber den Tod würde erlitten / als in ihren gottlosen Willen gehehlet haben. Darst ich nun meinem Seelen-Schatze alles gar vertrauen / so wisse sie /daß man mir zu Jerusalem viel näher getreten / als zu Padua / wiewol ohn alle Unkeuscheit / hätte auch schwerlich vorüber gekunt / wann der ruhmwirdigste Nahme Valiska nicht so tief in mein Herzgepreget währe / so daß denselben weder diese noch einige andere außheben wird; darumb so wolle mein Seelichen festiglich gläuben / daß / sint der Zeit ich die Sonne aller Schönheit / Frl. Valisken gesehen / und einige Hoffnung deren Gegenliebe gehabt / ich mich eben so wenig an den Monde oder andere Schönheit-Sternen gekehret habe / als ob sie in der Welt nicht währen. Ach mein allerwerdester Schatz / antwortete sie / verzeihet mir / bitte ich / den geringen Argwohn / welchen meine Furcht in mir anblasen wollen / er ist Gott Lob / durch diesen grossen Strohm eurer Liebe allerdinge ausgelöschet / sol auch ni iermehr wieder angezündet werden; aber mässiget euch / bitte ich sehr / in den unverdieneten Lobreden meiner Geringfügigkeit; Gott weiß / daß ich mich noch lange nicht schön genug halte eurer Liebe / und da ihr die Augen eures Verstandes recht würdet aufftuhn / müsten meine vielfältigen Mängel und Gebrechen bald verrahten werden; warumb mag dann mein Schatz mich einer Sonnen vergleichẽ / da ich nicht der geringste Stern bin? versichert euch aber / mein Seelichen / daß / weil ich[738] vernehme / daß eure Reden von herzen gehen / und ihr aus übermachter Liebe mich so hoch schätzet / ich selbst verlangen darnach trage / daß ihr in euren ehrliebenden Begierden bald befriediget werdet / wünsche auch / daß ihr das eingebildete an mir finden /und ein völliges genügen an mir haben möget. Unvergleichliches Kleinot / sagte er hierauff / warum muß dañ euer herrlicher Verstand allenthalben durchdringen / und nur in Erkäntniß eurer Seelen- und Leibes-Vollkommenheit blind und unwissend seyn? Verringert euch nicht / mein Fräulein / und lästert nicht /was die allgemeine Mutter euch vor andern allen mitgeteilet hat. Und O wie vergnüget werde ich seyn /wann ich (Gott gebe / daß es bald geschehe) dessen geniessen sol / worauff Artabanus in rasender Wuht hoffet; dann wie schon gesagt / ehe werde ich weder Ruhe noch sichern Trost bey mir empfinden. Er redete dieses mit so traurigen Geberden / daß sie grosses mitleiden mit ihm trug / und von herzen wünschete /ihn vergnügen zu können; fiel ihm auch umb den Hals mit etlichen Küssen / und sagte zu ihm: Tröstet euch mein Schatz / mit der Hoffnung / vielleicht schickets Gott / daß ich bald euer Ehe Gemahl werde. Gleich dazumahl ward sie ihres Ringes an seinem Finger gewahr / an welchem sie inwendig ihrer bey der Nahmen mit durcheinander gesetzeten Buchstaben hatte eingraben lassen / besahe ihn eigentlich / und nach gegebenem Handkusse fragete sie / durch was Glückesfall ihm dieser währe zuhanden kommen / dann sie erinnerte sich der unglüklichen Herberge / in welcher sie ihn neben ihren Haaren und lezt empfangenem Brieflein / auch andern Ringen mehr unter die Betstat verstecket hätte; und da sie vernam / daß ers alles von Neklam empfangen / sahe auch / daß er seinen Anteil von ihren Haaren hervor zohe / nam sie ein kleines Scherichen / und schnitte einen Strang seiner Locken von seinem Häupte / baht ihn / die angestrichene Farbe davon zumachen / und erklärete sich / sie wolte ein Armband davon zurichten / und es zu seinem Gedächtniß tragen. Er aber zeigete ihr an / daß er diesen Ring nit anders schätzete / als hätte er denselben von ihr selbst bey der Traue empfangen / sich auch daher mehr vor ihren Gemahl als Bräutigam gehalten. Sie sahe wol / daß er aus innigster Gewogenheit die Beschleunigung ihrer Ehe suchete / daher sie sich erkühnete / zu ihm zu sagen: Damit sie nicht geringere Liebe gegen ihn / als er gegen sie spüren liesse /wolte sie bey seiner ersten Wiederkunfft ihn vor ihren Herrn und Gemahl halten / und nur noch dißmal vor ihren Bråutigam / welches mit küssen und umfahen bestätiget ward. Weil sie aber beyderseits merketen /daß hohe Zeit seyn würde / was nöhtigers vorzunehmen / wolte sie sich setzen / ihre Briefe nach Padua und Prag zuverfertigen / aber Herkules verhinderte solches / einwendend / sie müste nicht zu sehr eilen /noch die gelegenheit / wieder zu ihr zukommen / ihm benehmen / welches sie mit einem schamrohten lächeln beantwortete / und sich endlich erklärete /wanns ihn also gut däuchte / wolte sie nach seinem Abscheide die Feder gebrauchen / spracheten noch ein Stündichen zusammen / und als Phraortes sie der Zeit erinnerte / das Fräulein auch sehr zweifelte / daß das Glük vor seinem Abzuge sie wieder zusammen fügen würde / und deswegen einen gänzlichen Abscheid mit Trähnen von ihm nam / stellete er sich gleich auch also / und sagte zu ihr: Mein allerwerdester Schatz in dieser Welt; ich befehle euch der Obhuet und Wache des allmächtigen Gottes / biß auff meine glükliche Wiederkunfft / derselbe wolle euren Glauben stärken und mehren / und in aller Widerwärtigkeit beständige Geduld verleihen; inzwischen wil in abwesenheit meiner Gemahl (dann davor[739] halte ich sie) die Hoffnung küssen / unter der festen Zuversicht / mein Seelchen werde die mir jeztgetahne Verheissung / zu meiner ersten Wiederkunfft auff dieses Gemach ungewegert leisten / damit an ihrer ausbündigẽ Schönheit / als an meinem Ehelichen Gemahl ich mich ergetzen möge /weil ich nicht bedacht bin / mich ihres versprechens zubegeben. Sie hörete sein erstes vorbringen mit inniglicher Andacht / den Beschluß aber mit einer Schamröhte an / und meynete es mit stillschweigen zubeantworten / weil sie sich fürchtete / ihm ein mehres als sich gebührete / versprochen zuhaben; weil er aber umb schließliche Erklärung anhielt / sagte sie: Allerteurester Schatz / ich befinde in meinem Herzen /daß ich zu schwach bin / seinẽ Vorsatz zubrechen; und weil ich mein Gemüht ihm zuerklären schuldig bin / angesehen seine geträue Liebe / welche er mir in dieser gefährlichen Nachfolge satsam erzeiget hat / so währe mir zwar nichts liebers / als daß meiner allerliebstẽ Fr. Mutter ich in dem reinen Jungfräulichen Stande wieder möchte geliefert werden / in welchem ich von ihr ausgezogẽ bin; weil ich aber euch vor meinen Herrn und Gemahl auffgenommen habe / werde ich müssen seinem hefftigen ansuchen stat geben /und mich ihm als ein Gemahl gönnen / auff daß nicht allein ich ihm seines Mißtrauens und anderer Herzenskränkungen benehme / sondern ihn hiedurch zur schleunigen befoderung meiner Freyheit desto mehr anreize; welches dann mit einem Handschlage und vielen Küssen bestätiget ward; worauff er mit Phraortes in zimlicher Verwirrung davon ging / und mit demselben nach dem Königlichen Schlosse sich verfügete / woselbst er nunmehr als ein bestelleter Königlicher Diener / dem Könige selbst auffwarten muste. Nun hatte Vologeses der jünger mit seinem Ritterlichen Diener Mithrenes alles angelegt / wie er ursach an den jungen Teutschen suchen solte / welcher sich in etwas beschwerete / daß er sich mit einem schwachen Jungen / wie er vor gab / schlagen solte. Bey der Mahlzeit ward Phraortes von Vologeses erinnert / die Wette zubestimmen / der ohn weiteres bedenken feinen Satz auff 100000 Kronen benahmete /jener aber / dieser Beute sich erfreuend / ein doppeltes zulegen versprach. Herkules wahr sehr geschäfftig /seinem Könige zugefallen nam sich einer züchtigen Scham und Furcht an / und warff daher der König auff ihn eine sonderliche Neigung und Gewogenheit. Vologeses aber fing ein Gespräch mit ihm an / er hätte aus seinen gestrigen Reden vernommen / daß er schon in den Ritter Orden getreten währe; nun sähe er ihn aber vor sehr jung an / und möchte gerne wissen / was vor Waffen man in seiner Landesart gebrauchete / die von so jungen Leuten beydes zum Schuz ihrer / und zur Verletzung der Feinde könten geführet werden. Herkules ward des Spottes bald innen / ließ sichs doch nicht merken / sondern mit demühtiger Herzhaftigkeit sagte er: Gnädiger Fürst und Herr / in meiner dreyjährigen ritterlichen übung habe ich mich Römischer Waffen gebraucht / eines festen Helmes / Brust-Rück- und Beinharnisches / neben gewöhnlichẽ Reuter Schilde; das Gewehr ist ein Ritter Speer / uñ Schwert / wie es Römische Ritter führen / und ich haussen vor dem Gemache abgelegt habe. Vologeses fragete nachmahl / ob er dann so schwere Rüstung schon drey Jahr hätte fuhren können / und vernähme von Phraortes / daß er kaum das zwanzigste Jahr hinter sich gelegt. Der Schimpff hätte ihn fast zu herbe gedaucht / doch hielt er sich ein / und antwortete mit einem höflichen Ernste: Ja gnädiger Fürst / wann mir erläubet ist / ihrer Durchl. zuantworten / habe ich sie /ohn Ruhm zumelden / diese Zeit her geführet / und wider meines gleichen StandesLeuten[740] verteidiget / so offt sie mir solche streitig machen wollen. Mithrenes hatte sich gerade gegen über gestellet / uñ lachete dieser Antwort gar hönisch; welches ihn heftig schmerzete / und nur wünschete / gelegenheit zuhaben / ihn dessen gereuen zumachen / welche ihm bald an die hand gegeben ward, dann nach geendigter seiner Rede / die Vologeses als zu frech auffnam / sagte derselbe zu seinem Mithrenes: Als viel ich von diesem jungen Teutschen vernehme / ist bey euch uñ ihnen eine grosse Ungleicheit im Ritter-werden. Ja / Durchleuchtiger Fürst / antwortete dieser; wer bey uns in Armenien Ritter heissen wil / muß nicht allein das Maul /sondern vielmehr die Fåuste zugebrauchen wissen; so lässet man auch keinen unter 25 Jahren zu / er habe dann fünff Ritter herab gestochen / und solches ohn einige Bewägung im Sattel / würde auch mit so einem jungen Knaben / wie dieser ist / sich niemand leicht in Streit einlassen / da ihm nicht zuvor Zusage geschähe / es solte ihm an seinem Ritterstande keinerley weise schimpflich seyn. Herkules ward durch solche äusserste beschimpffung dermassen entrüstet / daß er sich fast übersehen hätte / begriff sich aber noch / und fing an: Allergroßmächtigster Unüberwindlichster König /allergnädigster Herr; demnach Eure Königl. Hocheit mich unwirdigsten vor einen Ritterlichen Diener angenommen / auch höhere Königl. Gnade mir erzeiget /als meine Wenigkeit fähig seyn kan / gelebe ich alleruntertähnigst der tröstlichen Zuversicht / Dieselbe werden ihrem Diener Freyheit geben / seine ritterliche Ehre zuhandhaben / solches bitte ich im Nahmen und von wegen meiner allergnädigsten Fraulein / als deren Höchst Seel. Herr Vater mich dieses Standes gewirdiget hat; setzete sich darauf in die Knie / und erwartete genehmer Antwort. Der König sahe ihn an / entsetzete sich fast vor feinen feurigen Augen / und antwortete ihm: Weil du unser Diener bist / und jener stolzer (den wir umb seines Herrn willen übersehen) dir zu nahe getreten ist / sol dir ritterliche Freyheit erlaubet seyn. Bald stund Herkules auff / bedankete sich alleruntertähnigst / und sagte zu Vologeses: Durchleuchtiger Fürst / Eure Durchl. mit einigem Worte zubeleidigen / bin ich nicht willens; aber wer ihr auch seyd (sagte er zu Mithrenes) habt als ein stolzer (wie Königl. Hocheit euch gescholten) wider Rittergebühr mich beschimpffet / und ohn alle gegebene Ursach euch gelüsten lassen / meine ritterliche Ehre zukränken; da ich nun solches einfressen würde / währe ich nicht allein unwirdig / meines grossen Königes Diener zuseyn / sondern dürffte auch keinen Fuß wieder in mein geliebtes Vaterland setzen; begehre demnach Abtrag vor angelegte Schmach / oder ihr müsset mir ohne Kampff nicht entgehen / wie jung und ungeübet ihr mich gleich haltet. Mithrenes fürchtete sich vor dem Könige / hatte auch von seinem Herrn einen Wink bekommen / glimpflich zufahren / deswegen gab er ihm diese Antwort: Habe ich meinem allergnädigsten Könige zuwider gehandelt / so bitte von seiner Königl. Hocheit ich dessen alleruntertähnigst Vergebung; taht hiemit einen Fußfall / und ward von dem Könige begnadet; Zu Herkules aber sagte er: Jüngling / ich habe dich nicht als einen Königlichen Diener beschimpffet / dann davor werden die Götter mich wol behüten / aber daß du dich vor einen Ritter angiebest /wovor du nicht erkennet bist / habe ich unbeantwortet nicht lassen können; nun hastu über das mich noch zum Kampfe ausgefodert / aber mein Jüngling / du weist noch nicht was ein Kampf ist / und wirst solches zuvor müssen in der Schuele lernen / ehe du dich vor die scharffe Spitze wagest / dann deiner drey oder viere würden mir viel zu leicht seyn / daher / Königl.[741] Hocheit zu alleruntertähnigstem Gehorsam / erlasse ich dich dieser Ausfoderung. Sihe da / antwortete Herkules / jezt gabestu ja vor / ein Ritter müste nit dz Maul / sondern die Fäuste zugebrauchen wissen / und du wilt mich gleich mit deiner ruhmråtigen Zunge zu bodem rennen / ja meiner viere zugleich vornehmen? währestu ein vernünfftiger Ritter / würdestu nimmermehr solchen stolz brauchen; so gehe nun bald / uñ wapne dich / ich wil / ob Gott wil / meines gewesenen Königes Ehre retten / und mit meinem Speer und Schwert behäuptẽ / daß dero Hocheit nie keine undüchtige in den löblichen Ritterorden angenommen hat / da dann jederman sehen wird / wie wenig Teutsche Nidrigkeit den Armenischen Stolz achte; bistu aber zu feige / allein zuerscheinen / so nim noch ein Ungeheur zu dir / es sol dir hiemit erlaubet seyn. Der verwägene Mithrenes vermeynete des Schimpffs zubersten / warff seinẽ Handschuch vor Herkules nider /uñ sagte zu ihm: Da hastu dz Pfand / dz ich dich in stückẽ zerhauẽ wil. Herkules hub ihn auf / warff ihm den seinen hinwieder zu / mit halblachender sti ie sprechend: Da nim wieder hin mein Pfand / dz dein stükhauen nur eine stolze Einbildung sey / uñ ich /dafern du durch abbitte mich versöhnẽ wirst / deines Lebens schonẽ wil. Der Köing geboht ihnẽ / dz keiner förder ein wort redete / oder sich am anŏn vergreiffe /bißsie auf dem Platze erscheinẽ würdẽ; wodurch Mithrenes verhindert ward sein bedrauliches großsprechen fortzusetzen. Vologeses der älter / ein ansehnlicher / gerechter und Kriegsverständiger Herr / und der grösseste im Reich / nach dem Könige / des jüngern naher anverwanter / merkete wol / daß sein Oheim dieses Spiel also gefidelt hatte / welches ihm nicht wol gefiel; Ihm warteten seine drey Leibdiener auff /die außbündigsten Fechter zu Charas / deren vornehmster Mentor / der ander Sabazes / der dritte Orsines hieß; diese stelleten sich Zeit solches weitläuftigen Gespräches an einen Ort zusammen / und hielten ihre Unterredung; so bald diese den Außspruch des Königes höreten / und ihnen gänzlich vorgenommen hatten / an diesem jungen fremden Ritter / der von Phraortes so hoch gerühmet wahr / sonderliche Ehre einzulegen / machten sich anfangs zu ihrem Herrn hin / und bahten untertähnig / ihnen zuvergünstigen / dz sie den ihnen von jenem jungen stolzen Ritter angelegtẽ Schimpf / Königl. Hocheit alleruntertähnigst vortragen / und um gebührliche Rache anhaltẽ möchten. Fürst Vologeses der älter / der auff diese Buben groß hielt / weil sie ihre schelmische Bosheit / durch welche sie mannichen unschuldigen umb Ehr / Leben und zeitliche Wolfahrt gebracht hatten / vor ihm ganz artig zuverbergen wusten / antwortete ihnen; da sie beleidiget währen / stünde ihnen frey solches zu ahnen. Worauff diese drey vor den König sich auff die Knie legeten / und Mentor / welcher in der Mitte saß /also anfing: Allergroßmächtigster unüberwindligster König; euer Königl. Hocheit alleruntertähnigst zu klagen / können wir nicht umhin / was Gestalt gegenwärtiger / dieser fremdling uns alle drey auff freier Strasse / öffentlich beschimpfet / in dem er uns / da wir ihn ganz höflich gegrüsset / den Gecken gestochen / und als wir ihn darüben zu rede setzeten / uns zur Antwort gab; ob wir nicht wüsten / daß er ein Königlicher / wir aber nur kahle Fürstliche bedienete währen / und ihm daher frey stünde / uns seines gefallens zu haben. Zwar wir hätten fuge und Ursach gnug gehabt / uns an ihm zu rächen / worzu wir das Mittel an der Seite führeten / aber Königl. Hocheit zu alleruntertähnigsten ehren / haben wir uns an dero Diener nicht wollen vergreiffen / sondern derselben diesen uns angefügten unablöschlichen Schimpff klagen /[742] und zugleich umb allergnädigste Erlaubung anhalten wollen / unser Schwert / einer nach dem andern wieder diesen Spötter und Geckenstecher zu wenden /und ihn zuunterweisen / daß er hinfüro ablasse ehrliche Leute dergestalt zubeschimpfen / dafern er sein Leben vor uns bergen und erhalten wird. Phraortes entsetzete sich über dieser Anklage / die er wuste falsch und ertichtet seyn / wahr auch bereit Herkules zu entschuldigen / welcher aber diese unvermuhtliche beschuldigung mit grosser beständigkeit anhörend /sich nicht eins darüber bewägete / sondern nach deren endigung sagte: Ihr drey Kläger / weil in vorbringung eurer Anklage ihr mit Fingern und Häuptern auff mich gezeiget / muß ich mich vor den beklageten halten; ich verzeihe euch aber diese Beleidigung ganz gerne /weil ich nicht zweifele / ihr werdet an mir irren / und mich vor einen halten der ich nicht bin. Mentor der Kläger sagte darauff: Mein Kerl / der Leute sind mehr in der Welt als du / welche das Spiel / Hastu es getahn / so leugne nur / wol gelernet haben / und zugebrauchen wissen; und wann ich allein diesen Schimpff eingenommen hätte / würde ich in ermangelung des beweißtuhms wol ein Lügner heissen müssen / aber diese meine beyde Zeugen / denen ein gleichmässiges von dir begegnet ist / werden mich in der Warheit schon steiffen / und deine Bosheit an den Tag legen. Seine beyde Gesellen fingen alsbald an ein solches mit zu bejahen / und erbohten sich alle drey zum äide. Dessen entsetzete sich nun Herkules in etwas / blieb doch bey seiner Sanftmuht / und erinnerte sie nochmahls / sich wol zubedenken / und keinen unschuldigen mit so schwerer Klage anzufassen. Weil sie aber beständig dabey blieben; fragete er sie an was Ort /und zu welcher Zeit dann solches geschehen wäre. Ihm antwortete Mentor / er fragete nach einem Wege /welchen er wol wüste. Nachdem aber der König ihre Antwort begehrete / sagete dieser / es währe auff der Schloßgassen / zwo Stunden vor der Mahlzeit diesen Morgen geschehen. Herkules gab zur Antwort: Ich ermahne euch nochmahls alle drey / daß ihr entweder euren Irtuhm / oder eure Bosheit bey zeiten erkennet und bekeñet / sonst werde ich gezwungen / umb Handhabung meiner Ehre / euch öffentlich zuschanden zu machen / welches ich doch ungerne tuhn möchte. Ihr Herr Fürst Vologeses sagte zu Phraortes: Euer gewesener Diener muß sehr unverschämt / oder meine drey Fechter die gottlosesten Buben seyn. Dessen gebe ich mein Leben / Ehr und alle meine Haabseligkeit zu pfande / antwortete Phraortes / daß mein gewesener Diener hierin allerdinge unschuldig ist / massen er diesen ganzen Morgen biß an die Mahlzeit mit mir bey dem Königl. Frl. auff dem Schlosse gewesen. Sie liessens bey diesem verbleiben / umb der Zänkerey Ausschlag zuvernehmen; dann als Herkules die Kläger abermahl also warnete / blieben sie steiff bey ihrer aussage / und bestunden fest / dessen einen äid zu leisten. Darauff wendete sich nun Herkules zu dem Könige / und sagete: Ich weiß nicht / allergnädigster König / was vor ein neidisches Unglük mir diesen Tag also nachstellet / und mich suchet zu einem Bubẽ und Spötter zu machen; Nun getröste ich mich meines guten gewissens und meiner Unschuld / welche gegen diese drey gottlose Verleumder / die in ihrer offenbahren Umwarheit sich dürffen zum äide anerbieten / ich leicht behäupten / und durch gnugsames Zeugnis / meiner allergnädigsten Fräulein / meines gnädigsten Groß Fürsten / und der ganzen Besatzung des Fräulein-Schlosses dartuhn wolte / daß umb die von diesen Verleumdern ausgesagete Zeit /ich auf jeztgedachtem Schlosse / und nicht auff der Gasse gewesen bin. Aber[743] daß nicht einer oder ander Ursach nehme / mich einer Kleinmuhtigkeit zubeschuldigen / so erbiete ich mich / meine gute Sache unter dem Schuz Gottes / wieder diese drey Verleumder mit dem Schwerte zuhandhaben / weil ich vor Augen sehe / daß alle Anklage bloß zu dem Ende angesehen ist; mögen sich demnach diese drey mit meinem ersten Feinde vergleichen / wer den ersten Streit mit mir angehen sol. Mithrenes gab vor / weil er zum ersten außgefodert währe / hätte er billich den Vorzug. Herkules antwortete / es gefiele ihm soches noch wol / daß er nunmehr in wirdig und düchtig erkennete / mit dem er einen ritterlichen Versuch tähte. Hingegen wante Mentor ein / nachdem er sich abermahl auff einen äid beruffen hatte / sie währen am ersten beleidiget worden / daher müste er ihnen auch am ersten zu rechte stehen. Ich wil euch verleumdern und lügenern solches nicht versagen / antwortete Herkules / und däucht mich selber / ich könne mit der geringsten Mühe an euch den Anfang machen / weil es vermuhtlich zu Fusse und mit dem Schwerte geschehen sol; bin also bereit auff dem Vordersaal in gegenwart meines allergnädigsten Königes uñ aller HochFürstl. Geselschaft mit euch den Span zuschlichten / und erwarte den Ausspruch von Königlicher Hocheit. FürstVologeses der älter stund auff / und redete ihn also an: Herzhafter Ritter / ihr dürfet euch gegen meine drey Diener / als hochbeschriehene Fechter nicht in Lebensgefahr wagen / dafern ihr nach eurer Anzeige eure Unschuld darlegen könnet / welches ich euch fast zutraue / da dann auff solchen Fall meine Diener empfinden sollen / wie feind ich allemahl der boßhasten Verleumdung gewesen bin. Durchl. Fürst / antwortete er / mit grosser Ehrerbietung / Eurer Durchl. hochgepreisete Gerechtigkeit und Helden-Tapfferkeit hat den Preiß des ganzen Erdbodens erworben / welchen ich zuerheben nimmermehr vergessen wil; weil aber mein ritterliches Ansehen allermeist auff der Faust beruhet /so wolle Eure Durchl. gnädigst einwilligen / daß dieser Kampff vor sich gehe / und sich versichern / daß Gott der Unschuld zu steuer legen werde. Wolan /antwortete der Fürst / eure Tapfferkeit in dieser Jugend verdienet ein besser Glük / als böse Buben euch zubereiten / und stelle ichs alles zu Königlicher Anordnung. Artabanus kunte sich über seines Dieners unerschrockenen Muht nicht gnug verwundern / hielt auch seine Unschuld vor schon erwiesen / wuste aber auch / mit was guten Fechtern ers würde zutuhn haben / und fürchtete sehr / er würde sein Leben einbüssen müssen; wolte demnach in dieser Sache nicht sprechen / sondern bestellete Phraortes an seine stat /welcher dann durch einẽ Wink von Herkules leicht verstund / wie er die Urtel abfassen solte / deswegen er also anfing: Im Nahmen und aus Vollmacht Königlichen Hocheit / wird dem Königl. Ritterlichen Diener Valikules hiemit die Freyheit gegeben / den Kampff wider seine drey Ankläger fortzusetzen / so daß vorerst der Worthalter / hernach der zur Rechten / und zulezt der zur Linken ihm fuß halten sollen / an was ort / und auff was weise ers als Ausfoderer begehren wird / jedoch alles redlich und ohn Vortel. Herkules bedankete sich des Ausspruchs / und alle anwesende verwunderten sich dessen / die Verleumder aber hüpffeten vor freuden auff / und vermaß sich Mentor / dafern er unterliegen würde / wolte er sich selbst der Kreuzigung zugesprochen haben; welches die anderen beyden ihm nachsageten. Herkules taht als hörete ers nicht / foderte seine Ankläger aus auff den Vörder Saal / daselbst schlug er einen zimlichen Kreiß / so viel Raum zween fechtenden ohn rükweich nöhtig wahr; und als der König mit der ganzen Geselschafft zugegen[744] stund / sagte er: Trit her in diesen Kreiß / du Verleumder / und wer von uns beyden daraus schreiten wird / so lange der Kampf währet / sol am Kreuz die Seele ausblasen. Die Augen branten ihm im Kopffe / und niemand hatte genauere acht auff ihn / als Vologeses der älter / welcher als dem Könige am nähesten stehend / zu ihm sagete: Dieser junge Ritter ist ausser allem Zweifel mehr / als er sich ausgibt. Mentor hätte diese Kreisses-bedingung lieber ausgeschlagen / aber die gesprochene Urtel stund ihm im Wege /und sein erworbener Fechter-Ruhm / trat also hinein /und boht seinem Feinde die Spitze; welcher aber in einem kurzen Lager / sein Schwert mit ausgestrektem Arme gerade auffrecht hielt / woraus jener schon merkete / daß er keinen Schüler vor sich hatte / nam ihm auch vor / alle Vorsichtigkeit anzuwenden; Sie versuchten beyderseits durch falsche Augenwinke und Dräustösse einer den andern zuverführen / aber es wolte nirgend zu / wiewol alle anwesende unserm Herkules den Vorzug zulegten / welcher sich schämend / die Zeit vergebens zuzubringen / seinem Feinde / ehe er sichs versahe / den rechen Arm mit einem Unterhieb lähmete / dz er das Schwert fallen ließ / jedoch mit der linken es wieder auffhuhb / weil ihn Herkules unterdessen nicht beschädigen wolte: sondern redete ihn also an: Du Lügener / bekenne deine Bosheit und meine Unschuld / oder du must das Kreuz bekleiden. Ich bleibe beständig bey der Warheit / antwortete Mentor / und die erste Wunde ist mir eine Auffmunterung von meinem Schlaffe. Sie bunden von neuen an / dann Mentor war mit beyden Händẽ geübet / aber die empfangene Wunde / welche viel Blut gab /schmerzete ihn sehr / und machte ihn kraftloß / daher ihm Herkules eintrat / reiß ihm mit der linken das Schwert aus der Faust / und mit der rechten gab er ihm mit dem Degenknauff eins wider die Stirn / daß er gestrekt hinter sich fiel; worauff sein Uberwinder begehrete / daß er gefänglich angenommen würde /welches die Königliche Trabanten auff Geheiß verrichteten; aber ehe sie sichs versahen / zückete dieser seinen Dolch / und erstach sich damit. O ihr leichtfertige Schelmen / sagte ihr Herr / Fürst Vologeses / wie tuht dieser überwundene eine so klare Bekäntniß durch seine eigene Ermordung / mit was Bosheit ihr verknüpfet seyd. Herkules kehrete sich daran nichts /sondern rief dem andern / was er sich lange säumete /sein Mithrenes wolte auch noch ein Stündichen zum Spielhaben; Dieser Sabazes aber wendete ein / es währe nicht Fechterisch / sich in einen engen Kreiß einzuschliessen / welches einige seinem Gesellen allen Schaden getahn hätte / deswegen begehrete er freyen Raum zum Kampffe. So gib ihm Raum / mein Valikules / sagte der König / dann die Unschuld kan auch auff freyem Platze siegen. Ganz gerne / allergnädigster König / antwortete er; ging sehr eiferig / und mit ausgestrecketem Lager auff ihn loß / brachte ihm bald anfangs einen Schnit über den linkẽ Backẽ an /womit er ihn zugleich wehrloß machete / dann er fassete mit der linken in seines Feindes Gefäß / und beugete ihm das Schwert aus der Faust. Dieser begab sich auffs lauffen / aber Herkules hinter ihn an / und stieß ihn mit dem genommenen Degen Gefäß hinten auff das Haupt / dz ihm die Hirnschale borste / und in kurzem verschiede. Der dritte / Orsines / der es den beyden vorigen in der Kunst nit gleich taht / ging mit erschrockenem Herzen heran / hatte sich auch kaum recht ins Lager gestellet / da lag seine Faust mit samt dem Schwert auff der Erden. Herkules fassete ihn an /und sagete: Mein / biß du doch der vernünfftigste /und bekenne die Warheit / alsdann wil ich dich verbitten / daß du beym Leben bleibest. Ja mein Herr /antwortete er / es[745] ist unser lauter Muhtwille gewesen /euch solche ertichtete Lügen aufzubürden / bloß daß wir an euch Ehre erjagen / und nach eurem Tode euer gutes Kleid erbeuten möchten; Wollet nun eurer Zusage nach bey dem Könige mir unwirdigen das Leben verbitten. Aber sein Herr / Vologeses / trat hinzu /und sagte: Ein solcher ErzSchelm müste sich ja nicht rühmẽ / daß er mein Diener gewesen / und mit seinen Lügen mich hintergangen hätte; zog hiemit sein Seitengewehr aus / und stieß ihm solches / da er auff den Knien saß / durchs Herz. Dieser ruhmwirdige Sieg wahr in einer halben Stunde gänzlich erstritten / und bekam der überwinder / aller anwesenden (den jüngern Vologeses ausgenommen) sonderliche Gunst; Der König wünschete ihm mit wenig Worten Glük; Fürst Vologeses der ältere / rühṃete ihn öffentlich /und boht ihm alle Gnade an; gegen welchen er sich sehr demühtigte / und sich glükselig preisete / eines solchen weltbeschriehenen Fürsten Gnade erlanget zuhaben. Der jüngere Vologeses durffte wegen des Königes nicht unhöflich seyn / und sagte zu ihm: Ritter / ihr habt euch wol erwiesen / daß eure Jugend des Schwertstreites erfahren sey / möchte wünschen / daß ihr mit meinem Mithrenes hindruch währet. Gnädiger Fürst / antwortete er / ich bedanke mich beyde des Ruhms und der gnädigen Gewogenheit untertähnig /möchte auch wünschen / daß ich mit ihrer Fürstl. Gn. Diener gleich jezt im Werk wäre / dann sein Maul hat ihn schon verrahten / daß das Herz sich auf keine Tugend / sondern bloß auff die viehische Leibesgrösse verlässet / daher ich mit ihm als mit einem grossen wilden Ochsen umgehen werde / es sey dann / daß er zu besseren Gedanken greiffe. Dieser stund nit weit davon / daß er alles anhörete / meynete vor Zorn zubersten / und dräuete / ihn in kleine bißlein zuzerhacken; Aber Herkules lachete sein / und sagte: Ich gedachte / du Untihr würdest dich schon hinaus gemacht haben / woselbst ich dich noch zu besserer Erkäntniß zubringen verhoffe. Der ältere Vologeses kunte nicht unterlassen / seinem hochmuhtigen Oheim einzureden / wie er doch immermehr einem Diener so viel Frevels gestattete / wodurch der König gar leicht zu schwerer Ungnade wider ihn selbst könte gereizet werden; Aber der Neid / welchen er wider Herkules gefasset hatte /wahr so hefftig / dz er als blind und taub sich stellete. Herkules hielt bey Phraortes an / den König zuersuchen / daß der Kampff unter der Fräulein Schlosse gehalten würde / welches Artabanus leicht bewilligte /und durch Phraortes dem Fräulein anmelden ließ / dafern sie ihren tapferen Diener Valikules / welcher schon drey Fechter zu fusse erlegt hätte / wolte zu Rosse kämpffen sehen / möchte sie auff ihren Ober gang treten / weil ihr doch nicht geliebete aus dem Schlosse zukommen. Sie ließ sich von dem GroßFürsten alles Verlauffs berichten / und sagete: O wie würde mein Herkules der gleichen Streite und Kämpffe so gerne alle Tage antreten / wann er mich aus diesem Schlosse stechen oder hauẽ könte; doch bin ich ihm davor nit ein geringes verbunden / daß er meines Hochseel. Vaters Königl. Wirde handhaben wil. Phraortes tröstete sie / es würde der teure Fürst schon mittel ergreiffen / sie zu rechter Zeit ledig zumachen /wozu zweifels ohn ihm seine Kunstfarbe sehr vorträglich seyn würde; Aber meine herzgeliebete Frl. Tochter / sagte er / müste dem lieben Fürsten hierzu einen Muht und freudiges Herz machẽ. Ja mein allerliebster Herr Vater / antwortete sie / wie gerne wolte ich /wann solches in meinen Kräfften stünde. Darinnen bestehet es alles / sagte er; sol ich aber so kühne seyn / und sagen / wie? Ach ja / mein Herr Vater / antwortete sie; unterrichtet mich / bitte ich / als eure[746] Tochter / ich wil herzlich gerne folgen. Wol dann / meine Frl. Tochter / sagte er; Sie tuhe nur diß / und gebe dem höchstverliebeten Fürsten nach diesem doch nicht mehr ursach / daß er trauriger von hinnen scheide / als er herkomt; ich fürchte / wo meine Frl. Tochter in ihrer Härtigkeit also fortfähret / es werde sich des Fürsten Herz in dem ungestümen Liebes Feur bald verzehren; was nun Eure Liebe vor Nutzen daher haben würde / stelle ich derselben zu bedenken anheim. Das Fråulein entsetzete sich der Rede / und sagte nach kurzem bedenken: Mein Herr Vater / wo er mich väterlich liebet / wolle er mir entdecken / ob mein Herkules diese Vorbitte an ihn gesucht habe. Nein / meine Frl. Tochter / antwortete er / er weiß bey meinen Fürstlichen Ehren / nichts umb mein Vorbringen / stellet sich auch allemahl im abscheiden von diesem Orte sehr frölich gegen mich / wiewol ich sein heimliches leiden aus unterschiedlichen Zeichen wol erkenne. Das Fräulein gab sich hier auff zufrieden /und sagete als im scherze: Es solte ihr Herkules eines solchen kräfftigen und vollgültigen Vorbitters zugeniessen haben. Und die Warheit zu sagen / drungen diese Reden der gestalt durch ihr Herz / daß ihr leid wahr / ihm nicht alles eingewilliget zuhaben. Der Groß Fürst nam von ihr Abscheid / sie aber putzete sich Königlich aus / und ward in aller eile eine Schau Bühne vor den König und seine Fürsten auffgeschlagen. Der König wahr zeitig zugegen mit seinem Hof Stabe / und stelleten sich die Kämpffer auch ein; Herkules wahr der erste / hatte eine starke Rüstung an /so zu Ekbatana mit sonderlichem fleiß aus dem festesten Stahl geschmiedet wahr; Auff dem Helm führete er einen Greiff / auff dessen Brust stunden diese Worte: Pullum ereptum quæro lugens. Das ist /Ich suche mein geraubetes junges mit grosser Betraurung. Im Schilde stund der kleine David / und schlug dem Goliath das Häupt ab / die ümschrifft wahr: Pietas victrix domat temerarios Die Sieghaffte Gottesfurcht zähmet die Verwägene. Seines eigenen Pferdes wolte er sich nicht gebrauchen / weil er solches noch in keinem absonderlichen Treffen versucht hatte / und seinen trefflichen Blänken hatte er zu Ekbatana gelassen / daß er von darab solte nach Persepolis gebracht werdẽ /wählete deswegen Leches starken Rappen / und ritte /von Tyriotes als einem vermeynten GroßFürstlichen Medischen Ritter begleitet / nach dem Kampffplatze /stellete sich auch gleich gegen über / da er wuste /sich das Fräulein anfinden würde. Der König sahe ihm mit Lust zu / wie artig er sein Pferd zusprengen /und dermassen sich im Sattel zuhalten wuste / daß er zu Vologeses dem ältern sagete: Dafern die Erfahrenheit zu Pferde zustreiten seiner Fecht- und Reit Kunst gleichete / würde ers seinem Feinde leicht zuvor tuhn. Welches er beantwortete: Er hielte diesen Ritter vor einen halben Wunder-menschen / der ohn zweifel mehr währe / als er sich ausgäbe. Mithrenes von sei nem Herrn begleitet / kam auch an / sahe einem jungen Riesen nicht ungleich / und ritte auff einem schweren Hengste. Sein Herr erinnerte ihn seiner Tapfferkeit / und daß er diesen jungen Ritter nicht gering schätzen solte / welcher mit seiner Geradigkeit den abgang der Leibeskräfte zuersetzen wüste / ungeachtet es ihm doch auch an diesen nicht fehlete; Die Wette lieffe hoch an / und auf den fall des Sieges solte er davon 6000 Kronen zu seinem Anteil haben. Dieser verwägene Mensch baht hingegen / er möchte doch keinen Zweifel an der überwindung tragen; es währe ein grosser Unterscheid mit dem Speer zu Pferde / und mit dem Schwert ohn Harnisch zu fusse zukämpffen / weil zuzeitẽ hier die Behändigkeit etwas schaffete / dorten aber wenig nützete;[747] der Sieg würde mehr liderlich als rühmlich seyn. Wodurch sein Herr sich nicht wenig der überwindung versichern ließ. Ehe das Treffen anging / ließ der König beyderseits anmelden / daß wann zeit wehrendes Streits in die Tromete gestossen würde / solte bey Leib- und Lebensstraffe ihrer keiner einigen Schwertschlag mehr führen; welches zu Valikules Lebensrettung angesehen wahr. Als das Fräulein mit bedecketem Angesicht ihre Stelle bekleidet / und von ferne sich gegen den König tief geneiget / er hingegen mit seinem Reichsstabe ihr freundlich gewinket hatte / wurden den Kämpffern gleichmässige starke Speere zugestellet /welche sie eigentlich besahen / bald darauff einlegeten / und mit solchem ungestüm auff einander ranten /daß im Treffen die Speere splittersweise in die Lufft fuhren / auch der grosse Mithrenes über jedermans vermuhten beyde Stegreiff verlohr / und auf des Pferdes Hals zuliegen kam / daß er mit äusserster mühe sich des Falles enthielt / da Herkules hingegen unbewäglich vorbey trabete / dessen alle Zuseher / auch Ladisla selbst sich verwunderte. Der ältere Vologeses sagte zum Könige: Eure Hocheit nehmen dieses ihren Dieners wahr / welcher uns entweder zum sonderlichen Glük / oder zum grossen Verderben von den Göttern zugeschicket ist. Aber der Königschlug es in den Wind / ohn zweifel aus Gottes fonderbahrer Schickung. Herkules foderte ein neues Speer / und der andere eilete zum Schwertstreite / welches ihm sein Feind doch nicht gönnen wolte / einwendend / es müste vor einer den Sattel räumen / hernach könte das Schwert noch früh genug geblösset werden; muste also dieser wider seinen Dank den andern Rit wagen /welcher ihm so unglüklich geriet / daß er aus gehoben / und auff die Erde geworffen ward / mit solcher gewalt / daß er über und über purzelte; doch erhub er sich / und setzete sich wieder auf / wiewol mit solcher Scham / daß er kaum sehen kunte. Phraortes sagte zu seinem Wettehalter: Den Schwertstreit mögen die Götter und das Glük schlichten / im Stechen aber habe ich schon gewonnen. Ich bekenne es / antwortete dieser / und hätte ich hinter diesem jungen Ritter solche unmenschliche Krafft und Geschikligkeit im rennen nimmermehr gesuchet / welcher ohn zweifel in stechen gar wenige seines gleichen hat / wie auch in der Fechtkunst / aber wie ist eure Liebe doch an diesen Diener gerahten? Er hat sich anfangs bey Mazeus angegeben / antwortete er / uñ ihn wissen lassen / daß er wol gesinnet währe / sich eine zeitlang bey einem Fürsten dieser Länder aufzuhalten / worauf er ihn an mich verwiesen / mich zugleich berichtend / wie er von ihm sehr künstliche Schüsse gesehen hätte. Herkules setzete inzwischen mit entblüssetem Degen auff seinen Feind / und flog daher mit seinem Pferde als in Lüfften / ließ das Schwert drey mahl umb den Kopff kommen / und als er seinem Bestreiter nahete / sagte er zu ihm: Du hochmühtiger Großsprecher / begehrestu annoch meiner drey oder viere? Ich meyne ja / du habest es mit dem Speer erwiesen / daß Maul und Herz nicht eines Fleisches an dir sey; Dieser schämete sich schon des Falles heftig / und machten ihn diese Worte vollend rasend / daß er ohn einiges Wortsprechen Herkules mit solcher Wuht überfiel / als wolte er ihn mit samt dem Rosse übern hauffen werffen / der ihm aber mit guter Vorsichtigkeit begegnete / gebrauchte sich des Schildes / und verseumete nicht /wann er gute und wirkende Schläge austeilen kunte /daß man in kurzer Zeit das Blut von ihm rinnen sahe /und taht überdas sein Pferd einen schli ien Fehltrit /daß es mit ihm übern hauffen fiel. Herkules stieg auch ab / nahete sich zu ihm / da er noch auff der Erden unter dem Pferde lag / und sagte zu ihm:[748]

Sihe mein Kerl / wie leicht würde ich dich abschlachten / wann ich mich meines Rechts un Vortels gebrauchen wolte; Aber damit du sehest / wie wenig mir vor dir grauet / wil ich dich zun Beinen kommen lassen. Dieser hatte sich gleich hiemit loßgerissen /wolte die ihm erzeigete Gütigkeit nicht erkennen /sondern trat mit solchen ungestümen Hieben auff Herkules dar / daß er gezwungen / ihm die ersten Hörner muste ablauffen lassen / gebrauchete sich bald seines Schildes / bald seines geschiklichen ausweichens / biß er sich wol abgearbeitet hatte / da er zu ihm sagete: Hastu nicht bald ausgeraset / du wildes Tihr? griff ihn damit / nicht weniger vorsichtig als ernstlich an / hieb ihm auch in kurzer frist den Schild fast zu stücken /und gab ihm der Wunden so viel / wiewol sie nit tieff durchgingen / daß ihm gleichwol der Harnisch roht gefärbet ward / uñ sich mehr zu schützen / als seinen Feind zuverletzen muste bemühet seyn; welches Herkules merkend / ihm Gnade anbot / uñ zu ihm sagte: Mich ja iert dein Mithrenes / deswegen tuhe mir Abtrag / sonst wird dein Lebẽ bald geendet seyn. Weit gefehlet / antwortete dirser; samlete auch alle Kräfte zusa ien / uñ wolte entweder bald verspielẽ oder gewiñen / dz er auch das übrige seines Schildes von sich warf / uñ dz Schwert mit beydẽ Händen fassete / ob wolte er seinen Feind in der mitte von einand' hauẽ; aber diese rechnung betrog ihn / massen ihm Herkules fein ausweich / uñ nit desto minder seine Nachhiebe i ier zu anbrachte / biß er ihm endlich dẽ Helm gar zerhieb / dz er im vom Kopfe sprang / worauff er zu ihm sagete: Kanstu deine Gefahr noch nicht erkennen / so mustu alles Witzes beraubet seyn; so wiederruffe nun bald deine schmähungen / oder ich werde dich meinem gewesenen allergnädigsten Könige zum Opffer schlachten. Noch wolte sich dieser nicht finden /sondern gab zur Antwort: Nicht du / sondern das Glük / und jener allerschönsten Fräulein Wiederwille hat mich so weit getrieben; aber bistu redlich / so laß uns ohn Harnisch auff Fechter weise auch versuchen /dann ich merke wol / daß deine Waffen durch Zauberkünste unüberwindlich gemacht sind. Daß leugestu Bube / antwortete er / und ob ich dir dein begehren abschlüge / bliebe ich doch wol redlich; doch daß du auch diese Entschuldigung verlierest / sol dir gewilfahret werden; rieff Phraortes Leibdiener herzu / und ließ sich von demselben entwapnen / da Mithrenes ein gleiches verrichtete / und nach abgelegtem Harnisch die Menge seiner untieffen Wundẽ inne ward / unter denen etliche / weil die Blutadern getroffen wahren /sehr bluteten. Der König sahe daß sein Valikules Meister spielete / deßwegen ließ er alles geschehen /und kunte seine unvergleichliche Herzhaftigkeit und wolgeschiktes Gefechte nit gnug rühmen / welches er aber ausser dem Harnische erst recht sehen ließ; dañ da trieb er seinen Feind dergestalt umb / und versetzete ihm so manniche tieffe Wunde / daß der Plaz schlipfrich davon ward / auch der arme Tropff sichs kaum mehr auffrecht halten kunte / daher ihn Herkules abermahl zum Wiederruff ermahnete / aber an dessen stat nur Schmäßungen zur Antwort bekam / worüber er so eiferig ward / dz er zu ihm sagete: Ey so solt und mustu auch die Straffe eines boßhaften Schänders außhalten / wañ dein Kopf auch von Stahl und Eisen währe. Vologeses der jünger sahe / daß es mit seinem Diener am Ende wahr / und baht den König / er möchte / allergnädigstem versprechen nach / den Kampff auffheben; welcher ihm aber antwortete; so müste auch Mithrenes seine lästerhafte Zunge einhalten / und unsern tapfferen Ritter und Diener unbeschimpfet lassen / weil er aber zum Kreuz weder krichen kan noch wil / empfähet er davor billich seine[749] Straffe; ihr aber schicket euch / die verwetteten Gelder außzuzählen. Gleich mit dem Worte führete Herkules einen überaus kräftigen Hieb / welcher in der Luft schallete / damit zerspaltete er seinem Feinde das Häupt / so daß der Hieb durch die Brust / biß fast auff den obersten Magenmund ging / sahe auff gen Himmel / und dankete seinem Gott vor den verliehenen Sieg / legte sein Schwert nieder auff die Erde / uñ neigete sich gegen sein Fräulein; bald setzete er sich vor den König auff die Knie und sagete: Allergnädigster König / euer hohen Königl. Gnade danke ich untertähnigst / wegen gnädigster erläubnis zu diesem Kampfe / und werde hinfüro von diesem hochmühtigen Schänder wol unangefochten bleiben / dessen schlimmes Herz und machtlose Fäuste sich in diesen Streitte gar zu sehr verrahten haben; bitte daneben / es wolle der Durchl. Fürst / Herr Vologeses keine ungnade wegen seines Dieners Tod auff mich werffen /weil derselbe sich selbst des Lebens unwirdig gemacht hat / welches ich ihm zu unterschiedlichen mahlen angebohtẽ. Unterdessen schickete das Fräulein eine ihres Frauenzimmers herunter auff die Streitbahn / welche den König also anredete: Unüberwindligster König / euer Königl. Hocheit demühtigste Herkuliska / bittet untertähnigst / sie verständigen zu lassen / welches Fürsten oder Herrn Diener der entleibete Bösewicht sey / welcher hat zu geben oder gut heissen können / daß ihr Herr Vater höchstmildester gedächtnis von dem Schandmaul durch schmähung seiner Ritter hat müssen gelästert / uñ in seiner Ruhe getadelt werden. Nun hat unser gnädigstes Fräulein Zeit wehrendes Kampffes einen gespañeten Bogen neben sich gehabt / des steifen Vorsatzes / dafern ihr Diener in diesem Streite sich verzagt würde gehalten haben /ihn mit ihrem Pfeil zuerlegen; nachdem er aber den Schänder abgestraffet / ist sie in so weit vergnüget /doch wird ihm Vorbitte vonnöhten seyn / dafern er verzeihung hoffet / dz er den Streit ohn ihr erläubnis angetreten. Sie behält aber auff Königl. Hocheit allergnädigste Einwilligung / ihr die Rache gegen den Herrn des ertödteten Knechts bevor / als an dem sie ihr Leben zu wagen entschlossen / darumb daß er seinem Diener in verachtung ihres H. Vaters hat übersehen wollen / und gelebet der tröstlichen Hoffnung /ihre Hocheit werde ihr nicht mindere Gnade als ihrem Diener wiederfahren lassen / dann sie suchet nichts als einen rechtmässigen Kampff zu Fusse / und fodert hiemit denselben zum Streite aus / wo er sonst so viel herzens hat / sich vor den Streichen ihres Schwertes zu schützen. Der König erschrak der lezten Worte /wuste nicht was er darzu antworten solte / und sagete zu Vologeses; Bemühet euch / mein Oheim / etwa durch Fürst Phraortes oder sonst einen andern meiner Fräulein Hulde zuerlangen / weil kein Mensch in der Welt lebet / umb dessen Willen wir unser verlobetes Fräulein und Königl. Braut zu unwillen reizen werden. Vologeses wahr ein überaus stolzer Mañ / und dem Fräulein ohndaß sehr auffsetzig / weil er ihm die Hoffnung gem acht hatte / der König solte seiner Tochter die Königl. Kron auffgesezt haben; als er nun vernam / daß er noch bey ihr als einer gefangenen umb Gnade anhalten solte / antwortete er dem Könige: Ich bitte untertähnigst / ihre Königl. Hocheit wolle eines gebohrnen Parthischen Fürsten und Königlichen Blutverwanten Wirde und Ansehen allergnädigst betrachten / dann ich wil / als mein geträuer Diener / lieber ehrlich sterben / als spötlich leben; sprang mit dem Worte zur Bühne hinunter / uñ mit seinem Seitengewehr überlieff er Herkules / der Meinung ihm den Kopf zuspalten / hätte auch ohnzweiffel seinen[750] Vorsaz ins Werk gerichtet / wann nicht Herkules ihm außgewichen währe. Ladisla ward dessen inne / drang durch die Zuseher hin / und fassete sein Schwert zur Faust / in willens seinen Herkules zuentsetzen / welchen Vologeses annoch verfolgete / und einen Hieb führete damit er ihm das Häupt abschlagen wolte / der im weichen außglitschete / und langs hin auf den Rücken fiel. Dazumahl wahr Ladisla nicht weit mehr von ihm / meinete nicht anders / als sein allerliebster Freund läge Tod auff dem Plaze / deßwegen er als ein wahnsinniger Vologeses anrieff; Ey du meinäidiger Schelm / überfällestu einen wehrlosen Ritter so bübischer Weise; rante noch immer zu ihm hin / in Meinung / ihn niderzuhauen; aber das Fräulein kam ihm zuvor / fassete den Bogen / und mit einem vergüldeten Pfeil durch borete sie dem Meuchelmörder das Häupt / daß er ungeredet zur Erden fiel / und mit Händen uñ Füssen zappelte / auch bald darauff verschied; Als er aber niderstürzete / uñ ihm dz Schwert aus der Hand fiel / traff es Herkules / und verwundete ihn am Halse zwar gar ein wenig / aber so nahe bey der Luftröhre / daß wo es eines Halmes breit näher kommen / er ohnzweifel des todes hätte sein müssen. Der König hörete den Pfeil zischen / und sahe zugleich Vologeses niderfallen / dessen er höchlich erschrak. Herkules aber machte sich bald von der Erden auff / und lieff ihm das Blut auff der Seiten nider / ging hin zu Ladisla / und hieß ihn / sich geschwinde hinweg machen / damit er aus Gefahr und Gefängnis bliebe; welches er in acht nam / und seine Herberge suchete. Inzwischen erhub sich ein neuer Lermen; dann das Fräulein hatte ihren liebsten Herkules bluten sehen / da er auffgestanden wahr / meinete auch nicht anders / er würde tödlich verwundet seyn /worüber sie in eine harte Ohmacht unter ihres Frauenzimmers Händen nidersank; welches der König ersehend / zu Phraortes sagete: Bald schauet zu / mein Fürst / was dem Fräulein wiederfahren sey / und ob sie noch lebe; im wiedrigen werden wir grausame Straffen ergehen lassen. Herkules sahe und hörete alles mit an / zweiffelte nicht / es würde sein Blut dieses unfalles Ursach seyn / deßwegen er zu Phraortes in geheim sagete: Versichert sie / dz ich nur gar ein wenig durch die blosse Haut verwundet bin. Wol wol / antwortete der Groß Fürst; machet ihr euch aber bald aus dem Staube / umb weiteres Unglük zuverhüten. Hiemit ging Phraortes schleunigst fort / den Königlichen Befehl zuverrichten; er aber stahl sich mit Tyriotes heimlich hinweg / und ließ Pferd / Harnisch und Schwert im stiche / welches ihm doch Gallus bald nachbrachte. So bald das Fräulein / die sich wieder erhohlet hatte / Phraortes auff dem Gange vor sich stehen sahe / sagte sie auff Griechisch zu ihm: Ach mein Vater / bin ich Tod oder lebendig? Lebendig / lebendig / und mit dem geliebeten gesund / ohn daß er ein geringes Schram wündichen von dem nidergefallenen Schwerte am Halse bekommen / ist auch schon in guter sicherheit. Ey wol an / sagte sie / so ergehe es ferner nach Gottes Versehung; saget aber meinem Könige / da meinem Diener einige Gewalt wiederrechtlicher Weise solte angetahn werdẽ / wil ich mich von diesem Gange hinunter stürzen. Gebet euch zu frieden / sagte Phraortes / es wird alles gut werden; ging auch fort hin / dem Könige bericht einzubringen / der sich hoch erfreuete / da er das Fräulein auffrecht stehen /und sich sehr tieff gegen ihn neigen sahe; ward auch von Phraortes auffs neue erquicket / als derselbe ihm der Fräulein Gruß und Liebe (viel anders als er befehlichet wahr) anmeldete / und wie sie / der volstrecketen Rache halben / untertähnigste verzeihung bitten liesse / welche blöß[751] allein zur erhaltung ihres Königes Hocheit von ihr vorgenommen währe / vor dessen Gegenwart sich der Gewalttähter nicht gescheuhet hätte /dero eigenen ritterlichen Diener mördlich ohn alle Ursach zu überfallen; wolte auch ihre Königl. Hocheit wolmeintlich in aller untertähnigkeit erinnert haben /dergleichen freveltahten nimmermehr zugedulden /weil dieselbe dadurch zum allerhöchsten beschimpfet würde. Worauff der König der abgeschikten Jungfer befahl / sie solte dem Fräulein Königliche beharliche Gnade und Liebe anmelden / und daß sie allen unmuht sinken liesse; wegen der verübeten billichen Rache verzeihung zu bitten / währe ein überfluß / und hätte er hundert Oheime und Söhne / die ihm solchen Frevel erwiesen / müsten sie es alle mit dem Leben bezahlen; ihren Diener Valikules betreffend / solte derselbe sich entweder ihrer Gnade oder Straffe unterwerffen / je doch wolte er vor ihn bitten / weil er unschuldig / und zu diesem Kampf bey den Haaren gezogen währe. Das Fräulein wahr der genehmen Antwort froh / weil sie hiedurch Gelegenheit bekam / sich an ihres Herkules Gegenwart zuergetzen / ohn einiges nachdenken ihrer getahnen Verheissung. Er aber ließ sich schleunig verbinden / uñ weil ihm Phraortes botschaft taht / ging er mit dem Seitengewehr hin / gleich da der König auffsitzen / und nach seinem Schlosse fahren wolte / der ihn also anredete: Bald gehe hin mit Fürst Phraortes / die Urtel von dem Fräulein zu empfahen / und da sie dir Gnade erzeigen wird / hastu es unser Vorbitte zu danken. Herkules fiel mit höchster Danksagung vor ihm nider / und gedachte in seinem Herzen / diese Urtel wird mir noch wol zuertragen seyn; verfügete sich auch alsbald mit Phraortes nach der Fräulein Gemach / da sie wegen des Frauenzimmers gegenwart ihn mit ertichteten zornigen Augen ansahe / und er sich grosses schreckens annam / auch den Groß Fürsten und die Anwesenden des Frauenzi iers höchlich bat / eine Vorbitte vor ihn einzulegen; da die abgeschikte / welche schon Bericht getahn hatte / wieder hervor trat / und sie der Vorbitte ihres Königes erinnerte. Worauff sie zu Herkules sagete: Ihr solt meines allergnädigsten Königes Vorbitte genissen / sonst wahr ich willens / euch diesen Pfeil ins Herz zuschiessen. Er kniete vor ihr nider / küssete ihres rockes Saum / und bedankete sich der erteileten Gnade / vorwendend / die einige Ursach seines Kampfes währe seines weiland allergnädigsten Königes verachtung / dessen Ehre zu rächen er nicht umbgang haben können / wolte auch diese Stunde lieber sterben / als dessen Schmähung anhören. Darauff trat Phraortes mit dem Frauenzimmer hinaus; Herkules aber richtete sich bald auf / und an stat er des Rockes Saum geküsset hatte / ward ihm anjezt des Mundes Saum / die korallen-rohte Lippen willig gegöñet / wo durch er überno ien / gleich da sie ihm seine Wunde besichtigte / er sie also anredete: Mein allerwertester Schaz / und einziger vorwurff aller meiner ehrlichen liebes Begierden; traget ihr so grosses Mitleiden mit diesem geringen Wündichen / dessen ich nicht eins empfinde? Lieber verbindet mir ohn ferneres wegern die tieffe unleidliche Herzen-Wunde / welche ihr mit dem Pfeil eurer unvergleichlichen schönheit mir gemachet / uñ betrachtet / bitte ich / daß unsere Liebe nichts ungebührliches vornehmen kan / sintemahl unsere Ehe vor Gott geschlossen ist; solte dann diese meine herzliche Bitte noch nicht haften können / so erinnere ich mein Engelchen der heut früh getahnen Verheissung / daß auff meine erste Wiederkunft auff dieses Gemach / mir meine eheliches Ansuchen solte eingewilliget und zugelassen seyn. Das liebe Fräulein ward mit einer starken[752] Röhte überfallen / dann sie empfand sein inbrünstiges Ansuchen / welches sie noch vordißmahl abzuwenden willens wahr / und fiel ihr doch unmöglich / ihm hart einzureden / antworte ihm deswegen also: O meiner Seelen einige Wollust /lasset uns dem Allerhöchsten danken vor die Gnade /die uns heut durch seinen Schuz begegnet ist / und versichert euch hernach / dz ich mich euch allerdinge zu ehren verpflichtet halte / ihr auch durch eure geträue Nachfolge umb mich wol verdienet / euch in züchtiger ehelicher Liebe als mein Gemahl anzunehmen; aber ich bitte euch höchlich / mässiget vor dißmahl noch eure Begierden / uñ wie ihr aller eurer Feinde überwinder seyd / also überwindet euch selbst; Ihr / ob Gott wil / und sonst kein ander Mensch sol dessen geniessen / was euch schon in kindlichen Jahren verspochen ist / nur / ist es möglich / so lasset ein kurzes auffschieben euch nicht zuwider seyn. Ach meine innige Freude / antwortete er / vielleicht möchte Unglük unsere Beywohnung noch länger verhindern / als wir wissen oder hoffen / und werde ich nicht so bald wieder Gelegenheit haben / mich bey meinem Schatze anzufinden / zugeschweigen / daß sie an allen ihren Verheissungen mich würde zweifeln machen /wann bey der geschehenen ich einen blossen schlagen solte / und mag sie wol trauen / daß dz gar zuhefftige Liebesfeur mich endlich durch ihre Gluk gar verzehren möchte; bedenket es demnach / daß die Ehe ein Christliches Werk / und ein von Gott selbst eingesetzeter Stand ist / darzu wir zwar durch einen Kirchen Lehrer solten eingesegnet werden; weil aber solches an diesem Orte nicht geschehen kan / wollen wir mit einem andächtigen Gebeht umb Glük und Segen bey unserm Gott anhalten / und in Gottes Nahmen unsere Ehe vollstrecken. Das Fräulein sahe schamhafftig vor sich nider / sagte / daß ihr unmöglich währe / seinen Zweifelmuht länger zudulden können / hätte zwar seines vorhabens Auffschub gerne gesehen / biß auff seine glükliche Wiederkunft; weil sie aber ihm als ihrem Ehemahl zugehorsamen schuldig / wolte sie in aller gebührlichen Zucht sich ihm hiemit er geben; traten mit einander vor den Tisch / und gelobeten auffs neue / in Liebe und Leid einer den andern nicht zuverlassen / sondern von diesem Tage an ihre Ehe geschlossen zu halten: Vollzogen also ihre Ehestifftung in Gottesfurcht / und verblieben drey Stunden in dieser Ergezligkeit bey einander / so daß sie meyneten / alles ihr aus gestandenes Leid und Ungemach währe schon gnug ersetzet. Als nun die Zeit des scheidens herzu nahete / redete ihn das Fräulein also an: Mein herzallerliebster Herr und Gemahl /nachdem euch nicht gefällig gewesen ist / eure Braut aus diesem Gefängniß zuführẽ / werdet ihr nicht unterlassen / euer Gemahl / erster Mögligkeit nach / zuhohlen; dann Gott ist mein Zeuge / daß bloß allein /eures Zweifels / und der Liebes- Angst euch zubenehmen / ich in eheliche Vollstreckung eingewilliget habe / damit die furcht / als würde ich mich durch Artabanus Schenkungen blenden und verführen lassen / euer Herz allerdinge verlassen möge. So wil ich nun diesen Abend meine rechtgemeinte Schreiben nach Padua und Prag auffsetzen / die falschen aber vor Morgen nicht verfertigen / ob hiedurch Gelegenheit fallen könte / euch noch eins zusprechen. Unserm verliebeten Herkules gefiel der Anschlag nicht übel / nam herzfreundlichen Abscheid / und in gegenwart des Frauenzimmers sagete er zu Phraortes: Nachdem vor dißmahl von meinem Gn. Frl. ich nicht allein völlige erlassung meines Fehlers / sondern auch zimlichen Unterricht eingenommen habe / was zu Prage sol bestellet werden / haben Ihre Durchl. deswegen nicht länger zuwarten. Es ist mir lieb / sagte der Groß Fürst / dann[753] ich mir anfangs die Gedanken machte / das Fräulein würde euch den Pfeil durchs Herz schiessen /mit so feindlichen Augen empfing sie euch. Sie hat sich Gott Lob ganz geendert / antwortete er / mit gnädigem versprechen / mir stets gewogen zuverbleiben /nach dem Ihrer Gn. ich vollkommenen Bericht hinterbracht habe. Also gingen sie mit einander davon / der Groß Fürst nach dem Schlosse / Herkules aber wolgemuht nach seinem Ladisla / dem er vermeldete / er hätte seinem Fräulein teur versprochen / inwendig halben Jahres frist sie aus dem scheinbaren Gefängniß loßzumachen. König Artabanus wahr inzwischen wegen des Unfalls seines Oheims Vologeses nicht wenig betrübet / weil er aber sahe / daß ihm recht geschehen wahr / und er solche Straffe durch den mördlichen überfall wol verdienet hatte / schlug ers aus dem Sinne / und fragete bey dem Abendmahl / warumb Valikules nit auffwartete / und ob er bey dem Fräulein völlige Verzeihung erlanget. Da ihn Phraortes berichtete / er währe wegen empfangener Wunde etwas unpaß / hätte auch wegen der morgenden Reise zubestellen / sonst hätte anfangs wenig gefehlet / daß er von dem Fräulein auf dem Gemache erschossen währe; so bald sie aber Ihrer Königl. Hocheit vorbitte und gnädigstes begehren verstanden / und Valikules zugleich versprochen / keinen Streit hinfüro ohn ihre ausdrükliche Vergünstigung anzutreten / währe ihm Verzeihung erteilet wordẽ. Artabanus verwunderte sich des überaus grossen und unerschrockenen Gemühts / welches dem Fräulein beywohnete / und sagete: Er wüste nicht / ob etwas göttliches in ihr verborgẽ währe / weil alles ihr so trefflich anstünde / und jeder / der sie sähe / sie zugleich fürchten / lieben und ehren müste. Hernach redete er von Valikules ritterlichem Kampffe / und daß er seiner Dienste in Beschützung seines Königlichen Stuels wol zugebrauchen hoffete / befahl endlich / Phraortes solte ihn morgen zeitig früh mit sich bringen / damit er des folgenden Tages hernach / die Reise fortsetzen könte. Nach gehaltenem Mahle / da sie kaum vom essen auffgestanden wahren / berichtete Phraortes Leibknabe ingeheim / es währen Schreiben von Herr Pharnabazus ankommen / welche er alsbald zu sich nam / und nach Verlesung sich nach Herkules Herberge begab / welcher samt Ladisla ihn freundlich empfing / und leicht schliessen kunte / es müsten wichtige Sachen obhanden seyn / die den Groß Fürsten bey spätem Abend nach ihrer Herberge trieben. Derselbe aber stellete sich frölich / und fing an mit Herkules zuscherzen / da er zu ihm sagte: Mein geliebter Herr Sohn / ich möchte wünschen / daß Eure Liebe so frisch und geherzt bey ihrem Fräulein sich zuhalten wüste / als dieselbe sich heut im Kampff erwiesen; als viel aber seine Geberden anzeigen / deucht mich / er gehe trauriger von ihr / als er zu ihr trit / ohn heut muste er gewißlich eine sonderliche Gunst auf vorhergehenden ertichteten Zorn erhalten haben. Mein Herr Vater hat nit viel geirret / antwortete er / dann ich gestehe / daß durch ihr heutiges versprechen ich nunmehr unser künfftigen Ehe mehr dann zuvor versichert bin / und sehlet an nichts mehr / als an Gelegenheit / sie von hiñen zuführen / welche auszusinnen ich mit allen Kräfften mich bemühen wil / nachdem ich aus des Königes Reden und allen beginnen gnug abnehme / daß mit willen sie zuverlassen er nit wird zubewägen seyn. Der Groß Fürst befand dieses zu seinem Vorhaben sehr dienlich / uñ gab zur Antwort: Ihr meine allerliebsten Freunde / ob ich gleich sie nicht gerne mißtrösten wolte / kan ich doch versichert bejahen / daß Artabanus lieber sein Leben / als das Fräulein verlieren wird; dann so offt ich von ihr komme / fodert er mich allein vor sich / uñ fraget nach[754] allen ihren Geberden und Reden / auch / ob sie sein eingedenke sey / und einige Liebe und Huld merken lasse; ja er lässet sich ungescheuhet vernehmen / es möchte ihm unmöglich fallen / sein Feur noch ein ganzes Jahr zuunterdrücken / aus furcht / es werde sein innerstes Mark verzehren / dessen er doch wenig mehr übrig hat / vermeynet also durch Geschenke sie zubewägẽ /ihr Gelübde zubrechen / und in zeitigere Heyraht einzuwilligen. Zwar ich weiß / wie man ihm den Safft durchs Maul streichen / und nach Willen reden muß /da man in Gnaden bleiben wil / daher ich ihm das Maul weidlich auffsperre / wie inbrünstige Liebe sie zu ihm trage; wie fleissig sie seinem Wolergehen nachfrage; beklage selbst / daß das gar zu harte Gelübde sie hindere / ihm den schuldigen Willen in der Taht darzulegen / hoffe aber / er werde an ihrem Untergange und Verderben keinen Gefallen tragen / welches doch unvermeidlich folgen müste / da ihr vor verlauffener Zeit ichtwas dergleichen solte zugemuhtet werdẽ. Solches und der gleichen habe ich diese Tage vielfältig mit ihm geredet / daß endlich ich diese Frage an ihn abgehen ließ: Wann ihre Verwanten etwa umb ihre Erlösung anhalten würden / ob er sie würde können abfolgen lassen? worüber er sich hefftig erzürnete / und mit scheußlichem Angesicht antwortete: Sein Leben und das Fräulein wären ihm gleiche lieb / wolte auch ehe mit ihr einsam / als ohn sie ein mächtiger König aller Morgenländer seyn. Woraus meine Freunde und Herren Söhne ermässen können / wessen sie sich zu seinem guten Willen zuversehen haben. Hernach zeigete er an / was gestalt Fürst Vologeses der älter von Herkules offentlich über Tische gesagt hätte / es lege unter einer schlechten Decke etwas verborgen / welches grosses Glük oder hartes Unglük bringen würde. Sonst hätte der König befohlen / fleissige Nachfrage zutuhn / wer auff den jüngeren Vologeses mit blossem Degen so unerschrocken zugelauffen währe / und sich nicht gescheuhet hätte / einen so gewaltigen Fürsten anzuruffen; welches ihm aber kein Mensch anzeigen können. Nun so wird ers auch noch zur Zeit nicht erfahren /sagte Ladisla; Daß aber mein Herkules mit Artabanus gutem Willen meine Frl. Schwester nicht überkommen werde / habe ich mir lange schon die Rechnung gemacht; solte sie aber ja auff keine andere weise köñen gerettet werden / werde ich zum wenigsten mittel finden / ihm den Hals zubrechen / es gehe hernach umb mich / wie Gott wil; dann ich habe bey mir selbst einen äid geschworen / daß ich sie ihm zum Gemahl nicht gönnen wolle. Nicht so mein Bruder /sagte Herkules / du solt dich nicht in gewisses Verderben stürzen / sondern wir wollen ohn Lebensgefahr glüklichen fortgang hoffen / habe auch an dem Könige schon so viel gespüret / daß er äussersten Gewalt ihr nicht aufdringen werde / und da ers tähte / würde sie ihn gewißlich des Lebens berauben. Aber mein Herr Vater / sagte er zu Phraortes / wolle uns / bitte ich / anzeigen / warumb dessen Liebe bey so spätem Abend uns in diesem schlechten Hause zubesuchen wirdiget / wovor wir demselben verbunden bleiben. Ihr meine Herren Söhne / antwortete er / die ursach meines unzeitigen besuchens ist eine sehr vertrauliche Heimligkeit / den Zustand aller dieser Morgenländer uñ deren Wolfahrt betreffend / die ich ihnen zuoffenbahren keinen scheuh trage / tuhe solches auch nicht allein aus eigener Bewägung / sondern habe dessen Vollmacht und Befehl von den mächtigsten Fürsten dieser Morgenländer; Erzählete ihnen demnach /was gestalt etliche Fürsten eine beständige Verbündniß unter sich auffgerichtet hätten / des gänzlichen vorhabens / das unleidliche Parthische Joch abzuwerffen / und die Persische uhralte Herschafft[755] auff den alten Fuß zusetzen; dann es hätten die Arsazier ihren wüterischen Hochmuht lange gnug getrieben / uñ könten andere nicht mehr leiden / daß sie als leibeigene Diener solten gedrücket werden / und zwar von denen / welche vor diesem nicht wirdig geachtet worden / in ihre Geselschaft zutreten. Dieser Behuef würde anjezt eine gewaltige Kriegsrüstung angestellet / welches dann so heimlich nicht geschehen mögen /dz nicht etliche Verrähter es dem Könige hinterbracht / er auch selbst deswegen von dem Könige herzu gefodert wahre. Nun hätte er sich zwar in den Bund begeben / aber auff so verborgene weise / daß niemand /ohn ihr Häupt / und Herr Pharnabazus Wissenschafft davon hätten / und weil er versichert währe / daß der König ausser blossem Argwohn von ihm nichts wissen könte / hätte er sich nicht gewegert / anher zukommen. Jedoch seumete sich der König auch nicht /sondern stellete hin und wieder / auch im Römischen Gebiete / Werbungen an / weil er ausser seinen Parthen / anderen Untertahnen wenig trauete; man achtete dessen aber wenig / massen die Verfassung an ihrer seite schon dergestalt beschaffen währe / daß man der Macht des Königes gnug begegnen könte. Daß er nun zu seinem Vorhaben gelangete / so hätte er ein Schreiben von Herr Pharnabazus gleich jetzo bekommen /woraus die ursach seiner Ankunfft leicht zuerkeñen währe; gab ihnen solches zulesen / und lautete dasselbe also:

Dem Durchleuchtigsten / Großmächtigen Fürsten und Herrn / Herrn Phraortes / GroßFürsten in Meden / etc. entbeut Pharnabazus seinen Gruß / und nähst anmeldung untertähniger Dienste / verhält seiner Durchl. er nicht /was massen von bewustem er zu schreiben befehlichet ist / daß nunmehr die Zeit / unsichtbar zuseyn / verflossen /und der Fuchs zum Loche aus muß / nachdem mahl etliche / wiewol nidriges Standes abtrünnige / denen das Häuptwerk unbekant / an gegen seiten so viel anzeige getahn / daß der Wüterich sein bevorstehendes Unglük merket; Nun wird Eure Durchl. des versprechens K. Ladisla und GF. Herkules sich annoch wol erinnern / welches un serm Häupte ich vertraulich hinterbracht / und er dessen hoch erfreuet ist / übersendet auch höchstgedachten Herren etliche Kleinot / freundlich bittend / solche als ein Zeichen eines begierigen Willens anzunehmen / und dafern es denen an ihrem hochlöblichen Vorhaben nicht hinderlich / neben Euer Durchl. eh ist herüber zukommen / damit algemeiner Kriegs Raht gehalten / und dem Werke ein glüklicher Anfang gemacht werden möge; hingegen erbeut man sich / höchst gedachter Herren Vorhaben nicht minder als das Hauptwerk selbst zubefodern /er wartend eh ist Eurer Durchll. ingesamt / genehme Ankunfft / etc.

Ladislanam mit Herkules einen kurzen Abtrit / und sagte zu ihm: Geliebter Bruder / Gott wird uns gewißlich in unserm Vorhaben behülfflich seyn / und deucht mich / wir müssen diese gute Gelegenheit mit beyden Händen ergreiffen / nachdem wir ohn zweifel eines Schutzes werden nöhtig haben / auff den wir uns zihen können. Ich bin deß mit dir eins / antwortete Herkules / aber dieser Fürsten Hülffe wird das Fräulein nit aus dem Schlosse bringen / dann es gehöret zu viel darzu / einen solchen mächtigẽ König aus seinem Stuel zuheben / und diesen unüberwindlichen Ort einzunehmen / welcher umb der herumligenden Berge willen von wenig Menschen kan geschutzet werden; und meynestu / Artabanus werde den Feind biß an die Stadmauren kommen lassen? sihestu nicht / wie allerhand Vorrahe nicht allein an Wehr und Waffen / sondern auch an Speisen und andern nöthigen Sachẽ her ein geschaffet wird / daß man kaum Raum hat auff den Gassen zugehen? Ja wer zweifelt / daß er nicht eh ist sein Kriegs Herr / etliche hundert tausend stark / in Fein des Land führen solte? über das möchte ich diesen König nicht gerne bekriegen helffen / in betrachtung / er mein Fräulein so hoch ehret und liebet / sondern bin willens / vorerst gelegenheit zusuchẽ /[756] sie in güte an ihn zufodern; versaget er mir sie dann / wil ich schon wissen / mich darnach zu richten. Gingen darauff wieder zu dem Groß Fürsten / und erkläreten sich / sie eriñerten sich billich / wie hoch sie ihm und Pharnabazus verpflichtet währen / wolten ihnen demnach sich zu aller Mögligkeit / wie schlecht die auch seyn möchte verbunden haben; daß sie aber der Hochfürstl. Verbündniß sich pflicht-schuldig machen /oder einige gewisse Dienste annehmen solten / würde ihnen / wie anfangs erwähnet / nicht tuhnlich seyn /doch mit äiden der Träuheit sich belegen zulassen /wegerten sie sich nicht / wolten auch dem begehren nach / mit gen Persepolis reisen / mit dem ausdrüklichen Vorbehalt / dz geschehenem verheissen nach /ihnen allemahl freyer Abscheid mit gutem Willen solte zugelassen seyn. Phraortes wahr mit dieser Erklärung wol zufriedẽ / uñ reichete ihnen die übergeschikten Kleinot ein / die sich auff zwo Tonnen Schatz belieffen / und sie dieselben wider ihren Willen annehmen musten; beredeten sich eines Schlusses / und schieden zimlich späte von einander. Des Morgens sehr früh / vor der Sonnen Auffgang / zeigete Herkules seinem Ladisla auff dem Lager an / er befünde ihr vor haben über dir masse verwirret / und /welches noch dz schli ieste / langer Zeit bedürftig; man wolte erst nach Persepolis reisen / von darab dz Frl. von Artabanus gütlich begehrẽ / seiner antwort erwartẽ; auf den fall der verwegerung (welches gewiß erfolgẽ würde) sie zum andernmale ernstlich und unter bedräuung fodern / dem Könige absagen uñ ihm in sein Land fallen / da man wol eine uñ andere Feldschlacht würde zu halten haben (dañ also hatten sie es des vorigen Abends abgeredet); da möchte er nun bedenken / was vor Zeit darzu gehören würde / in betrachtung daß Persepolis in die 70 Meile von Charas abläge / und die Botschaft nicht hin und her fliegen könten. Unmöglich aber währe es ihm / der Fräulein Erlösung so lange auffzuschieben; dann seine allergrösseste Furcht währe / es möchte der König aus liebes Ungeduld dem Fräulein die versprochene Zeit nicht gönnen / wie er dann außdrüklich in Böhmen durch sehr grosse Gelder solches von der Westen Pfaffen zuerkäuffen / den Vorsaz hätte / und das Fräulein nohtwendig einwilligen müste; hierauff trug er ihm seine Meinung vor / welche ihm Ladisla wolgefallen ließ; ging hernach mit des tages Anbruch nach Phraortes / und muste inzwischen Ladisla ein Anfoderungs Schreibẽ an den König / und eines an das Fräulein auffsetzen / als wañ sie schon vor 12 tagen geschrieben währen. So bald Herkules bey dem Groß Fürsten anlangete / erzählete er ihm umbständig / was vor hindernissen ihm ein fallen könten / welche ihn gewißlichen der Zeit / sein Fräulein zuerlösen / berauben würden / und ließ ihn wissen / was gestalt sein Bruder Ladisla gleich jezt ein Anfoderungs Schreiben / als zu Persepolis geschrieben / auffsetzete / welches sein Plautus als ein Abgesanter / geliebts Gott / Morgen nach seinem Abzuge dem Könige einliefern / und umb schleunigste Antwort anhalten solte / demselben möchte er nun von seinen Reutern einen oder etliche zugeben / die ihn des nächsten Weges nach Persepolis brächten / also könten sie fast einen ganzen Monat Zeit gewinnen. Sehr wol getahn / sagte Phraortes /und werden wir gestrigem Königlichen Befehl nach /uns alsbald nach Hofe machen. Als sie sich daselbst einstelleten / wurden sie alsbald vorgefordert / und sagte der König zu Herkules: Mein / wie befindestu dich sider gestrigem Kampfe? wir meinen nicht / daß ein so mächtiger Feind dir jemahls wiederstand gehalten habe / loben aber deine Herzhaftigkeit / und dz du einer so vortreflichen Fräulein Diener zu seyn / dich wirdig erzeiget haft.[757] Allergroßmächtigster König /antwortete er / bey meinem Feinde wahr mehr rasichte wuhr als herzhafte Stärke; es tuht mir aber herzlich leid / daß der teure Fürst Vologeses mich durch unbefugten eure Königl. Hocheit hochverletzenden Eifer überfallen / und darüber sein Leben eingebüsset hat /bitte alleruntertähnigst / mir solches nicht zuzurechnen; erkenne mich sonst viel zu unwirdig ihrer Königl. Hocheit / und dero Durchleuchtigsten Fräulein Knecht und Diener genennet zu werden. Im übrigen bin ich bereit und fertig / auff allergnädigsten Befehl die Reise nach Prag fortzusetzen / so bald das Königl. Fräulein ihre Schreiben wird verfertiget / und was mündlich sol bestellet werden / mir in einem Gedenkzettel zugestellet haben. Er hatte dieses kaum außgeredet / da vermeldete ein Trabant / es wåhre eine Jungfer aus der Königl. Fräulein Zi ier / die begehrete ihre Königl. Hocheit zu sprechen. Sie ward alsbald vorgelassen / und brachte dieses vor: Ihre Königl. Hocheit wird von meinem Gn. Fräulein untertähnigst gegrüsset / lässet nochmahl umb gnädigste verzeihung wegen der an Fürst Vologeses begangenen Taht anhalten / und zugleich demühtigst bitten / deßwegen auff ihren Diener Valikules keine Ungnade zulegen /nachdem sie verstanden / daß ihres ruhmwirdigsten Herr Vaters Königliche Ehr nicht anders / als durch solchen Kampf hat können gerettet werden. So hätte sie ferner gestriges tages mit ihrem Diener wegen der vorgenommenen Reise gerne völlige Abrede genommen / währe aber durch gemühts Verwirrung sehr gehindert worden / welches doch / da ihrer Königl. Hocheit es gefällig diesen Morgen in wenig Stunden könte verrichtet werden. Der König gab zur Antwort: Gehet hin / und neben anmeldung unser Gnade und Hulde / vermeldet unserm unvergleichlichen Schatze /sie habe verzeihung zu begehren keine Ursach / weil sie nichts verbrochen / sondern an unser stat die Rache verübet hat / werdẽ auch ihrem Diener keine Ungnade zu legen / welcher alsbald mit gehen sol /die Schreiben zu empfahen / und satten / so Schrift-als mündlichẽ Unterricht seiner künftigen Verrichtung einzunehmen. Und hörestu es Valikules? mache dich geschwinde hin zu unser geliebeten deiner gnädigsten Fräulein / daselbst gib wol acht was dir anbefohlen wird / und halte dich ihrem Willen allerdinge gemäß; damit auch nichts aus Eile vergessen werde / so bleibe auf ihrem Schlosse / halte daselbst Mahlzeit / und nach verrichtung / mache dich fertig zum morgendẽ Auffbruch. Herkules gedachte in seinem Herzen; angenehmer Befehl kan mir nicht auffgetragen werden; neigete sich tieff / und erboht sich nach äusserstem Vermögen seinen Gehorsam anzuwenden; redete kürzlich mit dem Groß Fürsten ab / daß die gedachte Schreiben von Ladisla in bey der Nahmen unterschrieben / versiegelt / und Plautus zugestellet würden / welcher mit seiner geringen Geselschaft aus einem andern Tohre reiten / und Morgen zum Schloß Tohr wieder herein kommen solte / seine Werbung gebührlich zuverrichten; machte sich alsbald darauff mit der abgeschikten Jungfer und einem Königlichen Auffwarter nach der Fräulein Schlosse / da er sein Gemahl in einer köstlichen Nacht Schaube bey dem Tische sitzend antraff / gleich da sie das Schreiben versigelte /welches sie an ihre Schwester Fr. Sophien zu Padua verfertiget hatte. Da sie nun ihren herzgeliebeten zu ihr hinein treten sahe / überging sie nicht eine geringe Scham / deren sie doch durch freundliches Gespräch bald entnommen ward / da Herkules mit lieblichem umbfahen zu ihr sagete: Mein herzgeliebtes Gemahl /ich stelle mich nach Artabanus Befehl gehorsamst ein /[758] meinem Seelen Schatze inbrünstig diesen ganzen Tag auffzudienen / mit ihrem Frauenzimmer Speise zunehmen / und was zu Prag sol verrichtet werden /wol zu fassen. Sie lachete solcher Königlichen Vergünstigung herzlich / und sagete hernach: Ich bedanke mich gegen meinen allerteuresten Schaz und gebietenden Gemahl / wegen der willigen einstellung / und weil uns so viel Zeit vergönnet ist / werden wir uns desto besser zubedenken habẽ / was verrichtet sol werden; inzwischen wird mein Gemahl die angestrichene Farbe ablegen / damit vordißmahl zu guter lezt / an meines herzergebenen Gemahls freundlichem Angesichte ich mich ergetzen möge. Herkules wahr damit bald fertig / gönneten ihrer ehelichen Liebe alle züchtige Ergezligkeit / und offenbahrete Herkules ihr alles / betreffend die Fürstl. Verbündnis / und was gestalt sie morgendes Tages nach seinem Abzuge an den König solte begehret werden / da er ihr des Briefes Inhalt wissen ließ / und sie darüber hoch erfreuet ward /so daß sie nicht unterlassen kunte / zu ihm zu sagen; es währe ihr herzlich lieb / daß sie in sein eheliches Ansuchen eingewilliget hätte / weil er dadurch zu solchen heilsamen Gedanken gebracht währe / ihre Erlösung zubeschleunigen. Als sie in solcher herzlichen ergezligkeit sich befunden / sagte sie weiter / Gott möchte sie doch gnädiglich bewahren / daß nicht auff diese ihre innigliche und volkommene herzens Vergnügung ein bitteres Unglük erfolgete / wovor sie über alle masse sich fürchtete. Er aber tröstete sie /sie solte dem Allerhöchsten vertrauen / der würde ihnen die Züchtigung nicht über ihr vermögen aufflegẽ / sondern mit ihnen es also schaffen / daß sie es würden ertragen können. Nachgehend zeigete er an /es solte Leches aufs geschwindeste fortreisen / auff dessen Wiederkunft er doch nicht warten / sondern zu rechter Zeit sich anfinden / und dem Könige aufbinden wolte / wie er von des abtrünnigen Phraortes Leuten beraubet / nur sein Leben gerettet hätte. Mir zweiffelt an eurer Treue nicht / antwortete sie / aber auff unsers Gottes Barmherzigkeit und Hülffe wil ich mich verlassen / und ist mir lieb / daß ihr eures Leches erwähnet / dann ich habe mich gegen seinen Vater hoch verpflichtet / bitte demnach / ihr wollet ihm die Handschrift wegẽ der Räuber nidergesetzeten Gelder mit geben / daß er solche einfodere / und mit übernehme / von welchem grossen Schatze ich ihm drey Tonnen Goldes verehren wil. Damit wird er seiner liebsten Libussen gar wilko ien seyn / sagte er /als mit welcher er sich zu Padua ehelich versprochen hat. Mit meiner alleliebesten Trösterin Libussen? antwortete sie: Ey so hat dieselbe noch meinem Willen folge geleistet / welches sie trauen sol zugenissen haben; stund hiemit auff und hohlete aus ihrem Schatze etliche Kleinot auff viel tausend Kronen wert / welche ihr Leches zum Beutpfennige nebest den geschenketen Geldern mit bringen solte. Nach diesen fielen unterschiedliche beredungen vor / und ward des Christlichen Glaubens nicht vergessen; dañ das Fräulein hatte ihr Glaubens Büchlein schon biß zum Ende durch gelesen / wie auch die geschichte von erschaffung der Welt / aus dem ersten Buch Mose / und was sie nicht recht begreiffen kunte / ließ sie sich von Herkules auslegen / womit sie in die zwo Stunden zubrachten. Sie ließ aber nach angelegter Kleidung ihre Hoffmeisterin Fr. Sysigambis zu sich kommen / und zeigete ihr an / daß algemeiner Tisch solte gehalten werden / und würde dieser ihr Diener nach Königlichem Befehl mit ihnen Speise nehmẽ / weil sie noch viel mit ihm abzureden hätte. Dieses ward also zu werk gerichtet / da dañ anfangs das Fräulein sich einer sonderlichen Ernsthaftigkeit annam / welche doch (weil ihr[759] Herz voller Luft und Vergnugung wahr) nicht lange wehrete / und fing sie darauff ihrem Herkules diesen Vorschlag zu tuhn; sie zweifelte nicht / sagte sie / es würde ihr allergnädigster König nach wolverrichteter Reise / auff seine glükliche Wiederkunft ihm eine sonderliche Gnade antuhn / durch schenkung eines treflichen Landgutes oder Herrschaft / und erhöhung zu einem ansehnlichen Königlichen Dienste; sie hingegen wolte ihre Gnade sehen zu lassen / ihm eine Liebste aus diesem ihren Zi ier zu freien / jedoch ihm die freie Wahl lassen / und seiner Braut eine Tonne Schaz zur heimsteuer verehren nebest gnugsamer Kleidung und Ehren Schmuk; solte deßwegen Zeit wehrender Mahlzeit sich unter ihnen umbsehen / und die ihm am besten gefiele / außlesen. Das ganze Frauenzi ier ward dadurch zum gelächter bewäget / aber alle Anwesende Jungfern dergestalt im Herzen gerühret / das sie ihre gewöhnliche Farbe verlohren / dann es wahr keine unter ihnen / die nicht wünschete / durch diese Heyraht beseliget zu werden /daher die eine sich noch freundlicher bezeigete als die ander / und Valiska dessen inniglich lachen muste. Herkules nam es als im rechten ernst auff / bedankete sich anfangs der hohen und unverdieneten Gnade /und hoffete / seine verrichtung dergestalt außzuführen / dz verhoffentlich sein Gn. Fräulein daran ein Vergnügen haben würde; weil dañ dieselbe ihm gleich jezt die allerangenehmste Belohnung gnädigst angebohten hätte / wolte er dasselbe vor seine höchste Glükseligkeit halten / und hätte er bald im eintritte auff dieses Gemach seinem Herzen eine außersehen /mit welcher er zu leben und sterben begehrete; doch bähte er untertähnigst / daß er dieselbe keinem Menschen / als dem Fräulein offenbahren dürfte / auch der geliebeten selber nicht biß er seine Reise geendiget hätte. So seid ihr mit eurer Wahl bald fertig worden /sagte das Fräulein / sehet aber zu und bleibet beständig / damit ihr nicht in deren Orden tretet / welche allenthalben / da sie sich auffhalten / ihre liebsten haben. Davor sorgen eure Gn. nit / antwortete er: Ich wil meiner Außerwählten meine Träue dergestalt versichern / daß nimmermehr keine andere in mein Herz kommen sol. So seid ihr ein redlicher Liebhaber /sagte das Fräulein: Und die anders gesiñet sind / achte ich unwirdig / dz ihr Buhle ihnen Träue beweise. Hilff Gott / Gn. Fräulein / sagete Fr. Sysigambis / so würden hier zu Land sehr wenig / ja kein einiger redlicher Liebhaber seyn / weil einem jeden erläubet ist viel Kebsweiber zu haben. Wer ein Kebsweib hat sagte das Fräulein / der ist seines Eheweibes Liebe nicht wert / doch außgeno ien den einigen König. Nach geendigter Mahlzeit ging das Fräulein mit ihrem Ehe-Schatze wieder nach ihrem eigenen Zimmer / wo selbst sie noch vier Stunden bey einander verblieben /und allerhand liebes unterredung pflogen / biß ihnen Zeit dauchte sich zu scheiden / da sie dann gar traurigen Abscheid nahmen / weil sie nicht eigentlich wusten / ob sie auch Zeit ihres Lebens sich in dieser Welt wiederumb sehen würden; insonderheit vergoß das Fräulein ihre heisse Trähnen / und redete ihn mit diesen Worten an: O ihr meine einige Wollust dieses Lebens / ihr habt nun bey mir erhalten daß in ansehung eures geträuē Herzen / ich in ehelicher Pflicht und Liebe mich euch gegönnet / wie solches dann euch und keinem andern Menschẽ in dieser Welt zu gedacht war. So bedanke ich mich nun anfangs von grund meiner Seele / daß ihr nicht allein in Nachsuchung / sondern auch in bekehrung meiner zu dem wahren Gott / so gar sorgfältig gewesen seid / verspreche daneben vor dem Angesicht Gottes / daß keine Macht noch Schmeicheley mich überwältigen sol / an euch[760] brüchig zu werden / da mir sonsten meiner Hände Freyheit nicht benommen wird; dañ der sol und muß unfehlbar durch mich sterben / wer mir ein solches abzunöhtigen sich untersahen wolte / es gehe auch hernach mit mir / wie es immer wil uñ kan. Seid aber herzfreundlich gebehten / und unterlasset nicht /oft an mich zu schreiben / da ihr durch Unfal euch bald einzustellen soltet verhindert werden; insonderheit bedenket meinen Zustand / und daß vielleicht vor außgang des Jahrs unsere Ehe möchte entdecket werden; da ich nun so lange alhier verbleiben solte / ist ohn mein eriñern leicht zuerachten wie es mir uñ eurem Fleisch und Blute ergehen würde; deßwegen lasset euch kein Ding in der Welt / ausser Gottes gewalt abwendig machen von dem / was mich ausserhalb dieses Schlosses bringen kan; hernach werde ich bestand seyn / des Weges ungemach durch Gottes Hülffe zuerduldẽ. Zwar ich hätte auch meinen herzgeliebten Bruder vor eurer Hinreise gerne gesprochen /jedoch weil es mit fuge nicht geschehẽ kan / muß ich mich gedulden; bringet ihm aber diesen Ring / mir vom Könige selbst geschenket / daß er ihn zum Gedächtnis auffrichtiger Schwesterlicher Träue und Liebe trage / und seid unserm Gott ingesamt zu hundert tausend mahlen. Befohlen / wolte sie hinzu setzen / aber der Zungen bedienung kunte sie sich ferner nicht gebrauchen / deßwegen verrichtete sie das übrige mit freundlichem Kusse / da nachgehends Herkules antwortete: Mein allersüssester Trost und einige ergetzung meines lebens; billig fiele ich in Gottes Zorn und ungnade / wann ich einiges Mißtrauen in eure Zucht und Träue setzete; da ich dann hingegen euch ebenmässiges verheissen / und unbrüchig halten wil; gläubet mir aber / daß ich mir kein Ding in der Welt so viel / als eure Rettung werde lassen angelegen seyn; aber vor ausgang dreyer Monaten dürfte es nicht leicht geschehen können; jedoch / da etwa der Wüterich wegen des Beylagers in euch dringen würde / so lasset michs wissen / wozu ihr eures Timokles werdet zugebrauchen haben. Wir wollen aber mit Gottes Hülffe inwendig solcher Zeit dem Könige dergestalt die Karte vermischen / und seinen Reichs Stand verwirren / daß er mehr dem Kriege als der Liebe nachzudenken Ursach haben sol; sonsten verspreche ich /euch zum wenigsten alle Monat zu schreiben; inzwischen seid dem alwaltigen Schutze des geträuẽ Gottes Herz inbrünstig befohlen / demselben traget Abends und Morgens / ja stündlich euer Anliegen im Gebeht vor / und tröstet euch mit seinem heiligen Worte /dessen ihr schon zu guter Gnüge unterrichtet seid; alsdan wird uns wieder unsern mächtigen Feinden gelingen / daß wir unsere in Gottes Nahmen angefangene Ehe fried- und frölich in gewünschter Ruhe biß ans unvermögliche Alter / wo wir so lange leben sollen /werden fortsetzen köñen. Umfing sie darauff inbrünstig / und schied mit schwerem Unmuht hinweg / dessen er sich doch gegen sie nicht merken ließ; Und hatte sie ihn erinnert / daß Timokles Morgen zeitig früh am gewöhnlichen Orte auffwartete / ob sie vielleicht noch etwas zubestellen hätte / wolte sie ihm solches in einem hohlen Pfeile (deren ihr Herkules 12 zugestellet hatte) zu schiessen. Als Herkules auff dz Königliche Schloß sich verfügete / wahr es kurz vor dem Abendessen / fand Phraortes allein bey dem Könige / welche von seiner fortschickung Unterredung hielten. Er lieferte dem Könige einen offenen Brieff zu lesen / welchen das Fräulein an ihre Fr. Mutter zum Schein / in Lateinischer Sprache geschrieben hatte /welchen der König ihm durch seinen Dolmetscher vorlesen ließ / uñ gefiel ihm dessen Inhalt sehr wol /versiegelte denselbẽ mit seinem grossen Pitschaft /und stellete ihn Herkules wieder zu; er lautete aber also:

[761] Der Großmächtigsten Unüberwindlichsten Fürstin und Frauen / Frauen Hedewig / Königin in Böhmen / gebohrner GroßFürstin aus Teutschland / ihrer herzvielgeliebten Fr. Mutter und Königin / entbeut Herkuliska kindliche Liebe und Träue bevor / etc. Demnach nicht ohn sonderliche Versehung des Himmels / ich euren mütterlichen Händen entraubet / durch viel Gefahr endlich dem Allergroßmächtigsten Unüberwindlichsten Könige Artabanus /algemeinem Beherscher der grossen Morgenländer zugeführet worden bin / hat dessen Königl. Hocheit nach angebohrner höchster Gnade und Güte nicht allein mein Elend zu herzen gefasset / sondern überdas mich unwirdige zu seiner Königl. Braut allergnädigst angenommen /welches überaus hohe Glük euer mütterliches Herz mir ihrer einigen Tochter nicht mißgönnen / sondern mich schleunigst berichten wird / ob Eure Geistligkeit gegen Auszahlung 200000 Kronen mich meines Gelübdes (wie ich gänzlich hoffe) loßsprechen können / damit umb so viel zeitiger meinem allergnädigsten Könige ich möge zugeführet werden. Meinen übrigen Zustand / wird Zeiger dieses / mir von den Göttern zugeschicketer Valikules mit mehrem berichtẽ / welchen meine Fr. Mutter nicht über XXIV Stunden aufhalten / und ihm als mir selbst / Glauben zustellen wolle. Befehle mich hiemit Euer geträuen mütterlichen Hulde / verbleibend / weil ich lebe / Euer Königl. Hocheit untertähnigst-gehorsamste Tochter /Herkuliska die glükselige; und eine solche durch meinen allergnädigsten König Artabanus.

Der König foderte Herkules absonderlich / ihn fragend / ob er noch etwas bey ihm zu werben / von dem Fräulein befehlichet währe. Nein / antwortete er / ohn daß Ihre Durchl. anfangs an mich begehrete / Ihrer Königl. Hocheit ein Hand Brieflein zubringen / darinnen sie umb etliche Gelder / der Geistligkeit in Böhmen vor ihre Lossprechung zuübersenden / anhielt; nachdem aber deroselben ich zuwissen machte / daß ich schon gedoppelt so viel vor mich empfangen /wovon solches wol könte genommen werden / hat ihre Königl. Hochheit sie nicht in weitere Kosten setzen wollen. Ey du einfältiger / sagte Artabanus / meinestu / wir werden zugeben / daß den Göttern unsertwegen von deinem Gelde ein so wichtiges Opfer bereitet werden solte? oder gedenket unser Fräulein / daß unsere Schazkammer umb so geringes Geldes willen in abnehmen gerahten werde? Befahl darauff / daß man ihm noch vier Tonnen Schaz auff Wagen ladete / oder da es füglicher währe / auff Maul Esel / die der Geistligkeit in Böhmen in seinem Nahmen solten geliefert werden / mit dem Erbieten / dafern die Götter hiedurch sich noch nicht wolten versöhnen oder erbitten lassen / die Pfaffen nur getrost von ihm fodern solten /obs gleich etliche Millionen austragen würde. Die 20 Parthische ädle Ritter / welche Herkules als zugeordnete dieser Gesandschafft solten mit gegeben werden /hatten / jeder mit einem Diener sich fertig gemacht zu der morgenden Reise / und befahl der König / Phraortes solte ihnen 200 Pferde zur Begleitung biß an dz Syrische Meer / mit geben; Die freien Reise-Briefe an die Römische Stathalter in Syrien hatte der König selbst verfertigen lassen / und begehrete derselbe eigentlich von Herkules zu wissen / gegen welche Zeit er zu Prage seyn / und mit der Geistligkeit daselbst handeln könte. Dieser merkete die Ursach seines nachfragens / dz er gegen solche Zeit mit dem Beylager fortfahren wolte / und bestimmete ihm 18 Wochen / welches ihn zwar lange däuchte / aber doch daßmahl damit friedlich wahr. Es solte Herkules bey dem Neben Tische Mahlzeit halten / aber auff entschuldigung / daß er und der Groß Fürst gegen die Morgende Reise noch allerhand zubestellen hätten /wurdẽ sie erlassen / und verfügeten sich hin nach Ladisla / der alles gegen den frühzeitigen Aufbruch hatte verfertigen lassen. Sie fodertẽ aber Timokles vor sich / redeten mit ihm alle Notturft ab / uñ ermahnete ihn Herkules mit aller Freundligkeit /[762] in seiner bißher so redlich geleisteten Träue beständig zuverbleiben / deß wolte er ihn höher beseligen / als seine Gedanken noch zur Zeit nicht fassen könten; gab ihm dessen zum Pfande einen köstlichen Ring / und stellete ihm 12000 Kronen Zehrgelder zu; Und wahr trauen nöhtig / daß dieser auff solche weise zur Verschwiegenheit angehalten ward / als welcher alles ihr Vorhaben gar leicht hätte können brechen und zu Wasser machen /worzu er doch zu redlich wahr; aber wie bald hätte ihn Furcht und Geitz einnehmen können; Sihe wann der Anschlag mißglückete / oder man uns auff der Flucht ertappete / wer würde alsdann grausamere Straffe ausstehen müssen / als eben du? hingegen /wann du dich zum Könige verfügest / und ihm die Gefahr offenbarest / wird er dir ohn zweifel eine ganze Herrschaft einräumen / und dich zu seinem Raht annehmen; Solche und dergleichen Gedanken hätten mannichen bewägen sollen / das gewisse vors zweifelhaffte zuwählen / und beyzeiten den Kopff aus der Schlinge zuzihen; aber Timokles wahr der art nicht / sondern erklärete sich äidlich / mit seinem Gn. Fräulein zugenesen und zuverderben. Worauff er von ihnen ernstlich vermahnet ward / nicht so kärglich zuleben / als er biß daher getahn / sondern ohn üppigkeit und Pracht / zwey Pferde und einen Knecht zuhalten / insonderheit gegen seinen Hauswirt und Wirtin /auch Kinder / (deren sie eine zimliche Menge hatten) sich freygebig zuerzeigen / deß würden sie ihm hinwiederumb geträu / und in allem zu willen seyn. Nun hatten sie es Leches noch nicht kund getahn / daß er nach Padua fort solte / wusten auch nit wol / wie sie es mit den XX Zugeordneten und ihren Dienern anschlagen solten. Der Großfürst meynete / man würde sie in Meden alle müssen heimlich nidermachen; Aber Herkules war dawider / sagte / es währen unschuldige Leute / und währe am besten / daß man sie alle in Haft nehme / und sie wol verwahrete / biß nach der Fräulein Erlösung / dann könte man sie ohngefehr lauffen lassen; aber so fest müsten sie gesezt werden /daß sie weder loßbrechen / noch jemand fremdes zu ihnen kommen könte. Darauff ward Leches vorgefodert / welchen Herkules also anredete: Es ist unvonnöhten / mein Freund / euch der Schuldigkeit zuerinnern / damit ihr eurem Könige und dessen Frl. Schwester verbunden seyd / dann eure auffrichtige ritterliche Träue habt ihr dergestalt schon zuerkennen gegeben / dz ihr euch dadurch zweifels-frey gemacht habet. Anjetzo erfodert es hochgedachter eurer Gn. Fräulein Heil und Wolfahrt / daß ihr mit Mardus und anderen Reutern / die euch sollen zugegeben werden /nach Padua / und von dar ab weiter nach Prag zu der Königin reiset / auch auf dem ganzen Hin- und Rükwege euch nichts / als Gottes Allmächtige Hand auff halten lasset. Auf der Reise sollet ihr anfangs in der bekanten Assyrischen Grenze Stad / gegen Einlieferung dieser Handschrifft / einen sehr grossen verpitschierten Schatz an Kleinoten und gemünzetem Golde erheben / und auff Kamele und Maul Esel laden / euch damit nach Damaskus begeben / und von Herrn Sulpitius etliche verwahrete Sachen zu euch nehmen /auch zu Seleuzia ein gleiches verrichten / hernach über Meer nach Padua mit einem eigenen Schiffe segeln / alle Güter (ohn die ich auszeichnen werde) bey H. Fabius nidersetzen / uñ mit schnellen Pferden nach Prag reiten / gewisse Kleinot / Gelder und Briefe dahin zubringen / hernach mit einer guten Anzahl Böhmischer Ritter / so viel Geschwade ihr deren inwendig zween Tagen zusammen bringen könnet /euch von darab nach Persepolis begeben / damit auff allen fall / wir unsere eigene Leute umb uns haben mögen. Auch können zu Padua / weil[763] ihr nach Prage seyd / etliche Fähnlein gute Ritter geworben werden /woran ihr kein Geld sparen sollet. Umb die Vergeltung eurer Mühe seyd unbekümmert / euer Gn. Fräulein selbst hat mir schon eine gute Anzahl Kleinot /die ich euch hiemit einhändige / zugestellet / welche ihr eurer Libussen zum Beutpfennige überbringen /und von den Assyrischen Geldern drey Tonnen Schatz darzu legen sollet. Fr. Brelen sollen auch 100000 Kronen / wegen der mir und dem Fräulein vorgesetzeten Gelder / und Fr. Euphrosynen 60000 Kronen ausgezählet werden. Was ich absonderlich nach Teutschland übergemacht habe / wird die Königin von Prag ab / schon weiter fort schicken. So bedenket nun abends und morgens / daß meiner Frl. Ehr und Leben fast allein auff eurer Eile beruhet / welches euch schon anspornen wird / den Weg ungeseumet fortzusetzen. Leches wuste nicht / wz er vor grösser freude antworten solte / nicht so sehr wegen der überaus grossen Schenkungen / sondern daß er gelegenheit bekam / seiner Obrigkeit behägliche Dienste zu leisten / und überdas noch seine einig-geliebete Libussen zusehẽ; setzete sich deswegen auf ein Knie / küssete Herkules die Hand / und nachdem er ausszustehen befehlichet ward / antwortete er: Durchleuchtigster / GroßFürst /gnädigster Herr / nichts kan mich in dieser Welt höher erfreuen / als daß meinem gnädigsten Könige /dem Durchl. Fräulein / und Euer Durchl. einige angenehme gehorsame Dienste zuerzeigen / ich die gelegenheit bekomme; gelobe demnach bey ritterlichen Ehren / daß ungesäumet Tag und Nacht ich dergestalt eilen wil / daß wo mich Gott nicht verhindert / vor angesetzete Zeit bey Ihrer Gn. ich mich wieder einzustellen hoffe. Die getahne Schenkungen reichen weit über meine Unwirdigkeit / nehme sie doch von wegen meiner Liebesten untertähnigst an / und verbinde Leib und Leben zu ihrer Gnn. Diensten. Es wurden ihm darauff alle auffgesetzte Schreiben eingehändiget /und absonderliche köstliche Kleinot an gute Freunde zu Padua; auch befahl ihm Ladisla ernstlich / von Kajus Fabius Verlust kein Wort zugedenken / sondern daß er nach Persepolis gereiset gewesen / und daher nit hätte schreiben können / auff daß die Freundschafft nicht zu hefftig betrübet würde. Phraortes trug gute Wissenschafft umb Leches bevorstehende Reise / stellete ihm deswegen sonderliche Verehrungen zu / welche er seiner Liebsten mitbringen solte / bestellete ihn zum Obristen zu Roß und Fuß / und gab ihm 50000 Kronen auff die Hand / mit dem versprechen / so bald Arbianes fliegendes Heer gerichtet würde / solte er den Feldmarschalks-Platz dabey haben. Hierauff muste er noch diesen Abend mit allen Schätzen / unter der Begleitung 50 Medischer Reuter / des geradesten Weges nach Assyrien fortgehen / und daß weder der König noch Herkules Zugeordnete daher einigen Argwohn nehmen möchtẽ / zeigete Phraortes ihnen des folgenden Morgens an / es währe zu dem ende geschehen / daß man desto besser forteilen könte / die ledigen Reuter würden ihnen bald nachsetzen. Es ging aber Leches sehr glüklich fort ohn einigen Räuberischen Anfall / bekam in der Assyrischen Grenze Stad die wolverwahreten Güter auff vorgezeigete Handschrifft / seumete sich hernach zu Damaskus und Seleuzia auch nicht / schickete von darab seine Medische Begleitung mit gutẽ Geschenken zurük / und bekam daselbst ein Italiänisches Schiff / auff welchem viel Kauffleute von Ravenna und Padua wahren / ladete seine Schätze darein / und sägelte mit gewünschet-gutem Winde nach Korinth zu. Phraones ging des Morgens nach Leches abzuge /mit Herkules / Ladisla / und den 20 Zugeordneten des geradesten Weges nach Meden /[764] als wann Leches eben denselben Weg genommen hätte / und wurden nach gemachtem Anschlage obgedachte zugeordnete Parther nebest ihren Dienern von Phraortes Reuterey /die noch hundert Mann stark wahr / des dritten Tages nach ihrem Auszuge / auff ihrem Nachtlager gefänglich angenommen / welche an die äuffersten Grenzen des Medischen Landes geschicket / und in fleissiger Huht bewahret wurden; hingegen setzeten Phraortes /Ladisla und Herkules mit ihren wenigen ritterlichen Dienern ihren Weg nach Persepolis fort. Plautus aber kam gegen den Mittag zu Charas wieder an / voller Staub und Koht / ritte in solcher gestalt nach dem Königlichen Schlosse / und ließ sich anmelden als einer /der von fremden und unbekanten Fürsten bey Königl. Hocheit etwas anzubringen hätte / welches auff der eile bestünde. Artabanus ließ in beyseyn Fürst Vologeses und anderer Gewaltigen ihn vorfodern / da er nach geziemender Ehrerbietung also anfing: Eure Königl. Hocheit werden von meinen gnädigsten Herren /dem Erbkönige in Böhmen / Herrn Ladisla / dann auch von dem GroßFürsten aus Teutschland / Herrn Herkules untertähnig gegrüsset / senden Ihrer Hocheit dieses Schreiben / und befehlen sich deren Huld und Gnade. Der König ward dieser Zeitung sehr froh /hieß den Abgesanten mit einer güldenen Kette verehren / und wirdiglich halten / bedankete sich des übergebrachten Grusses / und fragete nach ihrem Wolergehen; welches Plautus mit wenigen beantwortete / uñ daß solches aus dem Schreiben ohn zweifel erhellen würde; welches der König brach / und folgenden Inhalt lase:

Dem Allergroßmächtigsten Unüberwindlichsten Fürsten und Herrn / Herrn Artabanus / der Parther und sämtlichen Morgenländer Könige / wünsthen Ladisla aus Böhmen und Herkules aus Teutschland Glük und Heyl. Demnach unsere hochgeliebte / nach unterscheid / Fräulein Schwester und Wase / Fräulein Herkuliska durch Räuber Hände aus ihrem Vaterlande wieder Recht und billigkeit entführet / und über Meer und Land an diese weitabgelegene Orter fortgeschleppet worden / haben wir allen möglichen Fleiß angewendet / dieselbe auszuspüren / auch nach vielem hin und wieder reisen endlich den gewissen Bericht eingezogen / daß nach außgestandener grosser Mühe und Gefahr sie eurer Königl. Hocheit in Jünglings Gestalt zugestellet sey / jedoch nicht wissen köñen / ob dero Stand und herkommen eurer Hocheit sey zu wissen gemacht; als erachten wir eine Notturft / dieselbe zuberichten / daß sie Königliches Geblütes / und nicht verdiene / als eine gefangene oder Leibeigene gehal ten und versperret zu werden; bitten demnach untertähnig / obgedachte unsere Frl Schwester uñ Wase / nicht allein ihrem Stande gemäß halten zulassen / sondern uns zugleich gnädig wissen zumachen / mit was Lösegelde wir den Schimpff ihrer Gefängnis und Dienst barkeit abwischen / und sie in vorige Freyheit setzen können /damit sie ohn alle Verletzung ihrer Ehren und Zucht /ihrer Fr. Mutter / der herschenden Königin in Böhmen /als eine der Göttin Vesta verlobete / eh ist wieder möge zugeführet werden; zweiffeln nicht / ihre Hocheit werde zu beschützung Königlicher Ehre und ansehens / unserm untertähnigen uñ rechtmässigen ansuchen stat geben /und mit gewünscheter Antwort uns schleunigst erfreuen; solches umb eure Hochett zuverdienen / wir äussersten vermögens wollen verpflichtet seyn / dieselbe dem Alwaltigen Schuz Gottes zu aller Glükseligkeit geträulichst empfelend / als ihrer Königl. Hocheit bereitwilligste gehorsame / Ladisla und Herkules.

Nach verlesung fragete der König den Gesanten /ob er auch ein Schreiben an das Fräulein hätte / und auff bejahung muste ers von sich geben / ungeachtet er einwendete den Befehl zu haben / daß ers dem Fräulein selbst liefern solte. Auch forschete der König / an was Ort und Ende seine Herren Söhne sich auffhielten (dann Ladisla hatte solches aus[765] Vorsaz nicht hinzu gesetzet); worauff er anzeigete / er hätte seine Gnn. Herren zu Susa verlassen / welche aber willens gewesen / des folgenden tages nach Persepolis zu reisen / und daselbst biß auff seine Wiederkunft sich unbekanter weise auffzuhalten. Artabanus ward der Zeitung traurig / dann er wahr willens / ihnen etliche tausend Pferde entgegen zu senden / und sie Königlich einzuhohlen. Er legte es fleissig bey sich über / befand aber nit rahtsam diese Anfoderung dem Fräulein zu entdecken / und trug doch verlangen des andern kleinen Briefleins Inhalt zu wissen / daher er dann Plautus in eine gute Herberge legen / und wol bewirken lies / welcher dann sich bald nach Timokles verfügete / und mit verlangẽ auff seine Abfertigung wartete. Artabanus aber erbrach ihren Brieff und lase folgenden Inhalt: Herzgeliebete Fräulein Schwester; mit freuden haben wir deine Gesundheit erfahren / und daß du mit behalt deiner Ehren zu Charas dem Großmächtigsten Könige Artabanus überliefert bist / welcher seiner hohen Weißheit und Güte nach / mit dir schon wird zugeberden wissen; weil uns nun dein Zustand offenbahr ist /und wir umb deine Erlösung an den grossen König geschrieben haben / auch dessen Hocheit ausser allem zweiffel uns gewierige Antwort geben wird / hoffen wir dich bald zu sehen und mündlich zu sprechen. Inzwischen biß der Obhuet Gottes befohlen / von deinem geträuen Bruder Ladisla / und bereitwilligen Oheim Herkules.

Der König wunderte sich des kalten Briefes / enderte sein vornehmen / und ließ der Fräulein Hoffmeisterin zu sich fodern / deren er das ergangene erzählete / und dz er zugleich ein Brieflein an das Fräulein /jedoch geringes Inhalts empfangen hätte / reichete ihr auch dasselbe / gebührlich einzuliefern. Das Fräulein empfing solches mit ertichteter Fröligkeit / wuste zwar den Inhalt schon / und lase ihn doch gar begierig / daß Sysigambis alles hörete / welche darauff zu sagen sich nie enthalten kunte; das ist trauen ein kaltes Schreiben von einem Bruder und Oheim / welche eure Gn. nicht sonders lieben werden. Geliebte Freundin antwortete sie / ich weiß wol / daß sie mich beyderseits lieben / und bilde mir ein / sie schreiben so schlecht hin / weil sie gedenken daß mirs schli er gehe / als geschihet. Weil sie nun von ihrem Herkules schon unterrichtet wahr / was vor eine Antwort sie darauff geben solte / setzete sie dieselbe geschwinde auff / sendete sie dem Könige alsbald unbeschlossen zu / mit bitte / es mit seinem Pitschaft zu versiegeln /und den Bohlen mit gefälliger Antwort abzufertigen; unterrichtete daneben diese Frau / wessen sie auff befragung sich weiters erklären solte. Dem Könige gefiel das Schreiben über alle masse wol / ließ auch seine Antwort alsbald auffsetzen / damit der Abgesante nicht auffgehalten würde. Er fragete aber fleissig nach / mit was Geberden und bezeigungen das Fräulein die Anfoderung ihres Brudern angehöret. Worauff sie sagte: Nicht anders / als hätte man sie geheissen den Königlichen Schmuk abtuhn / und einen geringen Kittel anlegen; doch entschuldiget sie ihren Bruder und Oheim mit der Unwissenheit ihres jetzigen herlichen Zustandes / und gelebet der festen Zuversicht /sie werden nach dessen erfahrung sich schon eines andern bedenken; solten sie aber über alles verhoffen auff ihrer Meinung fest bestehen / und der König mit beharlicher Liebe ihr gewogen bliebe / wolte sie der ihrigen wenig achten / und auff solchen Fal schon wissen / sich also zuerklären / daß sie zu besseren Gedanken greiffen solten. Artabanus gab zur Antwort; Sie solte das Fräulein seiner beharlichen Gnade versichern / und daß er den ihrigen auffs gnädig-gewogenste antworten / auch solche Verehrungen übermachẽ wolte / woraus sie seine Gnade solten spüren können. Ward auch Plautus des folgenden[766] Tages nach Mittage unter der Begleitung 600 Reuter abgefertiget / welche biß in die lezte Parthische Grenze Stad fortgehen / daselbst mit den Königlichen Geschenken verharren und nicht abzihen solten / biß dieselben abgefodert währen.

GroßFürst Phraortes mit unsern Helden und ihrer kleinen Geselschaft gingen / wie gesagt / von den Medischen Grenzen eilig fort nach Persepolis / kamen daselbst des zwölfften tages nach ihrem außzuge von Charas bey spätem Abend an / und gaben sich vor fremde Ritter aus / welche Lust hätten in Kriegsbestallungen sich gebrauchen zu lassen / deßwegen ihnen eine Herberge angewiesen ward / in welche sie einkehreten / den jungen Fürsten Arbianes und Herrn Mazeus daselbst antraffen / und folgenden Morgen Herrn Pharnabazus zu sich bitten liessen / der sich ihrer Ankunft sehr freuete / und GroßFürst Artaxerxes hefftiges Verlangen nach ihrer Gegenwart / ihnen zu wissen machete / mit vermelden / König Artabanus hätte schon zum andernmahl Schreiben an die ReichsFürsten abgehen lassen / und sie bey Leib und Lebensstraffe nach Hofe gefodert / des ReichsNotturft zuberahtschlagen / mit angehängtem Befehl / da ein oder ander / Krankheit vorwendete / solte er sich dem Brieffebringer zeigen / und an seine stat einen Sohn /mündig oder unmündig / in mangel dessen aber / drey seiner nähesten Anverwanten hinsenden / und solten die Ungehorsamen alsbald vor Auffrührer gehalten und abgestraffet werden. Inzwischen währe aller Mannschaft in Parthen angesagt / sich auff alle Stunden zu Tage und Nacht fertig zu halten / worüber etliche Bundgenossen sehr bestürzt währen / insonderheit / weil die Rede ginge / der Medische GroßFürst hielte es mit dem Könige / hätte demselben ein wunderschönes Fråulein zum Gemahl zugeführet / und würde ihm ein geübetes Kriegsheer von 80000 Mann zu Felde liefern. Phraortes lachete der lezten Rede / uñ begehrete zu wissen / wessen sich die gefoderte Fürsten gegen den König möchten erkläret haben; da er anzeigete / sie hätten alle dem Könige gebührlichen Gehorsam zugeschrieben / und zugleich über die bedrauliche Foderung sich beschweret / als welche ihnen wie der alle Gewohnheit und muhtmassung zukommen währe hoffeten / ihre Hocheit würden alle und jede bey ihren Freyheiten schützen / und vielmehr der såmtlichen Stände Liebe und Zuneigung / als ihre schüchterne Furcht begehren und suchen; insonderheit hätten sie gebehten verständiget zu werdẽ / was die grossen Kriegsrüstungen in Parthen hinter sich hielten; man lebete ja mit den Außländischen Käyser und Königen im Friede / wüsten auch von keinem innerlichen Feinde / so daß ein jeder fast gezwungen / wiedrige Gedanken fassen müste; wollen daher ihre Hocheit untertähnigst erinnern / von etlichen unruhigen Leuten / die etwa des Reichs verderben zu ihrer Auffnahme suchten / sich nicht verleiten / noch wieder geträue Untertahnen anführen zu lassen. Dieses sagte er / ist ohn zweifel / nach genommenem Abscheide /von allen zurük geschrieben; ohn Artaxerxes / als der den König nur auff sich zulocken begehret / hat ihm diese Antwort eingeschicket: Er hätte des Königes der Parther bedrauliches Schreiben mit höchstbestürzetem Gemüht ablesend vernommen / daß er ein GroßFürst der hochädlen Persen bey Leib und Lebens straffe gefodert / nicht eins die Freyheit übrig behielte / sich mit seiner Leibes Schwacheit zu entschuldigen / ja solte einen nichtigen Bohten vor sein Fürstliches Bette treten / oder sich wol gar zu ihm hinaus tragen lassen / welches seiner Fürstl. Würde sehr schimpflich seyn würde; doch hätte er solche Schmach vielleicht noch[767] können erdulden / dem Könige gehorsam zu seyn; aber warumb foderte man seine lieben Kinder? die währe er trauen bedacht / selber in Persischen Sitten zuerzihen. Zwar seine Anverwanten hätte er ersuchet / die Mühe der Reise auff sich zunehmẽ / befünden sich aber dessen beschweret / dafern ihnen nicht gnugsame Geleitsbrieffe zur Sicherheit eingehändiget würden. Schließlich bittet er den König im Schreiben / er möge ihn als einen geträuẽ Knecht des Vaterlandes aus ungleichem Verdacht lassen / und ihm die wahre Ursach seiner grossen Werbungen anzudeuten unbeschweret seyn; die seine betreffend / geschähen sie zu keinem andern Ende / als / entweder dem Könige damit wieder die ReichsFeinde beypflichtig zu seyn / oder dafern das Geschrey etwas hinter sich hätte als wolte der König etliche ReichsFürsten vertreiben / müsse er nach algemeinem Völker Recht seines selbst eigenen Schutzes unvergessen seyn; hoffete doch nicht / daß seine Hocheit belieben trüge / einige innerliche Kriege anzurichten / sondern würde vielmehr sich dahin bearbeiten / daß des ReichsWiederwertige / als Römer oder Skythen / angegriffen und zum bahren gebracht würden; hiemit beföhle er sich des Königes beharlicher Gnade / und verbliebe weil er lebete / des Vaterlandes geträuester Knecht biß in den Tod / als vor welches zu streben er so bereit als schuldig währe. Wie nun diese Antwort wird auffgenommen werden / sagte Pharnabazus weiter / wird die Zeit bald eröffnen / dann wir haben (welches euer Durchl. annoch unbewust) am Königlichen Hofe vertrauete Leute / die uns hievon zeitig gnug berichten sollen; unser höchster Trost nähst der Götter Hülffe / ist / daß wir innerhalb drey Tagen 90000 Mann wol bewehret ins Feld führen / und den Feinden den Kopff bieten können / biß die übrige Hülffe von andern Fürsten herbey gebracht werde. Es sind aber die vereinigte Fürsten / als der Assyrische Herr Pusizes; Hirkanische H. Menapis; Baktrianische H. Eukratides; Susianische / H. Gobares; Margianische / H. Ustazeres; Arische / H. Okbares; und Drangianische H. Tissaphernes inwendig dreyen Tagen alhier angelanget / denen allen noch unwissend ist / daß der Medische GroßFürst den Bund angenommen hat /und zum KriegsRaht hergebehten ist. Es ward vor gut angesehen / daß Pharnabazus dem GFürsten Artaxerxes ihre Ankunft in geheim anmeldete / der sie auff drey Gutschen nach Hofe einhohlen ließ / und ihnen biß in den vordersten Plaz entgegen ging / mehr Ritterlich als Fürstlich gekleidet / ohn dz er fornen am Bunde ein trefliches Kleinot trug. Er empfing sie gar freundlich / und führete sie auff ein absonderliches Gemach / da er anfangs wegen ihrer ankunft sich bedankete / hernach des Parther Königes und seiner vorfahren Grausamkeit anklagete / und dagegen der vereinigten Fürsten unbewäglichen Vorsaz zur erstreitung der Freyheit rühmete / auch / wie überflüssig sie die verabscheidete Geldhülffe herbey gebracht / und die heimlichen Werbungen nach allem Wunsch und über die Zahl fortgesetzet hätten / mangelte also nur bloß an vergleichung der Zeit und des Orts / dz man auff vorher ergehende Absage den Ernst sehen liesse. Ursachen des Krieges dürffte man vom Zaune nicht brechen noch von langen Jahren hervor suchen / die neulichsten Außschreiben führeten derselben mehr als zu viel mit sich. Hernach redete er unsere beyden Helden absonderlich also an: Durchleuchtige Fürsten; der Ruhm eurer beyden treflicher Mannheit / ist mir von unterschiedlichen Orten des Römischen Gebiets zukommen / daher nicht eine geringe Begierde zu dero Kund- und Freundschaft in mir erwecket ist / und[768] hat mich höchst erfreuet / als eurer Lieb den guten Willen / uns im Kriege beyständig zu seyn von meinem Freund und Oheim Pharnabazus verno en habe; bedanke mich demnach ihres günstigen erscheinens /und verspreche denselben nicht allein vor mich / sondern auch von wegen des gesamten HochFürstlichen Bundes / alle Hülffe und Beystand / mit Volk / Gut und Blut / es sey zur errett- oder zur beschützung der ihrigen und ihrer selbst / damit sie ihr hochlöbliches Vorhaben / welches obgedachter mein Oheim mir als einem sicheren Freunde anvertrauet / zum glüklichen Ende bringen mögen. Herkules antwortete hinwieder: Durchleuchtigster Großmächtiger GroßFürst / gnädiger Herr; daß eure Durchl. uns ein so hohes ganz unverdientes Lob zuleget / dienet uns eigentlich zum unfehlbaren Kenzeichen ihrer guten Gewogenheit gegen uns Fremdlinge. Die eigentliche Ursach unser Ankunft ist die hochbegehrete Glükseligkeit / die in ihrer Durchl. Kundschaft wir suchẽ und hoffen / als deren kräftige Mannheit und Tugend uns über vieler anderen dieser grossen Morgenländer zum höchsten gepriesen ist / und aus deren höchstlöblichem vornehmen zum überfluß erscheinet. O wie ein unsterblicher ruhm wird bey den Nachkommen dieser sey / der unverzagte Held Artaxerxes habe daß unerträgliche Parthische Joch gebrochen / und die unleidlichen Bande zurissen / damit alle Morgenländer unverantwortlicher Weise gedrücket uñ gefesselt wahren. Da nun unsere Dienste also möchten beschaffen seyn / durch welche dem HochFürstl. Bunde / und absonderlich ihrer Durchl. einige vergnügung könte geleistet werden /solte darinnen unsers selbst eigenen Wunsches erfüllung bestehen. Im übrigen nehmen wir dero hohes Erbieten mit gebührlicher Dankbarkeit an / welches uns auffmuntern wird / alles dasselbe vorzunehmen / was von unser Wenigkeit kan verrichtet / und dem HochFürstlichen Bunde zu Dienst und auffnahme geleistet werden. Artaxerxes sahe unsern Herkules zeitwehrender Rede mit starren Augen an / und weil er der Sterne-Kunst wol erfahren / auch aus den Zügen und Zeichen des Angesichts / von unterscheid der GeburtsArten und ihren eigenschaften / geneigenheiten und enderungen nachsinlich urteilen kunte / befand er aus allen gleichstimmenden Zeichen / daß ein sonderlicher Geist in ihm währe; dieses aber wunderte ihm am meisten / daß derselbe einem so überaus schönen Leibe eingegossen wahr / welcher alle Anseher beliebet und ehrerbietig machen kunte. Er gab ihnẽ aber diese wiederantwort: Ihr meine hochwerte wahre Freunde / des beschehenen Erbietens bedanke ich mich von Herzen / werde mich auch befleissigen ein redliches freundwilliges Gemüht / als viel mir der Himmel verleihen wird / in der Taht zuerweisen; bitte / es wollen eure Liebden mich in ihrer Freunde Zahl auffnehmen / und unter dieselben rechnen / welche ihnen mit alle ihrem Vermögen ergeben sind; und weil morgendes tages gemeiner Kriegsraht berahmet ist / werden eure Liebden sich unbeschwert finden lassen / mit den versamleten Fürsten auff angestelleter Gästerey heut diesen Tag Kundschaft zu machen / und dahin bedacht zu seyn / wie unserm Vorhaben ein glůklicher Anfang könne gemacht werden. Ladisla antwortete hierauff: Durchl. GroßFürst / eure Liebe erbeut sich gegen uns bißher unbekante gar zu milde; jedoch gibt dieselbe uns hiemit anlaß / alle Kräfte anzuwenden / ob wir Mittel und Wege finden möchten /dem gemeinen Wesen nüzlich zu seyn; welches vor dißmahl sehen zu lassen / ich mich anerbiete / dem Kriege mit meiner Faust und absonderlichem Kampffe den Anfang zu geben / dafern von den HochFürstlichẽ[769] Bundsverwanten mir ein solches kan erlaubet werden / in dem ich willens bin / an den König selbst oder einen seiner mannlichsten KriegsObristen und Fürsten Streits zubegehren / umb daß er meine Fräulein Schwester nicht aus eigener Bewägnis / wie einem Könige gebühren wolte / auff freien Fuß stellet. Artaxerxes nam dieses Erbieten mit Dank an / zweiffelte auch am glüklichen Siege nicht / weil er seiner Mannheit gute Kundschaft hatte. Phraortes aber versicherte sie / König Artabanus würde / angesehen seines Hochmuhts und Alters / den Streit weder vor sein eigen Häupt / noch durch einen andern gnug-wirdigen Fůrsten annehmen / ob er wol in seiner Jugend mit Waffen nicht ungeschikt währe umbgangen; uñ hätte er unterschiedlichemahl aus seinem Munde gehöret /daß er gewünschet / mit dem Römischen Käyser ein Handgemenge anzutreten / dañ derselbe allein währe seines gleichen / andere aber seines Schwerts unwirdig. Unter wehrendem Gespräch ging Arbianes auff seines Herrn VatersGeheiß hin / die versamleten Fürsten auff ihrem Gemache zu grüssen / uñ seine An kunft ihnen wissen zu machen: die dessen höchlich erfreuet wurden / und ward ihnen der schwerste Stein /sonderlich dem Assyrischen und Hirkanischen Fürsten vom Herzen gewalzet / weil sie diesen mächtigen Nachbar / da er vor den König stehen würde nicht wenig fürchteten / nunmehr aber leichtlich schliessen kunten / er müste des gemeinen Wesens sich mit annehmen. Bald stelleten sich unsere Helden bey dieser Fürstlichen Geselschaft ein / und ward Ladisla von Artaxerxes / Herkules aber von Phraortes begleitet; sie grüsseten die Anwesenden höflich / und bahten zugleich um Vergebung / daß auff des Persisches GroßFürsten Durchl. nöhtigen / sie bey so hochfürstlicher Versamlung sich finden liessen; welches dieselben zwar nicht unfreundlich / aber doch nicht als gegen ihres gleichen / beantworteten biß sie die grosse Ehrerbietigkeit sahen / die ihnen von Artaxerxes und Phraortes angetahn ward; daher Fürst Pusizes aus Assyrien zu Fürst Gobares aus Susiana sagete: Gewißlich werden diese junge Fürsten von sehr hohem Stande seyn / daß ihnen solche Ehr angebohten wird /welche man sonst ihrer Jugend halber ihnen nicht schuldig währe / als die durch grosse Tahten es noch nicht verdienen köñen. Gobares / der ohndaß allen Außländischen gehässig wahr / antwortete ihm: Eure Liebe sehen / daß man zierliche Blumen mehr umb der Farbe willen / als wegen ihrer Kraft / auff güldene Gefässe stellet / und däucht mich der eine einem Weibe ähnlicher als einem Mañe seyn; ja wer weiß ob er nicht unter dieser ertichteten Kleidung des andern Beyschläfferin ist? doch sey ihm / wie es wolle so werde ich doch Gelegenheit finden / ein Kurzweilichen mit ihnen anzustimmen. Ich weiß von ihnen weder gutes noch böses zu sagen / antwortete Pusizes / nach dem ihr Leben und Wandel mir allerdinge unbekant ist / doch zeigen ihre Geberden durchaus keine niderträchtige Gemühter an / daher eure Liebe sich mässigen werdẽ / welche wolgemeinete Vermahnung eure Liebe mir nicht verargen wolle. Artaxerxes fing inzwischen an / die Versamlung also anzureden: Durchleuchtige Hochgebohrne Fürsten / Oheimbe und Freunde; daß gegenwärtige beyde Durchleuchtigste Fürsten uñ ruhmwirdige Helden / mich alhier zubesuchen gewirdiget / rechne ich unter meine Glükseligkeitẽ / dessen ihre Liebden ingesamt sich wol versichern mögen / bitte demnach / mir die Freundschaft zuerzeigen / und ihnen helffen gutlich tuhn / damit sie dereins in ihren Königreichen und GroßFürstentühmen der Morgenländischen Fürsten freundwilligkeit zu rühmen Ursach[770] haben mögen. Herkules und Ladisla entschuldigten sich / mit Bitte /sie mit so unerträglicher Ehren-Last nicht zuerdrücken / nachdem sie dieser örter sich nicht anders als umschweiffende Ritter zuhalten bedacht währen; könte auch hiedurch einer oder ander leicht beleidiget werden / wann sie als junge Leute und Fremdlinge /die in diesen Ländern keinen Fußbreit eigenes hätten /sich so mächtigen Fürsten gleich halten lassen wolten. Fürst Pusizes kennete Artaxerxes Gemüht sehr wol /und daß seine Gewohnheit nicht wahr / unwirdige zuerheben / viel weniger jemand ins Gesicht zuloben /und durch Schmeicheley sich beliebt zumachen / dann er wahr in Waffen und ritterlichen übungen so erfahren / daß ihm in den Morgenländern sehr wenig gleicheten; kunte demnach nicht ersiñen / wer diese immermehr seyn möchten / denen er den Helden-Nahmen zuwendete / und weil er der älteste von den versamleten Fürsten / ein Herr von 72 Jahren wahr / antwortete er kürzlich: Es müssen ihrer keinem dieselben unangenehm seyn / denen seine Liebe ein solches Zeugniß ihrer Tapfferkeit uñ hohen Verstandes mitteilete. Als nun jederman hierauff schwieg / fing Arbianes an zu seinem Herr Vater: Er hätte ihm vorgeno en / eine kindliche Bitte an seine väterliche Gn. in dieser Hochfürstl. Versamlung abzulegen / der Hoffnung / da derselbe sich darüber etwas beschweret befünde / würden seine Gnn. Oheimbe und Fürsten ihm ein Wort zum besten verleihen. Der Vater antwortete lachend: Bin ich dir dann so hart zu / daß du dein Anliegen mir sonst nicht offenbahren darffst? Solches nicht / Gn. Herr Vater / sagte er / nur daß ichs alhie desto leichter zuerhalten gedenke / und ist dieses mein kindliches ansuchen / daß Eure Gn. mir erläuben wollen / da etwa eine Kriegsempörung / wie sichs ansehen lässet / entstehen solte / ich unter dem unvergleichlichen Helde / GroßFürst Herkules / reiten / und von dessen Durchl. erlernen möge / was inkünfftig mir zu Preiß und Ehren dienen kan. Hochgebohrner Fürst / fiel ihm Herkules in die Rede / ich würde gewißlich dieses Gemach nicht betreten haben / dafern ich hätte wissen sollen / daß wegen Ihrer Liebe gar zu verdächtiger Zuneigungs-Rede ich alhie so schamroht stehen muß. Phraortes sahe / daß er schier unwillig worden währe / fiel ihm deswegen mit halblachenden Worten ein / und sagete: Eure Liebe wollen meinem Sohn des anmuhtens verzeihen / dann als viel ich merke / ist er bedacht / hinter einem guten Schutze sich zuverbergen; Was könte mir aber vor grössere Freude begegnen / als wann ich sehen solte / daß er ungefärbeter Tugend zufolgen / sich befliesse. Aber /sagte er zu seinem Sohn / du bittest von mir / dessen ich nicht bemächtiget bin / uñ wirst es bey dem suchen müssen / der dir solches leisten kan. Mein Herr Vater / antwortete Arbianes / ich kenne den Durchl. GroßFürsten / Herrn Herkules nunmehr so viel / daß seine Liebe mir keine Mögligkeit versaget / auch meine unhöfliche Verwågenheit mir gerne zu gute hält. Ja / sagte der Vater / vielleicht triegestu dich auff seine Mildigkeit zuviel; aber auff solche weise werden unhöfliche nur frecher gemacht; wil demnach vielmehr bey seiner Liebe anhalten / dir nicht in allem so willig zuerscheinen / dann bey jedweden würdestu es schwerlich treffen. Ich hoffe / sagte Arbianes / meine Jugend werde des Frevels Vorsprach bey seiner Durchl. seyn. Es wahr Herkules dieses Gespräch über alle masse zuwider / durffte sich doch keines Widerwillen merken lassen / und gab dem jungen Fürsten zur Antwort: Ich habe von Euer Liebe weder Unhöfligkeit noch Frevel je gehöret / und ist mir lieb / daß dieselbe auff ihre Jugend sich beruffet / als wodurch ich gleicherweise bey alten und verständigen um verzeihung[771] zubitten pflege / und wir also in dieser Schuele auff einer Bank neben einander sitzen / daher ich mich dessen festiglich versehe / Eure Liebe hinfüro mit übermachten Ehrenbenahmungen mein verschonen werden; im übrigen trauen mir dieselbe / daß ich mir selbsten wünsche / neben ihr zugleich den ritterlichen übungen nachzusetzen / und wir einander zur Tugend reizen mögen / gelebe auch der Hoffnung / Euer Liebe Herr Vater / und sie imgleichen / mir solches nicht versagen werden. Die anwesende erkenneten aus dieser demühtigen Rede seine Tugend / ohn allein Gobares trieb seinen Spot daraus / daß er endlich zu Fürst Pusizes sagete / der ihm sehr nahe verschwägert wahr: Dieser Jüngling suchet durch niderträchtige Reden ein sonderliches Lob / welches des unverschämten Ehrgeitzes höchste Stuhffe ist; Aber dieser alte verständige Fürst taht als hörete ers nicht /und weil es zeit wahr sich zu Tische zusetzen / nöhtigte Artaxerxes diesen Fürsten / die Oberstelle zunehmẽ / dem er Ladisla allernähest setzete / welcher sich zwar mit Phraortes fast umtrieb / und doch wider seinen Willen folge leisten muste / dessen er alle anwesende umb Verzeihung baht. Nach Phraortes ward Herkules gesetzet / dem Gobares folgen solte / hielt sich aber zu stolz / und wählete ihm selbst die stelle vor dem Tische / allernähst bey Pusizes / gegen Phraortes über / dessen Artaxerxes und andere mehr übel zufrieden wahren. Der Hirkaner Fürst aber folgete Herkules / auff welchen er eine sonderliche Gewogenheit geworffen hatte / und im nidersitzen sagte er zu ihm: Ich werde mich der Kühnheit gebrauchen / mich bey ihrer Liebe niderzulassen / umb zu besserer Kundschafft gelegenheit zubekommen. Meine Unwirdigkeit / hier zusitzen / antwortete er / bekenne ich willig / bitte daher / niemand hierüber einigen Haß auff mich werffen wolle / weil ich gezwungen unhöflich seyn muß. Gobares machte ihm die Gedanken / es würde seinet wegen geredet / und fassete einen solchen Groll wider ihn / daß er ihm nach dem Leben zutrachten bedacht wahr / da hingegen Herkules ihm gute Neigung zuwendete. Bey der Mahlzeit ward keiner wichtigen Händel gedacht / ohn daß zuzeiten Königes Artabanus meldung geschahe / dessen Grausamkeit / und bißher mannigfaltige / auch zeitwehrender erster Ehe / verübete Unzucht niemand besser als dem Hirkaner Fürsten bewust wahr; Erzählete demnach /wie zeit seiner ersten blühenden Jugend kein redlicher Mann sein Weib oder (offtmahl noch unmanbahre) Tochter hätte schützen mögen; Das årgeste aber währe gewesen / daß nach deren Mißbrauch und büssung seiner Lust / er seinen Leibdienern gleichen Mutwillen gegönnet / ja sie offt darzu gezwungen /und hernach alles selbst ausgebreitet hätte / daher es ihn groß wunder nähme / wie er sich des eingesperreten Fräuleins enthalten könte / deren Schönheit überall vor ganz vollkommen / und als unvergleichlich gepreiset würde / und man daneben berichtete / sie ihn dergestalt zuzwingen wüste / daß er nicht eins auff ihr Schloß zu ihr kommen dürffte / sondern sie liesse sich nur von ihm auff den hohen Umgängen / und zwar wunderselten / von ferne / mit verdecketem Angesicht beschauen. Herkules antwortete ihm: Das Fräulein betreffend / weiß ich vor gewiß / daß sie ehe eines grausamen Todes sterben / als in seinen unzüchtigen Willen gehehlen wird / dañ ihr Herz und Muht hasset nichts so sehr / als Unkeuscheit. Fürst Pusizes fragete ihn / ob er dieser Fräulein Kundschaft hätte / und vernam unvermuhtlich / daß sie ihrer beyder Schwester und Wase währe / und sie ausdrüklich umb ihrer Erlösung willen sich aus ihrem Vaterlande auff die Reise begeben hätten / des gänzlichen vorhabens /diese Länder nicht zuräumen /[772] ehe und bevor sie dieses Königliche Fräulein in vorige Freyheit ungeschändet gesetzet hätten / oder der Wůterich müsse sein Leben davor lassen. Weil nun Pusizes gute Wissenschafft umb des Königes Frevel trug / antwortete er: Dieses dürffte schwer zugehen; dann ist sie der Vollkommenheit / wie das Geschrey einmühtig zustimmet / und er seine ehmahlige Begierden nicht ausgezogen hat / wird er sie zu seinem Willen zubringen / ihm äusserst lassen angelegen seyn / solte es auch durch einen unverschämten Nohtzwang geschehen. Darzu wird es ob Gott wil nicht kommen / sagte Ladisla / ob ers gleich durch eheliche Liebe und Vermählung suchte / es geschehe dann mit ihrer nähesten Anverwanten bewilligung; nachdemmahl in meinem Vaterlande nicht sitte ist / dz eine Tochter vor sich selbst zur Ehe greiffet; wil auch lieber ihres Todes / als dieses Beylagers verständiget seyn / dessen sie schon zur gnüge berichtet ist / zweifele doch nicht / Gott werde sie vor beyderley unfal gnädig schützen.

Nachgehends ward mannicherley auff die Bahn gebracht / und fingen die Morgenländische Fürsten ein Gespräch über dieser Frage an: Was die beste Art seyn würde / die nöhtige Kosten zu der Völker Unterhaltung herbeyzuschaffen; welches dem Susianer nicht gefallen wolte / dañ er wuste schon / daß der Ausschlag nach seinem Willen nicht fallen würde. Aber Artaxerxes hatte diese Beredung mit fleiß angezettelt / umb diesen von seinem ungebührlichen Vornehmen abzubringen; Welches desto füglicher ins werk zurichten / er den Assyrischen Fürsten / Herrn Pusizes / und den Hirkanischen / Herrn Menapis ersuchete / in ihrer wol- und nüzlich-angefangenen Rede fortzufahren / also / daß ein jeder seine Meynung nach Mögligkeit zubehaupten / ihm liesse angelegen seyn. Weil dann der fromme Hirkanische Fürst wol wuste /dz etliche ihrer Verbündnis / insonderheit Gobares /aus ihren Schatzkammern nicht gerne viel entrahten wolten / und er doch deren Meynung; nicht zugetahn wahr / wolte er dannoch dieselbe zu handhaben sich unterstehen / nicht zweifelnd / Fürst Pusizes würde schon wissen / ihm mit gebührlicher Antwort zu begegnen; fing demnach also an: Ihr Durchleuchtigste Fürsten und geträue Väter des Vaterlandes; Zu was ende vor dißmahl unsere Zusammenkunfft angesehen sey / werden wir zu bequemer Zeit zuüberlegen haben. Vor dißmahl / umb / nebest Vertreibung der Zeit / auch etwas nüzliches zubetrachten / tuhn wir recht und wol / die von unserm erwähleten wirdigen Häupte / GroßFürst Artaxerxes erwähnete Frage in etwas zubeherzigen; massen kein vernünfftiger Fürst so unvernünfftig verfahren wird / einen Krieg anzufahen / ehe und bevor er auff die Mittel zu dessen Unterhalt- und Fortsetzung ist bedacht gewesen. Den Krieg / wie ich vor dißmahl ausser zweifel setzen wil / halten wir vor beschlossen / und tähten wirs nicht /würde man uns zu Charas mit EselsOhren und NarrenSchellen abmahlen / und zwar nicht unbillig / welches aber hieher nicht gehöret. Ist dann der Krieg beschlossen / und ein solcher / dessen Endschafft sich nicht in wenig Monaten / sondern etlichen Jahren erst finden dürffte; So wird dieses eine allerdinge nöhtige Frage seyn / woher die Mittel / denselben an unser seite gebührlich zu unterhalten / sollen genommen werden. Nun sind sie schon da / ihr meine Herren /und dürffen nicht erst in der ferne gesucht werden; nur allein müssen wir die gütigen Gotter anruffen / daß sie uns ins Herz geben / die zuträglichsten zuwählen. Wolte dann jemand fragen / wie mannicherley arten sich finden? so spreche ich: Wir müssen entweder solche Mittel von andern hohen Häuptern erborgen / und sie hernähst wieder bezahlen / oder sonst gut machen;[773] oder wir müssen sie aus Feindes Landen hohlen; oder sie durch ungewöhnliche schwere Schatzungen von unsern Untertahnen erzwingen; oder endlich müssen wir sie aus unsern Schatzkammern und andern gemeinen Auffkünfften nehmen. Aus diesen vier Mitteln werden wir nohtwendig eines oder anders wählen. Das erste / weiß ich schon / wird unser keinem anstehen; dann wo sind diese grosse Fürsten / die uns so viel hundert Toñen Schatz aufs ungewisse vorschiessen woltẽ? da wir auf den fall des unterligens alles dz unsere würdẽ verlauffen müssen; uñ die wir um solchen Vorschub woltẽ begrüssen / dürfften entweder ein sicheres Pfand fodern / oder mit hönischer antwort uns abweisen: wer ein Haus bauen oder kauffen wolte / müste Geld wissen. Doch den Göttern sey dank / wir sind auch nit so dürfftig / sondern da wirs recht angreiffen / reich und mächtig gnug vor uns selbst / unsere Macht auff festem fusse zuerhaltẽ. Aber wie dann? möchte jemand fragen. Ists nit der beste Vorter / dz man die Völker aus Feindes Landen erhalte? ja freilich / wans sicher und mit fuge geschehẽ kan; wil auch der hoffnung geleben / es solle uns dieses endlich nit fehlẽ; aber ihr meine Herren / werden wir dann bald anfangs unsere Befehle an Feindes Untertahnen können lassen abgehen / und auf unsere Völker den Unterhalt einfodern? Es bedarff keines nachfragens / was vor Antwort man uns geben würde: Alles was in Parthen und anderen des Wüterichs Landschaften ein Gewehr zücken kan / würde einmühtig auff seyn / und von uns mit schweren Zinsen hohlen / was wir von ihnen fodern wolten. Müssen derwegen dieses Mittel biß zur gelegenen Zeit außsetzen / ja wo möglich / allen Parthischen Untertahnen einbilden / wir seyn nicht zu ihrem verderben / noch einiger beschwerung / sondern zu ihrer Erlösung verhanden / sie neben uns zuschützen und in die gewünschete Freyheit zusetzen; alsdañ werden sie entweder sich zu uns schlagen / oder auffs wenigste / unserm Vorhaben nicht so gar heftig zuwieder seyn. Bleibet demnach übrig / es müssen die Gelder und unterhaltungs Mittel des bevorstehenden Krieges / von uns selbst / und in unsern Ländern auffgebracht werden. Nur mus endlich der Schluß gesetzet werden / auff was Weise; dann hier hier sitzet der rechte Knoden. Zwar wann ein jeder unter uns den Vorraht seiner Schazka er ungemindert erhalten / und noch wol die künftigen Landes auffkünfte verwarlich beylegen könte / wehre wol eingewünschtes tuhn / und dahin werden vielleicht andere mehr mit mir stimmen. Dañ sehet / Durchl. Fürsten / weil man nicht errahten kan / wie unser Vorhaben ablauffen werde / hätte ein jeder auff allen Nohtfal eine statliche Baarschaft / damit er sich mit Weib und Kind in des Römischen Käysers Gebiet verfügen / und Lebensmittel auff Kindes Kinder haben und behalten könte. Doch diesen Unglüksfall außgesezt; wird uns dannoch das sicherste seyn / daß wir unsere Schazkammer anfangs verschonen / und unsere Fürstliche Einnahme an uns halten / im Fall der Noht uns damit von neuen zu rüsten / wann es zu erst nicht glücken würde. So ist ja unser Krieg den Untertahnen zum besten angesehen / das unerträgliche Joch des Parthischen Wüterichs von ihnen abzuwenden; wie solten sie dann dem Kriegsheer nicht unterhalt schaffen / welches ihnen zum besten gehalten wird? Es ist kein ädler Kleinot über die Freiheit / darein wir sie zu setzen bemühet sind; ists dañ ein grosses / ob sie zu deren befoderung einen Teil ihrer Güter einbüssen? So ist es ja leichter / den Krieg aus vielen / als aus wenig Beuteln zu unterhalten; Und was kans groß machen / ob Bürger und Bauer / ja auch wol der Adel ihre Baarschaften müssen[774] herschiessen? Es ist trauen weder rahtsam noch uns Fürsten ersprießlich / daß unsere Untertahnen Reichtuhm besitzen / und wir dagegen umb unsern Schaz kommen. Dann was achten reiche Untertahnen ihre arme nohtleidende Obrigkeit? und ey wie schön stehets /wañ der Fürst ein Pferd reitet von etwa 100 Kronen /und sein Untertahn auff statlichen Gutschen mit sechs oder acht Hengsten herein pranget. Geschiehets nicht gemeinlich / das Untertahnen durch überflus nur stolz / und ihrer Obrigkeit ungehorsam werden / daß sie wol gar mit ihnen sich dürffen ins Recht legen / oder hefftige Kriege führen? welcher Muht ihnen bald entsinket / wañ ihnen die Schmalzfedern geropfet sind /und man solcher Boßheit frühzeitigen Eingriff tuht; welches nicht besser noch füglicher geschehen mag /als wañ man sie durch armut demühtiget / oder doch ihnen des überflusses und Reichtuhms nicht zu viel gönnet. Wolte mir aber jemand einwerffen / es würde das Land dadurch außgesogen und kraftloß gemacht /so halte ich solche Furcht vergebens seyn. Dann des Fürsten Schazkammer ist des Landes Reichtuhm / und sind die Untertahnen nicht so leicht zuerschöpfen / ob sie gleich alle ihre Baarschaft herzugeben genöhtiget würden; sie sind füglich einem MeelSak zuvergleichen / je mehr man den schläget / je mehr Meel heraus stiebet; und lehrets uns die Erfahrung / daß die Untertahnen alsdann der Nahrung am fleissigsten nachtrachten / und der Sparsamkeit sich befleissigen /wann ihnen von der Obrigkeit eine Schatzung über die andere angesaget wird. Zu geschweigen / daß man ihnen dadurch zugleich die Ursach und Gelegenheit zum quaas und fraas entzeuhet / und der Obrigkeit sich zuwiedersetzen die Kraft benimt. Ja der Mißgunst unter ihnen / höret auff / wann einer nicht mehr als der ander hat; und werden die alten Geschlechter schon nachlassen sich den Einkömlingen vorzuzihen /wann es ihnen beyderseits an Hellern gebricht. Zum Beschluß wird auch dieses anzumerken seyn / daß je weniger die Untertahnen an zeitlichen Gütern besitzen / je liederlicher sie ihr Leben schätzen / und so viel kühner und unverzagter sich wieder den Feind gebrauchen lassen / welches wir an den alten Griechen und Römern sehen / die Zeit ihrer Armut die besten und geherzesten Kriegsleute wahren / weil sie wenig zuverliehren hatten; es ging bey ihnen nicht / wie bey uns / da die Reichen sich wegern / das Gewehr zuempfangen / und sich erbieten / einen andern an ihre stelle zuschaffen. Welches alles / wañ ichs bey mir überlege / und zugleich beherzige / daß der Untertahnen Güter und Reichtuhm / der Macht / Gewalt und freien verordnung ihrer Obrigkeit untergeben sind /sehe ich kein besser / füglicher / noch ablanglicher Mittel / unsere Kriegsmacht zu unterhalten / als wann ein jeder Fürst alle Monat oder Wochen seinen Untertahnen eine zimliche Schatzung auffleget / welche sie auff gewisse Tage und Stunden entrichten und unfehlbar einschaffen müssen / so daß man den Nachlässigen / alles einwendens ungeachtet / zehn oder zwölff gnug trotzige Kriegsknechte ins Hauß leget / denen sie essen / trinken / uñ gewisse Gelder vor ihre Mühe entrichten müssen / biß sie ihren Anteil zur Schatzung beybringen. Alsdann wird ein jeder schon wissen /daß er zu rechter Zeit daß seine herbeyschaffe; und was könnens die Untertahnen so eigentlich nachrechnen / ob gleich der dritte oder vierde Teil mehr von ihnen gefodert wird / als zum Kriege nöhtig / welcher überschuß unser Schazkammer zum besten gereichen kan / nur daß gleichwol unsern Amtleuten solcher Vortel nicht zuwachse. Inzwischen wann solche Schatzungen eingefodert werden / hat man die[775] Untertahnen allemahl zuvertrösten / sie mögen nicht ungeduldig werden / es sollen solche ungewöhnliche Lasten nicht lange anhalten / welche überdaß nicht sollen in nachfolge gezogen werden / noch jemande an seinen Rechten / Gerechtigkeiten und Freyheiten schädlich oder nachteilig seyn. Und ob solche gemachte Hoffnung nicht so bald ihre Wirkung erreichen würde / wie man dann dieses mittels / Geld zu machen / so lange möglich seyn kan / sich wird zugebrauchen haben; werden sich wol zehn Ursachen vor eine an die Hand geben / welche man bey den Untertahnen vorzuschützen hat. Hiemit wil ich meiner Rede die endschaft geben / mit bitte / das vorgebrachte /reiflich zu erwägen / uñ meiner gebrauchten Freyheit nichts zuverübeln. Solte dann ein bessers k \nnen vorgetragen / und von den versamleten Vätern des Vaterlandes beliebet werden / bin ich erbötig / mich gerne weisen zulassen / und den Klügesten folge zuleisten.

Der mehrerteil der Anwesenden Fůrsten / hatten diese Rede mit grosser Ungeduld und bestürtzung angehöret / insonderheit / weil ihnen dieses Fürsten bißher getragene Liebe zu seinen Untertahnen bekant wahr / und wie so gar keine Lust noch Willen er die ganze Zeit seines Lebens zu deren beschwerung und unterdrückung gehabt hatte / so gar daß allenthalben der Ruff ging / es würden keine Untertahnen gnädiger gehalten / und weniger beleget / als eben die Hirkaner. Aber Artaxerxes / der solches mit diesem Fürsten also angeleget hatte / ließ ihm das Vorgebrachte wolgefallen / nicht / dz er solcher Meynung solte beygepflichtet haben / sondern daß man Ursach haben möchte / diesen Unsin / der bey etlichen / sonderlich aber bey Gobares eingewurzelt wahr / aus dem Grunde zuwiederlegen. Doch wolte er darüber eines jeden Meynung vernehmen / deswegen fing er also an: Durchläuchtige Fürsten / und geträue Väter des Vaterlandes; es hat Fürst Menapis klar und deutlich ausgebeichtet / was vielleicht seine Meynung seyn möge /die er nach vermögen mit unterschiedlichen Gründen hat wollen behäupten. Ist also noch übrig / daß wir anderen uns vernehmen lassen / was wir daran zu loben oder zutadeln haben. Und weil Fürst Gobares /der äusserlichen bezeigung nach / mit dieser Meynung übereinstimmen dürffte / wolle dessen Liebe / da er sonst nichts einzuwenden hat / sein gutdünken hierüber vernehmen lassen. Dieser ward überaus froh /daß er der erste seyn solte; nicht allein / damit dieser Vorschlag / welcher eben nach seinem Sinne war /durch seinen Beyfall gestärket würde / sondern / daß er auch durch solchen Vorzug ihm bey unsern beyden Helden ein so viel grösser ansehen machen möchte /und sie ihn daher umb so viel mehr fürchten und ehren würden; deswegen er mit dieser Verwägenheit loßbrach: Durchleuchtiger Fürst Menapis / die Göttin der Klugheit / welche aus dem Gehirn des allerhöchsten Gottes sol gezeuget seyn / lässet sich handgreiflich spüren und hören / daß in eurem Gehirn sie ihren Sitz und Wohnung zu eurem unsterblichen Preise und Ruhm genommen habe; massen Eure Liebe den rechten Zweg eigentlich getroffen / und die köstlich Grundfeste alles Fürstlichen Wolstandes uns mit solchen unhintertreiblichen Wichtigkeiten vor Augen gestellet hat / daß meines ermässens / (wie ich dann ohne Ruhm zumelden / in der Welt auch etwas erfahren habe) eure Meynung dergestalt behäuptet ist / daß / wer dieselbe zuwiderlegen / oder ungültig zu machen sich unterstehen wolte / gleich solche vergebliche Mühe anwenden wůrde / als wolte man das rohte von den Ziegelsteinen mit Wasser abwaschen / oder durch eine angezündete Kerze der Sonnenstrahlen[776] überleuchten. Dann würde es nicht ein unwitziges beginnen seyn / wann ein Fürst wegen seiner Untertahnen bestes / seinen wolerworbenen Schatz verringern /und in die Schanze setzen wolte? Wer wil uns denselben wieder ersetzen? Es ist mir des groben Pövels Eigenschafft durch langwierige Erfahrung gar zu wol bekand; sie würdens ihrem Fürsten nicht den geringsten Dank wissen / ob er ihretwegen etwas anwenden wolte. Drum so lasse ichs bey eurer Liebe getahnem recht Fürstlichem Vorschlage schlechter dinge bewenden / damit ich nicht vor unverständig angesehen werde. Nur setze ich noch dieses mit wenigem hinzu /daß gleich wie ein Leibeigener nichts in seinem Besitz hat / welches seinem Herrn nit eigentühmlich solte zustehen; also habe ein jeder Fürst Macht und Freyheit / seinen Untertahnen abzufodern / was von deren Gütern (nichts überall ausgenommen) ihm möchte behäglich seyn.

Herkules und Ladisla entsetzeten sich zum höchsten über solches bißher angehörete vorbringen /wünscheten auch in ihrem Herzen / diese Geselschafft nimmermehr gesehen zuhaben / weil sie in der Furcht begriffen wahren / es würden die hinterstelligen Stimmen nicht viel anders lauten / welches anzuhören ihnen ein greuel wahr; daher sie bey Artaxerxes u Erlaubnis / einen Abtrit zunehmen / anhielten / biß die Hochfürstl. Geselschafft diese ihre Beredung möchte geendiget haben. Aber der Persische GroßFürst / der ihr Anliegen merkete / baht sie freundlich /sich gefallen zulassen / daß sie alle Sti en / und den endlichen Schluß anhören möchten. Und als sie / solches einzuwilligen / durch Höfligkeit sich verbunden sahẽ / erwarteten sie des Endes mit grossem verlangen; fasseten auch bald eine bessere hoffnung / da sie Artaxerxes höreten den Assyrischen Fürsten Pusizes also anreden: Durchleuchtiger Herr Oheim; eure Liebe wird sich unbeschweret befinden / ihre Meynung über dieser höchstwichtigen Frage anzudeuten /also und dergestalt / daß / gleich wie die vorigen beyden Stimmen alle ihre Häuptgründe angeführet haben / ihr ohn einiges ansehen euch offenherzig heraus lasset / und da ihr etwa mit ihnen nicht würdet einig seyn können / nicht allein eure Meynung behauptet / sondern auch die widrige bestreitet und widerleget. Ja mein Durchl. Herr Oheim / sagte Fürst Menapis; ob mir gleich nicht gebühren wil / hiezwischen einzureden / so achte ich doch vor nohtwendig / ihn mit wenigen zuversichern / daß wo ich geirret habe / wie ich dann wol kan geirret haben / und Eure Liebe mir meinen Fehler zeigen wird / ich seiner hochbekanten Weißheit von herzen davor zudanken / mich so willig als schuldig finden lassen werde; hätte mich auch nimmermehr lassen bereden / die erste Stimme zugeben / wann ich nicht eurer Liebe unterweisung mich hätte zugetrösten gehabt; und zweifele nicht / die Hochfürstl. Geselschaft werde mir diese zwischen-Rede in verbleibender Wolgewogenheit verzeihen. Durchleuchtigste Fürsten / und geträue Våter des Vaterlandes / antwortete Pusizes; Ob ich zwar anzuhalten befugt währe / daß andere / mit mehrer Weißheit begabete / ihre Stimme vor die meine möchten ergehen lassen / wil ich doch / umb meinen Gehorsam und Gutwilligkeit sehen zulassen / michs nicht wegern /mit diesem ausdrüklichẽ Vorbehalt / daß gleich wie mein Durchl. Oheim / Fürst Menapis sein Vorbringen zur freyen untersuchung dargestellet hat / ich gleichergestalt mich einer besseren Meynung ganz willig /und ohn einiges Mißgnügen unterwerffen wolle. Welchem nach ich mir anfangs sehr wol gefallen lasse /daß Fürst Menapis nach seiner Weltbekanten Weißheit und Erfahrung / uns die unterschiedlichen[777] Arten vorgestellet hat / deren eine oder andere wir uns ausser allem zweifel zu unsers Kriegsheers Unterhalt werden zugebrauchen haben. Von den beyden zuerst angeregten Mitteln wil ich nichts wiederholen / dann ich stimme damit allerdinge überein. Das übrige aber werde ich müssen auff die Wage der Vernunfft legen /und Euren Liebden ingesamt / etwas reifflicher zubeobachten vorstellen / insonderheit / weil ich handgreiflich sehe und fühle / daß mein Oheim solches aus keiner andern Andacht vorgetragen hat / als daß solcher Wahn / dem sein Herz nie beygepflichtet / von einem andern / als ihm selbst möchte zu grunde gerichtet werden / welches er selbst am besten und beständigsten hätte leisten können. Wie sollen wirs dann anschlagen / O ihr Väter des Vaterlandes / daß unsere Kriegsmacht in gutem Wesen und Wolstande erhalten werde? Oder daß ich dem Hauptziel nahe gnug trete; Woher nehmen wir Geld / Brod / Kleider / Waffen /vor unsere Kriegsleute / und Futter vor ihre Pferde? Aedelman / Bürger und Baur sollens durch ungewöhnliche Schatzungen hergeben / von denen wollen wirs durch Kriegszwang loßkeltern / und zwar unter dem Schein / es geschehe alles zu ihrem besten / und seyn sie schuldig und gehalten / es willig ausfolgen zulassen / nicht als ihr eigenes / sondern als unser gehöriges; so daß es ihnen nützlicher sey / solches zuverlieren / als zu behalten; ja daß sie durch solchen Verlust geschikter gemacht werden / wider den Feind zugehen / als sie sonst nicht tuhn würden / weil ihnen ihr Reichtuhm schädlicher als nüzlich sey. Also lautets in Warheit / nach kurzen Worten / was mit verblümter Rede angeführet ist. Aber mein geliebter Herr Oheim / Fürst Menapis; Ist diß eures Herzen ernstliche Beichte? Warumb habt ihr dann biß an diesen Tag mit euren Untertahnen so gar das Widerspiel getrieben? Warumb habe ihr so mannichen ungerechten Beamten lassen auffknüpffen: wann dieselben / daß sie die Untertahnen übersetzt hatten / überzeuget wurden? Und erinnert ihr euch nicht eures LeibSpruches? Principis gloria in subditorum divitiis consistit. Eines Fürsten Preiß und Ruhm bestehet in seiner Untertahnen Reichtuhm oder Wolstande. Ist demnach unmöglich / daß ihr auff andere weise / als zum Versuch / eure Rede vorgebracht / nur daß ihr denen eure Zunge leihen möchtet / denen euer Herz Himmelweit entfernet ist; wiewol nicht aus argem Vorsatze / sondern die Schädligkeit solches unwesens uns desto klarer vorzumahlen / welches sonst kein ander so füglich würde haben verrichten können. Ja was habt ihr durch eure Zwi schen-Rede anders gewolt / als daß ihr mich ausgefodert / euer ertichtetes Vorbringen / welches euch selbst abscheulicher ist / als unser keinem / zuwiderlegen? Wolan / ich bin eurer Liebe viel ein mehres schuldig / darumb wegere ich mich nicht / euch zugehorsamen; nur bitte ich / die ũbrige anwesende Durchll. Fũrsten wollen an meinem Vorbringen / welches ich vor einen lauteren Uberfluß achte / kein Mißfallen tragen. So habe nun anfangs vernommen / es werde uns sehr nöhtig und nũzlich seyn / daß wir umb vermuhtlichen kũnftigen Unfalls willen / unsere Schatzkammer verschonen. Die Götter werden von unserm heiligen und gerechten Vornehmen solchen Unfall gnädig abwenden. Doch er möchte erfolgen /weil es nicht unmöglich ist; Muß dann unser erstes und vornehmstes seyn / daß wir unsern Eigen-nutzen /welcher mit dem gemeinen besten nichts zuschaffen hat / vor allem andern aus / festsetzen? Trauen / wer also gesinnet ist / wird vor des Kriegs anfang seine Gelder über Meer nach Rom in sicherheit bringen müssen. Ich wil mich hieselbst nicht lange auffhalten / sondern[778] gebe zur Antwort: Wessen Heil in der Flucht bestehet / der gehe beyzeiten durch. Heisset das aber / umb des Vaterlandes Freyheit bekümmert seyn? Ich meyne / unser Schluß sey dieser: Daß wir alles / was wir auch in Hosen und Wammes tragen /vor das Vaterland wagen und anwenden wollen; und nun ist die erste Sorge / wie man Mittel gnug haben uñ behalten möge / weit ausserhalb Vaterlandes im Elende das Leben sicher zuführen. Ich vor mein Häupt / habe mich / mit allem was ich bin und vermag / dem Vaterlande gewidmet uñ übergeben / verschwöre mich auch / kraft dieses / allen meinen Land Göttern / daß ich disseit des Tiger Flusses / als ein unversöhnlicher Feind des Parthischen Wüterichs /leben und sterben wil / ich möchte dann als ein Gefangener dahinein geworffen / oder hinüber geschleppet werden. Und wer sich wegert / mit mir dieses Gelübde zuleisten / den schätze ich allerdinge undüchtig / ja ich schätze ihn ganz schädlich dieser unser Geselschafft und löblichen Vornehmens; möchte auch wünschen / daß man jedem unter uns könte des Herzen inwendiges beleuchten / auff daß / wer seinen Schatz lieber / als Vaterlandes Wolfahrt hat / alsbald von uns ausgeschlossen / und mit seinem Schatze nach Rom /oder gar biß ans Ende der Welt verbannet würde. Die andere angeführte ursach scheinet ja noch der Erbar-und Nützligkeit ähnlich; man müsse den FürstenSchatz ersparen / daß man auf erlittene Niderlage sich daher mit Völkern auffs neue versehen könne. Ja wann die zur ersten Verfassung vorgeschlagene Mittel ehrlich und vorträglich währen / liesse ich mir solches mit gefallen; weil aber das Widerspiel zuerweisen ich mir leicht getraue / wil ich biß dahin diesen Vortrag ausgestellet haben. Das gutdünken ist ergangen / man solle alle KriegsKosten durch Schatzung von den Untertahnen erzwingen / weil zu ihrem besten der Krieg geführet werde / und man sie von dem Parthischen Wüterich befreyen wolle. O der Unbesonnenheit! Heisset dann das / befreyen / da man einen zehnmahl härter drücket und beraubet / als vorhin nie geschehen ist? Da man den Untertahnen eine Last aufbürdet /welche der Wüterich selbst biß daher von ihnen abgekehret hat? Ja wann unsere Untertahnen Klötzer und wahnwitzige Tihre währen / denen man mit einem Worte aus saur könte süsse / und aus süsse saur machen. Wollet ihr uns von des Parthers Zwange frey machen / werden sie sagen / so tuht es nicht durch hefftigere Unterdruckung; dañ wir wollen dem Parther lieber das gewöhnliche geben / und seines Schutzes geniessen / als allen unsern Armut euren Kriegsleuten darlegen / und nachgehends Mangels halben unser Haus und Hof verlauffen. Und lasset uns doch nur dieses bedenken / O ihr Väter des Vaterlandes / daß keiner unter uns eine Stad oder Dorff hat / in welchem sich nicht Parthisch-gewogene solten finden; würden dieselben nicht mit leichter mühe die übrigen / ob gleich die meisten / wider uns auffwiegeln können /wann sie ihnen mit gnug beweißlichen Gründen vorzustellen hätten / unsere vorgenommene Rettung führete nichts gewissers mit sich / als ihrer aller gänzliches Verderben und äusserste Armut; Was könte daraus anders erfolgen / als daß Artabanus ohn Schwertschlag / durch unsere eigene Leute uns würde fellen und zu grunde richten? Dann sind unsere Untertahnen schwürig / so ist es besser wir fallen in unsere eigene Schwerter / als dz wir uns von ihnen fahen / binden /und über das Gebirge nach Charas hinschleppen lassen / nachdem uns daselbst keine bessere Wartung zubereitet ist / als des Büttels grausamste Folter. Und diese Aufruhr unserer Leute muß nohtwendig folgen /wann wir ihnen einige beschwerung[779] wider ihren Willen aufflegen. Ich höre aber diesen behelff anzihen /daß aus vielen Beuteln besser / als aus wenigen / der Krieg zuerhalten sey; Und wer ist so Gehirn-loß / der solches nicht wüste? Es muß dieses aber dannoch mit Verstande gesagt werden; nehmlich / wann die vielen Beutel willig darzu sind; wo nicht; so sage ich / daß aus wenig willigen Beuteln der Krieg besser zuführen sey / als aus vielen unwilligen. Uber das müssen wir den Untertahnen nicht ihren Beutel samt dem Gelde wegnehmen / wann wir wollen / daß sie uns sollen helffen den Krieg fortsetzen; sonst werden sie uns endlich den leeren Beutel lassen / und den Parther ihre Fäuste aus Verzweiffelung leihen / daß sie ihr Geld samt dem unsern wieder bekommen / da ausser Zweifel das Wasser uns über die Körbe gehen würde. Die übrigen angeführten ursachen achte ich der Beantwortung allerdinge unwirdig / dañ sie führen nichts / als wüterische Gründe zum Beweißtuhm an; massen wer solcher gestalt mit seinen Untertahnen wolte verfahren / sie deswegen mit Schatzungen zubeschweren uñ zuübernehmen / daß sie sollen in Armut gerahten / und durch Mangel zum völligen Gehorsam gegen ihre Obrigkeit gebracht werden / den setze ich ja billich unter allen Wüterichen oben an / und würden wir auff solche weise unsern Untertahnen anlaß und ursach geben / daß sie aus höchstgedrungener Noht den Parther wider uns zu ihrem Schutze anruffen müsten / ob sie ihm gleich sonst von herzen feind sind. Aber O nein /ihr lieben Väter / dieses stimmet ja durchaus nicht mit unserm löblichen Vornehmen zu. Wollen wir unsere Landschafften und Fürstentühmer in Freyheit und sicheren Stand setzen / so müssen dessen die Untertahnen insonderheit empfinden; nicht daß sie daher Ach und Weh über uns schreihen / sondern uns wegen ihrer Wolfahrt danken können. Dann rauben wir ihnen die Nahrung und saur erworbenen Gelder / und setzen sie in Armut / so werden wir sehen / dz sie zwar als verzweifelte Leute wider ihre Feinde fechten werden / aber diese werden sie als ihre Feinde anfallen / von denen sie in schmähliche Armuht gesetzet sind / welche ungleich unleidlicher ist als der Todt selbst. Der Griechen und Römer Beyspiel / wil mit diesem ganz nicht zustimmen; dann jene wahren ihrer Gelder ja nicht von ihrer Obrigkeit beraubet / sondern ihre Götter hatten ihnen biß daher keine bescheren wollen. Und was meynet ihr? Wann ein reicher Mann uns vor sein Häupt / zween / drey / oder wol mehr guter Kriegs Knechte schaffet / damit er des Zuges befreyet sey / solten wir das nicht vor einen Vortel achten? Eines möchte ich ungerne berühren / was Fürst Gobares Liebe hinzugesetzet hat; und gleichwol kan ich nicht umhin / mich darüber mit wenigen heraus zulassen / insonderheit / weil mir solches / den / von dem Parthischen Wüteriche uns getahnen Vorwurff etlicher massen hat erkläret / welchen ich biß daher sonst nicht begreiffen können / da er uns dieser Ungerechtigkeit zeihet / als solten wir mit unsern untergebenen freyen Untertahnen nicht anders / als mit verkaufften Leibeigenen umgehen / und deren Schätze nach belieben zu uns reissen. Die Götter wissen / daß ich solches vor ein lügenhaftes Geticht gehalten habe / dann meines orts weiß ich mich dessen unschuldig; soltẽ aber ein und ander ihnen solche unbilliche wüterische Grausamkeiten haben gefallen lassen / die mögens dann endlich verantworten / aber sich zugleich lassen warnen / daß sie beyzeiten davon abstehen /ehe sie die Reue zu späte trifft. Welche wolgemeynte Erinnerung mir als einem alten / ohn Ruhm zumelden / in etwas erfahrnen Fürsten / niemand verargen wird. So halte und schliesse ich nun diesem allen nach /[780] es sey kein gewisser und ablanglicher Mittel zu unserm unfehlbaren Verderben zuersiñen / als wann wir durch übermässige Schatzungen / der Untertahnen Gemühter von uns abwenden / und ihnen dadurch gnugsame Ursach zum Auffruhr wider uns geben / weil wir eben dadurch dem Parthischen Wüterich das Schwert darbieten werden / unsere Häupter uns als Meinåidigen herunter zuschmeissen. Was wird aber dann endlich vor ein Mittel übrig seyn / den Krieg an unser Seiten zuunterhalten? Mittel gnug / O ihr Väter / Mittel gnug und überflüssig / wann wir sie nur wollen zu unserm besten lieber anwenden / als zu unserm verderben behalten. Nehmlich / ein jeder unter uns / greiffe seine Schazkammer an / und nehme den Uberfluß heraus; damit wird man ein grosses verrichten können. Die grossen und vielen silbernen und güldenen Freß- uñ Saufgeschir / die wir von unsern Vorfahren geerbet /wollen wir vermüntzen / und die unnützen Werkzeuge der üppigen betreibungen / zu des Vaterlandes Rettung anwenden; Und o wie wird mir alsdann meine Speise und Trank aus den jrdenen Gefässen so wol schmecken! Fragen dann unsere Untertahnen nach /warumb solches geschehe; wollen wir ihnen zur Antwort geben; Ihre und unser aller Wolfahrt erfoderte solches. Daß wird sie zur verwunderung bringen; sie werden untereinander sprechen: Lasset uns unserer geträuen Obrigkeit unter die Arme greiffen / damit sie ihren Schaz nicht entleeren / auff daß / die wir der Wolfahrt mit zugeniessen haben / auch die Kosten tragen helffen. Versichert euch / ihr Väter / daß sie von sich selbst mehr tuhn werden / als unser keiner gedacht hätte / und zwar werden sie es mit freuden tuhn. Ja die Haabselige werden es den unbegüterten kaum gönnen / daß sie mit zuschiessen; und wañ ein oder ander unädler ein ansehnliches hergeben wird /wollen wir ihn als einen Freund des Vaterlandes in den AdelStand erheben; wodurch viel andere ihresgleichen werden auffgemuntert werden / dem gemeinen Wesen reiche beysteuer zu leisten. Inzwischen lasset uns einen willigẽ Anfang machen. Ich vor mein Haupt habe ohn die bißher angewendete Anreits- und Unterhalts Kosten / 180 Tonnen Schaz baar abzählen lassen / und wañ dieselben werden vergriffen seyn /wil ich noch eine gleiche Anzahl herschiessen. Solte dañ meine Kammer ganz außgegriffen werden / wil ich leihen und borgen / und viel lieber meiner Hoffstat abbrechen / als das gemeine Wesen Noht leidẽ lassen; wie wol mirs nicht fehlen sol / von meinen Städten und Ständen / ja auch von einzelnen Kauffleuten etliche hundert Tonnen Goldes ohn einigen Zwang und Anfoderung zuerhalten. Lasset uns dieses / ihr Durchll. Fürsten ohngefehr überschlagen / so werden wir befinden / dz unser vermögen groß gnug sey / etliche hundert tausend Mann zu Roß uñ Fuß / etliche Jahr an einander im Felde zu unterhalten / ob gleich unsere Untertahnen und des Feindes Landschaften keinen Heller zuschiessen würden. Habe diesem nach meine ernstliche Meinung vorgetragen / doch also /wann eine bessere und ehrlichere kan vorgeschlagen werden / ich von dieser abstehen / und dem gemeinen Schlusse mich gerne bequemen wil. Herkules und Ladisla bekahmen nunmehr einen bessern Muht / dañ sie erkeñeren / daß Fürst Menapis nicht von Herzen /sondern ertichteter Weise geredet hatte; nur warteten sie mit Schmerzen / zuvernehmen / weß Gobares sich erklären würde; dañ sie sahen / wie derselbe über Pusizes vorbringen / zu unterschiedlichen mahlen sich unter dem Gesicht verenderte / wodurch er sein Mißgnügen gnug zuverstehen gab. Artaxerxes aber stellete sich annoch /[781] als zweifelte er / welcher Meinung beyzufallen währe / und begehrete / daß die andern Fürsten sich heraus lassen möchten. Da dañ GroßFürst Phraortes mit kurzen / aber nachdrüklichen Worten anzeigete / es haftete ausser allem zweiffel ihrer aller Untergang daran / wo sie durch ungewöhnliche Schatzungen ihnen die Untertahnen würden zu wieder machen / welche so ängstig auff Linderung hoffeten; daher nichts rahtsamers währe / als den Krieg aus ihren Fürstlichen Auffkünsten zu unterhalten / biß man aus Feindes Land etwas würde zu heben haben. Welcher Meinung dañ die übrigen ingesamt beypflichteten / deren etliche ihnen sonst wol andere Einbildung möchten gemacht haben. Worauff Artaxerxes ehe er zum Schlusse schritte / den Hirkaner Fürsten fragete / ob ihm gefallen könte / diesen meisten Stimmen beyfal zu geben. Welcher sich erklärete / daß ob er zwar der Wiederwertigen Meinung das Wort geredet hätte / währe es doch nur zu dem Ende geschehen / daß er der HochFürstl. Verbündnis derselben Gefahr und Ungültigkeit zubetrachten vorstellen wollen; hätte ohn Ruhm zu melden / seiner Untertahnen bestes ihm biß daher ungleich mehr / als sein eigenes angelegen seyn lassen / und währe des willens / biß in seine Grube also zuverfahren. So bald Menapis diese Rede anfing / stellete sich Gobares /als würde ihm etwas übel / machte seine Nase schwitzen / uñ nam einen Abtrit / noch ehe dieser Fürst seine Antwort geendiget hatte. Alle Anwesende merketen / daß ihn die Scham hinaus trieb / stelleten sich aber unwissend / und macheten den festen Schluß / dz man das erste ganze Jahr alle Kriegskosten / ohn einige beschwerung der Untertahnen solte herbey schaffen / und bey den Völkern ernstlichen Befehl erteilen daß alles was sie verzehreten / bey Heller und pfennig solten bezahlen / auch von keinem Inwohner ihrer Länder daß allergeringste fodern oder entwenden. Zwar Artaxerxes hätte wegen Gobares Unart gerne eines und anders erwähnet / aber vor dißmahl wolte ers hin gehen lassen / insonderheit / weil er nach verlauff einer halben Stunde sich wieder einstellete / vorgebend / er währe etliche Zeit her nicht zum besten auffgewesen. Welche Entschuldigung ihm wol gegönnet ward / uñ taht Artaxerxes der Fürstlichen Verbündnis endlich diesen Vorschlag daß alle / welche in ihren Ländern umb Raubens / Stehlens und Mordens / oder sonst anderer Untahten willen gefangen lägen / mit dem Leben solten begnadet / und unter dieser Bedingung auff freien Fuß gestellet werden / daß sie durch tapfere Tahten es in den Schlachten solten gut machen / was sie verbrochen hätten. Andere aber / die von heut an / umb Missetaht willen fest gesetzet würden /solten ihrer Straffe gewärtig seyn. Welches die anderen ihnen liessen wolgefallẽ. Die Geselschaft hielt hierauff noch unterschiedliche Unterredung / und erzählete Phraortes alles / was sich zwischen Artabanus und dem Fräulein bißdaher zugetragen hatte / welches die Unwissenden mit verwunderung anhöreten; biß drey Stunde vor Abends Herkules durch seinen Gallus abgefodert ward / mit vermeldung / es hätte sich Plautus wieder eingestellet / und wie er vorgäbe / seine Werbung wol verrichtet. Herkules machte sich bald hin auff ein absonderliches Gemach / und zeigete dieser anfangs an / wie es ihm mit Artabanus ergangen /auch daß dessen Leute in der nähesten GrenzeStad mit ansehnlichen Königl. Gnaden-Verehrungen verblieben währen / biß solche von ihm und Ladisla würden abgefodert werden. Er hatte aber von dem Fräulein ein Neben-Schreiben / welches sie Timokles im hohlen Pfeil zugeschossen hatte / dasselbe erbrach Herkules zu erst und fand folgenden Inhalt:

[782] Allerteurester Lebens-Schaz / ich hoffe zu unserem allein wahren Gott / Er werde euer aller geträuer Schaz auff dem Wege und in der Fremde seyn / habe noch zur Zeit nichts neues zu schreiben / nur mein Gemahl herzlich zu erinnern / daß die Gelegenheit meiner Erlösung nicht möge auff die lange Bank geschoben werden / damit ich aller Furcht und Schwermuht / welche mich über Gewohnheit hart anfichtet / bald entrissen werde. Meinem herzgeliebeten Herr Bruder Ladisla / und meinem Herr Vater / GroßFürst Phraortes / auch Herrn Pharnabazus /und da andere bekanten mehr zugegen seyn möchten /freundlichen Gruß. Lebet wol mein Seelichen und erfreuet durch eure erst mögliche Wiederkunft die / so deßwegen glükselig in dieser Welt ist / weil sie die eure ist.


Valiska.


Nach verlesung dieses / nam er das Königliche zur Hand / öffnete dasselbe / und lase daraus diese Worte:

Artabanus König der Parther / beherscher der grossen Morgenländer / entbeut den ädlen Fürsten / Könige Ladisla aus Böhmen / und GroßFürsten Herkules aus Teutschland Gnade und Gunst. Euer Schreiben / geliebten Freunde / ist uns zu recht geliefert / haben daraus gnädigst vernommen / was gestalt eure geliebte Fräulein Schwester und Wase / Frl. Herkuliska / durch Räuber Hände entführet / von euch fleissig gesucht worden / biß ihr in erfahrung gebracht / daß sie uns zugeführet sey; deren gute Unterhaltung und gegen angebohtene Lösegelder Ausfolgung ihr an uns gesinnet. Nun bekennen wir daß dieses werte Fräulein durch sonderliche schickung der Götter uns zukommen / die wir nicht allein Königlich halten / sondern auch zu unser schier künftiges Gemahl erwählet / und mit so fester Liebe ihr verknüpfet seyn / daß wir ungleich lieber unsern gewaltigen ReichsStuel / ja Leib und Leben / als diesen Schmuk der Welt zuverlieren / entschlossen. Werden demnach unsere beliebete Freunde und künftige Schwäger hinfort ihret wegen unbemühet seyn / und auffs schleunigste sich zu uns herbegeben / dem Königlichen Beylager beyzuwohnen / und unser Königlichen Gnade / uñ Schwägerlichen / ja Väterlichen Hulde / wirklich zugeniessen / welche gleich anfangs darzubieten / ihnen als unsern lieben Herren Söhnen ein versiegeltes Königliches Gnaden-Geschenk übergesendet wird / nebest eingeschlossenem /von ihrer Frl Schwester selbst geschriebenen Brieffe.


Artabanus.


Dieser jeztgedachte Brieff der Fräulein lautete nun also: Herkuliska / gebohrnes Königliches Fräulein aus Böhmen / entbeut ihrem Herrn Bruder König Ladisla /und Oheim Groß-Fürsten Herkules Schwester- und freundlichen Gruß / und zeiget denen aus höchsterfreulichem Gemüht an / was gestalt nicht allein die Götter durch manniche Gefahr mich an diesen Ort geführet /sondern auch aus sonderlicher schickung den Allergroßmächtigsten König der Welt / und Beherscher vieler Königreiche und Fůrstentůmer mir so gnädigst-gewogen gemacht / daß dessen Groß Königl. Hochheit sich ehelich mit mir versprochen / und in diesem siebenzehnden Jahre meines Alters das Beylager halten wird. Erfreuet euch /mein Herr Bruder und Oheim / daß durch mich ihr dem grössesten Herrn der Welt so nahe verschwägert werden sollet / und stellet euch alhier zu Charas erster mögligkeit ein / unter der Versicherung / daß von diesem grossen Könige euch so hohe Woltahten begegnen werden / daß ihr neben mich unsers rauhen / unfreundlichen uñ armen Vaterlandes leicht und willig vergessen / und alhier zu wohnen euch nicht beschweren werdet. Dessen versehe ich mich zu euch gänzlich / uñ verbleibe / weil ich lebe eure stets gewogene Schwester und Wase Herkuliska die glükselige.

Er ging nach verlesung wieder nach der Furstlichen Geselschaft / und vernam sehr ungerne / daß in seinem Abwesen ein unfreundliches Gespräch zwischen Ladisla und Gobares vorgangen wahr; deñ Anfang dessen / machte der Susianer in dem er sich nicht schämete von Ladisla zu fragen / wie viel hundert tausend wolbewehrter und versuchter Mann sie wol vermeineten nach Charas zu führen / mit welcher Macht sie den König Artabanus würden zwingen können ihnen das Fräulein / durch Furcht getrieben / aus folgen zulassen; dann / setzete er hin zu / ihr jungen Herren müsset wissen und bedenken / daß ihrs mit dem[783] allergrössesten Herrn der Welt werdet zu tuhn haben. Ladisla ging solche trotzige bespottung sehr zu herzen / und gab ihm zur Antwort: Mein Herr wolle sich nur unsers Vorhabens wegen nicht bekümmern; mein Bruder und ich sind in den Gedanken gestanden / daß wir mit lauter vertraueten Freunden redeten / sonst würden wir unsere Zunge wol gezähmet haben. Wie viel tausend Mann wir nach Charas zu führen gesinnet sind / wil ich auff eine andere Gelegenheit beantworten / meine sonst nicht / daß dem Herrn ichtwas von uns zu nahe geredet sey / massen ich ihn vor einen redlichen Bundsverwanten gehalten /der alles gut heissen würde / was man wieder den aller grössesten Wüterich der Welt vorzunehmen bedacht ist. Als nun Gobares durch verwandelung des Angesichts zuverstehen gab / daß er sich auff eine scharffe Antwort geschicket hatte / kam ihm Artaxerxes zuvor / und ermahnete ihn ernstlich / dergleichen Ungelegenheiten stecken zu lassen; diese beyde Helden würden zweifels ohn vor sich schon wissen / ihr Vorhabẽ nach gestalten Sachen anzugreiffen; es gäben solche anzapfungen keine Ursach zuvertraulicher Freundschaft; solte aber seiner Liebe gelüsten /Uneinigkeit dieser HochFürstlichen Versamlung zustifften / würde er nicht umbhin können ihm einzureden. Es währe viel zu früh / solches Unwesen anzufahen; Mißhelligkeiten / ob sie gleich geringe / zerrütteten leichtlich / was in fester Träue unbrüchig bestünde; hoffete demnach / König Ladisla würde / was geredet währe / vor ungeredet halten / aber auch Fürst Gobares bedenken / daß er die gegebene Antwort selbst heraus gelocket hätte. Weil nun Ladisla sich hierzu willig finden ließ / muste Gobares die Pfeiffe auch einzihen / insonderheit / weil er sahe und hörete / daß die ganze Geselschaft über seiner Unhöfligkeit entrüstet wahr. So bald Herkules sich bey ihnen wieder einstellete / baht er Artaxerxes / Phraortes / Ladisla und Pharnabazus / einen geringen Abtrit mit ihm zu nehmen / denen er des Königlichen Schreibens Inhalt zuverstehen gab / ließ sie hernach dasselbe lesen /und sagte darauff: Ob er zwar sehr wol gewust hätte /daß von Artabanus keine andere Erklärung zu hoffen währe / hätte er doch solchen gelinden Weg zuvor gehen wollen / worauff nunmehr der Ernst ohn verweilen müste vorgenommen werden / und solches ohn verseumung der bevorstehenden Gelegenheit; dafern er nun eines versuchten Kriegsheers etwa 16000 Pferde stark könte bemächtiget seyn / wolte er sich damit an die Grenzen legen / inwendig fünff Tagen auffbrechen / und Morgen früh zeitig an den König einen ernstlicheren anfoderungs Brieff abgehen lassen / welcher auff den Fall der verwegerung (deren er gewiß währe) zugleich eine Absagung in sich begreiffen solte; hoffete / es würde Herr Pharnabazus ihm bey diesem ersten Zuge Geselschafft leisten / und die Feld-Herschaft über sich nehmen. Angenehmere Zeitung hätte Artaxerxes nicht vorkommen mögen; er bedankete sich vor erst des Erbietens / und verhieß ihm inwendig vier Tagen 40000 wol bewehrte versuchte Reuter zu liefern / welche er aber vor dißmahl nicht begehrete / einwendend / man müste den wolgerůsteten Feind anfangs mit einer geringen Mannschafft angreiffen / und eine verwägene Sicherheit ihm beybringen. Als nun Artaxerxes ihm solches gefallen ließ /auch unsern beyden Helden die ungemässene Freyheit als Feld-Herren damit zuschalten zustellete / bedankete sich Pharnabazus / daß sie ihn ihrer Geselschaft wirdigen wolten. Also setzeten sie nun folgende Schreiben auff:

Ladisla König in Böhmen / und Herkules GroßFürst der unüberwindlichen Teutschen / entbieten[784] Artabanus der Parther Könige ihren Grus / und haben aus ihrer Liebe Antwort Schreiben verstanden / was massen dieselbe ohn vorhergehendes gebührliches Ansuchen / bey der Großmächtigsten Königin in Böhmen Frau Hedewig etc. mit unser Schwester und Wasen Frl. Herkulisten / sich ehelich versprochen / auch die Zeit des Beylagers schon bestimmet. Nun hätten wir zwar gehoffet / unsere Schwester und Wase sich der Kindlichen Schuldigkeit erinnernd / würde in so wichtigen Sachen nicht so plötzlich verfahren / noch ihr der Göttin Vesten getahnes Gelübde hinter die Tühr gestellet haben; jedoch weil ihre Eltern /Vaterland uñ Bluts Freunde ihr so sehr stinken wollen wir mit Gottes Hülffe und ehrliebender Fürsten Beystand solches an ihr ernstlich zu rächen wissen; es sey dann /daß eure Liebe sie uns inwendig drey Wochen abfolgen lasse / und sie den begangenen groben Fehler abbitte; alsdann versprechen wir bey Königl und GroßFürstlichen ehren / so bald höchstgedachte Königin in Böhmen ihre Bewilligung einschicken wird / euer Liebe diese unsere Schwester und Wase als eine Königliche freie Braut gebührlicher Weise zuzuführen / damit sie nicht schier heut oder Morgen vor eine Leibeigene außgeschrien werden möge. Solte aber dieses unser billiges Ansuchen nicht stat finden können / welches wir doch nicht hoffen wollen /wird kein Mensch uns das Recht der billichen Rache verdenken / bißdahin wir Königl. Gnaden-Geschenke anzunehmen / uns nicht bereden können / vor welche dannoch gebührlich gedanket wird. Erwarten von eurer Liebe offenherzige klare Antwort.


Ladisla und Herkules.


Der Brieff an das Fräulein wahr dieses Inhalts: Ladisla und Herkules entbieten dir Herkuliska wirdigen Gruß. Deiner stolzen Jugend unbesonnenes Vornehmen /wodurch du deine Königliche Eltern und verwanten / ja dein Vaterland und selbst eigene Ehre schändest uñ mit Füssen trittest / hat dein frevelmuhtiges Schreiben gar zu klar und helle an den Tag gelegt; was gedenkestu dumkühne / die du unter deiner Fr. Mutter und Blutsverwanten Vormundschaft bist / und darfst ohn ihr Vorwissen dich ehelich versprechen / da du kaum die KinderSchuch abgelegt hast / und nicht verstehest / was heyrahten sey oder heisse? Aber dieses aus der Acht gesetzet; meinestu Gottes vergessene / die Gewalt und Straffe der grossen Göttin Vesta könne dich nicht so wol in Parthen als in Böhmen finden / deren du biß zur gänzlichen Erfüllung deines siebenzehnden Jahres dich mit höchster verfluchung / aus freien stücken / wegen ehemahl geschehener Rettung / verlobet hast? gedenke nur nicht / daß du dessen einige verzeihung erhalten werdest / es sey dann das unser rechtmässiges Ansuchen von deinem Könige eingewilliget werde; dann dafern du auff diesem unteutschen Sinne verharren wirst / wollen wir dich und alle deine Helffers Helffer mit Feur und Schwert verfolgen /auch diese Länder nicht verlassen / biß du zu gebührlicher Straffe gezogen / und deiner Göttin auff einem brennenden Holzhauffen auffgeopffert seist; welches zu verhüten dein König nebest dir / ihm wird lassen angelegen seyn. Den Nahmen einer Schwester vor beschehene Abbitte dir zuzuschreiben / achten unnöhtig / König Ladisla / und GroßFürst Herkules.

Niemand trug grössere Beliebung an diesen Brieffen / als GroßFürst Artaxerxes; dann ob er gleich an ihrer auffrichtigen Träue nicht zweiffelte / sahe er doch / wie hiedurch Artabanus zu äusserstem Zorn wieder sie würde gereizet werden / welches seinem Vorhaben überaus vorträglich wahr; belegete sie demnach mit treflichen Verheissungen / und daß in erlösung der Fräulein er alle seine Macht in ihre Hände stellen wolte. Die Schreiben wurden durch zwölff ädle Assyrer / (denen Gallus zugegeben ward / sie aber sich vor Syrer und Römische Untertahnen außgeben solten) nach Charas geschikt / und ihnen befohlen / in der Parthischen Grenze Stad die Königlichen Geschenke abzufodern / mit sich überzunehmen / und nach einreichung der Brieffe sie zu des KönigesFüssen zulegen / auch dabey anzudeuten / wie sie befehlichet währen / solche nit wieder anzunehmen / biß von dem Könige ihnen gewierige Antwort gegeben würde. Der grosse Kriegsraht ward des nähst[785] folgenden Tages gehalten / wobey ausser den obgedachten Morgenländischen Fürsten niemand als Pharnabazus /Mazeus und Arbianes zugelassen ward. Zwar Artaxerxes nöhtigte unsere beyde Helden sehr / demselben mit beyzuwohnen / sie wolten aber durchaus nit / sondern wendeten ein / sie währen fremde / und gehöreten in ihre Verbündnis nicht als Glieder / sondern nur als Dienstwillige / ja die Warheit zu sagẽ / als hülffbedürftige. Uberdaß hätten sie sich bißdaher noch mit keinem äide verpflichtig gemacht; zugeschweigen daß sie nicht willens / sich in einiges Menschen Dienste einzulassen / ohn in Artaxerxes uñ Phraortes; der übrigen Freunde wolten sie zwar seyn /aber nicht weiter schuldig / als was ihrer Freyheit unabbrüchig währe. Artaxerxes vernam daraus ihren Willen / und wahr damit friedlich / ging hin zu den versamleten Fürsten / und fand dieselben sich etwas mit einander zanken / welche aber wegen seiner zukunft alsbald stille wurden. Die Ursach solches hefftigen Gesprächs wahr Gobares abermahl / welcher schon gestern bey abwesenheit der beyden GroßFürsten und unserer Helden / sich gegen die übrigen beschweret hatte / daß er eine so spitzige und ehren verkleinerliche Antwort von dem jungen fremden Kerls annehmen und verdäuen müssen / und ihr Häupt solches alles gebillichet hätte. Aber der Hirkanische Fürst / ein beherzter und gerechter Herr / hielt ihm daßmahl ungescheuhet das Wiederspiel / und führete ihm zu gemühte / wie man zum Holz hinein rieffe / so schallete es wieder heraus; er würde sich erinnern daß er die fremden auch bloßhin vor junge Herren gescholten / und wegen ihrer Einsamkeit sie verkleinerlich auffgezogen hätte / welche doch Könige und GroßFürsten währen / und von ihrem Häupte hoch geehret würden; hätte sich demnach wol vorzusehen was er tähte / damit er sich selbst nicht in Unglük stürzete / welches ihnen allen leid seyn würde. Weil dañ dazumahl die übrigen alle dieser Vermahnung beyfielen gab er sich zufrieden / wie er dann ohndz ein überaus verzagter Mensch wahr. Vordißmahl aber nam er abermahl Ursach seinen Unwillen sehen zu lassen /dann als der Assyrer nach Artaxerxes fragete / und der Arische Fürst zur Antwort gab / daß er sich bey den fremden jungen Fürsten auffhielte / mit denen er ausser allem zweifel sehr hochwichtige / uñ der HochFürstl. Verbündnis zuträgliche Sachen beredete; antwortete Gobares; er wolte ja nimmermehr hoffen / daß Artaxerxes mit solchen fremden unbärtigen jungen Leuten zuvor einen absonderlichen Raht halten / oder sie etwa in den grossen hochheimen Kriegs-Raht mit sich herführen wolte / auff welchen Fall ihm niemand verdenken würde / wañ er auffstünde / uñ sich ihrer Beredung vor dißmahl äusserte. Da ihm der Hirkaner abermahl gewaltig einredete / daß er sich wol zubedenken hätte / was er tähte; kunte aber / weil Artaxerxes unversehens darzu kam / seine rede nicht außführen; dann so bald derselbe seine Stelle bekleidet hatte / trug er der Versamlung seine Meinung folgender gestalt vor: Durchlechtigste Fürsten / Hochansehnliche geträue Väter des Vaterlandes / und mächtige Schüzer unserer güldenen Freyheit: Euer keinem ist die Ursach dieser unser zusammenkunfft unbewust / nehmlich /die äusserste Noht und der Augenscheinlich bevorstehende Untergang unserer Fürstlichen Hocheit / ja unserer Ehre / Leibes / und Lebens. Der algemeine Mord unser aller / ist schon in dem Herzen des Parthischen Wüterichs empfangen / und lieget er gleich jetzo in der Geburt / solche teuflische Frucht an die Welt zubringen. Dañ betrachtet / bitte ich / das neulichste Befehl-Schreiben / wann die vielfältige vorige Schmach euch[786] nicht genug ist / so werdet ihr befinden / daß uns der Sterbe Kittel schon genähet sey / wo es uns nur noch so gut werden möchte / und wir nicht seinen Hunden oder wilden Tihren zum Schauspiel als Leibeigene vielmehr sollen vorgeworffen werdẽ. Das Leben ist uns ja schon abgesprochen / und die Urtel zuerkant. Auf was weise aber? Nicht anders als Aufrührern / und die an höchster Obrigkeit sich vergriffen; deßwegen nicht allein wir vor unser Häupt / sondern zugleich unsere Weiber / Kinder und alle Anverwanten dem allerschmählichsten Verderben schon zugesprochen sind / dafern wir dem Unfall nicht vorbauen / und mit ritterlichem Gemüht dem algemeinen Feinde die Spitze bieten. Solte aber jemand einwenden / es würde uns schwer fallen / wider diesen Stachel zulecken / der zeige mir / bitte ich / einige ursach an; ich setze meine Seele und Ehre zu Pfande / daß mit der versprochenen Hülffe ich ihn inwendig drey Jahren auffs höchste dermassen einzutreiben / Mittel weiß / daß er uns sein Häupt und Königreich zur Beute überlassen sol; und dahin wil ich mich durch eure Hülffe bemühen; dann der an uns begangene Frevel kan nicht anders als mit seinem Blute gebüsset werden. Dieses aber auszuführen / haben wir Mittel gnug und überflüssig; dañ vorerst kan es uns an Geldern nicht mangeln / welche die Sehn Adern des Krieges sind; so ist mein einiges Land Volkreich genug /Kriegesleute herzugeben / ohngeachtet schon über 50000 statliche Soldaten aus euren Fürstentuhmern mir zukommen sind / und ich von GroßFürsten Phraortes allein / 80000 mehrenteils Reuter / ehist empfangen werde / dessen unvermuhtliche Gegenwart eurer keinen befremden sol / dann er muste bißher ungenennet seyn / ob er gleich neben mir der erste dieses hochlöblichen Vornehmens ursach ist. Ungeachtet wir nun vor uns selbst mächtig gnug sind / unsern Feind zuüberwältigen / so haben wir uns dannoch zuerfreuen / daß wir uns vor den Römern nicht allein gar nicht zubefürchten haben / wie ich dessen von dem Römischen Käyser selbst / schrifftlich versichert bin / sondern da wirs nur begehren / stehet uns deren Hülffe und Beystand offen / indem die beyde neulich angekommene fremde Fürsten sich freywillig erbohten /uns inwendig zehn Wochen 50000 zu Roß aus der Römer Gebiet / von ihren eigenen Anreits-geldern zuzuführen / welches ich bißher noch abgeschlagen /und unserer Völker überfluß vorgewendet. Und weil ich auf diese fremde Fürsten zureden komme / werde ich gezwungen / meinen geträuen Bundsverwanten ihretwegen etwas bessere Nachricht zugeben / damit niemand sie aus ihren wenigen Jahren / oder geringer Anzahl der Diener urteilen möge. Versichert euch /Hochmögende Bundsverwanten / daß in diesen Morgenländern ich keinen Ritter weiß / der ihnen an Man-und Erfahrenheit in Waffen uberlegen / dürffte schier sagen / gleich seyn solte; fraget meinen Oheim Pharnabazus / der weiß hievon zuerzählen; und ich kenne ihrer mehr / die sich höher über ihre Vollkommenheit verwundern / als einige Hoffnung haben / es ihnen nachzuthun. Uber das sind sie freye Fursten / der eine ein König / der ander ein GroßFürst / die keine Oberherren als Gott und das Schwert erkennen. Ich habe mich nicht ein geringes bemühet / sie auff unsere seite zubringen / und nachdem sie bey uns stehen / erfreuet michs höchlich; dann solten sie in Artabanus Dienste sich eingelassen haben / welches unter der Hoffnung /ihr verlohrnes Fräulein zuerhalten leicht geschehen mögẽ / hätten wir uns mehr vor ihnen / als vor des Wüterichs ganzer Macht zufürchten. Deßwegen / so jemand unter uns widrige Gedanken von ihnen geschöpffet hätte / der lasse solche / bitte ich / fahren /und bedenke[787] mehr des Vaterlandes Wolfahrt / als seinen eigenen Willen oder Unwillen. Zwar uns verbunden zu seyn / beschweren sie sich / aber durch äiden sich verpflichtet zu machen / uñ als freye Obristen vor uns zufechten sind sie willig; wollen sie demnach / da es allen beliebet / zu uns bitten / den äid abzustatten /und unserm Kriegsraht / als dessen hochverständige beyzuwohnen. Phraortes / nachdem er zu dem löblichen Vorhaben Glük gewünschet hatte / gab seine Stimme: Er hielte vor gut / daß diese treffliche Helden herzu geladen würden / dann ich kan / sagte er / Eure Liebden ingesamt wol versichern / daß sie so mächtige Herren sind / die des Vorhabens gewesen / da ihnen unmöglich gedaucht hätte / das Fräulein ohn Krieg zuerretten / mit einem Kriegs Heer von etlichen hundert tausenden Teutschen / Gothen / Böhmen und Römern / dem gantzen Parthischen Reiche einzufallen / da insonderheit die ihrem Wege zunähst gelegene es schon würden empfunden haben. Diese Hülffe stehet uns bevor / da wirs solten benöhtiget seyn / wie ich doch nicht hoffen wil; dann versichert euch / sie werden nicht scheiden / ehe und bevor das Fräulein aus Artabanus Händen gerissen ist / es geschehe durch List oder Gewalt. Als er hatte ausgeredet / gab Fürst Pusizes aus Assyrien eben diese Stimme. Hingegen saß Gobares als in tieffen Gedanken / merkete leicht /daß seinetwegen von unsern beyden Helden so viel geredet wahr / durffte doch den Persen und Meden nicht erzürnen / viel weniger war er willens / ihnen hierin beyzupflichten; suchte deswegen alle seine Beredsamkeit zusammen / die andern auff seine Meynung zubringen / und fing also an: Mir zweifelt nicht /O ihr Väter des Vaterlandes / unsere hochlöbliche Zusammenkunfft sey zum Schutze des allgemeinen Vaterlandes angesehen / vor dißmahl den bündigen Schluß zumachen / und dereins zuvernehmen / was uns allen wol und wehe tuhn muß / wobey niemand an seiner Sti e Freyheit wird gehemmet / noch seine Träue und Sorge vor das Vaterland und gemeine beste übel ausgedeutet werden. So bin ich nun mit dem GroßFürsten aus Persen Herrn Artaxerxes desses einig / daß unsere Kräffte und Vermögen übrig bestand sind / dem Parthischen Hunde die unbillicher weise angemassete Hocheit über unsere ädle Untertahnen zunehmen / wobey ich nicht allein die mir auffgelegte Anzahl an Volk und Geldern / sondern ein gedoppeltes zutuhn / mich hiemit versprechen wil. Aber die Götter verhüten diesen unverantwortlichen Schimpff / als solte diese Hochfürstliche Verbündniß zweer so junger Kerlen dergestalt benöhtiget seyn /daß durch deren Abgang das ganze Wesen gefahr leiden / oder vor deren Feindschafft sich zubefürchten haben müste / denen ich bald zween Ritter entgegen schicken wolte / die ihnen das Zahnweh benehmen würden / wann sie nur so gewiß an Feindes seiten dieneten. Aber wer versichert uns vorerst / daß sie mächtige Fürsten / und nicht vielmehr Landstreicher und Leutebescheisser sind? Doch gesezt solches; was sol uns ihre Hülffe? wollen wir ihnen etwa die obriste Feldherschafft über unsere Völker zustellen? Auff solche weise müsten zween fremde Jünglinge kommen /ohn Volk / ohn Geld / und so viel mächtige reiche Fürsten erlösen. Oder sind sie als verständige KriegsRähte zugebrauchen? wo sitzen ihnẽ dann die grauen Haare / die ihrer Klugheit Zeugen seyn? Es scheinet ja der eine einer jungen Metzen åhnlicher als einem Mannesbilde / und mangelt ihm vielleicht nichts als der WeiberRok. O ihr meine Herren / kein Susianer wird sich von ihnen befehlen lassen! Sie werden gedenken / man wolle ihnen Kinder zu Herren setzen / oder eine neue Weiber-Herrschafft[788] einführen. Doch lasset sie auch in diesem Stük hinstreichen /und gebet ihnen die Feld-Herschafft über; alsdann werden sie entweder unsere Völker auff die Fleischbank führen / dann was gehet sie fremdes Blut an? oder dafern sie den Sieg erstreiten / wollen sie das Parthische Reich zu Lohne haben; ja wol ein feiner Tausch / auß dem Tropffen in den SchlagRegen / aus der Sonnen Strahlen in das lohbrennende Feur. Aber ich höre / sie wollen unverbundene Freybeuter / wolte sagen / Freyreuter seyn; freylich unverbundene / weil sie vielleicht schon an anderer seiten sich verbunden; freilich FreyReuter / die nach belieben von uns zu dem Feinde / von dem Feinde zu uns reiten. Und wer weiß / was vor ein Geheimniß hinter dem gefangenen Fräulein stecket? Ists auch eine angelegte Karte / ihr meine Herren / und zu unser aller Verderben also durchstochen? Ich fürchte / ich fürchte / Teutschland wolle uns täuschen / dann wie ich vernehme / haben sie sich schon etliche Zeit zu Charas auffgehalten /und wir wollen ihnen nicht allein trauen / sondern sie überdas in unsern geheimen KriegsRaht oben an setzen. O ihr Götter / erleuchtet unsere Herzen / öffnet unsere Augen / und gebet nicht zu / daß ein so heilsames Werk so liederlich vergehe / und so manniches Fürsten-Blut des Henkers Schwert überliefert werde. Nun ihr meine Herren samt und sonders / ich kan vor Wehmuht nicht mehr reden / dann wo die himlische Gnade es nicht abwendet / sehe ich die Falle schon gestellet / und das Garn außgeworffen / damit man alle Fürsten dieser Versamlung berucken / und dem Bluthunde überliefern wil; welchem Unglük vorzubauen / rahte ich aufrichtig / und als ein Biderman /lasset fremde unbekante aus unserm Raht / und suchen sie etwa ein Geschenk / gebe man ihnen einen Reisepfennig / ich wil ein 50 Kronen mit zuschiessen / daß sie ihren Rit nicht vergebens und umbsonst getahn zuhaben / sich beschweren dürffen. Hiermit wil ich meine Meynung ohn Haß / Neid und Mißgunst geredet und beschlossen haben / und gebe der Hochfürstlichen Versamlung zubetrachten / was geringer Nutzen uns von diesen beyden jungen Leuten zuhoffen / und wie grosse Gefahr uns durch ihre vermuhtliche Verrähterey erwachsen könne. Artaxerxes und Phraortes wurden durch diese schmähliche Reden hefftig bewogen / wahren doch willens / die folgenden Stimmen zuhören; welche aber sich dessen wegerten /biß ihnen dieser jungen Fürsten Zustand etwas eigentlicher zuwissen gemacht würde; dann wo Fürst Gobares Argwohn gegrůndet währe / wüsten sie sich nicht herauszulassen; erwarteten demnach unterrichts / und hielten biß dahin ihre Stimmen zuruk. Artaxerxes fing darauff an: Wann Fürst Gobares sich nur der Vorsorge und Vorsichtigkeit / die allen geträuen Vorstehern des Vaterlandes gebühret / in seiner Rede gebrauchet hätte / wolte ichs an ihm rühmen; weil er aber alles zusammen geraspelt / was zu dieser fremden Fürsten Verkleinerung dienen kan / so gar / daß er weder GroßFürst Phraortes / noch meines ehrlichen Nahmens darunter geschonet / wüste ich dieses Kind wol zutäuffen / wann mir nicht die Bundes-Einigkeit lieber / als mein eigenes Ansehen währe; nur muß ich ihm dieses unangedeutet nicht lassen / daß er ja hernähst nimmermehr seine Zunge in so langem Zügel reite / wo er mir nit auff scharffe weise gedenket zu antworten; dann weil ich der Hoffnung gelebt / die ganze Hochfürstliche Versamlung werde mich vor redlich / und vor keinen Verrähter halten / wil ich alle Worte / so wider mich außgestossen sind / dem Winde befehlen / sie dahin zuverwehen / da keines redlichen Mannes Nahme hafftet. Hierauff nun zur Sache zu schreiten / so habe[789] ich zwar dieser beyder jungen Fürsten und teuren Helden in etwas Kundschafft / als der ich ihre Tapfferkeit versuchet; aber mein freundlicher lieber Oheim Herr Pharnabazus wird davon bessere Zeugniß ablegen / welchen ich bey seinen Ritterlichen Ehren und redlichem Nahmen ermahne / denen nichts zu liebe noch zu leide / sondern die reine nackete Warheit vorzubringen. Gobares wolte zwischen einreden / aber Artaxerxes erinnerte ihn / ihm stünde solches nicht zu / biß die Reihe ihn wieder träffe. Daher stund Pharnabazus auf von seiner Stelle / und fing also an: Durchleuchtigste Fürsten /Gnädige Herren; nachdem anjetzo ich gnädigen Befehl unter der allerhöchsten Ermahnung / empfangen /es der Durchleuchtigsten Fürsten und Helden / Herrn Herkules / und Herrn Ludisla Ehren-rettung auch erfodert / daß ich ausser der Ordnung reden sol und muß / wird verhoffentlich von niemand getadelt werden (es müste dann ein Feind der Warheit seyn) wann ich schuldigen Gehorsam leiste; Der Fürst von Susa /Herr Gobares / hält die jezt hochgedachte beyden Fürsten / Herrn Herkules und Herrn Ladisla / sehr schwerer Sachen verdächtig / indem er anfangs ihren Fürstlichen Stand / hernach ihren Verstand und Erfahrenheit / weiters ihre Manheit / und endlich ihre Auffrichtigkeit und Träue in Zweifel zihet. Nun wil mit hochgedachtem Fürsten von Susa mich deßwegen eben nicht in Streitigkeit einlassen / wie wenig ichs auch zuverantworten weiß / daß in meiner Anwesenheit ihren ehrlichen Nahmen ich solte kränken lassen; dann weil ich hoffe / Fürst Gobares habe keinen Willen sie zubeleidigen / sondern seine Furcht / die aus Unwissenheit herrühret / anzuzeigen / werde ich bloß nur einführen / wie ungũtlich diesen beyden Herren durch so schwere Auflagen geschihet / welche wider zehn Ritter zugleich mit dem Schwerte abzutreiben /sie sich nicht scheuhen würdẽ. Bettreffend ihren Fürstlichen Stand / ist ihnen nichts so sehr zuwider /als daß er mir und andern ohngefehr kund getahn ist /welchen sie in diesen Ländern nimmermehr solcher gestalt würdẽ offenbahret haben. Daß aber sie vermögene Fürsten sind / zeigen die grossen Gelder und treffliche Kleinot / welche sie in diese Landschafft mit sich geführet. Doch was hilfft michs / diesen Beweißtuhm zugebrauchen? Dann ein Verleumder könte sprechen / ich suchte das Fürstliche Blut mit Gelde zubehäupten; Zeige demnach an / daß die Königliche Böhmische Gesanten ich mit meinen Augen mehr dann einmahl zu Padua gesehen / welche ihren König Ladisla zu seiner Kron foderten. Ist nun dieser ein König / warumb ist dann sein Geselle minder /welchen er doch fast mehr ehret als liebet; er auch ein ungleich grösser Reich / als Böhmen ist / in nähester Erbschafft sol zugewarten haben. Dannoch gesezt /sie seyn keine Fürsten kan ihrer Manheit dadurch abgehen? Sie müssen ja zum wenigsten HerrenStandes seyn / sonst würde der Hochmögende Römische Stathalter zu Padua / Herrn Ladisla seine einige Tochter nicht verheyrahtet haben; über welcher Ehe sich doch derselbe zum höchsten erfreuet. Man lasse aber auch dieses ungegläubet; ihr Herkommen und Geblüt wird dem Feinde weder Schaden noch uns Vortel tuhn. Nun möchte ich gerne wissen / aus was Ursachen Fürst Gobares dieser beyder Fürsten Verstand und Erfahrenheit in Zweifel zeuhet; Wegen ihrer Jugend? Ja / ich gestehe / daß Jugend insgemein unverständig ist / aber doch nicht allemahl / noch bey allen / und müste trauen dargetahn werden / ob man in gestriger langwieriger Geselschafft ihrer einen unverständiger /als andere anwesende (verzeihet mir / ihr meine Gnn. Fürsten) hätte reden hören;[790] ich vor mein Häupt möchte wünschen / daß niemand bey seinen greisen Haaren seines Herzens Tohrheit mehr verrahten möchte / als diese Fürsten bey ihren unbegreiseten; sol ich dann von ihnen in diesem Stük die Warheit sagen / so bezeugens ihre bißher geführete Anschläge / dz mehr hinter ihnen stecket / als sie von sich selbst rühmen; ich vor mein Häupt gestehe willig und ohn Scham /daß in kurzer Zeit ich von diesen beyden Helden in Waffens gebrauch mehr gelernet / als ich zuvor gewust habe. Was sol ich nun von ihrer unerschrockenen / und durch so manniches Land hochgerühmter Mannheit und Herzhaftigkeit sagen? trauen es würde mir ehe an der Zeit / als an ihrer Tahten mannigfaltigkeit gebrechen / wañ ich gleich nur die vornehmsten berühren wolte / dañ ihr Nahme ist zu hoch gen Himmel gestigen; Rom das Häupt der Welt / so weit sich Nidergang erstrecket / schämet sich nicht / sie vor Schuz Götter ihres Italien außzuruffen. Daselbst habe ich ihre herliche gegossene Bildnissen auff dem Marsplatze gesehen / mit dieser Uberschrift: Der Paduaner Erretter; wie zu Padua imgleichen / mit einer herlichen Ehren-benennung. Solte wol jemand wähnen können / dieser unsterbliche Ruhm währe ihnen ihrer Jugend und Schönheit halben zugelegt? Nein O nein! ihre Faust uñ ritterlicher Helden-muht hats erworben /in dem sie etwa mit 36 Reuter in die 200 bewehrete Räuber / alle trefliche Fechter und versuchte Hauptleute erschlagen / welche ihre Werbungen auff viel tausend angestellet hatten / ganz Italien zuverderbẽ. Was ich sonsten vor Wunder von ihnen in ernstlichen Kämpffen und Schimpff-Stechen gesehen / ist unnöhtig / zuerzählen. Und sehet / Durchl. Fürst Gobares /solchen Helden wollet ihr 50 Kronen zur Reise zehrung geben / die / so wahr ich ein ehrlicher Ritter bin /in Padua einer fremden Stad / über 150 Tonnen Schaz / an baarschaft / Kleinoten und anderen Kostbarkeiten haben; und geliebt es euch / mein Fürst / kan eure Gn. ihren Nohtpfennig zu sehen bekommen / den sie bey sich führen / und auff acht Tonnen Goldes außträget. Aber O ihr redliche / auffrichtige und geträue Seelen /Fürst Herkules und Ladisla / muß man anhören / daß ihr der Verrähterey / der Freibeuterey / der Träulosigkeit sollet beschuldiget werden? ich leugne nicht / daß mir solches zeihen nicht anders als ein blutiger Stich durchs Herz gangen / welches ich an einem andern als diesem Orte nit würde haben unverantwortet gelassen / hätte mirs gleich mein Leben gekostet. Ihr wollet eure geträuen Freunde / den GroßFürsten Phraortes /welchen ihr euren Vater nennet / und seinen wolgerahtenen Sohn Fürst Arbianes / der euch mehr liebet als sich selbst / in die Hände des Henkers liefern? O Fürst Gobares / was bewäget euch / dieses ungeheure Bubenstük ihnen beyzumässen? muß man aus blossem Argwohn oder Mißgunst / solche Dinge tichten /und ungescheuhet außreden? Aber ihre Frl. Schwester ist bey Artabanus; ist wahr / aber hat GroßFürst Phraortes sie nicht dahin geliefert? ihr seid auch selbst eine zeitlang zu Charas gewesen; O freuet euch / daß GroßFürst Phraortes euch daselbst beygewohnet / und eures tuhns / und lassens Fürstliches Zeugnis geben kan. Gilt dann nur blosses argwohnen / so muß man den Medischen GroßFürsten auch aus dieser Hoch Fürstlichen Versamlung bannen / und ihm 50 Kronen / hätte schier gesagt 50 Groschen vor seinen Rit geben / dz er sich nit zubeklagen habe; ja dessen Durchl. wird mehr und tieffer als jene beyde Helden im Verdacht stecken / dañ er hat sich bey dem Könige daselbst auffgehalten / ihm das Fräulein zugeführet /ist von ihm deßwegen Königlich[791] begnadet / und zum geheimen Raht erkläret. Verzeihet mir / ihr Durchleuchtigsten Fürsten / daß ich so kühn rede: Entweder GroßFürst Phraortes / Herr Mazeus / uñ meine geringfügigkeit müssen Verrähter seyn / oder die fremden laßgesprochen werden; dann wir haben sie hergeführet / wir haben münd und schrifftlich bey ihnen angehalten / sich hieselbst einzustellen; Bin ich dann ein solcher Bube / so habe ich mich viel zu lange in dieser Fürstlichen Geselschaft auffgehalten. Artaxerxes sahe / daß er sich zu eifern begunte / und ihm die Adern an der Stirn blutig auffquollen / daher befürchtete er sich einer schärffern antastung gegen Gobares /welches zuverhüten / er ihm in die Rede fiel / und mit dieser gütigkeit darzwischen kam: Geliebter Oheim; meines Herrn Bruders G Fürst Phraortes / wie auch eure und H. Mazeus Redligkeit und auffrichtige Träue / ist uns allen mehr als zu viel bekant / und die solche in zweiffel zihen wolten / müsten darüber zuschanden werden; lasset deßwegen es geschehen seyn / wie ich euch mit meinem Beyspiel vorleuchte / daß Fürst Gobares seyn Herz des Argwohns entladen hat / weil ihm zweifels ohn unbewust ist / daß diese beyde Helden mit euch umgangen sind; die übrige HochFürstliche Geselschafft wird zu euch viel ein besser vertrauen haben / als daß ihr unter so hoher erinnerung diesen fremden Fürsten ichtwas zu liebe oder leide reden soltet / insonderheit / daß mit unser aller Gefahr geschehen möchte. Wollen demnach gerne vernehmen / ob Fürst Gobares wichtige oder sonst nur scheinbahre Ursachen seines Argwohns hat / welchen er / wie seine Worte mit sich bringen / fast ausser zweifel setzen darff; welches er dann freilich uns nicht wird ungemeldet lassen / damit wir uns desto besser vorsehen / und wie er gestimmet hat / diese beyde fremdlinge abschaffen mögen. Hier entfiel dem feigen Gobares der Muht / dann Pharnabazus Mannheit wahr ihm bekant / vor dem er sich fürchtete / gab also näheres kauffs / und antwortete: Weil es ein wichtiges Werk ist / damit wir umbgehen / habe ich / was sich etwa zutragen könte / meiner Meinung nach andeuten /aber nichts gewisses bejahen wollen / wie Herr Pharnabazus vielleicht wähnet / dessen / wie auch des Durchl. GroßFürsten Phraortes und Herrn Mazeus Redligkeit / ich mit keinem Worte anzugreiffen willens bin / und daß ist in dieser HochFürstl. Versamlung meine Stimme; die beyden Fremdlinge / als welche in unsern Bund nicht gehören / gehen mich nicht an / werde auch ihretwegen kein Wort mehr verlieren. Wolan / sagte Phraortes / wann ich dann vor redlich kan erkennet werden / so setze ich meine Redligkeit zum pfande / und wil derselben in alle Ewigkeit verlustig seyn / dafern diese beyde Helden mit Verrähterey umbgehen / oder einige träulose Ader an sich haben; mehr wil ich vordißmahl nicht sagen / umb weiteres Gezänke zuverhüten. Darauff gab nun Fürst Menapis aus Hirkanien seine Stimme folgender gestalt: Ich vernehme ein solches Zeugnis von diesen beyden jungen Fürsten / daß man ihre Hülffe und Beystand zuerhalten sich billich bemühen sol; angesehen / die meisten unter uns zwar Mittel und Völker herzugeben / aber nicht / mit der Faust den Feind anzugreiffen gemeinet sind; müssen demnach uns nach solchen umbtuhn / welche hierzu vor andern düchtig erfunden werden; eines Fürsten Redligkeit mus man nicht aus ungegründetem Argwohn in zweifel setzen /sonst würden wir unter uns selbst bald deßgleichen anfahen; halte also nicht allein vor gut / sondern auch hochnöhtig diese Herren nicht zubeschimpffen / sondern sie vielmehr gar in unsere Verbündnis auffzunehmen / da es von ihnen zuerhalten ist /[792] auff daß sie desto mehr Ursach haben / unsern Feind zu hassen /und unser bestes zusuchen; dann es gehe wie es wolle / der Nutzen bleibet doch unser von allem was sie gewinnen werden; und darff ich meine Meinung sagen /so sehe ich sie fast vor Götter-Kinder an. Dieser Meinung fielen die übrigẽ einträchtig bey / und bahten Gobares / da er einigen Wiederwillen gegen sie gefasset hätte / wie man aus seinen Reden nicht anders urteilen könte / möchte er durch unzeitige Bewägung dem gemeinen Wesen nicht abbruch tuhn / oder zum wenigsten die Ursachen seiner ungewogenheit mit beständigem Grunde darlegen / alsdañ solte ihm gebührlicher Beyfall gegeben werden. Gobares ward über solche Erinnerung unwillig / und antwortete: Weil er überstimmet währe / müste ers geschehen lassen / daß ihrer Dienste gebrauchte wer da wolte / er vor sein Häupt hätte ihrer viel zu wenige Kundschaft / daß er festen Grund auff sie bauen solte / und zweifelte nicht / Artaxerxes währe ihnen allen Feld Obristens genug /andere Kriegsbeamten würden sich leicht finden / und hätte man deren bereit zu guter gnüge. Diese Wiederspenstigkeit ging ihnen allen sehr zu Herzen / daß auch Artaxerxes seinen Zorn nicht mehr meistern kunte / daher er zu der Versamlung also anfing: Ihr redliche Bundsverwanten / was vor eine wichtige Sache wir vor dißmahl abzuhandeln haben / ist eurer keinem unwissend; wann dañ Fürst Gobares etwas vornimt / daß ein weites Aussehen zu haben scheinet /frage ich hiemit um / ob er nicht schuldig sey / einen Abtrit zu nehmen / daß man sich einer Antwort vergleiche / damit er sich müsse begnügen lassen. Sie wahren dessen alle mit ihm einig / muste demnach in ein Nebengemach treten / biß man sich eines Bescheides verglichẽ hatte / da er wieder gefodert ward / und Artaxerxes ihm dieses vorhielt: Fürst Gobares / ihr habt durch eure ungegründete Wiederspenstigkeit die ganze HochFürstliche Versamlung bewäget / daß man euch im Grunde nicht trauen kan / ob ihr nicht gefährliche Dinge vornehmen dürfftet / wann man nicht eben eurem Willen gewonnen gibt / welcher den blinden Bewägungen unterworffen seyn scheinet /daher man dann Ursach gnug hat / euch in eine ehrliche Gewarsam zu nehmen / biß man eurer Auffrichtigkeit besser versichert ist; damit ihr aber sehet / daß nichts gegen euch aus Wiederwillen / sondern zu des gemeinen Wesens versicherung alles vorgenommen werde / wird euch hiemit die Wahl gegeben / ob ihr lieber bey dieser gegenwärtigen Fürsten einem / den ihr selbst kiesen möget / verbleiben / oder von allen und iedem dieser Fürsten / einen redlichen Ritter zu euch nehmen / mit denen nach Sasa zihen / uñ stets ihrer zum wenigsten drey / Tag und Nacht umb euch leiden wollet, die auff alles euer Vornehmen acht geben. Darauff habt ihr euch zuerklären. Gobares erschrak hierüber daß er bebete / und gab diese Antwort: Durchll. Fürsten / ich ruffe alle Götter zu Zeugen / daß mein Herz und Gemüht dem Wüterich Artabanus / und seiner unrechtmässigen Herrschafft dergestalt feind und zuwider ist / daß ich ehe sterben / als demselben hold und zugetahn werden wolte. So wird auch kein Mensch aus meinen Reden dessen einigen Argwohn fassen können / daß eines Verrähters Gedanken bey mir seyn solten / wie ich dañ bereit und willig bin / mich dessen durch den allerbündigsten äid zu entbrechen; in betrachtung dessen bitte ich / daß dieser Schluß wiederruffen / und ich des gar zunachteiligen Schimpffs entno en werde, mit dem Erbieten / daß da einiger Mensch ein fünklein solcher unträue an mir spüren wird / ich mein Fürstentuhm / Ehr und Leben wil verwirket haben. Er muste darauff[793] abermahl einen Abtrit nehmen / und auff des Hirkaniers Verhandlung / ward ihm alles erlassen / jedoch daß GroßFürst Artaxerxes ihm einen guten Verweiß geben solte / welcher ihn dann also anredete: Fürst Gobares / ihr bezeiget auffs minste schlechten Willen zur Einigkeit / stehet auch fast verwägen / daß ihr euch dürffet brüsten / als verstündet ihr das Werk besser als die ganze HochFürstl. Versamlung; sol ich Obrister Feldherr seyn / so werde ich trauen euch nicht fragen / was vor Heerführer ich bestellen wolle / es währe dañ / daß ihr euch einer Oberauffsicht über mich annehmen woltet / welches ich euch schwerlich gut heissen würde, werdet demnach solches hinfüro einstellen / und nicht aus eigenem ganz unbilligem getrieb euch dem ganzen Schlusse mehr wiedersetzen; habt ihr aber auff dieser Helden einem oder andern absonderlich zu sprechen / so sagets ihnen auff Ritters Art unter Augen und versichert euch / daß sie euch stehen werden; erinnert euch daneben / daß eure spitzige Worte / derẽ ihr mañiches außgestossen / König Artabanus uñ sein grosses Kriegs-Volk nicht fellen werden / sondern die das Schwert zugebrauchen wissen / deren sind wir hierzu benöhtiget. Und lieber saget mir doch / währe es nicht besser / wir spareten der Einwohner Blut / und setzeten dem Parther lauter fremde entgegen / unsere Mannschaft zuerhalten? und ihr wollet die Außländischen nicht eins zu lassen. Doch bemühet euch nicht zu hart / wir haben noch keine Zusage / daß sie von uns bestallung annehmen wollen / dann sie achten unsers Geldes viel weniger als wir selbst / und weiß ich einen / der ihnen zur Freundschaft andenken auff 8000 Kronen wert Ringe geschenket / dem sie gedoppelt so viel wieder einreichen lassen. So zeige ich nun im Nahmen dieser Fürstlichen Geselschaft euch hiemit an / daß man euch nicht allein der Verwahrung sondern auch des Verdachts entnehmen wil / weil wir ingesamt der Zuversicht geleben / ihr werdet bey dem geschlossenen und so fest veräideten Bunde träu- und redlich halten. Gobares ließ alle harte Reden unbeantwortet / und wahr froh solcher Erlassung / daher er sich zu aller Redligkeit anerboht. Nach dessen stillschweigen aber stund Arbianes auff / und baht sehr demühtig / das ihm ein Wort zu reden erläubet seyn möchte; da ihm sein H. Vater antwortete / es würde ihm solches gegönnet seyn / wañ es ohn einiges Menschen Beschimpfung geschähe. Worauff er also anfing: Durchleuchtigste Fürsten / gnädige Herren; ich habe heut diesen Morgen etliche Reden anhören müssen / durch welche vor erst mein gnädigster H. Vater hernach die Durchleuchtigste Fürsten / H. Herkules und H. Ladisla an ihren HochFürstlichen Ehren höchstschimpflich angezapffet sind; wañ ich nun dasselbe stilschweigend vorbey gehen liesse / dürfte mirs schier heut oder Morgen verweißlich vorgehalten werden / ob hätte ich einen solchen Vater und solche Freunde gehabt; welches zuverhindern und abzulehnen ich der getahnen Lästerung mit wolbedachtem Muht wiederspreche / sie in des Verleumders Busem schiebe / und so einer zugegen seyn möchte / der Fürst Gobares schmähungen vor rechtmässig halten wolte / denselben fodere ich hiemit auff erläubniß aus / auff den innersten Plaz daß er mit seinem Seiten Gewehr sich darstelle / und mit mir ohn alle andere Waffen / den Kampf auff Leib und Leben antrete / nachdem ich mich versichere / daß ich weder von einem Berrähter gezeuget bin / noch von Verrähtern je etwas gehalten habe. Mit diesen Worten nahete er sich zu der Tühr /und sagte: Gobares du Verleumder / kom und verantworte dich mit der Faust / bistu redlich. Die Fürstliche Geselschaft entsetzete sich der[794] Erklärung; sein Vater aber redete ihn also an: Stelle dich mein Sohn auff den Plaz / nachdem du das Wort gesprochen hast; aber daß du bey verlust meiner Väterlichen Hulde keinem Menschen die Ursach deines außfoderns wissen lassest. Gobares erblassete dieser Reden / und nach Arbianes Abtrit fing er an: Durchl. GroßFürst / Artaxerxes / bin ich schuldig dieser Außfoderung zu stehen / alsdann wird GroßFürst Phraortes mirs nicht zum ungleichen außlegen / wann ich ihn seines einigen Sohns beraube. Wans redlicher Weise vor der Faust geschihet / antwortete Phraortes / alsdann ist eure Liebe wol entschuldiget / und wird dieselbe das ergangene mir nicht zuschreiben / sondern vielmehr bedenken / daß / wer alles redet was er wil / offt hören müsse was er nicht wil; so weiß auch der jugend Hitze nicht so wol / als die grauen Haar sich zu mässigen / und deute ich überdaß euer Liebe zur Nachricht an / daß sie nicht so gar einen ungerahtenẽ Schüler des GroßFürsten Herkules / an meinem Sohn finden werde. Fürst Pusizes schlug sich darzwischen / uñ baht sehr / es möchte die Fürstl. Versamlung bedenken / wann dieses Gefechte vor sich gehen solte / wie Artabanus und seine Leute sich darüber kitzeln würden / hoffete deßwegen / man würde sich bemühen /diese Streitigkeit ohn Kampff auffzuheben. Wem wahr hiezu lieber als dem verzageten Gobares / welcher also anfing: Ja eben dieses betaure ich am meisten / sonst solte mir nichts liebers als die Rache seyn; Da nun der junge Fürst sich eines andern bedenken / uñ seine Außfoderung wiederruffen wird / sol an meiner seite alles vergeben und vergessen seyn / ungeachtet er ohn alle gegebene ursach / mich ehrenrürig angetastet / als der ich weder seinen Herr Vater noch die fremden einiger Verrähterey beschuldiget habe /sondern nur blosse anzeige getahn / was von fremden vorgenommen werden könte; solten aber meine Reden anders verstanden seyn / so bedinge ich mich auffs zierlichste. Wolan / sagte Artaxerxes / so ist der Span auffgehoben / redete Pharnabazus etliche heimliche Worte ins Ohr / und baht ihn / Arbianes wieder herein zuruffen; welches ungeseumet geschahe / welcher auch nach empfangenen Unterricht also zu Gobares redete: Es ist mir sehr lieb / Durchl. Fürst / daß euer Liebe Reden ich in ungleichem Verstande auffgenommen / und hiedurch unsere Streitigkeit geendiget ist; hoffe demnach / eure Liebe werde des ergangenen vergessen / und mir gewogen bleiben. Dieser legte solches vor eine Abbitte aus / und erklärete sich zu aller Freundschafft. Worauff Fürst Pusizes / Herr Pharnabazus und Mazeus von der Fürstl. Geselschafft erbehten wurden / unsere Helden herzubitten; welche sich willig einstelleten / und von Artaxerxes also angeredet wurden: Durchleuchtige Fürsten; Aldie weil der tapffere Vorsatz dieser Fürstlichen Versamlung / Euren Liebden gnug wissend ist / als welcher in Befreihung des algemeinen Vaterlandes von dem Parthischen Joche bestehet / und Eure Liebden sich gutwillig finden lassen / uns darinnen beyständig zuseyn / wollen sie sich zu uns nidersetzen / umb zuberahtschlagen /wie uñ auf was weise wir unserm vornehmen den gewünschten Anfang machen können. Ladisla antwortete: Durchleuchtigster G Fürst / Gn. Herr; daß Ihre G Fürstl. Durchl. im Nahmen dieser Hochfürstl. Versamlung in ihren Hochweisen Raht uns einfodern wollen / erkennen wir als eine sonderliche Gnade und Gewogenheit / deren wir zeit unsers Lebens schuldig seyn müssen; weil aber wir dieses Orts fremde und ausländische sind / und alhie weder zugebieten noch verbieten haben / als wil uns nit geziemen / ihren heimlichsten Rahtschlägen beyzuwohnen / oder selbige eins zuwissen / sondern[795] nachdem Ihre Durchll. werden geschlossen haben / werden sie uns befehlen die Vollstreckung verrichten zuhelffen / worzu wir uns erstes Tages fertig halten / mit einem Heer nach den Grentzen gehen / und unserer Gesandschafft von Charas daselbst erwarten / auch / weil wir keine andere / als ungenehme Antwort von Artabanus uns vermuhten / bald nach solcher Erlangung den feindlichen Einfall in sein Land tapffer wagen wollen; Inzwischen bitten wir sehr / uns die Stücke vorzulegen / worauff unsere äidliche Verbindung muß gegründet seyn. Nahmen darauff einen Abtrit / und bahten die Fürsten / sich darüber zuvereinigen. Nach ihrem Abwich sagte Artaxerxes zu den Versamleten: Ich wüste nicht / was ich an dieser Herren Höfligkeit tadeln / vielweniger hassen solte / es währe dann / daß ich ihren mißgönnete / höflich zuseyn; werden uns deßwegen gleicher Tugend befleissigen / und keine höhere åidesleistung ansetzen / als die solchen Fürsten wolständig ist; schlossen also / nur auff folgende zwey Stük eine freywillige Zusage durch den Handschlag von ihnen zunehmen; daß sie nach aller Mögligkeit das gemeine beste befodern / und dem Feinde schaden wolten; welches sie auch träulich angelobeten / doch biß auff ihrer Gesanten Wiederkunft. Des Nachmittages ward Herkules zu raht / seinen Plautus nach Jerusalem an den Stathalter zusenden / weil er dessen Dienste ohndas nicht mehr benöhtiget wahr; schickete Frl. Lukrezien überaus schöne und köstliche Kleinot / uñ dem Bischoff daselbst 10000 Kronen / unter arme und nohtleidende Christen zuverteilen; welcher des folgenden Morgens unter einer Begleitung von 60 Medischen Reutern / welche Arbianes dahin gebracht hatte / sicher fortging / und daheim wol empfangen ward /da er alle Begebnissen erzählen muste / reichte auch seine Schreiben an den Stathalter und das Frl. ein /welche mit lauter Danksagungen angefüllet wahren; Und als das Fräulein daraus vernam / daß die Kleinot ihr von dem geraubeten Königlichen Fräulein / zur Dankbarkeit deren / ihrem versprochenen Bräutigam erzeigeten schwesterlichen Hulde und Freundschafft (dann also schrieb Herkules) übergeschicket würden /sagte sie: Der Allmächtige Gott gönne mir dieser hochwirdigen Fürstin Kundschafft / nachdem sie aus ihrem Gefängniß in freyen Stand wird gesetzet seyn.

Des nähstfolgenden Tages nach gehaltenem KriegsRaht zu Persepolis / schieden alle Morgenländische Fürsten in stiller geheim / und mit schnellen Pferden davon / ein jeglicher nach seiner Landschafft /und eileten sehr / ihre Völker zusammen zubringen; und feyreten unsere Helden auch nicht / sich zum Feldzuge fertig zumachen / welchen sie auf angestimmete Zeit fortsetzen wolten. Zehn Tage nach deren Abzug von Charas wolte Artabanus schier unsiñig werden / vor unmässigen Liebesbegierden gegen das Fräulein / welches durch ihrer Hofmeisterin Fr. Sysigambis Vernunfft noch rükstellig gemacht ward. Weil dañ das Fräulein ihrem Herkules solches gerne zuwissen getahn / und dadurch seine Zukunfft beschleuniget hätte / aber darzu keine gelegenheit sahe / dann ihren Timokles wolte sie auf allen fall bey sich in der Stad behalten; erdachte sie diese List: Sie beklagete sich /daß ihrem Bruder und Oheim sie gar zu einen stolzen Brief geschrieben hätte / welcher ausser Zweifel sie zu grossem Widerwillen antreiben würde / währe demnach ihr herzlicher Wunsch / die gelegenheit zuhaben / daß bey einem vertraueten Bohten sie ihnen ein Schreiben übersenden könte / daß der König davon im wenigsten nichts erführe; damit aber auff solchen fall[796] sie nicht zufürchten hätte / als wolte sie ichtwas gefährliches vornehmen / solte sie den Brief / ehe er versiegelt würde / selbst lesen / daraus sie sehen würde / daß alles dem Könige zum besten von ihr vorgenommen würde; Und sehet da / meine geliebte Freundin / leset ihn gleich alsbald / weil ich ihn schon auffgesetzet habe; befindet ihr dann / daß es nicht raht sey / wil ich meine Meynung gerne endern. Diese ließ sich dessen nicht eine Sau dünken / daß das Fräulein ihre grösseste Heimligkeit ihr anvertrauete / wegerte sich anfangs den Brief zu lesen / aber auff ernstliches nöhtigen nam sie ihn zu sich / rühmete anfangs die wunderzierliche Schrifft / und fand folgenden Inhalt: Durchleuchtigste Fürsten / herzgeliebete / Herr Bruder und Herr Oheim. Daß mein voriges Schreiben / als gar zu frech und verwägen / Euren Liebden wenig gefallen habe / trage ich keinen Zweifel; nachdem aber ich mich eines bessern bedacht / bitte ich Schwesterlich / mir diesen Fehler zuvergeben / in meine höchstglükliche Heyraht gerne einzuwilligen / und inwendig dreyzehn Wochen euch hieselbst anzufinden / auff daß des grossen Königes und mein glükliches Beylager durch ihre ansehnliche Gegenwart möge gezieret / ich auch von euch als meinen nähesten Anverwanten seiner Königlichen Hocheit zugeführet werden. Bedenket doch / ihr meine geliebte Herzen / wie verächtlich es stehen werde / daß ich als eine Verwanten-lose allein seyn sol; und ob diese meine Heyraht / welche gegen genante Zeit ganz gewiß vor sich gehen wird /euch etwa möchte zuwider seyn / welches ich doch nicht vermuhten kan / so bedenket / daß kein Mittel in der ganzen Welt ist / solche Heyraht zuhindern / und lasset euch deswegen / bitte ich / gefallen / was nicht zuendern stehet; Ich versichere euch / meine liebe Herzen / daß ihr solche Gnade bey eurem und meinem Könige antreffen werdet / welche allen Unwillen / da einiger bey euch seyn solte gänzlich tödten und austreiben wird; Ach es ist mir sehr zuwider / daß ich vernehmen muß / ihr haltet euch in Feindes Landen auf; doch weil ihr mit der Auffruhr nichts zuschaffen habt / wird der grosse König euch deswegen nicht ungnädig werden. Lebet wol / meine Herzen-Freunde / und erfreuet bald mit eurer hochbegehrten Gegenwart / eure ergebene und geträue Schwester und Wase / Herkulisken die glükselige / Groß Königliche ver lobete Braut / und schierkünfftige herschende Groß Königin aller dieser Länder.

Nach Verlesung sagte Sysigambis: Warumb wil doch eure Gn. diesen Brief so heimlich fortschicken /da doch dem Könige nichts angenehmers seyn würde /als wann seine Hocheit dieses Vorhabens solte berichtet seyn. Durchaus nicht / meine Freundin / antwortete sie / ich habe grosse ursach / solches noch zur Zeit vor dem Könige zuverbergen; überdas möchte ich gerne sehen / daß etwas gutes geschaffet würde /daran niemand teilhätte / als ihr und ich. Ist dieses ihrer Gn. Wolgefallen / sagte jene / so wollen wir bald zu einem geträuen Bohten Rahtschaffen; Eure Gn. weiß / daß mein Sohn von dem Könige offt in schleunigen Verschickungen gebraucht wird / weil er sich weder zu Nacht noch Tage zureiten wegert / so gerne hänget er auff den Pferden. Diesem wil ich das Schreiben zustellen / und mündlichen Bericht erteilen / wohin ers bringen sol. Das währe der allersicherste Weg / sagte das Fräulein / und daß euer Sohn meinen gn. Willen sehe / so schenke ich ihm diesen Ring (welcher 2000 Kronen wert wahr) den ihr ihm geben /und dadurch zu aller möglichen Eile / insonderheit zur Verschwiegenheit ihn ermahnen sollet. Diese geitzige Frau nam das treffliche Geschenk mit hoher Danksagung zu sich / mit dem erbieten / alles gebührlich zubestellen. Wolan / sagte das Fräulein / so gehet hin /und hohlet mir ein angezündetes Licht / daß ich den Brief alsobald versiegele; Als diese nun darzu willig wahr / verwechselte das Fräulein den Brief mit einem andern / welchen sie auff diesen fall schon verfertiget hatte / und gleich wie der vorige zusammen gefalzet wahr; welcher Betrug ihr wol[797] von statten ging / und jagete dieser Bohte dergestalt mit abgewechselten Pferden fort (dero behueff er stets einen Königlichen Befehl bey sich führete) daß er des vierden Tages nach seinem Auffbruch zu Persepolis wahr / da des folgenden Tages unsere Helden mit ihrem Heer fortgehen wolten. Herkules saß gleich und beklagete gegen Phraortes / daß seinem Fräulein die Zeit lange wehren würde / ehe er zu ihrer Erlösung sich würde einstellen / und muste er doch nohtwendig seine Reise nach Charas auffschieben / damit er seinem vorhabenden Getichte die rechtgültige Farbe anstreichen könte. Unter diesem Gespräch trat Tyriotes zu ihm / mit bericht / es währe ein Schreiben von Charas an ihre Gnaden abgeschikt / welches niemand als ihr selbst könte eingereichet werden / und währe ihm der Bohte allerdinge unbekant / ein feiner Jüngling / und gutes ansehens / ohngefehr seines Alters von 18 Jahren. Herkules foderte ihn vor sich allein / und vernam /daß er von seiner Fr. Mutter / der Königlichen Fräulein Herkuliska Hofmeisterin / in schnellester Eile abgefertiget währe / zween fremden Fürsten / höchstgedachter Fräulein nähesten Anverwanten nachzufragẽ und ihnen ein Schreiben einzuhändigen / zweifelte allem ansehen nach / gar nicht / Ihre Gn. würde deren einer seyn; vermeldete ihm seiner Fr. Mutter Gruß /und gab den Brief gebührlich über / aus dessen Auffschrifft er alsbald die Schreiberin erkennete / brach ihn auff / und lase folgenden Inhalt: Herzallerliebster Schatz und Vertrauter; nähest anmeldung meines Grusses verhalte demselben nicht / was gestalt König Artabanus / seinem vorgeben nach / durch Träume geschrecket / zehn Tage nach euer Liebe Abzug hefftig in mich gedrungen / in unverzügliches Beylager einzuwilligen / so daß er sich nicht gescheuhet hat / harte Dräuungen mit einzumischen; Ich hingegen habe anfangs alle freundliche Mittel angewendet / ihn abzuhalten / und als dieselbige nicht helffen wollen / sondern er mir einen güldenen Wagen geschikt / auff demselben zu ihm zufahren / keiner andern ursach wegen / als seinen Mutwillen zuvergnügen / habe ich mich gegen ihn schrifftlich erkläret / ich gelebete der gewissen Zuversicht / Ihre Königl. Hocheit würde die auff ihrem heiligen Stuele mir getahne hohe Zusage unbrüchig halten / oder zum wenigsten meines Dieners Wiederkunfft erwarten / dann ich müste entweder die Zeit des Gelübdes aushalten / oder von der Geistligkeit meines Vaterlandes durch gewisse Opffer der Göttin Vesten versöhnet und loßgesprochen werden / welches vor Ankunfft meines Dieners Valikules zu Prag / (wozu ich noch sechszehn Wochen rechnete) nicht geschehen könte; solte nun zum allerwenigsten vor endigung solcher Wochen / Ihre Hocheit in mich dringen wollen / müste ein schleuniger Tod mich wider alle Gewalt schützen; bähte demnach / Ihre Königl. Hocheit wolte sich eigentlich erklären / ob ich leben oder sterben solte; dann keine Macht dieser Welt könte mir auff solchen fall den Tod hindern. Nach dessen Verlesung hat er sich als ein wütiger Löue sehen und vernehmen lassen /und in solchem rasen befohlen / mich ihm lebendig oder tod zuliefern / welches dann ohn zweifel währe vor sich gangen / dafern meine geträue Hofmeisterin / die ich zu ihm abgeschikt hatte / durch demühtige Einrede es nicht abgewendet / indem sie ihm sonst eine schöne Jungfer zugeführet / nachgehends / nach seines Wuhts Erkühlung / ihm etwas härter zugesprochen / was ihm mit meinem Tode gedienet seyn könte. Er hat aber durchaus nicht nachlassen wollen / biß ich aus höchster Noht gezwungen / ihm von heut über vierzehn Wochen die Vollstreckung der Heyraht zusagen müssen / weil alsdann meine Sache zu Prage würde können richtig seyn. Nun mein allerliebstes Herz / ihr werdet dieser Tage euch zugebrauchen wissen / oder euer lebendigen Valisken euch begebend / aus ihrem Tode die unfehlbare Kundschafft festgehaltener Träue nehmen; auff welchen fall ich euch durch den wahren Gott beschwöre / daß ihr eurem Leben meinet wegen keine Verkürzung antuht / sondern wider den unkeuschen Bluthund eure Rache vorbehaltet. Zeiger dieses meynet / euch ein Schreiben zuliefern / in welchem ich euch und meinen Bruder zum Beylager einlade / werdet es wissen zubeantworten / daß[798] meine Hofmeisterin es lesen dürffe; Ist aber Hoffnung und Trost übrig / das sendet mir bey einem vertraueten zu. Nähest Begrüssung meines herzlieben Bruders und aller guten Freunde / befehle ich uns ingesamt dem Schutz Gottes. Eure vollkommene Freundin / Valiska / die herzlich bekümmerte.

Das lezte Wort dieses Briefs kränkete den verliebeten Fürsten / daß ihm die Trähnẽ aus den Augen schossen / nach deren abwischung er unten im Brieffe diese Worte gezeichnet sahe; dem Boten ein gut Trinkgeld; fragete demnach denselben; guter Jüngling /von wem habt ihr das Schreiben empfangen? von meiner Fr. Mutter / antwortete er / die mir vertraulich offenbahret hat / das es von dem Königlichen Fräulein selbst geschrieben sey. Sie hat euch die Warheit vertrauet / sagete er / hätte aber der Mühe sparen können / dann ich ihr schon vor etlichen Tagen einen Brieff zugeschicket / worauff ich Antwort erwarte; weil ich dann eine gewirige noch zur Zeit hoffe / müsset ihr eure Mühe nicht umsonst angewendet haben; befahl Tyriotes / daß er ihn wol halten / Morgen früh ihm 600 Kronen verehren / und damit fortzihen lassen solte. Er aber setzete ein kleines Brieflein auff / welches dem Bohten zugestellet ward. Des folgenden Morgens sehr früh muste Tyriotes mit einem geheimeren Schreiben fortgehen / welcher / weil er Geldes genug bey sich hatte / allenthalben frische geruhete Pferde mietete / so daß er in fünff Tagen zu Charas wahr. Gallus mit seiner Geselschaft seumete sich auch nicht lange auff dem Wege / und ritten des Königes Leute / welche Plautus begleitet hatten / mit ihm zurük. Als er sich zu Charas angeben ließ / ward er neben den andern alsbald vor den König gefodert /welcher in den Gedanken stund / es würden seine vermeinete Schwäger nicht Worte gnug haben finden können / vor die angebohtene Gnade zu danken /worin er sich heßlich betrogen fand / weil der ansehnlichste von den Abgesanten die zurük geschikten Gelder und Kleinot / wie sie vom Könige selbst versiegelt wahren / vor sich her tragen ließ / und nachdem er sie vor des Königes Füssen nidergelegt hatte / also anfing: Es lassen unsere allergnädigste Herren / die Großmächtigsten Fůrsten / Herr Ladisla / König in Böhmen / und Herr Herkules GroßFürst der unüberwindlichen Teutschen / ihrer Königl. Hocheit gebührlichen Gruß vermelden / übersenden gegenwärtige Schreiben / eines an ihre Königl. Hocheit / das ander an das Königl. Fräulein / der Hoffnung gelebend /ihnen werde auff beydes behägliche Antwort wiederfahren. Der König verwunderte sich des schlechten Grusses / und was die niedergesetzeten Beutel vor bedeutung hätten / ließ die Gesanten abtreten / und lase beyde Brieffe / worüber er sich so heftig / eiferte / daß er die Abgesanten in das Stokhauß legen ließ. Nun mögen wir uns wol schämen / sagte er / daß wir diesen undankbahren so hohe Gnade angebohten. O ihr ungehöfelte grobe Bauren / sagte er / die ihr solcher Tugend-ergebenen Schwester allerdinge unwirdig seid; aber wolan / wir werden an stat des angebohtenen Gnaden-Brunnen / ihnen den Abgrund der ernstlichen Straffen auffdecken / und die leicht sinnigen verwägenen Buben nach verdienst peitschen und streichen lassen. Sendete dem Fräulein einen Diener / mit begehren / daß ihre Hoffmeisterin zu ihr kommen solte / und als dieselbe sich einstellete / fragte er / wie sich das Fräulein bezeigete / und ob sie bey der getahnen Verheissung beständig verbliebe; welche ihm zur Antwort gab / es hätte ihre Königl. Hocheit sich im geringsten nicht zubefürchten / daß das Fräulein Krebsgängig werden solte / als welche nie kein Wort geredet / dem sie nicht Krafft gegeben hätte. Darauff lieferte er ihr[799] beyde Schreiben / sie dem Fräulein zu verlesen zu bringen; welche sich dann darüber so eiferig zubezeigen wuste / als hätte sie aus der Haut fahren wollen; sie stellete sich / ob könte sie vor Zorn kein Wort reden / endlich sagete sie; O wie werde ich mich an meinem unbesonnenen Bruder und Oheim gnug rächen können? und mit was gebührlicher Straffe wird mein allerliebster König diese Bosheit gnug bezahlen? Ich werde vor sie zu bitten mich schwerlich gebrauchen lassen / ich sehe dann zuvor einige wahre Reue in ihren Herzen; O ihr leichtfertigen / dürffet ihr mir das Feur; ja dürffet ihr meinem allergrössesten Könige die Rache dräuen? Die Hoffmeisterin erschrak der rede / und fragete / was widerwärtiger Zeitung sie immer und ewig von so nahen Blutverwanten einnehmen könte. Mehr als zu viel / antwortete sie; Ach ach! wie übel hab ich getahn / fuhr sie fort / dz ich ihnen bey eurem Sohn ein so freundliches Schreiben zugeschikt habe! O könte ich dasselbe mit viel tausend Kronen wieder an mich lösen / würde ichs ja nicht lassen; gedenket ihr aber / meine Freundin mein Eifer entstehe ohn Ursach / so nehmet diese boßhaftigen Brieffe / uñ leset sie durch. Unterdessen setzete sich das Fräulein / und schrieb folgende Worte an den König:

Allergnädigster Herr / eure Groß Königl. Hocheit wolle sich durch die törichte unbesonnenheit meines nicht werten Bruders und Oheims ja nicht bewägen lassen / viel weniger den Abgesanten als unschuldigen die Straffe anlegen die ihre Herren verdienen; Zorn ohn Macht / und Dräuung ohn Nachdruk schläget niemand als den Furchtsamen / und sind die meinen mehr der Züchtigung als der Rache / mehr der Ruten als des Schwertes wirdig / jedoch das andere an ihrem Beyspiel /die höchste Macht der Welt ehren lernen / müssen sie ungestraffet nicht bleiben. Meiner Fr. Mutter Einwilligung /und die loßsprechung meines Gelübdes bey der Geistligkeit / wird mein Diener Valikules schon erlangen / und zu seiner Zeit mit sich bringen / was achte ich dann der übrigen? Ist nun ihrer Königl. Hocheit es gefällig / wil ich eine Antwort zurük schreiben / davor sie die Nase rümpffen sollen / weil ich leicht errahten kan / ihre Hocheit werde sie keines Schreibens mehr wirdigen. Ich aber verbleibe nach wie vor meines allergnädigsten und höchstgeliebeten Königes ergebenste demühtigst-gehorsamste /Herkuliska die glükselige.

Sehet da / sagte sie zu der Hoffmeisterin / traget mir dieses Brieflein straks angesichts nach dem Könige / und sprechet: Meine untertähnigste Bitte sey /daß er sich durch Zorn selber nicht möge schaden tuhn; Es pflege der Löue eines jungen Hundes Bellen sich nicht irren zu lassen / und müste ein erschrockener Gaul seyn / der wegen eines herzu kriechenden Erdwurms stutzen oder sich sträubẽ solte. Diese verrichtete den Befehl willig / ward auch mit solcher Gnade gehöret / daß der König zur Antwor gab: Meldet unserm herzgeliebeten Fräulein unsere Gnade /und daß wir alles ersetzen wollen / was ihre undankbare Verwanten sündigen / denen wir auch bloß umb ihret willen sanftere Straffe anzulegẽ willens sind / als sie sonst verdienet haben; sie sind aber unwirdig einiger schriftlichen Antwort / und sol ihnen vor dißmahl noch zu lezt die Mündliche mitgeteilet werden; ließ die Abgesanten alsbald wieder vorfodern / und fragete / was die niedergelegten Sachen bedeuteten; da ihm geantwortet ward; es währen die Schenkungen / so ihre Königl. Hocheit neulich ihren Herren übergeschicket hätten / welche wieder eingehändiget würden / auff den Fall ihrer Hocheit die getahnen Vorschläge nicht könten annehmlich seyn. Der König ließ darüber ein bitteres Lachen ergehen / und sagete: Können unsere undankbaren Knechte solches nicht auff borg behalten / daß sie ein Zeichen der einmahl angebohtenen Gnade hätten?[800] jedoch / weil sie derselben nicht wirdig sind / so muß ihnen auch das übrige entzogen werden. Drum so saget nun den unbesonnenen Knaben unsern Knechten / wir haben die Ruten schon binden lassen / damit sie ihre züchtigung einnehmen sollen / und möchten wir gerne sehen / was hinter ihrem ohmächtigen Dräuen und Absagung stecke. Daß aber eures mutwillens vor dißmahl geschonet wird / habt ihr bloß unser Gnade zu danken / und trollet euch ohn einiges Wortsprechen stündlich aus unserm Gebiet / dafern ihr nicht mit euren Herrichen zu büssen Lust traget. Diese wurden froh / daß sie mit dem Leben davon kahmen / machten sich alsbald aus dem Staube / und sties Tyriotes eine Meile von der Stad auff sie / dem Gallus allen Verlauff erzählete /und mit ihm Abscheid nam / an was Ort sie auff ihn warten / und in einer Geselschaft wieder fortgehen wolten. Dieser / so bald er zu Timokles kam / den Gallus nicht eins hatte ansprechen können / überreichte er ihm das Schreiben / der es in einem hohlen Pfeile hinauff schoß / gleich da das Fräulein bey spätem Abend vor ihrem Fenster stund / welche denselben bald hohlete / und nach heraußzihung des Briefes / diese Worte lase: Allerschönster Seelen-Schaz; euer Liebe Wiederwertigkeit habe ich mit höchsten Schmerzen empfunden / danke dem grundgütigen Gotte / daß er auch dißmahl noch des gri igen Löuen Wuht gebrochen / und mein unschuldiges Schäflein gnädig errettet hat. Sonsten hat eure Liebe an besti ung der Zeit sehr weißlich gehandelt / und wil ich mit der Hülffe meines Heylandes nicht fehlen / vor angesetzter Zeit / dafern ich lebe / früh genug bey ihr zu seyn / da mir / ob Gott wil / der schon gemachte Anschlag nicht mißrahten wird. Inzwi schen stellet euch gegen euer Frauenzimmer frölich /damit man keinen Argwohn auff euch fasse; unterhaltet auch den König mit aller Freundligkeit / und reitet ihn im gelindesten Zügel / daß er unsere Freude nicht stören möge / deren wir geliebtes Gott gedenken zugeniessen. Ich werde schon wissen dem Könige eine glaubwirdige Ursach beyzubringen / daß er mich wol vor entschuldiget halten sol. Gott zu tausend mahlen befohlen / und seid fort nicht mehr die bekümmerte / sondern die fröliche Valiska / damit ich lange bleiben möge / euer Liebe inbrünstiger ganz ergebener Herkules.

Ey so wil ich auch meinem Gott vertrauen / sagte sie bey sich selbst / und wird mein Erlöser mich mit dem unschuldigen Daniel aus der Lönen Grube / uñ mit Joseph aus dem Gefängnis schon zuerretten wissen / daß ich noch meine Lust an seiner Gnade sehe. Ein halb Stündichen hernach kam ihre Hoffmeisterin wieder zu ihr / und brachte ihr das Brieflein von Herkules / dann ihr Sohn wahr wieder angelanget / welcher durch einen Unfall (er wahr mit dem Pferde gestürzet und hatte einen Arm verrenket) sich auff der Reise einen Tag zu lange auffgehalten hatte. Das Fräulein aber stellete sich betrübt / und gab zur Antwort / sie stünde im zweiffel / ob sie ihres unbesonnenen Bruders Brieff lesen / oder hinunter in den Graben werffen wolte; endlich auff der Hoffmeisterin anhalten / öffnete sie denselben / der also lautete: Zeigern dieses wird zum beweiß der geschehenen Einlieferung eines Briefes von der stolzen Herkulisken geschrieben / hiemit erteilet / hätte zwar eine scharffe Ant wort darauff gehöret / aber weil dieselbe ihr verhoffentlich schon wird zu handen kommen seyn / erachtet man unnöhtig ein Gemüse zweimahl zu kochen. Ich unterschriebe mich billich in diesem Zettel als Bruder / wañ nicht dein stolzer Sinn die ehmahl Schwesterliche Gewogenheit aus deinem Herzen verstossen hätte. O bedenke dich eines bessern / wo du nicht wilt mit samt deinem Könige / aus welchem du gleichsam einen Abgott / und dich zur Abgöttin machest / zu trümmern und bodem gehen. Das ist mir ein Bruder / das ist mir ein Bruder /sagte das Fräulein nach verlesung; stund hierauff ein wenig stille als in tieffen Gedanken / und fing hernach wieder an: Nun / was wil ich machen? zwar[801] ich habe meinen Bruder allezeit herzlich geliebet / wolte ihn auch noch wol gerne lieben / aber wegen seines wunderlichen Kopfes mich meines Glückes zubegeben /wird mir kein Mensch rahten. Nein O nein; der Himmel hat mich hieher gebracht / daß ich meinem Könige zum künfftigen Gemahl gefallen müssen / solches muß weder mein Bruder noch einiger ander Mensch in der Welt umstossen. Aber vernehmet ihr nicht meine Freundin / ob zum Königlichen Beylager anstalt gemacht werde? man wird ja beyzeiten alle Nohtwendigkeit versehen / damit einem jeden sein gebühr geschehe; Und daß ich euch mein gewogenes Herz sehen lasse / so habe ich schon in meinem Herzen euch darzu erkohren / daß ihr zu derselben Zeit die Mutterstelle vertreten sollet. Diese erfreuete sich der Ehren höchlich / und zeigete an / wie geschäfftig der König schon währe / alles auffs prächtigste anzuordnen; doch bitte ich / sagte sie / meiner Kühnheit gnädige Vergebung / umb zufragen / ob die annoch ausstehende Wochen nicht biß auff die Halbscheid könten gebracht werden; Und O wann meinem Könige ich die Zeitung bringen solte / wie ein treffliches Bohten-Brod würde ich verdienen! Sie wuste aber nicht /was vor ungenehme Reden / diese der Fräulein zuhören wahren / als welche ohn das einen Verdacht auff sie hatte / sie spielete mit dem Könige in diesem stük heimlich unter einer Decke / deswegen wolte sie vor dißmahl die gelegenheit nicht versäumen / sie durch die allerhefftigsten Bedräuungen davon abzuschrecken / und gab ihr diese Antwort: Liebe Hofmeisterin /ich halte euch vor meine allergeheimdeste Freundin /wie ihr wisset / und ich dargetahn habe / indem ich mich euer und eures Sohns Dienste / in übersendung meines Briefes an meinen unfreundlichen Bruder / gebrauchet / wovor ich auch eurem Sohn das begehrte Landgut bey dem Könige ungezweifelt loßmachen wil; wollet ihr aber meiner Freundschafft in der Taht geniessen / so lasset ja diese jezt ausgedrückete Gedanken ferne von euch seyn / und betrachtet / daß ich nicht unter menschlicher / sondern unter einer mächtigen Göttin gewalt und gehorsam verbunden liege /von welcher ich durch grosse Opffer zuvor muß loßgemacht werden / ehe ich ins Ehebette treten kan / wo ich nicht die allergrausamste Straffen über mich nehmen wil; wovor ich aber lieber zusterben gedenke. Solte ich nun von dem Könige hierüber ferner angestränget werden / sol und muß ichs niemand als eben euch zuschreiben / und kan mir endlich nirgend zu schaden / ob ihr mein ausgesantes Schreiben gleich verrahten würdet / weil in demselben nichts wider den König gesezt gewesen / wie ihr bezeugen müsset /und die empfangene Antwort ausweiset; Aber dieses schwöre ich euch zu dem Allerhöchsten Gott / daß /auff den fall mein König aber eins in mich dringen solte / ich nicht ruhen wil / biß ich bey demselben erhalten werde / euch und euer ganzes Geschlecht mit der allergräulichsten Straffe auszurotten. Hiernach wisset euch zurichten / und verhütet ein solches Unglük. Werdet ihr aber es bey dem Könige / wie ihr wol könnet / fest unterbauen / daß er biß an die versprochene Zeit geduldig auswarte / sollet ihr hingegen / und euer ganzes Geschlecht so viel grössere Gnade und Woltaht von mir gewärtig seyn. Die Hofmeisterin erschrak der Reden / daß sie zitterte / kunte auch in guter Zeit nicht antworten / biß sie endlich sich besan / und diese Entschuldigung vorbrachte: Gnädigstes Fräulein / ich bitte aus gehorsamsten Herzen / der gleichen Ungnade auff mich und die meinen nicht zuwerffen; die Götter wissen meine Unschuld / und daß ich aus Unbedachtsamkeit solches geredet / wil auch /diesen Fehler zuwiderbringen / ihrer Gn. verheissen /auf den fall der König die Zeit zu[802] endern bedacht seyn solte / welches mir doch unwissend ist / entweder zusterben / oder ihm solchen Vorsatz zubenehmen. Mit diesem erbieten bin ich zufrieden / antwortete das Fräulein / werde auch hieraus spüren können / daß ihr mich von herzen meynet. Aber wie kömt es / dz /eurem vorgeben nach / euch der König nicht wieder fodern lässet / und der Abend mit Macht herein bricht? Sie hatte dieses kaum ausgeredet / da klopffete ein Königlicher Kammerdiener an / und foderte sie wieder; da das Fräulein sie vermahnete fortzugehen /und ihrer Verheissung bey aller gelegenheit eingedenke zuseyn. Als sie zu dem Könige hinein trat / fragete er sie / wie sein Fräulein lebete / und ob wegen ihres groben Bruders und Oheims sie sich auch sehr betrübete? Worauff sie zur Antwort gab: Es hätte ihr Gn. Fräulein sich zwar über die Schreiben erzürnet / aber nicht bekü ert / entschlüge sich auch alles Unmuts /damit gegen das Beylager ihr an ihrer Schöne nichts abginge. Wir wissen nicht / sagte der König aus Scherz / ob unsere Heyraht auch vor sich gehen werde / nachdem ihre trotzige Blutfreunde sie unter so harter Bedräuung abfodern. Diese wolte den Scherz nicht verstehen / und antwortete: Vor solche Gedanken behüten ja die gütigen Götter Eure Königl. Hocheit /und solte das hochverliebte Fräulein dieses hören /würde sie in Angst uñ Ohmacht vergehen; massen Ihre Königl. Hocheit ich wol versichern kan / dz sie /ohn durch den Tod / von diesem ihrem Glücke sich nicht wird abtreiben lassen / zweifele auch nicht / da die grosse Furcht vor der unbarmherzigen Göttin Vesta sie nicht hinterhielte / sie des Beylagers Fortgang lieber heut als morgen wissen möchte. Artabanus ward der Zeitung so froh / daß er vor freuden auffsprang / kunte sich auch nicht inne halten / sondern sagte zu ihr: Heut werden wir erst recht durch euch ergetzet / und sollet ihr unseres ScherzRede ja nicht vor ernstlich gemeynet halten / ob fürchteten wir uns vor dem nichtigen dräuen zweer jungen Buben /sondern dieses Häupt (das seine anrührend) wollen wir lieber verlieren / als solchen unvergleichlichen Welt Schatz / nachdem die Götter uns denselben aus sonderlicher Versehung zugeschicket; Und O daß wir einiges Mittel auszusinnen wüsten / daß unser Fräulein in beschleunigung des Königlichen Beylagers gehehlen wolte! Die Hofmeisterin stellete sich wegen der lezten Worte überaus betrübt und erschrocken /und gab zur Antwort: Ach allergnädigster König / ich bitte zum-untertähnigsten / Eure Königl. Hocheit wolle ihre arme einfältige Magd hören / und wo sie ihrer Wolfahrt und eigenem Leben nicht feind ist /meinem Gn. Fräulein die versprochenen Wochen / die bald verstreichen werden / auffrichtig aushalten / als dann werden sie erfahren / daß nie kein Fräulein mit frölicherem Herzen sich ihrem Gemahl hat zuführen lassen / als eben sie. Sie liebet niemand höher / als Eure Königl. Hocheit; aber sie fürchtet sich auch vor nichts in der Welt hefftiger / als vor den Zorn ihrer Göttin. Hierauff stund sie ein wenig als in Gedanken /biß sie sahe / daß der König reden wolte / da hub sie wieder also an: Allergnädigster König / darff Ihrer Hocheit ich ein wichtiges Geheimniß anvertrauen /welches mein Gn. Fräulein mir als einer verschwiegenẽ Hoffmeisterin offenbaret hat / und sol mirs dereins nicht zum Unglük ausschlagen / wil ich durch diese Anzeige klärlich sehen lassen / daß ich keinem Menschen in der ganzẽ Welt so geträu bin / als Ihrer Königl. Hocheit. Er ward hiedurch zu grossem verlangen angetrieben / es zuerfahren / und versicherte sie bey Königl. Träue vor allem Schaden und Gefahr. Worauff sie ihm dieses Getichte vorbrachte: Was ich rede / das habe ich gesehen[803] und aus einem Beweißtuhm erfahren / daß es wahr ist. Als Ihre Königl. Hocheit neulich so hefftig wegen des Beylagers in das Fräulein drang / schickete sie sich zum Tode /aber zu einem solchen / welcher Eure Königl. Hocheit unfehlbar hätte zugleich mit aufreiben müssen. Sie hatte ein kleines irdenes Büchslein / welches sie küssete / und zugleich sagete: O du bitteres und unangenehmes Geschenk meiner Göttin / muß ich dann dein noch gebrauchẽ / und aus befehl der himlischen Macht eine Rache volstrecken / welche mir hefftiger als der Tod selbst zuwider ist? O Göttin / wie gerne stürbe ich in deinem Dienst und Gehorsam / wann ich nur nicht zugleich denselben ermorden müste / der nicht aus Bosheit / sondern gar zu grosser und inbrünstiger Liebe / deinen göttlichen Willen übertrit. Ich merkete hieraus / daß dem Leben meines Königes gedräuet würde / deßwegen sagte ich zu dem Fräulein: Eure Gn. reden sehr verdächtig / und wie werde ich solches verschweigen dürffen? Ihr müsset schweigen /antwortete sie / oder es wird meine Göttin euch das Genik abdrehen; doch wann ihr die äusserste Noht meiner Keuscheit sehet oder merket / so möget ihr reden / was ich euch sonst auff höchstes Vertauen offenbahren wil; Sehet ihr dieses kleine irdene Büchslein? sagte das Fräulein; dieses hat mir meine saursichtige Göttin vor zehn Tagen zugestellet / gleich da ich meine Botschafft nach Prag abgefertiget hatte /und mir befohlen / dafern ich vor Ausgang XV Wochen zum Beylager solte unvermeidlich genöhtiget werden / müste ich zum lezten Gehorsam aus diesem Büchslein ein wenig an einen gewissen Ort meines Leibes streichen / daher mir zwar der Tod als einem göttlichen Opffer ohn alle Schmerzen entstehen / mein überwältiger aber / so bald er mich berührete / drey ganzer Tage uñ Nachte in der allergrössesten unaussprechlichen quahl zubringen / und nach deren Verlauff in rasender Wuht ihm selbst die Hände / und so weit er mit den Zähnen reichen könte / alles abfressen würde / biß die Seele aus ihm führe; Wollet ihr aber /sagte das Fräulein zu mir / meiner Rede nicht trauen /so lasset eines von meinen Hündichen kommen / und versuchet an demselben des Gifftes wirkung. Ich muste dem Fräulein gehorchen / und strich dem Hündlein gar ein weniges an seinẽ Bauch / worauff es alsbald anfing einen solchen Jammer zu treiben / daß wir zu mitleiden bewäget wurden / und es hinunter in den Graben wurffen. Der König nam dieses vor die allergewisseste Warheit an / entsetzete sich darüber zum hefftigsten / und gab ihr zuvernehmen / daß er zwar biß diese Stunde gesiñet gewesen / das Beylager auff die helffte der versprochenen Zeit zubringen /sähe und vernähme aber / daß er sich eines andern erklären / und der Geduld biß zum Verlauff der gesetzeten Wochen sich gehorsamlich untergeben müste; Verehrete auch der Hofmeisterin ein Kleinot 12000 Kronen wert / daß sie ihm dieses offenbahret hatte /wiewol er diese Bedräuung ihr vorhielt / dafern nach verflossener Zeit sein Fräulein das allergeringste zu weiterer Auffschiebung einstråuẽ wũrde / solte es an der Hofmeister in Leben gerochen werden. Eine ganz unnöhtige sorge / antwortete sie / weil ich weiß / daß nach solcher Zeit dem Durchl. Fräulein nichts angenehmers seyn wird / als dem mächtigsten Herscher der Welt ehelich beygelegt zuwerden. Und O wie frölich und ohn sorge würde das allerliebste Fräulein leben /und an ihrer Schönheit von Tage zu Tage zunehmen /wann ihr diese einige Furcht des zu frühzeitigen Anspruchs zum Beylager / gänzlich solte benommen seyn. Dieses Kummers / sagte der König / wollen wir sie schon entheben / weil es doch nicht anders seyn kan; setzete sich alsbald / und schrieb diesen Brief mit eigener Hand:

[804] Der grosse König Artabanus gelobet hiemit und krafft dieses seiner höchstgeliebeten Fräulein Herkulisken / daß er vor Ausgang der bestimmeten Wochen sie in keinerley wege umb das Beylager / oder sonst einiges Liebewerk begrüssen und ansuchen wil / und da solches von ihm nicht steiff und unbrüchig gehalten wird / zählet er sein geliebtes Fräulein ihrer getahnen Zusage ledig und loß /so daß ihre Liebe und das an dieser seiten höchstgewünschtes Beylager sie ihm biß in Ewigkeit zuversagen Macht haben sol.


Artabanus.


Als er dieses geschrieben hatte / legte ers zusammen / gabs der Hofmeisterin / und sagete: Sehet da /diese Versicherung ist die höchste / die wir dem lieben Fräulein geben köñen; bringet sie ihr zu / und ermahnet sie / gutes muhts zuseyn; jedoch / daß sie uns gleichmässige Verschreibung ihrer Einwilligung erteile. Sie ging mit dieser Handschrifft eilig hinweg / und nach erzähletem Verlauff / überlieferte sie dieselbe dem Fräulein / welche ihr antwortete: Nun meine Freundin / ihr habt vor dißmahl eurer Redligkeit ein satsames Genügen getahn / so daß meines falschen Argwohns halben ich billich umb Vergebung bey euch anhalten muß; so bleibet nun beständig in solcher Träue / und versichert euch / daß ichs alles mit vollem Maaß ersetzen werde. Als sie nun von ihr zuwissen begehrete / auff was weise sie diese Verschreibung von dem Könige loßgewirket hätte; baht sie untertähnigst / ihr zuverzeihen / daß sie den König mit einer Nohtlügen hintergangen / seinen Vorsaz wegen des Beylagers beschleunigung zubrechen / welches auff eine gelegenere Zeit sie ihr erzählen wolte; womit sie dann wol zufrieden wahr / nebest Versprechung /auff Morgen früh dem Könige eine gleichmässige schrifftliche Vergnügung einzuschicken. Diese Nacht setzete sie an ihren Liebsten Gemahl einen Brief auff /welcher also lautete:

Mein höchster LebensSchatz; Euer Liebe angenehmes Brieflein ist mir von Timokles zugeschossen / und daß andere von meiner Hofmeisterin Sohn bald hernach eingeliefert. Wie gar schlecht und nichtig dero Dräuungen geschätzet werden / habt ihr aus der gegebenen mündlichen (weil man euch keiner schrifftlichen wirdiget) zuvernehmen. Was sonst der König / auff listiges Getrieb meiner von mir in Furcht gestürzeten Hofmeisterin / mir vor eine schrifftliche Versicherung aus freyem Willen erteilet / und ich hinwiederumb mich erklären müssen / sol ches ist aus den Beylagen A und B zuersehen. So erwarte nun Eure Liebe nichts / als der Gelegenheit / mich inwendig sieben oder acht Wochen auffs höchste / unter dem Nahmen meines Dieners Valikules zubesuchen /damit unser Vorsatz beyzeiten könne ausgeführet werden / und ich vermöge gegebener Versicherung nicht gezwungen sey / die unmögliche Heyraht durch meinen Tod abzuwenden / solches suchet / bittet und flehet /Eurer Liebe zum Tod und Leben allergeträueste Valiska. Hierin legete sie des Königes und ihrer Versicherung Abschrifft / und schoß es des folgenden Morgens sehr früh Timokles im hohlen Pfeile zu / der Tyriotes damit schleunig abfertigte / welcher des dritten Tages bey Gallus und seiner Geselschafft anlangete. Nun wahr Fürst Vologeses eben dazumahl nicht zu Charas / sondern auff seinen Gütern / kam aber desselben Morgens / da Tyriotes wegreisete / bey dem Könige an / welcher ihm der fremden Fürsten Dräuung zuwissen machte; worauf er zur Antwort gab: Ich fürchte sehr / es stecke hierunter eine sehr wichtige Geheimniß / welches die Zeit offenbahren wird / und ich meine Gedanken noch zur Zeit nicht anzeigen darff; Es wird aber nöhtig seyn / daß Spitamenes / dem die Grenzen anbefohlen sind / Königlichen Befehl bekomme / gute Auffsicht auff das gemeine Wesen / und auff seine Völker zuhaben / damit er nicht krafft dieser Dräuung / welche man keiner Antwort gewirdiget / überfallen werde / ehe er weiß / daß er Feinde hat.[805]

So bald Gobares zu Susa wieder anlangete / gewan er Lust Fr. Statiren zubesuchẽ / und weil er bißher noch stets argwohnete / sie hielte Kleon heimlich bey ihr auff / schrieb er zuvor an Nabarzanes; er währe in glaubwirdige Erfahrung kommen / ob solte Kleon nit allein noch im Leben / sondern auff seinem Schlosse in einem absonderlichen Gemache versperret seyn /welches eigentlich zuerfahren / er fleissig acht geben solte / wohin Statira zuzeiten allein ginge / könte ihr alsdann heimlich nachschleichen / und also leicht hinter die Warheit kommen. Nabarzanes nach seiner Einfalt wunderte sich der Zeitung / nam des Fürsten Lehr in acht / und folgete seinem Gemahl / die des andern Morgens sehr früh vom Bette hinweg schleich / leise nach / sahe sie auff ein abgelegenes Gemach gehen /und die Tühr hinter ihr verriegeln / deßwegen er näher hinzutrat und sie behorchete / gleich da sie ihren Kleon also anredete: Herzlieber Schaz / ich kan euch nicht bergen / daß Fürst Gobares Diener gestern ankommen ist / und ich seine Werbung nicht erfahren kan / ohn daß er vor gibt / sein Fürst werde uns ehist besuchen / wornach mich aber wenig verlanget. Kleon antwortete; Er fürchtete sehr / daß seine Anwesenheit endlich möchte außgespehet werden / auff welchen Fall er gewiß sterben müste / bähte demnach dienstlich / ihre Gn. wolten ihn auff wenig Tage erlassen /er wolte inwendig Viertel Jahrs frist sich ohnfehlbar wieder einstellen; welches sie ihm aber mit freundlichen Worten abschlug. Nabarzanes / nachdem er zwar seines Gemahls Stimme vernam / aber die Reden nicht verstehen kunte / ohn daß er sie ihren Kleon etlichemahl neñen hörete / machte sich in aller stille wieder davon / uñ schrieb an den Fürsten / er hätte seiner Durchl. klugem Raht nachgelebet / und den Fuchs im versperreten Loche angetroffen / zweifelte nit / da er Hülffe hätte / ihn zuerhaschen / uñ dem Fürsten zu liefern; fertigte damit den Bohten ab / und legte sich wieder zur Ruhe. Des nachmittages / da sein Gemahl an andern Orten geschäftig wahr / ging Nabarzanes wieder nach Kleons Gemache / klopffete an und sagete: Tube mir auff Kleon / nachdem ich von meinem Gemahl berichtet bin / dz du hie bist. Dieser erschrak dessen nit wenig / wolte doch nicht antworten / sondern hielt sich ganz stille / da jener zum andernmahl sagete: Warum antwortestu mir nit Kleon /uñ kuntest heut früh dich mit meinem Gemahl so wol begehẽ? erst merkete er den betrug / uñ ließ ihn unbeantwortet abzihẽ. So bald nun Statira dessen von ihm mit furchtsamer Sti e berichtet ward / lachete sie uñ sagete: Gebet euch zu friedẽ / wir wollẽ ihm diesen Tanz leicht verdrehẽ / brachte ihn gegen Abend auf ein ander Gemach / uñ ließ sich gegen Nabarzanes im wenigsten nichts merken; doch machte sie ihr leicht die Rechnung / er würde es dem Fürsten schon zugeschrieben haben / weil dessen Diener hinweg wahr. Des folgenden Morgens machte sie sich gleich wie des vorigen / frühe nach demselben Gemache / da Nabarzanes ihr abermahl folgete / und eine zeitlang horchete / dessen sie wahrnehmend / nicht anders redete /ob währe Kleon bey ihr / machete endlich die Tühr auff / als wüste sie nicht umb ihn / und stellete sich wegen seiner Gegenwart erschrocken; worüber er ein Herz fassete / und zu ihr sagete: Meine herzgeliebete /warumb tuht ihr mir und euch so grosse Schande an /und verberget Kleon alhie / als köntet ihr ohn ihn nicht leben? Was; antwortete sie / verberge ich Kleon? ja wol Kleon! welchen das Wild leider im Walde gefressen und verzehret hat; zwar ich leugne nicht / daß ich zu zeiten mich an diesem Orte finde /und seine Liebe Gedächtnis begehe / weil ich ihn mit eurer bewilligung geliebet; aber dafern[806] ihr die Gedanken führet / er sey noch im Leben / oder auch in diesem Gemache / seid ihr sehr unrecht dran. Ey sagte er / ihr werdet mich ja nicht mit hörenden Ohren taub machẽ; und was stehet ihr alhie ohn Kleider? ja was sprachet ihr so freundlich / wann niemand bey euch ist? Sie stellete sich zornig hierauff / und gab zur Antwort: Was hätte ich vor Ursach / ihn vor euch zuverbergen / wann er noch lebete? Aber es ist leider sein Geist / sein ädler Geist aus dem schönen Leibe hinweg gereiset; und immer schade / daß dieser von den wilden Tihren hat sollen zerrissen werden. Er lachete der Rede / und begehrete / sie möchte ihn nur ins Gemach lassen / dann würde sichs bald außfündig machen / wo Kleon verborgen läge. Billich klage ich solches den Göttern / sagte sie / daß ihr mich in so falschen Verdacht zihet; aber habe ich oder einiger Mensch euch jemahls gehindert auff dieses Gemach zu gehen / ob ichs gleich Kleons Seele gewidmet habe? kommet und suchet / ich bins wol zu frieden; fassete ihn auch beim Arme / und zog ihn hinein; da er nichts als eine ledige Betstat mit Tůchern behänget / und einen gedecketen Tisch fand; worüber er sich zum höchsten verwunderte / und zu ihr sagete: Nun schwüre ich zu allen Göttern / ich hätte ihn mit euch reden gehöret / kan auch nicht anders gedenken / ihr müsset ihn an einen andern Ort gebracht haben. Ey ihr närrischer Mensch / antwortete sie; habe ich ihn dann durch Wände und Mauren zihen können? oder ist er als ein unsichtbarer zur Tühr hinaus verschwunden / wañ ihr ihn gehöret habt? doch kommet und durchsuchet alle meine Gemächer nacheinander / und wann ihr ihn findet / wil ich das Leben verwirket haben. Der schlechte einfältige Nar begunte schon zu zweiffeln / und auff ihr anhalten durchging er mit ihr alle Gemächer. Sie hatte ihn aber im Kleiderladen verberget / welchen sie doch auffgesperret stehen ließ / wohin sie ihren Gemahl endlich führete / trat mit ihm vor den Laden / da Kleon hinter einem langen Mantel auffrecht stund / und fing sie also an zu reden: O du lieber ädler Kleon / mustu dann nach deinem Tode so gefürchtet / und wegen blosses Argwohns zur ganz unverdienten Straffe gesuchet werden? Nun zweiffele ich an deinem Tode nicht / dann währestu noch im Leben / würde ich dessen ohn zweiffel berichtet seyn; aber deine mißgünstige können nicht ruhen / sondern wollen dich / da sie doch nur deinen Tod suchen / mit Gewalt lebendig haben. Frau / antwortete er / ihr wisset / wie viel ich euch übersehe /und allen Willen gönne / könte euch auch diesen Diener wol lassen / dafern es unserm Fürsten nicht so hefftig zuwieder währe / als welchen verdreust / daß ein Leibeigener Teil an euch haben sol. Er wolte weiter außbeichten / aber sie fiel ihm in die Rede / und sagete: Was treibet ihr vor ein närrisches Gewäsche /oder was hat der Fürst mir zubefehlen / sintemahl ich euer / und nicht sein Gemahl bin; so habe ich auch mit Kleon keine andere als zulässige Freundschaft gepflogen / wodurch euch im geringsten kein Abbruch geschehen ist; aber wir stehen alhie schon zu lange /deßwegen lasset uns weiter gehen und nachsuchung tuhn / daß der eitele Argwohn euch benommen werde. Ich gehe mit / sagte er / und bin gewiß / daß er auff keinem dieser Gemächer / so wir besehen / sich auffhält. Ja / gedachte Kleon hinter dem Mantel / bleibe du nur in deiner Gewißheit; Sie aber fing an; so schwöre ich bey allẽ Göttern / daß Kleon auff den übrigen Zimmern viel weniger zu finden / oder gegenwärtig ist; ging auch mit ihm immer fort das ganze Schloß zu durchsuchen / und als er sich nirgend sehen ließ / baht Nabarzanes ganz inständig / sie möchte doch dem Fürsten zugefallen / diesen Diener abschaffen; er hätte glaubwirdige Nachrichtung / daß er auf dem Schlosse verborgen[807] gehalten würde / und da sie ihm nicht gehorsamete / wolte ers dem Fürsten klagen / und ihn zu Hülffe zihen. Die Frau wahr in ihrem Gewissen überzeuget / durffte demnach ihre gewöhnliche Keiferey nicht vor die Hand nehmen / sondern kehrete sich zum Weinen und bezeugete mit vielen Trähnen ihre Unschuld; endlich fiel sie ihm umb den Halß /und mit heftigen ungewöhnlichen küssen baht sie / er möchte den falschen Verdacht aus dem Sinne schlagen / sie hätte ihren Kleon sider das leztemahl nicht gesehen / welches zu bejahen sie alle Flüche ausließ; weil er aber auff seiner Meinung fest stehen blieb /fing sie endlich an: Nun so höre mich betrübetes Weib / o du ädle Kleons-Seele / an was Ende du auch bist / und räche deine und meine Unschuld an diesem Hartnäckigten / der weder durch Bitte noch Trähnen noch Flüche zu bewägen ist. Ging hiemit von ihm /und ließ sich etlicher Dräuungen vernehmen / daß er weiter anzuhalten abgeschrecket ward. Es fiel ihr aber schwer / ihrem Kleon Speise und Trank unvermerket zuzubringen / welches erst umb Nachmittage geschahe / da Nabarzanes seine Ruhestunden hielt / und legte sie mit ihm an / wessen er sich umb Mitternacht verhalten solte. Bey dem Abendmahl taht sie ihrem Gemahl sehr gütlich / erzeigete sich traurig / und ging zeitig mit ihm an die Ruhe. Umb Mitternacht gingen alle Wachskerzen / welche im Gemache zu brennen pflegeten / von sich selber aus / dann sie wahren durchboret und mit Wasser angefüllet; Worauff Kleon in einem weissen Kittel gar leise in die Kammer trat /und dariñen auff und nider ging / welches die Frau ersehend / sich furchtsam erzeigete / uñ ihren Gemahl auffweckete / vorgebend / ihr kähme ein erschrekliches Grausen an / sahe damit auff / und ward Kleons gewahr / deßwegen sie ein dümpfiges Geschrey ergehen ließ / und endlich fragete / wer in der Kammer umbginge; sie bekam von einer traurigen Stimme diese Antwort; Geliebte Frau / es ist Kleons / eures geträuen Dieners schwebender Geist / und kan nicht zur Ruhe kommen / als lange meine Knochen unverscharret bleiben; seid demnach gebehten / und helffet mir; mein Gerippe wird man im Pusche am Wege zur rechten Hand finden / woselbst die durchfliessende Bach einen doppelten Lauff hält. So bald sie dieses hörete / sprang sie aus dem Bette / und lieff hin / ihn zu umbfahen; aber er weich ihr immer aus / vorgebend / verstorbene Seelen könten von den lebendigen nicht begriffen noch geküsset werden. So bald er nun durch der Frauen Nachdringen biß ans Bette kam /kehrete er sich umb und sagete zu Nabarzanes; du Gottloser Mensch / der du deines frommes Gemahls unwirdig bist; wodurch habe ich dich jemahls beleidiget / daß du mich diesen Tag so verunruhet / und aus meinem Gemache durch alle Zimmer getrieben hast /in welchem ich bißher mich in allerstille auffgehalten / und daselbst nach meinem Tode von deinem Gemahl täglich beklaget bin? Der erschrockene Tropff hatte den Kopff unter dem Bette verhüllet / und lieff ihm der Angstschweiß bey den Ohren herunter / ja alle seine Glieder zitterten ihm / daß er kein Wort reden kunte; gab doch endlich seinem Gemahl zuverstehen /sie möchte eine Bitte vor ihn einlegen / damit die Seele ihn nicht beleidigte; weil aber solches der Abrede nicht gemäß wahr / achtete dessen Kleon nicht /sondern zog ihm das Bette vom Leibe / und mit einem Ochsenstecken zerschmirete er ihm Arm und Beine /ja sein ganzes Gerippe dermassen / daß er wie ein Wurm sich krümmete; endlich fassete er ihn bey der Kehle und sagte: Du Gottloser Schelm / jezt wil ich dich erwürgen / nachdem du mich heut in meiner Ruhe gestöret / und so unbarmherzig umbher[808] getrieben hast. Der arme Mensch gedachte / er müste nun gewiß sterben / baht demnach sein Gemahl durch alle Götter / sie möchte ihr seine Rettung lassen angelegen seyn; welche endlich zu Kleons Füssen niderfiel / und den verstelleten Geist mit grossem Geheule baht /ihres Mannes zu schonen / sie wolte ihm zu ehren das Gemach weihen / und als lange sie lebete / seine Gedächtnis darauff begehen. Nun wolan / geliebte Frau /antwortete Kleon / bloß umb euret willen schone ich seyn / sonst müste er ohn alle Gnade und Barmherzigkeit sterben; gab ihm noch etliche starke streiche über die Lenden / und machte sich zur Tühr hinaus an seinen Ort / da die Frau rieff; hilff lieber Gott / da fleuget die klare Seele als ein blitzen der Strahl zum Fenster hinaus; stund hernach / uñ stellete sich / ob könte sie die Tühr nicht öffnen / biß ihr endlich geriet / und sie die zu nähst schlaffende Mägde ermunterte / die ein Licht herzu bringen musten / da sie Nabarzanes in tieffer Ohmacht fand / den sie wieder erquickete / uñ sich gar leidig stellete / dauchte ihr auch / es währe schier zugrob gemacht / weil er fast keinẽ weissen Flecken an seinen Gliedmassen hatte. Nachdem er wieder zu ihm selber kam / fragete er / ob der Geist noch verhanden währe / uñ sagte nachgehends: Nun leugne wer da wil / daß keine Geister seyn / ich armer Mann habe es leider gar zu schmerzlich empfunden. Ach Gott / antwortete sie / wie seid ihr doch auff den Unraht kommen / daß ihr der frommen Seele gestriges Tages so grosse Beschimpfung angelegt habet? Lasset euch dieses / bitte ich / eine Warnung seyn / und verhütet hinfüro dergleichen Unfall / dann mit Geistern lässet sichs trauen nicht schertzen; bedenket auch /daß euch bloß durch meine vorbitte das Leben erhalten sey / welches ihr sonst ohn zweiffel hättet einbüssen müssen. Des Morgens richtete sie eine trefliche Salbe zu / und schmierete ihn damit zum oftern / daß er des vierten Tages keine sonderliche Schmerzen mehr empfand. Kleon lebete diese Zeit über sicher /und fürchtete sich doch / es würde Gobares nicht auffhören ihm nachzustellen / deßwegẽ er abermahl umb kurze erlassung anhielt / welches sie ihm rund abschlug / es währe ihr unmöglich / sein zu entrahten /solte sich aber versichern / daß sie ihn vor Gobares wol schützen könte. Nun stellete er sich zwar / als währe er zu frieden / und nam ihm doch vor / erster Gelegenheit bey Nachtzeit heimlich davon zu lauffen. Des sechsten Morgens nach der Prügelung / da Nabarzanes zum erstenmahle wieder auffgestanden wahr / und Statira sich bey Kleon in ihrem Kleider Gemache befand / sahe sie ohngefehr eine Schaar von 200 Reutern auff ihr Schloß zueilen / und erkennete aus ihrer Kleider Farbe / daß sie Gebares zustunden /daher sie nicht ohn bestürzung zu Kleon sagete: Gobares hat wieder euch ein Schelmstük im Siñe / dort kommen seine Reuter her; so haltet euch nun im KleiderLaden verborgen / und lasset vor daß übrige mich sorgen; ging darauff nach Nabarzanes Gemache / und stellete sich / als hätte sie der Reuter keine acht gehabt / welche schon anklopfeten / und in des Fürsten Nahmen begehreten eingelassen zu werden. So bald sie auff dem innersten Platze erschienen / und Nabarzanes neben ihr zu ihnen ging / meldete ihr Führer des Fürsten Gruß an / und daß derselbe außgekundschaffet hätte / daß Kleon von etwa einer Magd im Schlosse heimlich auffgehalten würde; nun währe derselbe bey dem Fürsten angeklaget / daß er eines ädlen Ritters Weib genohtzüchtiget / und sie nachgehends samt den Ritter entleibet hätte / welche Bosheit billich müste abgestraffet werden. Nabarzanes sahe sein Gemahl an / und sagte: Er wolte ja nicht hoffen / daß der Bube neulich in Geistes[809] Gestalt selbst erschienen währe / wolte ihn sonst also zu richten lassen / daß ihn forhin deßgleichen nicht mehr gelüsten würde. Diese stellete sich sehr fremde / und antwortete den Abgesanten: Mich wundert nit / daß man meinem Gn. Fürsten Kleons Anwesenheit hieselbst hat antragen dürffen / nachdem etliche sich unterstanden / uns selbsten dieses einzubilden; es ist aber ein Zeichen grosses mistrauens / daß ihre Fürstl. Gn. eine solche Menge Reuter hersendet / und stehet fast schimpflich /umb eines Todten Menschen Willen so viel Pferde zu satteln; jedoch möget ihr euch wol versichern / daß ihr Kleon so wenig hier als zu Susa antreffen werdet; und wer solches nicht gläuben wil / der schaue hinaus vor das Schloß / woselbst ich vor dreien Tagen seine Gebeine einscharren lassen / wie sein schwebende Geist es selbst begehret / und den Ort angezeiget hat /da sein von den wilden Tihren übergelassenes anzutreffen währe; möget demnach wol wie der hin zu eurem Fürsten reiten / und ihm andeuten / daß er auffhöre die Todten alhier in dieser Welt zusuchen / es dürffte ihm sonst nicht viel anders / als meinem Nabarzanes ergehen; wil er aber sein übriges ja haben /so grabet es aus / und führet es mit euch hin; ob er sonst des beschuldigten Mordes und anderer aufflage schuldig sey oder nicht / habe ich nicht zubeantworten / wiewol ich ihn viel eines redlichern Gemühtes erkennet habe. Der Abgesandte wolte sich mit diesen Worten nicht abspeisen lassen / sondern gab vor / er hätte von seinem Gn. Fürsten außdrücklichẽ Befehl /das gantze Schloß durch und durch zusuchen / umb zuvernehmen / an was Ende die Magd den boßhafften Menschen verborgen hielte / und würde man ihm verzeihen / wann er hierin untertähnig gehorsamete; stieg damit vom Pferde / und foderte die Schlüssel von Nabarzanes zu allen Gemächern / vorwendend / es solte ihm nicht daß allergeringste entfremdet werden. Diese Anmuhtung wahr der Frauen sehr zuwieder / und gab zur Antwort: Du nicht werder Tropff bist noch lange der Mann nicht / den ich meine Gemächer werde durchschnauben lassen; und was zeihet sich dein Fürst? meinet er / daß ich meinen Mägden meine verschlossene Gemächer eingebe / ihre unzüchtige Buhlen darauff zu versperren? Da gehe hin / und suche ihn in der MägdeKammer / als lange dichs gelüstet /dann auff meine Zimmer soltu ohn meine Vergünstigung keinen Fuß setzen / als lange ich den Odem zihen kan. Nabarzanes hielt bey seinem Gemahl fleissig an / sie möchte / Verdacht zu meiden / sich des Fürsten begehren gefallen lassen. Wie / sagte sie /haltet dañ ihr und der Fürst mich umb eines schlimmen Knechtes willen in Verdacht? Trotz sey einem oder andern gebohten / der mir solches wahr machet. So muß es nicht verstanden werden / antwortete Nabarzanes / nur / es möchte der Fürst wähnen / ihr nähmet euch seiner aus Barmhertzigkeit an. Er gedenke endlich / was er wil / sagete sie / so lasse ich doch nicht einen jeden schlimmen TroßBuben besehen /wie viel oder wenig ich auff meinen Gemächern verschliesse. Hierauff gab der Abgesandte zur Antwort: Wann ja Eure Gn. dieses erste nicht eingehen wil / so muß ihr / krafft Fürstlichẽ Befehls nicht zuwider seyn / dz ich alle ihre Gemächer / Bodem / und Keller vier Tage lang mit Schildwachen auswendig besetze / und nur die wenigen / deren Ihre Gn. selbst täglich gebrauchet / durchschaue; befahl also seinen Reutern abzusteigẽ / und je zween und zween vor jeder Tühr mit entblössetem Gewehr sich zustellen; welches sie dann endlich zugeben muste / da unterdessen ihre EsseStube / SchlaffKammer und KleiderGemach wol durchsuchet wurden / und nachgehends unbesezt blieben. Kleon stund abermahl[810] hinter dem Mantel verborgen / uñ betrachtete seine Gefahr nicht ohn schrecken / gleich da Statira mit ertichteten Thrähnen sagete: So erbarme es die Götter / daß ich meine Kleider und Schmuk von andern besehen lassen / und dieses Gemach in Verdacht gezogen werden muß. Der abgesanter antwortete: Eure Gn. beschliessen den KleiderKasten nach belieben / ich begehre kein Läplein darin anzurühren. Warumb solte ich meine Kleider verschliessen? antwortete sie / die sind bißher offenbahr geblieben / und bin noch nicht willens / sie umb deinet willen den Mäusen und Motten zur Speise einzuschliessen; Jedoch / weil ich dieses Gemach habe müssen durchsuchen lassen / magst du die übrigen alle mit einander besichtigen / und wol gar das oberste zu unterst kehren / damit dein Fürst / wann du nicht finden wirst / was du suchest / sich ins Herz schäme / daß er ein unschuldiges Weib dergestalt beleidiget hat / welches der ganzen erbaren Welt zuklagen / ich unvergessen seyn / und ihm selbst diese Schmach nimmermehr verzeihen wil. Also gingen sie auff diese Vergünstigung weiter / und halff Nabarzanes fleissig mit umsuchen / da Statira sie endlich auffzohe / und wo etwa ein fauler Winkel wahr / sie dahin bringen ließ / daß sie endlich bey nahe in ein Scheißhaus gefallen währen. Als man nun den vermeynten Mörder nirgends fand / wurden dannoch alle Zimmer / (die Esse Stube / Schlaffkammer und KleiderGemach ausgenommen) mit Wachten auswendig besetzet / da Statira als aus Ungeduld sich in ihrem KleiderGemache beschloß / und mit ihrem Kleon überlegete / wie mans forthin am sichersten anschlüge / er aber ganz inständig und mit Trähnen baht / ihn auff kurze Zeit zubeurlauben / damit er sein Leben retten möchte. Sie sahe / daß sie aus der Noht eine Tugend machen müste / und versprach ihm dieses einzuwilligen / dafern er seine Zusage zuhalten eingedenk seyn / und sich wieder einstellen wolte / welches er gar freygebig verhieß. Bey wehrendem Abendessen sagte sie in des Abgesanten Gegenwart zu ihrem Gemahl: Wann wir unsers FürstenErzfeinde währen /könte er uns schimpflicher nicht halten / noch höher beleidigen / und dafern diese Hüter nicht abgeschaffet werden / wil ichs zu seiner Zeit zugedenken wissen; so habe ich nun bey mir beschlossen / ein Schreiben an den Fürsten zuverfertigen / und mich dieser schändlichen Schmach zubeklagen / zweifele nicht /er werde in sich gehen / und das Unwesen auffheben /und sol der Bohte noch diese Nacht fortgehen; Ging auch alsbald nach ihrem KleiderGemach / woselbst sie einen Brief / nicht an den Fürsten / wie sie vorgab / sondern an ihre Wase verfertigte / welche Ostwerz nach Persen hin ihre Herligkeit hatte / und begehrete von ihr / Zeigern dieses / einen Griechischen ädlen Ritter ihr befohlen seyn zulassen / welcher wider des Fürstẽ unbilliche Verfolgung sich in ihren Schutz begeben hätte. Nachgehends kläbete sie Kleon einen grossen grausprenglichten Bart an / und nach guter Unterrichtung / wessen er sich verhalten solte / ließ sie ihm ein trefliches Pferd satteln / schenkete ihm 600 Kronen Zehrgeld / und stellete ihn wieder hinter den Mantel. Bald ließ sie acht Knechte auff das Gemach fodern / unter dem Schein / einen zu dieser Botschafft daraus zuwählen / schikte sie doch alle nacheinander wieder hinunter / welches die hin und wieder stehende Schildwachten wegen der Finsterniß nicht eigentlich wahrnehmen kunten; nach deren Abtrit Kleon Stiefel und Sporn und ein festes Panzer anlegte / ward auch von Statiren selbst hinaus geleitet zu zween Fürstlichen Reutern / welche mit ihm fortgehen / und sich stündlich bey Mondenschein auffmachen solten / so daß sie gegen den Mittag die neun Meilen endigen[811] könten. Kleon ging zuvor nach dem Stalle /nam seine daselbst vergrabene Kleinot neben einer Sturmhaube / Schwert und Schild zu sich / und machte sich mit seiner Gesellschafft frölich davon / dem Himmel höchlich dankend / daß er dieser beschwerlichen und gezwungenen Unkeuscheit entrunnen wahr /und nunmehr die ganze Welt wiederumb offen hatte. Er ritte schnelle fort / und fragete nach den Landstrassen gar fleissig / weil er seinem vorgeben nach /erstes Tages an die Persischen Grenzen solte verschicket werden. Als sie nun an einen Scheideweg kahmen / von welchem ihm seine Gefärten sageten / daß er nach Persen ginge / zeigete er ihnen an / dieser währe ihm zureiten von seiner Gn. Frauen befohlen / uñ könten sie nach belieben entweder nach Nabarzanes Schlosse umkehren / oder gen Susa sich verfügen /ihrem Fürsten anzuzeigen / der Vogel währe nicht mehr im Bauer / sondern durch ein enges Ritzchen davon geflogen. Diese hingegen lacheten seines vorgebens / es hätte die Meynung nicht / sie hätten der Frauen befehl selbst angehöret / daß er nach Susa mit ihnen solte / deßwegen müste er sich nicht von ihnen trennen. Er aber reiß den angeklebeten Bart hinweg /daß der eine / der ihn vor mehr gesehen hatte / ihn alsbald kennete / welcher zu seinem Gesellen sagete: Hui Bruder / eben dieser ist der Verrähter Kleon / welchen zufahen wir ausgeschicket sind / deswegen müssen wir ihn greiffen oder sterben. Was / bin ich ein Verrähter? sagte er; setzete damit ernstlich unter sie / und erlegete den einen alsbald; der ander / ob er gleich gute Gegenwehre taht / muste endlich auch mit dem Leben bezahlen. Statira erfuhr gleich diese Nacht / es hätte Orsillos den verstelleten Kleon an der Rede erkeñet / uñ solches einem andern Knechte vertrauet /daher sie einem ihrer geträuesten Dienern befahl / ihn unter dem Schein / daß er Holz tragen solte / alsbald in den Wald mit zunehmen / zuerschlagen / das Häupt ihm abzuschneiden / und das übrige den wilden Tihren zulassen. Dieser wolte solchem Befehl nachkommen / ging mit ihm fort / und trug eine schwere Holz-Axt auff der Schulter. Orsillos empfand ein starkes grausen in seinem Herzen / nam eine kurze Erklärung / vorige Freyheit wieder zusuchen / stürtzete seinen Gefärten unversehens zu bodem / erschlug ihn hernach mit der Axt / machte sich auch mit derselben von der grössesten Last seiner BeinKetten loß /schleppete den Ermordeten ins Gesträuch / und lieff gegen Mittag des nähesten Weges nach dem Persischen Meer zu / da er in einem Flecken sich bey einem Schmide / den er in der Jugend gekennet hatte /angab / und das übrige von der Ketten abfeilen ließ /und weil er keine Lebensmittel hatte / nehrete er sich des raubens und stehlens eine zeitlang. Kleon / so bald er feine Geleitsleute vom Brod getahn hatte / jagete drey Meilen in den Frůhstunden fort / biß er in einem Dorffe anlangete / woselbst er nach allem Wunsche einen Kauffmann antraff / der viel ReitHarnische auff unterschiedlichen Wagen nach Susa zuverhandeln führete / kauffte ihm der festesten einen ab / und nach vierstündiger Ruhe nam er einen Bauren zu sich / welcher ihn den sichersten Weg nach Fr. Statiren Wase führen muste / kehrete bey ihr ein / und nach angemeldetem Grusse von ihrer Wasen / überreichete er das Schreiben mit guter Höfligkeit. Diese wahr eine gar alte ansehnliche Frau / Nahmens Artystona / von grossen Baarschafften / hatte Statiren in kindlichen Jahrẽ auferzogen / und in der Jugend gleiches Handwerk der Unkeuscheit mit Fürst Gobares Vater getrieben. Sie hatte aber in Jahresfrist keine Zeitung von ihrer Wasen gehabt / daher ihr das Schreiben sehr angenehm wahr / und sie aus demselben ihre Liebe zu Kleon leicht spürete /[812] auch die ursach seiner Verfolguung abnam; Und weil Kleon bewust wahr / daß in dem Briefe an Fr. Artystonen begehret ward / ihm nach seiner Anfoderung Gelder vorzustrecken / welche zu allem Danke solten erlegt werden / wolte er sich der gelegenheit gebrauchen / und foderte 30000 Kronen. Der Frauen gedauchte es zwar viel seyn / doch wegerte sie sich dessen nicht / sondern auff einen kleinen zurük gegebenen Schein zählete sie ihm solche aus / welche er nachgehends von Persepolis nebest einem köstlichen Kleinot wieder übermachete; Sie gab ihm auch auff begehren drey reitende Knechte auff vier Wochen zu / und ließ ihn des dritten Tages fortzihen. Als er in der ersten Persischen Stad anlangete / erfuhr er die Kriegs Unruhe /und daß er ohn starke Geselschafft nicht durchkommen / noch Parthen erreichen könte; blieb deswegen wenig Tage stille liegen / umb zuvernehmen / was sein bestes seyn würde / nachdem sein unbewäglicher Vorsatz wahr / Herkules oder Ladisla zusuchẽ / ob er gleich drüber sterben solte. Als die nach Susa abgefertigte über bestimmete Zeit ausse blieben / machte Statira ihr leicht die Rechnung / daß an Kleons Seiten es wol abgelauffen währe / taht aber nicht desgleichen / sondern wahr auff Fürst Gobares sehr ungehalten /daß er ihr die Völker so lange auff dem Halse liesse /begehrete endlich / daß noch etliche hinritten / und sich bescheids erhohlen solten. Diese wurden auff dem Wege berichtet / man hätte zween erschlagene auff freyem Felde gefunden / und in das näheste Dorff getragen; wurden von diesen besehen / und alsbald erkennet / daher ihrer drey den Weg nach Susa verfolgeten / der vierde ging wieder zurük / und brachte die Zeitung Nabarzanes über / da Statira fragte / ob sich dann ihr mitgeschikter Knecht nicht lebendig oder tod fünde; wovon er nicht zusagen wuste. Gobares aber /als ihm diese Zeitung zukam / erriet den ganzen Handel / und wahr froh / daß er dieses Mitbuhlers auff solche weise loß worden wahr / der sich aber nachgehends an ihm härtiglich rächete.

Herkules und Ladisla brachen des nähesten Tages nach Tyriotes hinreise gen Charas / von Persepolis auff / und führeten 16000 tapffere Reuter mit sich /wovon Pharnabazus 5000 Ladisla gleich so viel / und Herkules 6000 nahmen / da dann dieser allen seinen sechstausenden auff ihre Pferde hatte Hals- und Hinterdecken von leichtgestopffeter und fest durchnäheter Linnewand an stat der Pferde-Harnische machen lassen / durch welche kein Pfeil schiessen noch fallen kunte. So bald sie die Persische Grenze Stad gegen Parthen zu erreicheten / hielten sie sich daselbst in den dritten Tag gar stille / und erwarteten ihres Gallus mit seiner Geselschafft / welche auff jeztgemeldete zeit bey ihnen nebest Tyriotes anlangeten / und nicht zu geringer Rachgier bewäget wurden / als ihnen des Königes schimpfliche Antwort mündlich vorgetragen ward / wiewol Herkules aus der Fräulein Schreiben grossen Trost empfing / weil er sahe / das sie bißdahin vor aller Ansprache sicher seyn würde / da sonst eine redliche Ader an Artabanus übrig währe. Tyriotes hatte sich fleissig erkundiget / an was Ort des Feindes GrenzHeer sich niedergelassen hatte / uñ brachte den unsern die Zeitung daß sie 24000 stark eine ganze Tagereise ins Land enge bey einander lågen / in willens einen hefftigen Einfall in Persen zu wagen / weil man ihnen alle Sicherheit gebracht / daß keine feindliche Völker sich in der nähe spüren liessen. Worauff Herkules zu seinen beyden Gesellen sagete: Wolan / weil Artabanus so gerne wissen wil /was hinter unserm AbsagsBrieffe stecke / und er überdaß uns vor Knaben uñ seine Knechte[813] schilt / müssen wir ihm ein Knaben- oder Kinderspiel auffmachen und eine Knechtische Auffwartung sehen lassen /worüber er sich ein wenig kitzeln möge; weil er dann der Fräulein an den König gegebene Versicherung noch nicht gelesen hatte / zohe er dieselbe wieder hervor / und fand diesen spitzigen Inhalt: Herkuliska /gebohrnes Königliches Fräulein aus Böhmen / gelobet hiemit und Krafft dieses / dem Allergroßmächtigsten Beherscher der Morgenländer / Könige Artabanus / nach verlauff der annoch bevorstehenden fest versprochenen Wochen / ohn einige Einrede und Wiederspenstigkeit / in die Königliche glükselige Heyraht einzuwilligen / dafern inwendig solcher Zeit ihre GroßKönigl. Hocheit weder durch sich selbst / noch durch andere sie keinerley Weise zum Beylager oder anderen liebes Sachen anfodern wird /auff was masse und Weise solches immermehr geschehen könte; im wiedrigen wird und muß sie in Mangel anderer Mittel / sich zum wenigsten durch den Tod von aller Gewaltsamkeit zu befreien / einen sicheren Weg finden. Herkulisken eigene Hand.

Nach verlesung ließ er geschwinde zu Pferde blasen / und nahmen den geradesten Weg nach Parthen /blieben die Nacht eine halbe Meile von den Grenzen im Felde liegen / futterten ihre Pferde wol / und eine Stunde vor der Sonnen Auffgang gingen sie in drey Hauffen als eine stränge Fluht in Parthen hinein / da alles abgebrennet / erschlagen und gefangen / auch trefliche Beute gemacht ward; die schönesten Dörffer und Flecken wurden in die Asche gelegt / und weil sie vor Uberfall sicher wahren / streiffeten sie hin und wieder auff vier Meileweges in die Breite und Länge /nur einen wolgelegenen Flecken erhielten sie / legeten sich dahinein / und sendeten Kundschafft aus / des Feindes Ankunfft uñ Vorhaben zuerforschen. Der Parthische Feld Herr Spitamenes hatte auff Vologeses getrieb den Königlichen Befehl erhalten / daß er vorsichtig spielen / und gleichwol / wo möglich / durch Feur und Schwert dem Persen schaden zu fügen solte / gleich als das fliegende Gerücht ihm die Zeitung brachte / die Persen währen eingefallen / und hätten schlimmer gehauset / als nie kein außländischer Feind; worüber der freimuhtige Spitamenes auff sich selbst unwillig ward / daß er den andern nicht vorkommen wahr / samlete sein Heer in aller Eile / uñ ging in guter Vorsichtigkeit fort / nach dem Flecken welchen die unsern ihnen zum Rükhalt genommen hatten / und ihm solches schon verkundschaffet wahr /und ob gleich alle flüchtige ihm anbrachten / daß die Persen über 30000 stark währen / scheuhete er sich doch nicht / dieselben mit einer gesezten Schlachtordnung im freien Felde anzugreiffen / dann er verließ sich auff seine wolgeübete Mannschaft. Herkules bekam die Zeitung wegen seines anzuges früh genug /machte alles zur Schlacht fertig / und redete Pharnabazus ein tapferes Herz ein / welcher nichts als die Wenigkeit ihrer Völker beklagete. Sie setzeten sich in drey Hauffen / Ladisla hatte den Rechtẽ / Pharnabazus nebest Tyriotes den linken Flügel / jeder 5000 stark / und hielt er mit seinen 6000 in der Mitte / welche sich auff ihre durchnähete Leinen-Panzer-Decken nicht wenig verliessen. So bald beyde feindliche Heer einander ins Gesicht bekahmen / wunderte sich Spitamenes über der unsern geringen Anzahl / und fürchtete sich vor einen Auffsaz oder hinterhalt / bekam aber aus dem Flecken die Nachricht / daß keine feindliche Völker mehr verhanden währen / auch daß dieser Einfall nicht im Nahmen des Persen / sondern zweer fremder Fürsten geschehen / welche ja der Königlichen Braut zu Charas Bruder und Oheim seyn solten. Dieser verwunderte sich dessen überaus hoch / und fragete / ob dann ihre Völker nicht Persen währen; worauff[814] er zur Antwort bekam / sie redeten zwar alle Persisch / und gäben sich doch vor Syrer aus / von jenseit Damaskus / woselbst sie von ihren beyden FeldHerrn umb baar Geld geworben währen. Daß muß ich billich gläuben / sagte er / demnach ich wol versichert bin / dz die Persen in so geringer Anzahl mir nicht stehen würden. Ehe er nun die Schlacht antrat / erinnerte er mit wenigen seine Parther ihrer unüberwindlichen Kraft / und daß sie das leichte Gesindle welches gegen sie hielte nicht fürchten soltẽ / als welche weder zu Feld-Schlachten angewiesen / noch sich selbst zuschützen geherzt währen / sondern sich auff die Römer verliessen / denen sie sich daher knechtischer Weise unterworffen hätten. Herkules wahr auch nicht faul die seinen zu muhtigen / sie solten sich nicht daran kehren / dz der Feind irgendwa 4 / oder 5000 Köpffe mehr als sie ins Feld stellete /sondern ihr Gewehr redlich gebrauchen / alsdañ solte sichs bald außfündig machen / was wahre Tugend /uñ was leichter Frevel währe. Pharnabazus taht mit den Pfeilen den ersten Angriff / ward aber bald zurük getrieben / weil der Feind eins so stark gegen ihn anging. Herkules sahe ihn weichen / und stärkete ihn unter Tyriotes Anführung mit 1500 frischen Reutern /welche den Anfall gar glüklich verrichteten uñ in die 3000 von den Feinden teils tödteten / teils hart verwundeten; wodurch Pharnabazus erfrischet / tapffer wieder ansetzete / und den Feind dergestalt auff die Weichseite trieb / daß sie ihre Pfeile rüklings zuschissen (wie sonst ihre Art uñ Gebrauch wahr) vergassen; doch weil ihnen 2000 geruhete zum entsaz kahmen / welche ihnen ihre Kleinmühtigkeit heftig verwiesen / fasseten sie abermahl stand / daß die unsern ihnen raum geben musten / da Tyriotes mit seinem Entsaz / welche alle gepanzerte Pferde hatten / sich voran setzete / und eine grosse Niederlage von Pharnabazus Leuten abwendete. Ladisla hatte besser Glük und unvorsichtigere Feinde / dann als er von 8000 angegriffen ward / setzete er dermassen unter sie / daß in kurzer Zeit die helffte gefellet ward / und kam ihm sonderlich zu statten / daß er ihnen so frühzeitig mit dem Schwert auff der Hauben wahr / und sie die Pfeile nicht recht gebrauchen kunten / so hatte sich auch sein Feind zu kühn gewaget / und von den andern sich zu weit abgezogen / daher sie endlich umbgeben und mehrenteils erschlagen wurden. Herkules sahe dz Pharnabazus sich vor seinem Feinde kaum mehr schützen kunte / deßwegen er ihm noch 500 frische Völker zuschickete / die mit Tyriotes sich zusammen setzeten / und auff ihre Pferde-Panzer sich verlassend dem Feind unter die Pfeile ritten / damit sie mit dem Schwert handeln könten / welches dann glüklich anging / und setzete ihnen Pharnabazus dergestalt nach /daß er gnug zuverstehen gab / er wolte Blut nehmen oder geben / daher an diesem Ort es hart zuging / und Tyriotes sich so tapffer bezeigete / daß ihm Pharnabazus nachgehends / das Zeugnis gab / er währe ein Schuz seines ganzen Flügels gewesen. Spitamenes /der noch 6000 außerlesene Reuter umb sich hatte /entsetzete sich sehr / daß seine Leute dergestalt ins Graß bissen / hätte die gegen Ladisla stritten / gerne entsetzet / sahe aber Herkules mit seinen 4000 übrigen sich auch zum Angriff bereiten / dessen Pferd (dann er ritte seinen ädlen Blänken) fast mit gewalt unter die Feinde wolte / weil er dann sahe daß an allen Seiten es zimlich wol stund / brach er gegen Spitamenes loß / der ihm eine grosse Menge Pfeile von ferne entgegen schickete / welche ihm aber sehr geringen schaden zufügeten / da hingegen Herkules Hauffe ihm im ersten Angriff an die 2000 erschoß und sonst zum fechten undüchtig machete; nach schiessens endigung muste[815] Gallus mit den 1000 SpeerReutern / die zuhinterst hielten / sich hervormachen / welche gerade auff ihre Feinde angingen / und deren in die 800 felleten / hernach griffen sie zu den Schwertern / und liessen die Parther empfinden / daß ihre Arme nicht wichtloß wahren. Herkules trieb wunder mit seinem Schwert / daß jeder der ihn sahe / vor ihm außwich / weil seyn Pferd sich bald bekant machete; es begehrete sein ein grosser starcker Ritter absonderlich / dem er solches nicht versagete / und ihn nach wenig geführeten Streichen zur Erden legete / auch bald darauff den andern / welcher diesen zu rächen ihm vornam. Ladisla hatte an seinem Orte das Feld schier erstritten / und hielt die übrigen von dem Feinde / an der Zahl 1900 gar enge ein / aber an einer Seite brachen sie durch und vereinigten sich mit Spitamenes / welcher ihre geringe Anzahl sehend / an dem Siege schon begunte zu zweifeln / auch deßwegen seine berümte Vorsichtigkeit in eine Wuht verwandelte / da er auff Herkules Völker dergestalt ansetzete / daß sie hinter sich zu weichen gezwungen wurden. Ladisla sahe dieses / hatte zwar in willen /Pharnabazus zu entsetzen / aber Herkules Gefahr lag ihm näher an / so daß durch seine Zukunft die Parther dieses Orts nähern kauff gaben / aber an Pharnabazus Seiten fingen sie an Meister zuspielen / musten aber umb ihres Feld-Herrn Gefahr willen / sich auff denselben hinzihen / dessen die unsern wolzufrieden wahren / und gleicher gestalt sich in ein Heer zusammen setzeten / auch mit verwunderung sahen / daß sie nunmehr den Feind an der Menge umb ein grosses übertraffen. Spitamenes taht eine kurze Vermahnung an seine kleinmühtige Leute / sie möchten ihrer Ehr und Nahmens eingedenke seyn / und den unablöschlichen Schimpf solcher unrühmlichen Niederlage nit auff sich laden; er wüste daß er Parther bey sich hätte /nehmlich solche Kriegsleute / die vor ihres Königes Ehre biß zu dem lezten Athem zu fechten bereit und willig währen. Wodurch er sie auch ermunterte / daß sie sich erkläreten / noch einen solchen Fall zu wagen / der ihnen rühmlich seyn würde. Ihr Einbruch mit geschlossener Ordnung wahr sehr heftig / welchen Ladisla und Tyriotes auffhielten / Pharnabazus aber mit 3000 Mann von der Rechten her / und Herkules mit 2000 von der Linken in sie setzeten / daß ihre Ordnung getrennet ward / so daß ihrer viel sich nach der Flucht umbsahen / denen ihr FeldHerr zurief / wohin sie gedächten; ob sie vermeineten ihrem Könige wilkommen zu seyn / wann sie als verzagete Memmen ohn Wunden davon renneten. Wodurch er sie in etwas zum stande brachte / sich enge zusammen zogen / und noch einen verzweifelten Saz wageten / aber / weil die unsern in gar zu fester Ordnung hielten / nicht durchbrechen kunten / wiewol es hieselbst abermahl sehr über Pharnabazus Völker ging. Ladisla sahe ihn Noht leiden / ermunterte die seinen mit freudigen Worten /und griff von neuen ernstlich an / daß Pharnabazus Luft bekam / und seinen Schaden gedoppelt ersetzete. So glückete es Ladisla / dz er den FeldHerrn Spitamenes selbst antraff / und mit ihm einen absonderlichen Kampff hielt / der sich eine gute Zeit redlich wehrete /biß ihm Schild und Helm ganz zerschlagen wahr / da Ladisla zu ihm sagete: Ritter stürzet euch nicht muhtwillig in den Tod / nachdem ihr euren Ehren genug getahn / ich wil euch Gnade erzeigen / da ihrs begehret. Dieser sahe wol / daß er auff andere Weise dem Tode nicht entgehen würde / weil der gröste Teil seiner Völker umb ihn her erschlagen wahr / nam deßwegen die angebohtene Gnade an / uñ ward von 12 Reutern ins Lager geführet und fleissig verbunden. Herkules sahe daß die übrigen der Feinde[816] sich nach der Flucht umbsahen / nam 3000 Reuter zu sich / und hieb nach der rechten Seiten umb sie hin / da er ihnen den Abzug verlegte / dz sie allenthalben umbgeben /wie das Vieh nidergeschlagen wurden / biß die übrigen / an der Zahl 3000 / das Gewehr von sich worffen und umb Gnade rieffen / die ihnen nicht versaget ward. Nach erhaltenem Siege stiegen Herkules uñ Ladisla von ihren Pferden / danketen Gott herzlich vor die Uberwindung / und bahten ihn umb ferner Glük und Segen / das ihr Vorhaben bald möchte ins Werk gerichtet werden. Hernach zähleten sie ihre Völker /und funden / daß Pharnabazus 2100 Ladisla 800 und Herkules 700 eingebüsset hatten / ingesamt 3600 Mann / da hingegen von den Feinden 21000 auff der Wahlstat lagen; doch funden sich unter den unsern 1900 hatt verwundet / von denen 400 das Leben zusetzeten / und die übrigen wol geheilet wurden. Die Gefangenen wurden von 300 Mann im Lager verwahret / die übrigen gingen 10000 stark desselben Tages noch drey Meile in Feindes Land / sengeten / würgeten und verderbeten alles / was ihnen vorkam / und machten ein solches Schrecken in den umliegenden Orten / daß die Inwohner mit Weib und Kind auffbrachen / und eine Tagereise ins Land hinein flüchteten. Die unsern aber nach erlangeter grosser Beute / welche sie auf Wagen und Last Tihren fortschleppeten /kehreten wieder umb / kahmen des Morgens auff der Wahlstat an / und hielten Plünderung / liessen ihre Todten ehrlich begraben / und was in des Feindes Lager gefunden ward / nam Herkules alles zu sich /daß es Artaxerxes geliefert würde. 200 Reuter von den unsern musten nach gehaltener Schlacht umher reiten / und die ledigen Pferde zusammen treiben /deren sie 20000 einbrachten. Sie vergünstigten Spitamenes / daß er mit ihnen die Wahlstat besahe / wobey ihm die Augen übergingen; insonderheit verwunderte er sich der trefflichen Mann- und Erfahrenheit unserer Helden in solcher ihrer Jugend / die mit Pharnabazus sich schon verglichen hatten / alle Gefangene samt ihren Feld-Obristen ohn Entgelt loßzulassen / und redete Herkules denselben also an: Mein Herr / ich möchte wünschen / daß mir nicht ursach gegeben währe zu dem ergangenen grossen Blutvergiessen /und was sonsten dabey vorgangen ist; weil aber dieser mein lieber Geselle und ich durch grosse angelegte Beschimpffung darzu sind gezwungen worden / haben wir einen solchen fall wagen müssen; auff euer Häupt haben wir nichts zusprechen / ihr habt vor euren Herrn redlich gestritten / wie ein jeder Diener schuldig ist / daher schenken wir euch Leben uñ Freyheit /zuzihen / wohin euchs gelüstet / mit allen euren annoch lebendigen Leuten / doch / da ihr uns bey ritterlichen Ehren angeloben werdet / daß ihr ungeseumet nach Charas reiten / und eurem Könige den Verlauff der gestrigen Schlacht ohn Zusatz und Abzug / als viel euch bewust ist / anzeigen / auch daneben vermelden wollet; Mein BruderKönig Ladisla uñ ich GroßFürst Herkules / die er vor seine Knaben und Knechte schilt / haben ihm zum ersten Anfange dieses Kinderspiel und Knechtische Auffwartung sehen lassen / deren in kurzem mehr folgen möchten; hat er nun nach seinem auffgeblasenen Stolze / Ruhten binden lassen / uns zu züchtigen / wollen wir ihm unverzagte Herzen und rege Fäuste entgegen setzen / da unser Feur sengen und brennen / und unser Schwert schneiden sol / als lange er uns den Nahmen seiner Knaben und Knechte geben wird. Spitamenes erfreuete sich der unversehenen Gnade / und versprach in aller Gegenwart / das anbefohlene getråulich zuverrichten / setzete sich neben andern wenigen zu Pferde / und musten die übrigen fast gar nacket und ohn[817] Gewehr / blosses Håupts und Barfuß hinter ihm ohn alle Ordnung herlauffen. Die unsern brachen auch auf nach Persepolis / trieben 22000 Reuter Pferde mit Sattel uñ Zeug: 28000 WagenPferde; 18000 Ochsen und Kühe / 600 MaulEsel / 300 KameelTihre / 15000 junge Manschafft von Parthischen Einwohnern /12000 junge Weiber und Jungfern; auch 6000 Knaben und Mägdlein vor sich her / und wahr alles Viehe mit dem erbeuteten Raube beleget.

Gleich desselben Tages / da diese Schlacht gehalten ward / geriet Fräulein Herkuliska in die aller grösseste Gefahr ihrer Ehren / da sie ihr dessen am wenigsten vermuhten wahr. König Artabanus unehelicher Söhne einer / nahmens Gotarzes / ein frischer Jüngling von 18 Jahren / hatte bey Valikules Kampffe mit Mithrenes / der Fräulein Schönheit auf dem Obergange wahr genommen / und in dieselbe sich so hefftig verliebet / daß ihm unmöglich wahr / die Flammen länger zuerdulden / gedachte deswegen auf alle Gelegenheit / ihr seine Liebe zuentdecken und derselben entweder zugeniessen / oder frölich drüber zusterben. Er stund mit der Fräulein Leib Jungfer / Statipna in guter Kundschafft / durch deren Vorschub er ihren Willen hoffete zuerlangen / dafern er nur derselben ein Schreiben beybringẽ könte / welches er durch einen Verschnittenen endlich erhielt / als derselbe auff ihr Schloß verschicket ward / die Hofmeisterin nach dem Könige zuhohlen. Diese LeibDienerin / da sie das Schreiben empfing meynete nicht anders / es würde der junge Herr umb etwas ansuchen / welches ihm vor dem schon nicht gewegert wahr / ging an einen einsamen Ort / und lase folgende Worte: Die hohe Zuversicht auff eure Träue / vielgeliebte Statipna / hat mich kühn gemacht / ihr ein solches zuoffenbahren / wodurch ich ihr Macht über mein Leben und Tod zustelle / indem ich mit meiner Feder ausbeichte / mit was unaufflößlichen Stricken der ausbündigsten Schönheit (welche ihr täglich vor Augen zusehen gewirdiget seyd) ich gefesselt bin / so daß ich entweder sterben / oder deren Hulde geniessen muß. O geträuer Buhle /nehmet euch meiner Wolfahrt an / und gönnet nicht / daß euer Freund Gotarzes ohn Hülffe vergehen muß / helffet nur / daß ich deren Herz erstreiten möge / welche ihr das meine zu eigen gemacht hat / damit ich neue ursach finde / euch glükselig zumachen / und mehr als einige eures Standes in dieser Welt. Vor dißmahl ist mein gesinnen nur dieses / daß ihr eingeschlossenen Brief der unvergleichlichen Böhmischen Fräulein einhändiget / und euch aller Sachen unwissend stellet / mich derselben als ohngefehr rühmet / und auff ihre Reden und Geberden fleissige acht gebet / welche ihr mir wieder hinterbringen werdet /und ich daraus nachsinnen möge / wessen ich bey dieser Weltschönsten zuhoffen oder zufürchten habe. Dieses suchet und bittet der höchstverliebete / euer Freund Gotarzes.

O weh mir elenden / sagte sie nach Verlesung / was vor eine unerträgliche Last wird mir auffgebürdet! O Fürst Gotarzes / welches Unglük hat diese Gedanken in euch erwecket / die euren / und auch wol meinen gewissen Tod verursachen werden? zwar ich erkenne mich euch verbunden / aber das begehrete ist zu schwer / und mit meinem unvermeidlichen Verderben verknüpffet. Doch gedachte sie der Sache diesen ganzen Tag fleissig nach / und wahr nicht willens / der Fräulein den Brief einzureichen / weil sie sich befürchtete / er möchte dem Könige Artabanus von ihr zugeschicket werdẽ. Frl. Herkuliska nam ihrer Schwermütigkeit bald wahr / und sahe / daß sie ihren Rok fleissig zusammen wickelte / und unter die andern Kleider versteckete / da sie sich schlaffen legte /deswegen sie gleich argwohnete / es müste etwas heimliches darinnen verborgen seyn; stund derhalben / da jene im tieffestẽ Schlaffe[818] lag / von ihrem Bette auff / nam den Rok in aller stille mit sich in die Stube / und weil sie ihr Liecht daselbst hatte brennen lassen / fand sie beyde Schreiben / da sie nach Verlesung des vor erwähneten heftig erschrak / und sich entschloß /das andere auch zuerbrechen / und dessen Inhalt zusehen / welches also lautete:

O Sonne dieser irdischen Welt! O du reinester Glanz aller Vollkommenheiten! Was vor Unglük verschleusset ein so unsägliches Gut in dem Gefängniß der neidischen Mißgunst? Welcher Frevel entzeuhet der ganzen Welt die so hoch begehreten Strahlen der Erquickung? Unvergleichliches Fräulein / Schmuk dieses Erdbodems; Verzeihet / bitte ich / eurem demühtigst-ergebenstem Knechte / der Euer Durchl. sich mit Leib und Seel zueigen liefert / nebest vollkommenster Gewalt über sein Leben und Tod / und seine alleruntertähnigste Dienste darleget / eure Vortrefligkeit aus den verschlossenẽ Mauren loßzumachen / damit er nicht zugleich mit ihr sterben und untergehen möge. Verflucht sey das Alter / welches der Jugend nachhänget / und darzu weder geschikt noch düchtig ist. Aber O du unwirdiger Gotarzes / laß ab solches zuhoffen / was über dein Vermögen schwebet / und erkenne deine Geringfügigkeit / welche nicht zulässet / daß du deine ädle Gedanken derselben öffentlich darlegest / welche den Himmel selbst und aller Sternen Klarheit trotzet. Doch du hast die Kühnheit ergriffen / deine Beichte zutuhn / deswegen bekenne dieser allervollkommensten Schönheit / daß du ohn Bedingung ihr Ergebener seyst /und dich selig schätzen wirst / wann deren allerhellesten Aeugelein dein Schreiben anzusehen wirdigen / und auch nur den äussersten Strahl ihrer Gunst und Gnade auff dich abschiessen wollen; Kanstu aber ein solches wegen deiner Unwirdigkeit nicht erlangen / ey so stirb doch in diesen hohen Gedanken / weil du lieber tod seyn / als ohn dieser voll-schönen Gunst leben wilt / gegen welche / alle übrige / auch deines leiblichen Herrn Vaters Gnade / viel geringer / als der Kieselstein gegen den Demant zuschätzen ist. So erwarte nun der Antwort in beständiger Hoffnung / versichere deine Beherscherin / daß du bereit seyst / und Mittel habest / den alten unbendigen Liebhaber zustürzen / und dich an seine Stelle zusetzen; Schließlich /daß du im Tode und Leben verbleibest der Allervollkommensten Königlichen Fräulein Herkulisken ganz ergebener Knecht und Leibeigener Gotarzes.

Nach Verlesung dessen ward sie in ihrem Gemüht ganz verwirret / machte den Brief fein wieder zu /legte alles an seinen Ort / und blieb voller Gedanken /wie sie dieses Unglük von sich ablehnen könte. Des folgenden Morgens nam sie gelegenheit von ihrer Leibdienerin etwas heraus zulocken / und fragete sie /wie viel Söhne König Artabanus noch am Leben hätte / und warumb sie am Königlichen Hofe sich nicht auffhielten. Worauff diese zur Antwort gab: Sie kennete seine Söhne nicht alle / nur eines hätte sie zimliche Kundschaft / welcher ohn Zweifel allen andern an Höfligkeit und ädlem Gemüht weit vorginge / daher ihn der König sehr liebete / und bey sich am Hofe gerne duldete / würde / wie man davor hielte / das Reich nach des Vaters Tod erben / und in der Herschafft nachfolgen. Es ist mir sehr lieb / antwortete Herkuliska / daß mein König einen so wolgerahtenen Sohn hat / dem ich auff Begebenheit billich alle zugelassene Freundschafft erzeige / damit nach meines Königes Ableben ich bey ihm in guten Gnaden seyn /und nicht gar verstossen werden möge. Statipna wolte hierauff loßbrechen / und ihr den Brief einhändigen /aber die Hofmeisterin verstörete ihr diesen Handel / in dem sie ins Gemach trat / und ihr anzeigete / daß sie zu dem Könige gefodert würde. Meine Leibdienerin zu dem Könige? fragete Herkuliska / dessen bin ich ja ungewohnet / und muß solches ohn zweifel etwas wichtiges auff sich haben; ließ sie doch willig hingehen / ungeachtet sie den Anschlag richtig erriet / daß Gotarzes solches unter des Königes Nahmen spielen würde / welcher dann ihrer in eines Bürgers Hause wartete / schenkete ihr ein gutes Kleinot / und fragete sie / ob sie sich seiner Wolfahrt nicht hätte[819] lassen angelegen seyn. Diese versuchete anfangs ihm die neue Liebe aus dem Sinne zu schwatzen / hielt ihm vor /was Gefahr darauff stünde / dafern der König dessen nur einigen Argwohn fassen solte / und erboht sich /in allen andern fällen ihm auffzudienen; Er aber nam solches nicht zu herzen / sondern wolte wissen / ob dem Fräulein der Brief übergeben währe / und wessen sie sich erkläret hätte; es währe ihm allerdinge unmöglich / seinen Vorsatz zubrechen / davon ihn nichts als der Tod abwendig machen könte. Nun wolan /sagte sie / so wird Eure Durchl. dereins gnädigst erkennen / in was Gefahr ich mich ihret halben stecke /weil meine Träue gegen dieselbe viel grösser ist / als daß ich sie in ihrem Liebesleiden solte verschmachten lassen; und ob ich gleich aus hochwichtigen Ursachen den Briefhinterhalten / so habe ich doch dem Fråulein schon so viel vorgetragen / und Eure Durchl. gerühmet / daß von vollkommener Niessung alles dessen /was euer Herz wünschet / nichts als bloß eure abwesenheit euch abhält / welches Eure Durchl. mir wol sicher trauen mag / deswegen suche mein Fürst nur gelegenheit / sich ehist einzustellen / so daß kein Mensch von dem Frauenzimmer / ohn allein ich / dessen inne werde / und lasse mich das übrige machen. Wem wahr lieber als diesem Lustbegierigen / der schon ausrechnen durffte / wie freundlich er würde empfangen werden / offenbahrete ihr daher / er hätte den Obristen der Schlosses-Besatzung mit 500 Kronen und mächtigen Verheissungen schon dahin beredet / daß er ihn unter den Kä erlingen verstecken wolte / als dem er eingebildet / es währe eine Jungfer unter der Fräulein Gespielen / mit welcher er in Liebe stünde. Also nam nun Statipna von Gotarzes abscheid / und verfügete sich wieder nach dem Fräulein / die allein und in tieffen Gedanken saß / auch nicht wuste /wessen sie sich verhalten solte / dafern ihr der Brief geliefert / und Gotarzes Begehren zuwissen getahn würde. Sie hatte ohn das schon erfahren / daß dieser junge Herr nicht allein dem Könige / sondern allen Untertahnen lieb und angenehm wahr; solte sie nun dem Könige sein anmuhten verschweigen / und er dessen von andern berichtet würde / hätte sie sich schon einer Buhlerey bey ihm verdächtig gemachet; würde sie es aber anzeigen / so käme nicht allein Gotarzes in Lebensgefahr / und sie bey den Untertahnen in schweren Haß / sondern der König würde überdas noch verursachet werden / die ohndas starke Verwachung umb so viel eiferiger zuversehen / also daß ihrem Valikules dereins aller Zugang möchte versperret werden / welches die einige ursach ihres Todes seyn würde. Gleich da sie in dieser Betrachtung wahr / trat Statipna zu ihr / und meldete ihr mit lustigen Geberden an / es hätte nicht der König / sondern der treffliche Fürst Gotarzes unter dessen Nahmen sie abgefodert / ihr die hohe inbrünstige Liebe / so er gegen Ihre Durchl. trüge / in höchster geheim anvertrauet /und diesen Brief zugestellet / ihrer Gn. denselben /nähest Anmeldung seines untertähnigsten Gehorsams / einzuhändigen / und genehme Antwort darauff zubitten. Was sagestu? antwortete Herkuliska / träget der Königl. junge Fürst einige Liebe zu mir? wie kan ihm solche gegönnet oder zugelassen werden / weil sein Herr Vater ihm dieselbe allein wil vorbehalten haben? bey Leib und Leben / sage mir hievon ja nicht mehr /und erinnere ihn seiner kindlichen Pflicht / womit er dem Könige seinem Herr Vater verbunden ist; stelle ihm auch das Schreiben unerbrochen wieder zu / nebest dem Vermelden / daß ich ihn sehr bitten und ermahnen lasse / solcher Gedanken müssig zugehen /und dessen ja nichts an mich zubegehren / wodurch sein Herr Vater könte beleidiget werden / weil solches ihn und mich[820] zugleich in den unvermeidlichen Tod stürzen würde; im übrigen wolle ich ihm alle Gewogenheit und Freundschafft bezeigen / so viel Zeit und gelegenheit gönnen kan. Diese hielt solchen Abschlag nicht vor ernstlich / und baht nochmahls / zum wenigsten den Brief zulesen; Sie aber sagte: Es stünde ihr nicht zu / auff dem verwahreten Schlosse Briefe anzunehmen / insonderheit / die ohn und hinter des Königes Vorwissen geschrieben würden / darzu verdächtiges Inhalts währen; wolte diesem nach ihres ferneren ansträngens nicht gewärtig seyn / und ihr gebohten haben / denselben Gotarzes wieder einzuhändigen /daß ihn ja kein Mensch zusehen bekähme / da sonst der Inhalt mit ihrem mündlichen vorbringen einerley währe / wie sie nicht anders gedenken könte. Hiedurch ward sie von weiterer Anhaltung abgeschrecket / ohn daß sie immerhin von dem hochverliebeten Gotarzes ihre Reden führete / biß Herkuliska endlich ungeduldig drüber ward / und ihr geboht / das Faß zuzuschlagen / und dessen nicht mehr zugedenken; Noch durffte dieses verblendete Mensch es vor eine åusserliche Verstellung auslegen / die nicht von herzen ginge / daher sie nach genommener Abrede den jungen Herrn umb Mitternacht in aller stille auff die Stuben ließ / hieß ihn daselbst sich entkleiden / und sich an der Fräulein Seite legen / mit der Erinnerung / ob sie gleich anfangs sich sträuben und wegerlich erzeigen würde / solte er solches nicht achten / sondern es der gewöhnlichen Scham zuschreiben; den herzhafften und kühnen stünde das gute Glük bey / dessen kein verzageter zugeniessen hätte. Dieser ohndas in seinen Begierden gar verblendet / nam ihm festiglich vor /ohn seines Willens Ersättigung nicht zuscheiden / und legte sich so sanffte an ihre Seite / daß sie dessen nicht inne ward / weil sie über ihre Gewohnheit fest eingeschlaffen wahr. Als er nun durch Reizungen ganz übernommen / sich weiter nicht mässigen kunte /fing er an sie zuküssen / wovon sie alsbald erwachete / und einen Menschen neben sich empfindend / eilend aus dem Bette sprang / nicht anders gedenkend / es würde Artabanus selber seyn / der sich unterstehen wolte / ihr auff diese Weise beyzukommen. Es wahr ihr aber das grösseste Unglük / daß das Liecht auff der Stuben / dahin sie lieff / außgelöschet wahr / und so finster daß man keine Hand vor Augen sehen kunte; weil sie nun gleichwol den Ort wuste / da ihre Kleider lagen / machte sie sich dahin / nam ihr Brodmesser zur Hand / und ging wieder in die Kammer nach ihrem Bette / sprechend: Was vor ein Fremder findet sich hier an / da er nichts zu suchen hat? Er aber trat zu ihr ein / überfiel sie mit hefftiger Liebeswuht / und begunte mit ihr zu ringen / sie auff das Lager zuwerffen / deßwegen sie ihm das Messerchen ins Herz drückete / daß er mit diesem Worte: O ich sterbe! dahin fiel / und keinen Finger mehr rührete. Bald darauff schlug sie Feur / zündete ein Licht an / und rieff ihrer Dienerin / welche vor grosser Herzensangst kein wort reden kunte / und sich überdaß als hart eingeschlaffen stellete; fuhr endlich als aus tieffen Schlaffe auff / und fragete / was ihre Gn. begehreten. O du leichtfertiger Balg / sagte sie / was vor ein Mañesbilde hastu mir zugeführet / mich um meine Ehr zubringen? welcher den Lohn seiner Boßheit schon empfangen hat. Diese wolte von nichts wissen /entschuldigte sich / und lieff hin / den Erstochenen zubesehen / da sie rieff: O ihr Götter Fürst Gotarzes liegt alhier. Er sey wer er wolle / antwortete Herkuliska / ich habe keinen Fürsten / sondern einen frechen Buben und Gewalttähter erstochen / vor dem ich meine Ehre zubeschützen gezwungen wahr / zweifele nicht / du und kein ander Mensch habest ihn herzugeführet / dessen du schwere Straffe[821] außstehen solt. Diese warff sich weit / es möchte ihre Gn. solche ungleiche Gedanken doch von ihr nicht schöpffen / es währe ihr von seiner Gegenwart nicht dz allergeringste bewust / würde auch solches nimmermehr verschwiegen / viel weniger eingewilliget haben / welches das Fräulein geduldig anhörete / und sich stellete / als gläubete sie ihren Worten; doch trat sie zu ihr /nam ihr beyde Schreiben aus dem Schiebsak / und befahl / daß sie die Hoffmeisterin herzu hohlen / den Unfal verschweigen / uñ vorgeben solte / ihr währe eine geringe Ohmacht zugestossen; welche sich bald einstellete / da inzwischen Herkuliska das Messer aus der Wunde zog / und das Löchlein mit Baumwolle zustopffete / daß kein tropffen Blut heraus lieff. Die Hofmeisterin fand sie beim Lichte stehen in bleicher Gestalt / sie aber nam alsbald einen Strik / band damit Statipnen Hände fest zusammen / und sagte zu der Hofmeisterin; Sehet meine Freundin / hier binde ich eine Gottlose Verrähterin / welche mich bey nahe umb meine Ehre gebracht / uñ das künftige Königliche EheBette besudelt hätte. Die Hofmeisterin erschrak dessen / und erzählete ihr das Fräulein alles was sich zugetragen hatte / ohn daß sie den entleibeten nicht nahmhaft machete; Bedrauete hernach die Dienerin mit der Folter / daß sie alles bekennen muste. So bald der Nahme Gotarzes geneñet ward /wuste die Hoffmeisterin vor Angst nicht zu bleiben; aber das Fräulein tröstete sie / man müste ein Herz ergreiffen / da man unschuldig währe; sie selbst hätte nicht gewust / von wem sie so unzimlich angefallen währe / und wann sie es gleich gewust hätte / wolte sie doch ihrer ehren Rettung unvergessen gewesen seyn. Sie befragte die Verrähterin weiters / durch wessen Vorschub Gotarzes auff das Schloß kommen währe / und als sie Nachricht genug hatte / setzete sie diesen Brieff auff an den König: Allergnädigster König / höchstgeliebeter Herr; das boßhafte Glük wil nicht auffhören / meiner Ehren schändliche Fallen zu stellen / so daß / wann die gütigen Götter / bevorab die Göttin Vesta mir nicht augenscheinlichen Beystand geleistet / ich diese Nacht meiner Keuscheit-Ehre währe entsetzet worden / uñ zwar von einem solchẽ / welchen euer Königliche Hocheit ich nicht nennen darff / als der vor allen andern sich solches Bubenstüks hätte sollen enthalten. Ich gestehe / daß meine SchuzGöttin Vesta mir mein Brodmesserchen in die Hand gelieffert / gleich da der Gewalttähter mich nöhtigen wollen / und ich nicht anders / als auff diese Weise mich loßwirken können / daß ich ihm das Herz im Leibe abgestochen / und hiedurch eurer Hocheit rein und unbeflekt vorbehalten bin. Ob nun gleich der Tähter eurer Hocheit lieb und angenehm seyn mag / zweifele ich dannoch nicht / die Schandtaht werde derselben höchlich mißhagen / und daher / wegen verteidigung meiner Keuscheit auff ihre gehorsame ganz ergebene Magd Herkuliska keinen Unwillen werffen / sondern als ein gerechtester König sprechen und ergehen lassen was recht ist. Beygefügete Schreibẽ / eines an meine Dienerin die Verrähterin / das ander an mich / so noch ungeöffnet / werden den Tähter und sein verwägenes Vorhaben an den Tag legen; und wer sonst Raht und Vorschub zu dessen Frechheit gegeben / kan meine Hoffmeisterin anmelden / welcher ihre Königl. Hocheit / als mir selbst vollen Glauben zustellen / und stets gnädigster König und Herr verbleiben wolle / mir / ihrer Hocheit un tertähnigst-gehorsamsten Dienerin Herkulisken.

Bey früher Tageszeit muste die Hofmeisterin dem Könige diesen Brieff samt denn Beylagen bringen /die fast lieber in den Tod gangen währe; der König wahr noch nicht auffgestanden / daher sie desto besser sich besiñen kunte / wie sie es dem Könige aufs glimpflichste vortragen wolte / da sie / so bald sie vorgelassen ward / ihn also anredete: Allergnädigster Herr und König; eure Königl. Hocheit wird von ihrem Fräulein demühtigst gegrüsset und gebehten / wegen neuer Zeitung / welche in diesem Schreiben zu offenbahren sie gezwungen[822] wird / sich nicht zuentsetzen /und bleibet sie eurer Hocheit zu allen zeiten biß an ihr Gelübde allergehorsamste Magd. Was bringet uns diese ungewöhnliche Erinnerung? antwortete der König; wir wollen ja nicht hoffen / daß etwa verwägene Ehren-Räuber sich auff unser Fräulein Schlosse dürffen finden lassen / welche solches trauen mit dem Halse bezahlen müsten wans gleich mein liebster Sohn währe. Ihre Königl. Hocheit / sagte sie / wird aus dem Schreiben volkommenen Bericht allergnädigst ersehen. Er brach dasselbe mit sonderbahrem Eifer / und nach fleissiger durchlesung und außgestürzeten seufzen sagte er: Nun mein Schaz; wir sind deiner Liebe und Träue gnug versichert; aber / sagte er zu der Hofmeisterin / ist nicht mein Gotarzes selbst /der boßhafte Schelm gewesen? und wo sind die im Schreiben erwähnete Beylagen. Ach ihre Hocheit /antwortete sie / ich zweifele nicht / die Liebe habe ihn zu solcher unbesoñenheit gebracht / und kan das Durchl. Fräulein sich über den kläglichen Fall nicht zu frieden geben / hat mich auch mit hochteuren Worten versichert / daß sie nicht ehe gewust / wer ihrer Ehren nachsteller gewesen / biß sie es von ihrer Leibdienerin gehöret / worauff sie sich aus Unmuht ohn zweifel entleibet hätte / währe es von mir nicht verhindert worden. Die Beylagen betreffend / hat man davon nichts im geringsten gewust / biß man sie ohngefehr bey der Verrähterin gefunden. Als der König den verschlossenẽ gar durch gelesen hatte / fing er aus heftigem Zorn an: O du gottloser Schelm / nimmermehr bistu von mir gezeuget / sonst würdestu solcher dreyfachen Untaht dich nicht schuldig gemacht haben / wodurch du verdienet / daß wir dich / andern zum Beyspiel / lebendig schinden und vierteln liessen /wann du nicht schon deine Straffe / wie wol viel zugelinde / empfangen hättest. Sagte hernach zu der Hofmeisterin; meldet unserm geträuen Fräulein und liebsten Schatze an / daß sie im wenigsten nicht / dieser Taht wegen sich bekümmere / sondern daß wir sie deßwegen rühmen / und alle Gnade ihr wieder fahren lassen wollen. Die Hofmeisterin bedankete sich im Nahmen der Fräulein / und zeigete derselben gutdünken an / daß umb anderer Leute willen dieser Unfall des jungen Fürsten in höchster geheim gehalten / und die Mitschuldigen / als Statipna / und Bardanes ihrer Besatzung Oberster / aller Ursache ungemeldet / am Leben möchten gestraffet werden; welches nach kurzem bedenken der König vor gut hielt / ließ alsbald den Obristen in Stücken zerhauen / die Dienerin in einen Sak stecken und in der Fräulein SchloßGraben ertränken / das Fråulein aber durch die Hofmeisterin trösten / und sie vermahnen / daß auff ihrem keuschen Sinne sie standfest verbleiben möchte / welches ihr mit höchsten Gnaden solte vergolten werden.

Als Herkules und Ladisla mit ihrem Heer und der grossen Beute der Stad Persepolis naheten / liessen sie ihre Anwesenheit Artaxerxes wissen / daher er voller freuden ihnen entgegen ritte / und nach Pharnabazus umbständlicher Erzählung / es schier vor ungläublich hielt; rühmete unsere Helden offentlich vor dem ganzen Heer / sprach ihnen die ganze Beute des Lagers zu / und sendete an alle Bundsgenossen außführlichen Bericht / wodurch bey denselben nicht allein eine unsägliche Freude / sondern zugleich auch eine Verachtung des Feindes erwecket ward / dessen Krafft und Mannheit sie bißher vor unüberwindlich geschätzet hatten.

Zu Charas sprengete dz Geschrey gar zeitig aus /was gestalt die Persen einen Feindlichen[823] Einfall ins Land gethan / und alles auff sieben Meile Weges verwüstet / verbrennet / geraubet und erwürget hätten /und weil das Königliche Heer unter Spitamenes deßweges hin sein Lager gehabt / wolte man nicht zweiffeln / sie müsten alle erschlagen / und kein einiger davon entruñen seyn / welches doch niemand vor den König bringen wolte / biß Fürst Vologeses zu Charas anlangete / (welcher verreiset gewesen) und ihm zuverstehen gab / er fürchtete sehr / Spitamenes würde den Feinden in die Hände gefallen seyn. Des folgenden Tages gelangete derselbe mit zwanzig seiner überbliebenen Befehlichshaber an vor dem StadTohr /und durch zeigung seiner verbundenen Wunden und traurigen Geberden gab er den erlittenen Schaden gnug zuverstehen. Ob er sich nun gleich vor des Königes schwerer Ungnade fürchtete / nam er ihm doch vor / die anbefohlene Werbung träulich / wie wol auffs glimpflichste zu verrichten / ließ sich bey dem Könige demühtigst angeben / welcher seiner Gegenwart sich verwunderte / und ihm daher nichts gutes träumen ließ / gab ihm doch Freiheit vorzutreten / und ward also von ihm angeredet: Allergroßmächtigster /unüberwindlichster König / nachdem ihre Königl. Hocheit mir ein fliegendes Heer allergnädigst anvertrauet hat / mit Befehl / damit die Grenzen vor vermuhtlichem Einfal des abtrünnigen Persen zu verwahren / und da es die Gelegenheit geben würde / der Straffe wieder die Auffrührer den Anfang zu machen /oder / da einige feindliche Völker / denen ich vermeinete gewachsen zu seyn / antreffen würde / sie anzugreiffen / habe ich mich in untertähnigstem Gehorsam fertig gemacht / und gleich da ich willens wahr auffzubrechen uñ den Feind zu suchen / von ihrer Hocheit den Befehl bekommen mich der Vorsichtigkeit zugebrauchen / welche Warnung ich nicht verachtet / und bald darauff Kundschaft eingezogen / daß ein fremder Feind in unsern Grenzen durch Schwert und Brand bereit alles verderbete / daher ich ungeseumet mit guter Ordnung und Vorsichtigkeit ihm begegnet / uñ weil er an Mannschaft den drittenteil geringer als ich wahr / mit voller Schlachtordnung auf ihn gedrungen und das Spiel gewaget / da ich gestehen muß / dz ich die Blume ihrer Ritterschaft angetroffen / massen sie alle mit Harnisch / Schwertern und Pfeilen / auch mit ritter Speeren gerüstet / sich dermassen vortelhafftig gebraucheten / dz sie die unsern wie Mücken niderlegeten / ungeachtet sie weder des Orts / noch Windes noch Sonnen / nicht den allergeringsten Vortel hatten; ja ihre Schwerter höreten nicht auff zuschneiden / biß meiner Leute 21000 erschlagen / ich im absonderlichen Streite erleget / und die wenigen übrigẽ von den meinen / ihre Waffen niderzulegen gezwungen wurden; ob ich nun alles daß redlich versehen / was bey des einem Heerführer und Kriegsmann zustehet / werden Freunde und Feinde zeugnis geben können / auff welchen fall / da mir keine Schuld / wie ich weiß / zugemässen werden kan / von Euer Königl. Hocheit ich untertähnigst bitte / des Glückes unfall mir nicht zuzuschreiben. Der König ward des Vorbringens sehr zornig / schalt und schmähete ihn auffs äusserste /neben Bedräuung / er wolte ihn andern zum Beyspiel schon zufinden wissen; Welches Spitamenes also beantwortete: Wann ich Glückesfälle verantworten sol /bin ich willig / Euer Hocheit straffen über mich zunehmen / ungeachtet ich mich auff mein Gewissen und aller annoch lebendigen Zeugniß beruffe / daß ich nichts unterlassen / was einem redlichen FeldHerrn zustehet / als lange ich mein Schwert zuführen bestand gewesen bin; wo der Streit am hefftigsten wahr /habe ich mich finden lassen / den[824] schwachen habe ich zu rechter Zeit Entsatz zugeschicket / die verzagten auffgemuntert / die zurük weichenden der Parthischen Herzhafftigkeit erinnert / die Fluchtbegierigen selbst wieder angetrieben / und mich nicht gewegert / mit König Ladisla einen absonderlichen herben Kampff zuhalten / dessen Kräffte und Erfahrenheit / bekenne ich / mir überlegen gewesen / uñ den meisten Teil meines Bluts aus meinen Wunden gezapfet. Artabanus besan sich hierauff / und fragete / wie stark der Feind dann eigentlich / und was vor Art Völker sie gewesen? Er antwortete: Es führete der Feind 16000 Mann auff mich an / in dreyen Hauffen / muß gestehen / daß ihre zween vornehmste FeldHerren / GroßFürst Herkules aus Teutschland / und König Ladisla aus Böhmen / mir allerdinge unüberwindlich vorkommen seyn / als viel Leibes Geschikligkeit und Krafft nebest Kriegs-Erfahrenheit betrifft; ja allergnädigster König / wann die Götter in menschlicher gestalt erscheinen wolten / würden sie ihren Muht / Art und Leib annehmen; Da wahr kein Schild noch Helm vor ihrem Schwerte sicher / ihre Augen fünkelten ihnen im Kopffe wie glüende Kohlen / und taht Herkules Pferd mit beissen und schlagen ja so grossen Schaden / als sein Reuter mit hauen und stechen. Wie grimmig sie aber im treffen wahren / so hohe Gnade erzeigeten sie den überwundenen / indem sie mich und die meinen verbinden / speisen und trånken liessen. Ihre Völker gaben sich zwar vor Römische Untertahnen aus Syrien an / aber ich habe gewisse Nachricht erhalten /daß sie alle mit einander Artaxerxes Völker und gebohrne Persen sind / von obgedachten ihren beyden FeldHerren dergestalt abgerichtet / daß sie vor die besten Kriegs Knechte billich zu halten. Mich und meine überbliebene betreffend / haben sie ohn einiges Entgelt frey gesprochen / nur daß ich verheissen muste / Euer Hocheit ihre Werbung zuhinterbringen. Gleich dazumahl kam Vologeses darzu / sahe Spitamenes bleich und verbunden stehen / und erkennete daher / daß das Geschrey nicht erlogen wahr; Spitamenes freuete sich seiner Ankunft sehr / weil er ihm sehr gewogen / und von der Mutter seiten her verwand war; Und muste er seine schon getahne Erzählung wiederhohlen; Worauff ihn Vologeses fragete / wie doch die beyden fremden Fürsten gestalt währen; als er nun vernam / daß sie beyde so schön und zart wahren / sagte er: So habe ich mir falsche Gedanken eingebildet / welche ich schier mit einem äide bekräfftigen dürffen. Was entbieten uns aber die beyden Landläuffer? fragete der König. Der jüngste / antwortete er / von diesen beyden / nahmens Herkules / der noch kein Haar umbs Maul hat / und solcher Schönheit ist /daß er alle Weibsbilder dieser Welt / meinem bedünken nach / übertrifft / gab mir diesen Befehl: Deutet eurem Könige an / mein Bruder König Ladisla und ich / die er vor seine Knaben und Knechte ausruffet /haben ihm dieses erste Kinderspiel und Knechtische Auffwartung sehen lassen / worauff bald mehr folgen sollen; hat dann euer König lassen Ruhten über uns binden / wollen wir ihm unverzagte Herzen und Fäuste entgegen setzen. Dieser Rede ergrimmete Artabanus / und fuhr heraus: Haben die ohmächtige BettelFürsten uns noch weiters dräuen dürffen? Wolan / es sol ihnen wiederfahren / was sie verdienen; Hieß darauff Spitamenes abtreten / und begehrete von Vologeses ihm seine Meynung zusagen; Welcher also anfing: Allergnädigster König / ich erinnere Eure Hocheit /daß mirs schon im Anfange nicht gefallen / daß man diese fremden nicht eins einer schriftlichen Antwort auff ihr begehren / wirdigen wollen / welches uns schon so tapffere Kriegsleute gekostet hat; man sol seinen Feind / den man gedenket[825] zu dämpffen / nit verachten / wie schlecht und geringe er auch scheinẽ mag / dañ zuzeitẽ straffen die grossen Götter durch veråchtliche Mittel / wie ich dessen viel Begebnissen einführen könte / kan aber an Alexander dem Mazedonischen Könige gnung seyn / welchen die zornigen Götter mit einer Handvoll Volks über das Meer schicketen / daß er ganz Asia uñ Afrika mit seiner Geissel züchtigen muste; und wer weiß / was die Götter mit diesen beyden jungen Fürsten im Sinne haben / deren Tapfferkeit und Verstand von Spitamenes (welcher trauen kein Kind ist) so hoch gerühmet wird. Der König kunte vor Ungeduld ihm nicht länger zuhören /und sagete: Mein Vologeses / ist euch heut etwa ein Hase quehr über den Weg gelauffen / daß ihr euch eines Unglüks befürchtet. Kein Hase / allergnädigster König / antwortete er / sondern die vielfältigen UnglükZeichen / die von allenthalben her angemeldet werden / heissen mich bedachtsam spielen / damit man nicht in ein Feur lauffe / welches man wol meiden kan. Ey was Feur / was Feur / sagte er / haben die beyden fremden Leker-Buben uns diesen Schimpff erwiesen (dann vor Schaden können wirs nicht rechnen / dz unsere faule nichts werte Kriegsleute erschlagen sind) / so wollen wir uns bemühen / daß diese Knaben nach Verdienst gestrichen werden; aber wie dünket euch umb Spitamenes / daß ers so schlimlich versehen hat? Ich kan davon nicht urteilen / antwortete er / ehe und bevor ich seiner Leute Aussage haben werde /muß ihm sonst das Zeugniß geben / daß er bißher allemahl in Kriegsgeschäfften vorsichtig / tapffer und glüklich gewesen. Der König ließ denselben wieder vor sich fodern / unterdessen Vologeses ihn vermahnete / es würde nöhtig seyn / daß ihm dieser Verlust vergeben würde / damit andere Feld Herren nicht furchtsam gemachet werden möchten. Madates / ein verwägener / und in seinem Vornehmen glüklicher Mann / dem Könige von mütterlicher seiten her nahe verwand / trat mit Spitamenes zugleich hinein / welchen der König also anredete: Auf mein Madates /und sihe zu / daß du des unglüklichen Spitamenes Wunde verbindest / welche ihm die Kinder aus Teutschland geschlagen haben; nim unserer besten Parthischen Reuter 40000 zu dir / damit gehe an die Persischen Grenzen / senge und brenne was du kanst /und schlage nider was Persisch ist uñ heisset. Vologeses baht den König sehr / er möchte nichts aus Zorn und Eifer vornehmen / damit nichts versehen würde /das man hernach zu spät beklagen müste. Aber Madates bedankete sich des gegebenen Befehls / mit dem versprechen / er wolte seinen Freund Spitamenes dergestalt an den ohmächtigen Persen und ihren Führern rächen / daß der König seine Lust dran sehen solte. Spitamenes sagte zu ihm: So sehet euch wol vor Herr Madates / und verfahret mit gutem Bedacht / dann ich kan nicht unterlassen / krafft meiner Pflicht und äide /damit ich meinem Herrn und Könige verbunden bin /euch anzusagen / daß keine Kinder / sondern tapffere Männer euer warten werden. Ich möchte auch nicht gerne mit Kinder / zufechten haben / antwortete er /aber wie dicke Harnische es gleich seyn mögen / in welchen sich die Persen verstecken / wolte ich mich vermässen / ihnen dieselbe ohn Schwert mit Knütteln dergestalt zutreffen / daß sie drinnen ersticken solten. Die gütigen Götter / antwortete Spitamenes / wollen euch hierzu ihren Segen verleihen / daß jederman hernähst sprechẽ möge / niemand als Spitamenes habe sich schlimmer wider die beyden Fremdlinge bezeiget; aber ich fürchte sehr / ihr werdet mit diesem Vorsatze wenig gutes schaffen. Madates taht / als hörete ers nicht / und versprach dem Könige / heut über drey Tage mit der genenneten[826] Menge vor dem Schlosse zu erscheinen / wahr sehr geflissen / eine gute Ritterschaft zusamlen / und ihnen tapffere und versuchte KriegsObristen vorzustellen / brachte auch auff geheiß 20 Parthische Ritter vor den König / welcher ihnen den Vorschlag taht / ob sie so geherzt währen /sich zubemühen / daß sie des Feindes beyde Führer /Ladisla und Herkules / die sich durch Waffen schon würden kund geben / lebendig griffen / und ihm auffs Schloß lieferten / daß sie vor ihm daselbst als Knaben gestrichen würden / solte jeder 3000 Kronen / und der ihrer einen greiffen würde 12000 Kronen aus Königlicher Schatzkammer empfangen. Diese nahmen solches willig auff sich / machten einen Bund / in der Schlacht nit von einander zuweichen / sondern einmühtig auff benante einzustürmen. Worauff der König abermahl / und in des KriegsVolks Gegenwart seinem Madates vollkommenen Gewalt erteilete / den Feind / wo er ihn antreffen würde / anzugreiffen / und niemand / als die beyden fremden lebendig zulassen: Vologeses zwar suchete Madates zur Vorsichtigkeit zubereden / als er aber sahe / daß alles vergebens wahr / sagte er zu ihm: Mein Freund / gedenket nicht ehe an mich / als wann euch deucht / daß ich wol gerahten habe. Nicht also / Gn. Fürst / antwortete er /ich wil stets an eure Gn. gedenken / auch deren Raht nicht verachten / aber mir doch nicht einbilden lassen / daß dieser Feind zufürchten sey. Es ist gnug / sagte Vologeses / aber ihr redlichen Parther / sagte er zu dem ganzen Heer / haltet euch tapffer / und stürzet euch nicht ohn Noht in Gefahr und Unglück / ich wil einem jeden / so viel eurer als Obsieger wieder kommen / 10 Kronen schenken. Diese nahmen solches mit Dank an / und erkläreten sich / zusiegen oder zu sterben; Worauff sie mit zimlichen Tagereisen fortgingen. Unsere Helden feyreten unterdessen auch nicht / trilleten und übeten das ganze Heer täglich / insonderheit /wie man gegen die Parther mit gutem Vortel streiten muste / deren Art sie in dieser Schlacht eigentlich in acht genommen hatten / und vermuhtete sich Artaxerxes so schleuniger Feinde nicht / sondern gab vor /Artabanus würde es nicht mehr mit einem kleinen fliegenden Heer versuchen / sondern mit der ganzen Macht auffbrechen / wiewol Herkules ihm das Wiederspiel hielt / und sich der schnellen Wiederkunfft eines absonderlichen Heers befahrete / daher er den Raht gab / es möchte zwar Artaxerxes das ganze Heer in die nähe beyeinander legen / daß sie in 24 Stunden könten zusammen gebracht werden / aber doch des Feindes vornehmen fleissig erkunden / und ein tapfferes Heer an die Grenze senden; Er vor sein Häupt wolte sich hiemit erbohten haben / mit einer Macht von 26000 Reutern fortzugehen / und da es das Glük fügen wolte / einen behutsamen Einfall damit zuwagen / jedoch zuvor alle mögliche Kundschafft einzuziehen / wie der Feind sich bezeigete / demnach er nimmer gläuben könte / daß sie auff geschehenen schweren Einfall ihre Grenzen zum besten geben /und unbesetzet lassen solten. Diesen Vortrag ließ Artaxerxes ihm belieben / bedankete sich wegen des erbietens / und ward alles zwar nach Herkules begehren ins werk gerichtet / wiewol nit mit solcher eile / als die Noht es erfoderte / massen als Herkules und Ladisla mit diesem Heer auffbrachen / kam Zeitung ein /der Feind drünge mit grosser Macht herein / und dürffte in wenig Tagen die Persischen Grenzen erreichen / oder nunmehr wol schon erreichet haben. Dieses machete / daß sie in grosser Eile fortgingen / und des folgenden Tages Bericht einnahmen / der Feind hätte durch Berraht und List eine GrenzeStad eingenommen / und hausete daherumb dergestalt / daß man nichts als bey Tage Rauch / bey Nachte[827] Feur sähe. Herkules beklimmerte sich fast / daß durch Seumniß dem Feinde dieser Einfall gegönnet wahr / schickete Tyriotes uñ Gallus mit 3000 leichten Pferden aus /frisch durchzuhauen / ob sie eigentlich erfahren könten / wie stark der Feind / und wer ihr Feldherr währe. Diese stiessen bald des andern Tages auf eine Feindes Schaar 800 stark / welche sie umringeten / 600 nidermacheten / und die übrigen gefangen nahmen / da hingegen sie nur 30 Mann einbüsseten / weil der Feind sich mit der Beute zuschwer beladen hatte / und das Gewehr nicht gebrauchen kunte. Die Gefangenen verhörete man stündlich / welche alles anzeigeten / daher Gallus ungeseumet mit sechs Reutern und vier Gefangenen Tag uñ Nacht zurücke ging / und seinem Herrn die Zeitung einbrachte. Herkules befragete diese Gefangene selbst / und nach eigentlicher Bekäntniß brach er mit den Völkern auff / sie guter Beute versichernd / da sie nur einen kleinen redlichen Saz mit ihm wagen / und dem Feinde den Raub abnehmen dürffen; welche sich alle verbunden / nicht anders /als Uberwinder / die Wahlstat zuverlassen. Madates wütete inzwischen gar gräulich / ließ alles / was er antraff / verwüsten und erschlagen / und meynete nicht / daß die Persen ihm das Häupt würden bieten dürffen / dann er wahr ein beschriehener guter FeldObrister / der mannichen trefflichen Sieg von den ReichsFeinden erstritten hatte. Als Herkules bey Tyriotes ankam / und die ganze Menge der Gefangenen mit freundlichen Worten verhörete / auch ihnen Speise uñ Trank zureichen befahl / und die Kleider ihnen wieder zugeben / welche man ihnen abgezogen hatte /trat derselben einer hin zu Tyriotes / und sagete in geheim zu ihm: Mich jammert von Herzen / daß dieser freundliche Held / so Henker-mässig sol geschändet werden / wie mans über ihn beschlossen hat / welches abzuwenden / machet mir Gelegenheit / daß mit diesem Herrn ohn meiner Mitgefangenen Wissenschafft ich reden möge. Tyriotes verschlief seines Herrn Wolfahrt nicht / zeigete solches an / und führete diesen Gefangenen in ein absonderliches Zelt / welcher zu Herkules und Ladisla also redete: Treffliche Helden /Gnn. Herren / ob ich gleich meinem Könige mit äidespflichten verbunden bin / kan ich doch nicht unterlassen / wegen ihrer / uns Gefangenen erzeigeter Guttaht / sie zuwarnen / daß mein König 20 handfeste Ritter mit grossen Verheissungen bestellet hat / euch in künftiger Feldschlacht lebendig zugreiffen / und möchten die Ruhten wol schon gebunden seyn / damit auff diesen fall ihr vor des Königes Augen schändlich sollet gestrichen werden. Herkules erbleichete vor diesem Schelmstücke / und sagete: Guter Freund / woher ist dir solches bewust? Ich bin dessen / antwortete er /von meines Vaters BruderSohn / einem Königlichen Trabanten höchstvertraulich berichtet / als welcher den Befehl selbst angehöret hat; so wollen nun Eure Gnn. mich nicht melden / und sich wol vorsehen /dann obgedachte Ritter werden sich nicht trennen /sondern euch hin und wieder suchen / und köñen bey ihren schwarzen Feldzeichen leicht zuerkeñen seyn; so ist auch im ganzen Heer ausgeruffen / daß / wohin diese Ritter sich wenden / man ihnen Raum geben /und sie durchlassen solle. Ladisla meynete vor Zorn und Eifer zubersten / und sagete zu dem Gefangenen: Dafern sichs also verhalten wird / wie du berichtest /soltu mit der Freyheit und andern ansehnlichen Verehrungen begabet werden. Ich bin wol zufrieden / antwortete er / daß neben meinen Mitgefangenen ich biß nach gehaltener Schlacht verstricket bleibe / da sich meiner anzeige nach / alles ausfündig machen wird. Ladisla nach des Gefangenen Abtrit / schwur seinem Herkules / wo er sonst lebete / wolte[828] er den verrähterischen König zum absonderlichen Kampff ausfodern. Sie liessen aber Tyriotes mit 1000 Reutern vorangehen / und folgeten behutsam nach / biß sie den Rauch hin und wieder auffgehen sahen / weil der Feind nicht allein die Dörffer / sondem alle fruchtbahren Bäume niderwarff / und mit Feur verzehrete. Tyriotes traff abermal einen Feindes Hauffen an 1500 stark / mit welchen ers wagete / 600 erschlug / weil sie wegen des vielen Plunders sich nicht recht wehren kunten / und die übrigen auff die Flucht brachte / da er nur zehn Mann einbüssete. Gallus ging einen andern Weg mit 2000 Reutern / und begegnete ihm ein Parthischer Obrister mit gleicher Anzahl / welche ebener gestalt wegen der vielen Beute sich auff ihren Pferden nicht behelffen kunten / daher sie bald im Anfange 400 Mann verlohren / biß die übrigen den Raub von sich warffen / und sich ihrer Haut rechtschaffen wehreten / doch weil sie übermannet / und guten teils verwundet waren / setzeten sie noch 300 zu / zogen sich zurük / und führeten drey gefangene Persen mit sich fort. Die beyde flüchtige Schaaren langeten zu einer Zeit bey Madates an / welcher die Gefangenen scharf fragete / und allen Bericht von des Persischen Heers beschaffenheit einnam / auch daß Herkules und Ladisla neben Pharnabazus die FeldObristen währen. Er ward dessen sehr froh / samlete das Heer schleunig zusammen / daß ja der Feind / wann er seine grosse Macht vernehmen würde / ihm nicht entginge / oder sich stärkete / wiewol er meynete / es würde ihm schlechte Ehre geben / einen so geringen Hauffen zuüberwinden / weil er nie eine Schlacht gehalten / in welcher sein Feind ihn nicht mit der Menge übertroffen hätte. Als seine Völker beysammen wahren / redete er sie also an: Frisch auff / meine Spießgesellen /lasset uns acht geben / daß wir den Feind vor der Flucht ertappen / und er sich nicht ins Gehölz verkrieche / da uns schwer fallen würde / ihm beyzukommen. Nachgehends foderte er die 20 Ritter vor sich / erinnerte sie ihres versprechens / und sagte ihnen allen Beystand zu. Herkules hatte Zeitung von seinem Auffbruche / wie er dann so unvorsichtig fortging / daß er von den unsern nichts erfuhr / biß er auff ein halb Meilichen nahe / bey ihnen wahr / ja wann der Persische Vortrab sich ihnen nicht gezeiget hätte / würden sie den unsern unvermuhtlich auffgestossen seyn. Herkules erkennete hieraus / was vor einen verwägenen Feind er vor sich hatte / baht Ladisla / er möchte nichts aus Eifer vornehmen / gab einem Persischen Herrn / Nahmens Abulites den ersten Angriff mit 5000 Reutern zutuhn / der sich doch furchtsam stellen / und nach kurzem Gefechte zurük weichen solte; Pharnabazus aber muste mit 5000 einen umschweiff nehmen / und sich verborgen hinter einem Hügel halten / biß er den Feind würde sehen hinter sich weichen / dann würde er seinem Verstande nach schon wissen / von hinten zu in sie zugehen / und die Flucht zuhemmen. Ladisla hatte das Heer zuführen / eine Manschafft 10000 stark / auff welchen Abulites sich zihen solte / und behielt Herkules 6000 vor sich / aber alle mit Speeren und durchneheten Panzern. So bald Madates der unsern inne ward / und ihre kleine Geschwader sahe / machte er seine Ordnung folgender gestalt: Seinem Obristen Verweser Bessus / einem hochmühtigen Ritter / gab er mit 9000 Reuter Schützen den Angriff; sein Feldmarschalk Bazaentes solte den Hauffen 18000 stark / führen / und behielt er selbst 11000 bey sich / womit er den nohtleidenden auff den unverhofften fall Entsatz geben wolte. Bessus setzete mit starkem Geschrey und hefftigem schiessen auff Abulites an / der mit gleichem Gewehr ihm begegnete / fuhr nach Herkules Vermahnung[829] vorsichtig / und ließ anfangs der Feinde Pfeile mit den sonderlich darzu bereiteten breiten Schilden aufffangen / daß der seinen fast keiner verwundet ward / und der mehrerteil ihre Pferde mit den durchnäheten Panzern verwahret hatten / hingegen wirketen seine Pfeile dergestalt / daß der Feinde in die 3000 erschossen /und 2000 hart verwundete auß der Schlacht zu weichen gezwungẽ wurden. Madates entsetzete sich des Unfals / ließ von Bazaentes Hauffen 3000 zu Bessus gehen / mit welcher Verstärkung er wütig mit entblösseten Schwertern in Abulites Ordnung fiel / der sich nach geno ener Abrede furchtsam hielt / und doch in guter Vorsichtigkeit zurücke weich. Ladisla sahe /daß Bessus seinen Anfall ohn geschlossene Glieder fortsetzete / deßwegen er Gallus mit 1500 hinein brechen ließ / der in kurzer frist 3000 Feinde nidermachete / und bekam Abulites Befehl von Herkules /sich zu wenden / und sein äusserstes zugebrauchen /welcher dann seine Tapfferkeit sehen zu lassen / dergestalt anfiel / daß dieser Feindes Hauffe in grosse Noht geriet. Madates sahe daß die seinen bloß durch nachlässige Unordnung sich in diese Gefahr gestürzet hattẽ / mahnete deßwegen Bazaentes auff / Bessus nach äusserstem vermögen zuentsetzen / welcher dann willens wahr / mit seiner ganzen Macht sich dahin zu wenden / sahe aber / daß Ladisla sich gegen ihn stellete / daher er jenem nur 5000 zum entsatze schickete / welche Madates mit 2000 vermehrete. Ladisla aber setzete seinen Vorsatz auff Bazaentes tapffer fort /grieff sehr eiferig mit dem Schwerte an / und befand über verhoffen harten Wiederstand / dz anfangs zu beyden Seiten viel Blut vergossen ward / biß Ladisla den Führer antraff und im dritten Hiebe ihm den Kopff herunter schlug / worauff sich die Feinde etwas zurücke zogen / wurden doch von des erschlagenen Bruder / Obristen Feldwachtmeister Meherdates wieder in Ordnung gebracht und angeführet. Bessus hatte auch schon seinen Geist auffgegeben / und solches von der Hand eines gemeinen Reuters / welcher wegen dieser Taht hernach zum Ritmeister gemacht ward. Bessus Hauffe ward fast ohn Gegenwehr nidergeschlagen / weil ihre Ordnung getrennet wahr / und schaffete der Entsaz wenig / so daß Madates selbst mit seiner Mannschaft hinan muste / welcher auch mit seiner Ankunft beydes Abulites und Gallus zurük prallete und Bessus überbliebene errettete. Inzwischen sahe Herkules die 20 bestelleten Ritter in blanker Rüstung mit schwarzen FeldBinden hin und wieder reiten / und in Ladisla Völker einbrechen / hatten auch das Glük / daß sie ihn selbst antraffen / und einmühtig zu ihm loßstürmeten; die so nähst umb ihn wahren / tahten alle mögliche Gegenwehr / und feirete Ladisla selber nicht / weil er bald merkete / was vor Raubvögel ihn angriffen / jedoch würde ihm unmöglich gefallen seyn / sich ihrer zu entbrechen / wann nicht Herkules ihn hätte entsetzen lassen / als welcher Tyriotes also anredete: Sehet da mein Freund / nun ist es Zeit / daß ihr eurem Herrn die versprochene Träue leistet / und unserer Abrede nach euch gemäß bezeiget. Dieser brach mit seinen zugeordneten 50 Rittern freudig auff / und setzete dergestalt an / daß jene 20 von Ladisla ablassen / und sich gegen diese kehren musten / welches Ladisla ersehend / ihnen noch 100 Reuter zuordnete / er aber ging mit dem gesamten Hauffen dergestalt in den Feind / daß derselbe hinter sich zu weichen genöhtiget ward / und inzwischen jene 20 Ritter allemiteinander lebendig gegriffen / und fest gebunden ins Lager geführet wurden. Herkules bekam diese fröliche Zeittung / griff Madates mit ganzer Macht an / und brachte damit Abulites wieder zum Stande. Ladisla wütete[830] an seinem Orte wie ein grimmiger Löue / biß die Feinde nach der Rechten außwichen / und mit ihrem FeldObristen / der noch starke Gegenwehr taht / sich zuvereinigen suchten; Herkules aber hatte Pharnabazus schon zu entbohten /von hintenzu einzubrechen / über dessen Ankunft die Feinde in grosses schrecken gerieten / weil sie biß daher seiner nicht wahr genommen hatten / doch erhohlete sich Madates / schickete ihm 3000 entgegen /und bemühete sich äusserst / Herkules geruheten Hauffen zu hintertreiben / welche mit ihren Speeren grossen Schaden getahn / und etliche tausend Sattelloß gemacht hatten / nunmehr aber unter ihres Häupts anführung das Schwert rechtschaffen gebraucheten /daher Madates fast in eine Raserey geriet / auff Herkules selbst ansetzete / und den Kampf verwägen gnug mit ihm auffnam / aber es währete nicht lange da ward er nach zimlicher Verwundung gefangen genommen / und nach dem Lager geschicket. Pharnabazus hatte mit Schmerzen geharret / seinen Muht an den Feinden zu kühlen / überfiel auch die ihm entgegen geschickete dergestalt daß sie zu weichen gedrungen wurden / gleich da Herkules und Ladisla von beyden Seiten ansetzeten / uñ ein solches schrecken in die Feinde brachten / daß sie schon begunten umb Gnade zu ruffen; aber Pharnabazus setzete von hinten immer hinein / so verstopfeten auch alle Persen ihre Ohren /und schlugen ohn Barmherzigkeit alles Tod / was in Waffen wahr / weil sie wegen der erbärmlichen Landes verwüstung gar zu hart erzürnet wahren / daher dieses grosse Heer so gar auffgerieben ward / dz auch nicht ein einziger Bohte davon kam / der diese Zeitung hätte nachsagen mögen. Des Feindes Lager wahr von dem Troß und anderen Mitläuffern besetzet / welche dem Raube nachstelleten / und muste Abulites mit 2000 Reutern dahin gehen / uñ verwehren / daß kein einziger davon entlieffe; zwar es hatten sich in die 300 auff Wagenpferde gesetzet / in Meinung / davon zukommen / aber sie wurden alle eingehohlet und nidergemacht / die im Lager gefangen genommen / uñ darauff die algemeine Plunderung auff der Wahlstat gehalten / was aber im Lager gefunden ward / von Wagen / Pferden / Gelde / und überaus grossem Raube / welchen sie zusammen geschleppet hatten /ward alles verwahret / daß es Artaxerxes geliefert würde. Nach erhaltenem Siege / danketen Herkules und Ladisla ihrem Gott vor seinen gnädigen Schuz /hernach ließ Ladisla sich verbinden / weil er etliche Wunden in der Schlacht / insonderheit von den 20 Rittern empfangẽ hatte / und muste ein jeder Obrister seine erschlagene anmelden: Abulites missete 1600 /Gallus 300 / Ladisla 1500 / Pharnabazus 260 / und Herkules 300 Mann / überal auff diesem ganzen Zuge 4000 Reuter / dahingegen das Parthische Heer 40000 stark auffgerieben wahr. Herkules ließ Madates samt den 20 Rittern vor sich fodern / und redete sie mit zornigem Gesichte also an: Saget mir Madates / und ihr alle miteinander / was vor unredlichen Wiederdrieß oder unbillichen Schimpf haben König Ladisla und ich GroßFürst Herkules euch jemahls bewiesen /daß ihr hindangesetzet unsers standes Hocheit / euch unterstehen dürffet / uns als Schuelknabẽ / zugreiffen / uñ der Zucht-Ruhten zu übergeben? Ich meine ja /wir haben vordißmahl / und schon zuvor eine gute bewehrung abgeleget / daß wir der Ruhten entwachsen sind / und ihr dürffet euch noch anmassen / wil nicht sagen / Fürsten / sondern Ritter und FeldObristen nach der Stäupruhte hinzuführen? Diese wunderten sich / woher den unsern solches kund währe / weil es von ihnen in höchster geheim war gehalten worden /und durfte ihrer keiner Antwort drauff geben /[831] daher Ladisla zu ihnen sagete: So wirdiget ihr überdaß uns noch keiner Antwort? Madates bistu ein redlicher Ritter / so melde Ursachen an / oder ich werde dich als einen Verrähter dem Diebshenker übergeben. Dieser war wegen der empfangenẽ Wunde etwas mat / und antwortete mit schwacher Stimme: Ich bin ein Diener meines grossen Königes / von dessen Anordnung ich keine Rechenschaft zu geben habe / und ob ich mich unterstandẽ hätte / meines Königes abgesagte Feinde zu fahen / würde mir solches kein redlicher Ritter verdenken; von Ruhten aber weiß ich nichts / habe es vielweniger angestellet / und mögen solches verantworten / die dessen mit fuge und Warheit können beschuldiget werden / wiewol ich nimmermehr traue /daß ein einziger von diesen gefangenen Rittern Wissenschaft davon habe. Es müste mir lieb seyn / sagte Herkules wann ihr Madates / euch dieser Beschuldigung entbrechen köntet / dann so würde ich Ursach haben / euch Gnade als einem guten Ritter zuerzeigen; aber daß ihr zugleich diese eure Mitgefangenen entschuldiget / setzet euch in grossen Verdacht / massen dieser ihr schelmisches Vornehmen uns viel zu wol bewust ist / und sol eine Folter bald aus ihnen bringen / was sie gütlich zubekennen sich wegern wollen; jedoch wil ich euch hören lassen / was ich von euch schon vorgewiß weiß; saget mir / welche unter euch sind die beyden / so die gröste Hoffnung gehabt / über die versprochene 3000 Kronen / noch die 24000 zuverdienen / und uns lebendig zu greiffen? Diese sahen daß der Anschlag verrahten wahr /gaben vor / sie währen ihres Königes Diener / dessen Befehl sie gehorsamen müsten. O ihr unredliche Schelmen / sagte Ladisla / seid ihr dann solche Diener / daß ungeachtet eures Ritterstandes ihr zu dergleichen unverantwortlichen Bubenstücken euch gebrauchen lasset? saget mir aber / ob Madates hieran so gar unschuldig sey. Die Gefangenen hoffeten / man würde gelinder mit ihnen verfahren / wann sie die Warheit bekeñeten / oder sonst Madates Mit-Schuld kund würde / bahten doch sehr / man möchte nicht in sie dringen / wieder ihren FeldHerrn zu zeugen / es würde derselbe wol anzeigen / wie es stünde. Ja /sagte Herkules / wir erwarten / was er vorbringen werde / nachdem uns ohn daß alles gnug bewust ist. Dieser fing an / ob er gleich nicht ersiñen könte /woher ihnen diese Heimligkeit kund getahn währe /wolte er doch gerade zu beichten / daß sichs also verhielte / er auch Wissenschaft darumb gehabt / und seines Königes Befehl gnug beweisen könte / der ihn als einen Diener schon entschuldigen würde / als einen zum Gehorsam verbundenen. Wolan / sagte Ladisla /wer sich dann unterfähet / seines Hern Schelmstücken zuverrichten / der sol und muß auch billig davor leiden; sprach ihnen hiemit die Urtel / daß sie alle miteinander von dem Büttel umb die Lenden biß auffs Blut solten gestriechen werden; Worüber Madates sich entsetzete / und begehren durfte / daß man mit ihm als mit einem gefangenen FeldHerrn / umbgehen solte. Aber Pharnabazus gab ihm zur Antwort: O du Schandflek aller morgenländischen Ritterschaft / wer hat dich gelehret / mit Königen und GroßFürsten dergestalt umbzugehen? ja wer hat dir Leben oder Freyheit versprochen / demnach du streitend gefangen bist? Also ward Tyriotes bestellet / etliche Steckenknechte herzufodern / welche alsbald die Rache volstrecketen / ob gleich Madates und sie alle miteinander viel lieber das Leben eingebüsset hätten. Herkules / so bald alle Anwesende Abtrit genommen /redet mit Ladisla und Pharnabazus / es währe nunmehr hohe Zeit / daß er sich nach Charas verfügete /das Fräulein loßzumachen / weil nicht so gar viel[832] Wochen von dem versprochenen Beylager mehr übrig währen / bestellete / daß die Gefangenen drey Tage angehalten würden / und verließ mit ihnen / daß inwendig drey Wochen er mit Gottes Hülffe wieder bey ihnen seyn / oder seinen Zustand ihnen überschreiben wolte. Ladisla hätte sich ungerne von ihm trennen lassen / doch weil er merkete / daß Herkules ihn mitzunehmen nicht willens wahr / und über daß seine Wunden zu schlim wahren / Tag und Nacht auff schnellen Pferden zu reiten / gab er sich zufrieden. Herkules nam seinen Gallus und zween Persische / der Parthischen Sprache wolerfahrne ädelknaben zu sich / gab ihnen schnelle Läuffer / und nach eingenommener Mahlzeit begab er sich noch desselben Tages in Gottes Nahmen mit ihnen auff den Weg / da er an vielen Orten gegen seine Wiederkunft auff den Herbergen frische Pferde auff sechs Menschen bestellete / und allenthalben Geld genug auff die Hand gabe / unter diesem einwenden / daß er in Königl. Diensten ritte / da gleichwol alles in Gallus / als des ältesten / uñ vermeineten HerrnNahmen geschahe. Ladisla aber und Pharnabazus führeten das Sieghafte Heer mit der überaus grossen Beute wieder nach Persepolis / nahmen alle im Lager Gefangene vor Leibeigene mit sich / und musten Madates samt den 20 Rittern in etlichen ůberbliebenen Reuter Hütten von 50 Reutern biß an den dritten Tag verwahret werden / da man ihm hernach ein schindicht Pferd zu reiten gab / und seine 20 gefärten zu Fusse neben ihm daher lieffen.

Ohngefehr fünff Tage vor dieser Zeit kam Leches zu Korinth an / woselbst er anlenden muste / weil sein Schiff an einer Klippen schaden geno en hatte. Markus ritte gleich dazumahl am gestade daselbst mit seiner Euphrosynen zur Lust umbher / sahen ihn aus dem Schiffe steigen / und wurden durch seine Ankunft teils erfreuet / teils furchtsam gemacht / weil sie weder Ladisla noch Fabius bey ihm sahen / ritten eilig zu ihm / uñ nach freundlichem umbsahen frageten sie / wo er seine Gnn. Herren gelassen hätte. Weit von hinnen / antwortete er / doch in hohen Ehren und gutem Wolstande; habe aber wenig Zeit mich alhie aufzuhalten / nachdem auff meiner Eile viel haftet. Also ließ er die Güter aus dem schadhafften Schiffe in ein anderes bringen / inzwischen sich Markus mit seiner liebesten beredete / in Geselschaft mit nach Padua zu fahren / hohlete auch alsbald seine Rustung / Kleider uñ eine zimliche Baarschafft samt vielen Kleinoten aus der Stad / und segelten frölich dahin mit erwünschtem Winde / da ihnen Leches allen Verlauff erzählete. Markus und Euphrosyne erlustigten sich sehr an solchen geschichten / und vertrieben die Zeit mit mannicherley Gespräch / biß sie in kurzer frist in dem nähesten Hafen hinter Padua anlangeten / die Güter auff Wagen packeten / und bey Nachtzeit nach Padua ritten / daß sie früh Morgens bey eröffnung der Tohre ihren Einzug hielten. Neda als Obristwachtmeister besetzete gleich die Posten / und ward Leches seines lieben Freundes unter dem Tohr gewahr / von dem er doch nicht wieder erkennet wurde / weil er alsbald sein Angesicht mit dem Mantel verhüllete / und hinter Markus als ein Diener her ritte / welcher von Neda gerechtfertiget ward / woher er kähme / was vor Sachen er auff den Wagen führete / und wo sie abzulegen gedächten; bekam aber zur Antwort: Er währe des Obristen Klodius guter Freund / und kähme von Korinth / ihn zubesuchen; die Wagen hätten freie Güter geladen / welche dem Stathalter solten geliefert werden. Bald gedachte Neda er würde der Markus seyn /von dem er so oft hatte reden hören / und sagete: Es wird mein Herr / dafern ich nicht irre / dieses[833] Orts nicht allein bey meinem Obristen / sondern auch bey höhern Leuten sehr wilkommen seyn. Leches wunderte sich höchlich / wie Neda sich in Römische Dienste begeben hätte / dann Markus hatte ihm von seiner Anwesenheit nichts gemeldet / wiewol ihm alles zugeschrieben wahr; gedachte endlich / er würde von der Königin hergeschicket seyn / Fr. Sophien auffzuwarten; wolte sich demnach vor ihm nicht länger verbergen / sondern sagte zu ihm: Wie dann / mein Bruder /werde ich dann an diesem Orte so gar unangenehm seyn? Neda sahe ihn an und erstarrete / bald aber fiel er ihn umb den Leib / sprechend: O mein werther Freund und Bruder / wie angenehm ist mir deine liebe / wiewol unvermuhtliche Gegenwart / da es sonst unserm Könige und Fräulein noch wol ergehet. Da ich von ihnen geschieden bin / antwortete er / habe ich sie gelassen / da ihnen nicht gar übel wahr / wovon hernach wird zureden seyn; biß aber gebehten / und melde uns so bald nicht / dann wir wollen / umb einen kleinen Auffzug zumachen / uns nicht so bald zuerkennen geben. Eben das sol mir lieb mit seyn / antwortete er / kehrete auch in aller stille mit ihm in die Herberge / in welcher er vor diesem von Libussen wegen seiner Brelen so artig auffgezogen wahr / und fiel ihm geschwinde ein / er wolte ihr diesen Morgen alles gedoppelt wieder einbringen; ging ohn fernern Verzug nach ihrem Gemache / und fand sie mit seiner Liebsten in einem Bette liegen und ein freundliches Gespräch halten / welches eben von Leches wahr / da Libussa jener klagete / sie hätte einen gefährlichen Traum von ihm gehabt / wolte nicht hoffen / daß ihm in der fremde ein sonderlicher Unfall zugestossen währe. Neda lauschete an der Tühr / und vernam ihre Reden / welche zu seinem Vorhaben nicht undienlich wahren / ließ sichs doch nicht merken / sondern klopffete leise an die Tühr / welche von einer Dienerin bald geöffnet ward / weil sie meynete / es währe irgend eine des Frauenzimmers; nachdem sie aber Neda sahe / wolte sie die Kammer wieder versperren; aber er wahr zu behende darzwischen / trat hinein / und nach volbrachtem Grusse baht er seines unzeitigen besuchens Verzeihung. Libussa / so vorne an schlieff / fragete / was die ursach seiner Ankunfft und traurigen Gesichtes währe? Worauf er zur Antwort gab: Er währe zugleich froh und betrübt; froh wegen guter Zeitung von König Ladisla und dem Fräulein; betrübt wegen einer NebenZeitung / mit welcher er sie ungerne betrübete. O ihr Götter / sagte sie hierauff; gewißlich ist mein Leches tod! Nein nein / antwortete er / nicht so schlim / er lebet noch / aber es ist etwas wunderlich umb ihn beschaffen. Libussa wahr sehr bekümmert / wuste nicht / was sie aus so tunkeler Rede schliessen solte / und baht / er möchte ihr die Angst benehmen / oder nur klar ausbeichten / damit sie erführe / was das grausame Glük mit ihr im Sinne hätte. Ach / sagte er / weil es euch ja muß gesaget werden / ist mirs leid / daß ich der ungenehme Briefträger seyn sol. Aus dieser Rede schloß sie vor gewiß / er würde schon tod seyn / daher belief ihr das Herz /daß alle ihre Geister stehen blieben / und ihr das Gesicht samt der Sprache verging. Jungfer Brela solches ersehend / machete sich bald auff / und trieb sie der Schrecken und die Angst so sehr / daß sie ihrer Blösse vergessend / sich im Bette auffrichtete / und Libussen mit Neda Hülffe so lange rüttelte / biß sie zu ihr selber kam. Es wahr ihm zwar diese Ohmacht leid / und fand doch eine Vergnügung wegen ehmahl erlittener Angst / tröstete sie nit desto minder auffs beste /nebest getahner Versicherung / Leches währe annoch frisch und gesund / aber hart gefangen / nicht umb Mord oder Ubeltaht / sondern bloß umb Liebe willen.[834] Wie dann? sagte sie / hat er sich etwa in ungebührlicher Liebe vergangẽ / so wird meine Hulde bald auffgeruffen seyn. Nein geliebte Wase / antwortete er / ihr verstehet mich unrecht; Er ist von einer vornehmen adelichen Witwen in Bestreitung ihrer Feinde gebraucht worden / da er sich dermassen tapffer gehalten / daß er mit frölichem Siege bey ihr auff ihrem Schlosse angelanget / und sie nicht allein ihm treffliche Verehrungen getahn / sondern mit diesen Worten angeredet: Manhaffter Ritter / eure Bedienungen sind so groß / daß ich fast nicht weiß / auff was gestalt ich dieselben vergelten könne / habe mich demnach erkläret / euch zum Herrn aller meiner Güter zumachen /und vor meinen Eheliebesten zuerkiesen / nicht zweifelnd / ihr werdet solches erbieten von mir annehmen /und hinführo euch nicht anders als ein Ehegatte gegen mich verhalten. Das muß ein kühnes Weib seyn /sagte Brela / die mit solcher Frecheit sich einem Ritter darbeut. Er fuhr fort in seiner Rede: Leches hätte mit aller Höfligkeit solches ablehnen wollen / als schätzete er sich so hoher Gunst unwirdig / auch allerhand Ausflüchte gesucht / biß endlich die Frau es vor eine Verhöhnung ausgedeutet / und zu ihm gesagt: Ritter / nachdem ihr nicht allein meine Feinde überwunden / sondern überdas mich selbst euch untertahn gemacht / sollet ihr keine Unwirdigkeit vorschützen /in Betrachtung / ich euch wirdig davor erkenne / es währe dann / daß ihr es zu meiner Verachtung tähtet. Als nun Leches sich hierauff nach ihrem Willen nicht hätte wollen vernehmen lassen / sondern vorgewand /er müste seiner Eltern bewilligung zuvor einhohlẽ /als unter deren Gewalt er währe; hätte die Frau ihn in ein wolgeziertes Gemach versperren lassen / da ihm mit köstlicher Speise und Trank auffgewartet würde /biß er in die Heyraht einwilligte / oder sein leztes entschuldigen darlegete / daß er mit einer Adelichen Jungfer schon ehelich versprochen / nicht mehr sein eigen währe / sondern lieber sterben / als diese gegebene Träue brechen wolte; dann sie könte ihm solches nicht zutrauen / es währe dann / daß seine Liebste selbst kähme / und sich ihr zeigete / alsdann wolte sie nicht allein ihn gerne erlassen / sondern diese seine gewünschete Heyraht zubefodern / das Beylager prächtig ausrichten / und auff ihren tödlichen Hintrit ihn zum Erben aller ihrer Güter einsetzen. Ach / sagte Libussa / hat euch Leches solches dann geschrieben? Nein antwortete er / nicht mir / sondern Herrn Markus zu Korinth / und nach Erzählung alles Verlauffs den Brieff mit diesen Worten geschlossen: Weil ich dann meiner herzgeliebeten Jungfer Libussen diese beschwerliche Reise nicht anmuhten kan noch mag /wollet ihr dieselbe versichern / daß zu Bezeugung meiner aufrichtigen Träue ich in diesem Gefängniß mein Leben zuenden entschlossen bin / spreche sie der mir beschehenen Zusage ledig und loß / und wünsche / Gott wolle ihr in künfftiger ihrer Liebe bessern Fortgang verleihen / als mir leider wiederfahren ist. Sehet geliebte Wase / solche Beschaffenheit hat es umb euren Leches / dessen Leben und Tod / meines ermessens nunmehr allein in euren Händen stehet. Libussa ließ die Trähnen häuffig fallen / und beklagete sehr / daß ihr Leches in diese Wiederwertigkeit gerahten währe / fragete endlich / in was Landschafft es dann währe. Das Land / sagte er / wird Oenotria geheissen / lieget nicht weit von einem Meer / und wolte ich euch gerne dahin begleiten / dafern ihr ihm die Barmherzigkeit erzeigen / und zur Vergeltung seiner Träue des Weges Ungelegenheit über euch nehmen woltet. Ja Vetter / sagte sie / wollet ihr mit mir reisen / wann meine Wase es zugeben kan / wil ich mich noch diesen Tag fertig machen. Brela betrachtete /daß[835] ihre angelobete Trauerzeit nunmehr zum Ende gelauffen / und schon zimliche Zurüstung auff das Beylager gemacht währe / daher sie lieber die Reise in etwas auffgeschoben hätte / durffte doch Scham halber nicht dawider reden / sondern gab vor / es währe ihr lieb / daß er ihrem Vetter zudienen / sich so willig anerböhte / baht demnach / er möchte unbeschwert einẽ geringen Abtrit nehmen / biß sie sich bekleidet hätten. Sehr gerne / antwortete er / aber ihr wollet ja nicht seumen / dann ich sage euch in höchstem Vertrauen / daß Herr Markus mit seiner Euphrosynen diesen Morgen alhie heimlich angelanget / und sich nicht anmelden wollen / biß sie Herrn Klodius und Fr. Agathen ohngefehr werden gesprochen haben. Ey / sagte Brela die gute Frau hat mir grosse Freundschafft erwiesen / und ist mir lieb / daß ich sie sprechen sol. Libussa ließ Agathen zu sich bitten / mit ihr hinzugen /und solte inzwischen Brela sich nach Fr. Sophien machen / ihr Leches Unfall und Libussen nöhtige Reise anzumelden. Agatha wahr schon von Neda unterrichtet / wie sie sich gegen sie verhalten solte / und ging er mit Klodius hin nach der Herberge / da das wilkommen heissen zimlich anhielt. Libussa folgete bald hernach mit Agathen / und sahe ihren Leches / so bald sie ins Gemach trat / bey Neda hinter dem Tische sitzen / worüber sie gar erstarrete / Neda aber geschwinde zu ihr sagete: Verzeihet mir Wase / daß ich die Angst / mir vor diesem auff eben diesen Zimmer angetahn / mit jetziger unvermuhtlichen Freude ersetzen wollen. Der Posse hätte ihr schier zu herbe gedaucht / doch weil sie durch ihres Liebsten gegenwart der vorigen Ohmacht gnug ergetzet ward / sagte sie zu Neda: Versichert Vetter / ich schenke euch diesen Saz nit / es koste wz es wolle. Leches ließ sie nit weiter reden / trat hinzu / uñ meldete ihr Ladisla / Herkules /Valisken und Gallus Gruß an; Sie wolte ihm anfangs nicht danken / viel weniger ihn wilko en heissen /meynete / er hätte diese Aufftreiberey mit Neda angelegt / welcher solches merkend / zu ihr sagte: Wase /tuht eurem Ritter keinen Schimpf / er hat des ergangenen nit die allergeringste Wissenschaft. So seyd mir wilko en Ritter Leches / sagte sie / uñ helffet mir drauff bedacht seyn / wie ich mich ehist an diesem räche / der mich heut diesen Morgẽ in Ohmacht und Trähnẽ baden gemacht / nur daß er seine Kurzweil daran haben / und durch meiner SeelenAngst sich erfreuen möchte. Geliebte Wase / antwortete Neda /habt ihr meine Reden ungleich verstanden / davor kan ich nicht büssen / wann ich aber dartuhe / und mein Bruder Leches selbst gestehet / daß ich die Warheit geredet / wollet ihr mir alsdañ auch verzeihen? Wie nun? sagte sie / wollet ihr mich darzu noch mit sehenden Augen blind / und mit hörenden Ohren taub machen? Leches verstund ihr Gezänke nicht / biß sie drey absonders traten / und Neda zu ihm sagete: Geliebter Bruder / ich habe heut deiner vertraueten angemeldet / wie in so grossem liebes Leiden du steckest /aus welchem niemandd als sie allein dich loß machen könne / welches ich unter verblümeter Rede vorgetragen / deren sie sonsten sich gar artig zugebrauchen weiß / und hat sich doch heut so wenig drein schicken können / daß ich mich ihrer Einfalt verwundern müssen; nun bedenket / geliebte Wase / was ihr noch heut zu leisten nur versprochen / und werdet nicht rükfällig. Libussa kunte nunmehr nachsinnen / daß er unter der Witwen die liebes Angst und das Verlangen hätte andeuten wollen / welches ihren Leches biß auff ihre Rettung gefangen hielte / weil es aber nicht nach den beschrankten Satzungen der Gleichnisreden von ihm vorgebracht wahr / sagte sie zu ihm: Vetter Neda /man muß die Verblümung nicht mit gar zu fremden Farben anstreichen /[836] sonst muß mans vielmehr vor ein ungereimtes Geticht als kurzweilige Erfindung außlegen; meine Zusage betreffend / ist selbe so beschaffen / daß ich sie gar wol halten kan / gestaltsam ich auff heut nichts als den Anfang versprochen habe. Sehr wol geredet / sagte er / uñ sey heut der Anfang / über achtzig Jahr aber das Ende. Libussa antwortete: Ich habe jezt nöhtigere Sachen zu handeln / als mit euch zu zanken / aber ich binde euch bey Verlust meiner Freundschaft ein / daß ihr den heutigen Verlauff niemand ohn Leches wissen lasset. Gleich hiemit fiel ihr ein / daß Brela hingangen wahr / es Fr. Sophien als eine Warheit anzutragen / sendete deßwegen Fr. Agathen Leibdienerin zu ihr / und ließ ihr sagen was Neda ihr heut vorgebracht / währe ein lauteres Getichte. Jene aber hatte es dem ganzen hohen Frauenzimmer schon kund getahn / und entstund darüber ein zimliches Gelächter. Libussa trat endlich hin zu Markus und dessen Eheliebsten / hieß sie wilkommen / uñ endschuldigte sich / wegen des langen verweilens /woran Neda die Schuld trüge. Es wahr aber ihr Gespräch kurz / dañ Neda schaffete bald / daß Leches wieder mit ihr allein zu reden kam; derselbe wuste nun das Gaben und Geschenke wie ein luftiger Wind die Liebe auffblasen / lieferte ihr demnach einen köstlichen Ring / den er zu Ekbatana / hatte machen lassen / welchẽ sie mit erbietung aller möglichen Vergeltung zu sich nam; er aber ihr zur Antwort gab: Was erbeut sich meine Freundin zur Vergeltung eines so schlechten Dinges? ich bitte sie wolle vielmehr mein Herz betrachten / und dasselbe in Ruhe zusetzen ihr lassen angelegen seyn / sich auch versichern / daß kein Tag eurer lieblichen Betrachtung mich berauben können / welche doch mit steter Unruhe vermischet gewesen / und noch wol verbleiben wird / dafern sie mich zum andernmahle ohn gehaltenem Beylager würde zihen lassen / welches zu verbitten / ich mich aller guten Freunde Beystand gebrauchen wil. Sie wahr seiner auffrichtigen Liebe gnug versichert / auch nicht abgeneiget die Hochzeit zu volstrecken / nur baht sie ihn / sich wenige Tage zugedulden / ihr Vetter Neda würde des fünfften Tages nach diesem mit Brelen fortfahren / da sie / wann es ihm ja also gefiele / ein gleiches tuhn könten / und solche Eile mit seiner hochnöhtigen Reise entschuldigen. Ich bedanke mich vor diese Einwilligung sagte Leches / wolte mich auch gerne biß dahin gedulden / dafern meine Reise nit so eilig wåhre / dann ich muß Morgen zeitig früh weiter fort nach Prag / und alsbald wieder nach Persenland / so daß unter Jahrsfrist ich schwerlich alhie wie der anlangen werde. Daß sind mir leidige Zeitungen / antwortete sie / deren ich mich nicht vermuhten wahr / uñ daher auff euer begehren mich umb so viel weniger zuerklären weiß / wollet demnach mit meinem guten Willen friedlich seyn / biß das Glük uns Zeit gönnen wird / unseren Willen zu vergnügen / alsdann sol euch das versprochene von mir unbrüchig gehalten werden / wann ich gleich noch manniches Jahr eurer Wiederkunft erwarten müste; weil aber von der Liebe zu reden hie keine Gelegenheit ist / wollet ihr mir verzeihen / daß ich einen kurzen Abtrit nehme / umb Fr. Sophien und dem Stathalter eure Ankunft anzumelden. Ging hiemit eilend hin / fand das Frauenzimmer noch beyeinander / und ward von ihnen mit einem Gelächter empfangen. Sie aber kehrete sich daran gar nichts / sondern sagte zu Frau Sophien: Gn. Frau / ich fodere von eurer Gn. ein gutes Bohtenlohn vor die fröliche Zeitung so ich bringe. Was vor Zeitung geliebte Freundin / antwortete sie / hat sichs etwa mit meines Bruders Söhnlein diese Nacht gebessert? Die Krankheit ist nicht zum Tode /[837] sagte sie /sondern ich bringe gute Zeitung von eurem Herzen-Schatze Ladisla / der ist Gott Lob frisch und gesund. Woher komt euch so angenehme Zeittung? fragete sie: Aus dem weit abgelegenen Persenlande / antwortete Libussa / und ist der Bohte glaubwirdig gnug / dann Ritter Leches ist diesen Morgen selbst ankommen /unserer Helden zustandes uns zuberichten / weiß doch nicht / ob er Gelder bringe oder ablangen wolle. Lasset immer ablangen / sagte sie / wann die unsern nur frisch und gesund sind; wir werden aber hingehen und meinem H. Vater diese Freude mitteilen. Libussa sagete / ich habe euer Gn. noch nicht alles kund getahn /Herr Markus und Fr. Euphrosyne sind mit ihm kommen / die eine schöne verständige Frau ist / und sich wol zuschicken weiß / auch in Kleidern sich gar zierlich hält. Ey so müssen wir uns auch ein wenig auffputzen / sagte sie / wollet demnach meinem Herr Vater ihre Ankunft ansagen. Aber Leches und Markus erwarteten dessen nicht / sondern gingen unangemeldet mit Klodius und Neda nach der Burg / da sie von ihm wol empfangen wurden. Nach verlauff einer halben Stunde kam Fr. Euphrosyne mit Fr. Agathen auch herzu / und ward von dem Frauenzimmer nach geschehenem freundlichen wilko en auff den Saal geführet / da inzwischen die Wagen auff dem grossen Vorhofe die treflichẽ Schätze abluden / die von den Dienern auff besondere Gemächer getragen wurden. Sie verwunderten sich alle / was in so vielen Truhen und Laden seyn möchte / biß Leches also anfing: Es haben meine gnädigste Herren / König Ladisla und GroßFürst Herkules / auch mein gnädigstes Fräulein Valiska mir gnädigst anbefohlen / allen und jeden gebührlichen Gruß zuvermelden / und beygelegte Brieffe zu übergeben. Reichete hiemit dem Stathalter zween / einen von Ladisla / den andern von Herkules; der sie ohn verweilen brach und frölich durch lase. Ladisla Schreiben wahr dieses: Mein Herr Vater; ich hoffe zu dem Almächtigen Gott / eure Gn. neben meiner herzgeliebeten Fr. Mutter werde annoch in guter Gesundheit leben; uns dieses Orts / hat unser Gott durch manniche Gefahr selbst geleitet / und endlich meine Frl. Schwester uns auff ihrem kostbahren Schlosse sehen lassen / geleben der guten Hoffnung / sie in kurzen aus des schnöden Wüterichs / Königes Artabanus Händen loßzureissen / und ihm die Kron dergestalt zu schütteln / daß dem Römischen Reiche er forthin wenig schaden sol. Daß mein geliebter Bruder Fabius nicht geschrieben / ist die Ursach / daß er mit einer starken Geschwade von hinnen nach Persepolis gangen ist / auff unsere Ankunft gute anstalt zu machen / dürfftẽ vielleicht den Parther ehist mit Feur und Schwert angreiffen / wovon Zeiger Leches / anjetzo bestalter Persischer Obrister zu Roß und Fuß gute nachricht geben wird. Womit ich schliesse / uñ nebest empfelung dem starken schutze Gottes verbleibe /weil ich lebe / meines Herrn Vaters bereitwilligster Sohn Ladisla. Geschrieben zu Charas in der Parthischen Königlichen Häuptstad am 28 Tage des Jenner Monats / im Jahr nach erbauung der Stad Rom 1177 im ersten Jahr nach dem 251 Olympischen Spiele.

Herkules Schreiben lautete also: Hochansehnlicher Herr Stathalter / als Vater zu ehren / wegen schuldiger Auffwartung / habe ich nicht unterlassen sollen /mein geringes Schreiben an ihre Liebe abgehen zu lassen / hoffe dero guten Wolstand zuerfahren / wie dann unsern hiemit zu wissen tuhe. Meine in ehren vertrauete Fräulein Valiska / welche in ihrer starken Verwahrung viermahl zubesuchen ich die grosse Ehre gehabt / entbeut euer Liebe freundlichen Gruß / und ob gleich der grosse Parther König Artabanus sie ihm als ein schier künftiges Gemahl uñ Königin auffhalten lässet / getraue ich doch durch meines Gottes Hülffe / sie in weniger Zeit meinen hochgeliebten Freunden zu Padua als mein Gemahl darzustellen. Inzwischen sey eure Liebe nebest allen den ihren Göttlicher Obacht geträulichst empfohlen von euer Liebe bereitwilligstem Herkules. Geschrieben in der Parthischen Häuptstad Charas / 760 Meile von Rom belegen.[838]

Nach verlesug lachete der Stathalter frölich / und sagete: O du wahrhaftiger und keuscher Liebhaber; ich muchte wol gedenken / das dein Herz und Seele durch dieser vortreflichsten Fräulein Entführung nicht umbsonst so hart getroffen ward / da du auff dieser Stelle durch solche Zeitung zur Erden nidergeschlagen wurdest. Wie so mein Herr Vater? fragete Fr. Sophia /gestehet dann Herr Herkules nunmehr / daß er verliebet? ja nit allein verliebet / sagete er / sondern auch verlobet. Wolte ihr damit den Brieff zu lesen reichen; aber Leches hatte schon drey andere Schreiben in der Hand / welche er ihr im Nahmen ihres Gemahls /Fräulein Valisken / und GroßFürst Herkules darbot /und von ihr lachend erbrochen und verlesen wurden.

Ladisla Schreiben an sein Gemahl: Herzgeliebeter Schaz: Wie heftig meiner Seele verlanget / mich selbst bey ihr einzustellen / wil die Zeit es doch nicht zugeben /und muß biß daher meine Schuldigkeit durch Schreiben und Bohten ablegen; mein wolergehen kan Leches außführlich berichten / und was mir vor Abenteur zugestossen sind. Herkules wird mit Gottes Hülffe seine nunmehr gestandene Liebe glüklich erhalten / dessen er schon einen guten Anfang gemacht / dürfte auch leicht geschehen / daß wir mehr Schätze in diesen Ländern / als in der Räuber Höhle erstritten / deren uns bereit wieder unsern Willen viel angebohten werden. Ich hoffe / Gott werde uns bald wiederumb zusammen bringen; inzwischen versichert euch / daß kein Tag hingehet / welcher nicht das Verlangen / meinen allerwerdesten Schaz zu sehen / in mir vermehren solte / muß doch bißdahin mich gedulden / und der lieben Zeit erwarten / da sein herzgeliebtes Gemahl frölich wieder sehen und umbfangen wird / deren ewig-ergebener Ladisla.

Die liebes Trähnen stossen Fr. Sophien unter dem lesen aus den Augen / und nach endigung sagte sie: Ich wil des guten Glückes in geduld erwarten / welches unsere verstörete Freude wieder ergänzen wird. Lase darauff Herkules folgenden Brieff.

Hochgebohrne Fr. Schwester; mir zweiffelt / ob ich mit meinem Schreiben angenehm seyn werde / der ich mit Schuld daran trage / daß eure Liebe von ihrem Herz vertraueten so lange mus geschieden seyn / wiewol dessen Nachfolge mir höchlich mißfallen / und ich wünschen möchte / daß er nebest ihrem Herrn Bruder K. Fabius sich der Reise enthalten hätte; weil aber eines Menschen Wille der Versehung Gottes nicht wiederstreben noch entgegen murren sol / wird meine Fr. Schwester ihre Sorge mässigen / und in Hoffnung / uns schier wiederzusprechen / aller Traurigkeit urlaub geben. Meine Frl. Wase / Frl. Valiska ist unter andern Ursachen auch deßwegen ihrem verwacheten Schlosse feind / daß sie der Kundschaft ihrer Fr. Schwester so lange entbehren muß. Sie wird von König Artabanus als Braut geliebet / aber so lange ich lebe / dürfte ihm das Beylager gewegert werden / wann Gott nicht zuwieder ist / dessen gnädige Hülffe ich in kurzerzeit meiner Fr. Schwester mündlich zuerzählen hoffe; Inmittelst befehle dieselbe ich dem alwaltigen Gott / bitte auch meine Frl. Schwester / Frl. Sibyllen / im gleichen Fr. Ursulen und Frl. Helenen meinetwegen Dienst- und ehrengebührlich zu grüssen / verbleibend /weil ich lebe / meiner Fr. Schwester dienst-ergebener Knecht Herkules.

Der inniglich verliebete Herkules / sagte sie zu den Anwesenden / wil mir zwar nicht offentlich beichten /und kan sich doch im Schreiben nicht so wol verstellen als vor diesem gegenwärtig. Ja / antwortete ihr Vater / vielleicht ist er versichert / daß die Augen / so ihn auff diesem Saal so inniglich pflegeten anzuschauen / und er selbe nicht in betrübnis setzen wolte / dieses sein Schreiben nicht werden zu sehen bekommen; über welcher Rede Fr. Sophia mit lachendem Munde ihre Wase Fräulein Sibyllen starre ansahe / die ohn daß den Stich auff sich zohe / und daher im ganzen Angesicht erröhtete; Sie verbarg sich aber hinter einem starken Niesen / welches ihr zu allem glük ankam / worauff ein zimlicher Husten[839] folgete / so daß die Anwesende von diesem Gespräch abgezogen wurden / und Fr. Sophia unverstöret den dritten Brieff /also lautend / lesen kunte.

Die gefangene Valiska / entbeut der Durch leuchtigsten Königin in Böhmen / ihrer herzgeliebeten Fr. Schwe ster freundlichen Gruß / und klaget / daß sie nicht gnugsame Busse erdenken kan / die unbilligkeit der Trennung ihrer Fr. Schwester von ihrem Gemahl / deren sie Ursach ist / abzutragen. Versichere meine Fr. Schwester sich kühnlich / daß mir das Leiden auch in etwas bekant ist /welches die ferne Abwesenheit eines allerliebsten Schatzes in verliebeter Seele erwecket / und ich umb so destomehr zur harten straffe mich selbst verurteile / daher ich deren mich zu entbrechen nicht willens bin / bitte nur freundlich / die Volstreckung auffzuschieben / biß mein Gott und Schöpffer durch seine allmächtige Gnade mich vor euer Liebe Gericht stellen wird / wil alsdann / was mein vertraueter Oheim / GroßFürst Herkules / und meine von Angesicht mir annoch unbekante Schwester Frl. Lukretie Pompejin / als meine geträue Vorsprachen nicht werden abbitten können / gerne und geduldig über mich nehmen / wann nur eure Liebe die wolbefugete Rache bißdahin außzusetzen kan beredet werden; inzwischen befehle eure Liebe ich der gewaltigen Obhuet Gottes zu aller gedeiligkeit geträulichst / und wie ich bin /also verbleibe ich Zeit meines Lebens meiner herzgeliebeten Fr. Schwester ganz ergebene Dienerin Valiska / jezo genennet Herkuliska. Gegeben auff meinem Königlichen Schlosse / vielmehr Zwänger zu Charas.

Frau Sophia betrachtete nach verlesung die zierlichen Buchstaben und artigen kunst Züge / die kein Schreibmeister hätte nacharten können / fing endlich mit einer verwunderung an: O welch eine ädle Seele muß in dem Herzen dieser unvergleichlichen Fräulein wohnen / daß in so überaus grossen Gefahr sie sich annoch ergetzen / und dem Unglük selbst troz bieten kan. Ja / antwortete Leches / mein gnädigstes Fräulein hat durch ihren unüberwindlichen Muht es dahin gebracht / daß Artabanus selbst sie fürchten muß / und habe ich mit Augen angesehen / daß in seiner Gegenwart sie einen vornehmen Parthischen Fürsten / des Königes nähesten Anverwanten erschossen / umb daß er Herrn Herkules verrähterischer weise über fiel /und schier ermordet hätte. Daß sind gefährliche Zeitungen / sagte Fr. Sophia; bitte aber / uns die Freundschaft zuerzeigen / und was mit unsern geliebten sich zugetragen / umbständlich zuerzählen / welches ich noch vor Morgen früh verschulden wil / und ich darzu gute Gelegenheit habe. Libussa stund nicht weit davon / merkete bald / worauf sie zielete / ließ sich doch nichts merken / sondern hörete fleissig zu / weil Leches schon in voller Erzählung war / da er alles anzeigete / was mit ihnen so wol auff der Reise / als zu Ekbatana und Charas sich zugetragen / ohn Fabius Verlust und was ihr Christentuhm betraff; Und als er in zwo Stunden seine Rede geendiget hatte / übergab er Fr. Sophien die von Frl. Valisken ihr zugeschickete Kleinot in einem von Perlen-Mutter zusammen gesetzeten Lädichen / welche sie überaus kostbar befand; nachgehends reichete er Fr. Ursulen / Frl. Sibyllen und Frl. Helenen / (die herzugefodert war) absonderliche Päklein Kleinot in Herkules Nahmen; Jungfer Brelen aber eine zimliche Lade mit 100000 Kronen angefüllet / wahren die Gelder / welche dem Fräulein zu Tyrus / und Herkules in Kreta vorgeschossen wahren / uñ wurden mit köstlichen Kleinoten hoch verzinset. Und ob gleich Brela vorwendete / der gröste Teil kähme ihrer Wasen Libussen zu / kehrete sich doch Leches daran nicht / sondern zeigete an / wie er schuldig währe seines Gn. Herrn Befehl außzurichten. Weiters foderte er Fr. Euphrosynen vor sich / händigte ihr 60000 Kronen baar ein / nebest vielen schönen Kleinoten / und sagte: Fürst Herkules wüste sich ihres ihm erzeigeten guten[840] Willens wol zuerinnern / wolte als ein dankbarer Schuldman das vorgestreckte vor dißmahl ablegen / und die gebührliche Dankbarkeit auff seine Ankunft auffschieben. Fr. Euphrosyne hätte sich dessen nicht versehen / wegerte sich auch / es anzunehmen; aber Markus / dem Herkules Sinn bekant wahr / sagete / es währe ein solches vergeblich / uñ seinem gnädigsten Herrn Herkules nichts unangenehmers / als die Wegerung seiner angebotenen Gnade. Zulezt ließ Leches drey ansehnliche schöne Laden von treflicher Arbeit aus dem reinesten Hebenholz /die er zu Tyrus gekauft hatte herzutragen / und sagte zu Libussen; sehet hie meine in ehren vertrauete Freundin; unser allerseits gnädigstes Fräulein hat mich mit leerer Hand nicht wollen lassen zu euch kommen / sondern diesen Schaz / benantlich drey Tonnen Goldes / neben beygefügeten Kleinoten mir zu gestellet / euch dieselben als einen Beutpfennig ihret wegen mitzubringen / werdet hieraus ihrer Gn. Gewogenheit erkeñen / und alles zu eurem besten gebrauchen. Die Jungfer entsetzete sich vor solcher Freigebigkeit / und fing mit trähnenden Augen an: O mein gnädigstes Fräulein / die ich in meiner Seele unverrukt trage / womit hat euer Gn. unwirdigste Dienerin diese mehr als Königl. Geschenke verdienen können? nun / ich werde die Gedächtnis dieser Gnade aus meinem Herzen nimmermehr kommen lassen. Wie? sagte Fr. Sophia / seid ihr dann eurem Ritter vor gehabte Mühe und geträue Einlieferung nicht auch dankbar? gewißlich Ritter Leches / ich werde nicht ruhen / biß ihr mir Volmacht gebet / den Tag eurer Heyraht zubestimmen. Ich verbleibe meiner gnädigsten Frau und Königin untertähnigst-gehorsamster Diener / antwortete er / aber wann der heutige Tag es nicht seyn sol / weiß ich selber nit / welcher dazu kan bestimmet werden / nachdem ich Morgen in aller frühe auffbrechen / und meine Werbung zu Prage verrichten mus. Libussa sahe / daß das Spiel angefiedert ward / und sagete: Keines weges / Ritter Leches / daß es heut geschehe / dann ich habe verredet / den einen Tag Hochzeit zu machen / und den andern / meinen Ehejunkern von mir zihen zu lassen. Fr. Sophia hielt dieses vor ihren Ernst / und zweiffelte / ob sie äusserst in sie dringen dürfte; Aber Leches zog ein Schreiben hervor / uñ sagete zu Libussen; sehet meine vertrauete / dz beste hätte ich schier unterlassen / ihr zu liefern / nehmlich dieses / von unserm Gn. Frl. an euch geschrieben / welches ihre Gn. mir zugeschikt /gleich da ich abzihen wollen. Sie erkennete alsbald die Hand / dann die Auffschrift wahr Teutsch / und lautete also: Meiner lieben geträuen Kammer Jungfer /Libussen / dieses zu eigenen Händen: Sie nahm den Brieff mit freuden an / küssete ihn / und bald nach erbrechung lase sie diese Teutsche Worte:

Herz liebes Kind / ich verhalte dir als meiner allerheimlichst-Vertraueten nicht / was gestalt mit meinem höchst- und einig-geliebeten Herkules ich in meinem stark bewachetem Schlosse zu vier unterschiedlichenmahlen mich durch längst begehrtes Liebes Gespräch ergetzet / auch der Hoffnung zu dem einigen wahren Gott /den ich nunmehr / ihm allein sey Dank / kenne / gelebe /es werde durch dessen Gnade und Schickung mich mein Innigst-geliebeter schier frey und ledig machen / worauff ich Tag und Nacht warte. O mein liebes Kind / wie nöhtig währe mir eine Zeit her deine Geselschaft und Trost gewesen / und wunderte mich sehr / wie ich mein Leben erhalten / und vor Unmuht mich nicht selbst erwürget habe. Ich lebe anjezt in zimlicher Zufriedenheit /aber weil meine Seele / der teure Herkules gleich heut davon zihen wird / und ich in ViertelJahres–frist ihn kaum werde wieder zusehen bekommen / wird mein Kummer wieder angehen; jedoch habe ich gnug / wann die Hoffnung mich erhält / biß ich im freyen Felde auff schnellen Pferdẽ mich mit meinem Erlöser befinden werde; alsdann wird Traurigkeit verschwinden / und alles Unglük vergessen seyn. Inzwischen lebe gesund biß uns Gott zusammen[841] füget / und bey Verlust aller meiner Hulde und Liebe / gib alsbald meiner höchstgeliebeten Fr. Schwester Fr. Sophien untergezeichnete Lateinsche Worte zuverlesen / und halte zugleich bitlich an / daß sie deren Inhalt zur schleunigsten Erfüllung gnädig befodern wolle. Deine gnädigst-gewogene Frl. Valiska.

Sie gedachte / was doch immermehr die unter gezeichneten Lateinischen Worte in sich begreiffen möchten / und fand diesen Inhalt: Straks nach Verlesung dieses Briefes mache dich fertig / mit deinem Leches noch desselben Tages Hochzeit zuhalten / damit an seiner nöhtigen Reise er nicht gehindert werde; und ob Leches zublöde seyn würde / es zusuchen / so bitte ich krafft dieses / dz meiner Fr. Schwester ihre Liebe solches ins Werk richten wolle. Du aber hüte dich vor Ungehorsam.

Nach Verlesung dieses verenderte sie ihre Farbe /und sagete überlaut: O mein ungnädiges Fräulein /was vor eine unerträgliche Last bürdet Eure Gn. mir auff. Fr. Sophia fragete sie / was vor unangenehmes sie in diesem Briefe fünde. Sie aber baht / einen Abtrit mit ihr zunehmen / und fing an: Gn. Frau / wann mein Gn. Fräulein mich hiesse in den Tod gehen /müste ich mich dessen nicht wegern; nun aber gebeut sie mir bey Verlust ihrer Hulde / welches die härteste Straffe ist / die mir kan gedräuet werden / daß nicht allein Eurer Gn. ich diese lateinische Worte lesen lassen / sondern auch umb Befoderung zu deren Erfüllung bey derselben bitlich anhalten sol / welches ich auch hiemit untertähnig wil verrichtet haben / nur daß Ihre Gn. es bey sich behalten möge. Fr. Sophia lase die Worte / lachete darüber / daß sie schütterte / fassete sie bey der Hand / und sagte: Kommet meine liebe Freundin / ich ersehe hieraus / wie hohe Gewogenheit diese Durchl. Fräulein zu euch träget / und wil ich der Sache schon ihre richtige masse geben; ging wieder mit ihr hin nach der Geselschafft / und sagete: Was euch in diesem Briefe so selzam vorkomt / wollen wir vor dißmahl aussetzen; Ich aber bestimme euch / Ritter Leches und Jungfer Lidussa / diesen Tag zu eurer Hochzeit / und wer mir darzwischen redet oder handelt / sol sich aller meiner Freundschafft und Hulde begeben. Die gute Braut sahe vor sich nider /durffte weder ja noch nein sagen / biß endlich Brela ihr zuredete / sie möchte sich in keine Ungelegenheit stürzen. Sehr wol / antwortete sie / da komt ihr mir eben recht; fing darauff an zu Fr. Sophien: Gnädigste Frau / wann ja Eure Gn. mir den so lieben und angenehmen Jungfern Stand länger nicht gönnen kan noch wil / erkenne ich mich zum Gehorsam schuldig / allein bitte ich untertähnigst / und bey der Erinnerung dero Liebe zu meinem gnädigsten Fräulein / Eure Gn. wollen meinem lieben Vetter Neda zum besten / ebenmässigen Befehl gnädigst erteilen / daß meine Wase Brela zugleich mit mir fortfahre / nachdem ihre versprochene Trauerzeit heut diesen Tag geendiget ist. Brela wolte viel einsperrens machen / aber nachdem Agatha und Klodius des guten Neda Wort redeten /hub Fr. Sophia an: Das wäre trauen eine schlechte Freundschafft / wann Jungfer Brela / in ansehung meiner Liebe zu Frl. Valisken / mich wolte lassen eine Fehlbitte tuhn; lieber erkennet eures Neda Wilfertigkeit euch ganzer 20 Wochen erzeiget / und höret auff /ihn auff leere Bäume hinzuweisen / auch / da ihr euer Gn. Frl. Valiska uñ mich liebet / so gehet stündlich hin / leget die Trauerkleider ab / und schlaget den verstorbenen aus dem Sinne / sonsten erzeiget ihr mir ein lauteres Mißfallen. Brela sahe / daß es anders nicht seyn wolte / bedankete sich der hohen gnade / und sagete zu Libussen: Jezt gönne ich euch von herzen /was euch heut früh begegnet ist / auch / wanns gleich mehr gewesen währe / dann ihr seyd freilich aus deren Zahl / die nicht ersauffen[842] wollen / sie zihen dann noch einen mit sich auff den Grund. Gebet euch zufrieden /antwortete Libussa / es gilt ja hie noch nicht ertrinkens; wodurch sie so ein hefftiges Gelächter bey den Anwesenden zurichtete / daß sie wünschete / geschwiegen zuhaben. Hiemit wahr nun der Kauff geschlossen / und nach kurzgehaltener Mahlzeit wurden unsere Bräute aufs beste ausgezieret / wobey Fr. Ursula sich ungerne fand / weil sie ihre Traurigkeit wegen des Nichtschreibens ihres Liebsten Fabius /nicht aus dem Sinne schlagen kunte. Leches hatte in zwischen die übergebrachten Schätze in drey Teile von ander gesetzet / der erste und gröste wahr Frl. Valisken / und erstreckete sich auff die 70 Tonnen Goldes an Kleinoten und gemünzetem Golde. Der ander Teil wahren Herkules und Ladislaen Schätze /welche nebest den vorigen Fr. Sophia zu ihrer Verwahrung nam. Der dritte und kleineste solte nach Prage überbracht und der Königin überliefert werden. Nach dieser Verrichtung ordnete es der Stathalter /daß die Verliebeten nach Römischen Gebrauch zusammen gegeben würden / welches Leches merkend /weil es wider sein Gewissen und Christentuhm lief /nicht einwilligen wolte / deswegen er Fr. Sophien an einen absonderlichen Ort baht / und sie also anredete: Gnädigste Frau und Königin; ich fürchte / Ihre Gn. und der Herr Stathalter werden meine Vereheligung mit heydnischen Gebräuchen und gewöhnlichen Opffern einzusegnen vorhabens seyn / welches ich untertähnigst verbitte / weil es wider mein Gewissen streitet / im übrigen bin ich ohn Ausrede untertähnigst gehorsam biß an den Tod. Sie antwortete ihm mit freundlicher Rede: Verschonet mein / Ritter Leches / mit dem Königes-Nahmen / biß ich die Herschung antreten werde; sonst ist nicht ohne / daß hierzu / dessen ihr gedenket / Anstellung gemacht wird; ich wil aber nicht Anlaß geben / daß durch mich einiges Menschen / viel weniger euer Gewissen sol verunruhet werden; Doch saget mir / da ichs wissen darff / seyd ihr etwa ein Christ worden? Leches gab unerschrocken zur Antwort: Gn. Frau; nachdem mein Erlöser JEsus Christ bey Straffe der ewigen Verdamniß gebohten hat / ihn vor den Menschen nicht zuverleugnen / und Ihre Gn. von mir solches zuwissen begehren / so bekenne ich gerne / daß ich ein Christ bin / und daß ich nie in meinem Gewissen recht zufrieden gewesen /ehe uñ bevor ich diesen allein seligmachenden Glauben gelernet und angenommen habe. Wo dann ist solches geschehen? fragete sie. Er antwortete / in der Medischen HauptStad zu Ekbatana / woselbst ich durch sonderbahre schickung Gottes bekehret bin. Erzählete hiebey kürzlich / was sich daselbst mit dem Gotteslåsterlichen Juden zugetragen hatte. Sie / nach ihrem Verstande / kunte daher leicht schliessen / ihr Ladisla würde eben diesen Glauben angenommen habẽ / welches eigentlich zuerfahren / sie zu Leches sagete: Ihr wisset / in was vor Hulde ich bey meinem und eurem Könige bin; so wil ich nun eine Frage / die ihr wol aufflösen köñet / in gröster Vertrauligkeit an euch legen / euch bey meinen Ehren versichernd / daß euch solches durchaus nicht zu schaden oder Gefahr gereichen sol / werdet ihr mich aber hintergehen /wüste ich solches nit zu verschmerzen. Leches entsetzete sich der starken Bedingung / erboht sich bey ritterlichen Ehren / alles zu sagen / was er gefraget würde / dafern es nicht Sachen beträffen / die von seinem Könige ihm ausdrüklich verbohten währen zumelden / und er an hohen äidesstat angelobet / sie keinem Menschen / wer der auch währe / zuoffenbahren /da er dann schon wüste / daß Ihre Gn. an seiner Verrähterey und Meinäid keinen gefallen tragen würde. Ihr seyd mir zu schlauh /[843] sagte sie / und stelle euch frey / zuantworten oder nicht; möchte aber herzlich gerne / und ohn eure Gefahr berichtet seyn / ob mein König Ladisla auch ein Christ worden währe. Leches wuste die unvermutliche Frage nicht auff stehendem Fusse zubeantworten; Zwar Herkules hatte ihm gebohten / sein Christentuhm / so viel möglich / zu Padua in geheim zuhalten / aber nicht zuverleugnen; von Ladisla aber dessen ichtwas zumelden / hatte er weder Geboht noch Verboht / sagte deswegen nach kurzem bedenken zu ihr: Weil Ihre Gn. mich vor aller Gefahr versichern / kan derselben ich die Warheit nicht verbergen / daß nehmlich GroßFürst Herkules /der vor Jahren schon ein Christ ist / meinen König hart angelegen / ihm den Glauben beyzubringen / aber ohn allen Verfang / biß mein König nach gehaltenem Stechẽ zu Ekbatana / davon ich zuvor gemeldet / sich freywillig erbohten hat / den Christlichen Glauben anzunehmen / und daß Eure Gn. mir trauen möge / habe ich selbst angehöret / wie Herkules dem Bischoff zu Ekbatana alles erzählete. Fr. Sophia geboht ihm / hie von keinem Menschen ichtwas zusagen; doch / sagte sie / habt ihr wol getahn / daß ihr mirs nicht verhaltet / dann ich bin willens / eben so wol eine Christin zuwerden / und mit meinem Gemahl einen Gott zuverehren / weil ohn das meine Fr. Mutter von Jugend auff eine Christin ist. Ach du gütiger Gott! sagte Leches /nun werde ich erst einen gewogenen König haben /wañ er vernehmen wird / daß Eure Gn. durch meine Vermittelung sich zum Christenthum bequemet / massen in alle seinem Gebeht zu Gott er dieses mit einschleusset / daß derselbe euer Herz zu seiner Erkäntniß erleuchten wolle. Diese Erleuchtung ist Gott Lob geschehen / antwortete sie / und wird meine Fr. Mutter mich in diesem neuen Glauben zu unterweisen /ihr schon lassen angelegen seyn. Ich wil aber gleich hin zu meinem Herr Vater gehen / damit die heydnischen Mißbräuche bey euer Vertrauung unterlassen werden. Und dieses erhielt sie leicht bey demselben /welcher alsbald muhtmassete / er müste das Christentuhm auff dieser Reise angenommen haben /weil er sich zuvor heydnisch gnug erzeiget hatte. So bald diesen beyden Bräutigamen ihre Bräute an die Hand gestellet wurden / hielt der Stathalter diese Rede an die anwesenden Gäste: Hochwerte Herren / Frauen und Fräulein / vielgeliebte Freunde und Anverwanten; nachdem durch des Himmels Versehung der ådle Mannfeste Ritter Herr Leches / bestalter Medischer Obrister zu Roß und Fuß / von meinem vielgeliebten Herrn SchwiegerSohn heut früh unvermuhtlich alhie anko en / und auffs schleunigste seine Reise weiter fortsetzen muß / hat uns gut gedäucht / ihm seine versprochene Braut / die ädle Tugendreiche Jungfer Libussen ehelich beyzulegen / und zugleich des auch ådlen Mannfesten Ritters Herrn Neda / mit der ådlen Tugendreichen Jungfer Brelen eheliche Vertrauung mit anzustellen. Weil dann die grosse Eile nicht zugeben wil / dz man Römische Bräuche dabey vorgenommen hätte / solche auch vielleicht einem und andern aus erheblichen ursachen möchten zuwider seyn / als wird niemand an deren Unterlassung sich årgern / und nicht destoweniger den neuangehenden Eheleuten den himlischen Segen und alle gedeiliche Wolfahrt wünschen / auch mit ihnen der Zeit gelegenheit nach / sich diesen Tag und Abend lustig und frölich erzeigen; Bald nahmen der Stathalter und Markus Jungfer Libussen / Herr Kornelius aber und Klodius Jungfer Brelen / und führeten sie ihren Bräutigamen zu / mit denen sie durch gegebene köstliche Ringe und handgeschlossener Träue sich vermähleten. Nach gehaltener Mahlzeit ward ein zierlicher Tanz geführet / und allerhand ehrliebende Kurzweil getrieben.[844]

Libussa verfügete sich inzwischen hin zu Fr. Sophien / und gab ihr zuverstehen / wie sie gesonnen währe / ihre heutige ausgestandene Angst noch diesen Abend an Ritter Neda zu rächen / hoffete / ihre Gn. würden ihr solches nicht verargen. Fr. Sophia antwortete: Das kan mich nicht irren / dann ihr seyd vor euch selbst des Verstandes / daß ihr wisset / wo ihr zukehren sollet. Diese ging hin / ließ ein Gemach / dem ihren allernähest hübsch auszieren / uñ ein schönes Bette zurichten / foderte hernach den Koch zu sich /dem sie / nach Verehrung vier Kronen / befahl / er solte der KüchenMagd / der Mörin so viel Wein reichen lassen / daß sie blindvoll würde / und man sie ohn ihr wissen tragen und heben könte; machte nach dieser Verrichtung sich wieder nach den Gästen / und suchte Gelegenheit / mit Neda freundlich zureden / zu dem sie sagete: Geliebeter Vetter / ihr habt mir noch nicht gedanket vor die Befoderung eures heutigen Beylagers; Zwar meine Wase hat deswegen heut schon einen starken Saz mit mir gehalten / darin sie ihren Unwillen gnug zuversiehen gab / was ihr mir aber vor Belohnung ausfolgen lassen werdet / muß ich erwarten. O meine herzgeliebete Wase antwortete er /ich erkenne ihre gute Gewogenheit sehr wol / und ist mir leid / daß ich sie heut früh dergestalt beleidiget habe; jedoch / wann die Schuld ohne Straffe nicht kan abgetragen werden / wil derselben ich mich gerne unterwerffen / doch auch daneben mich vorsehen / daß ich nicht blindlings ins Feur oder Wasser lauffe. Diese Straffe / sagte sie / wil ich mir vorbehalten haben / und weil ihr so vorsichtig spielen wollet /werde ich damit nicht eilẽ. Ich bitte aber / ihr wollet noch diese Nacht mich bey eurer Liebsten schlaffen lassen / alsdann sol sie euch morgen unversaget seyn. Dieser Vortrag wahr dem guten Neda nicht eben /baht sehr fleissig / sich dessen zubegeben / insonderheit / weil er nicht gläuben könte / daß Leches damit würde friedlich seyn. Ich zweifele selbst an seiner Einwilligung / sagte sie / meynete auch / euch vorerst zugewinnen / und hernach mit Leches desto leichter zuhandeln / dafern er aber nicht solte zubereden seyn /wolte ich ungerne / daß eure Liebste diese Nacht allein schlaffen / und mich morgen beschimpffen solte /mit welchen Gedanken sie doch schwanger gehet /und bey mir schon fleissig angehalten hat / ihr hierin behülflich zuseyn. O wie hefftig bemühete sich Neda /ihr solches abzubitten / daß er nicht wuste wie grosse Zusage der Dankbarkeit er ihr tuhn wolte / biß sie ihm endlich versprach / alle Mögligkeit anzuwenden; aber / sagte sie / ihr müsset acht haben / wann ich euch winke / daß ihr alsdann bereit seyd / alsbald mit mir zugehen / und muß ich mich zuvor an eure Liebste machen / sie zubetriegen / da ich diesen Vorschlag habe: Ich wil ihr einbilden / ob hätte ich Leches und euren Willen schon erhalten / weil ich mich aber befahre / ihr möchtet rükfällig werden / sol sie mir gerne folgen / und frühzeitig zu Bette gehen / dann wil ich euch nachführen / und möget ihr sehen / wie ihr sie auffs beste begütiget. Neda wahr wol vergnüget / und hatte hiemit der Anschlag auff dieser seite seine gute Richtigkeit. An der andern bedurffte es weniger Mühe; dañ als sie sich zu Brelen verfügete / sagte sie: Geliebete Schwester / verzeihet mir meinen heut begangenẽ Irtuhm / indem ich gewähnet / als währe euer äidliches Versprechen heut schon zum Ende / da doch nach fleissiger Betrachtung ich befinde / daß noch diese einzige Nacht dran fehlet / aber was schadet eine Nacht? Ich habe nur zu dem ende es euch sagen wollen / dz ihr nicht schier heut oder morgen es mir als einen vorsezlichen Betrug zuleget. Brela erschrak der Rede / und gab zur Antwort: Es hat mich selber mißdäucht / und würde zeit meines Lebens einen nagenden[845] GewissensWurm gefühlet haben / da ich also wieder äid gesündiget hätte; Wird also Ritter Neda krafft seiner mit eigenem Blute geschriebener Versicherung sich meiner diese Nacht entäussern. Ich weiß nicht / sagete Libussa / ob die Handschrifft ihn långer binde / massen ihr solche durch heutige Einwilligung selbst auffgeruffen habet. Jedoch / ist es euer ernstlicher Wille / wil ich wol Raht schaffen / daß ihr diese Nacht sein ohne werdet / aber ihr sollet mir äidlich versprechen / daß ihr mir gönnen wollet / morgen zeitig früh / eine halbe Stunde vor Tages ihn euch zuzuführen / dann um diese Zeit wahr es / da ihr euer Gelübde leistetet. Brela hielt an / sie möchte es biß folgenden Abends auffschieben /aber sie wolte nicht; dañ / sagte sie / sol ich morgen als eine Ehfrau mich mit der Haube deckẽ lassen / und ihr würdet alsdañ noch mit eurem Kranze prangen / würde ich gedoppeltẽ Spot uñ schimpf zu Lohne tragen; versprechet mir demnach / wz ich begehre / oder unsere Gn. Frau sol ihn in der Warheit euch selber zuführẽ. Wer war in grösser Angst / als die fro e Brela; doch weil sie sahe / daß sie aus zweyen übeln dz geringste wählen muste / willigte sie in die Bedingung / uñ versprach solches ohn arge List zu haltẽ. Nu / sagte Libussa / so machet euch über ein wenig mit euer Leibdienerin auf euer gewöhnliches Gemach / und wañ ihr mich morgen früh höret anklopfen / so tuht mir auff / alsdañ wollen wir mit einander nach dem darzu bereiteten Gemache gehen / welches / wie ihr wisset / gleich gegen über ist / da wil ich ihn euch auff ernennete Zeit zu führen. Brela wahr / ihr Gewissen zu retten / wol zu frieden / und erwartete der gelegenen Zeit / einen Abwich zu nehmen. Weil dieser Posse geschmiedet ward / hatte Fr. Sophia sich zu ihrer Mutter gesetzet /und ihr vertraulich offenbahret / daß ihr Ladisla den Christlichen Glauben angenommen / und Herkules schon vor längst ein Christ währe / deßwegen sie sich entschlossen / einen Gott mit ihrem Gemahl zuverehren / und nach diesem die heidnische Abgötterey fahren zu lassen / bähte / sie wolte ihr unterricht mitteilen / wessen sie in ihrem Christentuhm sich verhalten müste. Fr. Pompeja erfreuete sich hierüber von ganzem Herzen / und sagte: Ey nun wil ich gerne und willig sterben / nachdem ich meiner lieben Kinder auffs minste eins in der ewigen künftigen Freude wissen sol; Herkules Christentuhm / ist mir bald anfangs von ihm selbst bey eroberung der Räuber Höhle zuwissen getahn / welcher mir auch verheissen hat / mit aller mögligkeit sich dahin zubearbeiten / daß er Ladisla gewinnen möchte / und zweifele ich nicht / mein Gebeht / welches ich vor dich zu Gott geschicket / sey erhöret / und hiedurch des Heiligen GeistesWirkung die erbehten worden; Morgen geliebts Gott aber wil ich den Christichen Lehrer zu mir fodern / welcher in den nöhtigen Glaubens Stücken dich gnugsam unterweisen sol / nur hilff mir Gott bitten / daß er auch deines lieben Vaters Herz und Willen erleuchten / und die Begierde seiner Erkäntnis in ihm anzünden wolle /dein Gemahl und Herkules werden schon bemühet seyn / daß dein lieber Bruder bekehret werde. Fr. Sophia hätte gerne etwas unterricht dieser neuen Lehre von ihrer Mutter angenommen / ward aber von einem jungen Paduanischen Ritter zum Tanze geführet /gleich da Brela ohn Urlaub hinweg ging / und ihre Dienerin mit ihr gehen hieß / vorgebend / sie befünde sich nicht wol auff. Libussa folgete ihr bald nach /ließ dem Koche ruffen / und fragete / ob ihrem Befehl gelebet währe / und als sie vernam daß die Mörin sich sternvol gesoffen hätte / und in einem Winkel läge /ließ sie dieselbe auff die wolbereitete Ka er tragen /ganz nacket außzihen / ihre Lumpen wegschaffen /und[846] sie in das zierliche Bette wolzugedecket legen; ging bald wieder nach der Wirtschaft / woselbst Neda ihrer mit schmerzen wartete / und setzete sich ein Viertelstündichen nieder / hernach foderte sie ihn durch Winken zu sich / und sagete: Geliebter Oheim /ihr werdet eilen müssen / ehe euch die Tühr versperret wird / dañ sie ist herzlich müde / weil sie die vergangene Nacht wenig geschlaffen; sie hat aber ihre Leibdienerin schon an mich abgeschicket / daß ich mich bald bey ihr einstellen solle; so folget mir nun / ich habe ein kleines Licht bey ihr stehen lassen / daß ihr euch sanft entkleiden / und in aller stille zu ihr gehen könnet / dafern sie schon wird eingeschlaffen seyn. Ja meine herzen Wase / antwortete er / führet mich nur im stillen finstern hin / ich wil gerne folgen / und euer Lehre mich gemäß verhalten; gingen also biß an die Tühr des Gemaches / welche Libussa sanfte aufftaht /und zu ihm sagete: Gehet sein stille hinein / und wecket sie nicht zu früh / ich habe meinem Versprechen ein Genügen getahn / aber damit sie euch nicht entwische / wil ich das Hangschloß vor die Tühr legen /und so wahr ich redlich bin / nit ehe als eine halbe Stunde vor Tage euch zu wecken ko en / ists euch dañ noch zuzeitig / kan ich wieder hinweggehen /nachdem ich das äusserste Schloß werde bey seit getahn haben. Neda gab ihr zu guter Nacht einen freundlichen Kuß / wünschete ihr sanftes Wolergehen / und schlich in aller stille zur Kammer hinein / legte die Kleider ab / und machte sich in das vermeinete Bette / welches er so lang gewünschet hatte. Libussa machete die Tühr außwendig feste zu / und lauschete /wie es doch endlich ablauffen würde; das Licht stund im Gemache auff der Erden / hinter dem Brandeisen unter dem Schornstein / so daß der Schein auff das Bette nicht fallen kunte / noch er sehen / was vor einen Beyschläffer er bey sich hätte / welche / so bald er sich gelegt / dergestalt zu schnarchen anfing / und die unsaubern Winde von sich bließ / daß ihm ein grausen überging / und nicht glauben kunte / daß seine Liebste solcher gestalt sich geberden solte; bald fiel ihm ein / Libussa würde ihm die Vergeltung schon beygebracht / und ihm etwa einen trunkenen HundeBuben beygeleget haben / stund auff / und nam das Licht zur Hand / umb seinen Beyschläffer zubesehen / da er / in dem er die Decke auffhub / einen kohlschwarzen Leib sahe / uñ nicht anders wehnete / es währe irgend ein Gespenst / biß ihm einfiel / daß er eine Mörin in der Küche gesehen hätte. In dem er sie nun also entblössete / kam der Wein wieder von ihr /den sie mit zu grossem überflusse zu sich genommen hatte / daß er sich des bittern Lachens nicht enthalten kunte / und mit heller Stimme sagete: Nun mag meine Wase sich rühmen / daß sie mich redlich bezahlet habe wans nur nicht so gar zur unzeit geschehen wäre; aber o Wase Wase / wie handelt ihr bey meiner Liebsten! ging hiemit zur Tühr / in meinung sie aufzumachẽ / befand aber / daß es unmöglich wahr /daher er sich in die Geduld gab / nam ein Bankpolster und legte sich darauff / in Hoffnung etliche Stunden zu ruhen / welches ihm doch das abscheuhliche schnarchen der Mörin nicht zulassen wolte. Libussa hatte stets an der Tühr unvermerket zugehorchet /welches ihr so grosse Vergnugung brachte / dz sie nicht ein grosses darumb genommen hätte / ging endlich wieder nach der Geselschaft / die schon zimlich geringer worden wahr / und hatte mühe sich des Lachens zu enthalten / daher Fr. Sophia muhtmassete /sie würde Neda schon eins beygebracht haben / und fragete / worüber sie sich dergestalt belüstigte. Sie aber kunte vor Lachen es nicht erzählen / brachte endlich so viel heraus / daß Sophia und Sibylla vernahmen / sie hätte Ritter Neda die ganz trunkene[847] Mörin als seine Braut beygelegt / und das Gemach verschlossen / daß er die Nacht bey ihr außhalten solte; meldete daneben / was gestalt er sich gegen ihr verhalten / uñ auff der Bank sein Nachtlager genommen; taht nachgehends hinzu / durch was List sie ihn gefangen / uñ Brelen auff ihre Kammer verbannet hätte. Fr. Agatha hatte alles mit angehöret / und baht sehr / sie möchte so ungütlich mit ihm nicht handeln / sondern die verliebeten zusa en lassen; nachdem sie aber ingesamt die Ursach vernahmen / liessen sie es hingehen / und wurden von Libussen erinnert / keinem Menschen davon zu sagen / er möchte scherzweise damit auffgezogen werden / und dürfte daher Mord und Todschlag entstehen. Weil dañ die Gäste sich alle verlohren hatten / ging ein jeder an seine Ruhe / da Libussa ihrem Leches von Fr. Agathen und Euphrosynen zugeführet ward. Kurz vor der Sonnen Auffgang fingen diese verliebeten ihr Gespräch mit einander an / und beklagete sich Leches höchlich / daß er seine Eheliebste so schleimig verlassen / und gleich diesen Morgen von ihr scheiden solte; sie aber tröstete ihn mit seines Königes Unfall / und daß er ihrer Liebe desto mehrer versicherung hätte / erboht sie sich / mit ihm nach Prage zu zihen / und Neda samt Breien zu überreden / daß sie ihnen Geselschaft leisteten. Hierauff fing sie an so inniglich zu Lachen / daß Leches wunderliche Gedanken bekam / biß sie ihm kürzlich allen Verlauff mit Neda erzählete / und auff sein fleissiges anhalten in ihrem NachtMantel nach der versperreten Ka er ging / da nach leisem anklopfen sie zu Neda sagete: Lieber Vetter / werdet ihr nicht schier von euer Liebesten auffstehen? die Sonne dräuet uns schon den Tag / nachdem des Hahnen Geschrey den Monden hinweg gejaget hat. Dieser hatte nie keine wiedrigere Nacht gehabt / ward ihrer ankunft froh und sagete: Als viel ich höre / muß ich zu meinem Schadẽ auch den Spot noch haben; nun nun / geduld geduld /ich hoffe Denkzeit komme dereins wieder. Awe antwortete sie / wollet ihr noch trotzen und dräuen? auff solche Weise ko et ihr in Warheit nicht loß / viel weniger zu eurer Liebesten / sondern / dafern ihr nicht ohn einigen auffschueb mir die gestrige gar zu hohe Beleidigung abbitten / vor diese geringe Züchtigung mir danken / und bey ritterlichen Ehren versprechen werdet / es nimmermehr / weder durch euch selbst noch durch andere / einiger Weise zurächen / und also die UhrFehde wirklich abstattet / wil ich Fr. Sophien mit dem ganzen Frauenzimmer / auch eure Liebste selbst herzu führen / daß sie eure hintige Beyschläfferin sehen / und euch darzu Glük wünschen sollen. Nu erfahre ich erst recht / antwortete er / daß ein Gefangener Mann ein armer Mann sey / leistete also die Abbitte / und alles was von ihm gefodert ward; worauff sie die Kammer öffnete / und ihn ein wenig warten hieß / biß sie Brelen nach der Brautkammer geführet hätte / die sich anfangs zwar wegerte / weil der Tag so nahe wahr / auff getahne erinnerung aber ihrer geleisteten Zusage / sich darein gab / und mit ihr ging. Bald darauff hohlete sie Neda auch herzu / der von seiner Liebsten züchtig empfangen / und der unruhigẽ Nacht ergetzet ward. Drey Stunden nach der Sonnen Auffgang besuchte Libussa diese verliebeten / und taht ihnen zu wissen / daß ihr Leches sich schon zu seiner Reise fertig machete / und weil sie ihm einen Gefärten nach Prage zugeben versprochen / hoffete sie / sie würdẽ in Geselschaft mit zihen / und ihre Königin besuchen. O ja / sagte Brela / mich verlanget von herzen / mein Vaterland zusehen / und meine hochgeliebte Schwieger Eltern zu grüssen / wann nur mein liebster wegen seiner Kriegsbedienung hieselbst auff eine Zeit könte erlassen[848] werden. So fest habe ich mich nicht verbunden / antwortete er / zweifele auch nicht /meine Wase köñe bey Fr. Sophien es leicht erhalten /daß sie mir bey dem Stathalter Urlaub erlange. Also ging Libussa alsbald nach dem Frauenzimmer / und wahr Fr. Sophien erste Frage / ob sie sich des guten Neda nicht erbarmet / und seiner liebesten ihn zugeführet hätte; da sie alles umständlich erzählete / und hernach sagete: Gn. Frau / ich habe bey ihrer Gn. mich guten rahts zuerhohlen / wegen einer anmuhtung / die mein liebster heut diesen Morgen an mich geleget hat; O die anmuhtung / antwortete sie / dürfte ich leicht errahten; gilt / euer Leches hätte euch gerne auff der Reise zum Gefärten / damit er zu Nacht nicht allein schlaffen dürffe. Libussa ward hierüber schamroht / wunderte sich ihres tieffen nachsinnens /und gestund / daß es recht und eigentlich getroffen währe. Worauff Fr. Sophia zur Antwort gab; Ihr seid mir warlich zuvor kommen / sonst hatte ich mich schon berahten / euch solches als ein ernstliches Geboht aufzulegen. O Gn. Frau / sagte sie / so werde an euer Gn. ich keinen vorsprach haben / ungeachtet ich die feste Hoffnung mir gemacht hatte / dieselbe solte mich dieser Reise benehmen. O Schwester Schwester / sagte Fr. Agatha / ist dieses euer ernst /so falle mir ein Ohr ab. Wol wol / antwortete Fr. Sophia / wieder euren Willen sollet ihr zu dieser Reise nicht gezwungen werden / und bin bey Ritter Leches noch wol so viel mächtig / daß er mir solches begehren nicht abschlagen wird. Libussa wolte sich nicht verrahten / hielt dieses vor genehm und ging hin /ihrem Leches das leinen Gerähte auff den Weg einzupacken. Unterdessen ließ Fr. Sophia ihn zu sich fodern / und redete mit ihm was ihret wegen zu Prag solte bestellet werden / biß Libussa wieder kam / da Fr. Sophia zu ihm sagete: Wie kömt es / Ritter Leches / daß eure liebste mir hinte diese Nacht so ungehorsam worden ist / da ich zuvor ihren Willen dem meinen nie entgegen gemerket? jetzo aber habe ich diese Bitte an sie gelegt / daß sie euch Geselschaft auff der Reise leisten solte / welches ich doch bey ihr nicht erhalten kan / sondern sie lieget mich hart an / bey euch zuverbitten / daß ihr sie des anmuhtens erlassen möchtet. Er hielt ein solches vor scherz / weil sie sich ihm hierzu selbst erbohten hatte / nachdem sie es aber nicht beantwortete / fiel ihm ihr lachen ein / welches sie gleich auff solches versprechen getahn / sahe auch daß sie abermahl heimlich lachete; worüber er nicht zu antworten wuste / endlich die reine Warheit zu bekennen vornam / und seine Liebste hiedurch gar schamroht machete / daß Fr. Agatha anfing; warlich geliebete Schwester / diese Straffe wird euch von Gott zugeschicket / vor die eurem Oheim angelegte Unbilligkeit. Das ist gar ein Schwesterlicher Trost / antwortete sie / welchen mein ärgster Feind mir auch mitteilen wůrde; habe ich aber meiner Gn. Frauen anfangs die Warheit aus Schahm nicht bekennen dürffen / wil ich nun desto freier beichten / daß ich auch Neda und Brelen gebehten / uns Geselschaft zu leisten / dero behueff ich meinem Oheim Urlaub zu bitten / auff mich genommen habe. Ja wer dürffte euch dieses gläuben sagte Fr. Sophia / nach dem ihr schon auff einem vahlen Pferde ergriffen seid. O wehe mir armen / antwortete sie / habe ich wegen eines Scherzwortes dann allen Glauben verlohren / so mag Brela ihre Bitte selbst vortragen; aber ich bitte sagte sie zu Leches / gebet mir doch Zeugnis / weil ihre Gn. euch so viel trauet. Nicht allein Zeugnis / antwortete er / sondern ich bin kommen / deßwegen eine Bitte untertähnigst einzulegen. Ja euch / sagte Fr. Sophia / und nicht eurer liebsten zugefallen / sol Neda mitreisen /wie es dann / in ernst[849] zu reden / billig ist / daß er seines Ampts dereins bey seiner Gnädigsten Königin rechenschaft ablege. Also ließ sie Neda zu ihr ruffen /und erteilete ihm / in ihrem uñ ihrer Eltern Nahmen Befehl / was er zu Prag verrichten solte; und als sie solches geendiget hatte / fiel ihr Libussen Posse ein /daß sie sich lachens nicht enthalten kunte; er aber die Ursach merkend / sagte zu ihr: Ihre Gn. lachen ohn zweiffel meines Unglüks; damit ging das algemeine Gelächter erst an / welches Libussa durch ihre wunderliche Auffzüge stets häuffete; Fr. Sophia aber sagete zu ihm: Verzeihet mir Neda / daß ich eure hintige Gedanken gerne wisssen möchte. Die wahren sehr wunderlich und mannigfalt / antwortete er; doch /hätte ich das versperrete Gemach öffnen können /wahr mein ganzes vornehmen / ich wolte das heßliche Geschöpff ins Bette Tuch eingewickelt / sie vor allen anwesenden Gästen mitten im Saal nidergelegt / und mit meiner Wasen umb sie her getanzet haben. Dem hatte eure Wase vorgebauet / antwortete sie / hoffe doch / sie werde Bescheidenheit gebrauchet / und euch Zeit gegönnet haben / nach solchem Schrecken des heßlichen WunderTiehrs / an eurer Liebsten Schönheit euch wieder zuerhohlen. Ich bin mit allem wol zufrieden / sagte er / nachdem der heßliche Wuhl nicht erwachet / noch meiner inne worden ist / mag auch wol seyn / daß er noch in schnarchender und stinkender Ruhe lieget / welcher Beschluß ein neues Gelächter erweckete. Klodius und Markus hatten gleich diesen Morgen sich beredet / wie sie ihren liebsten Herren ein dankbares Gemüht erzeigen möchten /funden auch ihre Eheliebsten darzu ganz willig /daher sie Leches und Neda in den innersten Plaz fodern liessen / und sie verständigten / welcher gestalt sie auff ihre Wiederkunfft von Prage / willens währen / mit in Persen zureisen / und ihren Herren 1000 Römische wolversuchte Reuter auff eigenen Kosten zuzuführen / da ihn Eheliebsten ihnen auff der ganzen Reise Geselschafft leisten / und sich Fräulein Valisken zu dienste und untertähnigster Auffwartung darstellen wolten. Solches werden unsere gnädigste Herren mit gebührlicher Vergeltung erkeñen / antwortete Leches / und habe ich ohn das von ihnen Befehl / etliche Völker hieselbst zuwerben / da Fr. Sophia (wie ich mit ihr abgeredet) die Anreits Gelder alsbald auszahlẽ wird. So werde ich so liebe Freunde ohn mich nicht zihen lassen / sagte Neda / sondern von Prag ab / mich nach Teutschland erheben / und so viel in der Eile geschehen kan / eine versuchte Reuterey samlen /damit wir ein gestaltes Heer mitbringen / und unserer Herren Hocheit daraus von den fremden in etwas erkennet werde. Mir ist sehr liebe / sagte Leches / daß ich gelegene Freyheit bekomme / ausser den Befehl (welcher sich nur auff 4000 Reuter zum höchsten erstrecket) zuschreiten / und diese Völker mit Böhmischer guter Anzahl zustärckẽ. Der Stathalter hatte schon sechs Werber bestellet / denen Fr. Sophia auff 6000 wol versuchte Reuter drey Tonnen Goldes auszählete / und weil sie Klodius und Markus vornehmen von Leches verstund / boht sie ihnen zu dessen behueff eine Tonne Goldes; welches sie aber nebest ihren Ehe Liebesten beständig ausschlugen / vorwendend / sie wolten ihre eigene Leute / zu ihrer Herren Dienst in Persien führen. So wolte auch Neda keinen Heller von ihr empfangen / weil ihm Ladisla und Herkules Dankbarkeit gnug bekant wahr / und daß sie ihm alles reichlich erstatten würden. Aber Leches empfing sechs Tonnen Goldes von ihr / gingen ingesamt zum Frühstücke / und setzeten die beyde junge Ehemänner mit ihren Liebsten (denen Fr. Sophia 50 Reuter zur Begleitung gab) ihre Reise auffs schleunigste[850] fort / ruheten auch des Nachts wenig Stunden /biß sie drey Meile an Prag kahmẽ / woselbst Leches Vater der alte Pribisla seine freye Herschafft hatte. Hier muste Neda etwas voran reiten / und vernehmen / ob er daheim und in guter Gesundheit währe; den er in seinem Lustgarten fand / gleich da er eine Irrebahn von Buchsbaum legen ließ / und den Abriß selber machete / wie er vor dem in der Jugend in Italien gesehen hatte. Als er nun seinen Oheim Neda zu ihm hinein treten sahe / wahr ihm dessen Ankunfft sehr lieb / und fragete / was gutes neues er von ihrem Könige und dem verlohrnen Fräulein brächte; da nach kurzem Bericht ihres wolergehens ihm die Augen vor Freuden übergingen / und sagte: Nun so hoffe ich noch / da ich lebe / auch meinen Sohn dereins wiederumb zusehen. Neda sahe ihn in schwarzen Trauerkleidern / und vernam / daß vor 15 Wochen ihn seine einzige Tochter durch den Tod geraubet währe; wolte ihn aber wieder erfreuen / und sagte: Mein Herr Vetter / haben euch die Götter an dieser Seiten bekümmert / wil ich euch durch fröliche Zeitung von eurem Sohn wieder erfreuen / und sage euch vor gewiß / daß derselbe des Medischen GroßFürsten bestalter Obrister ist zu Roß und Fuß / und zur FeldHerrschafft über ein fliegendes Heer Anwartung hat; Durch seine Tapfferkeit hat er schon viel tausend Kronen erworben / und hat unser Gn. Fräulein ihm ihre allerliebste Kammer Jungfer Libussen zur Ehe versprochen / auch ihm schon drey Tonnen Schatz an Baarschafft / uñ eine Tonne Goldes an Kleinoten zu ihrer Brautgabe zugestellet / unter der gnädigsten Hoffnung / er werde ihm solche seines Sohns Ehe wol gefallen lassen. Der Alte entsetzete sich vor dem grossen Brautschatze / und sagte: Mein gnädigstes Fräulein wil schon in der Wildfremde leisten / was sie mir zu Prag verheissen hat / und mag mein Sohn sich solcher Heyraht wol vor glükselig schätzen / die mir nicht kan unangenehm seyn. Wol dann / mein geliebter Herr Vetter / antwortete Neda /so muß ich euch die reine Warheit sagen: Es ist also ergangen / wie ich gemeldet / und hat unser König und das Fräulein euren Sohn heraus geschikt / welcher neulich zu Padua Beylager / wie ich auch / gehalten / und mit seiner Liebsten haussen vor dem Tohr auff seines Vaters Befehl wartet. Der Alte ward hiedurch höchlich erfreuet / und sagete: Warumb bringet er mir dañ nicht selbst die erste Botschaft? Weil er annoch zweifelt / antwortete er / ob euch seine Heyraht angenehm sey. Was zweifeln / was angenehm /sagte der Alte / die Braut ist von gutem Adel und trefflicher Tugend / und was solte er seiner höchstgebietenden Fräulein Willen nicht gehorsamet haben? Ich danke den Göttern vor diese angenehme Tochter /und habe ursach / über der verstorbenen mich desto ehe zutrösten. Legte hiemit neben seinem Gemahl die Trauer Kleider ab / und empfing die ankommenden sehr frölich / welche aber wegen Eilfertigkeit nur ein Stündichen sich bey einer kurzen Mahlzeit auffhielten / und nebest Pribisla auff geruheten Pferden und Gutschen sich nach Prag erhoben. Eben dazumahl saß die Königin in ihrem Zimmer / uñ beweinete ihrer Kinder Verlust und Elende in der fremde / dessen Schuld sie fast alles auff Herkules legete / den sie doch nicht weniger als ihren Sohn liebete. Pribisla wahr bey ihr in grossen Gnaden / ging ungemeldet in seinen Feyerkleidern und güldener Kette umb den Hals / zu ihr ins Gemach / daß sie nicht anders gedachte / er währe Alters und Grams halben kindisch worden / rief ihn zu sich / und sagete: Wie nun / mein Pribisla / wie sehe ich euch in so ungewöhnlichen Kleidern? betrauret ihr eure Tochter solcher gestalt? Gnädigste Königin /[851] antwortete er / meiner Tochter Trauer halte ich daheime /aber öffentlich erfreue ich mich wegen meines gnädigsten Königs und Königlichen Fräulein gutem Wolergehen. Ja / sagte sie / ihr habt etwa hinte einen guten Traum gehabt. Freilich einen guten Traum / sagte er; dann mich dauchte gar eigen / mein Sohn Leches währe von meinen Gn. Könige und Fräulein abgefand / Eurer Hocheit deren gutes Wolergehen anzumelden /hätte auch seine Eheliebste Libussen mit sich gebracht / mir dieselbe an stat meiner verstorbenen Tochter zuliefern / da Ritter Neda und seine Eheliebste Brela ihn begleiteten; wie solte ich dann nicht ursach haben / die Trauerkleider abzulegen / und mich auffs beste auszuputzen? daß aber ihre Hocheit ich nicht länger in der Verwunderung auffhalte / mag dieselbe sich wol versichern / daß allerdinge / wie ich jezt gemeldet / mein lieber Sohn heut früh zu mir ko en ist / und erwartet mit seiner Gesellschafft hauffen vorm Schlosse / wann ihre Hocheit gnädigst belieben wird / ihn vorzufodern. Der guten Zeitung müsset ihr geniessen / sagte die Königin / dann eure Kleider machen mich schon gläuben / daß meinen herzlieben Kindern es annoch wol ergehe. Befahl hiemit einem Trabanten / die ankommenden herauff zuführen / da Leches durch viel Bediente die übergeschikten Kleinot und köstliche Sachen vor sich hertragen ließ / und zu der Königin Füssen nidersetzete; hernach sich auff die Knie niderlassend / den Gruß von Ladisla / Frl. Valisken und Herkules / auch von Artabanus und Phraortes anmeldete / nachgehends den grösten Teil der Kleinoten im Nahmen des Parther Königes überlieferte. Die Königin nebest allen anwesenden verwunderten sich des trefflichen Glanzes / dieser in so grosser Menge eingebrachten köstlichen Sachen /noch vielmehr aber / daß sie von unbekanten Königen und Fürsten geschicket wurden / daher die Königin sagte: Wie herzlich mich meiner lieben Kinder Wolergehen erfreuet / so voll Wunders bin ich wegen der grossen Menge dieser Kostbarkeiten / und kan nicht aussinnen / aus was Ursachen mir aus den fernen Landen die gar zu grosse Schenkungen gesendet werdẽ. Gnädigste Königin / antwortete Leches; Königes Artabanus meynung wird aus diesem Schreiben / von ihm mit eigener Hand unterzeichnet / gnugsam erhellen. Sie erbrach es alsbald / und weil Frl. Valiska es in Teutscher Sprache auffgesetzet / oder vielmehr verdolmetschet hatte / lase sie folgende Worte: Der grosse König Artabanus / Beherscher der Morgenländer /entbeut der Großmächtigsten Königin in Böhmen / Gruß und Liebe / und zeiget an / daß / nachdem das vortreflichste Fräulein der Welt / Frl Herkuliska / Euer Liebe Tochter / durch sonderbahre Versehung der himlischen Götter uns zugeführet worden / haben wir unsere Königliche Hulde derselben zugeleget / und sie vor unser künfftiges Königliches Gemahl angenommen / sind auch entschlossen / unser Hochzeit-Fest / nach Verfliessung der noch übrigen Monaten womit sie der Göttin Vesta von Jugend auff verbunden ist / hochfeyrlich zuhalten / der Hoffnung gelebend / Eure Liebe ihr solche Heyraht nicht allein wolgefallen lassen / sondern / dafern dieselbe von den Reichsgeschäfften sich abmüssigen kan / dem Beylager beywohnen werde / und sol deren Ankunfft uns sehr angenehm seyn; Weil auch die Liebe zu dem Fräulein uns so befftig eingenommen / daß wir den Ausgang des Jahrs nicht werden abwarten können / werden hiebey gewisse Gelder an ihre Geistligkeit übergeschicket / sie von solchem Gelübde frey zusprechen / und wird Eure Liebe die dabey gefügeten Kleinot / als ein Zeichen unserer Gutwilligkeit von uns anzunehmen / sich nicht wegern / auch im übrigen Zeigern unserm Diener Valikules allen Glauben zustellen. Im übrigen verbleiben wir Ihrer Liebe Schützer und vollkommener Freund Artabanus.

Die Königin wuste sich zwar in das Schreiben nicht zurichten / jedoch sahe sie daraus /[852] daß ihre Tochter dem fremden Könige solte vermählet werden / daher sie nach weit gehohletem Seuffzen sagete: So sey es dem Himmel geklaget / daß mein allerliebstes Kind in der Wildfremde ihr Leben zubringen sol / und ich sie wol nimmermehr wieder sehen werde. Das wende Gott ab / antwortete Leches / Ihre Hocheit werden ihre Frl. Tochter auff diesem Schlosse noch offt und viel sehen / dann diese vermeynete Heyraht wird GOtt gnädig abwenden / wie dieses Schreiben / von meinem Gn. Fräulein selbst auffgesezt / ohn zweifel mit sich führen wird. Die Königin nam den Brief mit grosser Begierde an / und fragete / warumb dann ihre Frl. Tochter / Herkulisla genennet würde / und wer der Valikules währe. Weil aber Leches sich auff des Briefes Erklärung berief / lase sie denselbẽ / also lautend:

Herzallerliebste Fr. Mutter; ich eure muhtwillige Tochter bitte ganz demühtig umb Verzeihung / daß derselben durch mein hinreisen nach Padua / so grosse Angst und Traurigkeit verursachet / welches doch ohn zweifel aus Gottes des Allmächtigen Schickung also hat ergehen müssen. Meinen bißher geführeten Zustand wird Zeiger dieses Leches / ausführlich berichten können. Aber du meine kühne Feder / beichte meiner herzallerliebsten Fr. Mutter und Königin meine kindliche Kühnheit / oder vielmehr herzliche Liebe gegen meinen wirdigsten Oheim / den unvergleichlichen Herkules / dessen Hulde mich nunmehr fast vor drey Jahren gezwungen /ihm auff sein stränges unabläßliches anhalten / eheliche Liebe und Pflicht zuversprechen / welche / in ansehung seiner Träue mich zuretten angewendet / ihm ob Gott wil / erster Zeit in keuscher Verehligung wirklich wird geliefert werden / und da meine Fr. Mutter hierin / nach mei nem hoffen / gnädigst gehehlen wird / sol dieselbe zeit ihres und meines Lebens an mir haben / wie ich bißher gewesen bin / ihre gehorsamste Tochter Valiska / jetzo Herkuliska genennet.

Alle anwesende sahen aus der Königin Angesichte / welches sich im lesen etliche mal verenderte / daß etwas sonderliches im Schreiben muste enthalten seyn / sie sagte aber kein Wort / sondern stund auff von ihrem Stuel / ging in ein NebenGemach / und hieß Leches folgẽ / zu dem sie hernach sagete: Bekennet mir die Warheit / hat Herkules meine Valisken schon in seiner Gewalt? Nein / gnädigste Königin / antwortete er / aber er wird sie mit Gottes Hülffe bald bekommen. Ist er aber / fragte sie weiter / nicht bey ihr gewesen? Ja / sagte er / zu unterschiedlichen mahlen /und zwar das lezte mahl fast einen ganzen Tag / doch in fremder angestrichener Farbe / und zweifele nicht /die Heyraht zwischen ihnen sey völlig geschlossen /dessen dann mein gnådigster König Ladisla sich mehr als keines dinges in der Welt erfreuet / und wird ihre Hocheit dessen ohn zweifel aus meines Königes und GroßFürst Herkules Schreiben vollkommen berichtet werden / welche ich hiemit gebührlich übergebe. Die Königin nam alsbald ein fröliches Angesicht an / setzete sich wieder an ihre Stelle / und lase vorerst Herkules Brief / wie folget:

Gnädigste Fr. Mutter und Königin; Eurer Königl. Hocheit ich untergebener Sohn / klage vor ihrem mütter lichen Herzen meiner Jugend Verwägenheit an / in dem ich meinen in dieser Welt herzallerliebsten Schaz / das unvergleichliche Fräulein Valiska umb eheliche Liebe /hinter ihrer und meiner Eltern Wissen ansprechen dürffen / da wir noch Kinder / und ohn alle arge Gedanken /unsere Herzen dermassen verknüpffet haben / daß sider dem weder Gefahr noch Gewalt sie trennen mögen. Zwar wie gröblich ich wider kindlichẽ Gehorsam gehandelt /gestehe ich gerne; Demnach aber eine lautere Unmögligkeit ist / unsere Gemühter zu scheiden / welche ihren eigenen Leib verlassend / sich in des andern eingesenket haben; als geleben wir beyde der tröstlichen Zuversicht /ihr mütterliches Herz werde uns nicht ungnädiger / als die göttliche Versehung seyn / welche dann gewolt / daß /ehe unsere Liebe gebrochen würde / wir mitten auff dem fest verwahreten Königlichen Schlosse unsere Ehe mit den teuresten Verheissungen[853] bündig machen müssen; Wil demnach Eurer Hocheit höchstgewünschtes Angesicht nicht sehen / es geschehe dann in Gegenwart der teuresten Fräulein Valiska / wo sonst Gott uns noch eine kurze Zeit das Leben fristen wird / und verbleibe ich /weil ich lebe / meiner gnädigsten Frau Mutter gehorsamst-untergebenster Sohn Herkules / jetzo Valikules genennet.

Die Freuden-Trähnen fielen unter dem lesen der Königin aus den Augen / küssete den Brief / und sagte: O mein allerliebster Sohn Herkules / ist mein höchster Wunsch ohn mein Wissen schon erfüllet / so wil ich nunmehr gerne sterben / und doch erst Liebe zu leben bekommen / damit ich deine Frucht sehen möge. Endlich lase sie auch Ladisla Brief / welcher nichts als Vergnügung über seines Herkules künftige Heyraht zuschreiben wuste. In dem sie nit mit Verlesung desselben bemühet war / höreten sie auf dem Schlosse / daß aus allẽ Gassen der Stad Alarm geblasen uñ geruffen / auch jeder zum Gewehr auff gemahnet ward / dessen sie nit wenig erschrakẽ / uñ bald Zeitung bekamen / es hättẽ sich etliche 1000 geharnischte Reuter im Felde blicken lassen / dz man nit wissen könte / obs Feind oder Freund wäre. Die Königin war in solchen fällen sehr geherzt / ließ alsbald 10 Reuter ausreitẽ / uñ Kundschaft einholẽ / welche alle gefangen geno en / uñ nit wieder gesehen wurdẽ / daher man ursach nam / sie vor Feinde zu halten / uñ begaben sich alle Mañschafft der Stad ins Gewehr /besetzeten Wall uñ Mauren aufs beste / uñ trugẽ Pfeile / Steine uñ allerhand Rüstung auf die Mauren /damit man den Feind abzuweisen bedacht wahr. Hingegen zogen die unbekantẽ Reuter den geradesten Weg auff die Stad zu / nicht anders / als stünden ihnẽ Tohr und Tührẽ offen / ungeachtet man ihnen zurieff stille zu halten / biß man endlich loßdrückete und die Pfeile ihnen in zimlicher Menge entgegen schickete /daß ihrer etliche beschädiget / und hinter sich zuweichen gezwungen wurden; worauff einer aus dem Hauffen hervor ritte / und mit einem lachen fragete: Ob sie Freunde und Bundgenossen mit feindlichem Geschoß abzutreiben befuget währen; GroßFürst Henrich aus Teutschland währe mit seinem Gemahl und Fräulein Tochter gegenwärtig / und begehrete bey seiner Fr. Schwester der Königin angemeldet zu werden. Aber der Obriste der Besatzung gab ihm zur Antwort / der GroßFürst aus Teutschland währe keine Blume die man von ferne riechen könte / so hätte man die außgeschikten Reuter aufgehalten / und dadurch Argwohn genug zu andern gedanken gegeben; dafern man aber den Großmächtigsten GroßFürsten sehen würde / solte dessen Hocheit alles offen stehen. Dem GroßFürsten gefiel solche Antwort wol / ritte näher hinzu / und ließ sein Angesicht sehen / welches alsbald von unterschiedlichen erkennet ward; worauff im Augenblik ein Freudengeschrey auff der Maur / und bald hernach in der ganzen Stad sich erhub; Der GroßFürst aus Teutschland lebe! Die Königin wuste / daß er ihr gedräuet hatte / bald unvorsehens ihr einen blinden Lermen zu machen / umb zu vernehmen / wie vor Unfall zu schützen sie sich gefasset und bereit hielte /zweifelte demnach an seiner gegenwart nicht / und sendete ihm den alten Pribisla entgegen / welchen der Fürst von ferne erkennete / und ihm nach seiner angebohrnen Freundligkeit entgegen ritte / sprechend: Lieber Alter / eure Gesundheit ist mir angenehm / doch hätte ich gemeinet / man müste euch nicht mehr unter den Lebendigen / geschweige unter jungen Hofeleuten suchen. Pribisla neigete sich tieff auff dem Pferde /und wahr willens abzusteigen / welches ihm aber der GroßFürst nicht gönnen wolte / sondern sagete: Sitzet mein lieber Alter; wie gehets[854] meiner Fr. Schwester? fürchtet sie sich auch vor feindlichen überfal? Meine gnädigste Königin / antwortete er / ist / dank den Göttern noch frisch und gesund / lebet auch ferne von aller Furcht / als lange eure Hocheit im Leben und gutem Wolstande sich befindet / und hätte dieselbe zu gewünscheter Zeit nicht kommen mögen / da sie gleich diese Stund von unserm Gnn. Könige und Fräulein / wie auch von dem unvergleichlichen und biß an der Sonnen Auffgang hochbenahmeten Helde Herkules / euer Hocheit Sohne sehr angenehme Zeitung und Schreiben bekommen hat. GroßFürst Henrich seufzete über dieser Rede und sagete: O du lieber und werter Sohn / wie unselig bin ich / daß durch verleugnung unser SchuzGötter du dich deiner Eltern und Vaterlandes / oder vielmehr uns deiner beraubet hast! wie schwer ist mirs / dich zu hassen / und doch unzulässig / dich zu lieben / als lange du den neuen Aberglauben nicht wirst abgeleget haben; sagte nachgehends zu Pribisla; es ist mir sehr lieb / daß mein Oheim und Wase annoch in gutem Wolstande leben /und fürchtete ich mich schon / nur Unlust durch meiner Schwester Trähnen einzunehmen. Ließ darauff sein Gemahl und Fräulein in einer Gutsche allernähest hinter ihm her zum Stad Tohr ein fahren / da sie auff dem Schlosse von der Königin sehr freundlich empfangen / nachgehends auff das Gemach geführet wurden / woselbst die treflichen Kleinot in grosser Menge annoch unbedecket stunden / an welchen Frl. Klara ihre Augen sehr belüstigte / daß sie fragens sich nicht enthalten kunte / von wannen doch solche scheinbare Sachen kähmen; welches die Königin alles erzählete /und ihren Bruder umb Raht fragete / wessen sie sich gegen den Parther König erklären solte; er aber zur Antwort gab; es währe eine wichtige Sache / und sähe er nicht / was man anders / als freundliche Einwilligung vornehmen könte / nachdem unmöglich seyn würde / dem mächtigsten Könige der Welt das Fräulein mit Gewalt zu nehmen. So wolte aber ich viel lieber sterben / sagte die Königin / als diesem hochmühtigen Wüterich eine Tochter geben / die ihm vielleicht als eine Leibeigene dienen müste / wann das erste Feur / welches am heftigsten zu brennen pfleget /würde gedämpfet seyn / und zweifele nicht / meine herzlieben Söhne Herkules und Ladisla / werden nicht ruhen / biß sie mein geliebtes Kind in Freyheit gesetzet haben; Und weiß mein Bruder noch nicht / weß ich gesinnet bin? Ich habe von 14 Jahren her meinem Sohn Herkules dieses mein Kind zugedacht / weil sie einer dem andern von Angesicht / Gemüht und vielen Eigenschaften sehr gleich sind / und da mir dieses fehlen solte / müste sie der Göttin Vesta biß an ihr Ende verlobet werden. Ach / sagte / die GroßFürstin /wañ ich den Tag dieser Heyraht erleben solte / wolte ich nachgehends mit frölichem Herzen sterben. Der GroßFürst redet ihr ein; Schweiget schweiget / mein geliebtes Gemahl / er hat unsere Götter verläugnet /daher kan ihm dieses nicht zugelassen werden / dann weil er dieser Ursachen halben ein Fürst ohn Land /und aus seinem Erbreiche muß verbannet seyn / wird er sein Leben im Ritterstande enden müssen / was solte dann meiner Frl. Wasen mit solchem Gemahl gedienet seyn? Die Königin lachete seiner Ernsthaftigkeit / und sagete: Geliebter Bruder / der Götter Vorsaz und versehung werden weder du noch ich zubrechen bestand seyn; wann nun unserm Sohn Herkules / ach dem frommen tapfferen und Tugendergebenen Herkules meine Tochter außersehen ist / wer wil sie ihm nehmen? hat er dañ gleich Teutschland nicht (wiewol sonder zweiffel ihm solches dereins / da er lebet / werden muß)[855] ey so kan der König in Böhmen /der ihn über sich selbst liebet / noch wol schichtung mit ihm halten / oder ihm ein Königreich gewiñen helffen. O herzgeliebte Fr. Schwester / antwortete die GroßFürstin / wie hoch bin ich euer Liebe verbunden / nach dem ihr euch meines Fleisch- und Blutes so hoch annehmet. Es ist mein Fleisch und Blut auch /sagte die Königin / welches ich so hoch zuerheben /und dem allerbesten Fürsten der Welt (niemand seinen Ruhm benommen) zu liefern bedacht bin; und weil mein Herr Bruder eine so wölfische Grausamkeit wieder einen so gewünschten Sohn gefasset hat / den alle Welt / ja der Käyser zu Rom selbst / ehret und liebet / wollen wir ohn sein Zutuhn diese Heyraht unserer lieben Kinder volzihen. Kränke mir meine Seele nicht mit solchen Aufflagen / antwortete der GroßFürst / die Götter wissen daß ich meines Sohns Unfall mit meinem Blute abzuwenden mich nicht wegern wolte / wans möglich währe / aber daß ich mein Kind lieber als meine Götter haben solte / müste ich billich in ihre Ungnade fallen / so behalte nun das trefliche Fräulein einem mächtigen Könige oder Fürsten vor /mit dem sie Land und Leute zubeherschen habe / wie sie scheinet darzu gebohren seyn / dann Böhmen wird sich schwerlich trennen; Teutschland ist ihm entzogen / weil er unsere Götter nicht wieder annehmen wil /und wird sich kein fremder angeben / der ihm Land und Leute abtrit. Unter diesen Reden hatte die Königin der GroßFürstin ihres Sohns Herkules Brieff zu lesen geben / die über dessen Inhalt unsäglich erfreuet ward / daß sie sagte: O du mein gewünschter Sohn /du Spiegel aller Tugend und Frömmigkeit; wann wirstu dich und dein wirdiges Gemahl mich wiederumb sehen lassen? Waß? sagte der GroßFürst / hat er sie schon geheyrahtet / und ist nährlich 21 Jahr alt? in solcher Jugend hätte ich mich gescheuet ein Weibesbild dieser gestalt anzusehen; nam den Brieff auch zur Hand / und nach verlesung sagte er: Unsere Kinder wollen mit ihren Kindern zeitiger spielen / als wir getahn haben; kan es dann möglich seyn / daß er seine Götter wieder annimt / sol ihm sein Erbrecht an meinem Reiche unbenommen bleiben; im wiedrigen / ist mir noch leid / daß meine Wase mit einem Christẽ /und mit einem Fürsten ohn-Land sol verheyrahtet werden. Mein Herr Bruder / sagte die Königin / warumb schilt- und schändestu die Christen / weistu doch so wenig als ich / was ihr Glaube ist. Leches trat gleich herzu / hatte die herlichen Kleinot / die Herkules seiner Frl. Schwester übergemacht / in zarte Seidene Tücher verhüllet / und Libussen und Brelen zugestellet / trat vor ihnen her / und reichete anfangs dem GroßFürsten und seinem Gemahl ihre absonderliche Schreiben von ihrem Sohn Herkules; hernach kehrete er sich zu dem Fräulein / ließ die Kleinot vor ihre Füsse legen und sagete: Durchleuchtigstes Fräulein / mein gnädigster Fürst und Herr / der tapferste Held auff Erden / Herr Herkules / entbeut euer Durchl. brüderlichen Gruß / und sendet derselben diesen Beutpfennig / mit Bitte / selben anzunehmen / und mit Schwesterlicher Gewogenheit und Träue ihm allemahl zugetahn zuverbleiben. Sie bedankete sich sehr /hub die Kleinot / so auff 80000 Kronen in Persen geschätzet wahren / mit grosser Begier / nacheinander auff / zeigete sie ihrer Fr. Mutter und wünschete / daß sie ihren herzgeliebten Herrn Bruder bald sehen möchte; die grossen Verehrungen könte sie nicht anders als mit Schwesterlicher geträuer Liebe erstatten /woran sie Zeit ihres Lebens nichts wolte erwinden lassen. Der GroßFürst brach seines Sohns Schreiben /und sagete: Weil mirs ausserhalb meines Reichs zukomt / werde ichs[856] ohn meiner Götter Zorn lesen können / und fand folgenden Inhalt. Großmächtigster GroßFürst und Herr / gnädigster Vater; dafern wegen meines einigen wahren Gottes / ich euch von denn verteufelten lügenhaften Krodenpfaffen nicht gar zu verhasset gemacht bin / Bitte ich in Kindlich er Demuht / diese weinige Zeilen mit Väterlichem Herzen zu lesen; Mein Gott / dem ich biß an mein Ende dienen wil / hat mir das Durchleuchtigste Fräulein Valiska zum künftigen Gemahl bescheret / mit der ich mich in aller Gottesfurcht ehelich versprochen / nach dem der grundgütige Gott ihr Herz in erkäntnis meines Heilandes Christus erleuchtet /worüber sie mit mir frölicher ist / als über alle irdische Wollüste dieser nichtigen Welt. So gebet nun bitte ich /euren Väterlichen Willen hierzu / erlasset euren Sohn alles falschen Argwohns / und seid versichert / daß er weder Tag noch Nacht vergessen wird / euch der Barmherzigkeit seines einigen wahren Gottes inbrünstig zu befehlen / verbleibet auch / weil er lebet / euer biß an Gott gehorsamster Sohn Herkules.

Die GroßFürstin sahe ihr Schreiben auch durch /welches also lautete: Gnädigste / herzallerliebste Frau Mutter / meinen Zustand uñ geschlossene Heyraht wird ohn zweifel meine gleichgeliebte gnädigste Fr. Mutter /Königin Hedewig überschreiben / und mein Herr Vater anmelden / Bitte sehr / bey dessen Hocheit mich zu entschuldigen / daß ohn dessen eingehohleten Raht und Willen ich diese Verlöbnis vergenommen / welches von mir nicht aus verachtung / sondern unmögligkeit unterlassen ist. Mein Gott wird mich dereins meiner herzlieben Eltern versöhnetes Angesicht sehen lassen / daß an deren höchstgewünscheten Gegenwart ich meine Seele ergetzen möge; bemühet euch aber / bitte ich Kindlich / meinen Herr Vater zu begütigen / Damit er die schändlichen Verleumdungen / durch welche ich von den verlogenen Pfaffen bey ihm angegossen bin / fallen lassen / und sein Fleisch uñ Blut / welches fremden nicht unangenehm ist /zu hassen und zu verbannen auffhören möge / als vor welchen zu sterben ich mich keinmahl wegern wil. Nun mein Gott wird der Unschuld beysteuren / und den unbillig-vertriebenen wieder einzuhohlen wissen / wiewol ich meinem Bruder Baldrich mein Erbrecht in der güte abzutreten (sintemahl mir der Odem nach der Herschaft gar nicht stinket) nicht ungeneiget währe / da es von mir gebührlich und ohn verletzung meiner Ehren begehret würde / dessen Gemüht gegen mich zuerfahren / ich grosses Verlangen trage / welchen nebest euch und meiner herzlieben Frl. Schwester ich der kräftigen Obhuet meines allein wahren Gottes empfele / als euer gehorsamster Sohn Herkules.

Der GroßFürst betrübete sich sehr über sein Schreiben / welches die Königin eigentlich wahrnahm / und zu ihm sagete: Gewißlich findet mein Herr Bruder unangenehme Sachen in seinem Brieffe. Was solte ich nicht finden / antwortete er: Die fleisse Hartnäckigkeit in dem neuen Glauben lässet sich je länger je stärker sehen / und dürfte er sich wol gar unterstehen /das Fråulein auff seinen neuen Gott hinzuführen. Daß wird ihm kein Mensch wehren können / antwortete die Königin / dann wie ich meinen König heyrahtete /muste ich mich dem Bömischen Gottesdienst gemäß verhalten; Aber es ist Zeit / sagte sie / daß wir das Abendmahl eiñehmen / hernach sol Leches erzählen /was ihm von unsern Kindern wissend ist. Frl. Klara machte unter diesem Gespräch gute Kundschafft mit Libussen / erkundigte sich / was vor Geschlechtes und Tugend Königs Ladisla Gemahl währe / uñ trug so grosse Beliebung zu ihr / daß sie unter der Mahlzeit bey ihr sitzen muste; weil sie auch merkete / daß sie mit künstlichem Perlensticken umbzugehen wuste /baht sie dieselbe / ihr ein Armband von ihren Haaren mit durchgesetzeten Perlen zumachen / welches noch desselben Abends geschahe. Leches aber erzählete allen Verlauff / was mit seinen Gnn. Herren und dem Fräulein sich zugetragen hatte / so wol zu Padua als in den Morgenländern / worüber der GroßFürst sich nicht wenig erfreuete / und aus väterlicher Inbrunst anfing: O du[857] mein wirdiger Sohn / du Zierde aller löblichen Teutschen Ritterschaft: wolte Gött / du hättest Rom nie gesehen / noch ichtwas von dem Christlichen Aberglauben gehöret / alsdañ würdestu dein /ja dein Teutschland biß an die Wolken erheben. Leches wahr in seinem Christentuhm sehr eiferig (wie er auch deswegen in seinem hohen Alter von den heydnischen Pfaffen erschlagen ward / und zugleich mit seiner Libussen die Krone du Märterer davon trug) kunte demnach solche Reden unbeantwortet nicht lassen /obs ihm gleich hätte das Leben kosten sollen / und sagete: Gnädigster GroßFürst / Eure Hocheit / bitte ich /wollen das Christentuhm nicht vor einen Aberglauben schelten / nachdem kein Mensch / ohn durch diese Lehre / die Seligkeit erlangen kan; Zwar ich bin auch von meinem lieben Vater gegenwärtig / im Böhmischen heydnischen Unglauben aufferzogen und unterrichtet / aber durch Gottes Gnade / und Hülffe meines Gn. Fürsten Herrn Herkules / habe ich so viel gefasset / daß ich mich vor Teufel / Tod / Helle und allen heydnischen Götzen / wie sie auch Namen haben mögen / im geringsten nicht mehr fürchte / und wann ich tausend Köpffe hätte / müsten sie alle springen /ehe ich die einmahl erkante Warheit verläugnen / oder den vorigen Gottesdienst wieder annehmen wolte. Eure Hocheit verzeihen mir / bitte ich untertähnigst /diese Kühnheit / daß ich sie und alle anwesende versichere / dafern sie meinen Gn. Herrn / GroßFürst Herkules seiner Andacht solten sehen / und als einen ausbündig-gelehrten Christen reden hören / würden sie gewiß gewiß den Kroden Teuffel und andere ihre ertichte Götzen vor ein kindisches Menschen-geticht halten. Der GroßFürst hätte schier eine Ungnade auff ihn geworffen / doch besan er sich / und antwortete mit scharffer Rede: Ritter / die Jugend hat die Unart insgemein / daß sie das neue erhebet / und das alte mit Füssen trit / daher wundert mich nicht / daß ihr eurem Alter nach / der Neuerung ergeben seyd; Weil euch aber eure Kappe biß auffs äusserste gefället /möget ihr sie immerhin tragen / nur dz ihr in meiner Gegenwart euch mässiget / meine Götter zuverkleinern. Leches erkennete / daß er über die Schnuhr gehauen hatte / und baht untertähnigst umb Verzeihung / nicht daß er der Götzen halben solches redete / sondern des GroßFürsten Ungnade von sich abwendete. Als er nun von ihm er sich zu der Königin / und sagte; wie er von seinem Könige befehl hätte / 6000 wolversuchte. Böhmische Reuter zu werben so währe der Stathalter zu Padua schon in voller Arbeit / 7000 Römische Reuter zubestellen / bähte / Ihre Hocheit möchte gnädigst einwilligen. Diese nun lobete solches Vorhaben / damit / sagte sie / unsere Kinder in der wilden fremde auff allen fall geträue Leute umb sich haben mögen. Hier sahe Neda / daß zeit seyn wurde /sein begehren vorzutragẽ / fing demnach also an: Großmächtigster GroßFürst / Gnädigster Herr / es würde dem unvergleichlichẽ Helde / Euer GroßFürstl. Hocheit Herrn Sohne eine sonderliche Freude seyn /dafern er etliche seiner angebohrnen Untertahnen bey sich haben / und den Morgenländischen Fürsten tähtlich zeigen könte / durch was unüberwindliche Fäuste Teutsche Freyheit bißher wider die Römische Macht beschützet und erhalten worden. Wann bey Ihrer Hocheit ich nun erlangen könte / daß vor baare Gelder ich eine Anzahl wolgeübete Reuter in ihrem Reich werben dürffte / wolte ich ihnen die Anreits gelder vergnügen. Meine Völker / antwortete der GroßFürst / dienen mir zwar und meinen Kindern umsonst / aber wann sie ihr Blut vor andere wagen / wollen sie dessen trauen ergetzet seyn; Saget mir aber /was[858] gedenket ihr auff ein Pferd zu geben? Meines gnädigsten GroßFürsten Herkules Ehr uñ Ansehen zuerhalten / sagte Neda / gebe ich auff jeden versuchten Reuter 50 Kronen baar; und von heut an gerechnet / verspreche ich ihnen doppelten Sold / sagte Leches. So müsset ihr viel Kronen bey euch führen / sagte der GroßFürst zu Neda / oder ihr werdet meiner Leute nicht viel begehren. An guten Kronen fehlet mirs nicht / antwortete er / wann nur 6000 gewünschete Reuter diese Stunde hie währen / die Gelder zuempfangen; und versichere sich Eure Hocheit / daß ihr Herr Sohn so viel Baarschafften zu Padua in Kasten stehen hat / damit er ein verfassetes Kriegs Heer von 50000 zu Roß und 150000 zu Fusse ein ganzes Jahr im Felde halten und befolden kan / welches ihm der Römische Käyser selbst kaum nachtuhn solte. Der GroßFürst bekam hieraus allerhand Gedanken / was solches Geld wirken könte / wann sein Sohn dereins ein ErbReich mit dem Schwerte zugewiñen sich unternehmen solte; doch setzete er dieses bald beyseit / und sagte zu Neda: Weil mein Sohn Herkules nach Ehren strebet / und Teutsches Lob weit auszubreiten bemühet ist / wil ich ihm vor dißmahl einen Reuterdienst tuhn / und ihm 6000 auserlesene Reuter meiner Leib-Schaar ohn Entgelt hergeben / die bißher in mannichem Scharmützel wider die Römer und andere Feinde sich haben finden lassen / dieselben wil ich besolden / so lange sie meinem Sohn zu dienste streiten /wo sie aber einem andern zum besten gebraucht werden / sollen sie von demselben doppelten Sold haben. Nun hatte der GroßFürst 8000 Reuter mit sich hergeführet / aus welchen er des folgenden Morgens die versuchtesten 6000 nam / die ihm schwören musten /seinem Sohn Herkules / dem sie solten zugeführet werden / in allem gehorsam zuseyn / und wider alle seine Feinde / so nicht Teutsche oder deren Bundgenossen wären / sich gebrauchen zulassen; übergab sie hernach Leches und Neda / und sagte: Da habt ihr die begehrte Anzahl Reuter / welche / da sie sich scheuhen solten / auff 20000 Feinde zu gehen / ich sie aller ritterlichen Ehren unwirdig halten wolte. Diese bedanketen sich wegen Herkules untertähnigst / gaben / ungeachtet des GroßFürsten Verbots / einem jeden durch die Bank 20 Kronen / dessen die hinterbliebene 2000 mit geniessen / und gleich so viel nehmẽ musten. Worauff der GroßFürst sagete: Seyd ihr auch zu freygebig von eures Herren Geldern. Nein / gnädigster Herr / antwortete Leches / von diesen Kosten komt unsern Gn. Herren nichts zu / sondern Neda gibts alles von seinem eigenen; und weil ich vielmehr Gelder bey mir führe / als ich zu der Volker Unterhalt bedarff / bitte ich untertähnigst / daß mir erlaubet sey /dem GroßFürstlichen Fräulein im Nahmen ihres Herrn Bruders Herkules / eine Tonne Goldes auff meine Verantwortung zum Beutpfennige einzuliefern. Der GroßFürst lachete des / und sagete: Was Brüder und Schwester einander schenken / stehet ihnen frey; muste also das Fräulein solche Baarschafft zu sich nehmẽ. Ritter Prinsla / Herr Stanisla Sohn / der etliche Jahr her in Schweden und Liefland durch manniche löbliche Taht ein gutes Lob erworben / hatte Leches / mit dem er in brüderlicher Freundschaft stund /seine Ankunfft erfahren / und erboht sich / 30 Pferde auff seine Kosten auszurüsten / uñ seinem Könige zuzuzihen. Leches erfreuete sich dessen höchlich / und baht ihn / sich nach guter Ritterschafft umzutuhn /damit er deren 6000 in geschwindester Eile zusammen bråchte / zåhlete ihm 200000 Kronen aus / und bestellete ihn zum FeldObristen Wachtmeister über alle diese Böhmische Völker. Dieser schickete alsbald 40 Werber aus / daß ein jeder 150[859] Reuter / die alle schon gedienet hätten / oder zum wenigsten mit Gewehr zu Roß wol umzugehen wüsten / inwendig drey Tagen wol beritten / herbey schaffen solte. Herr Krokus nebenst seiner Frauen und Tochter wurden auch nach Hofe gefodert / unwissend / dz ihr Sohn Neda ankommen wahr / über dessen und seiner Eheliebsten Gegenwart sie höchlich erfreuet wurden; insonderheit machten Brela und Therba vertrauliche Schwesterschafft / und wurden alle vorige Mißverstände gänzlich vergraben. Prinsla hatte vor wenig Tagen sich in Therben sehr verliebet / gedachte / jezt wåhre Zeit /durch seine Wase Libussen es fortzusetzen / offenbahrete ihr seine Liebe / und baht umb Befoderung. Diese gab Brelen und Neda solches zu verstehen / die solche gewünschete Schwägerschafft nicht ausschlagen wolten / redete es mit der Jungfer und ihren Eltern / und funden sie an allen Seiten darzu willig / ward also des andern Tages ihre Hochzeit von der Königin auff dem Schlosse angestellet und frey gehalten. Brela ließ auch in der Königin Nahmen ihre Vormünder zur Rechnung fodern / deren einer / welcher aller ihrer Güter Auffkünfte gehoben / und unnüzlich verschwendet hatte / sich vor harter Straffe fürchtend /ihm selbst mit einem Stricke das Leben nahm / worüber Brela sehr unmuhtig ward / auch zur Bezeugung ihres guten willens gegen die Witwe und sechs nachgelassene Kinder / sie nicht allein aller Anfoderung frey und ledigsprach / sondern der Witwen 8000 Kronen schenkete / und zwo Töchter / eine von 15 / die andere von 12 Jahren vor ihre Leib Jungfern / Neda aber zween Söhne / einen 17 / den andern 10 Jahr alt /vor seine Auffwarter zu sich nam / dessen sie im ganzen Königreiche einen trefflichen Nahmen und hohes Lob bekahmen; Die übrigen beyden Vormünder musten von der Königin und dem Reichs Kanzler Herr Bretifla einen scharffen Verweiß annehmen / daß sie dem dritten allen Willen / mit fremden Gütern zu schalten verstattet / und ihrem Ampte so unfleissig vorgestanden währen / worüber sie in 4000 Kronen Straffe verdammet wurden / welches aber Brela selbst loß baht / und sie zu weiterer Vormundschafft über ihre Güter bestellete / da sie alle Träue und Fleiß erwiesen. Des vierden Tages nach Leches Ankunfft waren 6000 Böhmen bey einander / unter denen 1200 ädle und 300 Ritter sich stelleten; auch 300 junge Böhmische vom Adel / alle unter 19 / und über 14 Jahren / wurden von ihren Eltern mit geschikt / ihrem Könige in der fremde auffzuwarten. Frl. Klara hielt bey Libussen an / mit ihr in Teutschland zuzihen /und biß auf ihres Liebsten Wiederkunfft ihr Geselschafft zuleisten; auch wolte die Königin Brelen bey sich behalten; nachdem aber diese sich entschuldigte /ihrer Gn. Fräulein nachzihen zuwollen / trug Libussa eben dasselbe vor / und sagte zu dem Fräulein in aller andern Gegenwart: Ob gleich Eurer Gn. ich eine zeitlang auffwarten wolte / würde ich doch von ihrem Gn. Herr Vater nicht können geduldet werden / dann ich bin eine Christin / und müste mich befürchten / daß eure gottlose verlogene Kroden-Pfaffen mich wol gar erwürgeten. Worüber der GroßFürst mit einem lachen den Kopff schüttelte; wodurch aber sie erkühnet / zu ihm sagte: Durchl. GroßFürst / ich weiß sehr wol /daß alle Teutsche Pfaffen / uns Christen vor unzüchtige schandergebene Menschen ausruffen / aber ich rede alhie kühnlich aus / und sage / daß wer mein gnädigstes Fräulein und mich vor eine solche hält und schilt / ich denselben vor einen Schelm und EhrenDieb halte / biß er uns solches überweiset / und wann Eure Hocheit solchen bübischen und diebischen Verleumdungen Glauben zumisset / handelt sie[860] sehr unvorsichtig. Leches winkete ihr / sich zumässigen / deswegen sie damit abbrach / und der GroßFürst mit wenigem sagte / er wüste wol / wie weit er gläuben oder nicht gläuben solte. An diesem Tage empfing Leches von der Königin / GroßFürstin uñ dem Fräulein Schreiben / an Herkules / Ladisla und Valiska / und brachen des folgenden Tages / welcher der fünfte nach seiner Ankunfft wahr / ingesamt sehr früh auff / da Therba in ihrer Geselschafft mit fort ging / eileten auch nach aller Mögligkeit nach Padua zu. Auff den Römischen Grenzen wolte man sie nicht durchlassen /sondern etliche tausend zu Roß und Fuß verlegeten ihnen den Weg / biß Neda seine Römische Bestallung / und des Stathalters freyen Reise-Brieff aufflegete /worauff sie fortgelassen / und von 1000 Reutern nach Padua begleitet wurden. Ihre Ankunfft vor diese Stad erweckete nicht geringen Aufflauff / aber Leches uñ Neda stilleten es bald / da sie hinein ritten / und die Völker anmeldeten. Der Stathalter samt Klodius und Markus zogen hinaus / sie zubesehen / die von Prinsla und dem Teutschẽ Herrn Wedekind in eine zierliche Feld-Ordnung gestellet wahren. 2000 Teutschen führeten grosse SchlachtSchwerter / vor welchen die Italiäner sich entsetzen / meyneten nit / daß sie von Menschen Armen könten geführet werden; aber der angestellete ertichtete Feldstreit zeigete ihnen den ringfertigen Gebrauch deren / die damit bewehret wahren. Leches haht den Stathalter / daß ihnen ein Lager haussen vorm Tohr möchte gegönnet werden /musten aber auff dessen Geheiß alle in der Stad verleget / und als Bundgenossen gehalten werden / da sie sich so fried- und genüglich bezeigeten / daß die Inwohner ihnen Zeugnis gaben / sie währen nicht minder sitsam als streitbar. Frau Sophia wahr ihrer Ankunfft sehr froh / ließ die 300 ädelknaben in Roth Scharlaken mit güldenen Borten verbremet / kleidẽ /und gab dem Heer schöne Reuter Fahnen; Den Teutschen 30 Schneeweisse / in denen zu oberst der Nahme HERCVLES, und allernähest darunter VALISCA, mit güldenen Lateinischen Buchstaben / in der mitte aber zween güldene Löuen gegen einander auffrecht stundẽ / welche mit ihren rechten Tatzen dieses gekrönete Feur-roht-gemahlete Zeichen 4. Buch hielten / unter dem zu Teutsch diese güldene Buchstaben geschrieben wahren: Sieg oder Tod. Der Böhmen 30 Blutrohte Fahnen hatten oben den Nahmen LADISLA, und gleich darunter SOPHIA, in der mitte einen güldenen Löuen und Adler /die oberwähntes gekrönetes Zeichen hielten / mit dieser Böhmischen Unterschrifft: Ehre oder nichts. Die 6000 Römische Reuter wahren auch schon beyeinander / denen ein tapfferer Römischer Herr / Nahmens Kajus Autronius vorgestellet wahr / hatten 30 Himmelblaue Fähnlein / in welchen zu oberst geschrieben stund: Sub HAC VMBRA Securitas. Das ist / Unter diesem Schatten ists sicher; in der mitte aber der grosse gekrönete Buchstabe R / und über demselben ein güldener Adler mit außgebreiteten Flügeln / zu unterst in den Fahnen / Virtute, Non Dolo. Das ist; Durch Tugend nicht durch Betrug. Klodius uñ Markus hatten jedweder 500 trefliche Reuter / und jeder nur ein Fahne / einerley Gestalt / nur daß die eine grün / die ander Pomeranzengelb wahr / oben in denselben stunden diese Worte: Gratitudinis Symbolum. Das ist / Ein Zeichen der Dankbarkeit; in der mitte diese gekrönete Buchstaben HL, so daß auf einer Seite das H, auff der andern Seite das L fornen an stund; vor jedem Buchstaben saß ein geharnischter Ritter auff den Knien /mit emblössetem Schwerte / und zu unterst diese Worte geschrieben: Pro Dominis Cuncta. Das ist: Alles sol vor unsere Herren gewaget[861] seyn. Dieses Heer /stark 19 tausend Reuter / kam des Morgens vor Padua an / und lagen die folgenden beyden Tage daselbst stille. Des Tages vor ihrem Auffbruch empfingen Leches uñ seine Gesellen / wie auch deren Eheliebsten von dem Stathalter und Fr. Sophien / Brieffe und Befehl / was bey unsern Helden solte bestellet werden /und schenkete der Stathalter Leches eine grosse güldene Kette mit des Käysers Brustbilde / als einem Fürstlichen Abgesanten / da Fr. Sophia zu demselben sagete: Ich darff mein liebes Söhnlein / welches erst drey Monat alt ist / weder verlassen / noch auff dem ungestümen Meere wagen / sonst dürfte ich in Geselschafft mit reisen; was ich aber eurer Liebsten schon anbefohlen / wil ich euch auch fest eingebunden haben / daß ihr eurem Könige und GroßFürsten / meinem Gemahl und Bruder saget / ich lasse sie geträulich warnen / daß sie nicht / ihrer Art nach / sich in den grösten Gefährligkeiten ohn Noht zu tieff wagen /und nach der Fräulein erlösung sich durch anderer Leute Freundschaft nicht auffhalten lassen; ich nebest meiner Fr. Mutter und allen Christen zu Padua wollen vor sie zu Gott im Himmel fleissig behten / welcher auch unsere Seufzer erhören wird; gönnet uns dann der barmherzige JEsus / daß wir frölich wieder zusammen kommen sollen / werde ich schon darauff bedacht seyn / euch eine sonderliche Belohnung bey meinem Gemahl zuerwerben; vor dißmahl bin ich nur auff der Völker Unterhalt bedacht / dero behueff ihr acht Tonnen Goldes zuempfangen habet / und sind die Schiffe mit Speise / Trank / und Futterung überflüssig versehen. Hernach ließ sie etliche fuder Wein hinauß vor das Tohr auff den Plaz führen / woselbst Fulvius von Ladisla erleget wahr / da die Teutschen und Böhmen sich in zwo Hauffen lagerten / und mit grossen Humpen dergestalt auffeinander stürmeten / ob wolten sie einander zu Tode sauffen / doch wurden die Teutschen endlich der andern Meister und erstritten den Sauffpreiß. Da hätte man nun bey diesem Gelage ein Gesinge hören sollen von ihren alten Helden / welches so wüste und verwirret durch einander ging auch so gar ohn Liebligkeit / daß es allen Zusehern ein Grausen verursachete / und ins gemein wünscheten /der Himmel möchte sie vor der Teutschen Feindschaft behüten. Unterschiedliche Teutschen wurden über dem Trunk uneins / meineten / ihnen währe nicht gebührlich bescheid getahn / sonderlich beim Gesundheit-Trinken; nicht / daß nicht alles rein außgesoffen währe / dann dieses hätten sie vor einen unablöschlichen Schimpff gerechnet / welcher ihnen in allen ehrlichen Gelagen verweißlich auffgerücket werden müssen; sondern nur / daß dieser oder jener Gebrauch aus unacht unterlassen / oder das weite Gefäß nicht auff einmahl und in einem Athem außgeleeret / oder etwas neben hin getrüpfet währe; hierüber zanketen sie sich anfangs / folgete dañ ein Scheltwort / zog der ander die Faust / und schlug jenen übers Maul daß die rohte Suppe folgete; dieser verblutete sich zuvor / und nach dem er sich gewaschen hatte / foderte er jenen aus /und zerschlugen sich mit Fäusten drey unterschiedliche gänge / daß ihnen die Augen im Kopffe zuschwollen / meineten dann / sie hätten ihren Ehren gnug getahn / und vertrugen sich mit einem Handschlage / so daß ihres Streites weder von ihnen selbsten noch von einigen andern gedacht ward. Ein einfältiger / doch handfester teutscher Ritter / da ihm der Wein zu Häupte stieg / ließ ihm ein Glaß von zwey Massen einschenken / fassete es in den Arm und ging der SchauBühne zu / auff welcher der Stathalter mit den Paduanischen Rahts Herren und vornehmen Frauenzimmer saß / kniete vor dem Stathalter nider /[862] und brachte ihm seines GroßFürsten Herrn Henrichs Gesundheit auff einen Trunk; die ganze Geselschaft lachete über laut / meineten / es währe unmöglich / daß ers enden würde / aber er hütete sich fleissig / daß kein Tröpflein neben hin lauffen muste / hielt sein versprechen ehe mans inne ward / kehrete das Glaß umb / und ging hin / es wieder einschenken zu lassen. Der Stathalter fragete Leches / wie er dieser unmöglichen Anmuhtung abkommen solte; der ihm zur Antwort gab / dafern es nicht in güte geschähe / würde dieser es vor ja so grosse Schmach außruffen / ob währe sein GroßFürst an seinen höchsten Ehren geschändet: worüber gar ein Auffstand sich erheben dürffte; möchte demnach der Stathalter das Glaß annehmen / und ihn als seinen Dolmetscher reden lassen. Jener kam mit der streichvollen Humpe daher getreten / daß er ja kein Tröpflein verschütten möchte /und überreichete es sprechend: Sein GroßFürst währe ein so redlicher frommer Herr / dessen Gesundheit zu trinken sich kein rechtschaffener Kerl wegern würde. Der Stathalter empfing es willig / da Leches zu diesem sagete: Ritter / ich werde nicht unterlassen / eure Träue zu rühmen; weil aber der H. Stathalter erst neulich des Fiebers wieder genesen / und ihm unmöglich ist / bescheid zu tuhn / werdet ihr ihm gerne zu lassen / daß er etlichen des Frauenzimmers daraus schenke. Dieser gab vor / er hätte redlich außgetrunken / doch nähme er die Entschuldigung an / und erläubete ihm /dreyen Jungfern zu schenken / inmittelst wolete er hingehen / und eine andere Gesundheit anfangen. Der Stathalter nam diese Gelegenheit in acht / reichete seinen Dienern das Glaß hin außzutrinken / und als der Teutsche wieder umbkehrete / setzete er das leere Glaß an den Mund / daß jener meinete / er hätte den grösten Teil allein zu sich genommen / wahr wol zu frieden / und fing alsbald Königes Ladisla und dessen Gemahls Gesundheit an / die er Leches brachte / und ihm so genaue zu sahe / daß er in einem Trunke muste bescheid tuhn. Der Teutsche hatte noch das dritte Glaß neben sich gestellet / daraus trunk er GroßFürst Herkules Gesundheit Neda zu / der ihn auch befriedigte. Das Frauenzimmer wähnete / der Teutsche würde des vielen Weine bersten / welcher aber in sich selbst singend davon ging / und sich gegen eine Hecke stellend / sein Wasser ungescheuhet ließ nach dessen verrichtung er zu seiner Geselschaft sagete: Wann ichs nicht getahn hätte / währe euer wol keiner der Bescheidenheit gewesen / daß er jenen vornehmen Herren einen Trunk gebohten hätte; über welcher Einfalt alle Zuseher zum Gelächter gereizet wurden. Die trunken Bolten / nachdem weder Hände noch Füsse mehr gehorchen wolten / blieben unter dem freien Himmel biß an die Morgenzeit liegen / gingen hernach hin / und bahten von ihren Wirten das Morgenbrod / weil sie bald auffsitzen und fortzihen müsten; welches ihnen willig gereichet ward / dann der Raht daselbst bezahlete alles / und ordneten an / daß jeder Wirt seinem Reuter drey Kronen auff die Reise schenken muste; wovor Leches und Neda sich hoch bedanketen / nicht zweifelnd / ihre Gnn. Herren / würden es hinwieder zuverschulden wissen; nahmen damit Abscheid / und schieden frölich davon nach dem Meer hinzu / da eine grosse Menge Schiffe ihrer wartete. Fr. Sophia / Ursula und Sibylla gaben dem reisenden Frauenzimmer das Geleit biß ans Meer / da Ursula Euphrosynen ein Schreiben an ihren lieben Fabius zustellete / in welchem sie ihm sein Nichtschreiben höchlich verwieß / und daneben zu wissen taht / er würde auff glükliche Ankunfft sein liebes Söhnlein den jungen Fabius finden. Im außzihen hatten Klodius und Markus[863] mit ihren Völkern den Vorzug / ihnen folgeten die Teutschen unter Leches / der sonst GroßFeld Herr wahr; nach ihm ritten die Böhmen unter Prinsla / und hatte Neda als ein Römischer bestalter mit den 6000 Italiänern den Nachzug. Des Abends kahmen sie bey den Schiffen an / blieben die Nacht über liegen / und nach dem Fr. Sophia des Morgens sehr früh von ihnen Abschied genommen hatte /huben sie die Anker auff und segelten mit gewünschetem Winde davon; da die Römischen als des Meers erfahrene voran gingen / in der mitte die Teutschen /und die Böhmen hinten zu lezt blieben. Das Wetter fugete ihnen sehr wol / und gingen ohn hindernis Kreta vorbey / biß sie fünff mächtige Raub-Schiffe sahen / welche sich an drey Italiänische / die das Meer durchsucheten / gehenket hatten / und sie hart bestritten / aber die teutschen SchlachtSchwerter gingen mit vier Schiffen auff sie / matzeten alles nider und funden bey diesen Skythen / (die aus dem Euxinischen Meer bey Bisanz / jetz Konstantinopel genennet / in das Egeische gelauffen / und viel KauffmansSchiffe beraubet) eine trefliche Beute an Geld und Waaren /über 21 Tonnen Goldes gerechnet / welche folgender Gestalt außgeteilet ward. Die fünff ädle Frauen bekahmen jede 80000 Kronen; jeder Ritmeister / deren 94 waren / 4000 Kronen; gleich so viel Unter Rittmeister und Fähndriche / jeder 1500 Kronen; die Unter Kriegs-beamten jeder 250 Kronen / und endlich jeder gemeiner Reuter 50 Kronen. Herr Wedekind /Autronius und sieben andere / teils Teutsche / teils Böhmen / bekahmen jeder 12000 Kronen; und ward das übrige / 71500 Kronen unter die Schiffleute geteilet / welche hiedurch zur Arbeit willig gemacht wurden / daß sie in kurzer Zeit zu Tyrus anländeten / da sie nach auffgelegtem Käyserlichen Schein (welchen Herr Fabius zeitig genug zu Rom loßgewirket hatte) außstiegen / den nähesten Weg durch Syrien auff Damaskus nach dem Eufrat nahmen / und ihnen allenthalben frey Futter und Mahl geschaffet ward.

Wir kehren uns wieder hin nach den Parthischen Grenzen / umb unsern Herkules nach Charas zu begleiten / welcher mit seiner geringen Geselschafft sehr fort eilete / uñ Gott ohn unterlaß fleissig anrieff / weil er wol erkennete / daß ohn dessen sonderlichen Beystand ihm sein Vorhaben unmöglich fallen würde. Timokles wahr seiner Ankunfft sehr froh / und berichtete ihn / was massen er von dem Fräulein Befehl bekommen / inwendig sechs Tagen nach Persepolis zu reiten / dafern er nicht würde ankommen seyn / weil Artabanus trefliche Bereitschaft auff das Beylager machen liesse / welches etwa noch neun Wochen außstünde. Herkules foderte alsbald ein Schreibezeug /und verfertigte diesen Brieff an sein Gemahl.

Herzgeliebter Seelen-Schaz; nach dem wir vor wenig Tagen des Königes Heer gänzlich aufgerieben / welches alhier noch nicht ruchtbar ist / bin ich nach gehaltener Schlacht stündlich auffgebrochen / meinen Vorsaz / eure Erlösung betreffend / ins Werk zurichten / wozu der Almächtige Glük und gewünscheten Fortgang verleihen wolle. Es wird aber nöhtig seyn / daß eure Liebe sich alsbald auff etliche Baarschaften schicke / umb selbe unter ihrem ganzen Frauenzimmer außzuteilen / und zu verschaffen / daß eure Hoffmeisterin etlichen Krämerinnen einen freien Zutrit auff euer Schloß mache / mit welchen ich geliebts Gott Morgen bey euch seyn / und euch mit verstelletem Angesicht in gestalt uñ Kleidung (welche ich schaffen werde) einer Krämerin davon zu führen mich bemühen wil / da inzwischẽ euer Frauenzimmer mit den Krämerinnen ihre Kauffmanschaft etliche Stunden treiben müssen / damit unsere Flucht nicht so zeitig ruchtbar werde. Geichjezo gehe ich hin nach dem Könige / ihm anzumelden /[864] was gestalt ich auff meiner Reise nach Prag / in Mesopotamien von Phraortes Leuten beraubet / alle Sachen und Brieffe verlohren habe. Gott mit uns zu allem Glücke / woran wir nicht zweifeln wollen / dann Gott ist mit uns.

Als er diesen Brieff zusammen gelegt / und in den hohlen Pfeil verschlossen hatte / sagte er zu Timokles; schiesset dem Fräulein diesen Pfeil zu / und tuht ihr meine Ankunft durch das ehemahlige Zeichen zu wissen. Dieser wahr geschwinde fertig / ging hin uñ fand das Fräulein am Fenster stehen / da sie ihr Gebeht zu Gott richtete / und ihn von Herzen anrieff / daß er sich über sie gnädig erbarmen / uñ ihren Gemahl zu rechter Zeit hersenden wolte / damit sie nicht durch Gewaltähtigkeit / ihrer Ehren beraubet / und dem Gottlosen Könige in Ehebruch zuteile würde. Dieses Gebeht hatte sie kaum geendet / da sahe sie Timokles das weisse Tuch umb den Kopff schwingen / und den Bogen im Arme halten / welcher bald spannete / den Pfeil hinauff schoß / und alsbald wieder davon ging. Ach du allergnådigster Gott / sagete sie / nun ist es helffens zeit! fiel nider auff ihr Angesicht / und behtete mit häuffigen Trähnen das Vater Unser und etliche BehtPsalmen Davids / richtete sich hernach in fester Hoffnung zu Gott wieder auff / und hohlete den Pfeil /der ungezweifelten Zuversicht / er würde der lezte seyn. Nach Verlesung des Anschlages / welcher ihr wol gefiel / soderte sie ihre Hofmeisterin vor sich /und nach freundlicher Empfahung sagte sie zu ihr? Allerliebste Freundin / ich müste wol undankbar gescholten werden / wann die mir von euch erzeigete vielfältige Freundschafft ich nicht erkennen würde /durch welche ihr nicht allein mich in meinen Trübseligkeiten getröstet / sondern auch nach äusserstem Vermögen euch bey dem Könige bemühet / ihn von dem zu frühzeitigen Beylager abzuhalten / welches nunmehr in kurzer Zeit glüklich und mit meinem guten Willen vor sich gehẽ wird / da ich euch dann zu meiner obersten KammerFrauen bestellen / und eurem Sohn die bewuste freye Herschafft bey dem Könige loßwirken wil. Nachdem ihr aber wisset / daß ich auch gegen mein anwesendes Frauenzimmer gute Neigung trage / und willens bin / ihnen samt und sonders eine behågliche Gnade zuerzeigen / möchte ich zuvor einer jeden Sinn und Willẽ gerne prüfen; worzu ich dann drey unterschiedliche Mittel ausgesinnet habe; Das erste ist Kauffmanschafft / das andere der Trunk /das dritte und lezte einer jeden selbst eigener Wunsch. Morgen früh aber wil ich mit dem ersten den Anfang folgender gestalt machen; Ihr sollet mir dieses Kleinot um baare Gelder verkäuffen / die wil ich unter mein Frauenzimmer verteilen; Hernach werdet ihr euch bemühen / etlichen fremden Krämerinnen mit selzamen Wahren nachzufragen / die sollet ihr morgen zeitig früh herauff führen / daß meine Leute in eurer Gegenwart mit ihnen kauffschlagen / da ihr dann einer jeden tuhn und lassen / genaues dingen / und unterschiedliche Lust zu dieser oder jener Waare / so viel möglich ist / fleissig anmerken / und mir davon bericht tuhn müsset / doch also / daß ihr durchaus keiner einredet /sondern einer jeden freyen Willen zu handeln lasset; und ob euch dieses mein beginnen gleich anjezt fremde und kindisch vorkommen möchte / sollet ihr doch zu seiner Zeit von mir gnug berichtet werden / zu was Ende es von mir also angestellet sey. Gn. Fräulein /antwortete die Hofmeisterin / Euer Gn. hohe Vernunfft weiß solche verborgene Sachen zuerdenken /die ich und meines gleichen nicht begreiffen mögen /wiewol ohn zweifel Eure Gn. aus dieser Handlung viel Eigenschafften der Gedanken und des Willens[865] unsers Frauenzimmers erkündigen wird; und däucht mich schon / ich sehe mit Lust an / wie eine jede bald dieses bald jenes angreiffet / und sich selbst nicht erklären kan / was sie kauffen sol oder nicht. Darzwischen sollet ihr kein Wort reden / sagte das Fräulein /ob sie gleich biß an den späten Abend wählen oder dingen würden. Die Hofmeisterin versprach allen Gehorsam / ließ durch ihre Magd das Kleinot umb 2000 Kronen verkauffen / und stellete dem Fräulein das Geld zu / die solches in 15 gleiche Teile legete / und durch die Hofmeisterin unter dem Frauenzimmer austeilen ließ / verwendend / daß sie davor morgen ein Jahrmarkt kåuffen solten / da die Krämerinnen sich schon finden würden. Inzwischen ging Valikules nach des Königes Schlosse / und gab mit traurigen Geberden sich bey dem Hofmeister Herr Bagophanes an /wie es ihm leider gar unglüklich auff der Reise ergangen währe / in dem seine eigene / ihm von Phraortes zugegebene Reuter / zu Schelmen worden / seine beladene Maul Esel geplündert / seine 20 Parthische ädle Gefärten ermordet / und ihn gleichergestalt erschlagen wollen / währe ihnen aber durch seines Pferdes Geradigkeit entrunnen / und bähte demühtig / Ihre Gn. möchten ihm bey Königl. Hocheit Gnade und Vergebung erwerben; es währe von ihm nichts verwahrloset / sondern die Bosheit seiner ungeträuen Gleitsmänner hätte er nicht hintertreiben können. Bagophanes tröstete ihn / sein König währe so grausam nicht / daß er dergleichen fälle nicht erkennen solte /ging straks hin zu demselben / und sagte zu ihm: Allergnädigster König / es ist einer Ihrer Königl. Hocheit Diener im Vorhofe / der in Unglük gerahten / und seine anbefohlene Verschickung wegen boßhafften überfalles nicht hat verrichten können / bittet untertähnigst umb Gnade und Lebensfristung. Der König erschrak dessen / und fragete: Hat etwa Madates durch Verwarlosung die herlichen Völker auff die Fleischbank gefüret? Er ist vor weniger Zeit uns im Schlaffe vorkommen / als steckete er gar im Blute biß an die Ohren. Davor behüten uns die Götter / antwortete Bagophanes / dieses Blut wird kein Parthisches sondern lauter Persisches bedeuten; Es ist aber der Teutsche Valikules / unser Gn. Fräulein Herkulisken Diener / welcher zwischen dem Eufrat und der Tiger beraubet ist. So mögen die Räuber sich der Beute wol freuen / sagte Artabanus / dann sie haben über 15 Tonnen Goldes wert von ihm bekommen; laß ihn aber hervor treten / daß wir nach gestalten Sachen mit ihm verfahren mögen. Dieser rief ihm herzu / und sagete: Jüngling / bekenne nur recht zu / wie es ergangen ist /so hastu keine Gefahr. Valikules trat ehrerbietig hinein / taht einen Fußfall in sonderlicher Demuht und sagete: Allergnädigster und Gerechtester König; wann ein Diener seines Herrn Befehl durch Verseumniß /Unachtsamkeit oder Unträue übertrit / und dessen Schaden verursachet / muß er billich ohn Gnade deswegen gestraffet werden; ob er aber Barmherzigkeit verdiene / wann er durch Unfall / wie mir leider begegnet ist / den Zweg seiner Träue nicht erreichen kan / wil Eure Königl. Hocheit ohn alle Bedingung ich gerne zum Richter leiden. GroßFürst Phraortes hat nach gnädigstem Königl. Befehl mir und meinen Gesellen 50 Reuter zugeordnet / welche / so bald sie zwischẽ dem Tiger und Eufrat Flusse sich befunden /haben sie mir alle Briefe / samt den Kleinoten und Geldern abgenommen / meine Gefärten ermordet /und mich in der Flucht verfolget / deren ich drey nidergemacht / und dadurch Lufft bekommen / meines schnellen Pferdes mich zugebrauchen / dem ich auch mein Leben vor dasmahl zudanken habe; so bald es mich über[866] den Tigerfluß zurük getragen / ist es unter mir nidergefallen / daher ich manniche Gefahr unter den wilden Tihren und Räubern überstanden / denen ich zu unterschiedlichen mahlen wunderlich entgangen / auch einen zimlichẽ Weg mich durch das Land hindurch gebettelt / da mich unterschiedliche Persische Werber angepacket / denen ich entrunnen / und ein gutes Pferd mit davon gebracht habe. Diesem nach bitte Ihre Königl. Hocheit ich untertähnigst / mich alles ungleichen Verdachts allergnädigst zuerlassen /und mir Barmherzigkeit zuerteilen. Zwar es ist ein grosser Schade und Verlust / welchen ich erlitten habe / solte ich aber dermahleins wirdig geachtet werden /wider Ihrer Königl. Hocheit Feinde im Kriege gebraucht zuwerden / wil ich nicht ruhen / biß ich solchen Verlust wieder eingebracht habe. Bey uns bistu wol entschuldiget / sagte der König / aber wie wirstu deinem gebietenden Fräulein wilkommen seyn? Eben dieses ist zwar meine höchste Furcht / antwortete er /getröstete mich aber / daß wann das höchst-geweihete Häupt Gnade erzeiget / die Nebenglieder sich auch pflegen finden zulassen / und hoffe / meiner Gn. Fräulein Hofmeisterin werde auff meine Bitte mir Gnade erwerben / nachdem sie meines unfalls wird verständiget seyn; doch gehe es mir nach des Himmels Verordnung / so wil ich dannoch lieber in meiner Unschuld sterben / als daß ich hätte ausreissen / mich bey den Feinden Ihrer Hocheit in Dienste einlassen / und vor einen verlauffenen Schelmen mich ausruffen lassen sollen. Als er dieses geredet / und der König / die Hofmeisterin herzuhohlen / Befehl erteilet hatte / zeigete ein ädelknabe an / es währe ein Schreiben bey Königlicher Botschafft einkommen / welches an Ihre Hocheit hielte / reichete es zugleich über / und lase Artabanus folgenden Inhalt: König Ladisla aus Böhmen / nachdem er von Artabanus Könige der Parthen / an seiner Königlichen Wirde und ritterlichen Ehren / durch unterschiedliche Schmach / die ihm Artabanus nit unbewust sind / höchlich verletzet ist / gestehet hiemit / und krafft dieses / daß gedachter Artabanus daran nicht als ein König / sondern boßhaffter Schmäh Vogel gehandelt /welches er wider ihn in einem absonderlichen Kampffe /Mann an Mann / behaupten wil; fodert hiemit denselben aus / an den Persischen Grenzen zuerscheinen / oder da er sich dessen wegert / sol er als ein verzagter nicht-werter ausgeruffen werden / von seinem geschworen Feinde Ladisla.

Artabanus erzürnete sich hierüber dergestalt / daß er den Briefeträger mit eigener Faust niderhieb / stellete sich nicht anders als ein Wahnwitziger / und zuriß den Brief mit Händen und Zähnen in kleine Stückẽ / da er bey aller seiner Macht schwuhr / nicht zuruhen / biß er diesen undankbahren unwerten Buben zur gebührlichen Straffe gezogen hätte; doch kunte kein Mensch erfahren / von wem das Schreiben kähme / oder was dessen Inhalt währe / sondern nach dem er ausgeraset hatte / fragete er Valikules / ob er in der Rükreise bey Phraortes gewesen währe; O nein / antwortete er / es währe mir zu ferne dahin / und nicht zurahten gewesen / massen ich nicht weiß / wessen Eure Hocheit sich zu ihm zuversehen hat / weil sich heimliche Abgesanten von dem abtrünnigen Persen bey ihm finden liessen / mit denen man / wie ich ohngefehr hörete / gnug gefährliche Sachen handelte /daß Eure Hocheit ihm im grunde nicht zutrauen hat; Zwar er stellete sich gegen mich zimlich / aber / dafern er / wie man ausgeben wil / ein Glied der abtrünnigen Verbündniß seyn solte / dürffte ich schier nicht zweifeln / er hätte seinen Reutern selbst befohlen /das Bubenstük zubegehen. Eben das sind auch unsere Gedanken / antwortete der König / daher wir gelegenheit finden werden / uns[867] an diesem träulosen Buben zurächen / dem wir alle Königliche milde Gnade erzeiget; Weil du aber so grosse Zuversicht auff die Hofmeisterin setzest / welche dorther kömt / kanstu dich bey ihr melden. Er verrichtete solches auffs bestẽ / rühmete ihre Weißheit / durch welche sie bey seinem Gn. Fräulein in so hohem ansehen währe / klagete ihr sein Unglük mit wehmütigen Worten / und baht / daß sie sein Vorsprach seyn / und der Fräulein Gnade ihm erwerben wolte; Worauff er ihr allen Verlauff erzählen muste / und sie ihn hieß getrost und gutes muhts seyn / sie wolte es schon wissen recht zukarten / und müste er ihren ersten Eifer vorbey gehen lassen / und ihr nicht so bald vor die Augen kommen. Artabanus foderte sie nachgehends absonderlich vor sich / und fragete nach der Fräulein Wolergehen / da sie dann deren hohe Liebe gegen den König nicht gnug zurühmen wuste / gab vor / sie zürnete nicht wenig auff ihre Fr. Mutter / welche sie aus Unbedachtsamkeit der Göttin Vesten verlobet / uñ sie hiedurch von dem hochgewünscheten Beylager so lange währe aufgehaltẽ worden / zählete alle Tage der übrigen Wochen /und begehrete nichts liebers als deren Erfüllung; auff ihren dumkühnen Bruder und Oheim aber währe sie noch dergestalt erbittert / daß der gefassete Haß unversöhnlich schiene. Wir erfreuen uns des guten Willens / antwortete er / werden es auch zuvergelten unvergessen seyn; aber kommet doch ihrem Diener Valikules bey ihr mit einem guten Worte zu hülffe / nachdem der arme Tropff an solchem Unfall allerdinge unschuldig ist / dann sonst würde er sich nicht wieder eingestellet haben / und vermeldet ihr unsere Gnade und Gewogenheit. Als sie nun wieder von dem Könige ging / folgete ihr Valikules nach / fragete nach der Fräulein Wolergehen / und baht / nach erhaltener Gnade ihm auff morgen früh einen Zutrit zu ihr zumachen / damit er sich selbst bey ihr entschuldigen könte. Ja / sagte sie / dafern Ihrer Gn. es von mir nur kan eingeprediget werdẽ / daß sie euch ihr Angesicht sehen lasse. Solte Ihre Gn. sich dessen so hart weigern / antwortete er / so zeiget ihr an / ich habe etwas von ihrem Bruder und Oheim auff der Rükreise erfahren / welches ich zuvor Ihrer Gn. offenbahren müsse /ehe es dem Könige gemeldet werde. Dieses dürffte euch helffen / sagte sie / jezt aber habe ich nicht länger Zeit mit euch zuredẽ / weil ich fremde Krämerinnen auszuhören von ihrer Gn. befehlichet bin. Er verwunderte sich / dz schon so gute Anordnung gemacht wahr / ließ sich doch nichts merken / dann er seine beyden ädelknaben schon verkleidet / und mit ihren Kramlädichen auff die Schloßgasse gestellet / welche die Hofmeisterin ersehend / alsbald fragete / was vor Waaren sie feil trügen. Die eine / so überaus geschwätzig und verschlagen wahr / antwortete: Sie hätten allerhand fremde kostbahre Sachen erst vor wenig Stunden aus Indien gebracht / desgleichen dieser ends wenig / oder wol gar nicht zufinden währen / bähten sehr / Ihre Gn. möchte ihnen gute Kundschafft zur Handelung geben / welches sie mit einer möglichen Verehrung vergelten wolten. Mich bewäget eure Verehrung nicht / antwortete sie / aber stellet euch morgen früh zeitig vor jenem zierlichen Schlosse ein / daselbst wil ich eurer wahr nehmen / und euch guten Verdienst schaffen. Ihr aber / sagte sie zu Valikules /lasset euch bey ihnen findẽ / so kan ich euch wissen lasen / wessen mein Gn. Frl. gegen euch gesiñet sey; ging damit nach dem Schlosse / uñ Herkules mit den Krämeriñen nach seiner Herberge / denen er annoch nit eigentlich vertrauet hatte / wozu er sie gebrauchen wolte / biß des folgendẽ Morgens nam er sie in Gallus uñ Timokles gegenwart vor sich / uñ redete sie folgẽder gestalt an: Wolauf ihr[868] ädle geherzte Jůnglinge /heut diesen Morgẽ sollet ihr euch bey eurem GroßFürstẽ Artaxerxes / wil nit sagen bey mit / dergestalt beliebet machen / dz eure Glukseligkeit aller andern eures gleichen weit übertreffen sol; dann die allertreflichsten Herrschafften in ganz Persen / Meden und Assyrien sollen zu eurer freien Wahl stehen / welches ich euch bey meinen Groß-Fürstlichen Ehren verspreche. So höret nun / was vor geringe Dienste ich von euch fodere; Jezt sollet ihr die Krämer Kleider wieder anlegen / mit euren bewusten Waaren euch vor das bezeichnete Schloß verfügen / und auf einem absonderlichen Gemache dem Frauẽzimmer alles feil bieten; diese nun müsset ihr mit kurzweiligen Reden und kauffdingungẽ / auch abwechselung der gezeigeten waaren etliche Stunden lang auffzuhalten wissen /nach deren verlauff / ob ihr gleich weder Waaren noch Gelder mit bekähmet / sollet ihr die Kramer Kleidunghie in der Herberge ablegen / und mir des bezeichneten Weges nachrennen. Die Jünglinge bedanketẽ sich des hohen Versprechens / wolten schon wissen den Sachen recht zu tuhn / und alles nach Wunsch zu verrichten. Also muste der eine zwey Kleider übereinander anzihen / daß das Fräulein könte bekleidet werden / und hielten Gallus und Timokles sich zum schleunigsten Auffbruch fertig / nachdem sie den Wirt zu Dank vergnüget hatten. Des vorigen Abends hatte die Hoffmeisterin ihrer Meinung nach trefliche Mühe / ehe und bevor sie dem beraubeten Valikules völlige Gnade bey dem Fräulein erweckẽ kunte / dann wie sie dessen Bitte und flehliches Ansuchen bester massen anbrachte / seine Unschuld beschrieb / und daß nicht allein der König ihm gänzlich verzihen / sondern auch gnädigst begehret / eine Vorbitte bey ihrer Gn. seinetwegen einzulegen / antwortete sie: O mein gnädigster König und ihr / geliebte Freundin / seid gar zu gnädig; solte man einem solchen unvorsichtigen Menschen so bald verzeihung zusagen? Nein so schlecht muß er mir nicht entwischẽ; wer weiß / ob er auch unschuldig ist? ja wer weiß ob es nicht eine angelegte Karte seyn möchte? Ich wil schon wissen / durch allerhand tieffe Nachfragen ihn auff die Bewehrung zustellen / befinde ich ihn dann in seiner Verantwortung wanken / alsdann tröste ihn Gott; mit dieser Hand wil ich ihm seinen verdienten Lohn geben; trauen 15 Tonnen Goldes lassen sich so leicht nicht verschmerzen /daß man nicht eins Kundschaft abgehen lassen solte. Ach mein gnädigstes Fräulein / sagte die Hoffmeisterin / eure Gn. wollen sich nicht ohn Ursach eifern /noch über ihren geträuen Diener einen unverdieneten Zorn fassen; betrachtet / bitte ich / daß er so from gewesen / und sich wieder eingestellet hat / steckete er in Schuld / würde er entweder gar mit andern davon gelauffen seyn / oder zum wenigsten bey euer Gn. unfreundlichem Bruder Schuz gesuchet haben; wolle demnach eure Gn. sich gefallen lassen / ihn Morgen früh zu hören / und auff befindung seiner Unschuld (woran ich nicht zweifele) ihm Gnade erzeigen; und O wie glükselig würde ich mich schätzen / wañ ich vernehmen solte / daß nicht allein des Königes / sondern auch meine unwirdige Vorbitte stat und raum gefunden hätte. Valiska saß ein wenig als in Gedanken /und gab hernach zur Antwort: Valikules Valikules /du hast einen guten Engel angebehtet / der dir gerahten hat / diese kräftige Vorbitterin anzusuchen; dann versichert euch / meine geliebte Freundin / dz ich mehr euer Ansehen / als meines Dieners Schuld oder Unschuld bey mir gelten lasse / massen vor eure Wolfahre so viel Geld in die Schanze zuschlagen / ich mich nicht lange bedenken würde; so sey er demnach schuldig oder unschuldig / ihm muß euret / ja bloß allein[869] euret wegen verzihen seyn / wiewol michs erfreuet / daß beydes ihr und mein König ihn vor unschuldig haltet / und ihr vor einen schuldigen zu bitten euch nicht bewägen lasset; also werde ich ihn zu hören mich ferners nicht wegern / aber solches muß morgen in aller frühe geschehen / gestaltsam ich heut ohngefehr in meinem Jahrbuche gefunden / daß Morgen der unselige Tag ist / an dem mein geliebter Herr und Vater Todes verblichen / welchen ich jährlich mit fasten und behten in aller Einsamkeit zu begehen pflege / auch Morgen also begehen wil; solte er nun vor sieben Uhr sich nicht einstellen / alsdann kömt er umbsonst / und erinnere ich euch bey meiner Hulde und Freundschaft / daß kein Mensch / wer der auch seyn mag / den ganzen Tag über biß an ben Abend mich in meiner Andächt störe / biß ich euch selber zu mir ruffen werde. Die gekauften Waaren können mir des folgenden Tages noch zeitig gnug gezeiget werden / nur daß ich sie bey den Krämerinnen / ehe sie gekauft werden / sehen möge. Wer wahr froher als die Hoffmeisterin / die sich hierüber dermassen auffbließ / daß sie meinete / sie würde dereins mit ihr in gleicher Herrschaft sitzen / daß sie auch bey den andern dreyen Frauen / die mit im Frauenzimmer wahren /aber selten zu dem Fräulein gefodert wurden / sich desselben Abends noch einiger gewalt und botmässigkeit anmassen durfte / in dem sie ihnen gnug trotzig befahl / was sie tuhn und lassen solten; deren eine aber ihr mit Sanftmuht antwortete; Sie möchte sich der hohen Gnade / welche sie bey dem Fräulein erlanget / nicht überheben / vielweniger mißbrauchen / es könte leicht geschehen / daß auf hohes steigen ein tieffer Fall erfolgete. Die Nacht über ruhete das liebe Herz gar wenig / massen ihr / so bald sie ein wenig eingeschlummert wahr / nicht anders gedauchte / als währe sie in voller Flucht begriffen / da eine grosse menge Reuter sie verfolgeten; solches kam ihr zu dreyen unterschiedenen mahlen vor / da sie allezeit sich in herzlicher Andacht zu Gott kehrete / und umb glüklichen Fortgang baht / stund offters aus dem Bette auff / legte sich auff die blosse Erde / und taht ihr Gebeht mit solcher Andacht / daß sie morgens die Trähnenzeichen auff der Erden sahe. O mein gnädiger Gott und Heyland / also behtete sie / erbarme dich deines armen Geschöpffes / sihe an mein Vertrauen /welches ich auff deine gnädige Hülffe gegründet / uñ errette mich aus der Hand dieses gottlosen Artabanus / wie du den unschuldigen David aus Sauls Händen gerissen hast / zeug mich mit dem keuschen Joseph aus dem Gefängnis / und mit der Tugendliebenden Susannen erledige mich aus ehebrecherischen Händen; gib nicht zu Herr /daß ich in schanden verderbe / straffe mich nicht in deinem Zorn und züchtige mich nicht in deinem Grim /dann Herr ich hoffe auff dich / darumb werde ich nicht fallen / ich harre des Herren / darumb wird er sich zu mir neigen. O Herr Gott höre das Gebeht und die heissen Seuffzer deiner elenden Magd / und verbirge dich nicht vor meinem flehen / gib mir Flügel / die mich aus diesem gefährlichen Gefängnis führen / zeige mir den Weg den ich wandeln sol / und geleite mich mit deinen Augen / so wil ich vor deine Gnade dir meiner Lippen Opffer mit herzlicher Danksagung darlegen / und deine unaußsprechliche Güte hin und wieder bekant machen Amen. Nun Herr deine Güte sey über uns / wie wir auff dich hoffen Amen.

So bald sie die ersten Zeichen des Tages hervor blicken sahe / machte sie sich aus ihrem Lager /schlug Feur / und bey einem Lichte setzete sie dieses Zettel auff: Geliebte Hoffmeisterin / werte Freundin /demnach der langgewünschte Tag meiner Erlösung kommen / und ich heimlich davon geschieden bin / wil ich euch träulich rahten / ihr machet euch mit eurem Sohne bey zetten aus dem Staube / und meldet ja meine Flucht niemand an / da ihr deren am ersten inne werdet / es dürffte euch sonst das Leben kosten / weil ihr euch von mir habt hintergehen lassen. Auff was Weise ich davon kommen bin / ist unnöhtig euch anzudeuten / werdet ihr euch aber bey mir angeben / wo ich seyn werde / sollet ihr von mir unbeschenket nicht bleiben.[870]

Nachgehends weckete sie ihre Leibdienerin / daß sie ins gemeine Frauenzimmer Gemach / ihrem gebrauche nach / ginge / und sie raum hätte ihr Gebeht und Andacht zu verrichten; blieb darauff eine Stunde in ihrem herzlichen Gebeht / und legte keine Kleider /ohn den SchlaffRok an / damit sie mit dem Kramer Kleide desto schleuniger fertig werden könte; und als sie ihr Herz völlig geschikt hatte / das äusserste zu wagen / auch / da es mißlingen solte / den Tod mit frölichem Herzen auszustehen / rieff sie der Hoffmeisterin / und fragete / ob Valikules sich einstellen würde. O ja gnädigstes Fräulein antwortete sie / nach dem ich schon gestern Abend ihm nebest den beyden Krämerinnen einen freien Zutrit bey dem Könige erhalten / wartet er in deren Geselschaft haussen schon eine Stundelang auff / ob euer Gn. gelieben möchte /ihn vorzufodern. Das Fräulein empfand nicht eine geringe Furcht im Herzen / fragete / ob das Frauenzimmer die Kauffhandelung gerne angenommen hätten /und als sie vernam / daß ihnen selbst darnach verlangete / hieß sie Valikules nebest den Krämerinnen herzu führen. Dieser hatte Zeit seines Lebens nie einen so furchtsamen Gang verrichtet; zwar seine Augen sahen das Schloß / sein Herz aber Gott im Himmel an / daß er ihm möchte gnädig und behülflich seyn / auffdaß er sein allerliebstes Gemahl nicht in den Tod stürzete / an stat er vorhabens währe sie zuerlösen. Er hätte aber keine verschlagenere Buben als diese beyden zu seinem Vorhaben wählen können /welche noch ein kleines einfältiges Mägdlein auß der Herberge mit sich genommen hatten. Als sie ingesamt auff den VörderSaal kahmen / zeigete die Hoffmeisterin dem Fräulein ihre Gegenwart an; welche zur Antwort gab / sie wolte Valikules vor hören / und hernach die Waaren besichtigen. Derselbe trat nun auff Befehl zitternd ins Gemach / taht ihr einen Fußfal / und sagte: Durchl. Fräulein / euer Durchl. unglükseliger Knecht Valikules / hat leider wegen seiner ungeträuen Gefårten / den aufferlegten Befehl nicht verrichten mögen / wie er wol gewünschet / uñ sich äusserst bemühet hat / hoffet demnach / bey derselben in ansehung seiner Unschuld / Gnade zuerhalten / und wil doch auff wiedrigen Fall lieber in Unschuld sterben / als unter dem Nahmen eines ungeträuen Verrähters davon streichen. Schöner Herr / antwortete sie /du weist dein Wort wol zu machen / daß du keines Vorsprachs bedarfst / aber danke dieser meiner geliebten Hoffmeisterin / daß ich weitere Nachfrage unterlasse / und bloß umb ihret willen dein verschone; so stehe nun auff / nach dem ich heut mit wichtigen Geschäften beladen bin / und nicht Zeit habe / dich lange zu hören. Valikules bedankete sich der erteileten Gnade / bezeugete seine Unschuld / und erboht sich zu fernerem Gehorsam; wendete sich hernach zu der Hoffmeisterin / küssete ihr die Hände / und bedankete sich sehr wegen getahner kräftiger Vorbitte /welches er nimmermehr aus seinem Gedächtnis kommen lassen wolte. Er stellete sich / als wolte er davon gehen / aber das Fräulein hieß ihn etwas warten / und befahl der Hoffmeisterin / daß die Krämerinnen herein geführet würden. Diesem ward alsbald folge geleistet / da nach wünschung eines gutẽ Morgens die eine anfing ihre Waaren hoch zu loben / und sagete: Schöne Jungfer wollet ihr mir den Kram abkauffen? ey lieber käuffet / ich wil mich wol handeln lassen; mein Zehrgeld habe ich auff der weiten Reise alles vertahn /daher muß ich etwas wieder lösen / dz ich aus der Herberge kommen kan; der leidige Krieg sperret den Handel gar / daß wir armen Krämer gar darüber an den Bettelstab gerahten / und noch wol gar aus der Welt lauffen[871] müssen. Ey lieber / schöne Jungfer /käuffet mir den Kram ab / ich habe gute frische Waaren / die wil ich sehr wolfeil geben / daß ihr mir nach diesem mehr abkäuffen möget. Das Fräulein / ungeachtet sie mit viel wichtigern Gedanken umbging /kunte das Lachen doch nicht lassen / und sagte zu der Hoffmeisterin / lasset die eine ein wenig bey mir / uñ nehmet die andere mit euch / ich wil sie euch bald nach schicken; aber / wie gesagt / daß mich kein Mensch vor Abends in meiner Andacht störe. Damit wahr nun diese Auffseherin abgeschaffet / die Krämerin zog das ober Kleid geschwinde ab / reichete es dem Fräulein / und sagete: Da Jungfer / brauchet es gesund und stark; und weil sie eine Kramerlade in die andere gesetzet hatte / gab sie die ledige von sich /und ging mit der gefülleten nach dem Frauenzimmer /da sie zu ihrer Gesellin sagte: Schwester / wie gehet dirs bey diesen schönen Jungfern? jene saursichtige hatte entweder nicht außgeschlaffen / oder ihr Bräutigam wahr ihr hinte nit nahe gnug gewesen; ich habe kein gut Wort bey ihr erhalten / viel weniger einen Heller gelöset; weil ich nun fürchtete du möchtest mir die besten Fische hinweg angeln / habe ich folgen wollen. Herkules da er sich mit seinem Gemahl allein befand / fiel mit ihr auf die Knie / und rieffen Gottes Barmherzigkeit inbrünstig an / daß er ihnen helffen /und gnädiglich verhüten wolte / damit ihretwegen kein unschuldig Blut vergossen würde; nachgehends sagte er zu ihr: Stehet auff mein Schaz / unsers bleibens ist hie nicht länger / und schämet euch nicht /dieses unwirdige Kleid anzulegen / und euren Rücken mit dieser Kramer-lade zu beschweren. Er striech ihr alsbald das Haar / Angesicht / Halß und Hände an /und als alles am Fenster in der Sonne trocken worden / und sie gnug gefärbet wahr / dz sie vor dem Spiegel sich selbst nicht kennete / zohe er ihr das Kramer Kleid an den Leib / grobe besudelte Strümpffe an die Beine / heßliche Schuch an die Füsse / stürzete ihr eine gemeine Weiber-Mütze auff / gleich wie die beyden Krämerinnen trugen / und band ihr das Lädichen auf den Rücken / welches sie mit den allerköstlichsten Kleinoten gefüllet hatte / so viel sie mit gemach tragen kunte. Als sie allerdinge fertig wahr / fing sie an: O du barmherziger Herr JEsus Christ / geleite uns mit deinen heiligen Engeln / daß wir in dieser Verstellung nicht ergriffen werden / sondern unerkennet hindurch ko en mögen. Wozu er ein andächtiges Amen sprach: Öffnete die Tühr des Gemaches in aller stille /und schauete sich umb ob irgend ein Auffmerker vorhanden währe / und als alles sicher wahr / winkete er ihr / da sie mit verwirretem Gemühte / doch voller Andacht / nicht anders als im halben Schwindel ihm auf dem Fusse nachtrat. Sie wuste sich Krämerisch gnug zu stellen / ging durch alle drey Wachten ungehindert fort / nur daß sie in der äussersten befraget ward / was sie feil trüge. Aber sie antwortete ihnen kein Wort / sondern Herkules sagte / weil sie von dem Könige mit grossen Kostbarkeiten zu dem Fräulein geschikt währe / würde man sie ungerechtfertiget lassen: worauff sie alle erstummeten / und nicht in geringe Furcht gerieten. Sie eilete inzwischen auff der Gasse / ob hätte ihr der Kopf gebrennet / daß Herkules ihr kaum folgen kunte / und weil sie ihren Timokles vor der Herberge stehen sahe / ging sie dahinein /und sagete zu ihm: Gott lob ich bin eine glükselige Krämerin worden; Er hätte sie nicht gekennet / aber die Sprache verstund er alsbald / nam ihr deßwegen die Bürde ab / und kam Herkules darzu / welcher befahl alle Sachen in einen Wetscher zu tuhn / und fest hinten auffs Pferd zu heften / ging mit ihr auff sein Gemach / herzete und küssete sie daselbst / und sagete: Bißhieher[872] hat uns der HErr / uñ schon mehr als halb geholffen; reiß ihr die Kleider vom Leibe / legte ihr ein Manneskleid von gutem Leder / und einen festen Panzer an / ein Schwert an die Seite / Stiefeln und Sporn an die Beine / und einen grauen Medischen Reit Rot umb den Leib. Darauff genossen sie etliche kräfftige eingemachte Sachen / auch etwas Brod und Fleisch / tahten einen guten Trunk gewässerten Wein /und setzeten sich in Gottes Nahmen zu Pferde / ritten algemach durch die Stad / und so bald sie im freien Felde sich befunden / gaben sie ihren Pferden die Sporen / und jageten den ganzen Tag dermassen fort /daß sie nicht ruheten / ohn daß sie zweimahl frische Pferde nahmen / und weder an Speise noch Trank gedachten. Valiska rennete stets neben ihrem Herkules daher / und tahten nichts / als daß sie Gott mit tränen den Augen danketen / und umb fernere Hülffe anrieffen; insonderheit stimmeten sie den 34 Psalm Davids an / welchen Herkules in teutsche Reimen gesezt /und vor seinem ersten Abzuge von Charas ihr denselben zugestellet hatte / daß sie ihn beyde außwendig singen kunten / welcher also lautete:


1

Ich wil forthin des HErren Preiß

Erheben was ich kan und weiß /

Und seinen Ruhm im Munde führen /

Den meine Seel ist freuden vol

Die sich des HErren rühmen sol /

Wie ihr rechts wegen wil gebühren.


2

Auff daß es der Elenden Schaar /

Die sonst in grossem trübsal wahr /

Mag hören / und sich hoch erfreuen;

So preiset nun den Herrn mit mir /

Last miteinander für und für

Uns seines Nahmens Lob verneuen.


3

Als ich in meiner grossen Noht

Demühtig suchte meinen Gott /

Wahr er mit Antwort mir nicht ferne;

Die grosse Furcht nam er mir ab /

Als ich zu ihm mich hin begab /

Und wahr mein Gott und Retter gerne.


4

Die nur auff ihn hinsehen frey /

Und rennen hin zu ihm ohn scheuh /

Der Angesicht wird nicht zu schanden.

Wie dieser Schwacher ihn an rieff /

Da ihn die harte Noht begriff /

Wahr Gott zu helffen bald verhanden.


5

Es lagert Gottes Engel sich /

Umb die ihn fürchten ängstiglich /

Und rettet sie aus allem Grauen.

Komt / schmekt und sehet / wie geträu

Und freundlich unser Gott doch sey /

Wol denen die fest auff ihn trauen.


6

Den HErren fürchtet allezeit

Ihr / die ihr Gottes Kinder seid /

Last euch vom Gottes Dienst nicht treiben.

Dann die ihn fürchten / leben wol

Kein gutes ihnen mangeln sol;

Sie werden wol ohn Kummer bleiben.


7

Die jungen Löuen / ob sie sind

Vor Wüten gleich als tol und blind /

Die müssen doch im Hunger darben;

Die aber Gott zu suchen gehn /

Hat man nie Mangel leiden sehn /

Sie ernten lauter volle Garben.


8

Ihr lieben Kinder hört mir zu /

Ich wil euch führen hin zur Ruh /

Und wahre Furcht des HErren lehren.

Wer ist / der gute Zeit begehrt /

Die weder Angst noch gram verzehrt?

Der wolle dieses fleissig hören.


9

Halt deine Zunge wol im Zaum /

Und gib den Lippen keinen Raum /

Betrug und Lügen anzusagen;

Laß böses ferne von dir seyn /

Und gehe gern den Frieden ein /

Den sey bemühet zu erjagen.


10

Des HErren Augen sehen drauff /

Ob die Gerechten seyn wol auff;

Ihr Schreien klingt vor seinen Ohren;

Sein Antliz aber ist gekehrt

Hin über den der gottloß fährt /

Das sein Gedächtnis sey verlohren.


11

So bald er das Geschrey vernimt /

Daß vom Gerechten zu ihm kömt /

Hat Er sein Ohr schon hingestrecket /

Er muß aus aller seiner Noht /[873]

(Und hätt' ihn schon der bleiche Tod)

Zur Freude wieder seyn erwecket.


12

Gott nahet sich zu denen hin /

Die büssend brechen ihren Sinn /

Zuschlagner Geist ist seyn gefallen;

Und ob der Fromme leydet viel /

Ist solchem doch gesezt ein Ziel /

Dann Gott hilfft ihm aus diesen allen.


13

Es wird ihm sein Gebein bewahrt /

Und währ es gleich noch eins so zart /

So muß doch dessen keines brechen;

Das Unglük würgt der bösen Muht /

Und wer den Frommen arges tuht /

An dem wird Gott sich heftig rächen.


14

Die Seele seiner Knechte macht

Der HErr loß von der Hellen acht /

Er kan ihr Leyden nicht erdulden /

Und die sich wenden zu ihm her /

Verderben nun und nimmermehr /

Sie bleiben frey von allen Schulden etc.


Unsere beyde Krämerinnen hatten unterdessen ihr abenteurliches Affenspiel mit dem Frauenzimmer / lobeten anfangs ihre Waaren wolfeil / und wann nicht desto weniger jene gar geringe bohten / sagten diese /sie hätten sich verrechnet / und müste ein halb mahl mehr gelten / als sie es ausgebohten hätten / weil sie in die Land Münze sich nicht zuschicken wüstẽ; wann dann jene gar zu liederlich hohten / stelleten sich diese / als hätte man ihnen gar in die Ehre gegriffen /legetens wieder zusammen als im Zorn / und breiteten es doch bald wieder aus / sprechend: bedenket euch doch der Sünden / daß ihr uns vor so herliche Waaren ein so geringes Geld wegert; ja wann wirs hernäst nur wieder umb diesen Preiß einkäuffen könten / wolten wir uns glüklich schätzen; Die Noht treibet unß vor dißmahl / sonst währen uns diese Waaren umb so liederlich Geld nicht feile; Ja ich gläube / sagte die eine /wañ wir euch unsere Güterchen umsonst anböhten /nähmet ihr sie nicht / wo wir euch nicht Geld zugeben würden; O ihr Jungfern / seyd doch nicht so karg / als die vier Frauen / ihr werdet sonst euer lebelang nicht zu heyrahten kommen. Das Frauenzimmer zulachete sich des Gewäsches wol / endlich nach langem Gezänke / wurden sie des Kauffs eins / und gaben ihnen alle Waaren umb 1500 Kronen / nahmen nach Verlauff vier Stunden abscheid / mit vorwenden / sie wolten mehr Sachen herzu hohlen / und inzwischen das kleine Mägdlein bey ihnen lassen / dem sie bey der Mahlzeit ein stük essen geben möchten. So bald sie aber in ihrer Herberge sich befunden / legten sie ihre Kleider an / und nach eingekaufften Speisen / so viel sie füglich bey sich führen kunten / als dessen sie befehl hatten / jageten sie mit ihrẽ schnellen Pferden den bekanten Weg ungeseumet fort / und erfreueten sich nicht wenig der gelöseten Gelder. Als die späte Nacht einfiel / und Herkules zehn Meile fort gerennet wahr /hatte er keine Stad noch Flecken in der nähe / sondern muste zur rechten Seiten ab aus dem Wege reiten / da er ein geringes Dörflein ligen sahe / in welches sie einkehreten / und von ihren mitgeführeten Speisen mit aller Lust assen / auch mit einem WasserTrunk gerne vorlieb nahmen; Nachgehends ließ Herkules eine Sträu vor sich und das Fräulein in einer verfallenen Kammer machen / aber viel sanffter dauchte ihr diese Ruhe in den Armen ihres Herkules / als auff dem bißher gehabten Königlichen Lager. Dem Frauenzimmer auff Valisken Schlosse wehrete die Zeit lange / als die Krämerin in die vierde Stunde nach ihrem Abscheide nicht wieder kahmen / meyneten endlich / sie würden frische Käuffer angetroffen haben / und liessen das Mägdlein auch lauffen / welches seine Wohnung wol zufinden wuste. So mißdäuchte auch der Hofmeisterin die Zeit / daß sie von dem Fräulein nicht gefodert ward / dann der Abend wahr schon eingebrochen / da sie doch noch die allergeringste[874] Speise nicht genossen hatte; also ging sie leise nach ihrem Gemache / und horchete an der Tühr / ob sie etwas vernehmen möchte; klopffete endlich leise / und immer härter an / vernam aber durchaus nichts / und befahrete sich daher /es möchte ihr etwa eine Ohmacht wegen des langen fastens zugestossen seyn / wo sie nicht aus Müdigkeit eingeschlaffen währe; nahm endlich ihren Häupt Schlüssel / und öffnete die Tühr / uñ als sie niemand in der Stuben sahe / wolte sie die inner Kammer öffnen / ward aber des angeklebeten Zettels an derselben Tühr gewahr / welches sie lase / und die Einbildung fassete / das Fräulein wolte sie prüfen / wie heut das übrige Frauenzimmer / wiewol ihr das Herz schon zuzittern anfing; weil sie dann auch in der Schlafkammer niemand fand / schlug sie ihre Hände zusammen /und sagte: O weh O weh mir armen und elenden / nun muß ich doch samt meinem einigen Sohn eines grausamen abscheulichen Todes sterben / dafern wir uns nicht durch die flucht erretten; fassete in der Noht ein Herz / ging in das gemeine Zimmer / und meldete der Fräulein Leibdienerin an / weil Ihre Gn. etwas unpaß wäre / müste sie bey derselben diese Nacht bleiben /und solte sie derweil sich nach ihrem Lager verfügen; welches zwar dem Frauenzimmer ungewohnt vorkam / aber doch keine weitere Gedanken ihnen darüber macheten. Weil ihr dann allemahl frey stund / vom Schlosse zugehen / nam sie ihre besten Kleinot zu sich / ging zu ihrem Sohn in seine Herberge / und sagte zu ihm: O du mein liebes Kind / nun hilff / daß wir beyde unser Leben retten / sonst müssen wir ohn alle Gnade sterben; Ach ach / unser Königliches Fräulein ist heut heimlich ausgerissen / welche mir zuhüten anvertrauet wahr; so sattele nun alsbald deine beyden Pferde / nim deine besten Sachen zu dir / und gib mir ein Mañes Kleid / so wollen wir noch diesen Abend uns nach Hirkamen zu deines Vaters Bruder auff den Weg machen / ob wir verhoffentlich durchkommen / und unsere Seele erretten möchten. Der Jüngling erschrak der Zeitung / und stund wie ein Trunkener; aber als die Mutter ihn der Gefahr erinnerte / machte ers nach ihrem Willen / setzeten sich auff /und ritten mit einander zur Stad hinaus / gleich da man die Tohre schliessen wolte / dann weil man ihn als einen Königlichen Ausreiter kennete / ließ man ihn mit seinem Gefärten unbefraget frey zihen; die Wege wahren ihm sehr wol bekant / so gab der volle Monde ihnen Schein genug / daß sie die ganze Nacht reiten kunten / und solcher gestalt sich dem Tode entrissen. Des folgenden Morgens / eine Stunde vor der Sonnen Aufgang / weckete das Fräulein ihren Herkules sitsam auf / und sagte: Höchster Schatz / wir wer den dereins bessere Zeit zur Ruhe haben / vor dißmahl aber wird das sicherste seyn / daß wir uns in die Kleider bringen / und unsern Weg verfolgen. Herkules fuhr aus tieffem Schlaffe auff / umfing sie freundlich / und gab zur Antwort: Ich weiß nicht / wie mir Gott in dieser grossen Gefahr so sanffte Ruhe verleihet / es währe dann / daß die gröste Last meiner Sorgen mir vom Herzen gefallen ist / nachdem ich meinen allerwerdesten Schatz aus dem Königlichen Schlosse in ein elendes Bauren Hüttlein geführet /weswegen sie mir nicht unbillich auffsetzig ist. Ja /antwortete sie / vielmehr hat meine innigliche Wollust ursach gnug mich zu hassen / nachdem ich heßliche schwarze Krämerin ihn der schönsten Fräulein Lukrezien oder Sibyllen beraube. In diesem verliebeten Gespräch verharreten sie ein halb Stündichen legten hernach ihre Kleider an / und fertigten sich zur Reise. Als sie gleich auffsitzen wolten / höreten sie ein hartes Geklopffe an der Haus Tühr / da Timokles fragete / wer da währe.[875] Bald mache auff / antwortete einer haussen / oder wir wollen dich in stücken zerhauen. Nun helffe uns der allmächtige Gott / sagte Herkules /wir sind ohn zweifel ausgekundschaffet; lief zur Tühr / und baht / sie möchten Gemach tuhn / wann sie herein wolten / er könte die versperrete Tühr so bald nicht öfnen; hieß Gallus durch ein Loch sehen / wie viel haussen währen / und trug er inzwischen neben Timokles Holz / Stüel und Bänke zu / damit sie sich inwendig verbolwerketen / biß Gallus Zeitung brachte / es wåhren auffs höchste sechs oder sieben zu fusse mit kurzen Schwertern. Ey so habẽ wir keine Noht /antwortete er / setzete den Helm auff / fassete Schild und Schwert / und fragete mit ernstlicher Stimme /was ihr begehren währe. Wiltu es wissen? antwortete einer; Es sind nechten Abend etliche Pferde herein geführet / die stehen uns zu. Du wirst dich sehr irren /wiederantwortete Herkules in dieser Hütten ist nicht das geringste / wozu du Ansprache hast. Diese dräueten darauff allen den unsern den Tod / und fingen an der Tühr zubrechen; aber Herkules ging in aller stille zur Hinter Tühr hinaus / und hieß Gallus mit dem Schwert folgen / neben welchem das Fräulein sich hinaus drengete / überfiel auch mit Herkules zugleich diese Räuber unversehens / daß deren fünffe fast im Augenblik gestrekt lagen / und die zween übrige umb Lebensfristung bahten / legten auch das Gewehr nider / und zitterten wie ein Espenlaub. Bekennet mir / sagete Herkules / wo ihr sonst Gnade hoffet / ob eure Geselschafft in der nähe grosser sey. Ja / antworteten sie / gar zu himerst im Dorffe halten sich zehne im Wirtshause auff / welche uns / eure Pferde zurauben /abgeschicket haben. So müsset ihr auch unsere Verrähter nit seyn / sagte das Fräulein / und legete sie in zween Streichen zur Erden / dessen nicht allein Gallus / sondern Herkules selbst sich verwunderte / und zu ihr sagete: Geliebtes Herz / ihr habt recht geurteilet /und ist besser / sie sterben umb ihre Bosheit / als daß wir durch sie in grössere Gefahr gerahten; stiegen hiemit zu Pferde / welche diese Nacht wol gefuttert wahren / und ritten in aller Eile nach dem Heerwege / den sie gestern Abend verlassen hatten. Als sie auff demselben wieder anlangeten / sahen sie zween Reuter vor ihnen her reiten / setzeten ihnen nach / und funden /daß es ihre beyde Krämerinnen wahren / worüber sie sich höchlich erfreueten / hiessen sie wilkommen seyn / und frageten / wie es ihnen ergangen währe. Gnädigster GroßFürst / antwortete Ochus der lustigste / hätten wir mehr Waaren gehabt / so hätten wir mehr Gelder gelöset / müssen uns vor dißmahl mit 1500 Kronen genügen lassen / die uns zur Beute worden sind; aber hat Eure Durchl. nicht das Konigl. Frl. in ihrer Geselschafft / daß bey dero Durchl. ich meiner begangenen Grobheit untertähnigste Verzeihung bitte. Mein Fräulein / antwortete Herkules / ist zum Reuter worden / welche aber bey Leib und Leben keiner melden sol / biß ichs ausdrüklich heissen werde. Der Jüngling merkete wer es wahr / sprang vom Pferde / küssete ihr den Stiefel / und baht untertähnigst / der unbehöfelten Krämerin allergnädigst zu verzeihen / als welche bißher bey Fürst- und Königinnen niemahls keine Waaren verkäufft hätte. So habt ihr auch von mir sehr wenig Geld gelöset / antwortete sie / und mir dannoch alle eure Waaren feil gebohten / ist demnach euer Vezeihungs-bitten ein lauter überfluß / uñ werde ich schon wissen / wie ich eure Waaren zubezahlen schuldig bin / dürffet mir aber kühnlich alle beyde trauen /daß ihr durch diese kurze Krämerey euch ein grösser Glük eingekaufft habt / als ihr noch zur Zeit nicht wisset / dann ohn andere Vergeltung / die euch versprochen ist / wil ich einem jeden eine Tonẽ Schaz[876] baar / und 25000 Kronen an Kleinoten verehren; setzet euch aber risch zu Pferde / dann unsere Wolfahrt bestehet auff der Eile. Diese bedanketen sich der grossen Verheissungen / ritten frisch fort / uñ gelangeten umb den Mittag in einem Flecken an / da sie abermal wolgeruhete Pferde bekahmen / assen von ihren Speisen / tahten einen Trunk darzu / und kahmen gegen Abend in ein Städlein / 22 Meilen von Charas / da sie die andere Nacht in guter Sicherheit ruheten / und Gallus sich vor den Herrn und einen Königlichen Gesanten halten muste.

Dieser Tag aber wahr zu Charas wol ein Tag aller Unruhe und herzkränkenden Leides / dann gegen den Mittag kurz vor der Mahlzeit / sante der König einen Kämmerling nach der Fräulein Schlosse / die Hofmeisterin herzuhohlen / weil ihn verlangete zuerfahren /was vor Valikules sie erhalten hätte; Er wahr diese Nacht durch unterschiedliche Tråume erschrecket /dann erstlich kam ihm vor / es hätte Valikules sich allernähest bey ihn an den Tisch gesetzet / und ihm die besten Speisen vorm Maule weg gefressen; bald darauff sahe er im Traum einen grossen starken Löuen mit einem Schafs Felle bekleidet / welcher ihm den allerschönsten Vogel unter allen / aus dem Bauer hinweg risse; und drittens dauchte ihn / es schösse Valikules einen grossen Balken mitten durch sein Königliches Zimmer / daß es gar übern Hauffen fiel / daß er auch im schrecken aufffuhr / und noch voller Schlaffes seinẽ Traum selbst überlaut also ausdeutete: Valikules / Valikules / du dürfftest uns noch schlimme Händel machen / welchem wir beyzeiten vorbauen müssen. Er hätte denselben auch früzeitig vor sich fodern lassen / wann er nicht diesen Morgen durch Ankunfft Vologeses und anderer Grossen daran währe verhindert worden / mit denen er die ganze Zeit zubrachte. Als sein Abgeschicketer auff Valisken Schlosse anlangete / fragete er nach der Hofmeisterin / und bekam zur Antwort / man hätte sie sider gestern Abend nicht vernommen / wäre diese Nacht der Fräulein Schlafgeselle gewesen / und meldete sich noch nicht / welches sie groß wunder nähme. Mit dieser Antwort / sagte der Diener / werde Ihrer Hocheit ich nit dürffen unter die Augen treten / und muß ihr des Königes begehren angezeiget / mir auch richtiger Bescheid erteilet werden. Wir leistetẽ solches gerne /antwortete die vornehmste Frau / müssen uns aber mehr vor der Hofmeisterin / als vor dem Fräulein selbst fürchten / massen sie wegen erworbener Gnade so hochmühtig worden / daß es unerträglich fallen dürffte / da es noch lange wehren solte. Endlich erbot sie sich / hinzugehen / und ihr zuruffen; horchete anfangs / und bald darauff klopffete sie leise an der Fräulein Gemach / welches sie / weil ihr nit geantwortet ward / zum dritten mahle wiederhohlete / endlich mit klarer Stimme rief: Fr. Hofmeisterin / Ihre Königl. Hocheit begehren eurer; Nachdem sich aber kein Mensch hören ließ / ging sie wieder auffs gemeine Zimmer / und sagete: Ich weiß trauen nicht / was ich immermehr gedenken sol; ich klopffe / ich ruffe / und vernehme nichts. So muß ich versuchen / sagte der Kämmerling / ob ich die schläfferige Frau nicht ermuntern könne. Ach ach / antwortete die Leibdienerin / diß gehet nimmermehr recht zu / mein Gn. Fräulein hat so festen Schlaf nicht. Der Diener entsetzete sich hierüber / klopffete doch dreymahl sehr hart an / und als sich niemand meldete / sagete er: O ich glükseliger / daß ich den widrigen Zeitung eigentlicher Briefträger nicht seyn darff / und seyd ihr klug / sagte er zu dem Frauenzimmer / so sendet etliche eures Mittels mit mir nach dem Könige / damit ihr euch alles Argwohns[877] entbrechet. Ey / antwortete eine Jungfer / nahmens Kleofis / solte hie Entschuldigung von nöhten seyn / werde ich gewißlich nicht dahinten bleiben. Hierauff wolten sie alle mit fort / wie auch unverzüglich geschahe / befahlen doch der Wache / inzwischen fleissige Auffsicht zu haben / daß niemand von oder auff das Schloß gelassen würde / wer der auch seyn möchte. Der König saß in seinem Gemache / und dauchte ihn / sein Diener bliebe über Gewohnheit lange aus / da ihm doch zueilen befohlen wahr; auch fielen ihm seine Träume wieder ein / deswegen er geboht / daß man Valikules ruffen solte / und begunte schon auff den abgeschikten Kämmerling zumurren /mit befehl / daß man ihm entgegen lauffen solte / kam aber gleich mit dem Frauenzimmer daher gezogẽ /welches der König durch ein GukFenster ersehend /überlaut sagete: Die Karte ist falsch / und muß sich ein neuer Unfall zugetragen haben / wo nicht unser Fräulein wol gar tod ist. Er ließ das Frauenzimmer ohn Verzug vor sich treten / und sagete zu ihnen: Aus was ursachen dürffet ihr so verwägen seyn / und ohn Erlaubniß von eurem Schlosse gehen? Diese fielen alle vor dem Könige nider / uñ hub die ansehnlichste Frau / nahmens Artakama / also an: Allergnädigster König / es treibet uns warlich weder Lust noch Ungehorsam / diesen beschwerlichen Gang zutuhn / sondern / nachdem die Hofmeisterin gestern Abend vorgegeben / das Königl. Fräulein begehre ihres Beyschlaffes / ist sie von uns hinweg gangen / und biß diese Stunde nicht wieder kommen; Weil wir dann auff Ihrer Königlichen Hocheit gnädigsten Befehl die Hofmeisterin hersenden wollen / und an der Fräulein Gemach viel klopffens und ruffens gemacht / aber keines einigen MenschenGegenwart verspüren können /stellen wir ingesamt uns ein / solches untertähnigst anzudeuten / damit auff unverhoffeten Unglüksfall /welchen die Götter gnädig abwenden werden / wir ausser Verdacht bleiben möchten / wie wir dann allerdinge unschuldig sind. Der König erzitterte vor Angst über diesem Vorbringen / und sagte zu seinem Hofmeister Bagophanes: Bald und geschwinde gehe hin /und vernim / wie die Sachen stehen / dann das Herz träget uns ein schweres Unglük zu / wollen nicht hoffen / daß sich noch einer unser Söhne habe dürfen gelüsten lassen / uns im Grase zu hüten / und unsers höchst wertesten Schatzes mutwillig zubegehren. Dieser währe lieber in den Tod gangen / dann ihm schwanete nichts gutes / insonderheit / weil Valikules sich nirgends fand / dem er doch im nahmen des Königes Befehl erteilet hatte / alle Vor- und Nachmittage sich im innersten Platze des Schlosses sehen zu lassen /welchen er auch allemahl in seinem Herzen höher als einen schlechten ädlen Ritter gehalten hatte. Auff empfangenen Befehl baht er den König mit wehmühtiger Rede / ihre Hocheit möchten sich allergnädigst belieben lassen / etliche des Frauenzimmers ihm zuzuordnen / ob vielleicht deren Hülffe uñ Beystandes er solte benöhtiget seyn; wie leicht hätte es geschehen mögen / daß einer oder andern / ja wol beyden eine Ohmacht zugestossen währe / wo nicht wol gar ein grösser Unglük. Und wie kömt es / sagte er / daß der schlauhe kühne Valikules sich weder gestern noch heut hat sehen lassen? Lieget auch unter dieser Schaffsdecke ein grimmiger Löue verborgen / welcher durch Gelegenheit verführet sich der Fräulein unvergleichlicher Schönheit etwa hätte dürffen gelüsten lassen / worüber / angesehen ihre Tugend / ein Unfall hätte können entstanden seyn? O schweige schweige /antwortete der König / du reissest uns mit solcher wiedrigen Wickerey das Herz aus dem Leibe / und dafern du ein Traumdeuter bist /[878] hat der leichtfertige Bube uns das Fräulein ohn zweifel entführet. So gehe nun hin / uñ nim zu dir / welche du wilt / damit wir hinter die Warheit kommen. Bagophanes stellete sich willig und baht um Gnade / dafern er / welches er nicht hoffen wolte / wiedrige Zeitung bringen solte. Mitlerweile daß dieser mit dreyen Jungfern und zween Kä erlingen hinging / fragete Artabanus das übrige Frauenzimmer / ob ihrer keine den Valikules gestern und heut gesehen hätte. Sie beteureten alle / dz sider seiner Hinreise nach Prage / sie nichts von ihm gehöret oder gesehen hätten / welches dem Könige noch mehr verwunderns machete. Endlich sagete Fr. Artakama: Allergnädigster König; es hat die Hoffmeisterin mit uns ingesamt gestriges Tages ein recht Kinderspiel gehalten / dessen wir uns zum teil geschämet; sie teilete 2000 Kronen unter uns aus / und führete zwo fremde Krämerinnen zu uns / von denen wir in ihrem beywesen allerhand seltzame fremde Waaren kauffen musten / welche ihre Hocheit auff unsern Gemächern finden werden; und ob diese Krämerinnen zwar mit dem bescheide von uns gingen / daß sie wiederkommen / und mehr Waaren bringen wolten /haben sie uns doch den ganzen Nachmittag vergeblich warten lassen. O ihr Götter / antwortete der König /erhaltet uns in dieser Angst! O die Krämerinnen die Krämerinnen haben uns das Fräulen / das wunderschöne Fräulein / die volkommene Zierde der irdischen Welt / den unvergleichlichen Schaz des ganzen Erdbodems aus dem Schlosse / wie wir fürchten / aber nicht aus unserm Herzen hinweg gekauft; diese sind der Schaffpelz des boßhaften Löuen Valikules / des abgefeimeten Buben. Daß kan nicht seyn / sagete die Frau / dann die Krämerinnen schieden von uns umb den Mittag / aber die Hoffmeisterin berichtete uns Abends umb halb sieben / daß sie bey dem Fräulein schlaffen solte. Ja wer weiß / antwortete er / was unter diesem ertichteten Beyschlaffen mag verborgen schlaffen / welches die Abgeschicketen uns gar zu früh hinterbringen werden. Er Weissagete nicht falsch / dann als diese auff der FräulenSchlosse anlangeten /und zu unterschiedlichen mahlen an ihr Gemach mit grossem ungestüm klopffeten / aber doch weder Stimme noch einige Bewägung vernahmen / liessen sie durch einen Schlösser die Kammertühr auffmachen /da sie in das ledige Nest sahen; sie sperreten die Kammertühr auff / und sucheten hinter / unter und ober den Betlagern / und wo sich irgend eine Mauß hätte verstecken mögen; aber da wahr niemand; ihrer etliche liessen oben auff den Schloßgang / woselbst das Fräulein sich offt zuergetzen pflegete; andere durchsucheten alle Gemächer in der nähe / aber alles vergebens. Jungfer Kleofis / die schönste unter allen /welche das Fräulein ihrer Tugend und Frömmigkeit halben sehr liebete / blieb mit Bagophanes auff dem Gemache / und beklagete das grosse Unglük / so hieraus entstehen würde / wunderte sich daneben sehr /was gestalt das Fräulein hätte mögen davon kommen; und in dem sie ohngefehr vor sich nider sahe / ward sie des Zettels auff der Erden gewahr / welches das Fräulein ihrer Hoffmeisterin zur Warnung hinterlassen hatte / hub es auff / und nach verlesung sagte sie zu Bagophanes: O wir elenden / was forschen wir dem Fräulein lange nach? auff diesem Blade ist ihre Flucht deutlich außgelegt. Er nam es in gute Verwahrung / und sagete: Dieses sol dem unschuldigen Frauenzimmer verhoffentlich zu statten kommen / aber die Hoffmeisterin dürffte dadurch zu gleich mit entschuldiget werden / wo es sonst nicht ein verdecketes Spiegel fechten ist. Gleich sahe er noch einen zusammen gefalzeten Brieff /[879] welchen die Hoffmeisterin vor ihrem Abscheide geschrieben / auff dem NebenTische liegen / der also lautete:

Allergnädigster König / was vor ein herbes Unglük mein gnädigstes Fräulein von diesem Schlosse gebracht /ist mir unmöglich zuersinnen / es sey dann daß der boßhafte verfluchte Valikules zugleich eure Hocheit und mich hintergangen / und den Raub hinweg geführet hat /welches eigentlich zuerforschen / mir die Furcht eures unerträglichen Zorns nicht zulassen wil; ich bezeuge aber bey eurer Hocheit allerheiligstem Häupte / daß weder ich noch mein Sohn hierumb einige Wissenschaft getragen /vielweniger Raht oder Taht darzu verlihen / sondern um keiner Gefahr oder Freundschafft willen hätte ich unterlassen / es ihrer Hocheit anzuzeigen. Das ich aber durch der Fräulein Schreibẽ gewarnet / die Flucht zur Hand nehme / ist bloß darumb / daß nicht etwa durch des mir auffsätzigen Frauenzimmers Verleumdung bey ihrer Hocheit ich in ungleichen Verdacht gerahten / und in meiner höchsten Unschuld untergedrukt werden möge; zweiffele nicht / die Krämerey sey zu dem Ende angestellet / mir und andern die Augen zu blenden / welches alles die Zeit öffnen wird; daß auch der ertichtete Valikules vor diesem seinen Weg nicht nach Böhmen sondern nach der Fräulein Bruder angestellet / habe ich nunmehr starke Mutmassungen. Ihre Hocheit bitte ich durch alle Götter /sie wollen meiner Flucht mich nicht verdenken / welche mein unschuldiges Blut zuretten auff mich genommen habe / bin und verbleibe sonst ihrer Hocheit untertähnigste geträueste Magd Sysigambis das aller unglükseligste Weib auff dem ganzen Erdbodem.

Wie ein boßhaftes Weib / sagte er nach verlesung /muß die Hoffmeisterin seyn / daß sie ihren König noch darzu spotten und äffen darff. Aber hie muß man länger nicht seumẽ / ob die flüchtigen vielleicht noch könten erhaschet werden; lieff also aus ganzen kräften vor den andern her / daß ihm der Odem stehen blieb; und wie er in des Königes Gemach trat / und denselben so traurig sahe / fiel er zu seinen Füssen in Ohmacht als ein Todter Mensch nider. Dem Könige begegnete ein gleichmässiges / wurden aber von den Anwesenden wieder erquicket / und sagte Artabanus zu dem Hoffmeister; Sage uns du geträuer Diener / ist unsere Lust und Wonne gar Tod / oder lebendig verschwunden? Allergnädigster König / antwortete er mit schwacher Stimme; wir haben der Fräulein Gemach /und andere mehr fleissig durchsuchet / aber keine als diese gedoppelte schriftliche Nachricht antreffen köñen; reichete hiemit dem Könige beyde Schreiben hin / da inzwischen das anwesende Frauenzimmer ein so klägliches Geschrey uñ Heulen anfing / daß man sie mit Gewalt hinaus treiben muste / welches auch zu ihres Lebens Rettung dienete; gestaltsam der König vor erst nicht anders als ein grausamer Löue rasete /rieff und schriehe; fahet den boßhaften Räuber / und haltet ihn feste / daß er euch nicht entweiche / haltet ihn / daß wir durch gebührliche Rache den Meinäid vergelten / welchen er uns erwiesen hat. Wo seid ihr meine Henker / wo seid ihr? so recht! foltert und dähnet ihn die länge und quere / und was vor Pein ihr immermehr erdenken möget / lasset getrost über ihn ergehen. Wo ist unser Säbel / wo ist er? Aber durch unsere eigene Faust ertödtet zu werden / währe ihm viel zu grosse Ehre; er muß etliche Jahr ohn auffhören gequelet werden / damit er lange uñ ohn auffhören sterbe. Hierauff fing er an zu zittern und brüllen / daß jederman wähnete / er würde vor Zorn vergehen / und durfte ihm doch kein Mensch zureden / weil sie alle sich des Todes vermuhten wahren. Endlich verwandelte sich das viehische Rasen in ein wehmühtiges Klagen / da er zu ruffen anfing: O mein Fräulein / unsers herzen Krone / unserer Gedankẽ einige Wollust /unserer Begierden höchstvolkommene Vergnügung! O wo bistu wo bistu? hat ein[880] so ädler unerschrockener Geist von geschworner Träue können rükfällig werden / uñ durch den nichtwerten Valikules sich zur Flucht bereden lassen? Aber O du falscher Valikules /was vor Ungnade oder Wiederwillen haben wir dir erzeiget / daß du uns nach dem innersten unser Seelen greiffest / und uns den lebendigen Teil unsers Herzen raubest? Bagophanes erkühnete sich und sagete: Allergnädigster König / eure Hocheit wollen die Klage und den Eifer mässigen / und vielmehr darauff bedacht seyn / ob man das Fräulein in der Flucht ergreiffen könte. Geschwinde / antwortete er / daß alle Reuter dieser grossen Stad versamlet werden / ja daß alle unsere Untertahnen / Persenland als eine Fluht von fornen und hinten überschwemmen / damit unser Fräulein wiederbracht werde. Die Königlichen Trommeter fielen teils auff ungesattelte / teils auff ungezäumete Pferde / und bliesen erschröklich Lermen durch alle Gassen / so weit die Pferde lauffen kunten; etliche renneten ihre Pferde gar übern hauffen / nahmen aus den Häusern andere / uñ horeten etliche Stundenlang nicht auff zu blasen. Die ganze Stad ward hierüber erschrecket / daß alles was Waffen führen kunte / solche ergriff / und dem Schlosse zueilete / daher die nähesten Gassen dermassen mit Menschen angefüllet wurden / daß kein Reuter hindurch kommen kunte / und entstund durch diese Zudrängung ein solches Jammern und Wehklagen / daß der Schal biß gen Himmel fuhr / weil in die 4000 Menschen erdrucket wurden /und endlich die so zu Fusse wahren / sich in die nähesten Häuser zogen / wodurch den Reutern etlicher massen Luft gegeben ward. Inmittelst ließ doch das grausame Geschrey nicht nach / da einer rieff; der König währe erschlagen; ein ander / die Feinde hätten sich der Stad bemächtiget; und wuste keiner was er gläuben solte / biß endlich Bagophanes es dem Könige zuwissen taht / und ihn erinnerte / er möchte mit seinem Königlichen Stabe sich dem Volke auff der Zinnen zeigen / sonst währe unmöglich / den Aufflauff zu stillen / und etwas beständiges vorzunehmen. Der König folgete diesem Raht / uñ winkete / daß jederman stille seyn solte; da Bagophanes uber laut also rieff; Des grossen Königes Artabanus ernstlicher Befehl ist / daß alles FußVolk sich stündlich hinweg /und an ihre Arbeit mache / die Reuterey aber mit ihrem besten Gewehr erscheine. Da gab sich nun jederman zu frieden / und zogen hinter sich in die Häuser / deren eines auff allen Boden und Gemächern so gar überhäuffet ward / das es einfiel / und über 5000 Menschen teils erschlug / teils an allen Gliedmassen beschädigte / daß nicht 100 davon das Leben behielten. Noch kunten die Reuter keinen freien Zurit haben / welches das Nachdrücken aus den abgelegenen Gassen verursachete / biß gewisse Leute verordnet wurden / die hin und wieder außrieffen / dz das FußVolk zurük weichen / und den Reutern Lust geben solte. Als sich nun auff diese Weise die Reuterey häuffig mehrete / und ihrer 16000 gezählet wurden / gab der König seinem Hoffmeister Befehl / er solte als gevolmächtigter Feld Obrister ihm die Völker lassen anbefohlen seyn / sie auff allen Wegen Persenwerz verteilen / und ihnen eine gewisse Grenze Stad zur Versamlung ernennen; Wirstu nun / sagte er / unser Fräulein uns wieder lieffern / es geschehe gleich ohn oder mit der Völker Verlust / sol dir grössere Belohnung als nie keinem Menschen vor dir / wiederfahren; massen du der näheste nach uns seyn / und ganz Persenland erblich besitzen solt. Ihrer Königl. Hocheit gelebe ich gehorsamst / antwortete er; wie aber / wann das Fräulein sich beschweren solte / mit mir umbzukehren /und vor der Straffe[881] sich befürchtend / die Gegenwehr zur Hand nehmen / oder wol gar ihr selbst den Tod antuhn würde? Sie wird ja nicht ein ganzes Heer mit ihren Pfeilen auffreiben / sagte der König; laß aber seyn / daß sie einen oder etliche erscheust / welches in betrachtung so grosser Beute ein schlechter Verlust ist. Sich selber zuentleiben / ist gar zu herbe / und kan solches durch mannicherley Mittel abgewendet werden; Der Erlassung unser Straffe aber wollen wir sie leicht versichern; nam das SchreibeZeug / und setzete folgenden Brief auff:

Höchstgeliebtes allerschönstes Fräulein; Wir können uns nicht gnug verwundern / wie der Erz Zauberer Valikules Eurer Liebe Herz / Sinn und Gedanken durch seine Baktrianische Kunst und teuflische Zauberey so gar beschleichen / und zur heimlichen Flucht verführen können. Nachdem wir aber vernünfftig betrachten / daß menschliche Schwacheit zu geringe ist / dergleichen Verzäuberungen sich zuwidersetzen / weil die Erfahrung bezeuget / daß Menschen Witz hiedurch offt geblendet wird / daß wann man meynet / sich in der Liebsten Schos zulegen / man sich wol gar ins Wasser oder Feur stürzet; so rechnen wir demnach solche Flucht Eurer Liebe keines weges zu / wollen ihr auch deswegen nit die allergeringste Ungnade zulegen / sondern ersuchen dieselbe freundlichst / sich mit unserm geträuen Hofmeister Bagophanes vorderlichst wieder einzustellen / und nach verflossenen bestimten Wochen uns die wirkliche Liebe wieder fahren zulassen; ja umb destomehr zueilen / damit die Groß Königliche Parthische Kron Eurer Liebe ehist auffgesetzet werden / und sie die ungemässigte Herrschafft in gleicher Hocheit mit uns führen möge / wie solches hoffet / wünschet und begehret Euer Liebe ganz ergebener König /Freund und Bräutigam Artabanus.

Dieses Schreiben gefiel dem Hofmeister sehr wol /und baht den König / ihm Jungfer Kleofis mitzugeben / deren Dienste er sich auff mannicherley weise bey dem Fräulein würde gebrauchen können / als auff welche dieselbe allemahl vor andern aus / viel gehalten hätte; Dieses zwar brachte er zum schein vor /aber sein Herzging mit den Gedanken umb / sie zuheyrahten / weil er sich gegen sie hefftig verliebet befand; Es ward ihm solches gerne zugelassen / und machete er sich mit seinem Heer / welches in Zerteilung /achtzehn Wege auf Persen vornam / stündlich auff /da ihm des folgenden Tages sechs Meile von Charas der elende Parthische FeldOberste Madates auffstieß /welcher auff einem schäbichten Gaule ritte; seine 20 Ritter / die mit ihm gestrichen wahren / lieffen in armseliger Kleidung neben ihn daher / nicht anders / als wie ein hauffen Henkers Buben den ScharffRichter zubegleiten pflegen. Dieser sahe einen grossen Zeug gegen sich daher rennen / nahm endlich Bagophanes Kundschafft ein / der ihn sonst an Macht und Ehre sehr ungleich wahr / und fiel / in betrachtung seiner jetzigen Schande / vom Pferde in Ohmacht. Bagophanes entsetzete sich darüber / ließ ihn auffheben / und boht ihm ein treffliches Hand Pferd / welches anzunehmen er sich wegerte / und zu ihm sagete: Nein nein / mein Bagophanes / der unselige Madates ist viel zu hoch geschändet / daß er ein Ritterliches Pferd beschreiten solte / es währe dann / daß der grosse König ihn zuvor wieder ehr- und ritterlich machen wolte. Nam ihn darauff besonders / und gab ihm allen Verlauff in der kürze zuverstehen / da er mit diesen Worten beschloß: Er wolte allen redlichen KriegsBeamten seinen Unfall vorstellen / daß sie dergleichen Verrichtungen / andere zubeschimpffen / nicht solten auff sich nehmen; jezt zihe ich hin / sagte er / meinem Könige mich darzustellen / und wil lieber von ihm die Urtel des Todes erwarten / als eine Stunde in diesem Stande länger leben. Euer Gn. unfall ist mir sehr leid /antwortete Bagophanes / und nimt mich wunder / daß man zu Charas dieser schweren und[882] unerhörten Niderlage so gar keine Zeitung gehabt / ist auch schier ungläublich / daß kein einziger / der es nachsagen können / solte davon kommen seyn. Aber woselbst halten sich anjezt die beyden Teutschen Fürsten auff / deren Ihre Gn. meldung getahn? Das ganze feindliche Heer /gab er zur Antwort / hat sich nach Persepolis zurük gezogen / und stärken sich mächtig / haben auch des Tages nach meiner Niderlage ein fliegendes Heer 14000 stark aus Meden bekommen / welches der junge Fürst Arbianes selbst führet. So wird unserm Könige / sagte Bagophanes / die Skytische Hülffe nöhtig seyn / deren zugebrauchen er annoch im zweifel stehet / ungeachtet sie sich uns gutwillig anerbohten haben. Wolle demnach Eure Gn. eilen / unserm Könige der SachenZustand zuhinterbringen; mich betreffend / durchsuche ich alle Heerstrassen / das Königliche Fräulein auszuspüren / welche vorgestern heimlich entführet ist. Das hat kein ander Mensch getahn / sagte Madates / als der unvergleichliche Herkules / dann bald nach der Schlacht hat er sich verlohren / daß niemand / ohn seine vertrauetesten umb ihn einige Wissenschafft haben; Dafern auch dieser Held und sein Geselle / der Fräulein Bruder / nicht gewesen währen / wolten wir die Feinde wie Brod gefressen haben. Nahmen hierauff Abscheid / und ritten ein jeder seines Weges.

Unser Herkules mit seinem liebsten Gemahl / hatte / wie gesagt / die andere Nacht ihrer Reise in obgedachtem Städlein gute Ruhe und herzliche Vergnügung; bekahmen des folgenden Morgens daselbst frische Pferde / und weil Ritterliche Harnische zubekommen wahren / rüsteten sich Herkules / das Fräulein und Gallus völlig; kaufften auch fünff gute Bogen und so viel Köcher mit Pfeilen / daß sie einen zimlichen Anlauff auffzuhalten und abzutreiben bestand wahren / welches ihnen dann sehr wol zustatten kam /massen an diesem dritten Tage ihrer Reise sie einen unsichern Weg antraffen / da die verderbete abgebrante Parthische Bauren hin und wieder sucheten / die reisenden zuüberfallen / und Lebensmittel zuerbeuten; insonderheit stiessen um den Mittag bey 30 Bauren auf sie / hatten teils Spiesse und Schwerter von der Wahlstat geraubet / teils aber mit Axten / Sensen und Mistgabeln sich versehen. Herkules grüssete sie mit auffgeschlagenem Helme / und fragete / ob nicht eine Parthische Schaar von ungesehr 200 Reutern dieses Weges gezogen währe / bekam aber eine Antwort /die ihn gar zu unfreundlich dauchte / weil der Bauren Führer ihm befahl er solte absitzen / auch zugleich nach seines Pferdes Zügel greiff / welches Valiska ersehend / ihr Schwert zückete? und ohn Wortsprechen ihm die freche Hand vor die Füsse legete. Da hätte man ein Gedränge und fluchen sehen und hören sollen; woran sich aber die unsern wenig kehreten / sondern Herkules und Gallus zogen mit von Leder / Timokles aber und die beyden Jünglinge brauchten ihre Pfeile / daß in weniger frist der mehrer teil Bauren erschossen und nidergehauen wurden / und die übrigen meist verwundet / zur seiten ausrissen / welche zuverfolgen Herkules vor unnöhtig hielt / hieb sein Pferd an / und ermahnete die seinen / frisch fortzurennen /als viel es die Pferde ertragen möchten / dann er zweifelte nicht / Artabanus würde in höchster Eile ihm der Verfolger gnug nachschicken / welche nit seumen würden / Tag und Nacht zu jagen. Sie gerieten gleichwol noch etlichen kleinen Hauffen unter die Hände /deren sie doch mehr mit dräuen als Schwertschlägen abkahmẽ / und langeten kurz vor Abends bey einem seinen Städlein an / da ihnen gute Herberge zugewiesen ward / und sie bald anfangs erfuhren / daß der geschlagene Feld Oberste Madates[883] vor wenig Tagen mit geringer unansehnlicher Manschaft daselbst gewesen /und seine Weg nach Charas fortgesetzet hätte. So ist mir leid / sagte Herkules darauff / daß ich nicht zeitiger hieselbst ankommen bin / und nimt mich wunder /daß er mir nicht auffgestossen ist / dann ich bin von meinem grossen Könige ausdrüklich abgefärtiget / ihn bey dem Persen Artaxerxes loszumachen; jedoch /weil ich andere Geschäfte mehr bey demselben zuverrichten habe / muß ich gleichwol fort / und mich hindurch wagen. Es wird euch aber schwer fallen / durchzukommen / antwortete der Wirt / nicht allein wegen Unsicherheit der wilden Tihre / verlauffenen Hunde /und mutwilligen Räuber / sondern auch / weil alles der ends abgebrant / und weder vor Vieh noch Menschen ichtwas auf zwo Tagereisen zubekommen ist; jedoch / weil ihr alle wol beritten seyd / könnet ihr Futter und Mahl hinter euch auffnehmen; wiewol vor die Pferde etwas hieselbst zuerhalten Mühe geben wird. Herkules antwortete ihm: Mein Freund / schaffet ihr uns Notturfft / unser König hat Mittel gnug / es zubezahlen / obs gleich teur fålt; und wann ich gleich alles mein Geld auff der Reise vertähte / můste der Perse mir als einem Gesanten wol etwas vorstrecken. So schaffet uns nur einen guten geträuen Menschen /der uns durch sichere Nebenwege fortbringe / und lasset mich vor die Bezahlung sorgen. Der Wirt wahr ein geitziger Mensch / und dauchte ihn keine Gefahr zu groß / da Geld zuverdienen wahr; also wolte er nun auch vor dißmahl der Belohnung etwas mehr versichert seyn / und antwortete ihm: Die heimlichen Wege nach den Persischen Grenzen währen dieses Orts niemand so wol bekant als ihm / und wann sie ihm der Mühe zu diesen gefährlichen Zeiten ergetzen wolten /könte er sie führen / daß sie stets von der Landstrassen biß in Persen bleiben / und nicht desto weniger eine gute Abend-Herberge haben / auch des andern Tages der Persen GrenzeStad erreichen solten. Ich muß hören / sagete Herkules / was ihr fodern werdet / darauff habe ich hernach zuhandeln; doch solcher gestalt / daß ihr mich mit aller meiner Geselschafft und Pferden von dieser Stunde an / biß an die Persische Grenze Stad nottürfftig / und so viel möglich / nach meinem Adelichen Stande unterhaltet. Der Wirt überlegete alles auffs genaueste / und sagte: Wann er nit zu viel dingens machen würde / wolte ers mit einem Wort anzeigen / da er dann vor alles in allem gerechnet / 80 Kronen foderte. Worauff Herkules antwortete: Meynet ihr / mein Freund / daß ihr mit Krämern und Kaufleuten zuhandeln habt? Ich bin schuldig / euch eure Kosten samt der Mühe zubezahlen; drumb wil ich euch eine andere Rechnung machen: Sehet / da habt ihr vorerst vor euren gutẽ Willen einen King zur Verehrung / welcher euch 100 Kronen gelten kan; vor Kosten und Mühe aber wil ich euch 160 Kronen baar erlegen / die halbscheid gleich jetzo; und das übrige in der Persischen GrenzeStad. Der Wirt / nach Art der Geitzigen / trauete anfangs nicht /weil ihm dergleichen Handelsleute noch niemahls vorkommen wahren; ging hin / und ließ den Ring von einem Gold Schmiede besehen / der ihm 80 Kronen davor boht / daß er also nicht mehr zweifelte / und seinen Gästen aufftrug / was ihm in der Eile zubekommen möglich wahr; erzählete auch / daß Madates mit den seinen so traurig und betrübt gewesen / daß ihnen weder essen noch trinken schmecken wollen. Ja ich höre / antwortete Valiska / es habe ihm in Persen noch übeler geschmecket; dessen Herkules von Herzen lachete. Nach gehaltener Abendmahlzeit ward Herkules mit seinem Gemahl / die er vor einen jungen ädelmann ausgab / auff eine absonderliche[884] Kammer geführet / und ermahnete sie der Wirt / biß an die Zeit des Frühstückes sanffte zu ruhen; welchem sie stat gaben / und in Christehelicher Liebe sich zusammen hielten. Als der Tag durch die Fenster herein brach /und sie ihr Gebeht in herzlicher Andacht gesprochen hatten / sagete Valiska zu ihrem Herkules: Was hindert uns / mein Schatz / daß wir unsere angebohrne Gestalt uns nicht gönnen? Ich bin meinen heßlichen Händen so gram / dz ich sie fast nicht ansehen / vielweniger euch damit berühren mag. Hierzu wollen wir bald rahtẽ / antwortete er; dann so wir das Haar nicht endern / köñen Angesicht und Hände mit leichter Mühe wieder gefärbet werden; Also rieb er ihnen beyden solche Farbe ab / worüber sich das Fräulein höchlich erlustigte; dann ihr Herz wahr diesem Fürsten dermassen ergeben / daß sie es mit äusserlichen Geberden nicht gnug anzeigen kunte; und wann sie meynete / etwa eine freundliche Rede erfunden zuhaben /blieb ihr die Zunge bestehen / und verrichtete mit seuffzen / was das Herz nicht länger in sich behalten kunte. Ach / sagete sie dißmahl / gib du barmherziger Gott / daß ich diesen meinen auserwählten Schaz vor meinem Tode ja nimmermehr verlieren möge / und verzeihet mir / mein Seelichen / daß mein Mund viel zu stamlend ist / die inbrünstige Liebe auszusprechen / welche zu meinem GroßFürsten und Gemahl ich in keuscher Ergebenheit trage; es gehet mir als den Trunkenen / die durch krafft des Weins kühn gnug gemacht / und doch an den Gliedern gelähmet werden /sich der Waffen zugebrauchen. Also befihlet meine Seele der Zungen / meine Neigungen loßzubrechen /aber die taumtlichte Liebe bindet sie wieder / daß die Gedanken in Seuffzer sich verendern / und die Worte zwischen den Lippen brechen müssen. Die heydnischẽ Tichter / mein Schaz / mahlẽ die Liebe blind; verstossene Liebhaber schelten sie vor taub; ich aber klage ihre Stumheit an; Lieber gönnet mir / mein Seelchen / daß ich sie alle entschuldige. Die Tichter /nach ihrer närrischen Unbedachtsamkeit / haben unbedachtsame Liebe / welche ich eine Narren-Liebe nenne / verstehen wollen / und sind / in betrachtung deren / unbetrogen; Dann wer liebet / ehe er des geliebeten Erkäntniß hat / ist freylich am Verstande blind. Die verworffene Liebhaber reden von der geliebeten Ungewogenheit / als welche ihnẽ die Ohren verweigern. Wie viel besser nun ist meine Meynung gegründet / als welche der wahren Liebe Volkommenheit zuentwerffen bemühet ist / welche weit über Worte sich erhebet / uñ kein Mittel / sich völlig ans Licht zustellen / finden kan / wiewol sie sich / sehen zulassen /alle Krafft und Vermögen anzuwenden nicht unterlässet. Versichert euch aber / allerliebstes Herz / daß mir gleichsam ein Vorbändichen der Zungen / durch die Wiederstellung eurer warhafften Gestalt / gelöset und zerschnitten ist / nachdem mir anjetzo vergönnet wird / mich an dem geliebten Angesichte meines Herkules zuerlustigen / welches ich in langer Zeit / in freyer Sicherheit nit gesehen / und vergnüget mich nicht wenig / daß die heßliche Krämerin der verliebeten Valisken ein Stündichen Raum bey ihrem einig geliebeten gönnet. Unter diesen Reden kunte Herkules kein Auge von ihr abwenden / und ward durch ihre anmuhtigsten Blicke dergestalt aus sich selbst gesezt / dz ihm fast alle Krafft entging / dann wie er allemahl sich unwirdig geschätzet / ein solches Welt Kleinot zubesitzen /an dem auch der allergri este Menschen-Hasser und spizfindigste Klügling nicht den geringsten Fehler oder Flecken / so wenig an der Seele als am Leibe zu finden wuste; also kunte er kaum gläuben / daß die freie Niessung eines so volkommenen Gutes ihm so leicht gegönnet währe. Er schwieg eine Zeitlang auf[885] ihre geendigte Reden stille / weil er nicht wuste / mit was Worten er seine Vergnügung entwerffen solte /biß endlich des Herzen Brun loßbrach / und mit einem tieffgehohleten Seufzer also anfing: O mein teurestes Seelichen / ihr völlige Vergnügung meiner Sinnen / die sich doch nimmermehr vergnügen können; wodurch hat euer unwirdiger Knecht verdienet /von euer unvergleichlichen Volkommenheit so hoch geliebet zu werden / deren mein schwaches Vermögen und unvermögene Kraftlosigkeit im geringsten nicht gleichẽ / viel weniger die Vergeltung ergreiffen kan? Zwar die Verwägenheit hat mich kühn gemacht zu hoffen / und das hoffen zubegehren / und das begehren zulieben; kühn sage ich / aber nicht wirdig; deßwegen auch die wenigen in mir überbliebene Funken meines Witzes / die unter dem Begehren noch nicht allerdinge Tod / wiewol leztzügig wahren / mich allemahl errinnerten / in mich zu gehen / und nicht über mein Vermögen zu denken; mein Frevel aber reizete stark gegen / und raunete mir ins Ohr / nicht gar zu witzig zu seyn / sondern es auff Gottes Hülffe zu wagen / nach dem mannicher durch Glüksfall eine Beute überkähme / die durch nachdenklichen Verstand nimmermehr könte erlanget werden. Dieses /gestehe ich / hat meine Hofnung gelüftet / die sonst im ersten Grase hätte müssen ersticken. Aber O ihr mein Stralen-blankes Klelnot! wie hoch schwinget sich noch mein Glük über hoffen / in dem ich nicht allein mit satter Ergezligkeit geniesse / sondern auch mit ergetzender Wollust genossen werde. Belüstiget sich auch ein Schaz mit dem Besitzer / und nicht nur der Besitzer mit dem Schatze? Noch muß ich in höchster Belüstigung wirklich empfinden / daß mein Schaz sich erfreuet / in dem ich durch ihn erfreuet werde. O so bleibet nun in solcher Gewogenheit / ihr meine Lustquillende Seele / sagte er mit einem herzlichen Umbfangen / und was an meiner Unwirdigkeit und Tugend-Armut abgehet / wie dann sehr viel abgehet /daß erstattet / bitte ich / mit der Fülle eures überflusses / welcher tausend Königliche Fräulein völlig hätte auszieren können / und doch in dieser einigen Seele als in einem Horn der Fülle / ja als in einem unergrüdlichen Meer zusammen geflossen / mich mehr verwundern als gläuben machet. Daß ich aber auch die Liebes-betrachtung von meinem Schatze eingeführet / mit wenigem berühre / halte ich / man könne der Tichter Mahlerey / wann sie die Liebe blind bilden / in etwas entschüldigen / wo nicht gar auff eine gute Deutung zihen; dann freilich ist die wahre Liebe blind; aber wie und wann? Sie sihet offt das tadelhafte an dem geliebetẽ nicht / ob gleich dessen viel an ihm erscheinet / sondern aus grosser Zuneigung nimt sie das Unwerte unter den Mantel der Bescheidenheit / weil der Geliebte / dem solches anklebet ihr viel zu angenehm ist; und was sol ich von ihrer Taubheit sagen? kan sie auch geduldig anhören / wann das geliebete gelästert und geschändet wird? O nein O nein! hätte sie alsdann gleich tausendmahl tausend Ohren / müsten sie alle davor verstopfet seyn / insonderheit / wann Rache keine stat findet. Aber euer drittes / mein Seelichen / lasse ich gerne gelten / dann sonst müste ich mich selbst der Liebe entnehmen / die in meinem Herzen zwar ohn Ruhe brütet / aber keine einige Zucht aus der Schalen recht außhecken kan. Valiska kennete sein Herz wol / und wie ferne er von aller Schmeicheley wahr; nur eins taht ihr wehe / daß Herkules / welchen an Gottesfurcht / Tugend und guter Gestalt kein Mannesbilde übertraff / sich ihren Unwerten nennete / daher sie zu dieser Gegenantwort genöhtiget ward: Warumb schneidet ihr meiner Seele so unheilsame Wunden?[886] O ihr mein wirdigster Schaz; und stürzet mich in die tieffe der Bekümmernis / da ich meine den sturmlosen Trost-Hafen schon ergriffen zu haben? Meynet etwa der prüfende Herkules / Valiska kenne sich selber nicht? oder gedenket er / Königs Artabanus Liebe habe sie verwägen gemacht? oder / welches ehe geschehen mögẽ / der Name Herkuliska? Das unergründliche Tugend-Meer meines / ja Gott Lob / meines teuren Herkules ist mir nicht so gar unbekant / auff welchem schon in früher Jugend tausend Last Schiffe des unsterblichen Ehrenpreises mit vollem Segel daher prangeten; und wie hoch ist dessen die Kindische Valiska vergnüget / daß sie die seine heisset und ist! Meine halbtrockene Bach ist selig gnug / daß sie hieselbst den freien Einflus hat /da sie Wassers gnug findet / wie viel ihr sonst aus dürre ihres mangels gebricht. Ey wie mag dann mein wirdigster seine Volkommenheit beschneidẽ uñ durch solches ihm selbst angelegtes Unrecht dieselbe zugleich mit schamroht machen / die sich einzig darumb vor glükselig schätzet / daß ihr Gebrechen durch dessen Anschein ersetzet wird / welchen die Versehung uns als einen Spiegel vorstellet / umb zu erkennen /die Wunder des Schöpffers in nicht ersinlicher Ungleicheit uns Menschen mitgeteilet / doch also / daß in diesem dasselbe hervorstrahlet / was man in andern kaum funkeln sihet. Höret deßwegen auff / mein Seelen-Schaz / die eure / mit unverantwortlicher Verachtung euer / und unbefindlichem Lobe ihrer / fort mehr zubeleidigen / und versichert euch / daß wann Valiska nicht wüste / vor welchen sie Herkules müste ehren /sie denselben sich so leicht nicht würde ergeben haben. O Liebe Liebe! antwortete er; ich dürfte schier schwören / du währest nicht allein blind / taub / und stum / sondern auch erkäntnisloß! Ruhmwirdigste Herzens Krone / in was vor ein Muster dürffet ihr mich entwerffen? ja wol ein volkommener; ja wol ein spieglender / der aus Schwacheit und blöder Vernunft fast nicht gläuben darf / was er gegenwärtig umarmet; jedoch / Tugend schimmernde Seele / wann in euren Augen ich etwas bin uñ gelte / ist alles was ich suche / ist alles was ich wünsche / so weit Sterbligkeit und Weltruhm gehet; kein Mensch aber wird mich so verwägen machen / die Einbildung zu fassen / ich wolte mit der allein übertreffenden Valiska bey außteilung des erworbenen Preises zu gleicher hebung gehen; dann was sind meine Tahten gegen die ihre? ich habe etwa mit einem Räuber / vielleicht auch mit einem Ritter gekämpfet / uñ in beschützung meiner / mehr Vorsichtigkeit gebrauchet als jener; was gibt oder gilt aber daß? ein Fräulein / deren blosses Anschauen auch wieder ihren willẽ / allen Mäñern Brunst erwecket / hat ihre Ehre unter den wildesten Räubern Heldsiegig durchgebracht / mit ihrem unbestürmlichen Muht den grausamesten Wüterich gezähmet / den allerfrevelhaftesten bestürmer der Keuscheit abgetrieben / und ihn unter die siegreichen Füsse ihrer unüberwindlichen Oberschaft (so mag ichs mit gutem Recht nennen) als einen Leibeigenen Sklaven getreten. Da haben wir den Spiegel / dessen Klarheit die späten Nachkommen anbehten / und alle Tugendliebende mit zweifel streuender Verwunderung ansehen werden. Was beraubet ihr euch dann / O wahre Volkommenheit / eures Lobes? was zihet ihr eurem hochverdienten Ruhme denselben vor / der jenem ruhenden Wüterich zun Füssen gelegen ist? welchen aber euer einiger Wink in seiner heftigsten Raserey nidergeworffen / und geduldiger als ein Lamb gemacht hat. Ja mein Freund / ja meine Lust / sagte sie hierauff; ich merke wol daß die geraubete Valiska doch mit Gewalt über den Räuber-zwinger /[887] und die Gefangene über ihren Erlöser sich sol erheben lassen / welches sie etlicher massen mit geduldigen Ohren anhören möchte /wann sichs in den Schranken der Mässigkeit hielte /oder auffs wenigste sie ihrem Retter nicht vorgezogen würde / welchen sie weniger als sich selbst verachtet wissen kan; werden wir aber der angestrichenen Tocken ihr innerliches beschauen / dann wird sichs bald finden / daß in der Taht mir dessen nichts beyzumässen ist / durch welches ich vortreflich zu seyn getichtet werde; gestaltsam des grausamen Löuen Wuht nicht durch mich gebrochen ist; O nein O nein! sondern Gottes kräftige Hand hat denselben ohn mein Zutuhn nidergeschlagen und gefellet / sonst währe ich gegen ihn nicht anders als ein Täublein gegen den Adler zu rechnen gewesen; Aber mein Licht / last es seyn / daß ich mich gesträubet; Herkules / Herkules hat solches in mir gewirket; ja Herkules / auf den nach Gott alle meine Kraft sich gründet / alle meine Freude ruhet / so daß / wann er nicht gebohren währe / ich ohn vergnügung hätte bleiben müssen / oder ja nicht erfahren können / was vergnügung ist und heisset; dann was in dieser Vergängligkeit nicht Herkules ist / dz sehen meine Augen gar nicht an / oder nur /als währe es nichts und nichtig. Herkules Tugend hat mich munter gemacht wo ich munter bin; Herkules Seele hat meiner Geister Schlaff vertrieben / wann sie wachen; ja Herkules hat durch seine Liebe zu mir /die Kühnheit in mir auffgetrieben / daß ich Hoffnung gefasset / ein mehres in der Welt / als was man Gemein heisset / zu werden. Ich eriñere mich meiner stokfinstern Gedanken noch wol / welche / ehe und bevor sie von Herkules Strahlen erleuchtet wurden /sich nicht wusten von der Erden zuerheben / die aber nunmehr mit zuschweben sich bemühen / weil Herkules Geister sie nach sich in die höhe zihen; und wann ich meine himlische Glükseligkeit hinzu kneten wolte / wem habe ichs dann nähst Gott anders zu danken /als meinem Herkules / welcher durch meines Heylandes schickung aus mir stokblinden eine sehende / aus mir Gotzendienerin ein Christliches Fräulein / aus mir verdamten ein gnaden Gefäß gemacht hat. Ey so höret demnach auff / mein Schaz / das Werk über den Meister / und den Jünger über den Lehrer zuerheben / und sehet ihr ichtwas lobwirdiges an eurer Valisken / so bedenket allemahl / daß es von eurer Volkommenheit ihr mitgeteilet sey / die sich auch mit Leib und Seel euch zu eigen übergiebet / dz des lobwirdigen / so sie etwa an ihr haben möchte / ihr euch ohn alle Einrede und Wegerung gebrauchen / das unwirdige aber und unvolkommene / dessen gar viel ist / freundlich und mitleidig übersehen möget. Mir zweifelt nicht / unsere durchhin verliebete / hätten den ganzen Tag in solchem Gespräch zuverharren / sich nicht unwillig befunden / wie dann Herkules schon mit einer Antwort sich gefasset hielt / aber die nohtwendige Eilfertigkeit nebest Gallus Erinnerung / hub sie aus dem Bette / da Herkules sagete: Als viel ich merke / mein Schaz /werde ich euch diesen Saz müssen schuldig bleiben; wiederhohleten ihr Morgengebeht / und rieffen Gott umb ferneren Schuz herzlich an. Nach angelegeter Kleidung bestriechen sie Angesicht und Hände wiederumb / nahmen das Frühstük ein / und schenketen der Wirtin 20 Kronen Schlaffgeld / nebest bitte / sie möchte ihren Eheman erinnern / daß er sie des sichersten Weges zugeleiten nicht unterliesse; zähleten demselben die helffte des versprochenen Geldes / und vergewisserten ihn des übrigen mit einem Handschlage. So wolte er nun gleichwol sehen lassen / daß er in der dankbarkeit Schuele auch erzogen währe / belud zween Maul Esel mit den besten Speisen und etlichen[888] Schläuchen des besten Weins / auch mit Pferde Futter / und ritte mit ihnen einen schmalen gebahneten Steg /welcher weit von der Landstrassen / und doch viel richtiger zulief / da Valiska manniche kurzweilige Unterredung mit ihm hielt / und ihm allemahl widersprach / er würde in der benenneten Zeit ihnen die Persischen Grenzen nicht zeigen können / daß sie gar eine Wette von 50 Kronen darüber anstellete; welche zugewinnen er so geflissen war / daß er sie bey guter Tageszeit in die Herberge brachte / welches ein wolgebaueter Jäger-Stall wahr / mit Häu angefüllet. Sie hielten hieselbst das Abendmahl / und brachen eine Stunde vor der Sonnen Auffgang wieder auff / sich höchlich freuend / daß dieser der lezte Tag ihrer furchtsamen Flucht seyn solte.

An demselben erweckete Madates durch seine unvermuhtliche Ankunfft zu Charas grossen Aufflauff und Schrecken; dann er wolte durchaus weder Pferd noch Kleidung verendern / sondern ritte in so elender gestalt vor das Königliche Schloß / und ließ bey dem Könige sich anmelden; der unglükselige Madates hielte draussen / und erwartete Ihrer Königl. Hocheit schleunige Urtel wegen verlohrner Schlacht. Artabanus erschrak der Zeitung hefftig / saß gleich und gedachte an der Fräulein Verlust / und auf was weise sie immermehr bey hellem Tage hätte können von dem wolverwahreten Schlosse kommen / da alle Wachten so wol bestellet gewesen / und kein Mensch sie gesehen hätte; welcher Zweifel ihm doch vor Bagophanes Wiederkunfft benommen ward / da man ihm anzeigete / Valikules währe mit einer einzelnen Krämerin früh morgens von dem Schlosse gangen / welche zwar von Leibe wol gewachsen / aber unter dem Gesichte Sonnen-brändig gewesen / und währen die anderen beyde Krämerinnen erstetliche Stunden hernach gefolget. Woraus er ungezweifelt schloß / er würde ihr durch Zauberkunst das Gesicht verstellet haben; beklagete auch hefftig / daß auff diese weise Bagophanes alle seine Mühe / sie auszuspüren / vergeblich anwenden dürffte; doch tröstete er sich / wann nur Valikules zuerhaschen währe / müste er durch die Folter gezwungen / sie wol melden. Von dieser Betrachtung wendete ihn Madates Ankunfft ab / trug verlangen / seines Unfalls eigentlichen Bericht einzunehmen / und sagete zu dem Zeitungsbringer: Wil dann das rasende Glük uns auff allen seitẽ ansprengen? Laß ihn hervor treten /daß wir nach befindung mit ihm handeln können. Der Diener kam bald wieder / und brachte zur Antwort; Madates schätzete sich unwirdig / vor seines Königes Angesichte zuerscheinen / weil er von den Feinden seiner Ehren entsetzet / uñ durch Henkers Hand mit Ruhten biß auffs Blut gestrichen währe; Wann nun Ihre Königl. Hocheit ihn dieses Schandflecken allergnädigst benehmen / und in vorigen Ehrenstand setzen würde / alsdann wolte er gehorsamst hervor treten / oder im widrigen fall ihm selbst durch eigene Faust sein Leben abkürzen / welches er bloß aus Hoffnung /noch ehrlich zusterben behalten håtte. Der König sprang als ein Rasender / uñ sagete: Was? beschimpffet und schändet man uns also an unserm Feld Herrn uñ Blutverwanten? das muß schwer und hart gerochen werden; rief alsbald einem seiner Höflinge / daß er Madates ein gesatteltes Ritter Pferd / und Fürstliche Kleider bringen solte / nebest Anmeldung / der ihm bewiesene Schimpff solte hiemit ewig abgetahn und auffgehoben seyn. In dieser neuen Gestalt ging er nun hinauff / taht einen demühtigen Fußfall / und sagete mit jämmerlichen Geberden: Allergroßmächtigster Unüberwindlichster König; Euer Hocheit und Gnade[889] danke ich aus innerstem grunde meines Herzen alleruntertähnigst / dz dieselbe den Schandflek / mir als einem gefangenen Königlichen FeldObristen angelegt / allergnädigst abwischẽ wollen / wil nun desto lieber und williger sterben / weil ich den Tod wol verdienet habe / indem ich zu wenig gewesen bin / der Feinde Macht zuhintertreiben / wie mir ernstlich aufferlegt wahr; so würde uberdas schimpflich stehen / wann man sagen solte: Madates ganzes Krieges Heer /40000 Köpffe / sind vor ihres Königes Ehre und Wolfahrt ritterlich gestorben / und hat er nur mit 20 ausgestrichenen Rittern sein Leben erhalten. O wie angenehm solte mir der Tod von Feindes Hand gewesen seyn / weil ich / ohn Ruhm zumelden / so lange ritterlich gefochtẽ / als ich lebendigen Beystand um mich gehabt / dafern mich nur dz Schwert hätte erschlagen wollen; aber ich wahr mit meinen 20 Rittern verrahten / denen / die beydẽ Teutschen zufahen / und der Ruhte zuliefern / anbefohlen wahr / daher muste ich nach verlohrner Schlacht nebest ihnen leiden / was man jenen zugemässen hatte / und halff weder bitten noch bedingliches widersprechen / noch Todesbegierde / sondern die Hände band man uns / daß wir nicht selbst uns durch eigene Entleibung der Schande entreissen solten. So bitte ihre Königl. Hocheit ich nun untertähnigst / mir nach wiedererlangeter Ehre / die Todes Urtel ohn Barmherzigkeit zusprechen / welche ich mit frölichem Herzen anhören wil / auff daß nach diesem nicht jemand mich vorschützen / und sprechen möge: Madates habe es vor ihm wol ja so grob / und gröber versehen / und sey doch begnadet worden; welches mir unerträglicher als der Tod selbst seyn würde / nachdem ich vor diesem so mannichen Sieg erhalten / und vor dißmahl weder Spitamenes Beyspiel und Warnung / noch Fürst Vologeses Raht mir habe wollen lassen zu herzen gehen. Artabanus antwortete: Es ist eine sehr harte Niderlage / wie wir vernehmen /welches ohn allen zweifel bloß nur aus Unvorsichtigkeit verspielet ist. Ja sie ist verspielet / sagte Madates / aber nicht durch meine Unvorsichtigkeit; Ich habe in Feindes Grenzen etliche Tage mit Schwert und Feur alles verheeret / über 40 Dörffer / zwey Städlein /100000 fruchtbare Bäume verbrand / 8000 Menschen erschlagen / 14000 (so aber wieder erlediget) gefangen / und mit dem Feinde im freyen Felde / ohn Einräumung einiges Vortels / offene Schlacht gehalten /aber der beyden fremden Helden Macht nicht brechen können / deren Schwertern und Art zustreiten ich nichts in dieser Welt zuvergleichen weiß. Diese /diese einzelne Ritter wahren die Seele ihres Heers /und das Verderben meiner Völker; Sie brachen durch / wie der Bliz; der eine hat meinen geträuen Bazaentes im dritten Hiebe gefället / der ander mich nach harter Verwundung gefänglich annehmen lassen; und wie embsig sie fochten / hatten sie doch allemahl ein Auge im Nacken / welches allenthalben ordente / daß sie ohn verseumen Entsatz schicketen / wo es nöhtig wahr. Sind sie Menschen / allergnädigster König / so sind sie die vollkommensten / deren Beystand und Hülffe ich höher / als 100000 überschuß halten wolte; Als lange sie aber dem Feinde zugetahn bleiben / muß unser Krieg viel anders geführet werden / oder alle Völker gehen verlohren. Der König hieß ihn aufstehen / und sagte: Durch diesen Verlust ist noch weder gewonnen noch verspielet / und werden wir schon Mittel finden / diesen wütigen Jünglingen beyzukommen / wann unser Fräulein erst wird wieder erobert seyn / die von dem verwägenen Valikules / dem wir sein Leben gerettet und hoch begabet / räuberischer weise entführet ist. O gnädigster König / antwortete er; ich halte gänzlich /[890] der sieghaffte Herkules / welchen ich noch über Ladisla schätze / habe dieses selbst verrichtet und gebe Gott / daß wir nicht erfahren / daß er der Valikules selber / oder doch in dessen Geselschafft gewesen sey / aus dessen Händen das Fråulein zureissen / ist Bagophanes viel zu wenig /wann er gleich 20 Mann auff einem gegen ihn führete. Vologeses und Pakorus / welche etliche Tage in den Reichsgeschäfften / den Krieg betreffend / verreiset gewesen / kahmen zwo Stunden hernach bey dem Könige an / vernahmen den Verlust mit Schmerzen / und ermahneten ihn (weil sie das Unglük vor Augen sahen) sich der Reichsnotturfft anzunehmen; Sie hatten des Tages nach Madates Abzuge mit dem Könige ein ernstliches Gespräch gehalten / und ihn gebehten /den Vorsaz / der Fremden Ruhten-züchtigung betreffend / zuendern / und solches durch einen schnellen Nachreiter Madates wissen zulassen; aber es wahr alles umsonst; dann Artabanus lachete ihrer unzeitigen Vorsorge / und fragete / ob sie sich dann vor zween einzigen Jünglingen fürchteten / von denen man nicht eins wüste / ob sie auch einen einzigen Diener umb sich hätten / der ihnen zustünde. Worauff Pakorus dieses mahl antwortete: Allergnädigster König; daß wir diese beyden Fremdlinge nicht als zween einzelne Jünglinge oder Ritter / sondern als trefliche Helden und Kriegsverständige halten müssen /solches haben sie mehr erwiesen als uns allen lieb ist / indem sie in zwo Feldschlachten schon über 60000 der allerversuchtesten und besten Völker uns abgeschlagen / und zwar solches mit geringer Mannschafft und noch geringerem Verlust / daß an ihrer tapfferen Kriegserfahrenheit zuzweifeln wir keine Ursach haben. Betrachte ich dabey / wie sie das Fräulein von dem verwahreten Schlosse bey hellem Tage haben können herunter bringen (dann daß sie darunter stecken / zweifele ich nicht) / so muß ich mich über ihren Verstand und kluge glükliche Anschläge zum allerhöchsten verwundern / und daraus schliessen / daß wir uns ungleich mehr vor ihnen als vor des Persen ganzer Macht zufürchten / oder zum wenigsten vorzusehen haben; wendete sich hernach zu Madates / und sagte zu ihm: Euer Unfall ist mir leid / aber noch mehr der ritterlichen Völker ihr Verderben / mit deren Hülffe ich mir getrauet hätte / mehr als 100000 Persen auffzureiben; Aber geschehene Dinge sind nicht zuendern / wiewol euch dannoch hätte wollen gebühren / unsers allgemeinen Feldmarschalks Fürst Vologeses Vermahnung nicht so liederlich zuschätzen /sondern an des ritterlichen Spitamenes Unfall ein Beyspiel zunehmen; Habet ihr nun von dem eingebildeten Sieges-pracht-wagen nichts als die Ruhten bekommen / die ihr einem andern hattet gebunden /möget ihrs eurer Vermässenheit danken. Dieses sagte Pakorus / weil er in Erfahrung gebracht / dz er sich gerühmet hatte / er wolte seinen Siegprangenden Einzug zu Charas also halten / daß nur Persische Herren Standes den Wagen fortzihen / und die beyden fremden ihm die Ruhten vortragen solten. Nach dieser verweißlichen Rede kehrete er sich wieder gegen den König / und sagte: Wir sehen und empfinden / daß die Unglükszeichen / davon im ganzen Reiche ein halb Jahr und länger viel geredet ist / schon angefangen zuwirken / und erinnere ich mich jenes Sternsehers Warnung / daß Eure Königl. Hocheit von denen den allergrösten Schaden einnehmen würde / welche sie bedacht währe / am höchsten zubeschimpffen; gebe der Hi el / dz der schon erlittene nit nur ein Anfang eines viel grösseren sey. Ich zwar kan das mit gegenwertigem Herrn Madates uñ seinen zwanzig Rittern ergangene / nicht anders als eine göttliche Schickung rechnen / die[891] uns warnen wil / daß wir nach diesem unsern Hochmuht mässigen / einen kleinen Feind nit verachten / und von unverantwortlichen Beschimpfungen abstehen; und wo wir diese Lehre annehmen / wird uns noch wol zurahten seyn; wo nicht / so stelle ich mir vor Augen / daß wol ehe ein Alexander mit geringer Macht den grösten König aus seinem Reiche getrieben hat. Der König hatte keine gewaltigere noch verständigere Fürsten in seinem ganzen Reich als diese beyden / Vologeses und Pakorus / mit denen er sich nit überwerffen durfte / doch verachtete er alle Vermahnungen / und befahl / daß alle Macht des Reichs zusammen getrieben würde / damit der Schimpff an den fremden ohmächtigen Fürstlein zeitig könte gerochen werden; Madates aber und den 20 Rittern nahm er alle angelegte Schande ab / ermahnete sie zur Rache / und gab ihnen die versprochenen Gelder / als ob der Anschlag ihnen gelungen währe. Hernach fragete Vologeses den König / warumb er doch seinem Hofmeister Bagophanes ein Heer anvertrauet hätte /welcher zwar vor 20 Jahren ein Obrister über eine dreytausichte Schaar zu fusse / gewesen / aber das Ampt eines FeldObristen gar nicht verstünde. Ja ich gedenke auch / sagte Pakorus / wie wol geputzet und gestriegelt die fremden ihn uns werden zurük senden /wofern nur Unglük ihn an dieselben führet. Nun legete gleichwol derselbe allen fleiß an / dem Fräulein auff die Spuhr zu kommen / brachte auch in Erfahrung / daß vier Rittersleute die erste Nacht im obgedachten Dörflein mit sehr schnelllauffenden Pferden ankommen / und daselbst geruhet / früh morgens auch bald wieder fortgangen währen / woraus er gnug muhtmassete / wo diese es gewesen / ihm unmöglich fallen würde / sie einzuhohlen / weil der Vorsprung gar zu groß wahr; ließ nicht desto weniger 60 wolberittene voraus hauen / weil die Menge bey den engen Durchzügen sehr auffgehalten ward. Die unsern aber hatte Gott schon in Sicherheit gesetzet / dann nachdem sie aus dem Jägerhause auffgebrochen waren / eileten sie frisch fort / was ihre Pferde ertragen kunten /hielten des Mittages unter einem schattigten Baume eine kurze Mahlzeit / er quicketen ihre Pferde / und liessen sie frisch wieder fortgehen / da um drey uhr nachmittage ihnen etliche hohe Bäume von ferne erschienen / und ihr Führer sagete: Sehet da meine Herren / jene Bäume vor uns / stehen schon auff Persischem Grund und Bodem. Ey so halte ich die Wette mit euch / sagte Herkules / als die mein Geselle ohn zweifel verspielet hat. Habe ich dann verspielet /sagte Valiska / so habe ich nie keine Wette lieber gewonnen / als ich diese verspielet habe; kehrete sich hin zu dem einen ädelknaben / und sagte zu ihm: Mein Ochus / zählet unserm Wirte von euren wolgelöseten Geldern 50 Kronen aus / ich wil ohn anmahnen euch davor 1000 wieder geben. Der Wirt empfing die Gelder mit Lust / und nach geschehener Danksagung steckete er sie in den Futter Sak / da Herkules zu ihm sagete: Guter Freund / wann mein Weg mich wieder auff eure Heymat zuträget / werde ich kühnlich bey euch einkehren. Solches wolte ich vor eine sonderliche Gunst auffnehmen / antwortete er / und nach vermögen willig auffwarten. Sie ritten ohn auffhören fort / biß sie zu Abends vor ein wolbeseztes Persisches Städlein anlangeten / in welches man sie nicht einlassen wolte / weil die Tohre schon versperret wahren; nachdem aber Herkules der Schildwache zurief / einen Befehlichshaber herzufodern / und derselbe ankam / befahl er ihm / dem Obersten der Festung anzudeuten / des Teutschen GroßFürsten Herkules Bedienter hielte mit seiner Geselschafft haussen / und begehrete eingelassen zu[892] werden. Dieser wolte nicht so leicht gläuben / ging selbst auff die Maur / und rief / ob er schrifftliches Zeugniß auffzulegen hätte / solten ihm die Tohre willig geöffnet werden. Bald wurden ihm zween FreyBriefe / einer von Artaxerxes / der ander von Herkules selbst geschrieben / eingereichet /nach deren Verlesung sie nicht allein willig eingelassen / sondern in die beste Herberge eingelegt wurden /da ihnen der Oberste treffliche Speisen zuschickete /weil sie sich wegertẽ / mit ihm zuessen. Herkules begab sich vor der Mahlzeit mit seinem Gemahl auff ein absonderliches Gemach / und verrichteten in herzlicher Andacht ihre Danksagung zu Gott / ein Stunde lang kniend / mit auffgehobenen Händen. O du grosser Wunder-Gott / sagete Valiska unter andern; wir sind ja viel zugeringe aller Barmherzigkeit und Güte /die du uns armen Sündern tuhst / und wir vielmehr deinen Zorn als Hülffe verdienet haben; jedoch / damit dein heiliger Nahme geehret werde / so laß nicht abe / uns weiter zuschützen / und bringe uns unter der Begleitung deiner Heil. Engel / in unser Vaterland. Insonderheit behteten sie den III / XX / XXIII / XXVII / XXX / XXXIV /XL / XLVI und XCI Psalm Davids / und hielten darauff in frölicher Gottesfurcht das Abendmahl / da ihr Führer mit ihnen zu Tische sitzen muste / dem Valiska die übrigen Gelder zustellete / und noch 50 Kronen zur Verehrung. Dieser sahe nunmehr / daß sie nicht Parthische / sondern Persische Leute wahren / welches ihn doch nicht irrete / nachdem er vor aller Gefahr gnug sicher wahr. Weil auch in Herkules / von Artaxerxes ihm gegebenen Freybriefe ausdrüklich gesetzet wahr / daß man ihn in allen Persischen Besatzungen nach Willen solte schalten und walten lassen /als ob er Artaxerxes selbst zugegen währe / legte Bubazes / Obrister des Orts / bey sich über / was vor ein grosser Herr dieser seyn möchte / da Herkules zu ihm schikte / mit begehren / biß an dẽ Markplaz auf ein Wort zu ihm zuko en; woselbst er ihm anzeigete / er hätte dem Parther Könige Artabanus einẽ schli en Possen gerissen / dz er ihn unverfolget nit lassen würde / wäre aber entschlossen / dessen an diesem Orte zuerwarten / uñ baht / es möchte der Oberste etliche Leute außschickẽ / daß man in aller stille in zwo oder drey folgenden Nachten so viel Reuterey als möglich seyn würde / und das Städlein einnehmen könte / herein brächte / welches zu ihrer beyder Ehr und Ruhm außschlagen solte. Bubazes erboht sich /auf seine Verantwortung zugehorsamen / und taht gute anordnung. Unterdessen redete Valiska mit ihrem Wirt / daß Morgen zeitig früh ein Kauffman mit güldenem und Seidem Gewande / auch etliche Schneider herzugefodert würden / legte sich nachgehends mit ihrem Herkules zu Ruhe / und wahren des Morgens frühe wieder auff / da sie vor etliche tausend Kronen köstliche Waaren zu Kleidern außnahmen /die in zween Tagen solten verfertiget werden. Dem alten Wirte ward sein Pferd und seine Esel mit guten Speisen wieder beladen / zu dem Herkules beim abschiede sagte: Mein Freund / ich möchte euch gerne einen guten Verdienst gönnen / nach dem ich sehe /wie ihr die Gelder so wol leiden könnet; deßwegen lasse ich euch wissen / daß ich eurem Könige Artabanus einen Reuterdienst erzeiget / welchen er mir ohnzweiffel durch nachschickung etlicher Völker vergelten wil; würdet ihr nun diese antreffen / so saget nur /ob sie einen / Nahmens Valikules suchen / köñet ihr ihnen denselbẽ nachweisen / dessen sie euch mit grossen schenkungen lohnen werden / und da sie solches unterlassen solten / wil ichs an ihrer stat leisten / wañ ihr werdet mit überkommen. Mein Herr / antwortete er / sich vor einen Auffsaz befürchtend / was unter Königen und grossen Herren[893] vorgehet / bekü ert mich wenig / jedoch wañ euch etliche guter meinung nachfolgen würden / und ich sie anträffe / wil ich mit überzukommen unvergessen seyn. Ging hiemit nach seiner Heimat zu / und gelangete des vierden Tages /nach dem er von Hause außgezogen wahr / wieder daselbst an / fand auch über vermuhten das Städlein mit Reutern erfüllet / dann dieses wahr eben der Ort /wohin Bagophanes seine Völker bescheiden hatte. Er selbst wahr vor drey Stunden daselbst angelanget /und erwartete seiner annoch hinterstelligen Mannschaft. So bald der Wirt in sein Hauß trat / vernam er / daß es Königliche Völker wahren / die etliche flüchtige verfolgeten / ließ sich bey Bagophanes angeben /und sagte zu ihm; Gnädiger Herr / ich werde glaubwirdig berichtet / daß unser König einem außgerissenen Diener nachfragen lässet; wann nun derselbe Valikules genennet würde / könte ich nicht allein gute Nachricht von ihm geben / sondern umb gebührlichen Lohn eure Gn. hin zu dem Orte führen / da er mit seiner Geselschaft sich auffs minste noch drey Tage auffhalten wird. Bagophanes sprang vor freuden auff /zog eine Handvol Kronen hervor / und sagte: Guter Freund / nehmet dieses zum Bohten Brod vorerst an /und leistet mir gebührliche Träue / die euch mit grossen Geschenken sol vergolten werden; aber lieber /wo meinet ihr / daß er anzutreffen sey? Er ist vor vier Tagen / sagte er / bey mir selb sechse zur Herberge gelegen / gab sich vor einen Königlichen Gesanten aus / der den Feld Herrn Madates zu lösen abgeschikt währe / uñ muste ich ihn des sichersten Weges nach einer Persischen Grenze Stad führen / da ich aus seinem beginnen wol vernam / daß er des abtrünnigen Persen Bedieneter ist. Bagophanes kunte ihm länger nicht zuhören / fragete / ob er nicht eine schöne Jungfer mit sich geführet hätte. Jener antwortete: Es währe ein sehr zartes Mensch / doch in Mannes Kleidern und Waffen bey ihm / die er vor ein Weibsbild hielte /dan wie schmal sie gleich sonst von Leibe und Gliedern / währe sie doch ungleich besser gebrüstet / als Jünglinge zu seyn pflegeten; ihr Angesicht / Halß und Hände / sagte er / sahen bräunlich / als von der Sonnen gebrant / und schien doch einer angestrichenen Farbe viel ähnlicher / welches ich abnahm / als sie einsmahls den Arm zimlich weit außstreckete / und an demselben eine dermassen weißlichte Klarheit erschien / als nie keinem Menschen mag zu Gesichte kommen seyn. Ihr bringet mir die angenehmste Zeitung von der Welt / sagte Bagophanes / und tuht mir leid / daß ich meine Völker nicht beysammen habe; doch weil des folgenden Morgens er nur 2000 missete / und 16000 bey sich hatte / brach er mit denen auff /ritte den ganzen Tag und die folgende Nacht ohn auffhören / biß er die Persischen Grenzen erreichete / daselbst / bey gutem angetroffenen Futter den Tag über ruhete / und bey lichtem Mondenschein nach mitternacht auffbrach / erreichete die Persische Stad vor der Sonnen Auffgang / und legte sich hinter einen langgestrekten Hügel / welcher mit dickem Gesträuche bewachsen wahr / daß man in der Stad seine Völker nicht sehen kunte. Nach Auffgang der Sonnen / schickete er einen Trommeter hinein / und begehrete vor sich als ein Königlicher Gesanter Freyheit / hinein zu kommen / umb etwas bey dem Obristen zu werben. Dieses ward Herkules alsbald zu wissen getahn / welcher begehrete / daß der Trometer eingelassen / und die Wache gar schwach und unansehnlich bestellet /insonderheit die Reuterey heimlich gehalten würde. Auch ließ man einen verschlagenen Kriegsknecht in Bauren-Kleidern heimlich außlauffen / umb zuvernehmen / was vor Völker etwa[894] in der nähe möchten verhanden seyn / welcher alles in Augenschein nam / uñ guten Bericht einbrachte. Der Trometer ward mit guter Antwort abgefertiget / und stellete sich Bagophanes selb zehne ein / seine Werbung abzulegen /der von seinem Trometer schon berichtet wahr / wie schlecht die Besatzung währe / welches er auch mit sonderlicher Lust also befand / nach Bubazes Hauß ritte / und ihn also anredete: Mannhafter Obrister; mein Großmåchtigster König Artabanus hat mich in aller Eile bißhieher abgefertiget / einer ihm durch List entführten Fräulein diß Schreiben einzureichen / und weil ich als gewiß berichtet bin / daß dieselbe sich an diesem Orte auffhalte / bitte ich freundlich / mir solches zuvergünstigen / und daß zugleich bey derselben ich meine kurze Werbung ablegen möge. Das ist ein verwägenes Anmuhten / antwortete Bubazes / in Feindes Stad denen nachzufragen / die sich vielleicht in Persischen Schuz möchten begeben haben. Ist aber das Fräulein / von welcher mir nichts bewust / wieder ihren Willen entführet? wie ich nicht anders weiß /sagte Bagophanes. Wie dann / und auff was Weise? fragete Bubazes weiter; und kan dieser euer König nicht ein Fräulein in seiner Festung schützen / wie wil er dan so weitläuftige Landschaften im Zaum und Gehorsam halten / die er ehmahls unterdrücket hat? Ich bin nicht befehlichet / sagte er / hierüber einigen Zankstreit mit jemande zu halten / aber das Fräulein betreffend / hält man davor / daß sie durch Zäuberkünste hinweg geführet sey. Durch Zäuberkünste? sagte Bubazes mit einem Gelächter; da gleich Valikules zur Tühr hinein trat / stellete sich / als währe ihm des Hoffmeisters Ankunft allerdinge unbewust / und verwunderte sich über seiner Gegenwart / grüssete und empfing ihn gar höflich / mit erbieten / ihm alle mögliche Dienste zuerweisen / weil er ihm neulich bey seinem Könige Gnade und verzeihung erworben /wovor er sich ihm schuldig erkennete. Der Auffzug schmerzete diesen sehr / hielt sich ernstlich / wolte ihn nicht ansehen / und sagete: Nachdem ich in Feindes Gebiet mich befinde / muß ich billich nach dessen Willen mich verhalten / bin aber bißher gewohnet /meinem Herrn auffrichtig uñ träulich zu dienen / auch dessen Schimpf uñ Schaden zuverhüten. So seid ihr auch ein redlicher Diener / antwortete Valikules / und wer anders dienet / der verdienet / daß ihn alle Welt hasse; aber wie befindet sich mein Herr so unvermuhtlich an diesem Orte / da ich ihn doch neulicher Zeit weit von hinnen zu Charas gesprochen? Mein Herr / antwortete ihm Bubazes / es sol dem Parther Könige ein Fräulein entführet seyn / die er gerne sprechen wolte / weil er der Meinung ist / sie halte sich dieses Orts auff; und nimt mich wunder / daß dieser König nicht eine einige aus seinem Frauenzimmer missen wil / deren er / gemeiner sage nach / ganze Häuser und Schlösser vol hat. Der Spot taht Bagophanes weh / und wahr ihm leid / daß er nicht alsbald die Gewalt gebrauchet hatte / durffte doch nicht ungütlich antworten / sondern baht / ihn mit Schimpfworten wieder seinen König nicht zubelasten / dessen Tuhn und lassen zuverantworten er nicht außgeschikt währe; so hätte sein König als der allergröste Welt Herr bißher niemand rechenschaft geben dürffen /möchte demnach auff sein Ansuchen gerne Antwort hören. Ich achte eures Gewäsches wenig / sagte Bubazes / so weiß ich auch von keiner fremden Fräulein /die sich alhie auffhalte / könnet also weiter zihen /und Nachforschung tuhn. Doch mein Herr / antwortete er / sie ist ohn zweiffel nicht weit von hinnen / dann gegenwårtiger Valikules / hat sie entführet. Ich? Bagophanes / sagte er; woher wisset ihr daß? zwar ich gestehe / dz[895] ich eine Krämerin mit mir von meiner gebietenden Fräulein Schlosse geführet; ist aber hochgedachtes Fräulein zugleich mit entsprungẽ / werdet ihr dieselbe nicht bey Valikules / sondern bey dem GroßFürsten der Teutschen / Herrn Herkules antreffen. Doch solte eurer Meinung nach / ich dieselbe entführet haben / wie haltet ihr mich dann so verächtlicht daß ihr bey diesem Herrn suchet / welches doch nicht in seiner / sondern in meiner macht stehen würde? Zwar dieser Herr kan euch wol freien Zu- und Abzug verstatten / aber das übrige / wie gesagt / müste bey mir gesucht werden. Dieser hoffete / es würde Bubazes solche ihm nachteilige Rede verantworten / weil es aber nicht erfolgete / sagete er: Es gilt mir endlich gleich / von wem ichs erhalte / wann ich meines Ansuchens nur gewehret werde. Wolan / sagte Herkules /ihr habt mir neulich einen freien Zutrit zu Artabanus gemacht / darumb wil ich euch wiederumb dienen /und mich bemühen / ob GroßFürst Herkules euch das Fräulein wolle sehen lassen. Ging hiemit nach seiner Herberge / stellete sich neben Valisken in seiner wahrhafften Gestalt / und legeten ihre neugemachten Kleider an / die eines Zeuges wahren / als ein Himmelblaues Seiden Tuch / mit schönen silbern Blumwerk. Sie hatten zween vergüldete Stüle mit güldenem Stük behänget / hinter ihnen stunden Gallus und Timokles in voller schimmernder Rüstung mit blossen Schwertern / und zu beyden Seiten die Persischen ädelknaben Ochus und Darius / in güldenem Stük gekleidet. Herkules ließ sein Goldgelbes Haar über die Schuldern hangen; das Fräulein aber hatte ihres in Gestalt einer Kronen auffgebunden / und hielten jedweder einen schneweissen Helffenbeinen Stab mit Golde beschlagen / in der Hand. Valiska sendete Darius in ihrem Nahmen nach Bubazes / mit bitte sie zubesuchen / und den Königlichen Gesanten mit sich herzuführen. Nun hatte dieser Obrister noch von ihr keine Wissenschaft / viel weniger / daß Valikules der GroßFürst Herkules währe / wie wol er aus den gefühteten Reden argwohnete / er würde sich in der Stad heimlich auffhalten / biß Darius ihn dessen anjezt verständigte / und er grosse Begierde bekam / diesem treflichen Fürsten auffzuwarten / daher er zu Bagophanes sagete: Herr Gesanter / wann es euch beliebet / ist das gesuchte Fräulein jezt müssig / euch zu hören; ging auch alsbald mit ihm hin. Als sie nun auff das Gemach traten / und Bubazes diese zwo herliche Fürstenbilder sahe / setzete er sich vor ihnẽ auff die Knie / und baht untertähnigst umb verzeihung / seiner aus unwissenheit begangenen unhöfligkeiten / weil ihrer Durchl. Anwesenheit ihm allerdinge verborgen gewesen; Herkules aber antwortete ihm: Mein lieber Freund / tuht uns keine Beschimpfung durch euer niderknien; ich erkenne euch an diesem Ort vor den /welcher an stat des Großmächtigsten GroßFürsten Artaxerxes diese Besatzung versihet. Bagophanes hatte das Fräulein in der nähe nie gesehen / und befand ihre Schönheit so beschaffen / daß sie der Nachfrage wirdig währe. Sie hatte ein köstliches Kleinot mit Artabanus Brustbilde am Halse / welches ihr zwischen den erhabenen Brüsten herunter hing; ihre Kehle war bloß / wie auch der rechte Arm / biß an den Ellebogen / welchen Herkules mit seiner Linken umbfassete /und machte ihre ernsthaffte verhaltung den Gesanten so bestürzet / daß alle vorbedachte Rede ihm entfiel /insonderheit / da er den treflichen Fürsten neben ihr sitzen sahe; endlich trat er hin vor das Fräulein / setzete sich nieder auff ein Knie / und fing also an: Unvergleichliches Fräulein / es hat mein allergnädigster König. Er wolte in seiner Rede fortfahren /[896] aber das Fräulein sahe ihn zornig an / und sagte: Was seid ihr vor ein blinder Gesanter? sehet ihr diesen vortreflichen Fürsten nicht / oder aber haltet ihr ihn einiges Grusses unwirdig? so packet euch bald von hinnen /oder ich werde euch Füsse machen; mein allergnädigster König Artabanus wird euch trauen nicht befohlen habẽ / dieselben zubeschimpfen / so mir lieb und angenehm sind / dann so lange seiner Königl. Hocheit ich Kundschafft gehabt / habe ich nie gemerket / dz er seine Diener zur unhöfligkeit angehalten hätte. Bagophanes antwortete: Durchleuchtigstes Fräulein / nachdem ich eines grossen Königes Gesanter bin / wil mir nicht gebühren / mich vor anderen zu demühtigen /als denen zuleisten ichs befehlichet bin; so kenne ich auch diesen Fürsten nicht / und habe ihn weder gesehen noch ichtwas von ihm gehöret. Herkules fing hierauff an: Höchstgeliebte Frl. Wase und Schwester /eure Liebe wollen sich hier an nit irren; Bagophanes hat nicht so gar unrecht geredet / auch mich nie als GroßFürst Herkules / aber wol als den verstelleten Valikules gekennet. Dieser hörete eigentlich daß es Valikules Stimme wahr; so fiel ihm auch Madates Rede ein / wunderte sich sehr / und sagte: Durchleuchtiger Fürst / dafern ihre Gn. der ehmahlige Valikules ist / bitte ich / mir zu verzeihen; vor meine Wenigkeit habe ich ohn schmeicheley ihre Gn. in meinem Herzen allemahl höher geachtet / als sie sich angegeben / währe auch bereit gewesen / derselben nach äusserstem vermögen alle Liebes und Freundschaftdienste zu erweisen / dessen ich die Götter zu Zeugen ruffe; doch wird mir niemand verdenken / daß wegen des grossen unterscheids / welcher an euer Gn. und des Valikules Angesicht erscheinet / ich in zweiffelhafter Verwunderung stehe. Solcher zweifel / antwortete Herkules / kan euch in keinen ungleichen Verdacht bringen / möget auch wol versichert seyn / daß ich noch diese Stunde erbötig bin / euch allen möglichen Willen zuerzeigen; aber woher sol meine Frl. Wase versichert seyn / daß König Artabanus euch ihretwegen abgefertiget / gestaltsam ihr dessen noch den allergeringsten Beweißtuhm nicht geführet habet. Durchleuchtiger Fürst / antwortete er / ich habe zwar von meinem Könige ein Schreiben an das Durchl. Fräulein / weiß aber nicht / ob ichs werde übergeben dürffen / weil ich leicht ermässen kan / daß des Valikules nicht zum besten darinnen mag gedacht werden. Daß hindert mich nicht / sagte Herkules; Ich habe schon unter meinem wahren GroßFürstlichen Nahmen von Artabanus schimpffs gnug einnehmen müssen /warumb solte mirs dann in Knechtes gestalt nicht begegnen? Uberdas seid ihr ein Diener / und habt eures Königes Schreiben nicht zubeantworten. Hierauff reichte er dem Fräulein das Schreiben / und baht untertähnigst umb genehme Antwort; welches sie mit ehrerbietung annam / fleissig durchlase / und mit einem sanften Lachen zu Herkules sagete: Durchl. Herr Oheim und Bruder / mein gnädigster König erzeiget in diesem Schreiben / als viel mich betrifft /Königliche Wirdigkeit / finde auch keine sonderliche Schmachreden auff Valikules / ohn daß er ihm die Baktrianische Zäuberkunst zuleget / worin er aber weit irret / massen mich ja der Wind nicht vom Schlosse gewehet / sondern bin mit gutem vorbedacht mitten durch die Wachten / mit vermahletem Angesicht / in Krämerkleidung davon gangen. Durchl. Frl. Wase / sagte Herkules; ob Artabanus mich vor einen Zauberer halte / mag er wissen / aber alsdann müste er mir nicht eine Kinderruhte binden / sondern ein Feur anzünden lassen / mich zuverbrennen / welches ich dann viel lieber als die Knabenzüchtigung erleiden[897] würde; doch sind seine ausgeschikte Zuchtmeister noch nicht recht gelehret / die Ruhte zu führen / deswegen man ihnen solche hat müssen zu kosten geben. Warnet aber euren König / Herr Bagophanes / daß er des dinges nicht mehr vornehme / dafern er nicht wil /daß allen seinen Rittern und FeldObristen / deren mein Bruder König Ladisla und ich habhaft werden /ein gleichmässiges widerfahren sol. Zwar ich habe Artabanus biß dahin vor einen König gehalten / aber nunmehr dürffte ich schier auff die Gedanken gerahten / er währe ein Schulmeister. Jedoch / daß ich den Gesanten nicht zu lange auffhalte / so wird meine Frl. Schwester ihm eine Antwort nach ihrem freyen Willen erteilen / welche ich stets gut heissen wil. Ja mein Freund Bagophanes / sagte sie hierauff; meines gnädigsten Königes Schreiben habe ich mit gebührlicher Ehrerbietung verlesen / nicht anders / als ob ich añoch auff seinem Schlosse gefangen währe; daß ich aber so furchtsame ertichtete Antwort / als damahls / von mir geben solte / bin ich nicht willens; deswegen höret meine Erklärung: Vorerst hat mein König mit diesem Schreiben mich aller vorigen Zusage ganz loßgesprochen / wie ich solches mit seiner eigenen Hand auffzulegen habe. Zohe hiemit Artabanus Versicherungs-Schreiben hervor / dessen in diesem Vierden Buche am 805 Blade meldung geschehen / gabs Bagophanes zulesen / und sagte weiter: Ob ich nun dieses gleich nit ansehen wolte / wie ichs auch nunmehr nicht ansehe / so muß aber doch mein und euer König durchaus wissen / daß ich keines geringen Standes noch von solchen Eltern entsprossen bin / denen in Ansehung König Artabanus ich Gehorsam versagen solte /sondern muß durchaus zu meiner Fr. Mutter reisen /und deren Bewilligung einhohlen / alsdann wird Euer König unbeschweret seyn / entweder selbst oder durch wirdige Gesanten umb mich zuwerben / und zuvernehmen / ob meine Fr. Mutter / und andere Königl. und HochFürstl. Anverwanten einwilligen können /und vielleicht nicht schon einem andern mich versprochen haben / welches ich eigentlich nicht wissen kan. Dieses alles / mein Freund Bagophanes / rede ich trauen nicht als eine verzauberte / sondern aus wolbedachtem Muht / so daß mein König die Einbildung der Baktrianischen Kunst wol mag fahrẽ lassen; welches seiner Hocheit zu hinterbringen / ihr unbeschweret seyn / und nebest freundlicher Begrüssung ihn aller meiner möglichen Ehrendienste versichern wollet; andere Antwort sol auch der Tod selbst aus mir nicht bringen / es währe dann / daß euer König mich dereins / weil ich noch unverheyrahtet / mit dem Schwert gewünne / dann solches erkennet auch meine Fr. Mutter zum Ober Herrn. Diese lezten Worte machten Bagophanes muhtig / bildete ihm auch ein /er hätte diese Bedingung schon so gut als erfüllet /und antwortete also: Durchl. Fräulein / nachdemmahl Euer Durchl. nicht gefället / mir andere Erklärung mitzuteilen / ungeachtet mein allergnädigster König ein bessers gehoffet håtte / muß ich mit dieser zufrieden seyn / zweifele nicht / mein unüberwindlichster König werde eine oder andere Bedingung einzugehen / sich schleunig erklärẽ / massen Eure Durchl. ich wol versichern kan / dz von deren Liebe abzulassẽ / seiner Hocheit unmöglicher ist / als sich selbst zuhassen. Des Großmächtigsten Königes gute Zuneigung gegen mich / habe ich wol gespüret / sagte sie / werde ihm auch nicht zuwider seyn / wann er obbenahmete Bedingung auff sich nimt; aber als eine von Räubern gefangene / und hernach verschenkete Leibeigene /gönne ich mich keinem Menschen nimmermehr. Hiemit nam Bagophanes Abscheid / und rief Herkules ihm nach: Lieber warnet euren[898] König / daß / wo es ihm umb meine Frl. Wase im Ernst zutuhn ist / er die vorgemeldete Bedingungen nicht auff die lange Bank schiebe / es dürffte ihm sonst ein ander in den Schnit fallen / gestaltsam meine Frl. Wase der Schönheit und des Alters ist / daß sich wol in kurzem ein Freyer finden dürffte / da es dann zu heissen pfleget / der erste führet die Braut vom Tanze. Das ist eine wolgemeynete Erinnerung / antwortete er / deren ich mit allem Fleiß werde eingedenke seyn; machte sich eilends zu seinen Völkern / und redete sie also an: Nun frisch auff / ihr meine lieben Söhne und Brüder; jezt hat das günstige Glük uns den Weg geöffnet / nicht allein den unserm Könige angelegten Schimpff zurächen / sondern dessen höchste Gnade zuerlangen / mehr als wir selbst wünschen mögen; sehet da / das elende Städchen / mit einer schwachen Maur und untieffen schmalen Wasser Graben umgeben; in diesem befindet sich unsers Königes entführtes Fräulein wider ihren Willen; dann nachdem die ihr angelegte Verzauberung ihre Wirkung geendet / und sie wieder zu vorigem Verstande kommen / suchet und wünschet sie nichts mehr / als durch uns gerettet zuwerden; Ich weiß / daß sie alle Augenblicke zählet / und horchet /ob nicht das Sturmgeschrey angehe / die Tohre gebrochen / die Mauren erstiegen / und sie aus des boßhafften Räubers Händẽ entrissen werde. So fasset nun ein Herz / uñ wagets auf gut Parthisch; Unsere Schwerter sollen in einer Stunde wieder erstreitẽ / was unserm Könige lieber als sein halbes Reich ist / und werden wir nichts so sehr beklagen / als daß diese unschazbahre Beute uns so wenig Mühe / Arbeit und Blut gekostet hat; Das Städchen ist mit schlechter Besatzung versehen / welche wir als einen Mann auffreiben wollen. Hierauff ordente er 300 Reuter / die des ganzen Heers Pferde hüten solten / die übrigen alle begaben sich zu fusse / hieben jedweder einen grossen Strauch aus dem dicken Gepüsche abe / legtens auff die Schulter / und lieffen damit der Stad ganz rasicht zu. Herkules ließ alle örter durch Bürger und Kriegsknechte durch einander vermischet / aufs beste besetzen / deren Anzahl in 3500 Mann bestund / die Reuterey aber samlete er in allen Gassen 6000 stark / und machte ihnen gute Hoffnung zur Beute / redete endlich Bubazes also an: Es ist ohn Noht / mein Freund /daß ich euch zur Manheit auffmahne / an welcher /angesehen euer GroßFürst euch diesen Platz anvertrauet / ich im geringsten nicht zweifeln sol; daß wir aber unserer Sachen einig seyn / und einer dem andern die hülffliche Hand bieten könne / ist dieses mein Vorschlag / welcher uns ohn zweifel den herlichen Sieg gebehren sol; stellet euch verzaget / und lasset den Feind nahe gnug kommen / verberget auch die Manschafft als best ihr könnet / biß ihr sehen werdet /den Feind guten teils über den Graben gelauffen seyn / dann gebet mir ein Zeichen; und wann ich mit ihnen in voller Arbeit seyn werde / so müssen Pfeile und Steine auf den Mauren nicht feyren / welche an 1500 Mann Schutz gnug haben / die übrigen 2000 behaltet bey euch zum Ausfall / an was Ort ichs begehren werde; alsdann wollen wir diese verwägene dergestalt dämpffen / daß ihnen der Kitzel bald vergehen sol. Hierauff teilete er die Reuterey in zween gleiche Hauffen / deren einen er Gallus untergab / mit befehl /wessen er sich verhalten solte. Bubazes wahr kaum auff die Zinnen gestiegen / da er den Feind schon sahe ankommen / nicht anders als ob der Wald zugleich mit ihnen fortgangen währe / uñ gedauchte ihn die Zahl wegen der Sträucher viel grösser als sie wahr. Als Herkules seine Waffen anlegete / hielt das Fräulein inständig umb Vergünstigung bey ihm an / daß sie mit ausfallen[899] möchte / welches ihr aber Herkules mit diesen Worten abschlug: Mein teures Herz / ich bitte durch Gott / von diesem Vorhaben abzustehen /und durch eure Gefahr nicht zuverursachen / daß ich mehr auff Beschützung eurer / als Abtreibung der Feinde müste bedacht seyn; bedenket / wie einen betrübten Herkules eure Verwundung machen würde /durch welche eure Schönheit auch nur im geringsten solte verletzet werden; einmahl ist gewiß / dz Gott keinen gefallen daran träget / wann man sich in unnöhtige gefahr begiebt; Lasset euch demnach / bitte ich / diese meine Abmahnung zu Herzen gehen / und machet mich in diesem Stücke glükselig. Valiska umfing ihn auff solche Rede gar freundlich / und nach gegebenem Kusse sagte sie: Ich bitte von ganzer Seele / mein höchstwerdester Schatz wolle mir diesen unbedachtsamen Frevel verzeihen / und es meiner unbesonnenen Jugend / nicht der Widerspenstigkeit zuschreiben; nach diesem werde ich behutsamer seyn /und nicht bitten / ehe ich bedacht habe. Ich wil dieses / geliebts Gott / auff meine glükliche Wiederkunfft beantworten / sagete Herkules / jezt werde ich hinmüssen / und vernehmen / wie geschikt der furchtsame Bagophanes sey / mir diesen Schaz zunehmen /den mein Gott so weit schon in Sicherheit gebracht hat. Nun hatte gleichwol derselbe unter seinen Völkern gute Anordnung gemacht / dann es wahren verständige Häuptleute unter ihnen / welche die Knechte anführeten / daß sie den Graben mit ihrem Reisig und darauff geschüttetem Sande und Steinen an fünff Orten ausfülleten / und frisch hinüber lieffen / sich des Stad Tohrs zubemächtigen. Es geschahe ihnen an ihrer Arbeit keine Hinderung / sondern zum scheine schoß man etliche unschädliche Pfeile heraus / und wahr in der Stad verordnet / daß etliche Weiber und Kinder hinter der Maur ein klägliches Geheule anfahen musten / als ob die Stad schon erstiegen währe; welches der Feind hörend / kaum abwarten kunte /daß der Weg über den Graben fertig wahr. Jedoch sahe sich Bagophanes nach art der furchtsamen wol vor / ließ 4000 den Sturm antreten / und stellete ihnen 3000 zum Entsatz / dafern sie abgetrieben würden; die übrigen 9000 behielt er auf begebenden fall bey sich in guter Ordnung / doch (welches ihm den grösten Schaden taht) alle zu fusse / weil er ihm nicht kunte träumẽ lassen / daß Reuterey in der Stad währe. Der erste Hauffe bemühete sich sehr / das Tohr zuerhalten / aber wann sie zu nahe traten / wurden sie mit den herunter gewalzeten Steinen dergestalt empfangen / daß sie in den ewigen Schlaff gerieten; so mangelte es ihnen an Feur und nöhtigem Sturmzeug / hatten weder Hacken noch Axten bey sich / nur daß sie mit grossen Bäumen wider das Tohr lieffen / biß es endlich begunte baufällig zu werden. Auch wahren noch etliche tausend mit ihrem Gesträuch übrig / welche solches an die Maur legeten / und mit Erde überschütteten / dz in kurzer Zeit sie diesen Zutrit fast der Mauren gleich erhöheten. Herkules dauchte nunmehr Zeit seyn / den Ernst zugebrauchen / und ließ einen frischen Persischen Obristen / namens Orobates mit 1000 Pferden von Suden her ausfallen / welcher die zum Entsatz verordnete 3000 antraff / mit denen er sich rechtschaffen abwetzete / und sie von dem Graben gegen sich zog / weil sie aber ganz verwägen zu ihm eindrungen / und mit Pfeilen ihm drange gnug tahten / schikte ihm Gallus 500 Reuter zum Entsatz /vor deren Ankunfft die Feinde nicht wenig erschraken. Inzwischen gingen Steine und Pfeile von der Maur gewaltig auff den Feind loß / daß sie weder zum Tohr noch zur Maur nahen durfften / sondern zurük über den Graben drungen / da ihrer 300 ersoffen.[900] Herkules nam auff solchen glüklichen Anfang mit Bubazes Abrede / wie ers halten solte / ging von Norden mit allen feinen 3000 Pferden auff Bagophanes an / welcher nunmehr / aber zuspät beklagete / daß er die Pferde hatte zurücke gelassen / ging deswegen mit seinen Völkern hinter sich / ob er einen Teil der seinen beritten machen könte / aber Herkules ließ ihn den Weg mit 800 Pferden ablauffen / und drang mit den übrigen hefftig auf den Feind hinein. Weil auch Orobates begunte getrieben zuwerden / entsetzete ihn Gallus mit seinen 1500 Pferden / welche in zimlicher Ausbreitung auff den Feind traffen / und auch an diesem Orte alles wieder gut macheten. Endlich fiel auch Bubazes mit 1500 Schützen zu fusse aus / welche von fornen zu dergestalt mit ihren Pfeilen traffen / daß es gewaltig über die Parthen ging / doch weil Herkules eine schädliche Vermischung der Völker besorgete /ließ er alle Reuter hinter sich weichen / foderte die übrigen zu fusse / biß auff 200 nahe / alle aus der Stad / machte eine neue ansehnliche Schlachtordnung / da er mit seinen Reutern zur Rechten / Gallus aber zur Linken / und Bubazes mit den Fußknechten in der Mitte hielt. Bagophanes wahr mit den seinen zwischen der Stad und den Persen eingeschlossen / und zwar in solcher Enge / daß er kaum Platz hatte / seine Leute zuordnen / da die verständigen Obristen und Hauptleute / ihm schon verweißlich vorhielten / daß er sie nicht allein ihrer Pferde beraubet / sondern nicht eins nachgeforschet hätte / wie stark die Feinde wären. Doch samlete ein jeder Obrister ein Häuflein um sich / so gut er kunte; Die unserigen gingen gar eiferig auff sie loß / und traff Herkules auff Bagophanes / der 800 umb sich hatte / welche nach kurzem Gefechte zustreuet wurden / und Herkules zu ihrem Heerführer sagete: Ergebet euch meiner Gnade / Bagophanes / so wil ich euch der vorigen Kundschafft geniessen lassen. Dieser nam solches willig an / warff sein Gewehr von sich / und ließ sich gefangen hinführen / welches seine Völker ersehend / auch umb Gnade rieffen / und das Gewehr von sich legten. Es hatte dieses Treffen kaum eine Stunde gewehret / da wahr der Sieg völlig erhalten / und ließ Herkules vom Streit abblasen / ward auch fast im Augenblik das Blutvergiessen gestillet / und muste Gallus mit 800 Mann hinreiten / des Feindes Pferde in Hut zunehmen / biß er folgen würde. An Feindes seiten wahren 4000 erschlagen / und 12000 gefangen / dann die Pferde Hühter ergaben sich Gallus gleich bey seiner Ankunfft. Herkules ging auch mit 500 Reutern dahin /und ließ zum Gepüsch hinein ruffen / daß wo etliche sich drinnen verstecket hätten / solten sie alsbald hervor kommen / oder eines schändlichẽ Todes sterben; aber nur etliche Troßbuben funden sich an. Jungfer Kleofis / und Herkules neulicher Parthischer Wirt /nachdem sie der ihren Niderlage gemerket / hatten sich aus Angst in eine Hecke verkrochen / und befrageten sich / wie sie es halten wolten; da der Wirt sagete: Ich wil mich meinen ehmahligen Gästen ergeben / von denen ich alle Gnade verhoffe; Und ich / sagte Kleofis / wil lieber in meiner gnädigsten Fräulein Dienste wieder eintreten / als den wilden Tihren hieselbst zur Speise dienen; machten sich auch eilig hervor / und liessen sich gefangen nehmen / welche als bald Herkules zugeführet / und von ihm gnädig angenommen wurden. Die Feindes-Pferde wurden alle nach der Stad getrieben / da sie als eine freye Beute solten ausgeteilet werden; welches bald geschahe / da jedem Reuter und Fußknecht / auch jedem Bürger ein Pferd mit allem Zubehör gegeben ward / nachdem die Befehlichshaber zuvor 6000 der besten ausgelesen hatten / von welchen Herkules 800 /[901] Bubazes 200 /und Gallus 200 wider ihren Willen nehmen musten. Es hatte an unser Seite wenig Blut gekostet; Herkules missete 60 Mann / Gallus 120 / und Bubazes 125. Die ganze Menge der Gefangenen (welche alle ansehnliche starke Mäñer / und der Kern der Parthischen Reuterey warẽ) wurden von 1500 Fußknechten uñ 2000 Reutern bewachet / dz man hätte sagen mögen /die Mäñer in grosser Anzahl wären von wenig Kindern gefangen / welches auch den Parthẽ so wehe taht / dz etliche Befehlichshaber unter ihnẽ sich selbst entleibetẽ; Insgemein aber rieffẽ sie / es müste Bagophanes verflucht seyn / dz er sich unterwundẽ hätte /etwas zuleisten / dazu er allerdinge ungeschikt wäre; Herkules selbst trug mitleiden mit ihnẽ / ritte zu ihnen hin / uñ redete sie also an: Ihr redliche Soldaten / dz besser sey / ein Löue zum Führer / und Hasen zu Kriegsknechten / als ein Hase zum Führer uñ Löuen zu Kriegsknechten / solches habt ihr heut mit eurem schaden erfahren müssen; ich vor mein Häupt zweifele nit / dz viel unter euch gefunden werden / welche düchtiger gewest währen zu befehlen / als euer Feld Herr zugehorsamen / aber ihr müsset mit dem Glückesfalle zu frieden seyn / und danket Gott / daß ihr nicht meinem Bruder und Oheim Könige Ladisla /sondern mir in die Hände gefallen seid / als der ich willens bin / dergestalt mit euch zu handeln / daß ihr mein gutes Herz und mitleiden in der Taht spüren sollet. Die Gefangene tahten alle einen Fußfal / aber keiner unter ihnen wolte ein Wort reden / aus Furcht / sie möchten bey ihrem Könige als meinäidige angetragen werden / und ließ ihnen Herkules Brod und Wasser zur Labung mitteilen; er erfuhr aber ohngefehr / daß noch 2000 Parthische Reuter zurük währen / denen er einen geherzeten Persischen Obristen nahmens Bahysthenes mit 3500 Pferden entgegen gehen ließ / welche sie nach verlauff drey Stunden antraffen / und als ermüdete leicht überwältigten / so daß sie deren 600 erschlugen / und 1400 mit sich gefangen führeten / jedoch auch 240 einbüsseten. Herkules ritte mit Bagophanes uñ Bubazes nach seiner Herberge / da Gallus die Gefangene Jungfer an ihrem Zelter nachführen muste / hinter welcher der gefangene Wirt ritte; unterweges sagete Herkules zu Bagophanes: Mein / wie habt ihr euch können bereden / eine Feldherrschaft über euch zunehmen / worzu ihr meines erachtens nicht wol unterrichtet seid; es wuste ja euer König /daß Valikules sich seiner Haut zimlich erwehren kan; doch was meinet ihr? wann Artabanus mich oder die meinen dereins in seine Gewalt bekommen solte; würde er mir auch die Gnade wiederfahren lassen / die ich euch und meinen Gefangenen erzeige? Diesem guten Herrn lag annoch seine Hoffmeisterschaft im Sinne / und antwortete mit wenigen; Das Glük währe Kugelrund / und sein König der mächtigste Herr der Welt / nicht anders als ein gäher Berg zu schätzen / in desser Tahle eine Werfkugel zwar etliche Halme einknicken / aber den Berg nicht hinauff rollen / viel weniger denselben umbwerffen könte; doch wie dem allen / so wüste sein König auch Gnade zuerzeigen /wie ers selbst in der Taht erfahren hätte; und weil dessen Hocheit ihm die Feldhauptmanschaft auffgetragen / hätte er gehorsamen müssen. Herkules wolte ihm diesen groben Streich zu gute halten / und antwortete; Ja / ich als Valikules weis etwas von eures Königes Gnade / aber nicht als Fürst Herkules / sondern hier erkeñe ich ihn nicht anders als einen gräulichen Wũterich / daher ich mich bemühen werde / ob seiner unbilligen Gewalt die Seulen nicht in etwas können erschüttert werden. Meinet ihr aber / Artabanus sitze über Glückesfal? Ey das Wiedrige[902] habt ihr ja schon erfahren / in dem ich Einsamer ihm seinen allerliebsten Schaz / dessen er unwirdig wahr / entführet habe. Unwirdig? sagete Bagophanes / der allermächtigste Beherscher dieser grossen Morgenländer? ey lieber /man verschone doch der höchsten Königlichen Wirde / damit nicht dereins gar zu schwere Busse darauff erfolgen müsse. Herkules hätte der Troz schier verdrossen / und sagete: So dürffet ihr mir noch wol dräuen? oder meinet ihr / der elende Valikules reite neben euch daher? könnet ihr meine Gnade nicht ertragen /so trauet mir / ich habe auch gelernet / scharf und ungnädig zu seyn. Ob nun gleich euer König ein grosser Wüterich ist / daß sichtet mich wenig an / ich werde aber die Mühe nehmen / ihn seiner gedräueten Ruhten gereuen zu machen; und versichert euch / daß wann ihr in meines Bruders / Königes Ladisla Gewalt währet / müstet ihr die Ruhten ja so wol als Madates /schmecken / und fehlet gar wenig / ich dürfte euch ihm zu schicken. Dieser begriff sich hiedurch / baht umb vergebung und Gnade / und erboht sich zu untertähnigem Gehorsam. Die Zeittung des Sieges durffte man dem Fräulein nicht bringen / dañ sie hatte auff der stärkesten Zinnen alles selbst angesehen / wahr auch schon vor der Schlacht von Bubazes angeordnet / daß der GroßFürstliche Hoff geöffnet / und Herkules eingeräumet würde; dahin sich das Fräulein bald nach erhaltener Schlacht begab / und auff einem herlichen Gemache ihren Herkules in Bagophanes Gegenwart mit einem lieblichen umbfahen / und anmuhtigem Kusse empfing / zu ihm sagend: Durchl. Herr Oheim und Bruder / wegen glüklicher überwindung eurer unversehenen Feinde / wünsche euer Liebe ich Glük /und bitte Gott von Herzen / Er wolle euren Waffen wieder allen unsern Feinden / stärke uñ Sieg geben /daß sie nach erlangetem Preiß und Ehre euch gesund uñ frisch wieder in euer GroßFürstentuhm geleiten. Aber mein Bagophanes / ich trage dannoch Mitleiden mit eurem Unfall / worin euch die lautere Unvernunft gestürzet hat / in dem ihr die von mir gesezte Bedingung / mich mit dem Schwerte zugewinnen / zur unglüklichen Stunde vorgenommen habet / da ihr etliche tausend Seelen drüber auffgeopffert / und aus einem freien Herren zum gefangenen Knechte worden seid. Ich wil aber den Durchl. GroßFürsten euretwegen bitlich anlangen / daß ihr mein Gefangener seyn möget /da ich dann in der Taht erzeigen wil / wie gewogen ich eurem Könige und allen seinen Leuten bin. Nicht allein Bagophanes / sagete Herkules / sondern 1000 Gefangene sollen euer Liebe geschenket seyn / doch habe ich noch ein ander par Gefangener im Pusche erhaschet / welches ich einliefern werde; hieß darauff Gallus / die Jungfer und den Wirt herein zuführen. So bald Valiska ihre geliebete Kleofis erblickete / trat sie ihr freundlich entgegen / umbfing sie / da sie niederknien wolte / und sagete: O meine liebe und angenehme Freundin / was vor gutes Glük hat euch hieher geführet? kommet ihr vielleicht auch / mich wieder zu hohlen? gewißlich habe ich umb verzeihung zu bitten / daß ich mein geliebtes Frauenzimmer / welches mir bißdaher Geselschaft geleistet / unbegrüsset verlassen; sie werden mich aber nach ihrer Gewogenheit entschuldigen / in betrachtung / daß die anzeigung meines Abzuges mein Vorhaben gar zu Wasser hätte machen dürffen. Aber lieber saget mir / ist auch einiges unschuldiges Blut / meiner Flucht wegen vergossen? und wie gehets doch meiner Sysigambis / die ausser zweiffel bey andern in grossem Verdacht stehet; aber ich schwöre bey dem wahren Gott daß vor meinem Abzuge sie eben so wenig von meiner Flucht /als der König selbst gewust[903] hat. Kleofis wolte niderknien / und umb Gnade und Schuz bitten / aber das Fräulein wehrete ihr solches / und sagete: Ich gebe euch / liebe Freundin / eben so hohe Versicherung /als ich selbst habe; fassete sie bey der Hand / und führete sie in ein Nebengemach / daselbst zu ihr sagend; Herzen Freundin / lieber saget mir / wie gefält euch mein Oheim / GroßFürst Herkules? Ach mein gnädigstes Fräulein / antwortete sie / ich gläube nimmermehr / daß seines und eures gleichen in aller Welt lebe /wolte ihn auch lieber vor einen Engel als Menschen ehren. O nein / sagte das Fräulein / er ist freilich ein Mensch; aber woltet ihr mir auch rahten / daß ich ihn umb Artabanus vertauschen solte? sehet / dieser unvergleichliche Held ist schon drey Jahr mein verlobter Bräutigam; ja er ist eben der euch bekante Valikules /der mit einer angestrichenen Farbe sich unkentlich machen kan; und was meinet ihr / wie meinem Herzen muß zu muhte gewesen seyn / da ich ihm entrissen /mich dem ungestalten und unflätigen Artabanus gönnen solte? Gnädigstes Fräulein / antwortete Kleofis; eure Durchl. behalten ja was sie haben / und gehen nimmermehr solchen ungleichen Tausch ein; zwar der König hat mich bloß zu dem Ende hergesant / daß eurer Gn. ich nicht allein auff dem Rükwege untertähnigst auffwarten / sondern dieselbe auch bereden solte / wieder mit umbzukehren / wovon ich aber kein Wort zuverlieren willens bin / möchte nur von Herzen wünschen / daß eure Durchl. sich meiner gnädigst erbarmen / und in ihre Dienste vor ihre Leibmagd mich auffnehmen wolte / damit ich dem unzüchtigen Könige mich nicht wieder stellen dürffe / vor dem ich /dem Himmel sey Dank / meine Keuscheit bißher erhalten habe. Meinet ihr / sagte Valiska / daß ich euch lassen werde / nachdem ihr mit dem Schwerte gewonnen / und ohn daß mir die Liebste meines ganzen Frauenzimmers seid? Ich wil euch nach Wirdigkeit versorgen / und köstlich verheyrahten; ob euch dann gleich euer Väterliches Erbe in Parthen zu rücke bleiben solte / wird sich der Brautschaz doch wol findẽ. Nach dem uns aber Obrister Bubazes zur Mahlzeit gebehten / und es schon zimlich spät ist / wollen wir uns nicht länger auffhalten. Gallus trat gleich zu ihnen hinein / mit vermelden / der GroßFürst währe mit Bagophanes schon hingeritten / und wartete die Gutsche im Vorhofe ihrer Ankunft. Also fuhr sie mit ihrer Kleofis hin / und wurden von Bubazes höflich empfangen. Beydem Essen ging mannicherley Gespräch vor / da unter andern sie auff der Fräulein Flucht zu reden kahmen / und sie alles erzählete / was gestalt sie ihre Hoffmeisterin hintergangen / und mit der Krämerey ihr die Blendung gemacht / daß sie Freiheit bekommen / in angestrichener Farbe davon zuscheiden. Worauff Bagophanes anzeigete / wie man die Hoffmeisterin in schwerem Verdacht hätte / ungeachtet sie sich mit einem Schreiben vor ihrem Abscheide höchlich entschuldiget; hätte auch ohn alle Gnade eines schmählichen Todes sterben müssen / da sie sich durch die Flucht nicht gerettet hätte. Valiska freuete sich sehr / daß sie davon kommen wahr / und muste Kleofis alles nach der Ordnung erzählen / wie es anfangs mit ihrer Krämerey / hernach mit der Fräulein Nachsuchung / und mit Artabanus Kummer ergangen; welches Bagophanes mit grossem Verdrus anhörete /und ihr durch Winken zuverstehen gab / sich in erzählung des lezten Stückes zu mässigen; welches sie aber nicht merken wolte. Valiska fragete sie / ob sie auch die beyden Krämerinnen noch kennen wolte / wañ sie zugegen währen; Und als sie solches bejahete / sagte sie weiter; Ey so schauet mir diese beyden Auffwarter etwas genauer an;[904] ja bey meiner Träue / antwortete sie / eben diese sind es / und hatte diese / auff Ochus zeigend / sehr grosse Brüste / wie eine Säugemutter. Dieser antwortete; ja hoch ädle Jungfer / selbige meine Brüste hätte ich gerne behalten / aber weil sie mit kräfftigem Laabwasser angefüllet wahren / schnitte mein Wirt zu Charas sie mir gar abe / einwendend /es müste sein König in seiner Ohmacht dadurch erquicket werden. Euer ädlen Tugend aber gebe ich den Ruhm / daß sie am frischesten gekaufft / und mir das meiste Geld gegönnet hat / welches ich auch schon an andere Waaren gelegt / nehmlich an lauter Bodem-lose Körbe und Brillen / mit welchen ich ehist nach Charas reisen / und sie König Artabanus feil bieten wil. Dieser Spott schnitte Bagophanes durch die Seele / insonderheit / als er Herkules und Kleofis darüber lachen sahe / und Valiska es nur mit einem leichten Schimpff beantwortete. Deswegen er / seinen König zuvertreten / zu Ochus sagete: Als ich ein Auffwarter wahr / muste ich höflicher von grossen Königen reden. Und als ich ein Feld Herr wahr / antwortete dieser / muste ich meinen Reutern die Pferde nicht selbst nehmen / sondern warten / biß sie von den Feinden herunter geschlagen würden. Alle anwesende fingen an hefftig zulachen / ohn Herkules mässigte sich / und sagte zu Bagophanes: Verzeihet mir / daß ich diesem meinen sehr lieben Diener nicht einrede /weil er durch seine Träue mich ihm zu hoch verbunden hat; Aber Ochus / der hinter Herkules stund / küssete denselben den Ermel in tieffer untertähnigkeit /und sagete: Durchl. GroßFürst / gnädigster Herr; ich bin allerdinge unfähig / solcher hohen Gnade / vor welche ohn fehlen Euer Durchl. ich Leib und Leben schuldig bin; Gebt euch zufrieden / mein Ochus / antwortete Herkules / was euch von mir versprochen ist /sol euch redlich gehalten werden. Unter dieser Beredung erhohlete sich Bagophanes / daß er alles unbeantwortet gehen ließ / fing auch an / aus vielen Merkzeichen abzunehmen / daß viel eine vertraulichere Freundschaft zwischen Herkules und dem Fräulein war / als die aus Verwandniß herrühret / daher sahe er nicht / wie seinem Könige würde zuhelffen seyn / welcher vor Liebeswuht nicht zubleiben wuste; doch ließ er sich des zweifels nicht merken / sondern als die Gelegenheit es gab / baht er das Fräulein / ihm die Gnade zuerzeigen / daß er nach seinem Könige zihen / und ihm allen Verlauff hinterbringen könte / wobey er noch die Frage hinan henkete / ob Ihrer Gn. nicht beliebete / an seinen König eine schrifftliche Erklärung auffzusetzen; Welches sie ihm höflich abschlug /mit vorwenden / einem Fräulein müste zur Leichtsinnigkeit ausgelegt werden / die in Heyrahtsachen die Feder gebrauchete / ehe und bevor sie durch ihre Eltern oder Anverwanten einem Bräutigam zugesagt währe; seine Erlassung betreffend / solte er gar keinen Zweifel haben. Er bedankete sich wegen dieser Gnade / und hielt noch weiter an um einen schriftlichẽ Schein / damit er bezeugen könte / Ihre Gn. gesprochen zuhaben. Sie wuste nicht / wie sie ihm dieses abschlagen solte / endlich sagete sie: Eurem Könige zuschreiben /könte ich mich noch endlich finden lassen; nachdem ich ihm aber niemahls als bey Frauenzimmer Briefe zugeschicket / bin ich gar nicht willens / solche Gewohnheit zu endern. So könte es / sagte er / bey Jungfer Kleofis sehr wol geschehen; Aber sie antwortete ihm: Meynet ihr dann / daß ich diese meine liebwerte Jungfer von mir lassen werde? Nein / nein / mein Freund / hätte ich mein ganzes Frauenzimmer bey mir / wolte ich sie nicht allein der Furcht künfftiger Schande benehmen / sondern sie durch adeliche Aussteur zu Ehren bringen / dañ ich weiß /[905] daß sie an ihrer Jungfrauschafft unverletzet sind. Bagophanes meynete / es würde Kleofis solches erbieten nicht annehmen; als er aber hörete / wie höchlich sie vor diese Gnade sich bedankete / und ihre jetzige Gefängniß vor ihr höchstes Glük rechnete / währe ihn fast vor leide geschwunden / dann er hatte sich in sie hefftig verliebet / und wahr willens / weil er ein Witwer wahr / sie zuheyrahten; hatte auch auff dieser Reise schon häuffige Ansuchung bey ihr getahn / aber keine genehme Antwort erlangen / noch sie zu seiner Liebe bewägen mögen; nur hoffete er / sie von dem Könige zuerbitten / wo nicht alsbald / aufs wenigste / wañ sie demselben eine zeitlang würde beygewohnet haben. Aber sie wahr einem andern in reiner Jungfrauschafft versehen; dann Bubazes bekam so inbrünstige Liebe über der Mahlzeit zu ihr (wie sie dann der schönsten adelichen Jungfern aus ganz Parthen eine / und ohngefehr von 17 Jahren wahr) daß er kein Auge von ihr abwenden kunte / dessen Valiska bald wahr nam /und ihr nicht übel gefiel / auch bald nach der Mahlzeit sie also anredete: Liebe Freundin / dafern ich nicht irre / hat Bubazes euch schon in sein Herz eingeschlossen / als der noch unverheyrahtet / und ein tapfferer Persischer Obrister von gutem Adel ist; da ich nun wissen solte / daß er euch gefiele / wolte ich dieser Heyraht schon raht schaffen. Kleofis erröhtete von Scham / und antwortete: Sie könte nicht gläuben / daß so ein vornehmer Obrister nach einer Gefangenen sich umsehen / geschweige / einige Liebe auff sie werffen solte; doch wann es ihr so gut werden könte / hätte sie es bloß ihrer Gn. zudanken. Lasset mich nur machen /antwortete sie / und soltet ihr einige Ansprach von ihm haben / so weiset ihn an mich / ich wil es schon zukarten wissen / daß es recht wird. Nach abgetragenen Speisen ward ein Tanz gehalten / da das vornehmste adeliche Frauenzimmer der Stad / und die sonst hinein geflöhet / anwesend wahren. Herkules aber ritte mit Bagophanes und Bubazes hinaus zu den Gefangenen / welche sich in 12 gleiche Schaaren setzen / und mit Würffeln spielen musten / welche Schaar dem Fräulein zufallen würde / und wahren die leztgefangene noch nit angelanget. Nach geendigtem spielen redete Herkules sie also an: Die / welche die meisten Augen geworffen / sind dem Durchl. Königl. Fräulein von mir geschenket / welche nebest ihrem Feld Herrn Bagophanes frey nach Hause zihen mögen / und ob gleich die andern mit mir biß nach Persepolis reisen müssen / sollen sie doch in der Taht erfahren /daß auch daselbst meine Gnade noch gültig sey. Die freygegebene bedanketẽ sich mit einem Fußfalle / zeigeten aber an / sie wolten lieber allein / als mit ihrem gewesenen unverständigen Feldherrn fortzihen / damit sie nicht aus Eifer und Rachgier sich an ihn vergrieffen; womit Herkules friedlich wahr / aber Bagophanes in sich selber grießgramete. Es musten jedoch diese freygegebene mit ihrem Auffbruch biß des folgenden Morgens verziehen / und ritte Herkules mit seiner Geselschafft wieder nach der Gästerey / woselbst der Tanz noch anhielt / und Valiska zu ihrem Herkules sagete: Mein Schatz / wie lange wird es nun wol seyn / als wir den lezten Tanz mit einander auff dem Prager Schlosse hielten / und die Fũsse mir ihr gebührliches Amt schier versaget hätten / weil mein kindliches Herz gar zu stränge belauffen war? Mein Seelichen /antwortete er / ich habe sider dem keinen Tanz geführet / daß dieser unser lezter mir nicht zu Sinne gestiegen währe. Ich wolte aber hoffen / sagte sie / es besser zumachen / da mir das Glük meinen Liebsten zum Tanze brächte. Darzu bedürffen wir keines sonderlichen Glückes / antwortete er; nam sie bey der Hand /und fing in Stiefel uñ Sporn[906] den zierlichsten Tanz mit ihr an / daß die anwesende bekenneten / in allen Morgenländern wäre desgleichen nie gesehen. Aber O wie verriet sich hieselbst ihre vertrauliche Liebe; wañ Herkules im begegnen ihr die Hände küssete / und sie ihm hinwieder nicht geringere Zeichẽ der Dankbarkeit sehen ließ. Nach dieses Endigung bestellete Valiska einen neuen / nam ihre Kleofis auff / und führete sie Bubazes mit diesen Worten zu: Herr Obrister / ich werde euch diese meine Jungfer zum Tanze liefern /deren Tugend und Frömmigkeit neben angebohrnem Adel noch wol eines ädlen Tänzers werd ist. Der verliebete Mensch hatte nichts mehr gewünschet / als durch Tanzes-gelegenheit mit ihr zusprachen / welches er dißmahl nicht verabseumen wolte / sondern nach geendigtem Tanze zu ihr sagete: Hochädle Jungfer / wann das Glük mich dereins so hoch beseligen wolte / daß von ihrer Vortreffligkeit ich vor ihren Ritter und Diener könte auffgenommen werden / würde ich den heutigen Tag / als den ersten ihrer gewünscheten Kundschafft / den Anfang meines wolergehens setzen / nicht daß aus Verwägenheit ich mich dieses Glüks wirdig schätze / sondern bloß ihrer guten Gunst müste ichs zulegen / dafern dieses mein hochbegieriges ansuchen stat und raum finden würde. Kleofis antwortete ihm: Gestränger Herr Obrister / ich eine arme gefangene / und verlassenes Wäyselein /bin nicht fähig / von einem solchen Ritter dergleichẽ Reden anzuhören / in Betrachtung / daß wenig gefunden werden / die anderer Leute Unglük in so traurigen fällen zubeherzigen pflegen; nicht / daß meinen Herrn ich unter diese eben mit zählen wolte / sondern meines Unfalls mich erinnernd / muß ich mich standhafftig darzu bereiten / wann der gemeine Weltbrauch mich auch treffen solte; Wann aber einiges Mitleiden über mein Elend bey dem Herrn Obristen sich merken lässet / muß ich dessen mich billich hoch bedanken /demũhtig bittend / in ehrliebender Gewogenheit fortzufahren; sonst zweifele ich nicht / mein Herr rede mit mir / als mit einer Hochädlen Jungfer des GroßFürstl. Persichen Frauezimmers / deren Stelle mit gebührlicher Antwort / weil sie mir unbekant ist / ich nicht vertreten kan. Hochädle Jungfer / wieder antwortete er; ich bitte dienstlich / mich solches Verdachts freundlichst zuerlassen / als ob mein Mund an einem Orte redete / uñ das Herz am andern liebete; sondern eure Hochädle Tugend / welche der Seelen prächtigste Schönheit ist / hat meine Leibes-Augen kühn gemacht / den treflichen Glanz der ihren zubetrachten / wodurch mein Herz dermassen eingenommen / und zu ihrem Dienste gezwungen ist / daß / da deren Gegenneigung zuerhalten ich fehlen werde / ich mich billich vor den unglükseligsten Menschẽ halten muß. Wolle demnach meine hochgeehrte Freundin meine Worte nicht auff den dritten zihen / sondern sich teur versichern / daß einzig sie allein ist / deren mich als eigen zuergeben / ich höchst wünsche / wann nur meine Unwirdigkeit mir den Weg zu ihrer Gewogenheit nicht verlegen möchte / als an deren vollkommene Tugend ich nicht reichen kan. Ach mein Herr / antwortete sie /ich weiß gar keine Vollkommenheit an mir / als des Unglüks; hat nun dasselbe meines Herrn mitleiden erwecket / erkenne ichs billich mit dankschuldigem Herzen; ein mehres zumelden / wil Jungfräuliche Zucht und Blödigkeit nicht zulassen; so bin ich auch meiner selbst nicht mächtig / sondern unter meiner Durchl. Fräulein Gewalt / als die mir völlig zubefehlen hat; was nun dieselbe mit mir schaffet / muß mir billich angenehm seyn. Bubazes fassete hieraus gute Hoffnung / wolte doch des gewissern spielen / und fragete / ob ihm dann könte erlåubet seyn / bey dem Fräulein[907] Ansuchung zutuhn / und sie ihm bey derselben nicht zuwider seyn wolte; welches sie nit zubeantworten wuste / erklärete sich endlich also: Es müste mir billich zur grossen Unhöfligkeit ausgelegt werden / wann dem Herrn Obristen mit dem Durchl. Fräulein nach belieben zureden / ich Einsperrung machen wolte / nachdemmal er dieses orts aus GroßFürstl. Persischer Gewalt zuordnen und zuschaffen hat. Bagophanes saß nicht weit von ihnen / kunte auch etliche Worte / aber doch ihrer Rede Inhalt und Meynung nit verstehen / doch sahe er aus ihren Geberden und der Jungfer Verenderung / daß Bubazes umb Liebe ansuchung taht / welches ihm sein Herz im Leibe bluten machete; Dann weil dieser ein junger frischer Ritter / er aber schon ũber 54 Jahr war / machte er ihm bald die Rechnung / er wůrde zum Korbträger gedeyen. Das Fräulein gab insonderheit acht auff sie /wuste doch wol / dz der Schluß durch sie muste gemacht werden / daher sagete sie zu ihrem Herkules: Gilt mein Schatz / wo ich nicht noch heut meine Kleofis verheyrahten werde. Sie wolte mehr sagen /aber Bubazes Leibknabe trat zu ihr / vorbringend /Ihre Durchl. würde von seinem Obristen untertähnigst auff ein kurzes Gespräch in das NebenGemach erbehten; dem sie auff dem Fusse nachfolgete / woselbst er nach gebehtener Verzeihung diese Worte hervor suchete: Durchl. Fräulein; wann Liebe und Scham zugleich an einem Joche zihen könten / würde ich nimmermehr die Künheit nehmen / Eurer Durchl. untertähnigst anzuzeigen / was massen meine Geister sich dergestalt in die ädle Jungfer Kleofis eingesenket haben / dz mir unmöglich ist / diese Flammen länger zuverbergen; Ich sehe aber auff Ehre / die sich in ehelicher Träue gründet / dafern durch Eurer Durchl. gnädigste Befoderung mirs so gut werden könte / wovor derselben zeit meines Lebens biß in den Tod mich verpflichtet zu seyn erkennen müste. Herr Bubazes /antwortete sie; da euch Gott eine züchtige und fromme / mag auch wol sagen / eine schöne ädle Jungfer versehen hat / würde sie euch an dieser redlich gehalten werden; Ihres gleichen habe ich in meinem ganzen Frauenzimmer nicht gehabt / und muß sie Gott ja sonderlich zu eurem und ihrem Glük hieher gefand haben. Da euch nun eheliche Liebe zu dieser Anwerbung treibet / wie ich gar nicht zweifeln wil / dann sol sie euch unversaget seyn / und wird sie verhoffentlich auff mein Begehren sich nicht wegern / einem solchen Obristen ihr Herz zuergeben; Drumb so stellet es nur in meine Hand / ich wil es schon einrichten / daß ihr beyderseits in kurzem vergnũget werdet; nur seyd vor dißmahl unbeschweret / einen kurzen Abtrit zunehmen / und die Jungfer zu mir herfodern zulassen. Bubazes / nach hoher Danksagung / ging wolgesinnet hin / setzete sich zu seiner Liebesten / und wolte ihr der Fräulein begehren selbst anmelden / baht anfangs / seine auffrichtige Liebe zu erkennen / und der Fräulein Willen nicht zuwiderstreben / nachdem dieselbe ihm völlige Zusage / biß an ihre Bewilligung getahn hätte; Worauff sie antwortete: Mein Herr / weil aus seinen Reden und beginnen ich satsam spüre / daß seine Liebesansuchung auf Ehre gebauet ist / wil ich sein geträues Herz auf solche weise gerne und willig annehmen / und ihm versprechen / daß alle meine Gedanken einig nach seinem Willen sollen gerichtet seyn; jedoch / wañ er mich zuvor durch redliche Zusage versichern wird / daß meine jetzige Armut / und daß ich in des unkeuschen Königes Frauenzimmer auffgenommen bin / er mir nimmermehr auffrücken wil / nachdem ich äidlich beteuren kan / daß an meiner Keuscheit Ehr ich allerdinge unverlezt blieben /massen ich desselben Tages nach Charas gehohlet worden / da mein Gn.[908] Fräulein daselbst angelanget ist / und ich alsbald auff ihrem Zimmer auffwarten / und stets verharren müssen. Bubazes versprach solches geträulich / und meldete ihr darauff an / daß das Fräulein sie absonderlich zusprechen begehrete / sahe auch / daß Bagophanes gleich aufstund / und ungefodert zu dem Fräulein in das NebenGemach ging; dessen Kleofis lachete / und zu Bubazes sagete: Gilt mein Herr / unser Hofmeister wird unsers vorhabens durch äusserliche Zeichen inne worden seyn / und sich unterstehen / Einsperrung zumachen / nachdem ich mich wol erinnere / wie überlästig er mir die ganze Reise über / mit seinem ungenehmen ansuchen gewesen ist; aber ich bitte sehr / mein Herr wolle sich dadurch nicht bewägen lassen / umb allerhand Unruhe zuvermeiden; ich wil mit zutuhn meiner Gn. Fräulein ihn schon wissen abzuspeisen / dafern er dessen ichtwas sich wird verlauten lassen. Ich habe nicht riechen können / antwortete er / warumb dieser Haberstolz mich etliche mahl so unwürsch angesehen / weil ich in den Gedanken stund / er würde seinen Anteil schon haben; nachdem nun meine hochwerte Jungfer mich aller Furcht selber benehmen wil (welches ich äusserst zuerkennen schuldig) gebe ich mich gerne zufrieden / könte auch nicht schaden / ob ihm gleich eine zimliche Nase angedrehet würde / damit er gewitziget / sich zu seines gleichen halten lerne. Also ward dieses Unglüklich-verliebeten gespottet; welcher / so bald er zu dem Fräulein kam / nicht ohne ihre Verwirrung sich vor ihr auf die Knie legete / und also anfing: Durchl. Fräulein / ob wol mein König das selige Glük nit haben mag / durch ihre unvergleichliche Schönheit in der Liebe vergnüget zuwerden / und ich deswegen nicht allein vergebliche Ansuchung getahn /sondern so manniche geherzte Seele umsonst aufgeopffert / so getröste mich dannoch untertähnigst / Ihre Durchl. angesehen der mir schon erteileten hochmilden Gnade / werde mein Verderben abzukehren / und ohn ihren Schaden oder Nachteil mir zu meinem besten gnädigste Befoderung zutuhn / sich nicht wegern / wovor zeit meines Lebens derselben mich äusserst verbinde. Ich lebe eure Freundin / antwortete sie /deswegen stehet auf / uñ lasset mich wissen / worin ich euch dienen kan; dann sollet ihr erfahren / dz ich geneigt bin / eure wolfahrt fortzusetzẽ. Nun dañ /sagte er / so habe ich meinẽ wunsch schon erhaltẽ /welcher hierin bestehet / dz Eure Durchl. meine in Ehrẽ höchstgeliebte Jungfer Kleofis nit aufhalte /sond'n gnädigst mit mir zihen lasse / weil derselbẽ ich mein Herz zu ehelicher Träue ergebẽ uñ eigen gemacht habe. Das Fräulein hätte ihr versprechen gerne zurük gezogẽ / oder aufs wenigste bedinget / begriff sich doch bald / uñ gab ihm zur Antwort: Stehet es also um euch uñ meine Kleofis / müste mirs trauen leid seyn / das ich ihr dieses Glük hindern solte / dann ich habe in Warheit nicht daß geringste von eurer verborgenen Liebe gewust / und nimt mich wunder / daß sie mir solches so gar verschweiget; damit ich nun bey euch nicht in Verdacht gerahte / als wolte ich einsperrung machen / wil ich sie alsbald zu mir fodern lassen / und in euer Gegenwart mit ihr reden. Dieser hielt seine Heyraht nunmehr vor geschlossen / wahr auch schon bedacht / wie artig er den Bubazes auffzihen / und seine eingebildete Liebe verhöhnen wolte; ging hin / und foderte die Jungfer mit diesen Worten von seiner Seite auf: Hochädle vertrauete Freundin /das Durchl. Fräulein begehret sie zu sprechen / und unsere Glükseligkeit zu volzihen / wie schiele Augen es gleich geben möchte. Unsere Glükseligkeit? antwortete sie mit einem züchtigen Lachẽ; ja ich wil gerne hingehen / uñ meiner Gn. Fräulein Befehl vernehmen; aber es ist gar zu viel / daß mein Herr die Mühe / mich zu fodern /[909] auff sich nimt / welches mir von einem Diener hätte können angedeutet werden; sagete hernach zu Bubazes: Mein Herr Obrister verzeihe mir / daß ich kurzen Abtrit zu nehmen befehlichet werde / und ging mit Bagophanes nicht ohn Gemühts- verwirrung hin. So bald sie ins Gemach trat /sagte das Fräulein zu ihr: Meine Freundin / warumb habe ich nicht wissen dürffen / das euer Glük euch so nahe ist / und ihr mit Herr Bagophanes in ehelicher versprechung stehet / welche zuverhindern oder auffzuheben / ich keines Weges gemeinet bin. Gnädigstes Fräulein / antwortete sie / eure Durchl. werden gnädigstes belieben tragen / Herren Bagophanes und mich ein wenig schamroht zu machen / sonst wüste ich mich durchaus nicht zu entsinnen / daß ich mit demselben mich weiter solte eingelassen haben / als mit dem Römischen Käyser / den ich niemahls gesehen; zwar ich gestehe gerne / daß Herr Bagophanes auff der Reise zur kurzweil sich eines und anders verlauten lassen / und mir zuerkennen geben / wie artig er ehmahls mit dem Frauenzimmer schwätzen köñen /welche er auffs Eiß leiten wollen / welches in ansehung seines Standes ich ihm gerne ũbersehen habe /auch meistenteils unbeantwortet vorbey streichen lassen / weil mirs umb seine stellung nicht zu tuhn wahr / und ich seinen Scherz wol verstehen kunte; daß ich aber demselben einige Zusage getahn / oder nur ein Zeichen der Einwilligung / da es sein Ernst möchte gewesen seyn / sehen lassen / wird mir in alle Ewigkeit kein Mensch überbringen; bitte demnach untertähnigst / eure Durchl. wolle nicht auff mich zürnen /noch einige Ungewogenheit mir zulegen / daß Jungfräuliche Scham mich abgehalten / ihrer Durchl. dessen ichtwas zuvermelden / und wundert mich höchlich / wie mein Gn. Fräulein dessen inne worden ist. So höre ich wol / sagte Valiska zu Bagophanes / ihr habt euch zwar einẽ Zweg vorgestekt / auch darnach geschossen / aber ihn beyweitem noch nicht erreicht. Dieser kehrete sich zu Kleofis mit diesen bewäglichen Worten; Ach meine hochwerte Freundin / wie kan ein so steinern Herz in dieser zarten Brust Herberge haben? das mein inbrünstiges vielfältiges Ansuchen noch vor eine scherzhafte Verstellung muß außgedeutet werden; erinnert sich meine herzgeliebete nicht /mit was teurer Verschwörung ich ihr verheissen / sie zur gebietenden Frauen über alle meine Güter / ja über mich selbst zu machen? auch sie nicht zu berühren / biß unsere Ehe von Königl. Hocheit selbst gewilliget uñ gut geheissen sey? nehmet bitte ich / mein ergebenes Herzwillig auff / und beseliget mich mit genehmer Antwort / sonst werde ich vor meiner Ankunft zu Charas in meinen Begierden verschmachten. Herr Hoffmeister / antwortete sie / daß ihr mir wol gewogen seid / weiß ich euch grossen Dank; euer übriges Begehren / wie ihr wisset / und ich auff der Reise euch bestendig außgesagt / ist mir gar nicht annehmlich / dessen Ursach ich nunmehr zu melden Freyheit habe / als nehmlich / daß ich nicht gesinnet bin / mich von meinem Gn. Fräulein scheiden zu lassen / sondern derselben gehorsamst auffzuwarten; so habe ich überdas ein Gelübde getahn / mit meinem Willen mich nimmermehr an einen Witwer zubefreien / der aus voriger Ehe Kinder gezeuget / weil dieselben ihren Stiefmüttern selten gewogen sind / und zu vielfältigen Unwillen Ursach geben; und wann dieses gleich nicht währe / wisset ihr ja nicht / ob euer König mich euch gönnen wolte; müsset also dessen bewilligung vor erst suchen / und hernach umb mich werben; doch könte der König so lange bedenkzeit nehmen / dz ich alt und heßlich drüber würde / und ihr alsdann mein nicht begehretet / so währe ich armes Kind am ärgesten[910] dran. Mein allerschönstes Liebchen / antwortete er; unser allerseits Gn. Fräulein / wird eures Dienstes euch gnädig erlassen / woran mir nicht zweifelt; meine Kinder sollen ihr nicht eins ins Gesicht kommen / sondern von ihrer Mutter Schwester erzogen werden / uñ wil ich meines allergnädigsten Königes Willen gar leicht erhalten / wolte auch unsere vermählung biß dahin gerne auffschieben / wann ich nicht zubefahren hätte / es möchten mir inzwischen andere einen Stein in den Weg werffen / und diesen werten Schaz hinreissen / massen ich schon heut erfahren / daß mehr Leute sind die Augen haben /und ungefälscheter Schönheit Urteiler sind. So höre ich wol / antwortete sie / ihr eifert schon wieder mich / und mißgönnet mir / mit andern zu reden; ey daß wird noch lange nicht mich zu euer Liebe bringen; aber schlaget diese Furcht aus dem Herzen; Kleofis ist so geringer Schönheit / daß wer sie bey Tage sihet / ihrer zur Liebe nicht begehren wird; jedoch / dafern Glük oder Unglük mich euch versehen hätte / alsdann könte solches niemand hindern / dann wer wolte des Himmels Schluß brechen? Ob gleich weder ihr noch ich einigen verfang absehen können. Aber die Götter behũten mich ja / daß leibliche Kinder meinetwegen ihres Vaters Gegenwart nicht beraubet werden; Und Herr Hoffmeister / was sol ich mir aus diesem eurem Erbieten gutes versprechen? muß ich nicht fürchten /daß nach meinem Tode / der in wenig Jahren sich zutragen könte / meine Kinder auch mũsten verstossen seyn / und ihrer künftigen Stieffmutter weichen? So lasset nun ab / bitte ich / mein zubegehren; habet ihr etwa von meinem Gn. Fräulein gute vertröstung erhalten / so bin ich auch schon von ihrer Durchl. versichert / daß sie wieder meinen Willen / als lange ich gehorsam / und untertähnigst- geträu verbleibe / mich aus ihren Diensten nicht verstossen wird. Bagophanes wolte seine Liebe nicht allein mit freundlichen Worten / sondern auch mit buhlerischen Handgeberden sehen lassen / streckete / in dem er antworten wolte /die Hand auß / sie bey dem Kinne zuergreiffen / ward aber heßlich abgewiesen / in dem Kleofis zu ihm sagete: Wie stellet ihr euch so unverschämt / Bagophanes? scheuhet ihr euch nicht vor meiner Gn. Fräulein Gegenwart / muß bey euch trauen sehr wenig höflicher Zucht übrig seyn / und findet sich an euch der Spruch / das Alter nicht zur Tohrheit hilft; darumb möget ihr wol eures Weges zihen / und euch versichern / daß ich mich lieber einem Löuen als euch ergeben werde. Bagophanes erschrak der Rede / und fragete / ob sie ihn dann ohn alle Barmherzigkeit tödten wolte. Ich werde / sagte sie / nicht Hand an euch legen; wann ihr aber nicht leben wollet / stehet euch frey / nach belieben zu handeln; jedoch danket den Göttern / daß ihr das Leben als eine Beute davon traget / welches ihr durch vielfältige Schmachreden wieder GroßFürst Herkules / wie alle Gefangene bezeügen können / zehnfach verwirket; zugeschweigen / dz ihr meiner Gn. Fräulein selbst nicht geschonet habt; aber was hält eure Durchl. (sagte sie zu dem Fräulein) sich bey diesem unbescheidenen so lange auff? geliebet derselben wieder nach der Geselschaft zu gehen /wil ich untertähnigst folgen. Gehet ihr hin / antwortete Valiska / demnach ich schon sehe / daß aus dieser Heyraht nichts werden wird; ich wil bald bey euch seyn. Nach ihrem Hintrit sagte sie zu Bagophanes; also sehet ihr nun mein Freund / daß euer Ansuchen nicht haften wil / ungeachtet ich euch gerne bedienet währe; deßwegen löschet / bitte ich / dieses vergebliche Feur / und wählet euch eine andere / die mehr Zuneigung zu euch fassen kan; dann was währe euch mit diesem Unglük gedienet / daß ihr eurer Feindin[911] an der Seite schlaffen woltet? euer König träget so hohe Gnade zu euch / daß ohn zweifel ihr bey demselben eine schönere und freundlichere aus seinem Frauenzimmer leicht erhalten möget / in welchem Garten dieser zierlichen Blumen mehr aufgewachsen sind. Wolte Gott / antwortete er / ich hätte vor einer halben Stunde mich so wol begreiffen können / als anjezt /nicht ein Wörtlein solte dieser hartnäckigten zu gefallen verlohren seyn. Aber O wie wird die Unweise sich dereins hinter den Ohren kratzen / daß sie den ohn Ruhm zu melden / ansehnlichen Bagophanes so liederlich über den Tölpel geworffen hat. Bißher hatte Bubazes in einem kleinen Nebenkämmerlein alles angehöret / und gefiel ihm seiner liebsten Erklärung dermassen / daß er ein volles Genügen daran hatte; Als er nun vernam / daß er dieses Mitbuhlers bereit loß worden wahr / verfügete er sich wieder nach der Geselschaft / da er seine Kleofis bey Herkules sitzen fand / dem sie erzählen muste / was sie von seiner Krämerin gutes gekauft hätte. Als Herkules ihn ko en sahe / rieff er ihn zu sich / er wolte ihm Raum bey dieser Jungfer machen / wo ihm sonst damit gedienet währe; welches er mit untertähnigster Danksagung annam / uñ dabey anzeigete / ihre Durchl. sein Gn. Fräulein hätte ihm diese Jungfer zur Ehe versprochen / bähte / seine Durchl. möchte gnädigst einwilligen / und sein Beylager befodern. Kleofis fiel ihm in die Rede / sagend; Herr Obrister / er lasse mich zuvor auch drum wissen / und eile nicht zugeschwinde / daß ich des heutigen Schreckens zuvor vergessen möge. Geliebte Freundin / sagte Herkules / darumb daß ihr dieser Schrecken nicht im Schlaffe wieder vorkomme / und grössere unruhe mache / wird sie gewißlich hinte nicht allein schlaffen müssen. Ich bedanke mich der gnädigsten Vorsorge / antwortete sie / und hoffe diese Nacht schon eine Beyschläfferin zuerbitten. Dieser Mühe bedarff es nicht / sagte Herkules / nach dem Obrister Bubazes seine Dienste willig anbeut. Also hatte nun Bagophanes sich seiner Anwerbung begeben / und das Fräulein ersucht / ihn unter sicherer Persischer Begleitung alsbald fortgehen zu lassen / und die Gefangenen auffzuhalten / biß er einen guten Vorsprung ihnen wũrde abgewonnen haben / damit sie ihn nicht gar erwürgeten. Sie versprach ihm solches nach seinem begehren / und ging wieder mit ihm nach der Geselschaft / da er mit mehr kaltem Herzen wieder kam / als er mit erhitzetem weg gangen wahr; wolte auch weder Kleofis noch Bubazes ansehen /sondern erwartete schleunigste Abfertigung / die ihm von dem Fräulein verheissen wahr / welche zu Herkules also anfing: Durchl. GroßFürst und Oheim; demnach dem Herrn Hoffmeister nach seinem Könige sehr verlanget / er auch mit einer sicheren Begleitung gerne fortgehen wolte / bittet er umb gnädigste Abfertigung / und etwa 20 Reuter zu seinem Schuz biß über die Persischen Grenzen / welches auff euer Liebe Bewilligung ich ihm zugesagt / uñ leicht zuerhalten gedenke / weil er mir ohndz als mein Gefangener übergeben ist. Was eure Liebe hierin ordnet / antwortete er / sol mir wolgefallen; aber sider ihrem Abwesen habe ich Obristen Bubazes diese Jungfer ehelich versprochen / und daß sie ihm noch hinte sol beygelegt werden / zweifele nicht / eure Liebe werde es nicht tadeln. Kleofis entsetzete sich darũber / und gab zur Antwort; Durchl. GroßFürst / ich bitte untertähnigst / diese Scherzrede zu wiederruffen / welche der Herr Hoffmeister wol im Ernst auffnehmen / und bey dem Könige vor Warheit angeben dürffte. Uberdaß ist mein flehentliches Ansuchen / bey dem H. Hoffmeister zu werben / daß in ansehung der ihm erteileten Gnade / er bey seinem Könige[912] erhalten wolle / daß meine väterliche Verlassenschaft mir allergnädigst abgefolget werde. Wird König Artabanus so höflich /und Bagophanes so dankbar seyn / antwortete Herkules / wil ichs an beyden zu rühmen wissen; wo nit; so verspreche ich hiemit meiner Freundin vor dieser ehrlichen Geselschaft / daß ich Gelegenheit suchen wil /so viel Güter aus Parthischem Gebiet ablangen zu lassen / daß sie wol und gedoppelt sol befriediget werden. Bagophanes taht als hörete er weder eins noch anders / nam kurzen Abscheid ohn sonderliche Ehrerbietung / und wolte fortgehen / da Herkules zu ihm sagete: Höret Bagophanes / euch sey vor dißmahl alles verzihẽ / nur hũtet euch / daß ihr hernähst nicht wieder unter meine Hände gerahtet / es dürffte sonst geschehen / daß ich das Alte mit dem Neuen hervorsuchete. Valiska winkete ihm / ohn Antwort fortzugehen / und sagte zu Herkules: Wie da mein Oheim; können eure Liebe sich an eines Esels Grobheit irren? er hats bey seinem Wüterich nicht besser gelernet /darumb köñen wir es nicht höher von ihm fodern. Betreffend aber meiner Jungfer Beylager / muß freilich dasselbe nicht länger auffgeschoben werden / sondern man sol das Eisen schmieden weil es heiß ist / es möchte ihr sonst zum andernmahle ungleich gehen /massen sie schon jezt von Bagophanes einen redlichen Korb erhalten hat; erzählete hiemit allen Verlauff / und sagte zum Beschluß: Da sehet ihr nun /meine Freundin / wie gefährlich es sey / wann man sich zu hart wegert; zwar ich habe so ungleiche Gedanken von Herrn Bubazes nicht / aber bey Bagophanes währe ich mirs auch nit vermuhten gewesen / und seid ihr gleichwol im gewissesten / wann ihr geschlossen habt. Die gute Jungfer sahe / daß es am Beystande mangelte / gab sich in ihrer Gn. Fräulein Willen / und wolte doch hoffen / sagete sie / ihren Liebsten dahin zu bereden / daß er das Beylager noch etliche Monat auffschöbe. Da gebe ich euch über zusammen / sagete Valiska / und mag ein jeder sein bestes prüfen; aber Herr Bubazes / damit eure Liebste nicht gar mit leerer Hand zu euch komme / wird sie euch diesen Abend 10000 Kronen wert Kleinot auff euer Bette legen / und sollen die gebührlichen Ehren-Kleider sich gegen die Hochzeit auch schon finden. Also ward diese Heyraht volzogen / und die Jungfer ihrem Liebesten desselben Abends zugeführet. Des folgenden Morgens brach Herkules mit den seinen auff nach Persepolis / und muste Bubazes mit seiner Kleofis ihnen Geselschaft leisten / an dessen Stelle Obrister Bahystehenes zum Befehlichshaber des Städleins eingesetzet ward. Die 1000 befreiete Gefangene musten erst des Abends nach Parthen gehen / die übrigen alle / an der Zahl 12400 musten mit nach Persepolis / und wurden von 3000 Reu ern begleitet / da sie dann in guter Sicherheit und möglicher Eile fortgingen.

Ladisla lebete diese Zeit über wegen seines lieben Herkules in grosser Furcht / und weil er so gar keine Zeitung von ihm hatte / dauchte ihn die Zeit sehr lange / ungeachtet der guten Geselschaft / die er an Artaxerxes / Arbianes uñ Pharnabazus hatte; bald fürchtete er sich / es möchte Herkules erkennet werden; bald gedachte er / die gar zuheftige Liebe würde ihn verblenden / daß er sein Vorhaben nicht klüglich gnug anfinge / und gereuete ihn sehr / daß er den Außfoderungs-Brieff an Artabanus nicht etwas hinterhalten hatte; und ob er gleich an seinen Wunden bald genaß / wahr er doch immerzu schwermütig; dessen Artaxerxes wol wahr nam / und allerhand Mittel suchete / ihn zuergetzen / aber alles vergebens; Ursach /er hatte seine Seele nicht bey sich / sondern sie Herkules nachgeschicket / daher er[913] auff Artaxerxes Nachfrage / was er vor ein traur-bringendes Anliegen hätte / einsmahls also antwortete: Eure Liebe wolle sich meiner schwermũhtigen Gedanken nicht wundern /welche nirgend als von der Abwesenheit meines geliebten Herkules herrũhren; dann er / ja einig er / ist die Seele meines Leibes / und die Fröligkeit meiner Seele; daß mir demnach unmöglich ist / ohn ihn vergnüget zuseyn / so wenig der Leib ohne Seele leben kan; dessen aber eure Liebe sich nicht verwundern /noch es vor eine törichte Einbildung halten wolle / angesehen von dem ersten Tage unser Kundschafft her /ich meine Eltern / Schwester und Vaterland verlassen / uñ an ihn mich gehalten habe. Ich muß gestehen /antwortete Artaxerxes / dz mir vertraulichere Freunde / als sie / niemahls vorkommen / die doch nicht minder in der Taht sich zuehren als zu lieben bemühet sind; und möchte ich gerne wissen / ob sie dann von Kindesbeinen auff / ihre Freundschafft geführet / oder doch ohngefehr an einander gerahten sind. Dieses /sagte Ladisla / wird kein Mensch besser / als ich selbst / Euer Liebe erzählen köñen / wann dieselbe es anzuhören / Beliebung träget; wobey ich mich doch bedinge / daß dieselbe ja nicht solche Worte von mir erwarte / welche die völlige Brunst meiner Zuneigungen gegen meinen Herkules recht ausdrücken solten. Ich wahr im Eilfften Jahr meines Alters / als mein Herr Vater höchstseel. Andenkens / den GroßFürsten in Teutschland / meiner Fr. Mutter Bruder besuchete /und mich als einen einigen lieben Sohn mit sich nam; Als wir bey ihm anlangeten / ließ er seinen grösseren Sohn / meinen lieben Herkules / aus der Schuele fodern / welcher damahls sieben Jahr und drey Monat (so eigen weiß ichs) alt wahr. Er kam frisch daher gelauffen / die Aeugelein blinzeten ihm wie helle Strahlen / und die Goldgelben Haarlocken von sich selbst gekråuset / flogen ihm über den Achseln / als hätte der Wind sein sonderliches Liebespiel mit ihnen getrieben; sein Antliz wahr als eines geschnizten Engelchen / und des ganzen Leibes Geschikligkeit nach allem Wunsch. Seine Fr. Mutter hatte ihn in Pfirsichblüte Taffet gar dünne gekleidet / weil es heisser Sommer wahr / daher man die Artigkeit seiner zarten Glieder eigentlich erkennen kunte. Wir sahen durchs Fenster ihn auff dem innersten Schloßplatze daher springen / und lief ihm ein grosser Jagt Hund zur Seiten / und sein Leibknabe hinten her. Wie er ins Gemach trat / zog er sein schwarzes Hütchẽ mit der weissen Feder sehr höflich abe / mit geschiklicher Verschrenkung des Leibes / daß seine Ehrerbietigkeit wol zuspüren wahr / trat gegen seinen Herr Vater /und fragte mit lieblichen Geberden / wer der ansehnliche fremde Fürst wäre. Der GroßFürst lachete anfangs / ohn zweifel vor Freuden / und antwortete ihm: Ich sehe wol / du wilt zuvor die Leute kennen / ehe du sie gebührlich empfähest; es ist dein Herr Vetter / der Großmächtigste König aus Böhmen / und dieser der junge Böhmische Herr. So bald er dieses hörete / setzete er sich vor meinem Herr Vater auff die Knie /und küssete ihm die Hände / stund bald wieder auff /und sagte mit eben so unerschrockenem als freundlichem Angesicht (ja mich deucht / daß ich die süsse Stimme noch in meinẽ Ohren schallen höre) Großmächtigster Unüberwindlicher König / gnädigster Herr Vetter; Eure Königl. Hocheit muß bey uns sehr wilkommen seyn / als dessen Angesicht zusehen / ich mir etliche Zeit gewünschet / dann von Ihrer Hocheit hoffe ich dereins den Ritter-Orden zuempfahen / wann ich dessen werde fähig seyn können. Mein Herr Vater sahe ihn mit Verwunderung an / und antwortete ihm: Herzgeliebetes Söhnichen / ich erfreue mich deiner vernünfftigen Herzhafftigkeit[914] und zierlichen Sitten /und dafern die Götter biß dahin mich fristen / werde ich nie keinem das Schwert mit freudigerm Herzen angegürtet haben. Unter dieser Rede sahe ich ihn /und er mich / inbrũnstig an / biß mein Herr Vater gegen ihn weiter also fortfuhr. Sihe da mein Söhnichen Herkules / hier habe ich dir meinen Sohn Ladisla zugeführet / Freundschafft mit ihm zumachen / hoffe /er werde auch nit gar aus der Art seiner Vorfahren schlagen. Darauff trat er zu mir / umfing mich / und sagete: Herzlieber Oheim und Bruder / es erfreuet mich sehr / dz ich euch als meinen geträuen Gesellen bey mir haben sol / möchte wünschen / daß bey eurem Herr Vater meinem gnädigsten Könige ich erhalten könte / daß wir biß an unser rittermässiges Alter mit einander den Büchern sie fleissig obliegen / uñ im schiessen und andern zulässigen Spielen uns üben solten / dafern euch meine Geselschafft als eines jũngeren nicht zuwider währe. Ich muß bekennen /daß durch seine Schönheit ich alsbald mich dergestalt gegen ihn verliebet befand / daß ich nicht wuste / was ich ihm zur Antwort gab; aber das weiß ich wol / daß unsern Eltern / insonderheit seiner Fr. Mutter die Augen voll Trähnen stunden / da sie ansahen / wie wir einer von dem andern kein Auge abwenden kunten / und das umfahen zum fünfften mahl wiederhohleten / biß ein Teutscher Pfaffe darzu kam / welcher uns beydẽ ersehend / sagete: O diese junge Herren /Durchl. Großfürst / werden gar zu früh zusammen gebracht / doch hats nach des Gestirns anzeige nicht wol anders seyn können; und zwar sie sind nun beysammen / aber Farbe wird es kosten / wer diese verknüpffete und verwickelte Herzen scheiden sol. Und warumb solten sie geschieden werden / sagte mein Herr Vater / nachdem sie inkũnfftig / da sie leben sollen /ihre Reiche nit besser als durch Einigkeit schützen können? Der Pfaffe wolte hierauff nicht Antwort geben / so achtete es auch keiner groß / dann alle anwesende gaben acht auff uns beyde / wie wir uns einander von oben an biß unten aus beschaueten / biß Herkules von seinem Herr Vater urlaub baht / daß wir hingehen / und uns im schiessen üben möchten; da wir alsbald unsere kindische Erfahrung sehen liessen /doch also / daß keiner den andern beschimpffen / oder ihm etwas zuvor tuhn wolte; wiewol / die Warheit zugestehen / er mir schon ũberlegen war / dessen ich mich nicht wenig schåmete. Als die Zeit wahr /schlaffen zugehen / fragete ich meinen Herkules / ob wir unsere Ruhstäte auch weit von einander haben würden / gab ihm auch zu vernehmen / dafern es ihm nicht zuwider / möchte ich gerne bey ihm schlaffen; welches eine Zohf Jungfer hörend / der GroßFürstin es anmeldete / die uns beyde zu sich foderte / und mit Leutseligkeit sagete: Weil wir des Tages über so gute Brüderschafft gemacht hätten / soltẽ wir die Nacht auch bey einander ruhen; welches mir eine angenehme Zeitung wahr / davor ich mich untertähnigst bedankete. Die acht Tage wir nun dazumahl beyeinander wahren / däuchten uns nicht so viel Stunden lang seyn /und hatte ich meinem Herkules mich dermassen ergeben / daß wie mein Herr Vater / da er auffsitzen wolte / zu mir sagete / es würde schier Zeit seyn / Prage wieder zusuchen / mir die Angst Trähnen aus den Augen hervor drungen; Zwar mein Herkules hielt mit mir bey meinem Herr Vater fleissig an / mich eine zeitlang bey ihm zulassen / wie die GroßFürstin imgleichen / nachdem sie unsere innigliche Traurigkeit sahe; aber mein Herr Vater gab ihr zur Antwort: Fr. Schwester / ich habe meinen Sohn auch lieb / und sehe ihn gerne vor mir / ungeachtet ich wol weiß / daß er alhie so wol / als bey mir zu Hause währe. Zu Herkules aber sagte er: Geliebter Sohn / jezt[915] muß mein Sohn Ladisla wieder mit mir zihen / wann wir aber wieder kommen / wollen wir ein ganzes Jahr hieselbst verharren. Ja wie bald geschihet solches / allergnädigster König? antwortet er; so ist mir auch das ganze Jahr zu verdächtig / nachdem Ihre Hocheit dißmal so schleunig hinweg eilet / noch ehe mit meinem herzlieben Bruder Ladisla ich rechte Kundschafft treffen mögen. Aber da halff alles nichts; ich muste auff die Gutsche mich setzen / so bald ich einen kurzen Abscheid von Herkules mit so verwirretem Gemũht genommen hatte / daß ich vergaß ihn zuumfangen; wie dann nicht geringere Verenderung ich an ihm gleichfals spũrete. Auff der Reise taht ich nichts als seuffzen / ungeachtet mein Herr Vater mich hart straffete /so kunte er mich doch darzu nicht bewägen / daß ich ihm gehorchet / und einen freyen Sinn angenommen hätte; ja weder essen noch trinken wolte mir schmäcken / schlieff auch des Nachtes sehr wenig / da ich im Schlaffe nur stets meinen Herkules rief / daher ich /wie wir zu Prag anlangeten / schon so schwach und bleich wahr / daß meine Frau Mutter sich darüber entsetzete / und nach meinem Gebrechen fragete / welches aber so wenig ich / als mein Herr Vater ihr sagen wolte. Nun hatte ich mir gänzlich vorgenommen zu sterben / weil mir unmöglich wahr / mein hefftiges Verlangen nach Herkules zuertragen / ward auch in wenig Tagen so matt / daß ich nicht gehen kunte /sondern stets zu Bette ligen muste. Meine Wärterin hatte / wann ich eingeschlummert wahr / gehorchet /daß ich unter den seuffzen den Nahmen Herkules offt genennet / zeigete es meiner Fr. Mutter an / und sagete: Dafern mir nicht beyzeiten Raht geschaffet würde /könte ichs nicht lange treiben. Also ward der Arzt zu mir geführet / dessen Gegenwart mir nicht angenehm wahr / insonderheit da er nach Begreiffung der Schlag Adern und Herzklopffens auch mein Wasser besahe /mich fast eine Stunde lang betrachtete / und endlich zu meiner Fr. Mutter sagete; es währe keine Krankheit / die durch Kräuter oder andere leibliche Arzney könte vertrieben werden / sintemahl alles übel des zarten Leibes einig und allein von der Unruhe des Gemütes verursachet würde; müste demnach ohn zweifel in kurzer Zeit vergehen / dafern mir nit Hoffnung zur Erlangung meines inniglichen begehrens gemacht würde. Darauff kam gegen Abend mein Herr Vater zu mir / fragend / ob ich nicht schier wieder gesund werden wolte / inwendig neun Tagen müste er nohtwendiger Geschåffte halber nach dem GroßFürsten reisen /wohin er mich mitnehmen wolte. Dieses wahr meine rechte Arzney; ich foderte Speise und Trank / und ging des vierden Tages / als fehlete mir nichts / ohn daß die Mattigkeit mir in den Knochen lag. Als der neunde Tag herbey kam / und ich keine Zubereitung zur Reise sahe / erkundigte ich mich bey den Trabanten uñ Gutscher / wie bald mein Herr Vater nach Teutschland würde; bekam aber zur Antwort: man währe kaum wieder zu Hause angelanget; ob ich meynete / dz man alle Wochen um einander nach Teutschland reisen würde? dessen bey meiner Frau Mutter ich mich beschwerete / vorwendend / die Knechte und Diener hielten mich so geringe / daß sie mich keiner warhafften Antwort wirdigten / welches ihnen zu seiner Zeit solte eingebracht werden; Worauff sie zur Antwort gab: den Dienern währe solches unbewust /und überdas die Reise wegen anderer Geschäfte auffgeschoben / müste demnach mich gedulden / biß es meinem Herr Vater würde gelegen seyn. Je warumb nicht? antwortete ich; und warumb solte mein Herr Vater meinet wegen früher oder später reisen? Aber damit ging die erste abgelegte Traurigkeit von neuen[916] wieder an; alle Lust zur Speise verschwand mir; schlaffen kunte ich nicht / und wahr doch einem schläfferigen Tag und Nacht ähnlich; kurz davon zureden; des sechsten Tages fiel ich in ein hitziges Fieber / daß die Aerzte an mir verzageten / und meine Fr. Mutter mich mit trähnenden Augen fragete / warumb ich durch Traurigkeit mich selbst tödten wolte / und ob ich meiner Eltern so gar überdrüssig währe? Davor behüten mich die Götter / antwortete ich; und wie kan ich der Krankheit oder dem Tode wehren? Aber O mein Hẽrkules / mein Brüderchen / möchte ich dich nur noch ein mahl vor meinem Tode sehen! doch ich bin gewiß / meine Seele wird nirgends als bey dir seyn / so bald sie nur den Leib erst wird verlassen haben. Auff solche Rede fiel sie ohmächtig auff mein Bette / und nachdem sie sich wieder erhohlet / ging sie hin zu meinem H. Vater / welchen sie mit vielem weinen und bitten bewogen hatte / mich / so bald ich gesund seyn würde / in Teutschland zusenden / brachte mir auch die hocherfreuliche Zeitung / die Reise solte nicht långer als biß auff meine Gesundheit verschoben werden. Aber der Glaube wahr mir benommen / und antwortete ich: Herzallerliebste Fr. Mutter /speiset mich nur nicht mehr mit falscher Hoffnung; ich befinde mich nunmehr so weit abgemattet / daß meine Seele meinem Willen bald gnüge tuhn wird; ist dann / daß ihr mich liebet / so nehmet meinen / ach ja / meinen allerliebsten Herkules vor euren Sohn und künfftigen Erben dieses Königreichs an / alsdann wird er meine Seele wieder mit sich herführen / und als lange er lebet / könnet ihr keinen bessern und wirdigern Sohn finden noch wünschen; daß ihr mich aber von ihm getrennet habt / ist die einige ursach meines herzu nahenden Todes. Mein Herzen-Kind / antwortete sie mit heissen Trähnen / schlage solche Todesgedanken aus dem Sinne / dann ich beteure es bey mütterlicher Träue / daß so bald du wirst gesund seyn /ich selbst dich nach deinem Herkules bringen wil. Es währe alles gut / sagte ich / aber es ist meines erachtens schon zu lange geharret. Wie ich dann in Warheit kaum so viel Kräfte / diese Worte auszusprechen /bey mir befand / und mich etwas erhohlen muste / da inzwischen meine Fr. Mutter sich übel hielt / und ich endlich baht / mich krank hinführen zulassen / ob vielleicht meines Herkules kräfftige Augelein mich wieder gesund machen würden. Der Arzt kam gleich darzu / hörete diese Worte / und sagte: Ja Ihre Hocheit versichern sich / daß das Herrlein das beste Mittel vorschläget / dann auff andere weise wird er in Warheit nicht genesen / als lange sein Gemüht den steiff-eingebildeten begierden nachhänget. Dieses schaffete so viel / daß mir alsbald eine Sänffte bereitet ward /und meine Fr. Mutter mich nach meinem Herkules brachte / da ich zwar auff der Reise nicht stärker /aber auch nicht schwächer ward; empfand dannoch eine sonderliche Erquickung / wann meine Fr. Mutter mich umb Herkules Sitten und Gestalt (den sie in fünff Jahren nicht gesehen) befragete; da ich alle Kräffte zusammen ruffte / ihr nach kindischem Vermögen solches zubeantworten. Unsere Ankunfft wahr dem GroßFürsten sehr fremde / und doch sehr angenehm / und ward mein Herkules alsbald zu mir vor die Sänffte gefodert / welcher / da ihm meine Schwacheit zuwissen getahn ward / mit weinenden Augen zu mir gelauffen kam / herzete und küssete mich inniglich / und sagte: O mein allerliebstes Brüderchen / wiltu dann deinen Herkules durch deinen Tod des Lebens zugleich mit berauben? lieber erhohle dich / und mache meine Hoffnung nicht zu Wasser /welche mich bißher festiglich versichert hat / wir wolten dereins durch Zusammensetzung unser Waffen /Ehr und[917] Ruhmerwerben / und du woltest uns beyde in diesen Jahren schon sterben machen? Ach du mein allerliebstes Seelichen / antwortete ich / warumb klagestu mich solcher Grausamkeit an / da ich ja nichts mehr suchen wolte / als vor dich zusterben / weil mir ein süsser und angenehmer Tod nicht begegnen möchte. Unsere Müttere höreten diesen Reden zu / und weineten so überlaut / daß der GroßFürst herzu lief /und nicht anders wähnete / ich würde schon verschieden seyn; als sie ihm aber unser beyder beginnen zeigeten (dann bald küssetẽ / bald trösteten / bald drücketen wir uns) wendete er sich mit halbnassen Augen umb / und kunte vor Mitleiden nicht mehr zusehen. Endlich sagete die GroßFürstin zu mir: Herzlieber Sohn Ladisla / biß du unbetrübet / du solt forthin bey deinem Herkules bleiben / das verspreche ich dir ohn alle Falscheit. Auff welche Rede mich nicht anders gedauchte / als krauete mir die Haut auff dem Häupte / und zöge sichs ũber meinen ganzen Leib / als ein naßfröstiges Tuch / welches mir zwischen Haut und Fleisch ein angenehmes kitzelndes schauren verursachete / daher mir eine Kũhlung in allen meinen Gliedern und Blut-Adern erwecket ward / und antwortete ich der GroßFürstin; Gn. Fr. Mutter / wolte Gott /mein H. Vater möchte in ihr gnädiges Erbieten einwilligen / alsdann würde ich ohn zweifel bald genesen. Liebes Kind / sagte meine Fr. Mutter; davor wil ich dir Bürge werden / und hast hieran im geringsten nicht zuzweiffeln. Herkules hatte bißdaher meiner Fr. Mutter nicht wahr genommen / auch sie zuvor niemahls gekennet / setzete sich deßwegen alsbald vor ihr nider auff die Knie / küssete ihr die Hände / und wolte seine Entschuldigung tuhn; aber meine Fr. Mutter hub ihn auff / und küssete ihn wol zehnmahl aneinander; Ach mein allerliebstes Engelchen / sagte sie / deucht mich doch nicht anders / ich sehe meiner kleinẽ Valisken Ebenbild vor mir; mein trauten Schaz /ich wundere mich nicht groß / daß mein Ladisla sich dermassen in dich verliebet hat / angesehen / mirs fast nicht viel anders gehen dürfte. Großmächtigste Fr. Königin und Mutter / antwortete er; ich bitte demühtigst umb verzeihung der von mir begangenen Grobheit / daß ihrer Hocheit ich nicht bald anfangs die Hände geküsset / wovon mich nichts / als vor erst die Unwissenheit / dann auch meines herzlieben Bruders Ladisla Schwacheit abgehalten hat. Mein allerliebstes Söhnichen / sagte sie / nicht bitte dessen einige Verzeihung / nur laß dir angelegen seyn / daß dein Bruder Ladisla bald wieder gesund werden möge / damit wir ihn nicht gar verlierẽ. Sie ging auch mit ihm an meine Sänfte / und fragete / wie ich mich befünde; ich sagete / sehr wol / wann ich nur ein wenig schlaffen möchte. Gleich kam ein Teutscher Pfaffe darzu / welcher des GroßFürsten Leib Arzt wahr / und meine SchlagAdern begrieff / auch nach meinen geführeten bezeigungen fragete; sagte hernach zu dem GroßFürsten; Gn. Herr / hier bedarffs meiner Kunst gar nicht /unser junges Herrlein ist bey diesem Kranken der allerbewehrteste Arzt / und werden wir in wenig Tagen besserung sehen / dañ es hat sich die Krankheit schon gebrochen / und bestehet in heilsamer Wandelung; riet auch daß mir Ruhe gegönnet würde / daher ward ich auff ein SchlaffGemach gebracht / weil es ohndaß schon Abend wahr / und ich die ganze Nacht sehr wol ruhete / bekam folgends guten Lust zur Speise / und nam an Kräften schleunig zu / daß am sechsten Tage nach meiner Ankunft ich mich in die Kleider machete / wiewol mir die Schwacheit wol vier Wochen anlag /und ich in solcher Zeit in die Luft nicht gehen / noch meinen Leib stark bewågen durfte. Drey Tage vor meiner Ankunfft[918] hatte Herkules ohn vorwissen seiner Eltern ein Schreiben an meinen H. Vater / durch hũlffe eines Stalknechtes abgeschicket / und in demselben instendig begehret / mich wieder zu ihm kommen zu lassen / damit wir fleissig miteinander in der Jugend die Sprachen lernen / und in kindlichen Waffen uns üben möchten / und wir nachgehends zur Ritterschaft desto fertiger uñ geschikter währen / welches ihm dañ mein H. Vater mit freundlicher Antwort bey eigenem Bohten einwilligte / noch ehe ich wieder außgehen durfte / er mir auch solches bald zeigete / und sich mit mir frölich stellete / weil wir nunmehr schriftliche Versicherung / die kein König bräche (wie er aus kindlicher Einfalt pochete) in Fäusten hätten. Aber mein Herr Bruder / sagte hieselbst Ladisla zu Artaxerxes; was gedenket doch wol eure Liebe / daß dieselbe ich durch Erzählung solcher kindischen Possen so gar beschwerlich bin. Durchaus nicht beschwerlich / mein Herr Bruder / antwortete er / sondern ich beteure bey meinen Ehren / daß ich nie angenehmere Erzählung mit meinen Ohren angehöret / und bitte sehr / eure Liebe wolle die Mühe nehmen / das übrige vollend mit allen umbständen hinzuzutuhn. Ist solches euer Liebe behäglich / sagte er / wil ich gerne fortfahrẽ / wie daß meine Fr. Mutter / nachdem ich die völlige Gesundheit erlanget / sich zur Heimreise wieder fertig machete / und mich fragete / ob ich nun meinen Willen vergnüget hätte / uñ wieder mit nach Prage wolte; welches mir nicht anders / als ein Donnerschlag im Herzen wahr / so daß ich Muht und Farbe verlohr / welches doch nicht lange wehrete /weil ich den Scherz daher abnam / daß sie alsbald Herkules Lehrmeister / einen gefangenen Römer /zwar jung / aber sehr geschikt / vor sich foderte / und ihm 100 Kronen schenkete / mich neben Herkules in Lateinischer und Griechischer Sprache fleissig zu unterweisen / versprach ihm dabey jährlichen Sold 400 Kronen / und / welches ihm das liebeste wahr / künftige Befoderung seiner ehmaligen Freyheit. Da wurden wir nun sehr wol angeführet / weil wir einander mit reizungen zum Fleiß auffmunterten / und pflag mein Herkules schon dazumahl dieses vor sein Sprichwort zugebrauchen:


Disce puer, juvenis quod agas, namque ante senectam

Dura tibi nunquam concedunt fata quietem.

Lern in der Kindheit / was du Jüngling must versehen /

Dann vor dem Alter läst Gott keinen müssig gehen.


Daher er dann zum offtern mich vermahnete / wir wolten fleissig seyn / damit wir beyzeiten die Bücher hinlegen / und die Waffen zur Hand nehmen könten. In was Einigkeit nun wir unsere kindlichen Jahre zubrachten / währe weitläuftig zuerzählen / dabey ich doch unvergessen lasse / daß ich zuzeiten mit ihm eiferte / wann ohn mein vorwissen er sich in Gefahr wagete / und den grimmigen Wölffen nachstellete. Setzete ich ihn dann darũber zurede / warumb er mich dahinten gelassen / und ob er meinete / daß ich so viel Herzens nicht hätte / ein gleiches mit ihm zu wagen /gab er mir zur Antwort: Ja mein lieber Bruder / meinestu / ich könte über mein Herz bringen / dich in solcher Gefahr zu sehen? mich betreffend / setzete er wol hinzu / bin ich daher versichert / weil alle Sternseher und Zeichendeuter mir ein langes Leben zulegen / in welchem ich / sonderlich in der Jugend / viel Mũhe und Arbeit außstehen solle / daher befürchte ich mich nicht / daß mich die Wölffe zu reissen werden. Artaxerxes kunte sich nicht enthalten zu fragen / ob dann in der ersten Jugend er schon so gräuliche Tihre hätte bestehen dürffen. Ja / sagte Ladisla / solte euer Liebe ich solches alles[919] berichten / müste ich lange Zeit haben; ehe und bevor ich ihn jemahls gesehen / hatte er schon einen ungeheuren grossen Wolff belauret /und ihn schlaffend mit seinem Kinderdegen / den er ihm in den Rachen gestossen / umbracht. O wie offt wünschete er / da er kaum von 13 Jahren wahr / daß es Löuen und Bähren in Teutschland geben möchte /auff daß er sie nicht allein kennen lernete / sondern sich auch an ihnen versuchen könte. Er wahr so glükselig in alle seinem Vornehmen / daß ihm nichts mißlung; und die Warheit zu sagen / überlegete er zuvor alles sehr vernünfftig / und verrichtete hernach was beschlossen wahr / mit sonderlicher Eilfertigkeit /pflegete auch zu sagen: Wol bedacht und furchtsam verrichtet / ist scheltwirdiger / als eine unbesonnene frische Taht; dann dieses geräht offters / jenes nimmermehr. Neben dieser seiner Herzhaftigkeit aber wahr er so Gottfürchtig und tugendhaft / daß er weder fluchen noch Spotreden von Göttern hören wolte. Keine Uppig- noch Leichtfertigkeit habe ich Zeit meines Lebens an ihm gespüret / halte auch / daß wann meine Frl. Schwester nicht in der Welt währe / würde er sich von aller Weiber-Liebe abgehalten haben. Der Unzucht ist er spinne feind / daß er auch mit denen / die deßwegen berüchtiget / nie umbgehen / noch gemeinschaft haben wollen. Als er von 15 Jahren / und schon zimlicher Leibesstärke wahr / dz man ihn vor achzehn jährig hätte halten mögen / ritte ich mit ihm durch einen lustigen Wald / in welchen wir den Füchsen und Hasen auffzulauren pflegeten; da wir nun den verborgensten Wegen nachjageten / und von ferne einer zwangleidenden Dirnen Geschrey höreten / jedoch nicht eigentlich wusten / was Gewalt ihr angelegt würde / übergaben wir unsere Pferde den mitlauffenden Leibdienern / folgeten der Stimme zu Fusse durch Püsche und Hecken nach / biß wir eines vornehmen wolbekanten teutschen Herrn gewahr wurden / der mit einem jungen wolgestalten / doch armselig bekleideten Bauren Mägdlein bemühet wahr / sie zu seinem unkeuschen Willen zu überwältigen / dem sie zwar nach äusserstem Vermögen wiederstund / aber gleich an dem wahr / daß sie hätte erliegen müssen / weil der Gewalttähter seinen beyden reisigen Knechten hinzu geruffen / und sie aller Kleider hatte berauben lassen. Herkules bekam sie ehe ins Gesicht als ich / sprang mit entblössetem Degen hinzu / und fragete den Vergewaltiger / ob ihm gebührete dergleichen Boßheit zu verüben. Seine Knechte / die uns beyde kenneten / flohen davon / ihr Herr aber fing mit einer leichtsinnigen Entschuldigung an / es währe seines Untertahnen /und eines Bauren Tochter / möchte demnach ihre Fürstl. Gn. sich daran nicht ärgern. Herkules kunte ihm solchen Frevel nicht zu gute halten / und sagete: O ihr verwägener Ritter / habt ihr so geschworen /Jungfräuliche und alle Weibliche Ehre nach vermögen zu schützen? sahe ihn mit feurigen Augen an / und ging mit dem Schwerte auff ihn loß. Dieser zückete seyn Gewehr / sich zu schützen / und baht / ihre Gn. möchten einhalten / und ihm nicht Ursach geben / einige Nohtwehre zu tuhn / dessen er gerne geübriget seyn wolte; wodurch Herkules noch mehr erbittert /ihm sein bestes zu prüfen befahl / und nam einen rechtmässigen Kampff mit ihm an; dessen ich mich nicht wenig entsetzete / mich auch bemũhete / ihn davon abzuhalten; aber ehe ich michs versahe / hatte er seinem Gegener schon eine Wunde in den rechten Elenbogen geschlagen / daß er das Schwert fallen ließ / und in Ohmacht nidersank / da er ihm vollend den Kopf herunter schlug / und selben dem Mägdlein /welches nacket auff der Erden saß / einhändigte / warf ihr hernach des erschlagenen Reitrok über / und hieß sie mit dem[920] Kopfe nachfolgen; jedoch hatte Herkules auch einen Schramhieb über den rechten Arm bekommen / woraus gar wenig Blut floß / welches er mit dem Finger abwischete / und in die höhe mit diesen Worten gen Himmel warf; Ihr Götter schũtzet mein Blut / so lange ich das Unkeusche zuvergiessen geneigt bin; solte ich aber zu gleicher Untugend mich verleiten lassen / alsdann zuschmettert mit eurem Donner alles was an mir ist. Wir eileten wieder nach unsern Pferden / setzeten uns auff / uñ liessen das Mägdlein mit dem Häupte / welches sie offenbahr tragen muste / allernähest hinter uns her folgen. Alle die uns begegneten kenneten dasselbe / und entsetzeten sich / und da wir vor dem GroßFürstlichen Schlosse anlangeten / da der GroßFürst mit seinem Gemahl und vornehmsten Hofleuten sich im grünen erlustigte / stieg Herkules vom Pferde / hieß das Mägdlein folgen / trat vor seinen H. Vater / und redete ihn also an: Gnädigster Herr und Vater / wann die mächtigen Götter Land und Leute straffen / geschihet solches wegen der Inwohner Boßheit und Untahten / welche von der Erde schreihen und des Himmels Ungnade über schuldige und unschuldige zu gleich erwecken; solches Verderben aber abzuwenden / lässet die Obrigkeit ihr billich angelegen seyn. Nun ist leider der verfluchte Wahn bey etlichẽ eingerissen / die sich ihres adelichen Geblüts durch stolzen Pracht ihrer Schild uñ Helme berühmen / daß sie meinen es stehe ihnen frey / der armen ihnen untergebenen Bauren Töchter nach Willen zumißbrauchen / welches doch eine so unverantwortliche Schande ist / die allein gnug währe / sie aller ihrer Freyheiten und begnadigungen zu berauben; dann eben hiedurch reizen sie der keuschen Götter und des reinen unbeflekten Himmels Zorn wieder uns. Sehet mein H. Vater / einen solchen Schandbuben habe ich ohngefehr in einem Lustwalde angetroffen / welcher diese unschuldige Tochter gewaltsam zu schänden / mit zween starken Knechten in bemühung wahr / und nur bloß der Götter Barmherzigkeit ihre Ehre bewahret hat; denselben habe ich aus rechtmässigem Eifer zu Rede gestellet / und da er nur seine wolzugelassene Macht vorschützete / ihm im gleichen Kampfe vor freier Faust den Lohn seiner Boßheit durch der Götter Hülffe erteilet / nicht zweifelnd /mein gnädiger Herr und Vater werde solches an mir nicht straffen / sondern mit väterlicher Huld uñ Gnade gewogen bleiben; fassete hiemit das abgehauene Häupt / warf es vor des GroßFürsten Füsse / und sagete: So müsse es allen denen ergehen / die durch unzüchtigen Muhtwillen ihren viehischen Begierden folge zu leisten / ungescheuhet sind. Alle Anwesende / auch der GroßFürst selber / entsetzeten sich vor seinen feurigen Augen / erkenneten auch / das es des berũmten Ritters Ingevons Häupt wahr / daher sie es groß Wunder nam / daß der junge Herr einen Kampf wieder ihn annehmen / vielmehr aber / ihn überwinden können. Sein Herr Vater sahe ihn zu gleich mit freudigen und betrübeten Augen an / und fragete nach / ob der Entleibete / nach dem er von Herkules zu Rede gestellet / sich ihm wiedersetzet / und zum Kampfe anlaß gegeben hätte; welches ich zu beantworten scheuh trug / und meinen Herkules reden ließ; welcher geradezu bekennete / und von mir Zeugnis begehrete. Worauff sein H. Vater zu ihm sagete: Lieber Sohn / daß du an der Unkeuscheit Abscheuh trägest / stehet dir rühmlich an / aber der höchsten Obrigkeit / und des Landes Gesetze zu überschreiten / ist so wenig dir als einem andern zugelassen. Nun weistu wol / daß in allen meinen Ländern und Herrschaften alles Faustrecht und Außfoderung bey Straffe des Henkens ernstlich und ohn alle Bedingung[921] verbohten ist; wie hastu dich dann erkühnen dürffen / diesen Ritter außzufodern / da er nach Urtel und Recht hätte können gestraffet werden? Sihestu nicht daß du eben hiedurch dein Leben verwirket / und dich zum Ubeltähter gemacht hast? Seine Fr. Mutter hörete dieses /und erstarrete vor schrecken / wie es mir dann nicht viel anders erging; aber mein Herkules fing mit unerschrockener Herzhaftigkeit und überlauter Stimme also an: Ihr Götter / die ihr aller Unzucht von Herzen feind und zuwieder seid / lasset euch / bitte ich / das Opffer angenehm seyn / welches ich euch geschlachtet habe / umb euren Zorn zu stillen / nicht daß ich einige Rachgier oder Hochmuht ergehen lassen / sondern die Schande vergelten möchte / die ohn zweifel wegen Vorbitte anderer seines gleichen / nicht gebührlich gestraffet währe / wie ich dessen unterschiedliche Begebnissen leider einführen kan. Ihr aber Gn. Herr und Vater / findet ihr an eurem Sohn einen muhtwilligen Ubertreter euer löblichen Satzungen / wolan / so stehe ich alhier / verfahret mit mir nach Recht / damit ihr hernähst nicht hören dürffet / ihr hättet nach Gunst oder Ansehen gerichtet; ja lasset nur mein Genik durch den Strang brechen / weil ich ohndz nicht Lust habe in solcher Landschaft zu leben / oder selbe dereins zu beherschen / da der muhtwillige Adel (ich rede nicht von frommen) an den Untertahnen sich zu versündigen / ihm sichere Freiheit einbilden darff. Ich meinete gänzlich / das Herz würde mir im Leibe vor unmuht bersten / wolte doch nicht reden / sondern des GroßFürsten Antwort zuvor hören; welcher also anfing: Ich werde vor mich selbst die Urtel zu sprechen /mich wegen väterliches Verdachts entbrechen / und den gesamten Landständen alles in die Hände geben; inzwischen soltu als ein Ungehorsamer und Ubertreter der Landes Satzungen gefänglich genommen werden; befahl hiemit seinẽ Trabanten / ihn in die Gefängnis zu legen. Herkules aber sagte: Nein mein H. Vater /ich bin als ein Sohn schuldig / euch ohn Gewaltsamkeit zu gehorsamen / uñ von mir selbst nach dem Gefängnis zu gehen. Hier kunte ich nun mich länger nit einhaltẽ / zog mein Schwert aus / setzete es an mein Herz / und sagete zu Herkules; Bruder / dafern dein Fuß einiges Gefängnis betreten wird / wil ich mich alsbald selbst niderstossen; hernach redete ich also den GroßFürsten an; Was eure Hocheit willens ist mit ihrem Sohn anzufahen / deßgleichen Teutschland nie gezeuget hat / nehme sie nur bald vor / und doch also / das im Leben und Tode ich ihm Geselschaft leiste; mein Herkules hat nichts wieder Recht oder Billigkeit gehandelt / und dafern er den verwägenen Schelm nicht angegriffen / wolte ichs getahn haben; kan nun ein Mensch durch eine Taht zugleich die Götter dem ganzen Lande versöhnen / und der Gesetze Straffe zum schmählichen Tode über sich laden / solches lasse eure Hocheit ich verantworten; gelobe aber hiemit den Göttern / daß da eure Hocheit meines Lebens wieder meinen Willen schonen / und meinen Bruder als einen schändlichen Dieb henken lassen würde / ich seinen Tod an allen seinen Richtern und Verurteilern dereins so grausam rächen wil / daß allen / die es hören werden / die Haare davor zu Berge stehen sollen. Hiemit fassete ich Herkules beim Arme / welcher willens wahr / nach dem Gefängnis zu gehen / und sagete zu ihm: Herzlieber Bruder / dafern du dich wegerst hier zu bleiben / biß dein H. Vater dich der Gefängnis entnimmet / wil ich dich und mich niderstossen; du hast dich in deinem ganzen Leben aller Tugend befliessen / die keiner Bande oder Gefängnis werd ist. Herkules entsetzete sich hierüber / fiel mir zun Füssen / und baht durch alle Götter /[922] ich möchte ihn vom gebührlichen Gehorsam nicht abhalten; ich aber kehrete mich wieder zu dem GroßFũrsten / und sagete: Ist ihre Hocheit annoch willens / ihren allertreflichsten Sohn vor seiner inkünfftig eigenen Untertahnen Gericht zustellen / so benehmen sie ihn nur der schmählichen Gefängniß / und lassen ihn auff seinem eigenen Gemache bewachen / damit sie mich nicht zwingen / ihre Grausamkeit anzuklagen. Die GroßFürstin taht mit dem sämtlichen Frauenzimmer / unter denen des erschlagenen Eheweib selber wahr / einen Fußfall / und hielten kläglich an / meinem lezten ansuchen stat zugeben; aber er stellete sich / als hörete ers nicht / und fragete mich / wer mich so kühn gemacht hätte / in seiner Gegenwart das Gewehr zublössen; gab auch den Trabanten einen Wink / mich gefänglich anzunehmen. Ich dieses merkend / taht einen Sprung nach meinem Pferde / setzete mich drauff / und wahr willens auszureissen / nicht eben /mein Beschimpffung abzuwenden / sondern mich nach Hũlffe / meinen Herkules zuretten / umzutuhn. Der Trabanten einer folgete mir auff Herkules Pferde nach / mich zugreiffen / welchen ich aber mit einem Hiebe des Lebens beraubete / und zwar / zu meinem Glücke / hinter einer Hecke / daß niemand dessen so zeitig wahr nam; rante also ohn Hinderniß fort nach einem grossen Dorffe / klagete den Bauren / welcher gestalt der GroßFũrst seinen Sohn und künfftigen Erben wolte henken lassen / daß er die Schändung einer Bauren Tochter an einem mutwilligen vom Adel mit dem Tode gestraffet / und baht sie / des jungen Fürsten sich anzunehmen / und gegen den Adel ihm Schuz zuhalten / mit dem versprechen / ich wolte an ihrer seite stehen / und bey ihnẽ leben und sterben. Diese wahren gleich willig / sendeten schnelle Pferde nach allen umliegenden Dörffern / unb brachten in dieser Nacht 8000 wolgerüstete Bauren zusammen /mit der Verheissung / es solten inwendig 24 Stundẽ ihrer 40000 beyeinander seyn. Die vornehmsten fielen mir zu fusse / und bahten / daß ich in meinem Vorsaz beständig verbleiben wolte / alsdann wolten sie nicht leben / oder den jungen Fürsten wegen solcher löblichẽ Taht in Freyheit setzen. Ich schwuhr ihnen meine Träue / hieß sie mir folgen / und mehr bewehrte Völker beysammen treiben / ging dieselbe Nacht mit diesen meinen muhtigen Leuten fort / und belagerte das GroßFürstliche Schloß noch vor der Sonnen Auffgang. Der GroßFürst hatte sich inzwischen von seinem Gemahl begütigen lassen / daß Herkules mit dreyen vom Adel (die ihm weder böses noch gutes zugeredet hatten) nach seinem Gemach gangen wahr /das Recht daselbst abzuwarten / und wahren sie allesamt der Meynung gewesen / ich würde nach Böhmen geflohen seyn / von dannen Hülffe zuhohlen. Früh Morgens wahr dem GroßFürsten auff seinem Lager zu wissen getahn / das Schloß währe von Gewapneten ganz umringet / deswegen er alsbald heraus schickete / umb zufragen / wz vor Leute solches ihnen hätten unternehmen dürffen. Ich hielt den Gesanten ein wenig auff / daß er ansehen solte / wie eben dazumal mein Lager mit 6000 Mann verstärket ward / welche sich nicht anders als grimmige Löuen erzeigeten; doch nach verlauff einer halben Stunde ließ ich ihn mit dieser Antwort zurücke gehen: Der Königliche Erbe aus Böhmen / wolte sein Häupt nicht sanffte legen / biß er seinen unschuldigen Bruder Herkules von der ungerechten Schmach erlöset hätte; Er bedingete sich auch / wegen des ihm-selbst angetahnen Schimpffs / und bliebe im übrigen Ihrer Hocheit auffwärtigster Knecht / nur daß er fürchtete / dafern ihre Hocheit sich nicht bald eines andern bedächte / dürffte die ganze[923] Teutsche Baurschafft schwürig werden /und den ganzen Adel ausrotten. Meine Völker fingen inzwischen ein wüstes Geschrey an / ob man die jungen Fürsten als Diebe henken wolte / die der armen Untertahnen sich annähmen / und an des Adels Grausamkeit mißfallen trügen. Welches da es dem Groß Fürsten hinterbracht worden / hat kein Mensch an ihm merken können / obs ihm lieb oder leid währe. Meine Völker aber mehreten sich des Tages dergestalt / daß gegen der Sonnen Untergang ich 36000 zählen ließ /hatten auch in die 80 von Adel gefangen mit sich gebracht / denẽ sie schon begunten schweres übel zudräuẽ / liessen sich aber doch von mir einreden / und hielten sie höflich gnug. Die im Schlosse kunten sich nicht erklären / was sie tuhn oder lassen solten; Zwar die Besatzung drinnen wahr stark genug / einen zimlichen Anlauff abzuschlagen / aber solcher Menge / die sich zu mir samlete / zu widerstehen / wahr ihnen unmöglich. Der GroßFürst hatte gegen den im Schlosse anwesenden Adel sich vernehmen lassen / er zöge sichs vor eine grosse Beschimpffung an / dz ich ihm seine Untertahnen auffgewiegelt / und ihn damit belagert hätte / schickete auch drey ansehnliche Herren umb den Mittag an meine Leute / und ließ ihnen andeuten / dafern sie mich dem GroßFũrsten liefern /umb Gnade ihres Irtuhms bitten / straks angesichts abzihen / und die Waffen niderlegen würden / solte ihnen alles verzihen seyn; im widrigen mũsten sie andern zum abscheuhlichen Beyspiel wegen dieser unverantwortlichen Auffruhr gestraffet werden. Diese Gesanten ließ ich alsbald gefangen nehmen / und nahe vorm Schloß Tohr drey Galgen auffrichten / stellete darauff meinen Leuten frey / sich zubereden / was sie ihrem GroßFürsten zur Antwort geben wolten; Da sie einhellig schriehen: Der tapffere junge Fürst Herkules müste auff freyen Fuß gestellet / und aller Beschimpffung entnommen seyn / oder sie wolten den ganzen Adel ausrotten / und die / so des jungen Fürsten Taht nicht billichten / den Göttern als ein angenehmes Opffer abschlachten. Ich erinnerte sie in meiner Gefangenen gegenwart / der Bescheidenheit; man solte bey dem GroßFürsten bitlich ansuchen / daß ohn einig angestelletes Gericht / der junge Fürst seiner Hafft erlassen / und seine Taht vor löblich und rechtmässig gesprochen würde / vorerst. Zum andern / daß ich Ladisla / von dem GroßFürsten wegen dieses beginnens weder gahasset noch verfolget; dann vors dritte / dem übermühtigen Adel die freye Macht zusündigen benommen würde / so daß man ihnen Gesetze aus GroßFürstlicher Macht vorschriebe / keinen ihrer Untertahnen ohn Urtel und Recht zustraffen / vielweniger /ihre Kinder zuschänden / sondern wer hinfüro sich unterstünde / des ertödteten Ingevons Schande zubegehen / derselbe von dem GroßFürsten an Leib und Leben gestrafft werden solte. Schließlich bliebe das Land-Gesetze wegen der Ausfoderung in seinem Werd / jedoch unter dieser Bedingung / daß wer einen wegen überzeugeten Nohtzwanges zum Kampffe ausfoderte / nicht allein ungestrafft bleiben / sondern als ein Freund der Götter geehret werden solte. Diesen meinẽ Vorschlag liessen sich alle meine Leute gefallen / und machete ich einen Ausschuß von zehn Mann / denen ich durch einen vom Adel bey dem GroßFürsten sicher Geleit suchete / aber vor folgenden Morgen keine Antwort bekam / da ich schon 48000 Mann stark wahr / welche zutrotzen begunten / wofern ihr GroßFürst durch des Adels getrieb sich einnehmen liesse / und seinen Untertahnen Schutz und Recht versagete / müste man Hand an solche Verführer und ihres gleichen legen; weil aber mein Abgesanter wieder kam / sich anfangs zwar in des GroßFürsten[924] Nahmen beklagete / und doch das Geleit nach allem begehren mit sich brachte / unterrichtete ich meine zehn Männer / wie sie sich untertähnigst verhalten / die zugelegte Auffruhr ablehnen / sich zu allem Gehorsam erbieten / und die begehrte vier Stücke bitlich suchen solten; wie sie dann solches wol und gebührlich verrichteten / und durch solche Demut den GroßFürsten gar gewonnen / wiewol er sich gegen sie mit keinem Worte erklärete / sondern sie frey abzihen / und durch einen vom Adel ihnen andeuten ließ / er wolte / in Betrachtung seiner väterlichen Hulde gegen seine Untertahnen / die bitlich gesuchten Stücke gnädigst in Bedacht zihen; inzwischen geböhte er allen versamleten bey Leib- und Lebensstraffe / an keinem vom Adel /auch nicht an des entleibeten Ingevons nähesten Blutsverwanten sich zu vergreiffen. Die GroßFürstin hatte sich heimlich zu meinen Abgesanten gemacht /und befohlen / ihrem herzlieben Sohn Ladisla zusagen / daß er ohn gegebene rechtmässige Ursach sich aller Tähtligkeit enthielte / und in seinem Vorhaben getrost und herzhafft fortführe / solches würde den armen Baursleuten sehr heilsam und ersprießlich seyn. Mein Herkules aber / da er meines tuhns berichtet worden /hatte vor Angst kein Wort reden können / und an seinen H. Vater begehret / ihn gnädig und väterlich zuhören / welches ihm doch gänzlich abgeschlagen wahr / wiewol seine Fr. Mutter ihm vertraulich bey einer Magd zuentbohtẽ / er solte unbekümmert seyn / Ladisla hätte nichts ohn ihren Befehl und Anordnung getahn; Worauff er dann zu frieden seyn müssen / insonderheit / weil meine Völker sich allerdinge ruhig verhielten / und des GroßFürsten Erklärung erwarteten /sich aber gegen meine drey Gefangene und die andern ädlen ausdrüklich vernehmen liessen / dafern der GroßFürst durch böse Rahtgeber verleitet würde /wolten sie den ganzen Adel lebendig spiessen / ihre Güter rauben / und damit über Rein unter der Römer Herschaft sich begeben. Der GroßFürst ging mit dem bey sich habenden Adel fleissig zu rahte / und hielt ihnen vor / ob zwar der Auffstand durch Ladisla erwecket / unverantwortlich / und straffbar währe / sähe er doch / daß in Betrachtung seiner mehr als brüderlichen Liebe gegen Herkules / er nichts unbesonnenes /aus kindischer Unwissenheit / sondern das vorgenommen hätte / welches Freunde und Feinde loben müsten; daß er aber sich gegen seinen Sohn so hart und unfreundlich erzeiget / hätte er wegen des Adels tuhn müssen / damit sie nicht etwa einen Auffstand im Reiche verursacheten / oder ihn beschuldigten / daß er seinen Kindern nachgäbe / die Reichs Satzungen zuübertreten; Sie solten bedenken / ob eine löblichere Taht in aller Welt von einem geübeten Ritter hätte mögen verrichtet werden / als sein annoch so junger Sohn Herkules durch kũhne Ausfoderung auff der Götter Schuz sich verlassend / begangen / und glũklich vollendet / wovor ihm billicher eine Ehren Kron als die schimpfliche Gefängniß gebühret hätte / und wåhre keiner vom Adel der Auffrichtigkeit gewesen /einige Vorbitte vor denselben einzulegen / welches doch des erschlagenẽ Wittib gutwillig uñ ungeheissen getahn. Nun währe ihm von herzen lieb / daß sie ihm Zeugniß geben müsten / wie unschuldig er an Ladisla vorhaben währe / auch bloß auf ihr gutheissen unterlassen hätte / ihn in der flucht zuverfolgẽ / wovon er doch weiters nicht reden wolte; nur solten sie reiflich erwägen / und ihr Gut dünken über die vorgetragene Stücke ohn alle scheuh anzeigen; er vor sein Häupt hätte den Muhtwillen etlicher vom Adel in seinem Herzen zwar höchlich bißher beklaget / aber zur abschaffung des Unwesens nicht greiffen dũrffen / weil die gröste Boßheit von den ansehnlichsten[925] Seulen des Vaterlandes / oder doch von ihren Kindern begangen währe; diesem hätten die Götter länger nicht zusehen wollen / und es durch seinen frommen tugendliebenden Sohn also geschicket / daß durch die Untertahnen des Adels Frecheit beschnitten werden mũste; währe es nicht zuerbarmen / daß wann etwa ein Unädelgebohrn er durch Liebe zu einer ädelgebohrnen Jungfer / nicht allein mit ihrem guten Willen / sondern wol hefftiger Anreizung sich hielte und sie ehelichte / derselben Anverwanten einen solchen Schwager durchaus Tod haben wolten? hingegen / wann ein ädelgebohrner / eines Bürgers oder Bauren Tochter schändete / und wol gar nohtzwängete / solcher boßhafte Frevel allerdinge ungestraffet hingehen solte? Sie möchten dieses betrachten / und es miteinander überlegen / damit den vergrelleten Untertahnen könte geantwortet werden / welches vor sein Häupt zu tuhn / ob er gleich aus GroßFürstlicher Macht wol befuget währe / er dessen doch bedenken trüge / damit man sich über ihn hernähst nicht zubeschweren hätte. Der anwesende Adel hörete solches mit grosser bestürzung an / dañ ihr Gewissen überzeugete sie grossenteils / daß sie mit ihren Untertahnen mehr gewaltsam als gũtig umbgingen / und taht ihnen weh / daß die Bauren ihnen Recht vorschreiben / und ihrer Macht gewisse Schranken flechten solten / beschwereten sich dessen auch zum höchsten / nebest anzeige / daß der Bömische junge Fürst des Teutschen freien Adels Freiheiten zuschwächen bemũhet währe. Der GroßFürst fragete sie / was von ihnen in den begehreten Stücken dann so höchlich getadelt würde / solches solten sie anzeigen / und seiner gnädigsten Erklärung versichert seyn; worauff sie aber kein Wörtlein zu antworten wusten / ohn dz ihrer wolhergebrachten Freiheit und adelichen Ansehen grosser eingriff geschehen würde / wann ihnen der Bauren Anmuhten solte auffgedrungen werden. Der GroßFürst eiferte sich darüber nicht unbillich / und brach endlich also loß; Was bildet ihr euch dañ wol ein / als ob euer Frevel durch aus nicht gezähmet seyn müste / und ihr unter dem Deckel der adelichen Freiheit allen Muhtwillen verũben dürftet? Ich habe lange gnug mit euer etlichen durch die Finger gesehen / dann alle beschuldige ich keines weges / sondern nur die Verbrechere /welche mir nicht so gar unbekant sind; aber hernähst wil ich durchaus dergleichẽ unverantwortliche Frecheit nicht mehr dulden / ich möchte sonst (wie mein lieber Sohn Herkules recht saget) mit allen meinen Untertahnen in der Götter Ungnade und Straffe fallen. Hieß sie hierauff weg gehen / und daß seine Söhne Herkules und Baldrich / wie auch sein Gemahl uñ junges Fräulein / dazumahl im achten Jahr ihres alters / herzu gefodert würden. Herkules wahr der lezte gewesen / und hatte mit nidergeschlagenen Augen und blödem Angesicht wegen meiner Auffruhr sich eingestellet / auch alsbald einen Fußfal getahn / in Meinung / mir Gnade zuerbitten; Aber sein Herr Vater hatte ihm alsbald ernstlich gebohten / auffzustehen /und ihn nachgehends also angeredet: Du mein lieber Sohn / und höchste Vergnügung meines Herzen; welche Worte seine Fr. Mutter hörend / vor freuden in Ohmacht nidergefallen wahr / weil sie aus seinem vorigen ertichteten Zorn sich einer harten Urtel befürchtet hatte; und als sie wieder durch ihren Herkules und Baldrich erquicket worden / hat sie folgende ihres Gemahls Reden mit sonderlicher Wollust angehöret: ich danke den Göttern / daß durch deine preißwirdige Taht sie meinen GroßFürstlichen Stuel / wie ich lange Zeit vergeblich gewünschet / dereins befestiget / und wieder etlicher des Adels Frecheit / welche ohn[926] verderbung meines Reichs ich nicht zwingen kunte / nunmehr unbewäglich / dir mit zum besten / gegründet haben. So gedenke nun nicht / mein Sohn / daß mein bißher ertichteter Zorn / dir und deiner erworbenen Ehre / icht was zuwieder gesucht / sondern umb des Adels willen / hat es / ohnzweifel aus stifftung der Götter / geschehen müssen / welchen ich durch glükliches vornehmen deines geträuen Bruders nicht mehr zu fürchten habe / und schon Mittel finden wil / daß ihre Freiheit zu sündigen / auffgehaben werde; höre demnach auff / dich als einen Ubeltähter zu schätzen /und bitte durchaus keine Verzeihung / die vielmehr ich dafern ich dein Vater nicht währe / bey dir suchen müste; biß mir aber in diesem Stük gehorsam / und reite mit deinem Bruder Baldrich hinaus zu Ladisla /welchen du wirst zubereden wissen / daß er sich hieselbst bey mir auff Gnade und Ungnade einstelle / jedoch / daß du bey verlust meiner Hulde ihm meines guten Willens keine meldung tuhst / sondern vielmehr begehrest / daß die drey Gefangene von Adel / denen er zweifels ohn / die drey Galgen hat auffrichten lassen / zugleich mit ihm ko en / wie auch andere ädle mehr (da es bey dem Volke zuerhalten) welche sie gefangen haben. Herkules / ungeachtet mannicher aus solcher Anmuhtung nichts gutes geurteilet hätte /wahr hierzu willig / und sahe ich ihn nebest seinen Bruder Baldrich dorther reiten / denen ich zu Fusse entgegen lieff / meines Herkules Pferd beym Zügel fassete / und ihn nach meinen Völkern hinleiten wolte; Er aber warff sich herunter / und sagte zu mir; Du weist Bruder / daß ich dich herzlich / wie meine eigene Seele liebe; so laß mich nun deine rechtschaffene Neigung hinwieder sehen / und reite mit mir hin zu meinem H. Vater; wirstu dich dessen wegern / so sol dir hiemit meine Freundschaft auffgekündiget /und dagegen alle feindselige Rache angemeldet seyn. O Bruder Bruder / antwortete ich / hastu dann so grosse Lust zu sterben / da du mit leichter Mühe leben köntest? oder meinestu / daß ich diese Völker meinetwegen / und nicht vielmehr / dich zu retten / so glüklich gesamlet habe? ich wolte weiter reden / aber mein Hauffe ward Herkules Ankunft inne / deßwegen sie herzuranten / und mit einem grossen Freudengeschrey ihn vor des Vaterlandes Zier / der Boßheit Rächer /und der Unterdrükten Schützer außrieffen / erbohten sich / Leib uñ Leben vor ihn gutwillig auffzusetzen /weil er ein armes Baurẽ Mägdlein zu retten / sich nicht zu hoch geschätzet hätte / bahten endlich / daß er sich ihrer weiter annehmen / und bey seinem Herr Vater verhandeln möchte / daß dem Adel die übermachte Gewalt zur ungebühr / gemässiget würde. Herkules wolte ihm zwar die Leute nicht ungewogen machen / redete aber doch nicht sonderlich freundlich mit ihnen / sondern sagte: Er bedankete sich ihres guten Willens / könte gleichwol nicht loben / wann die Waffen von ihnen wider seinen Herr Vater solten ergriffen seyn / und wolte er lieber sterben / als auff solche weise beym Leben erhalten werden. Ein alter Mann gab ihm darauf zur Antwort: Sie hätten sich nicht so weit vergessen / daß sie ihrer lieben und höchsten Obrigkeit sich widersetzen wolten; nur währe ihr steiffer Vorsaz / ihren künfftigen GroßFürsten aus des Adels Händen zureissen / damit derselbe nicht Schimpff erlitte / welcher das Land den Göttern zuversöhnen sein eigen Blut nicht sparete. Herkules machte hierauff ein freundlicher Angesicht / und sagte: Er hätte vor dißmahl keine Freyheit von seinem H. Vater / mit ihnen sich in Gespräch zubegeben; kehrete sich wieder zu mir / und fragete / ob ich der geschwornen Träue eingedenke seyn / und mit ihm reiten wolte. Ja mein Bruder / antwortete ich /[927] nachdem du viel zu großmühtig bist / einigem Menschen vor dein Leben zudanken / so wil ich mit dir reiten /und meines Verbrechens wegen ja so willig sterben /dein Leben zuerretten / als ich sonst mit dir zuleben wũnsche. Sage mir weder von leben noch sterben /antwortete er / sondern laß uns ohn Verzug meines H. Vaters Willen vollbringen / und das übrige der himlischen Versehung befehlen / so daß die drey Gesanten / und der ganze anwesende Adel ohn verweilen / mit uns fortzugehen / frey gelassen werden. Meine Völker wolten in meinen Abzug durchaus nicht gehehlen / erinnerten mich unsers geschlossenen Bundes / und daß ich mich nit in Unheil stürzete. Aber mein Herkules versicherte sie / sie würden ihres GroßFũrsten Gnade nicht besser / als durch Einwilligung erlangen. Ich selbst / wie zweifelhaftig ich auch wahr / redete ihnen zu / es hätte die Meynung nicht / daß ich sie verlassen / sondern ihr Wort reden wolte / und da sie inwendig sechs Stunden mich nicht sehen würden / soltẽ sie nach gefallen an der ädlen ihren Gütern und Leben handeln / nur / daß alle schon gefangene ädle mir mit gegeben wũrden / damit die andern desto leichter zur Billigkeit gebracht würden. Worauff sie dann alles einwilligten / ich auch zimlichen Trostschöpffete / nit zweifelnd / mein Herkules würde mir schon einen Wink geben / dafern mir Unfall bereitet währe. So bald wir auff dem Schlosse uns befunden / wurden alle meine Gefangene vor den GroßFürsten gefodert /welche er im beyseyn der andern fragete / wie es ihnen er gangen; wie die Bauren sich gegen sie und ihre Güter bezeigeten / und was vor Raht sie gäben / nachdem er mich als den Anführer in seiner Gewalt hätte. Worauff die drey Gesanten geantwortet hatten: Sie könten nicht absehen / was gestalt der allgemeine Bauren Auffstand könte gestillet / und der Adel gerettet werden / wo man ihre gesuchte Stücke nicht einwilligte; der Eifer bey den Bauren wider den Adel währe zu hefftig / hätten ihnen auch so abscheuhliche Tahten erzählet / die fast unmöglich währen zugläuben; biß daher enthielten sie sich aller Tähtligkeit /und solches auff eiferigen Befehl des Böhmischen jungen Fürsten / dem sie sich zu Rettung ihres hochgewogenen jungen GroßFürsten mit Leib und Gut zu allem Gehorsam verpflichtet; Speise und Trank liessen sie aus ihren Dörffern ihnen zufũhren / und was ihnen die von Adel freywillig (also müste mans ja heissen) schenketen / davor danketen sie; und könten sie ungemeldet nicht lassen / daß der Böhmische Fürst ihres gnädigsten herschenden GroßFürsten Wort dergestalt bey den Bauren geredet / daß es nit zuverbessern stünde; würde endlich sehr nöhtig seyn /daß derselbe bald wieder zu ihnen gelassen würde /damit nit etliche verwägene sich einer Gewaltsamkeit wider den Adel unterfingen / wozu ihrer sehr viel nicht ungeneigt währen. Nach solchem vorbringen musten sie alle einen Abtrit nehmen / ich aber und Herkules zu ihm kommen / da er / so bald ich ins Gemach trat / mir freundlich entgegen ging / und nach väterlicher Umfahung sagte: Gesegnet sey die Stunde / mein lieber Sohn und Oheim / da euer Herr Vater euch mir zugeschicket hat; Euer Vornehmen haben sonder allem zweifel die gũtigen Götter euch eingeblasen / dessen glüklichen Verfolg ich nicht besser wünschen mögen; Versichert euch demnach / daß wie ich meinem Herkules niemahls einige Ungewogenheit zugelegt / und mir seine löbliche Taht sehr wol gefallen / also ist mein Gemüt gegen euch nicht anders gesinnet gewesen. So verzeihet mir nun / was ich bißher getahn / und ihr dessen wichtige Ursachen wol erfahren werdet / und gehet hin / euch mit eurem Herkules zuergetzen / biß ich euch werde ruffen lassen.[928] Da musten nun alle meine Gefangene wieder vortreten / mit denen er sich absonderlich beredete / und nach verlauff einer Stunde / ausserhalb des Schlosses im freyen Felde eine Schau Bühne auffrichten ließ / worauff er mit mir und Herkules trat / die gefangene vom Adel aber darunten stehen musten / uñ der GroßFürst also zu dem Volke redete: Ihr fromme und redliche Teutschen; es erscheinet aus eurem jetzigen Vornehmen Sonnenklar / daß ihr gleichwol euer jungen Herschafft euch anzunehmen willens seyd / wann ihnen etwa Gewalt oder andere Widerwertigkeit zustossen solte. Ob nun zwar ich an meinen Söhnen / Ladisla und Herkules ihr Verbrechen zustraffen wol befuget währe / so habe ich doch in Ansehung eurer kräfftigen Vorbitte sie nicht allein zu Gnaden wieder angenommen / und alles verzihen / sondern auch eurem übrigen untertähnigsten rechtmässigen ansuchen stat gegeben / tuhe auch solches hiemit und krafft dieses / also und dergestalt / daß der von etlichen des Adels bißher verübeter Muhtwille gänzlich abgeschaffet / und euch samt und sonders Fürstlich Schuz gehalten werden sol. Im übrigen ist der von meinem Sohn Herkules rechtmässiger weise erschlagene von mir dahin verdammet / daß sein Nahme an dieser von euch auffgerichteten Galgen einem sol angeschlagen / sein Häupt daselbst hinauf gestekt / uñ sein Leichnam darunter begraben werden. Hingegen sollet ihr samt und sonders gehalten seyn /euren adelichen Oberherren allen schuldigen Gehorsam und Dienste zuleisten / auch nicht ohn ursach euch über sie beschweren / sondern sie halten / wovor sie euch gesetzet sind. Eure jetzige genommene Waffen sollen keines weges gestraffet noch geunbillichet werden; aber dafern ihr oder jemand anders sich nach diesem ein gleiches (es geschähe dann zur Rettung eurer Obrigkeit und deren angehörigen mit meiner guten Bewilligung) würde gelüsten lassen / sol es ungestraffet nicht bleiben. Vor dißmahl verfüge sich ein jeder nach Hause / und bleibe seinem GroßFürsten und dessen Erben geträu und ergeben; Die Bewilligung eures geschehenen bitlichen ansuchens / sol in allen Stücken folgen / erstes Tages schrifftlich auffgesetzet / und in meinem Reiche öffentlich / als ein ewig beständiges Gesetz ausgeruffen werden. Hierũber erhuhb sich unsägliche Freude bey allem Volk; Sie rieffen ihrem GroßFürsten und der jungen Herschafft Glük / langes Leben und alle Wolfahrt zu / und erbohten sich / vor dieselbe alles willig auffzusetzen. Auch so bald wir wieder nach dem Schlosse umkehreten / gingen sie von einander / ein jeder an seinen Ort. Bald darauff ließ der GroßFürst den Adel zusammen fodern / hielt ihnen das begehren des gemeinen Mannes vor / welches sie nohtwendig billichen musten /und geboht ihnen / sich gegen die Untertahnen anders zubezeigen / als vorhin von etlichen geschehen währe; welches sie aus furcht der Straffe willig annahmen /und allen willigen Gehorsam versprachen / wiewol sehr viel unter ihnen wahren / denen solches ũberaus wol gefiel / als welche an der andern ihrem Frevel grossen Mißgefallen hatten. Mein Herkules aber wuste sich dergestalt gegen den Adel freundlich zubezeigen / daß er aller Herzen gewan / und sie ihn ja so inniglich liebeten / als der gemeine Mann selbst. Nach dieser Zeit gab der GroßFũrst seinem Sohn eine zimliche Anzahl Knechte / und ordnete ihm die erfahrnesten Häuptleute und Ritter zu / von welchen er des Kriegs unterrichtet / und in allen Ritterspielen geübet ward / worzu er dann sonderliche Beliebung trug / auch im Reiten und Stechen etliche vortelhafte Stücke selbst erfand / durch deren Anwendung er mannichen Sieg erhalten hat. So schikte mein H. Vater mir[929] auch meine Leute / weil ich noch nicht gesinnet wahr / Prage zusehen / wiewol meine Eltern uns alle halbe Jahr besucheten / biß mein Herkules sein / auf zween Monat nahe / 17 des Jahr hinter sich gelegt hatte / und König Amund in Schweden / seiner Fr. Mutter Herr Bruder / von dem GroßFürsten umb etliche tausend Mann zum Beystande / wider seine ungeträue Nachbarn die Reussen anhielt / da wir beyde Lust bekahmen / diesen ersten Kriegszug vorzunehmen / und mit einem Heer von 12000 Mann über die OstSee nach Schweden schiffeten / woselbst wir wol empfangen wurden / und den Reussen mit unser geringen Manschafft nicht wenig abbruch tahten / da insonderheit mein Herkules in einem absonderlichen Kampffe wider einen wolgeübeten Dänischen Fechter grosse Ehr einlegete / als welchen er vor freyer Faust erschlug / uñ dadurch dem Feinde eine statliche Festung abgewan. Nach dieses Kriegs Endigung / der nach des Schweden Wunsch durch gütlichen Vergleich beygeleget ward / besahen wir Dånnemark und Reussen /und unterliessen nichts / was zu ritterlicher übung / in Stechen / Fechten / Reiten / Ringelrennen / Schiessen / Werffen / Lauffen / Ringen / Stürmen / und dergleichen erfodert ward; endlich / nach dem wir zwey Jahr in diesen mitternächtigen Ländern zugebracht hatten /erhielt ich bey meinem Herkules / mit mir nach Böhmen zureisen / weil die Land Stände mich nicht länger ausserhalb Reichs lassen wolten / in betrachtung ich der einige Erbe währe. Er wolte in dieser seiner Erzählung fortfahren / aber es trat ein ädelknabe ins Gemach / und berichtete / der Fürst von Susa wåre mit seinem KriegsHeer 16000 zu Fusse und 24000 zu Rosse ankommen / und hielte er schon vor dem Schloß Tohr. Er hätte mir nie zu ungelegener Zeit kommen mögen / sagte Artaxerxes / weil er mich in Anhörung der anmuhtigsten Begebnissen störet. Ich weiß nit / antwortete Ladisla / daß Eure Liebe durch meine unliebliche Erzählung solte können erlustiget werden / aber das weiß ich wol / daß dieser Fürst von Susa einen frechen Unwillen auff mich und meinen Herkules ohn alle gegebene ursach geworffen / so daß ich fürchte / wo er nicht nach lässet / er mich so lange treten wird / biß ichs mir ihm auff die Faust zuwagen wider meinen Willen gezwungen werde; möchte demnach von herzen wünschen / daß er sich eines andern bedächte / als dann solte das alte ab und vergessen seyn. Eure Liebe machen sich dieses Fũrsten halben keine Gedanken / antwortete er / ich wil schon wissen / ihm diese Stunde gebũhrlich zuzureden; solte er dann auff seinem Troz verharren / so stehe er auch seine gefahr; sonst ist er eine feige Mämme / weiß zwar das Maul zimlich zugebrauchen / und mit dem Frauenzimmer zuscherzen / aber die Waffen haben vor ihm gute Ruhe / und ist mir mit seinen Völkern mehr als mit ihm selbst gedienet / deren er mehr / als sein Anteil bringet / aus lauterm Stolz zusammen getrieben hat. Pharnabazus ward abgeschicket / ihn auff das Schloß zuführen / welche Ehre er lieber einem andern gegönnet hätte. Als nun dieser ihn empfangen wolte / und jener aus seiner Gutsche stieg / trat er fehl / und fiel zu Pharnabazus Füssen nider / welches von den anwesenden unterschiedlich ausgedeutet ward /insonderheit / weil er im Koht sich heßlich zurichtete / da Pharnabazus lachens sich nährlich enthalten kunte. Er schämete sich sehr / ließ von seinen Dienern sich geschwinde abwischen / hångete einen renlichen Reit Rok umb sich / und ging biß in den mittelsten Plaz / da ihn Artaxerxes mit diesen Worten empfing: Durchl. Oheim / Eure Liebe ist mir als ein vornehmes Glied unser Verbündniß wilkommen / und bitte dieselbe auffs fleissigste / sie wolle den trefflichen[930] Helden / König Ladisla und GroßFürst Herkules allen guten Willen erzeigen / wie durch ihre herlichen Siege und Anwendung ihres Bluts sie umb uns wol verdienet haben; solte aber diese meine wolgemeynete Warnung nicht stat finden / wird gewißlich Eure Liebe sich in unnöhtige Gefahr setzen / welches mir sehr leid seyn wũrde / und ich doch nicht abzuwenden wüste / angesehen / unser ganzes Heer so ungläubliche Zuneigung gegen diese Fũrsten träget / daß sie alle willig sind / vor ihre Wolfahrt zusterben. Gobares hatte seiner Spizfindigkeit nach schon ausgesinnet /wie er unsern Helden einen heimlichen Schimpf antuhn wolte / ungeachtet er ihres trefflichen verhaltens gnug berichtet wahr; diese Warnung aber schreckete ihn ab / daß er sich eines andern bedachte / gelobete auch / dafern ihm nicht augenscheinliche ursach gegeben wũrde / Ehren halben anders zutuhn / wolte er äusserliche Freundschafft mit ihnen zuhalten sich nicht wegern / ob gleich sein Herz nimmermehr einige Vertrauligkeit auff sie setzen könte. Solches zuunterlassen / sagte Artaxerxes / stehet zu seinem belieben / wann er ihnen nur nicht mit spitzigen Reden / oder widrigen Geberden so nahe trit; dann sie sind in Warheit vernünfftige Fürsten / denen man keinen Dunst vor die Augen machen kan. Sie gingen nach dem Gemache / woselbst Ladisla mit Arbianes Unterredung hielt / und ihn umb einen Reuterdienst baht / ihm etliche seiner Völker herzuleihen / mit denen er seinem Herkules entgegen reiten wolte. Meine Völker / antwortete er / sind zu Ihrer Durchl. Gehorsam / wie imgleichen ich selbst / mit allem /was ich bin und vermag / daß dieselbe also meiner Leute / als ihrer selbst eigenen zugebrauchen haben /mit angehängter Bitte / mir den Mit Rit freundlich zugönnen. Was könte mir angenehmers seyn / sagte Ladisla / als euer Liebe Geselschafft? Ist demnach nichts übrig / als daß wir uns zur Reise fertig machen / und etwa 4000 Mann mit uns nehmen. Gleich trat Gobares ins Gemach / grüssete Ladisla freundlich / und wünschete ihm wegen der in beyden Schlachten erlangetẽ Ehr / Glük; taht auch sonst etliche Wortgeprånge hinzu / wodurch er seinen Stolz zimlich blicken ließ; da ihm von Ladisla geantwortet ward: Er bedankete sich freundlich / vor beschehene Glükwünschung /hiesse ihn mit seinen treflichen Völkern wilkommen seyn / und håttẽ seine geringe Tahten keine sonderliche Ehre verdienet / wiewol sein Wille nichts suchte /als der HochFürstlichen Verbündniß angenehme Dienste zubezeigen. Hernach offenbahrete er Artaxerxes seine vorgesezte Reise / und ließ alles zum frũhen Auffbruch künfftigẽ Morgens zurüsten. Als sie nun des Abends miteinander zu Tische sassen / entstund schnelle gleich über dem Schlosse ein starkes Wetter /mit hefftigem Blitze / taht aber nur einen / wiewol sehr harten Schlag in das GroßFürstliche Gemach / so das Speise und Trank auf dem Tische verschüttet /und Gobares am linken Arme / doch nur ein wenig gerühret ward; aber die Kleider fingen ihm auff dem Leibe an zubrennen / und umzog ihn der Dampff vom Schlage / so gar / daß er drinnen hätte ersticken mũssen / wo nicht Ladisla ihm beym Leibe ergriffen /und mit sich hinaus geschleppet hätte; über welchen Freundschafft-Dienst er sich so gar nicht bedankete /daß er auch gegen Artaxerxes sich beschweren durffte / er wåhre von ihm gar unhöflich angetastet / uñ als ein MäelSak fortgeschleppet. Der ihm aber hart zuredete: ob er nicht erkeñen könte / daß er in Lebens gefahr gewesen / uñ zweifels ohn umkom?en müssen /wann auff solche weise er nicht gerettet währe; möchte demnach den gar zu hohen Muht brechen / und den heutigen gedoppelten Unfall nicht ohnbetrachtet hingehen lassen;[931] vielleicht witzigten ihn die Götter /nicht über sein Vermögen zugedenken / er möchte sonst / ehe man sichs versåhe / an stat des Fluges gen Himmel / in einen Pfützenfall gerahten. Er hätte ihn weiter angegriffen / sahe aber / daß er in Ohmacht fiel / und ließ ihn auffs beste labẽ / und mit allerhand köstlichen Arzneyen versehen. Ladisla brach des folgenden Morgens auf nach den Parthischen Grenzen /in Meynung / ohn einen Streif in Feindes Land nicht umzukehren; aber Herkules begegnete ihm noch desselben Abends / fünff Meile von Persepolis bey einem Städlein; doch kenneten sie einander wegen der verschlossenen Helme nicht / biß sie nahe zusammen stiessen / und aus der Rede Kundschafft nahmen /warffen darauff die Helme von sich / und empfingen sich auf den Pferdẽ mit herzbrüderlicher Vergnügung / da Ladisla sagete: Ich erfreue mich von ganzer Seele / mein Bruder / daß ich dich frisch uñ gesund wieder sehe; aber berichte mich doch / ob meine Frl. Schwester glüklich erlöset sey. Valiska wahr in der Gutsche ihres Bruders inne worden / sprang in ihren köstlichen Kleidern behende heraus / und lief ihm in hoher Neigung entgegen; welches er ersehend / vom Pferde stieg / und mit offenen Armen ihr begegnete / umfingen einander mit solcher Inbrunst / daß ihnen der gröste Teil ihrer Krafft entging / sie auch einander kein Wort zusprechen kunten / sondern durch küssen und herzen ihre Gewogenheit anzeigeten / biß sie endlich zu ihm sagete: O mein herzallerliebster Herr Bruder / warumb hat er sich doch meinetwegen von seinem allerliebsten Gemahl in diese abgelegene weite entzogen / die sich billich über mich beschweren muß; Gott weiß / wie herzlich michs tauret / daß dieser grossen Mũhe und Gefahr ich habe müssen ursach seyn / getraue doch meinem Gott / er werde uns die unsern schier wiederumb sehen lassen. Hiermit umfing sie ihn abermal / mit Erzeigung aller schwesterlichen Freundligkeit und Liebe. Ladisla verwunderte sich ihrer / daß sie so mänlich und vollkommen worden / ungeachtet sie nur 16 Jahr und 12 Wochen alt /aber wol von 18 Jahren anzusehen wahr; so liebete er sie nicht allein als seine einige Schwester / sondern /welches er höher achtete / als seines Herkules wirdig geschåtzete und versprochene Braut / und gab ihr zur Antwort: Herzgeliebete Frl. Schwester / dem allmåchtigen Gott sey Preiß uñ Dank vor ihre gnädige Erlösung / der uns auch weiter geleiten und schützen wird. Was beklaget sie aber meine Nachfolge / da doch alle ungelegenheit ihr meinet und meiner Liebstẽ wegen zugestossen ist / und ich daher umb so viel mehr mich schuldig weiß / ihrer Rettung nachzudenken / wiewol darzu ich weniger als nichts verrichten können. Sie wolte ihm dieses beantworten / aber Arbianes / welcher bißher mit Herkules gesprachet hatte / setzete sich vor ihr auff ein Knie / und nach geleistetem Handkusse fing er also an: Durchl. Fräulein, Eure Durchl. bittet ein unhöflicher Knecht demühtigst umb Vergebung ehmalen begangenen Frevels / welchen die blosse / oder vielmehr verdeckete Unwissenheit in ihm verursachet / erbeut sich nach äusserstem Vermögen zum gehorsamsten Abtrage / unter willigster Auffwartung / mit alle dem / was seine wenige Schwacheit kan und vermag. Das Fräulein bemühete sich / ihn auffzurichten / und gab zur Antwort: Durchleuchtiger Fürst / ich habe dieses Schimpffs mich billich zubeklagen / und werde Abtrag fodern / daß Eure Liebe unsere fest beschworne brũderliche Freundschafft / so bald aus der acht gesetzet / und mich nicht anders / als eine wildfremde / wil nicht sagen / aufgeblasene und vermässene empfåhet / welche zugeben könte / daß so ein trefflicher Fürst zu ihren Füssen låge; sonst erfreue ich mich Euer[932] Liebe guten wolergehens von herzen / und erkenne mich schuldig / der /zeit meines vermummeten elenden Standes / mir überflüssig erzeigeten hohen Zuneigungen / als lange ich lebẽ werde / eingedenke zuseyn / und mich der Erstattung zubemühen. Arbianes wuste vor freuden nicht zuantworten / dann die übermässige Schönheit / die er vor Augen sahe / benahm ihm die Rede; welches sie merkend / nach seiner Eltern / auch Herrn Mazeus und der seinen Zustand fragete; Worauff er anzeigete /er hätte von denen Befehl / Ihrer Durchl. Rettung bey schleunigster Botschafft anzumelden / würden alsdann ingesamt bald überkommen / und wegen beschehener schlechten Auffwartung sich entschuldigen. Herkules sahe / daß die Dunkelheit einbrach / ließ die Völker / weil daselbst viel Graß vor die Pferde wahr /sich ins offene Feld lagern / und die Gefangenen zwischen sich nehmen / auch aus dem nähstbelegenen Stådlein essen und trinken vor liederliche Bezahlung ihnen zuführen; Er aber mit Ladisla / Arbianes / dem Fräulein und Kleofis / kehreten daselbst ein / und zogen Gallus / Timokles / und die beyde Persische Jünglinge als Auffwarter mit ihnen / woselbst Herkules seinem Ladisla vertraulich offenbahrete / daß am Tage seines mit Mithrenes gehaltenen Kampffes / er mit seinem Schatze die Ehe richtig gemacht / welches er bißher nit melden mögen / nachdem er von dem Fräulein erbehten worden / es so viel möglich / in geheim zuhalten. Nun GOtt Lob / antwortete Ladisla /so ist die Heyraht vollzogen / die ich bey mir selbst gemacht / ehe und bevor ihr einander gesehen; zweifele auch nicht / meine Frau Mutter werde hierüber sich höchlich erfreuen / angesehen der mütterlichen Neigung / damit sie dir zugetahn ist. Sie macheten aber nach gehaltener Mahlzeit ein gemeines Lager / da Ladisla zwischen Valisken und Herkules / und Arbianes diesem an der Seite schlaffen muste. Des folgenden Tages brachen sie gar frũh auff / liessen die Völker samt den Gefangenen ihnen folgen / und ritten mit 40 Pferden schnelle fort / daß sie noch vor Essenszeit vor Persepolis anlangeten / und Arbianes voraus hieb /dem GroßFürsten ihre Ankunfft zuvermelden / welcher neben Pharnabazus ihnen hinaus vors Tohr entgegen ritte / sahe das Fräulein aus der Gutsche steigen / ging ihr entgegen und wilkommete sie mit höchster Verwunderung ihrer Schönheit und Ansehens. Vortrefliches Fräulein / sagte er / ich erfreue mich ihrer glüklichen Erlösung / hoffe es sol Artabanus die ihrer Liebe zugefügete Schmach der Gefängnis mit seinem Leben dereins büssen / weil ein wenigers ich von ihm nicht fodern kan. Valiska bedankete sich der Gewogenheit sehr / und baht umb verzeihung / daß sie seinen Obristen Bubazes mit auffgesprochen / alsdem sie ihre Jungfer verheirahtet / deren sie nicht wol entbehren könte / und sie doch von ihrem Liebsten nicht hätte trennen mögen / hoffete / seine Durchl. würde dieses nicht ungleich empfinden / und ihm etwa in der nähe Dienste geben / wie seine Mannheit verdienete /die er in abtreib- und erlegung der Feinde ritterlich hätte sehen lassen. Er hat euer Liebe billich gehorsamen sollen / antwortete Artaxerxes / und werde ich ihn von nunan zum Obersten dieser Stad Besatzung bestellen / damit neben seiner Liebesten er seiner höchstgebieten den Fräulein untertähnigste Aufwartung leisten könne; vernehme sonsten gerne / dz er dem Feinde sich unerschrocken gezeiget hat / wiewol von diesem Verlauff mir noch nichts vorkommen ist. Herkules erzählete ihm kürzlich wie es mit der Fräulein Erlösung / und Bagophanes Verfolgung abgelauffen wahr / daß auch das Fräulein 1000 Gefangenen die Freiheit geschenket / und[933] die übrigen sich bald stellen würden. Sie warteten auch daselbst im Felde biß in die dritte Stunde / da die Gefangene ankahmen / welche Herkules dem GroßFürsten einliefferte / nebest anzeige / daß er ihnen versprochen hätte / bey ihm Gnade zuerwerben; Aber er wolte sie keines weges añehmen / sondern schenkete sie dem Fräulein / nach belieben damit zu schalten; welche zur Antwort gab / sie verstůnde leicht / daß seiner Durchl. mit dem unnützen Gesinde nicht gedienet währe / und demnach ihr die Ehre gönnete / sie frey zu geben; wolte also / da ihrer Durchl. es nicht zu wieder / sie mehrenteils ihrem Könige Artabanus wieder zu schicken /und von den leztgefangenen 600 vor Leibeigene behalten / welche ihrem Herrn Bruder und Herrn Oheim bey ihren Leib- und Hand Pferden dieneten; Diese Zahl ward von den geradesten und jũngsten außgesucht / in die Stad geführet / und mit Knechtischen Ketten belegt / hatten doch einen gelinden Dienst /und hielten sich biß auff sehr wenige geträu und fleissig. Die übrigen redete Valiska also an: Sehet diesen Großmächtigsten GroßFürsten des uhralten Persischen Reichs / ihr Gefangene / und danket seiner Hocheit gebührlich / daß er meiner Wenigkeit euch geschenket / und wieder frey zu lassen gnädigst beliebet hat. Teilet euch aber also bald / und lasset alle Obristen / Ritmeister / und ädle Ritter absonderlich treten. Dieses geschahe alsbald / und wahren derer 14 Obristen / 40 Ritmeister und 36 ädle Ritter / 90 an der Zahl / zudenen sie sagete: Wählet einen aus eurem mittel / daß er mit dem Hauffen / welchen ich ihm zuordnen wil / fortgehe / und dem Könige Artabanus anmelde / es habe GroßFürst Herkules aus Teutschland euch seine Kriegsbeamten und Ritter bißdahin gefangen behalten / daß meiner Freundin Kleofis väterliches Erbe umb zwo Tonnen Schaz (dann so hoch wahr es angeschlagen) verkauft / und das Geld in Persepolis ihr gelieffert werde / alsdann wil ich euch allen die Freiheit auch zustellen; solte aber euer König sich dessen wegern / müsset ihr alle neunzig /Zeit eures Lebens Leibeigene seyn und bleiben. Diese erbohtẽ sich / so viel Gelder vor sich selbst ũberzuschicken; aber sie antwortete ihnen; ihr höret /was euch gesagt ist / der König selbst muß es von der Erbschaft senden / oder ihr bleibt Leibeigene; rieff darauff zwanzig gemeinen Gefangenen / gab ihnen /und dem abgeschikten Ritmeister gute Reitpferde mit allem zubehör / welche Timokles von der Beute bekommen hatte / und hieß sie schnelle fortreiten / dem Könige solches anzumelden / und daß man inwendig vier Wochen die Gelder haben / oder die Bürgen Leibeigen machẽ wolte. Ihr müsset aber / sagte sie /diese 21 Pferde so gut wieder herschaffẽ als ihr sie empfanget / oder meinem Timokles vor jedes durch die Bank 200 Kronen schicken. Diese gingen alsbald fort / den Befehl außzurichten. Als diese weg wahren /sagete sie zu dem grossen Hauffen der Gefangenen; folget ihr nun euren Vorreitern / und zeiget eurem Könige an / daß ihr den Großmächtigsten Artaxerxes nebest meinem H. Bruder König Ladisla gesehen / und meines Herrn Oheims GroßFürst Herkules sie greiches Schwert empfunden habet; auch daß ich ihn bitlich vor mich allein ersuchen lasse / nicht allein mit höchstgedachtem Beherscher des Persischen Reichs einen guten Vergleich und Nachbarliche Freundschaft auffzurichtẽ / sondern auch die meinen / wegen zugefũgetẽ Schimpfs zuvergnügen. Ja / taht Ladisla hinzu / sprechet; ich lasse nach wirdiger Begrüssung ihn fragen / ob er auff mein neulich eingeschiktes Schreiben sich nicht schier erklären werde / damit ich wissen möge / an was Ort und Ende ich seines Speers und Säbels wahrnehmen solle.[934] Herkules verstund hieraus / was vor einen Brieff Artabanus in seiner Gegenwart so grimmig zurissen / und erzählete es vor allen Anwesenden öffentlich; dessen Artaxerxes wol lachete / und zu Ladisla sagete / daß es die Gefangenen höreten: Mein Herr Bruder hätte meines ermässens dem unzüchtigen Wũterich nicht einen Absags Brieff / sondern ein stolzes Mägdlein zuschicken müssen / die er mit den Zähnen so leicht nicht würde zurissen haben; demnach wir aber Gelegenheit finden werden / ihn zum Treffen zubringen / wollen wirs biß dahin auffschieben / und nach Zeits gelegenheit ein wenig Speise zu uns nehmen / weil auff solche Gäste ich mich heut nicht geschicket habe. Die Gefangene danketen vor ihre Freiheit mit einem demühtigen Fußfalle / und wurden mit nöhtigen Speisen versehen /auch von 3000 Reutern biß an die Parthischen Grenzen begleitet. So bald die unsern dz Schloß erreichet hatten / gingen die Fürsten ingesamt nach Gobares Gemache / und besucheten ihn ehrenhalber / welcher wegen des Schreckens uñ Schlages sich unpaß befand; doch ging das Fräulein nicht mit / sondern ließ von Kleofis sich auff einem absonderlichen Zimmer einwenig zieren / da sie nach gehaltener Mahlzeit aller hand unterredung pflogen / insonderheit das Fräulein wie Arbianes und Pharnabazus. Gobares wahr fast zornig / daß das Fräulein ihn zubesuchen nicht wirdigte / doch weil er ein sonderlicher Liebhaber des schönen Frauenzimmers wahr / hätte er gerne wissen mögen / ob dann etwas sonderliches an ihr /daß der Mühe / ihretwegen so viel zuwagen / wert währe; foderte deßwegen seinen Schmarotzer und Kupler Bagoas zu sich / er solte dem GroßFürsten bey Tische aufwarten / und das fremde Fräulein eigentlich betrachten / daß er sie ihm auffs genaueste beschreiben könte / da sie dessen wirdig währe. Dieser hielt sich dem Befehl gemäß / kam nach verlauff einer Stunde wieder / und taht folgenden Bericht: GroßmächtigsterFürst / allergnädigster GroßHerr; Als ich in den Saal trat / woselbst die stolzen Fremdlinge mit Artaxerxes (welcher euer Hocheit billich die Oberstelle / als dem berümtesten Helde der Welt abtreten solte) Mahlzeit hielten / und weiß nicht was vor ein ungeschiktes Geplauder führeten / ward ich eines treflich schönen Bildes gewahr / deßgleichen in euer Hocheit ganzem Zimmer nie ist gesehen worden. O mein Bagoas / fiel ihm Gobares in die Rede / hilff ja bald nachsinnen / daß ich ihrer geniessen möge. Dieser geniessen? antwortete er; nicht ein meid / sondern ihre Hocheit werden mir Königlich versprechen / daß ich Freyheit haben solle / mich an ihrer schöne zuergetzen. Bistu Narr unwitzig? sagte Gobares / was woltestu nach der Speise schnappen / die nur unsers gleichen vorbehalten wird? verzeihet mir / allergnädigster Herr / sagte Bagoas / ich rede nur von der Fräulein Dienerin / die so völlig schön und zierlich ist daß ihres gleichen ganz Susa nicht kennet. Aber Odas unvergleichliche Fräulein! ihr Götter / und nicht mein geringster Gott / Gobares / straffet mich euren Diener nicht / daß ich mich er kühne / eine volkommenheit zubeschreiben / die den Himmel selbst übertrift / und von keinen andern Eltern / als von der Sonnen uñ dem Morgenstern kan gezeuget seyn. Die Griechen haben viel von ihrer Helena geschrieben / aber dieses Fräulein / dieses göttliche Fräulein / ist eine vielhundertausendmal volkommenere Helena / umb deretwillen nicht nur Artabanus sein Reich / sondern Jupiter selbst seinen himlischen Siz verlassen / und mit diesem Wunder-Bildichen sich in einen engen Winkel verstecken solte / damit nicht jemand ihm diese übervolkommene Glũkseligkeit mißgönnen / und neben ihm[935] der allersüssesten Niessung begehren möchte. O du mein ungelehrter Pinsel / woher wiltu doch Farben nehmen / diese Hi elszierde / dieses Wunder-schön /auch nur nach den gröbesten Zügen zuentwerffen? Alle Leibes und Seelen volkommenheiten / ja der Kern aller vortrefligkeit und Zierde / samt einer demũhtigen Höfligkeit / und höchstwolgestalten Demuht / die kein ståublein der Königlichen Hocheit verschenket / finden sich bey diesem Fräulein / O wunder! dermassen überflüssig in unnachdenklicher völle / daß ich mit einem Kinderlöffel das Persische Meer außzuschöpffen mir ehe getraue / als zubeschreiben / was meine Augen an diesem Lust Himmel gesehen. Tausendmahltausend Fräulein könten mit ihrer Schönheit zu aller gnũge außgezieret werden /und behielte sie dannoch einen solchen Vorsprung /der bey tunkeler Nacht / ja mit beschlossenen Augen möchte erkennet / und von dem allerwirdigsten Könige biß auffs sterben wirdigst geliebet und heftigst begehret werdẽ. O schweige Bagoas / schweige / sagte Gobares; dieser Reden bin ich ja an dir nit gewohnet. Vielzuwenig / allergnädigster Herr / viel zu einfältig /viel zu schlecht sind meine Worte / sagte er; meine Augen wolten anfangs nicht trauen / was ihnen vorstund; meine Vernunft überlieff von verwundern / als ich dieses himlische Meisterstũk erblickete; ja in so tieffes Mißtrauen geriet ich dazumahl / daß ich meinete / die Volkom?enheit selbst / oder doch ihr Abdruk währe mir in etwa einer Verzũckung erschienen; ich begunte schon zu wanken als ein Trunkener / und wolte Weirauch und Kohlen fodern / eurer Hocheit Schuz- und Liebes-Göttin zu opffern / als die den wirdigsten Ort bey dem Tische bekleidete / uñ vielleicht von niemand anders / als nur von mir gesehen würde; aber ich besan mich / da sie die unvergleichlichsten Lippen / (vor denen die Rubinen und Korallen erbleichen) in höchster Zierligkeit von einander taht / und die gleichriegigen Helffenbeinen Zähnlein sehen ließ /zwischẽ denen eine dermassen anmuhtige wol klingende Stimme hervorbrach / daß mich gedauchte /Schüsseln und Gläser würden einen Freudentanz auff dem Tische anfahen / gestaltsam meine Vernunft sich alsbald in der Urtel verstöret befand / ob meine Ohren vom hören / ober die Augen vom anschauen mehr belüstigung empfingen. Zwar ich habe ihr Angesicht mit den Gedanken eine grosse Stunde / die mir kein Augenblik dauchte / tiefsinnigst überlauffen / aber unmöglich wahr mirs / ichtwas davon recht zu fassen; dann / betrachtete ich ihre himlische Stirn / so zogen mich ihre beyde Sonnen (die Augen meyne ich) davon ab / sie zu beschauen; aber die Augenlieder / O der schönsten Vorhånge! machten mich dann in sich alsbald auff ein neues verliebet; wo zwischen die über allen Wunsch wolgestalte Nase sich legete / und zu ihrer nachdenkung mich einlude. Aber O ihr Wångelein / wer hat jemahls eine solche Vermischung des allerlebhaftesten rohtweisses gesehen? Der nicht minder sũsse als schöne Mund überwieget weit meine Reden / weil er in dieser Welt keinen gleichen hat. Das Kiñ mit einem kurzen Rizlein durchzogen / gibt den übrigen Stücken nicht daß allergeringste bevor; und daß ich der güldenen Haare nicht vergesse / die auff beyden Seiten über den Schuldern von sich selbst gekräuselt / herab hingen / halte ich deren jedes vor eine gnug starke Kette / aller anschauenden Herzen im Nuh dermassen zu fesseln / daß sie nichts anders wünschen / als in den Diensten dieser vol-schönen zusterben. Kurz uñ mit einem Worte zusagen; dieses / ja einig dieses Fräulein ist es / die euer Königl. Hochheit Liebe und Huldeich wirdig achte. Gobares hörete zu als ein Verzücketer / und sinnete[936] unter dieser Erzählung schon nach / wie er dieses anmuhtige Tåubelein berůcken / und mit seinem Garn zu sich reissen möchte / die er doch weder gesehen / noch geprũfet /ob sie von den Zahmen währe / die jedermans Freunde sind. Es machte ihn auch diese Begierde so munter / daß des dritten Tages nach ihrer Ankunft / an welchem das Freudenfest ihrer Erlösung und Bubazes Hochzeit solte gehalten werden / er sich aus seinem Lager erhub / und mit prächtiger Kleidung sich belegete. Valiska hatte sich auch Königlich gezieret / und zugleich ihre Kleofis mit vielen Kleinoten behänget. Nun wolte er aber dem Fräulein eine Ehre tuhn / und seines ersten Außganges sie auff ihrem Gemache besuchen / schickete auch einen wolgepuzten ädelknabẽ zu ihr / mit vermeldung / da ihrer Durchl. es nicht zu wieder / wolte sein Fürst deroselben in ihrem Gemache gerne auffwarten / und wegen gesunder ankunft ihr Glük wũnschen; welches ihm dañ mit hoher Danksagung verwilliget ward. Es kam aber gleich darauff Herkules zu ihr gangen / und foderte sie auff Ladisla Gemach / etliche nothwendigkeiten abzureden / da inzwischen Gobares sich einstellete / und Kleofis allein ersehend / sie vor das Fräulein hielt / auch alsbald in heisser Glut gegen sie entzündet / sich auff die Knie niederlegete / und ihr die Hand küssend anfing: Durchl. Fräulein. Diese erkennete seinẽ Irtuhm / trat zurück / uñ sagete mit grosser Schamhaftigkeit; Durchl. Fürst / gnädiger Herr; ich bitte untertähnig umb vergebung / ihrer Durchl. anzudeuten / daß dieselbe an mir unwirdige sich irren / weil ich ja nicht das Durchl. Fräulein / sondern nur dero Dienerin bin. Gobares zürnete auff sich selbst / daß er vor einer ädel Jungfer sich gedemühtiget hatte / stund bald auff / und inbetrachtung ihrer Schönheit / sagte er; Schönste Jungfer / mein Irtuhm kan zu nichts schädlich seyn / massen eure Volkom?enheit wol verdienet / daß sie von Fürsten geehret und geliebet werde; wie ich mich dann gegen sie zu aller Freundschaft anerbiete. Nun hatte Herkules Leibknabe diesen Fürsten in der Fräulein Gemach treten sehen / und deutete es seinem Herrn in der Fräulein Gegenwart an / die aber ihren Bruder und Liebsten baht / mit ihr zugehen / weil sie bey fremden nicht gerne allein währe; hätte ohndaß ein schlechtes Herz zu ihm / wegen der Ungewogenheit / die er ihnen ehmahls erzeiget. Als nun Gobares sie herein treten sahe / gedauchte ihn nicht anders / er såhe eine Himmels Königin; dann wie freundlich sie sonst wahr / nahm sie sich doch vorsezlich einer sonderlichen Ernsthaftigkeit an gegen ihn / in dem sie nach beschehener Neigung zu ihm sagete; Durchl. Fürst / die Ehre ist zu groß und unverschuldet / daß seine Liebe auff einem einsamen Zim?er mich besuchen wollen; erfreue mich dannoch ihrer Liebe wieder erlangeter Gesundheit / und bitte / dieselbe mit meinem Herrn Bruder und Oheim nach dem Hochzeit Saal gehen wolle / wohin ich mit dieser Braut bald folgen wil. Gobares stellete sich überaus höflich /küssete ihre zarte Hand kniend / uñ redete sie also an: Durchleuchtigstes unvergleichliches Fräulein / es hat die Schuldigkeit mich auffgemahnet / ihrer Durchl. gehorsamst auffzuwarten / als deren glükliche Erlösung und wieder erlangete Freiheit mich zum höchsten erfreuet hat / so bald ich inne worden bin / daß der unflähtige Wüterich Artabanus in seinem unverantwortlichen Vorhabẽ verstöret / uñ euer Durchl. Ehre gerettet ist / gelobe auch euer vortefligkeit hiemit äidlich an / daß ich meines Fũrstentuhms äusserste Macht anwenden wil / damit die Unbilligkeit gerochen werde / welche euer Durchl. durch gefångliche auffhaltung schimpflich angeleget ist. Valiska nöhtigte ihn auffzustehen / bedingete sich der gar zu grossen Ehre / und nach beschehener Danksagung[937] wegen des hohen Erbietens / rühmete sie seine Fürstliche Tapferkeit / daß sie hiedurch verbunden würde / seine Tugend groß zuachten. Herkules gefiel nicht übel / dz dieser unfreundliche einen bessern Willen gefasset hatte / welches er auch bey ihrer ersten Besuchung sich merken lassen / und weil er das Fräulein nach dem Saal zubegleiten sich selbst anerboht / kunte sie ihm solches nicht wegern; da er von Begierden und unkeuschen Reizungen sich dermassen angefüllet spüren ließ / daß er die Flammen so wol nicht unterdrücken kunte / daß Ladisla / der seiner Unzucht von Artaxerxes berichtet wahr / es nicht solte gemerket haben / und daß er mit weit andern Gedanken umb ginge / als die Worte lauteten; dessen er doch gegen Herkules / Ungelegenheit zuverhüten / sich mit keinem Worte vermerken ließ / insonderheit / weil ihm beydes seiner Fräulein Schwester Zucht / und Gobares Furchtsamkeit gnug bekant wahr. Die vornehmsten Obristen des Persischen Heeres wahren zur Hochzeit geladen / die zwar Bubazes wegen seiner Heyraht glükselig preiseten / aber an Valisken sich dermassen vergaffeten / daß ihre einhellige Urtel wahr / es könte ein volkommener Glük als die wirkliche Niessung ihrer Schönheit / nicht erdacht werden. Bey der Mahlzeit saß Gobares dem Fräulein allernähest / dessen er auff Artaxerxes schlechte nöhtigung sich nit wegerte /und sattelte ihn die Hoffnung dermassen / daß er an nichts gedachte / als wie er Gelegenheit finden möchte / ihr seine Liebe verstehen zugeben / dann er wahr noch unberichtet / daß Herkules sich mit ihr versprochen hätte. Das adeliche Persische Frauenzimmer hatte sich in zimlicher anzahl eingestellet / die nach auffgehobenen Speisen einen zierlichen Tanz nach Landes Art unter sich hielten / biß Ladisla seine Frl. Schwester auch zum Tanze führete / und sie ehrenhalber Gobares brachte / welcher sich dessen hoch bedankete / und gleich mit den Gedanken umbging / Gelegenheit zu haben / wie er sein Gemahl umbringen /und hernach das Fräulein ehelichen könte. Im Tanze wendete er alle Zierligkeit an / worin er besser als in Waffen geübet wahr / und nach dessen Endigung redete er sie also an: Unvergleichliches Fräulein / Himlisches Bilde; wie inbrünstig suchet meine flammenhitzige Seele / die Begierden anzuzeigen / welche mich treiben / die Volkommenheit anzubehten / so ihrer vortrefligkeit beywohnet. O du glükseliges Feur / daß von den Strömen dieses süssen erquikwassers sol gelöschet werden! O ihr hoch begnadete Augen /die ihr dereins vergünstigung haben sollet / die unaussprechliche Schönheit dieses göttlichen Leibes anzuschauen. So bitte und flehe nun du durch uñ durch verliebeter Gobares / dz deine begierige Knechtschaft in deren Diensten möge auffgenom?en werden / die von deiner Seele über den Himmel selbst geschätzet wird. Das Fräulein hörete diese reden mit solchem Unwillen an / daß ihr das Herz im Leibe erzitterte /wahr anfangs bedacht / ohn Antwort von ihm zugehen / aber umb auffsehens willen / und daß ihm sein falscher Wahn gänzlich möchte benommen werdẽ / gab sie ihm mit ernstlichen Geberden diese Antwort: Gnug / Fũrst von Susa / gnug / wo es nicht gar zuviel ist; und wes zeihet ihr euch gegen ein Königliches Fräulein / die ihre Ehre tausendmahl lieber als ihr Leben hat? Ich kan beteuren / daß der grosse Artabanus selbst der Verwägenheit nicht gewesen ist / mit dergleichen Anmuhtungen mich anzusprengen / da er doch ohn ein eheliches Gemahl lebet; und Fürst Gobares / der geheyrahtet hat / solte ungebührliche Liebe bey mir suchen dürffen? meinet ihr etwa / ich werde euch dem grössesten Könige vorzihen / und euch in Unzucht folgen lassen / was jener in Königlicher Heyraht nicht erhalten mögen? lasset euch ja in Ewigkeit solcher Reden nicht mehr verlauten /[938] daß ich nicht verursachet werde / mich dessen zubeschweren. O nein; Valiska ist keine himlische / vielweniger göttliche / aber auch ja so wenig eine leichtsinnige / die auff unzüchtiges Feur ihr Löschewasser schütten /oder unbendigen Augen mehr als den Weg neben hin gönnen solte. Bedenket hernähst meine Hocheit / und entschlaget euch der Gedanken / ichtwas unkeusches bey mir zuerhalten / so wil ich diesen euren Frevel unter die Füsse der Vergessenheit treten / und eures Unglüks keine Ursach seyn; im wiedrigen sol diese meine Hand durch rechtmässigen Kampff sich an euch rächen. Hierauff wolte sie seine Antwort nicht erwarten / sondern nach höflicher Neigung (umb der Anwesenden willen) trat sie zu Kleofis / hielt einen Tanz mit ihr / und führete sie Artaxerxes zu / der nach dessen Endigung ihr ein Adelgut nahe bey der Stad gelegen / zur Außsteuer schenkete. Es hatte sich Gobares an seinen alten Plaz wieder gesetzet / und muste Valiska / Argwohn zu meiden / sich zu ihm verfügen. Er wahr aber der unvermuhtlichen Antwort so bestürzet / daß er meinete / zu verzweifeln / weil der stolze Nar ihm nicht einbilden können / das sein Anmuhten ihm solte versagt werden. Gleich wie aber einem Fieberkranken durch wegerung des Trunks der Durst und die Sauffbegierde nur gemehret wird / also nahmen die Begierde der abgeschlagenen Niessung bey diesem Unzüchtigen heftiger zu / ward auch in etwas wieder auffgerichtet / wie er sahe / daß sich das Fräulein zu ihm setzete / und keinen Wiederwillen merken ließ / fing demnach viel einander Gespräch mit ihr an / und beklagete das Leid ihrer Fr. Mutter / in welches sie durch ihre gewaltsame Entführung gestürzet währe. Aber so blödes Gehirns wahr sie nicht / daß sie dieser Stellung nicht solte wahrgenommen haben; wahr doch wol zu frieden / daß er seyn selbst acht hatte / und beantwortete es mit guter Freundligkeit. Desselben Tages wählete sie zwo zierliche ädle Jungfern / Andia und Amestris / die ihr stete Geselschaft leisten solten / nam auch eine Leibdienerin an / nahmens Apame / die äusserlich sich srom zu stellen wuste / aber im Herzen voller Leichtfertigkeit wahr. Diese Nacht volführete Gobares mit Seufzen und Liebesgedanken / dessen Ursachen sein Bagoas zuerfragen sich erkühnete / und von ihm vernam / wie abschlågige und zwar schimpfliche Antwort ihm das Fräulein auff sein Ansuchen erteilet / so daß er zu sterben sich erwogen hätte / weil ohn sie zu leben ihm unmöglich währe. Dieser aber tröstete ihn mit frischen Reden / man müste in der gleichen Sachen sich nicht übereilen; gut Ding wolte weile haben / und währe ihre Hocheit trauen zum Künstler verdorben /wann sie an einer treflichen Arbeit so bald erliegẽ wolte / da jene offt etliche Wochen nur mit den gröbesten Feilen zubringen müsten / wann sie etwas sonderliches vorhätten. Was man mit leichter Mühe erlangete / gäbe kurze Wollust / uñ brächte die erlittene Gefahr nach erhaltenem Gute eine sonderliche Vergnügung / wañ wir daran gedächten; Eure Hocheit betrachten sagte er / was Artabanus vor Schmerzen wegen des gänzlichen Verlustes dieser Volkommenheit erdulden muß / und sie wolte auff der ersten Stuhffe verzagen / da sie nach diesem allerschönsten Gewächse steigen? nicht also / mein König; sie wil ohnzweiffel die Bewehrung eurer Beständigkeit zuvor haben / ehe sie sich vertraulich heraus lässet, aber ob sie gleich durchaus nicht wolte / müste man deßwegen dann an gutem Verfolg alsbald verzweifeln? Sie lasse nur mich machen / und verheisse mir die Kleofis / die mein Herz besessen hat / so wil ich schon mittel finden / auch wider ihren Willen Euer Hocheit sie zuliefern / da wir sie in aller stille nach Susa bringen / uñ euer Herz nach allem Wunsch vergnügen wollen. Gobares wuste / daß er zu solchen Sachen[939] sehr arglistigund verschlagen wahr / versprach ihm daher die Kleofis zum Weibe / und daß er ihm eine freye Herschafft in seinem Fürstentuhm erblich schenken wolte. Hierauff machte Bagoas sich des folgenden Tages an Apame der Fråulein Magd / gab grosse Liebe vor /und durch Schenkung erhielt er bey ihr seines unzüchtigen Muhtwillens Vergnügung / wodurch er sie nachgehends zu seinem begehren ihm verbunden machete.

Fabius / der den Nahmen Kleon abgelegt / und sich Brokubelius nennete / wolte in der Persischen Grenze Stadt die Zeit nicht vergeblich zubringen / sondern weil er vernam / daß alle Ritter / so durch Persen reiseten / auffgehalten und in Dienste genommen / oder aus dessen Wegerung vor Feinde und Verrähter gehalten würdẽ / machte sich Sudwerz nach dem Königreich Armuzia / jezt Ormus geneñet / und am Persischen Meer gelegen / woselbst er 1000 wolversuchte Reuter annam / mit denen er sich des Weges / den er kommen wahr / auff die Fahrt begab / in Meynung /einen weiten Umschweiff durch Assyrien und Meden zunehmen / und von dannen nach Parthen sicher zugehen / weil er gänzlich meynete / Ladisla würde bey Artabanus Dienste genommen / und vielleicht seinen Herkules daselbst angetroffen haben. In den Persischen Grenzen geriet er mit einem grossen Indier in Streitigkeit / den er zufusse bestund / und in offenem Kampffe erlegete / wodurch er bey seinen Leuten ein grosses Ansehen bekam. Sein leibeigener Orsillos wahr ihm in Armuzia wunderlich wieder in die Hände gerahten / dann dieser hatte durch rauben und stehlen so viel gesamlet / daß er ein gutes Pferd und nöhtige Rüstung eingekaufft / in willens / Bestallung zu nehmen; und weil er hörete / daß Obrister Brokubelius frische Anreitsgelder gab / machte er sich hin zu ihm /solche zuempfangen; aber O wie entsetzete er sich /da er sein Angesicht sahe / auch Fabius / der ihn alsbald kennete / ihn also anfuhr; Woher führet dich das rachgierige Unglük zu deiner gebührlichen Straffe? und wer hat dich meinen leibeigenen in diesen Reuter Harnisch verstecket? Dieser fiel demühtig vor ihm nider / und baht sehr / ihn frey zulassen / nachdem er seiner Bosheit wegen gnugsame Straffe ausgestandẽn hätte / bekennete auch alles / wie er sein Leben errettet / und davon gelauffen währe; aber die Gedächtniß des ausgestandenen Schimpffs lag Fabius viel zu hart im Sinne / daher er ihm den Harnisch abzihen / und mit Knütteln hefftig abschlagen ließ / hielt ihm seine Unbarmherzigkeit vor / und ließ ihm schwere Ketten /daß er nicht entlauffen solte / anlegen; also muste er sich auffs neue rechtschaffen leiden / und als ein Gefangener neben seiner wolgeputzeten Ritterschafft daher lauffen.

Zu Charas gingen diese Zeit die Sachen wunderlich durcheinander; dann König Artabanus / wie bemühet er gleich wahr / seine Völker schleunigst zusamlen /wolte doch eine so grosse Macht sich nicht aus dem Sacke schütten / noch die nöhtige Ausrüstung und Unterhaltung mit Worten sich schaffen lassen; überdas wahr sein Gemüht wegen der Fräulein Flucht dermassen erschlagen / daß er dem Kriegswesen nicht gebũhrlich obliegen kunte / und hatte noch Hoffnung /sein Bagophanes würde etwas statliches ausrichten. Als aber derselbe so gar einsam (massen er aus der Parthischen Grenze Stad nur vier Kriegsknechte zur Begleitung mit sich genommen) wiederkam / und ihm angezeiget ward / daß er vor dem Schloß Tohr gar einsam / umb vorgelassen zuwerden / anhielte / währe er schier von Sinnen kommen. Doch ließ er ihn vorfodern / und so bald er ihn sahe / rief er ihm zu: Wie ist dirs ergangen / Bagophanes / hastu des Spitamenes und Madates Glük gehabt? Er[940] taht alsbald einen Fußfall / und fing also an: Allergnädigster König; ich habe allen möglichen fleiß angewand / dem Fräulein auff die Spuhr zukom?en / habe auch die Grenze Stad / in welcher sie sich auffhielt / ausgekundschaffet /meine Völker heimlich verstekt / und mich dahin begeben / sie gesprochen / das Schreiben ihr geliefert /und zur Antwort bekommen; Sie könte sich nicht als eine geraubete und gefangene verheyrahten / sondern dafern der grosse König entweder von ihrer Fr. Mutter Einwilligung erlangete / oder sie mit dem Schwerte gewünne / währe sie darzu bereit und willig. Was solte ich nun getahn haben / allergnädigster König? Das Städlein wahr mit schmalen Graben und geringen Mauren umgeben / ich merkete dariñen wenig Völker zur Besatzung; hingegen hatte ich 16000 Mann bey mir; aber auch bey ihr wahr der tapffere Teutsche Herkules; was solte ich getahn haben / allergerechtester / allerweisester König? Nun merken wir erst /sagte Artabanus / daß wir an dir einen Narren ausgeschicket haben; fragestu noch / was du hättest tuhn sollen? Du hättest sollen das schwache Stådlein anlauffen / stũrmen / unser Fräulein retten / den Buben Herkules erwürgen / und alle Inwohner samt der Besatzung nidermachen; und hättestu nur so viel Herzens gehabt / würden wirs unvergolten nicht lassen /obs gleich mißlungen währe. Allergnädigster König /antwortete er; ich habe es gleich also zumachen vorgehabt / ich habe die Stad mit den meinen angelauffen und gestürmet / unter der Meynung / weil sich keine Völker / ausser geringer Besatzung dariñen vernehmẽ liessen / bald Meister zuwerden; aber / ehe ich michs versahe / und ich das eine Tohr samt der Maur schier in meiner Gewalt hatte / da fielen von beyden seiten bey die 10000 der wolversuchtesten Reuter unter Herkules Anführung auff mich an; bald drungen etliche tausend Schützen zu fusse mit heraus / daß meine Leute / die sich zum Sturm enge bey ein ander hielten / kein Feld gewinnen / noch in eine rechtmässige Schlacht Ordnung sich stellen kunten / daher mir in die 4000 / wiewol nicht ohn der Feinde Blut / nider gemacht / die ũbrigen in der enge gefangen genommen wurden; welche aber von Herkules gute Vertröstung zur Freylassung bekahmen. Ich bin nachgehends von Herkules gewirdiget / bey seinem Tische Speise zunehmẽ / und habe von dem Fräulein in absonderlichem Gespräche gnug verstanden / daß /nachdem sie von der Bezauberung befreyet / sie nichts lieber wünschet / als durchs Schwert erstritten zuwerden. Eins ist noch von meiner Erzählung übrig / welches ohn zweifel eurer Königl. Hocheit eben so grosses verwundern bringen wird / als mir; daß nehmlich der Schwarzkünstler Valikules das Angesicht der Fräulein bey der Wegführung verstellet / wie er sich selbst verstellen kan / massen sein Angesicht / welches er uns alhier hat sehen lassen / nicht sein eigentliches / sondern ein angenommenes ist / sonst wann er in seiner wahren Gestalt sich sehen lässet / ist er der schönste Jüngling / mit gelbem Haar und zartem Angesicht / und eben der Teutsche GroßFürst Herkules /dessen Waffen nicht ohn ursach so hoch gerühmet werden. Weil ich nun in diesem Zuge eben dasselbe vorgenommen habe / welches Ihrer Königl. Hocheit eigener Wille gewesen ist / hoffe ich gänzlich / dieselbe werde nach ihrer beywohnenden Gerechtigkeit /wegen meines unfalls allergnädigstes Mitleiden tragen / und sich versichern / daß ich leben und sterben / ja auch nach meinem Tode bleiben wil / Ihrer Königl. Hocheit allergeträuester Diener / uñ gehorsamster Knecht / ohn alle Ausrede. Der König gab sich in allem zufrieden / aber als er vernam / daß er von Valikules so schlim- uñ verächtlich hintergangen wahr /währe er schier von Sinnen kommen / dräuete ihm auch[941] die abscheuhlichste Pein und Straffe / welche er erdenken könte / und daß alle Verrähter an ihm sich spiegeln solten. Hernach bedachte er sich ein wenig /und sagte bald darauff: Nun dann / weil ja unsere Groß Königl. Braut mit dem Schwerte sol und wil gewoñen seyn / wolan / so muß es auch geschehen / und wollen wir selbst mit einem unüberwindlichen Heer von 500000 streitbahren Kriegsleuten zu Felde gehen; aber mein Bagophanes / dürffte auch der freche Bube mit dem gezwungenen und bezauberten Fräulein nacher Teutschland sich erheben / ehe wir Persen erreicheten. Davor wil ich hafften / daß es nicht geschehen werde / antwortete er; dann der weißmäulichte Herkules darf noch wol dräuen / diese Länder nicht zuverlassen / biß Artabanus (so verächtlich redete er) wegen der angebotenen Ruhten ihm Abtrag gemacht habe; Weil ich nun ein solches unbeantwortet nicht lassen / noch die Königl. Beschimpffung anhören kunte / hätte mirs umb ein Haar das Leben gekostet. Ey / sagte der König / Abtrag sol er haben / aber dermassen ungnädig / daß ihm die Haut davor schauren sol. Ihm aber erteilete der König völlige erlassung /da unter andern er dem Könige der Sysigamben Unschuld / und wie sie von Valikules und dem bezauberten Fräulein hintergangen währe / erzåhlete. Der König fragete ihn / wo er dann die zierliche Kleofis gelassen / welche er ihm vor gehabte Mühe zum Gemahl zugedacht hätte. Sie ist als eine gefangene auffgehalten / antwortete er / hat sich bald darauff mit einem Persischen Obristen leichtfertig gnug verheyrahtet / und alle Parthische Träue abgeleget / da Herkules noch wol an mich begehren durffte / bey dem Könige abzufodern / daß ihr väterliches Erbe ihr ausgefolget wũrde / wo sonst im widrigen falle er nicht ein fünffdoppeltes aus Parthen ablangen solte. Laß lauffen / laß Kleofis lauffen / antwortete der König /Kleofis gibt oder nimt uns nichts / deren Verlassenschafft dir krafft dieses erblich sol geschenket seyn /solt auch die freye Wahl unter unserm ganzen annoch unausgezeichneten Frauenzimmer zu deiner Verheyrahtung haben; dessen er sich untertähnigst bedankete / sahe auch mehr auff Schönheit als auff Zucht / und wählete eine Armenische / die zwar an Leibes Zierligkeit vortrefflich / aber aus einem gemeinen Frauen Hause genommen / und wegen ihrer Schönheit dem Könige geschenket wahr. Des folgenden Tages stelleten Vologeses und Pakorus nebst andern vornehmen Kriegshelden sich bey dem Könige ein / vernahmen Bagophanes obgedachtes Vorbringen / und wolten nicht viel dawider reden / weil der König ihn selbst entschuldigte. Die ersten tausend von dem Fräulein freigegebene kahmen des dritten Tages auch an / liessen sich vorerst bey Vologeses melden / und klageten über Bagophanes vielfältiges grobes versehen / nebest anzeigung / daß sie von dem ganzen gefangenen Heer Vollmacht und Befehl hätten / ihn deswegen bey dem Könige anzuklagen / aber er widerriet ihnen solches geträulich / weil sie nicht allein bey dem Könige kein Gehör haben würden / sondern Bagophanes aus Königlichem Befehl also gehandelt / und nichts aus Betrug oder Verrähterey vorgenommen hätte. Der abgeschikte Obriste mit seinen 20 Reutern kam auch bald hernach / und gab Pakorus der Fräulein Vortrag wegen Kleofis väterlichen Erbes zuvernehmen / welcher nebst Vologeses es dem Könige vortrug / und zur Antwort bekam: Er hätte solches alles schon seinem geträuen Hofmeister geschenket. Sollen dann die 90 Befehlichshaber im stiche bleiben? fragete Pakorus /so werden hernähst Eure Königl. Hocheit deren wenig bekommen / wofern man diese mit einem so gerignen Lösegelde freizumachen unterlassen wird. Und als der König[942] darauff zuantworten verzog / sagete Vologeses zu Pakorus; komt mein Freund / wir wollen uns in den nähesten Graben stürzen / umb der Quaal und des Jammers abzukommen; dann Artaxerxes der Abtrünnige hat dieses Mittel erdacht / unserm Könige alle Kriegsverståndige abspenstig zu machen; gehet ihm solches an / so ist Charas sein eigen / ehe ein viertel Jahr zum Ende läuft / welches Elend ich nicht begehre zuerleben. Der König bedachte sich darauff / kauffte Bagophanes solches geschenke wieder abe / und gab diesen beyden Freyheit / damit / ohn feine Verkleinerung / nach belieben zuschulten / welche nicht allein alles geträulich an Kleofis übermachten / sondern bewägeten auch der Gefangenen Obristen und Ritmeistere Gemahlen und Verwanten / daß sie eine Tonne Schaz / Kleofis zur Verehrung / dabey legeten; welche Höfligkeit Herkules bey der Lieferung so wol gefiel /daß alle diese 90 Gefangene mit Pferden und Rustung versehen / und zurũk geschicket wurden / weil auch Timokles ein Gedoppeltes vor seine Pferde bekem?en hatte. Vordißmahl aber hielt der König mit vorgedachten Herren als vornehmsten Reichs Seulen wegen des Kriegs / Unterredung / und daß in sechs Wochen alles zum grossen Feldzuge solte fertig seyn. Zwo Wochen nach Bagophanes Wiederkunft / ward von dem Könige und den Vornehmsten Reichs Fürsten (die sich nunmehr des Werks ernstlich annahmen) vor gut angesehen / daß Fũrst Vologeses selbst noch einmahl mit einem kleinen Heer von 36000 wolgeübeten Reutern an die Persischen Grenzen ginge / sich der Kriegsart der beyden Fremden eigentlich zuerkunden /und eine Schlacht / wann er Vortel sehen würde / mit ihnen zuwagen / auff daß / wo möglig / der empfangene dreyfache Schimpff außgelöschet / und den Völckern ein Muht gemacht würde. Der König gab ihm Befehl / die Persische Grenze Stad / da Bagophanes Abbruch gelitten / der Erden gleich zumachen / alle Gewapneten niderzuhauen / und die Wehrlosen gefangen zu nehmen. Worauff Fürst Vologeses zur Antwort gab; Wañ man wolte Städte belagern und stũrmen /müste man darzu Fußvölker uñ ander gebührlich Zeug gebrauchen; er währe nit willens sich Bagophanes gleich zuverhalten / sondern dem Feinde im Felde entgegen zuzihen / und allen möglichen Fleiß anzuwenden / ob die zornigen Götter sich wieder gnädig erzeigen / und ihm einen ehrlichen Sieg gönnen wolten; wo nicht / müste er auch zufriede seyn / und dem Himmel seinen Willen lassen; inzwischen würde der König die Streitwagen / Elefanten und Völker durch die bestelleten Obristen täglich lassen ũben und zum Treffen gewähnen. Spitamenes uñ Madates wahren zugegen und zeigeten ihm geträulich an / was vor eine Art in Schlachten sie von unsern Helden angemerket hatten / wiederrihten auch diesen Zug / welchen Vologeses gerne von sich abgewälzet hätte / weil er sich außdrüklich vernehmen ließ / der Sinn trüge ihm zu /daß er ohn Schlappe nicht wiederkehren würde; Aber des Königes Wille muste vor sich gehen / bloß nur /daß unsere Helden von ihrer Heimreise abgehalten würden / dessen er sich doch nicht durfte merken lassen / wiewol er allemahl die hohen Häupter erinnerte /sie würden den ihm von dem Buben Valikules angelegten unablöschlichẽ Schimpf nicht ungerochen lassen. Artaxerxes Kundschaffer zu Charas schrieben ihm Vologeses Auffbruch zeitig über / daher die Unsere schlossen / dem Feinde an den Grenzen vorzubeugẽ / und wo möglich / auff Parthischem Grund und Bodem zubegegnen. Der Persen GroßFürst fragete Gobares aus Höfligkeit / was vor Feld Herren gegen den Reichs beschriehenen Vologeses würden zuwählen seyn; welcher antwortete: Weil die tapffere Helden /[943] König Ladisla / und GroßFürst Herkules dem Feinde schon einen Schrecken eingejagt / würden sie ohnzweifel die geschiktesten darzu seyn / und könten Fürst Arbianes und Herr Pharnabazus hieselbst zugleich mit Ehre gewinnen / währe vor sich willens /ihnen von seinem Heer eine anzahl Völker zuzugeben. Artaxerxes gefiel dieses wol / und wurden die unsern vermocht / diesen Zug auch noch auff sich zunehmen / schlossen alsbald / daß sie des folgenden Tages auffbrechen / und mit 30000 zu Rosse dem Feinde hoffeten gewachsen zu seyn. Sie teileten ihr Heer in drey Hauffen; den ersten / welches lauter Meden / 8000 stark / führete Pharnabazus; den andern / 12000 / halb Persen und halb Sustaner / nam Ladisla; den dritten / 10000 / als 7000 Persen mit durchnäheten Pferde Panzern (womit Ladislaen Persen auch versehen wahren) / und 3000 Susianer / behielt Herkules bey sich. Artaxerxes foderte Bubazes / Tyriotes und Gallus vor sich / gab ihnen über die vorigen /1000 wolgewapnete Persische Reuter zu / und taht ihnen grosse Verheissungen / wo sie in führung des Vortrabs vorsichtig und tapffer sich verhalten würden / zählete auch diesem ganzen Heer drey Monat Sold aus. Nach ihrem Auffbruch schrieb er an alle Bundsverwanten / mit den annoch ungelieferten Völkern zu eilen / weil der Feind in wenig Wochen mit ganzer Macht ihm auff den Leib fallen würde; befahl Gobares die Oberauffsicht über die Stad und Schloß Persepolis / und ritte Tag und Nacht umbher / seine hin und wieder verlegete Völker zubesichtigen / und sie fertig zuhalten. Fürst Vologeses führete sein Heer gar vorsichtig / nicht willens / aus unbedachtsamkeit zuverspielen; er hatte aus allen umständen gemerket /daß die Parthische Wuht gegen die Teutsche Streit-art nicht hafften wolte / wahr auch des Vorhabens / der unsern auff Parthischem Grunde an einem vortelhaften Orte zuerwarten / und ordente einen Unverzagten Obristen / nahmens Phraates / den Vortrab / 1200 stark zu führen / und gute Kundschaft einzuzihen. Die unsern hingegen / als sie in Persen nichts von dem Feinde vernahmen / gingen über die Parthischen Grenzen eine halbe Tagereise / da Bubazes etliche /so sich vor Hirten außgaben / und verkleidete Kundschaffer wahren / auff fing / und sie Herkules zuschickete; er aber ging mit den seinen ein wenig zu kühn fort / und traf / ehe er sichs versahe / auff Phraortes Hauffen / schickete sich doch unerschrocken zum Streit / und hielt des Feindes ernstlichen Angriff ritterlich aus / da es dann zu beiden Seiten scharff zuging / biß unser Hauffe etwas nachließ / und sich nach der Fluche umbsahe / so daß / wann Tyriotes Tapfferkeit es nicht getahn / ihres Gebeins nicht davon kommen währe; dann er verteilete seine Völker / sendete Bubazes / der die gröste Noht litte / entsaz / und ließ ihn ermahnen / Stand zuhalten / der Feind würde bald nachlassen / wann nur noch ein redlicher Saz gewaget würde. Hiedurch hielt er die seinen von der Fluche abe / setzete sich mit Gallus zusammen / der den seinen noch zimlich gewachsen wahr / und wütete wie ein Löue. Gallus geriet unversehens an Phraates / uñ wurden beyderseits hart verwundet / daß sie sich aus der Schlacht musten führen lassen; worauff die Parther den Muhe zimlich sinken liessen / doch in guter Ordnung zurük zogen / nach dem sie 600 eingebüsset / 50 von ihnen gefangen / und der mehrerteil von den übrigen verwundet wahr. Die unsern durften aus Furcht eines Hinterhalts ihnen nicht nachsetzen / hatten auch keine Seide dabey gesponnen / sondern 400 wahren Tod / 20 gefangen / uñ 200 nebest ihren dreyen Führern hart verwundet. Als sie bey Herkules mit blutigen Köpfen ankahmen / ward ihre Tapfferkeit gerühmet / und die Gefangenen befraget / worauff Herkules mit guter vorsichtigkeit[944] fortzog / uñ zu Pharnabazus sagete: Habe ich an Artabanus Hofe einige Kriegsverständige / aber auch redliche auffrichtige Herren gekennet / so sind es Fürst Vologeses und Fürst Pakorus / daher wir dem Feinde mit gutem bedacht entgegen gehen / und nichts ohn Raht und Uberlegung anfahen müssen. So brachten die Parthische abgewichene / ihre Gefangenen auch ein / welche alles anzeigetẽ / wie es mit dem Persischen Heer beschaffen wahr / und wunderte sich Vologeses nicht wenig / daß so unbenahmete in geringerer Anzahl den geübeten Phraates aus dem Felde geschlagen hatten. Ob er nun gleich wuste / das er den unsern an Mannschaft überlegen wahr / wolte er doch darauff nicht trotzen / sondern suchete / wie er einen Vortel gewinnen / und seinem Feind ohn sonderlichen Verlust Abbruch tuhn möchte; legete sich deßwegen an einen Ort / da er vor Menschen und Vieh notturfft hatte / ließ sein Lager von fornenzu wol verschanzen / und schickete unterschiedliche Kundschaffer aus / deren etliche ergriffen und gehenkt wurden / etliche kahmen durch und verkündigten der unsern Ankunft. Nicht weniger hatte auch Herkules gewisse Zeitung / was Gestalt der Feind sich gelagert / und nach der Linken zu / sich umb mehrer Sicherheit willen an einen breiten Hügel mit dorn Hecken bewachsen / nach der Rechten an einen Fluß gelegt hätte / welcher wegen seiner hohen Ufer nicht zu reiten währe; worauff Ladisla antwortete: Dafern er die Schlacht zu wagen gedenkt / wird er aus dem Schlupfloche wol hervor brechen müssen. Herkules aber befürchtete sich / er würde willens seyn / den Streit in die Harre zuspielen / biß ihm eine grössere Macht zukåhme / oder Artabanus wol gar mit dem Häupt Heer folgete / nam deßwegẽ vor /allen möglichen fleiß anzuwendẽ / dz er ihn zur Schlacht reizẽ möchte / daher er ihm bey seinem Leib Trometer folgendẽ Brief zuschickete.

Herkules / gebohrner GroßFürst aus Teutschland / entbeut dem hochberühmten Fürsten / und Parthischen Obristen Feldmarschalk / Fürst Vologeses seinen Gruß und alles liebes / schätzet sich glükselig einen solchen Gegenstreiter angetroffen zuhaben / der des Kriegs verständig / auffrichtigen Herzens / und ritterlichen Ehren den Ruhten Schimpf anzulegen nicht willens ist; weil er auch seine Mannschaft zu dem Ende hergeführet / mit dem großberühmten Feld Herrn einen Versuch zutuhn /und von dessen Erfahrenheit etwas zu lernen / hoffet er die Ehre zu haben / ihn im freien Felde zu sehẽ / und seine kräftigen Schwertstreiche mit dem Schilde / oder da es so fallen solte / mit dem Leibe auffzufangen / versichert denselben hinwieder aller absonderlichen Freundschaft und Dienste / so dem Häuptwesen unschädlich /und seinen GroßFürstlichen Ehren unnachteilig sind /verbleibend desselben bereitwilligster Freund und Diener Herkules.

Vologeses ließ den Gesanten wolhalten / uñ nach verlesung fertigte er ihn wolbezechet / und mit einer gũldenen Kette begabet wieder ab / da sein Leib Trometer mit reiten / uñ Herkules folgende Antwort zustellen muste:

Vologeses / bestalter Marschalk des grossen Königes Artabanus / wiedersetzet den übergebrachten Gruß mit gleichem / und füget dem hochberühmten Helde / GroßFürsten Herkules dienstlich zu wissen / daß / so bald seiner Reuter Säbel gnug werden gewetzet seyn / er zum begehrten Versuch sich willig einstellen / und der höflichen Außfoderung stat geben wolle / da er dann des Sieges (wo ihm die Götter es gönnen) sich hoch rühmen / und da er unterliegen sol / einem solchen treflichen Feld Herrn die Uberwindung nicht mißgönnen wird; da auch ohn verletzung seiner ehren hochgedachtem GroßFürsten einige Dienste von ihm könten erzeiget werden / verbindet er sich hierzu / als dessen Durchl. bereitwilliger Freund und Diener.


Vologeses.


Herkules / als er das Schreiben gelesen hatte / sagte zu Ladisla / und etlichen andern: Gewißlich solte Artabanus sich glükselig schätzen / wann er dieser bescheidenen Leute viel[945] hätte; und wiewol ich das mir zugelegte Lob vor einen höflichen Scherz halte / wil ich ihn dessen doch geniessen lassen / wo ich sonst kan. Ließ darauff den Trompeter gleicher gestalt voll sauffen / schenkete ihm eine güldene Kette und 500 Kronen / und schikte Vologeses bey ihm einen wolschneidenden Säbel / dabey er ihm mündlich sagen ließ; solcher art währen seiner Leute Schwerter vor seinem Auszuge gewetzet / und hätte nicht gemeynet /daß die hochbeschriehenen Parthischen Streiter solches biß auff die lezte Stunde spareten / da man auff sie vergebens warten / und die güldene Zeit in Müssiggang verzehren müste. Aus welcher Antwort dann Vologeses unsers Herkules unũberwindlichen Muht und treffliche Geschwindigkeit leicht abnam / und dadurch desto mehr zur Aufsicht angereizet ward. Des dritten Tages stellete Herkules seine Völker in das Feld / den Feinden recht unter Augen / ließ auch einen Persischen Obristen mit 1000 Pferden biß an Feindes Lager gehen / welche aber mit Pfeilen abgetrieben /uñ ihrer wol 150 beschädiget wurden; daraus Herkules eigentlich spũrete / daß der Feind nicht gesinnet währe / so bald Schlacht zuliefern. Hielt deßwegen engen Kriegs Raht / ließ den Fluß bey Nachtzeit zwo Meile auffwarz besichtigen / uñ funden einen Ort /dem mit Schauffeln und Hacken zum durchreiten leicht kunte geholffen werden. Des folgenden Tages stellete er seine Schlacht Ordnung abermahl wie vorhin / ließ auch die Reuter biß ans Lager hauẽ / welche mit Geschoß abgetrieben wurden / deswegen er sein Lager abbrechen ließ / und vor seinem Abzuge folgendes Schreiben an Vologeses sendete:

Nachdem ich die vergebliche Hoffnung gefasset / den bißher so unverzageten Feld Herrn Fürst Vologeses im Felde zusehen / werde ich die Höfligkeit gebrauchen /und ihm weitern Raum zu geben / hinter mich rücken /ob ihm daselbst belieben möchte / mir seinen so lange gewetzeten Säbel dereins bloß sehen und empfinden zumachen; bin nicht desto minder seiner Liebe bereitwilliger Freund und Diener Herkules / sonst sein verschuldeter ehmaliger Valikules.

Brach alsbald nach dessen absendung auff / und setzete fleissige Schildwachen aus / auff des Feindes vornehmen acht zugeben / und ihm solches zu hinterbringen. Noch wolte aber der Parther sich nicht dran kehren / und blieb in seinem Lager unverrucket liegen; dann von hinten zu hielt er sich ganz sicher / und ward ihm alle Notturfft überflüssig zugeführet. Als der Abend herzu nahete / teilete Herkules sein Heer in vier Hauffen; den ersten gab er Ladisla / 4000 Susianer / und gleich so viel Persen / damit er den ersten Angriff tuhn solte; den andern Arbianes / 6000 Meden / Ladisla zum Entsatz; den drittẽ Pharnabazus / 5000 Susianer und 3000 Meden; den vierden und lezten 8000 Persen / behielt er vor sich selbst. Nach gemachter Teilung musten Ladisla und Arbianes nach des Feindes linke seite hinter dem Hügel die Nacht ihren Weg in aller stille fortsetzen; Herkules aber und Pharnabazus gingen auff den rechten Flügel über das Wasser / und weil sie den fernesten Weg hatten / verliessen sie es mit Ladisla / er solte hinter dem Berge halten / und sich nicht sehen lassen / biß er hörete Pharnabazus den Angriff tuhn / alsdann solte er mit den seinen frisch ansetzẽ. Diesem ward redliche folge geleistet / glückete ihnen auch / daß sie zu beyden Seiten bey dem Feinde in aller stille herkahmen; dann weil diese die unsern hatten auffbrechen / und den geradesten Weg zurücke nehmen sehen / wurden keine ferne Wachten ausgestellet. Ladisla hatte zwar den kürzesten / aber den schlimmesten Weg / daher er fast zu einer Zeit mit Herkules an den bestimmeten Ort anlangete. Eine Stunde vor Morgens aber schickete Vologeses[946] 1000 Reuter aus / etliche tausend Bauren zusammen zutreiben / die sein Lager von forne her noch immermehr verschanzen solten. Diese stiessen auff Pharnabazus Hauffen / der sie anfangs / weil es in der Demmerung wahr / vor Herkules Leute hielt /und ihnen freyen Anzug gönnete; Ihrem Führer aber mißdauchte es / ungeachtet alle seine Reuter in gleichem Wahn mit Pharnabazus wahren / und daher sich bald verrieten / auch darauff mit aller Macht angegriffen / und biß auff 300 erschlagen wurden; Welche übrige zurük gingẽ / und Vologeses die Zeitung ihrer Niderlage brachten / welcher zur Antwort gab: Jezt erkenne ich meines Königes widriges Glũk; ließ auch stündlich zu Pferde blasen / und 8000 Mann sich ins Feld setzen / damit er in seinem Lager / welches von hinten zu ganz offen war / nicht angegriffen würde. Doch ließ er seinen Muht nicht sinken / sondern weil er vernam / daß der feindliche Hauffe auffs höchste 8000 stark währen / hoffete er / es würde nur eine streiffende Rotte seyn. Herkules hielt nicht weit von Pharnabazus / sahe und hörete alles / und befragete die Gefangenen wegen Zustandes ihres Lagers / und da er solches von hinten zu unvergraben seyn vernam / hieß er Pharnabazus frisch darauff gehen; Welcher sich alsbald ins offene Feld zog / und des Feindes Reuterey halten sahe / auff welche er seine 5000 Susianer ansetzen hieß / deren Führer aber / nahmens Artuasdes sich dessen wegerte / vorgebend / er hätte von seinem Gn. Fürsten Gobares befehl / sich im ersten Anfall nicht gebrauchen zulassen. Pharnabazus muste wegen des Feindes Gegenwart durch die Finger sehẽ / ließ 2000 Meden gar behuhtsam den Streit anfahen / und taht Herkules des Susianers Ungehorsam zuwissen / der sich einer heimlichen durch Gobares gestiffteten Verrähterey besorgend / eine kurze Erklärung fassete / und mit eigener Faust (da er die Susianer mit den seinen umgeben hatte) diesen Widerspenstigen erstach / die übrigen fragend / ob sie fechten oder sterben wolten. Diese sahen sich übermannet und umringet / gelobeten allen Gehorsam / und wurden durch alle Glieder der Persen verstecket / daß also diese gefährliche Auffruhr im Augenblik gestillet wahr. Herkules sahe die 2000 Meden / als übermannet / weichen / uñ schickete ihnen 4000 zum Entsaz /kunte doch den Feind auff die Weichseite nicht bringen. Ladisla hatte durch seinen ausgeschikten Reuter /Pharnabazus Anfall in Erfahrung gebracht / ermahnete demnach die seinen / geherzt zuseyn / damit sie nach erstrittenem Siege die reiche Beute erlangen möchten; da seine Persen sich frisch genug / aber die Susianer sich träge und ungehorsam erzeigeten / auch ihr Obrister Mithrazenes sich ausdrüklich vernehmen ließ / die ädlen Susianer währen ungewohnet / sich von fremden befehlen zulassen / und weil er im geheimen Kriegs Raht währe vorbey gangen / wolte er streiten / wanns ihm geliebete. Da schlage Unglük zu / antwortete Ladisla / macht Gobares uns solche schlimme Possen / so ist besser / ihr meine geträue und liebe Persen / daß wir diesen innerlichen Feind erst dämpffen; griff darauff die Susianer mit seinen Persen an / und foderte Arbianes zum Beystande. Mithrazenes wahr nicht faul / reizete die seinen an / ihres Fürsten Befehl zuerfüllen / und überfiel Ladisla mit sechs Gehülffen ganz grimmig / der sich aber ritterlich wehrete / weil er von den seinen unverlassen blieb / und in wenig Streichen den ungeträuen Verrähter betäubete / daß er vom Pferde stürzete / und von dreyen Persen gefangen angenommen ward. Arbianes / so bald er diese Auffruhr vernam / ging mit allen seinen Völkern loß / und kam zu rechter Zeit / gleich da die Persen zuweichen gezwungen wurden / fiel mit grossem wüten in die Susianer / und erschlugen ihrer in kurzer Zeit 1500; die übrigen bahten[947] umb Gnade /wurden auch auffgenommen / und dermassen untergesiekt / daß ihrer nit zween bey einander blieben; doch hatte Ladisla von seinen Leuten auch 200 eingebüsset / ließ den Verrähter Mithrazenes hart gebunden verwahren / und ging mit 3000 ins Feld / sich dem Feinde zuzeigen / welcher seiner bißher noch nicht wahr genommẽ hatte / zu der unsern grossem Glük; dann währen sie der Auffruhr berichtet gewesen / würde der Sieg ungezweifelt in ihre Hände gefallen seyn. Herkules wunderte sich / daß Ladisla so lange verzog / dessen Hũlffe er hoch benöhtiget wahr / weil Pharnabazus / der mit 6000 dem Feinde noch Wiederstand hielt / hart gedränget ward; dann Vologeses hatte den seinen noch 3000 geruhete zugeschicket /wodurch Herkules verursachet ward / ein gleiches bey Pharnabazus zuleisten; weil er aber Ladisla mit solcher Manschafft herzu eilen sahe / fassete er gute Hoffnung zum glüklichen Verfolg; wie dieser dann durch seine Ankunfft die Parther alsbald hinter sich weichen machete / massen der Eifer wider Mithrazenes gefasset / noch hefftig bey ihm brante / daß dessen Wirkung die Feinde wol empfunden / welche er als eine Fluht überfiel / und Pharnabazus Lufft machete /der schon etliche / wiewol geringe Wunden empfangen hatte. Vologeses brachte in Erfahrung / daß der lezte Entsaz hinter dem Hügel hervor gebrochen währe / und er nicht mehr zweifelte / des Feindes ganze Heer würde sich der Nacht gebrauchet haben /und von beyden seiten herüber gangen seyn / deswegen er einen frischen hauffen 8000 stark gegen ihn angehen ließ; aber Ladisla weich behutsam hinter sich /den Feind ins Feld zulocken / ließ auch Arbianes mit 7000 zu sich fodern / der nach allem Wunsch ankam /und neben Ladisla dem Feinde sehr gedrange taht; dann die Parther wahren zu weit gangen / daher sie fast gar umringet / und in grosser Menge nidergeschlagen wurden / daß ihrer 5000 gestrecket lagen /ehe ihnen Entsaz zukam. Vologeses wahr des versehens unwillig / ließ ihnen doch 6000 zu hülffe gehen /mit Befehl / bald auff geschehenen Entsaz umzukehrẽ. Es sahe aber Herkules mit Freuden / daß Pharnabazus Völker sich so tapffer hielten / und ihre Feinde weidlich umtrieben / daß sie endlich zuweichen gedrungen wurden / und Vologeses auffs neue sie mit 2000 geruheten verstärken muste; So widersetzete sich auch Ladisla dem einbrechenden Entsaz / und ließ Arbianes die umringeten und abgematteten warm gnug halten /empfand aber anfangs harten Wiederstand / weil seine Leute schon viel ungemach ausgestandẽ / und sich abgearbeitet hatten; nachdem aber seine übrige geruhete 1500 stark ihn entsetzeten / ermunterten sie sich / daß der Streit eine gute weile in gleicher Wage hing; aber an Pharnabazus seite fingen die Parther an Meister zuspielen / welches Glük Vologeses nicht bedacht wahr aus den Hånden zulassen; und weil er meynete /Herkules hätte hieselbst bißher gefochten / und sich ermüdet / drang er mit seinen ũbrigen / 7000 stark /wie ein Wetter loß / und fiel so erschreklich über Pharnabazus Hauffen / daß dieser sein Leben durch Ritterliche Gegenwehr zuverkauffen / und den Plaz tod zuerhalten ihm gänzlich vornam. Hieselbst wolte nun Herkules seinen Freund nicht im stiche lassen /brach auch mit seiner Mannschafft 7000 stark loß /und machete ihm durch seine Ankunfft Luft / daß er hart verwundet / einen Abtrit nam / nachdem er 7000 erschlagen / und 4000 eingebüsset hatte. Herkules hatte in diesen Morgenländern so grossen Eifer in keiner Schlacht spüren lassen / dann alles / was er traff /muste zu grunde gehen / und machte sein Blänke sich so bekant / daß jederman / Freund und Feind den Reuter dabey erkennete; seine Völker wurden durch ihres Feld Herrn Tahten auffgemuntert / ihm nachzufolgen / daher ein grausames Blutstürzen[948] sich erhuhb / angesehen die Parther / welche Vologeses anfũhrete / sehr streitbar wahren; Doch verwunderte sich der Parthische Feld Herr über Herkules Kriegs-Erfahrenheit / die Völker zuschwingen / die Glieder zustärken / den Bedrångeten Hülffe zuschicken / und dz er dabey nebest seinem Pferde solche Tahten verrichtete. Arbianes / ob er gleich hart verwundet / erlegete doch seine Feinde am ersten / daß ihm etwa 1500 entrunnen / ging darauff Ladisla zuhelffen / der überaus harten Widerstand hatte / und jagete durch seine Ankunft den Feinden nicht geringen Schrecken ein. Artabastes / der diesen Parthischen Hauffen führete / als er die geschlagen sahe / denen zuhelffen er ausgeschicket wahr / wolte ũber Befehl nicht schreiten / deswegen er sich allgemach zurücke zog / und mit Vologeses zusammen setzete / daß ihr gesamter Hauffe in 16500 Mañ bestund. Ladisla ließ solches geschehen / weil er hiedurch gelegenheit bekam / sich mit seinem Herkules zuvereinigen / welchen er mit Freuden annoch unverlezt befand / und sie eine neue Ordnung zur gemeinen Schlacht stelleten / weil die Feinde desgleichen tahten / und beyderseits etliche geringe Hauffen inzwischen fechten liessen; Ihre annoch ũbrige Manschaft zur Schlacht geschikt / war über vermuhten 16000 Mañ / nebest 4000 verwundeten / daher sie am Siege fast nicht mehr zweifelten. Herkules vermahnete die seinen kürzlich zur Tapfferkeit / sonderlich die Susianer / worauff ihr Verbrechen ihnen allerdinge solte erlassen seyn; da sie sich dann sehr wol erkläreten. Vologeses entsetzete sich über seinen grossen Verlust / ließ sichs doch bey den seinen nicht merken / und wolte das Heer zur Tapfferkeit anmahnen; aber Herkules war ihm zu zeitig auff dem Dache / und setzeten beyderseits also drauff / als welche entweder siegen oder sterben wolten; daher dieser Anfall so hefftig und blutig wahr / daß die ersten wie Mũcken von den Pferden stoben / und die folgenden immer vor sich hin würgeten. Herkules und Ladisla wolten sich nit trennen / und trieben solch Wunder / daß die Feinde sich davor entsetzeten. Sie hatten 5000 der allerstreitbaresten Persen und Meden umb sich gesamlet /die nebest ihnen alle Mögligkeit anwendeten / den Feind auff die Flucht zubringen; anfangs kostete es an beyden Seiten fast gleiche viel Blut / aber mit der Zeit liessen die Parther abe / da der unsern Kraft zunam; wiewol Vologeses immer vor sich weg wütete / und den Sieg ohn des Himmels Dank erstreiten wolte /daß endlich Herkules auff ihn traff / da er gleich einen Persischen Ritter / dem er sonderlich geneigt war / niderschlug / deswegen er auf ihn mit diesen Worten setzete: Feldmarschalk / wir werden / unsern Ehren gnug zutuhn / uns versuchẽ müssen; überfiel ihn auch so hefftig / daß er die Hiebe nur auszunehmen gezwungen ward. Seine Leute / so umb ihn hielten /wolten diesen Streit sperren / aber Ladisla mit den seinen trieb sie abe / daß Herkules Raum gewan / mit ihm nach belieben zuverfahren / wiewol sich dieser durch Verzweifelung endlich ermannete / und unserm Herkules fühlen ließ / daß er nicht so gar unwichtige Arme hatte; es wolte aber in die länge nicht helffen /sondern nachdem er unterschiedliche Wunden empfangen / uñ die meisten Kräfte verlohrẽ hatte / sagte Herkules zu ihm: Mein Freund / ich bin euch verbunden wegen eurer Redligkeit / darumb / wo ihr ruhen könnet / wil ich mich ferner an euch nicht vergreiffen; ihr empfindet eure Wunden / und daß eure Leute sich schon nach der Flucht umsehen / daher nehmet eurer selbst wahr / weil ich euch weder tod noch gefangen wissen möchte; ließ auch alsbald von ihm abe / und wendete sich mit Ladisla und seiner besten Manschafft nach der Linken / woselbst Arbianes Hauffe zimlich hart gedränget ward; aber auff ihre Ankunfft wendete sich das Spiel gar zeitig. Vologeses kunte Herkules[949] Tugend und Frömmigkeit in seinem herzen nicht gnug rühmen / sahe / dz seine Ordnung getrennet wahr / nam 4000 Reuter zu sich / und wagete mit ihnen einen geringen Anfall / ward aber von Ladisla mit 6000 stark angriffen / und nach kurzem Gefecht in die Flucht getrieben; Der Obsieger wolte jenen nachhången / aber Herkules foderte ihn ab / und sagete: Lieber laß ihn reiten / daß er mit dieser geringen Manschafft etwas Ehre erhalte / und seinem Könige von uns Zeitung bringe; welches er dann gerne geschehen ließ / aber den übrigen den Weg zur Flucht abschnitte / deren 4000 gefangen wurden / uñ grossen teils Befehlichshaber / als 18 Obristen / 60 Ritmeistere / 65 Unter Ritmeistere / 58 Fähndriche / 400 Unter Befehlichshaber / und 3409 gemeine Reuter; die ũbrigen 28000 wahren drauff gangen; wiewol der Sieg an unser seite auch Blut gekostet hatte; dann 15000 wahren erschlagen / und 3000 verwundet / deren inwendig drey Tagen 1800 sturben; und war fast kein Befehlichshaber / der nicht seine Wunden zuzeigen gehabt. Herkules wahr ein wenig an der linken Hand und am rechten Beine von Vologeses versehret. Ladisla hatte drey zimliche Wunden / wiewol ohn gefahr. Pharnabazus wahr hin und wieder zuhacket / daß man 15 Wunden / groß und klein an ihm zählete; Arbianes wahr am rechten Arme zweymahl / und am Halse /auch in der linken Hufft verwundet; Bubazes / Tyriotes und Gallus wahren schon von dem Vortrabe also zugerichtet / daß sie der Schlacht nicht beywohnen kunten. Allermeist aber wahr es über die träulosen Susianer gangen / deren kaum 1800 ũbrig wahren. Der boshafte Mithrazenes ward mit schweren Ketten herzu geführet / uñ mit harter Pein bedräuet / da er nicht gerade zu bekennen würde; sagte darauff freiwillig aus / er und sechs seiner Spießgesellen hätten von ihrem Fürsten unter grossen Verheissungen den ausdrũklichen Befehl / Herkules und Ladisla entweder mit fuge niderzumachen / oder sonst / durch was Mittel sie köntẽ / zuverhelffen / dz sie in Feindes Hände gerieten / ob gleich die Schlacht hiedurch solte verlohren gehen; rief auch von den añoch ũbrigen Susianern zween zu Zeugen / die alles bejaheten. Nun wolan / sagete Ladisla zu Herkules auf Teutsch; ist das unser Lohn der Träue und Auffrichtigkeit / werden wir uns witzigen lassen / bald davon zueilen /wiewol ich niemand als den Verrähter Gobares beschuldige. Herkules stimmete mit ein / liessen die erschlagenen plündern / bey denen sie sehr viel Goldes funden / wie auch bey den Gefangenen / daß keiner unter 300 Kronen / und etliche über 3000 an Baarschafft / Ringen und Kleinoten bekahmen. Was im Lager wahr / nahmen Herkules und Ladisla zu sich /auf 15 Tonnen Goldes am Wert; bekahmen über 40000 reisige und Wagepferde / von denen jeder Reuter durch die Bank eines bekam / die übrigen dem GroßFürsten Artaxerxes nebest der Lager Beute vorbehalten wurden; Sie eileten sehr / Persepolis zuerreichen / nicht allein / weil sie in der Furcht stunden /Vologeses möchte sich in der Eile stärken / und ihre schwachen Völker überfallen / sondern auch / weil Herkules eine sonderliche Schwermütigkeit bey sich befand / welches er Ladisla zuvernehmen gab.

Leches und Neda mit ihrem dreyfachen Heer / hatten ihre Reise nun mehr fast zum Ende gebracht / so daß sie schon das Land Susiana hinter sich gelegt /und die Persischen Grenzen erreichet hatten / zogen immer frisch fort / biß sie sieben Meile an Persepolis kahmen / und sich freueten / daß sie ihre Herren schier sehen würden; das Frauenzim?er befand sich wegen der langen Reise nicht zum besten auff / insonderheit Therba / die auff dem Meer in ein Fieber gefallen wahr / welches noch etwas anhielt / und sie sich in einer Sänfte tragen[950] ließ. Des folgenden Morgens brachen sie frühe auff / wo möglich / die GroßFůrstl. Stad zuerreichen / und muste Markus mit 1500 Böhmen neben einen Wegweiser und Dolmetscher den Vortrab halten / da inzwischen das Heer folgete. Dieser wahr ohngefehr anderthalb Meilen fort geritten /da sahe er einen ansehnlichen Reuter Hauffen von 1000 Pferden von der rechten Hand Sudwertz auf sich zu reiten / gegen welche er alsbald sich in Ordnung stellete / und durch seinen Wegweiser fragen ließ /wessen er sich zu ihnen versehen solte. Diese hatten auff allen Fall sich auch zum Schimpf und Ernst fertig gemacht / kunten leicht gedenken / daß sie in Persischen Diensten währen / und sie ihren Weg ungehindert nit würden zihen können / gaben demnach zur Antwort: Ihretwegen hätte sich kein Mensch zubefahren / ob er gleich einzeln zöge / weil sie nicht Raubens halben / sondern Ehre zuerwerben sich außgerüstet hätten; welche Antwort Markus verächtlich vorkam / und eigentlicheren Bericht begehrete / ob sie Freund oder Feind währen / insonderheit / unter was Führer sie rittẽ. Nun hätte Fabius sich des Bescheides gerne gewegert / nach dem er den Weg nach Charas vorhatte / weil er aber einen gewaltigen Staub von Westen her merkete / uñ leichtlich schliessen kunte /es müste ein grosses Heer verhanden sein / gedachte er sich zuerklären; er samt den seinen währen des GroßFürsten in PersenFreunde und Diener; wor auff Markus seinen Helm abzog / hinzu ihm ritte / und alsbald von ihm erkennet ward / daher er ihm freudig entgegen rennete / und zu ihm sagete: O mein werder Freund uñ Landsman / was vor Glük füget uns in dieser Fremde zusammen? Markus sprang ab / küssete ihm die Hand / und zeigete an / wie glükselig er sich schätzete / ihn angetroffen zu haben; meldete ihm auch seiner Eltern / Gemahl und Schwester Gruß an /und daß sie noch alle wol lebeten. Wie? antwortete Fabius / wissen dann die meinen / daß ich noch lebe? Und von wannen kommet ihr? von Herrn Ladisla oder von Padua? daß ich von Padua kom?e / antwortete er /wird meinem Herrn ohnzweifel bewust seyn. O mein Freund / sagte Fabius / als viel ich aus eurer befremdung vernehme / wird den meinigen und euch selbst mein ũberstandenes unaußsprechliches Unglük unwissend seyn. Aber was komt dort vor ein ansehnliches KriegsVolk hinter euch her? Hat mein Herr / antwortete Markus / einiges Unglük erlitten / ist mir sehr leid / und freue mich / dz Gott solches weggenem?en hat; jenes KriegsHeer / dessen ich ein Mitglied bin /kömt meinen gnådigen Herren ingesamt zu / unter denen mein Herr 6000 Römische untadeliche Reuter von seinem HerrVater zuempfangen hat / und zihen wir gleich auff Persepolis zu / wohin wir von unsern gnädigsten Herren bescheiden sind. O der glükseligen Stunde / sagte Fabius / die mich zu euch hergeführet hat / da ich sonsten / in Meynung meine Freunde zu finden / dem Verderben in die Hände gefallen währe. Aber sehet dort gleich von Osten her den dicken Staub / es wird gewißlich ein Heer auff uns stossen /die euer Ankunft Bericht eingezogen / und euch vor Feinde halten. Leches sahe Fabius von ferne daher reiten / sprang vor freuden aus dem Sattel / lieff zu ihm / und sagte mit fliessenden Augen: O mein hochwerter Herr / wo hat er sich doch so lange auffgehaltẽ? oder komt er etwa von meinen gnädigsten Herren her? Mein werter Freund / antwortete er; ist ihm dann auch mein Verlust unbekant / mũste groß Wunder seyn / daß sie mich nit eins solten gemisset haben. Mehr als zu ängstig gemisset / antwortete er; aber ich komme von Padua und Prag / dahin meine gnädigste Herren mich von Charas außgeschicket haben / und von meines Herrn weiteren ergehen mir nichts bewust ist. Meine Abenteur sind[951] wunderlich / und nicht ohn Mitleiden anzuhören antwortete er / wovon wir nach diesem reden wollen. Vordißmahl aber die Ursach jenes Staubes überlegen / welcher ohnzweifel ein starkes Heer zeigen wird / so uns rechtfertigen möchte. Also wurden die Völker in Ordnung gestellet / und Fabius wieder seinen Willen zum Volmächtigen FeldHerrn gesetzet; Leches mit den Teutschen hielt den Rechten; Neda und Priesla mit den Böhmen den linken Flũgel; er aber samt Klodius und Markus mit 7000 Römern uñ seinen 1000 geworbenen sinnden in der mitte / hielten auch nicht lange / da sahen sie ein grosses Volk zu Roß und Fuß durcheinander Schaarsweise als Flüchtige daher zihen / ob würden sie gejaget. So bald sie der unsern gewahr wurden / stutzeten sie / und gaben sich in Ordnung / so daß jeder Reuter-Flügel 7500 Köpffe / und das FußVolk in der mitte 16000 Mann stark wahr / schicketen auch alsbald etliche aus / die Menge der unsern zu überschlagen /und daneben zuvernehmẽ / wessen sie willens währen. Diese kahmen mit gnug trotzigem Muhte / und begehreten kurzumb zu wissen / was Volk sie währen / und wohin sie gedächten. Fabius antwortete; Sie würden solches anzuzeigen sich nicht wegern / so bald sie wüsten / welcher Fũrst oder grosser Herr es von ihnen foderte; und weil diese solches ohn Befehl nicht melden wolten / hinterbrachten sie diese Antwort. Als Gobares vernam / daß er diesen an der Zahl ũberlegen wahr / ergriff er seinen gewöhnlichen Hochmuht / und ließ ihnen andeuten; ob er gleich nicht schuldig währe / als ein grosser ReichsFürst sich so weit zu demühtigen / wolte er dannoch seinen HochFürstlichen Stand und Nahmen / als ein Beherscher des Reichs Susiana nicht vertuschen. Wie? fragete Fabius mit grimmigem Gesichte / ist er etwa Fũrst Gobares? Ja antwortete dieser / daß ist sein HochFürstlicher Nahme. Hierauf entbrante er mit grimmigem Zorn / und sagte zu Leches und den andern Häuptern: O ihr meine liebe werte Herren und Freunde / eben dieser Verrähter hat mich heimlich und öffentlich wollen ermorden lassen /und zwar ohn alle Ursach; bitte deßwegen von Herzen / verlasset mich nicht / daß ich mich räche / und mein Schart außwetze. Sie erbohten sich / er solte nach belieben handeln / sie wolten Leben und Blut bey ihm auffsetzen. Worauff er dem Abgesanten zur Antwort gab; Reitet hin / und saget eurem Fũrsten dem Bluthunde / es finde sich hieselbst ein redlicher Ritter / an dem habe er ehmahls verrähterlich gehandelt / werde deßwegen von demselben zum absonderlichen Kampffe auff Leib und Leben außgefodert / dessen er sich nicht entbrechen kan / wo er nicht vor einen öffentlichen Schelm und Meuchelmörder wil außgeruffen seyn. Der Abgesante erschrak dieser Rede / einwendend / er würde solches seinem Fürsten durch seine eigene Leute melden lassen / und der Antwort gewärtig seyn. Leches erboht sich diese Werbung abzulegen / nam 20 Teutschen mit grossen Schlacht Schwertern zu sich / und foderte den Fürsten zum Gespräch / dem er eben dieselben Worte mit unerschrockener Stimme vortrug; welcher des Schimpfs zu bersten meinete / und zur Antwort gab; Du unverschämter Bube / sage dem ehrenrürigen Schelmẽ / er sey viel zuwenig / Fürsten außzufodern und zu schelten. Du Schelm leugst beyderley / anwortete Leches; dieser und ich sind redlich / aber du stirbest wol ein Schelm. Da solte man nun ein gemurre unter Gobares Völkern gehöret haben / da bald der eine rieff; der Fürst mũste seinen ehrlichen Nahmen durch sich selbst oder durch einen andern rächen; ein ander; was solte ein Fürst einem unbekanten Ritter sich zum Kampfe darstellen? Gobares wahr sehr listig / und begehrete an seine Völker / den Schluß alsbald zu machen / ob er[952] selbst fechten / oder die Schlacht wagen solte / währe er zu beyden bereit; entschuldigte sich hernach / es würde ihm fälschlich angetichtet / daß er jemahls einigen Ritter solte beleidiget habẽ / als welche er vor der WeltZierde hielte. Alsbald ward einhellig geschlossen / man solte an des Fürsten stat einen Ritter ordnen / der diesem verleumder den Lohn seiner Boßheit gäbe / und da andere mehr sichs annehmen würden / wolte man eine Schlacht gerne eingehẽ. Hierauff gab sich ein ansehnlicher Ritmeister hervor /uñ fragete / was des Kämpfers Belohnung seyn würde / und als Gobares antwortete; nicht geringer als eine freie Herrschaft erblich; fassete dieser sein Speer zur Hand / tum?elte sein Pferd / und gab durch Winken seine Außfoderung zuverstehen. Fabius ließ forschen /ob Gobares sich selbst stellete / und als Leches ein wiedriges vernam / wolte er nicht / daß ihr erwähleter FeldHerr einem andern stehen solte / sondern rieff auff Teutsch; ihr Brũder; wer wil 1000 Kronen verdienen / und jenen stolzen Tropff nidermachen? Daß wil ich tuhn / sagte ein Teutscher Ritmeister / nahmens Herman; nam sein Schlacht Schwert zur Faust /uñ setzete ohn weitere nachfrage auff jenen zu / welcher ihn daher kommen sahe / das Speer einlegete /und aus diesen grimmig zurennete; der sich aber im Sattel drehete / daß er neben hin stieß / und ihn dagegen im vorüberrennen mitten im Leibe halb abhieb /daß ihm das Eingeweide aus dem Bauche floß / und im Augenblik Tod nider stürzete. Der Sieger aber verfolgete des erschlagenen Pferd / welches nach des Feindes Heer umbkehrete / fassete es beim Zügel /und brachte es ritterlich davon / ungeachtet etliche hundert Pfeile auff ihn loßgeschossen wurden / wie wol ohn alle beschådigung. Gobares erschrak des Unfals / vermahnete doch seine Leute ritterlich zufechten / und solte in einer halben Stunde / wie er rühmen durffte / diese Handvol Räuber gänzlich auff gerieben seyn. Fabius wahr auch nicht willens / seinẽ grösten Feind abzihen zu lassen / machete aber auff Leches Raht die Schlachtordnung also / dz die Teutschen mit 1000 Böhmen verstärket / abstiegen / und unter Leches und Prinsla sich zu Fusse gegen des FeindesFußVolk stelleten. Neda uñ Markus nahmen den linken Flügel / 5000 Böhmen und 1000 Römische; Fabius und Klodius den Rechten / 6000 Römer und Fabius selbst geworbene. Die Teutschen uñ Böhmen fingẽ anfangs ein erschrekliches Geschrey an /zogen in der Reuter begleitung Fuß vor Fußfort / und überfielen mit ihren SchlachtSchwertern den Feind dergestalt / daß sie deren alsbald 1500 niderhieben /und keinen einzigen Mann verlohren; dañ hinten in des Feindes Heer kam ein Geschrey / wie daß von Persepolis her noch ein grosses KriegsVolk auff sie anzöge / welches die Ursach wahr / daß sie alsbald ihre Ordnung zu Fusse und Pferde trennen liessen / da Fabius auff Gobares traff / ihn mit grim?igen wüten überfiel / und nach wenigen Streichen ihn in die Schulder verwundete / dz er vor Schmerzen das Schwert fallen ließ. Die seinen hätten ihn gerne gerettet / aber fünff Römer packeten ihn auff Befehl an /bunden ihn mit Riemen / weil sie merketen / daß er sich selbst entleiben wolte / und fũhreten ihn nach dem Lager. Seinen Völkern wahr der Muht so gar entfallen / daß sie keine Gegenwehr tahten / meineten /sie währen allenthalben umbringet / und bahten umb Gnade / welche ihnen dergestalt wiederfuhr / daß das FußVolk / von denen 3000 nidergehauen wahren / ihr Gewehr niderlegen / und die Reuterey absitzen muste / und wahr zu verwundern / daß von den unsern kein einziger Tod / nur 86 verwundet wahren. Die unsern nahmen der Feinde Pferde zur guten Beute / auch ihre Kleider und Baarschaften / dz die Susianer allemiteinander fast gar[953] nacket stunden / und vor Scham nicht zu bleiben wusten / nach dem sie sahen / daß wegen des andern Heeres nur ein vergeblicher Schrecken gewesen wahr. Fabius ersahe hinter einem Hügel etliche hundert Reuter halten / wohin er mit Leches uñ Klodius / in begleitung 600 Römer sich begab / da jene / so bald sie ihn kommen sahen / in höchster Eile davon ranten / und vier Sänfften neben einer Gutsche stehen liessen. Fabius trug Verlangen / zuerfahren / was hierin verwahret wũrde / ritte hin nach der vördersten und ansehnlichsten / hub den Vorhang auff / und ward mit höchster bestürzung eines überaus schönen und zarten Weibsbildes darinnen gewahr / welche auff dem Rücken ganz außgestrecket lag; sie hatte nichts an ihrem ganzen Leibe / als ein zartes Hemde / welches doch den Augen nicht alle erkäntnis der Gliedmassen entzog / absonderlich / weil der Busem ihr offen stund / ihre Hände und Füsse aber mit rohten seidenen Stricken angefesselt wahren / hatte auch einen Knebel im Munde / dz sie weder reden noch einen Laut von sich geben kunte. Anfangs meinete Fabius sie währe Tod / weil alle lebhafte Farbe aus ihrem Angesicht hinweg gewichen / uñ die Augen starre gen Him?el gekehret wahren. Als sie nun diesen schönen unbekantẽ Mañ sahe / und ihm mit winseln und Häuptwinken ihres Lebens gnugsame anzeige gab / da ihr zugleich eine grosse QuelleTrähnen aus den liebreichen Augelein hervordrungẽ / ward er von Mitleiden so hart eingenom?en / daß er anfangs kein Wort sprechẽ / noch sich was zu tuhn währe / besiñen kunte / nam doch bald seinen zerhauenen ReitRok /und warf ihr denselben über den Leib / sprang vom Pferde / fassete den Dolch / und schnitte ihr damit die Hände und den Knebel loß; worauff sie zu ihm sagete: Mein ehrlicher Ritter / wer ihr auch seid / ich erkenne mich euch mit alle meinem vermögen schuldig /dafern ihr mich vor Unehr schützet / welche bißher götliche Barmherzigkeit gnädig von mir abgekehret hat; solte euch aber solches zu leisten unmöglich seyn so schneidet meinen Lebens fadem so kühnlich ab wir ihr anjezt den Strik an meinen Händẽ zubrochen habet. Trefliches Fräulein / antwortete Fabius / welches Tigertihr ist so grausam / das ein solches himlisches Bilde so unbarmherzig hat binden und beschimpfen mögen? Ach der unmenschliche Gobares /sagte sie / der Feind aller Ehr und Tugend hat mich in diesen elenden Stand gesetzet. Aber saget mir / mein Herr / bitte ich hat die mir in den Ohren sausende Schlacht mich von diesem boßhasten Menschẽ errettet? Ja höchstgepreisetes Fräulein / sagte er / der schelmichte Gobares sol forthin sich keines Bubenstückes mehr gelüsten lassen. Nun mein Herr / antwortete sie / so versichert euch bey meinen ehren / die mir Gott unverlezt behalten hat / daß ich euch diese geschehene Rettung dergestalt vergelten werde / dz meine Dankbarkeit / so weit sie reichen mag / sol gespüret werden / und habt ihr euch überdas zween unsterbliche Freunde / einen König / nahmens Ladisla /und einen GroßFürsten nahmens Herkules / erworben. O ihr Götter / O ihr Götter! fing er hierauff an / fassete ihre Hände / und küssete sie so inniglich / daß sie mit seinẽ bewägungs-Trähnen befeuchtet wurden /und sie nicht anders meinete / er wũrde durch ihr Ansehen zu unzimlicher Lust gereizet / ihrer Ehren abbruch tuhn / daher sie zu ihm sagete: Mañhafter Ritter / ich bitte euch durch die Barmherzigkeit Gottes /leget mir keine Gewalt zur Unehr / oder einige Verlez- und beschimpfung meiner Keuscheit an. Sie wolte mehr reden / aber Fabius mit entblössetem Häupte und fliessendẽ Trähnen fiel ihr also ein: Durchleuchtigstes unvergleichliches Fräulein / wahres Ebenbilde aller keuschen Tugend; ich bitte durch Gott / ihre Durchl. wolle von ihrem untertähnigst-gehorsamsten Diener nicht so[954] widrige Gedanken schöpfen /der nichts mehr wünschet und begehret / als vor dero Ehr und Leben sein Blut und Herz auffzuopfern; nur bitte ich untertåhnigst umb gnädigste Verzeihung /daß durch mein unbesonnenes vornehmen ich derselben zu solchem Argwohn ursach gegeben habe; Ich nach meinem wenigen Vermögen und unwankelbaren Willen bin uñ verbleibe ihrer Durchl. ergebenster Knecht K. Fabius von Padua. O mein barmherziger Gott / sagte sie mit einem lieblichen lachen; hastu mir den so lang gewünscheten Freund und hochwerten Schwager und Bruder in meinen höchsten Nöhten und unaussprechlichem Elende zuführen wollen / daß er seinen allerbesten Freunden Ladisla und Herkules ihre Schwester und Wase erretten müssen? O mein Herr und Bruder / sagte sie weiter / gönnet mir / daß ich zum Zeichen der Dankbarkeit und Freude über euer Liebe Gesundheit / dieselbe Schwesterlich umfahen möge; wickelte hiemit den ReitRok umb ihren Leib /und umfing ihm den Halß mit beyden Armen / da sie ihm zugleich einen züchtigen Kuß boht. Er hingegen meynete / ihm könte grössere Herligkeit nicht zustehen / als daß er eine solche Taht verrichten helffen /die seinen Freunden Ladisla und Herkules könte annehmlich seyn / demütigte sich sehr gegen sie / und sagete: Nachdem er das Glũk gehabt / Ihrer Durchl. einige Dienste zubezeigen / wolte er sein bißher erlittenes Unglük gerne vergessen; beklagete daneben / dz er nicht straks angesichts / ehe er die Sänffte geöffnet / sein Kleid ihr über geworffen hätte / welches er nicht unterlassen wollen / dafern er ihrer Durchl. gegenwart einigen wink gehabt / und stellete endlich ihrem Willen anheim / mit was Straffe der gefangene ErzRäuber Gobares solte beleget werden. Sie erröhtete über der Gedächtniß ihres Leibes Blösse / mit anzeige / wie eine grosse Pein es ihrer Seele währe / daß der unverschämte Bube sie in solcher Gestalt hätte fahen / binden und fortschleppen lassen / an dem sie sich zurächen gänzlich entschlossen währe / nachdem sie h \rete / daß er gefangen wäre. Leches und Klodius funden die andere drey Sänfften auch mit dreyen der Landes art nach schönen Weibsbildern in gleicher blösse /beladen / und wahren / Kleofis / Andia und Amestris /griffen alsbald zu ihrẽ BrodMessern / und schnitten ihnen die Knebel aus dem Munde / auch Hände und Fũsse loß / daß sie sich zusammen zihen / und in etwas verhüllen kunten. Endlich ward Leches gewahr / daß ein Mann und Weib in der Gutsche sassen / und sehr bluteten / dañ jodes hatte ein Messer in der Brust stecken; dessen er erschrak / und sie gutes muhts seyn hieß; das Weib ihm aber antwortete; Wann wir gutes muhts seyn solten / müstet ihr nicht kommen seyn; Worauff er sagete: Harret / seyd ihr da zubrochen /muß man euer um so viel fleissiger warten; zohe ihnen die Messer / welche sie aus Verzweifelung selbst / und doch nicht tief genug hinein gestossen /aus den Wunden / uñ band sie mit den Riemen feste /die er von der Gutsche lösete. Als solches geschehen /rief ihnen Fabius / und sagte: Kom?et her meine Freunde / und grüsset das vortrefflichste Fräulein der Welt in ihrer äussersten Beschimpffung / die nimmermehr kan gebüsset werden. Mein Herr Bruder / antwortete das Fräulein / wolle mit solchen unverdieneten Ehren-Nahmen mich doch nicht weiter schamroht machen / nachdem ich schon vorhin die Augen nit kũhnlich auffschlagen darff. Leches trat hinzu / gedachte alsbald / ob nicht das Königl. Fräulein zugegen seyn würde / welches ihm die Vernunfft und Augen blendete / daß er sie nicht erkennen kunte; sie aber ihn erblickend / alsbald zu ihm sagete: So so mein geträuer Leches / jezt habt ihr euer dienstwilliges Herz mir so klärlich zu erkennen gegeben / dz ich zeit nachzudenken fodern muß / wie ichs gebührlich ersetze. Er kunte[955] aber vor Bestürzung und Freude kein Wort sprechen / sondern nach unterschiedlichen tiefgehohleten Seuffzen / fiel er vor ihr nider in die Knie / fassete ihre Hand / uñ küssete sie ohn unterlaß / biß er sich erhohlete / von der Erden auffstund / und also anfing: Allergnädigstes Fräulein / wie kan ich der grundlosen Güte unsers Heylandes gnug danken /welcher nach seiner Göttlichen Versehung mich so glüklich geführet hat / daß dem Verrähter ich auf dieser Reise antreffen / und durch Euer Durchl. Kriegs Heer / welches den Nahmen Valiska zum Feldgeschrey gehabt / er zur gebührlichen Straffe durch Herr Fabius / welcher gleich unvermuhtlich zu uns gestossen angehalten worden; meine geringfũgige Dienste /mit welchen Euer Durchl. ich ja als ein angebohrner Untertahn aus Pflicht verbunden bin / können von derselben durchaus keine Belohnung verdienen / und wann sie es ja verdieneten / währen sie viel tausendfach schon vergolten. Wir wollen uns hierüber vor dißmahl nicht zanken / antwortete sie / helffet vielmehr / daß meines Frauenzimmers eine in etwas gekleidet werde / damit sie zu mir kom?e / und die Füsse loßknüpfe. Ganz willig und gerne / sagte er /warf seine Rüstung hinweg / sprang auffs Pferd / und rante spornstreichs nach dem Lager / da er die Gutsche / auff welcher Libussa samt Brelen / Euphrosynen und Agathen beyeinander fassen / und wegen des erhaltenen Sieges sich hoch freueten / aufs allerschnelleste ihm folgen hieß / auch Neda und Markus einen Wink gab mitzureiten. Unterdessen hatte Klodius sich vor dem Fräulein nidergelegt / mit gar untertähnigen Worten ihre Wiederwertigkeit beklaget / und sehr gebehten / ihre Durchl. wolte den unwerdesten Klodius / welcher dem Könige Ladisla und GroßFũrsten Herkules eine zeitlang auffzuwarten / das hohe Glük gehabt / unter die Zahl ihrer geringsten / wiewol allergeträuesten Knechte auffnehmen. Mein lieber Freund Klodius / antwortete sie / meynet ihr / daß mein Oheim und Bruder mir eure redliche Tråue und aufrichtige Dienste ungemeldet gelassen? euer bereitwilliges Herz gegen dieselben / zeiget ihr ja ũberflüssig an / indem ihr euer Vaterland und Güter verlassend / ihnẽ biß hieher zu Wasser und Lande gefolget seyd / welches sie schon werden zuvergelten wissen /und ich mich zugleich mit ihnen bemühen wil / euch der Mühe zuergetzen; aber lieber saget mir / wie gehet es meines Herrn Bruders Gemahl Königin Sophien /meiner höchstgeliebeten Fr. Schwester? Sehr wol /Gott Lob / antwortete er / welches vielleicht angenehmere Bohten mit schrifftlichen Zeugnissen werden auffzulegen haben. Indem kam die Gutsche daher gerennet / welche Leches öffnete / und zu dem Frauenzimmer sagete: Heraus / und löset einer gefangenen die mit höchstem Unrecht gebundene Füsse / welche zuberühren kein Mannesbilde unter uns wirdig ist. Libussa saß im Aushange / sprang geschwinde hervor /und eilete nach der Fräulein Sänffte / erkennete alsbald ihr Angesicht / und fiel vor unmässiger Freude als eine Leiche auf Klodius / welcher ihr zur seite stund. Brela ersahe solches / wuste nicht / was vor schnelle Ohmacht sie niderwarff / kuckete in die Sänffte / und indem sie das Fräulein erblickete / stürzete sie gleich neben Libussen nider; dessen Valiska sich entsetzete / und die umstehende baht / ihnen Erquickung mitzuteilen; welches Agatha mit fleiß verrichtete; Euphrosyne aber / von Fabius vernehmend /daß sie das Fräulein währe / fassete mit sonderbahrer Liebligkeit ihre Hände / küssete und drückete sie /und fing also an: O du glükselige Euphrosyne / die du wirdig bist / dieser allertrefflichsten Fräulein auffzuwarten / nach deren Kundschafft man so lange Zeit vergeblich hat seuffzen müssen. Aber O du gräulicher Bluthund / Wũterich und Erzbösewicht / welche Löuin hat dich geworffen / welches Tigertihr[956] hat dich gesäuget und aufferzogen / daß du diese Soñe der Vollkommenheit hast fesseln und binden können? Verzeihet / bitte ich / Durchleuchtiges uñ unvergleichliches Fräulein / mir / euer Durchl. untertähnigst-ergebener Magd Euphrosynen / daß dieselbe ohn Ihrer Durchl. Befehl sich zur Bedien- und Auffwartung anträget / ehe sie vor dũchtig erkläret ist / und lasset gnädigst wissen / womit Euer Durchl. sie etwa möchte dienen können. Aber O ich unbesoñene / sagte sie; lief hin nach der Gutsche / in welcher ihre KleiderLade stund / daraus nam sie einen Himmelblauen UnterRok mit Silber durch und durch gesticket / uñ ein Oberkleid aus einem hellscheinenden SilberStücke gemacht; auch gestickete Schuch und Seidene Strümpffe / und trug ihr solches alles zu / da inzwischen die anwesende Mannesbilder einen Abtrit nahmen / und Euphrosyne nach gebehtener Verzeihung den ReitRok hinweg warff / und ihrer vollkommenen Leibes Schönheit sich nit gnug verwundern kunte / da dz Fräulein also zu ihr anfing: Allerliebste Freundin /mein Oheim Herkules hat eure Tugend und Freundligkeit mir nicht vergeblich gerühmet; aber was hat euch meine geliebte doch immer und ewig bewogen / diese beschwerliche Reise zutuhn / vor welcher sich auch die herzhaftesten Männer entsetzen. Durchl. Fräulein /antwortete sie: Diese Frage wil ich hernach weitleuftig beantworten; welches sie in Gedanken redete / dañ sie hatte sich an ihrer Schönheit gar vergaffet / und des Strickes an ihren Füssen nicht wahr genom?en / daß Valiska endlich zu ihr sagete: Herzgeliebete Freundin / leihet mir ein Messer / daß ich meine Füsse frey mache / welche sie der hinte umb zwolff Uhr also gebunden sind. O du blinde Euphrosyne / fing sie zu ihr selber an / wo hastu deine Augen und Gedanken? zog hiemit ihr kleines Messerlein hervor / und sägete damit / biß sie endlich gewan; kũssete hernach die Füsse / und sagete: O Durchleuchtigster GroßFürst Herkules / was vor ein Meister-Bilde hat der Him?el euch vorbehalten? und wañ dieses Fräulein ungebohren währe / würde keine andere dieser Welt euer Liebe wirdig seyn. Valiska trug grosse beliebung an ihrem Liebkosen / weil sie sahe / dz es ohn falsch von Herzen ging / und antwortete ihr: Allerliebste Freundin / ihr erhebt mich weit über meine gültigkeit / dann ich selbst schätze mich dieses Fürsten / ach dieses teuren Fürsten / noch lange nicht wert. So tuhe ichs aber / gnädigstes Fräulein / sagte sie / uñ alle Menschen / welche eure Durchl. keñen /werden solches tuhn; dañ ob gleich GroßFürst Herkules ohn seines gleichen / so viel Mañesbilder betrift /lebet / so hat er doch / Gott Lob / eine gleiche unter den Fräulein / welches dem ganzen weiblichen Geschlechte ein unsterblicher Ruhm seyn und ewig bleiben muß. Als nun Valiska ihr die Kleider wolte anlegen lassen / hatte Agatha durch viel bemühung und zutuhn etlicher ihrer Mägde / Libussen und Brelen wieder zu sich selber gebracht / welche sich erhoben /und ũber das Fräulein herfielen / ob hätten sie dieselbe erdrücken wollen / welches / angesehen ihrer geträuen Liebe / sie ihnen durchaus nicht vor übel hielt; nur erinnerte sie dieselben / sich in der Heftigkeit ihrer Freude zu mässigen. Wie? sagte sie zu ihnen; kom?et ihr deßwegen zu mir / mich mit eurer Ohmacht zubetrüben / und mit euren Trähnen zuersticken / da ich meinete / an euch als meinen vertrautesten Freundiñen / und eine Zeitlang mitgefangenen /nun aber miterlöseten mich frölich zuergetzen? Zwar wañ der barmherzige Gott euch und das Heer nicht zu so glüklicher Stunde hätte hergefũhret / würdet ihr Ursach zu euren Trähnen gefunden habẽ / nehmlich entweder meinen todten Leichnam / oder mich als eine geschändete / oder wol beydes zubeweinen; aber gleich wie der Menschen Dieb mit solchem Vorsaz umbging / hat[957] ihn Gott durch eure Zukunfft daran verhindert; des freuet euch mit mir / und lasset alle Traurigkeit fahren. Hierauff erhohleten sie sich endlich /da jede von ihnen der Fräulein eine Hand fassete / und Libussa also anfing: O mein gnädigstes und über Seel giliebetes Fräulein; muß ich dann ihre Durchl. in einem elendern Stande antreffen / als ich sie leztmahl verlassen habe? solches sey dem gerechten Gott geklaget; Aber O du Grund Schelm / was vor Straffen wird der allergrausamste Henker er siñen können /damit dir nach Verdienst gelohnet werde? Gib dich mit mir zufriedẽ / liebes Kind / sagte das Fräulein /ich bin zwar heut in dem allerelendesten Stande meines ganzen Lebens gewesen / so daß mein Ochsen-und Hunde-Streit / mein Pragischer Moldau-Sprung /und Italiänische Gefängnis hier gegen fast nichts zuachten; aber Gott Lob / Gott Lob / ohn einige wirkliche Verletzung meiner Ehren; daher wollen wirs als ungeschehen / oder doch als überwunden halten / auff dz unsere gebührliche Freude nicht gestöret werde; richtete sich damit auff / und ließ sich von ihnen beyden nach begehren küssen und umfahen. Weil sie aber sahe / daß kein Auffhören da wahr / sagte sie endlich: Sol ich dañ den ganzen Tag alhie vor euch nacket liegen? Hastu vergessen / Libussa / wie bald du mich /wann ich auffstund / zubekleiden pflegtest? Ja ja /mein Herzallerliebstes Fräulein / antwortete sie / ich bin nun vergnüget / daß Eure Gn. ich wiederhabe; gönnet mir aber doch das zubesehen / wornach meine Seele so grosses verlangen getragen hat. Euphrosyne nam den UnterRok / und legte ihr denselben an; Brela suchte die Strũmpffe und Schuch hervor und bekleidete ihr die Beine; Libussa ergreiff das Oberkleid / und zohe ihr solches an / und indem sie ihr den Busem verschnürete / raunete sie ihr sanffte ins Ohr: Ach daß Herkules dieses an meiner Stelle verrichten solte; sie aber gab ihr zur Wieder Antwort: Wann du ihm solches als zum ersten mahl wünschest / bistu zu spät kommen; zum lezten mahle aber würde es viel zu früh seyn. Ey Gott Lob / sagte Libussa überlaut / so wollen wir der jetzigen Widerwertigkeit vergessen; fassete das Fräulein unter die Arme / und zohe sie aus der Sänffte hervor / da der ankom?enden Freude erst recht loß ging; in sonderheit bey Libussen und Brelen / als sie diese in so treflicher Volkommenheit vor sich stehen sahen / und vor Wollust nicht wusten / was sie anfahen solten. Agatha trat auch herbey / und ergab sich dem Fräulein zu Dienste; und weil sie und Euphrosyne gleich neben einander stunden / redete sie alle beyde also an: Ihr meine grundgeliebete Freundinnen; wie hoch ich euch verbunden bin / weiß ich sehr wol; aber wie ich mich loswirken möge / sehe ich nicht / es währe dann / dz ihr meinen beharlichen Freundes-Willen / und die mögliche Erstattung vor gültig erkennen wollet; Ihr Fr. Agatha habt mir meinen einigen herzallerliebsten Bruder vom Tode erlöset / und euch darüber in solche Gefahr gesetzet / die euch bey nahe zu staub und Asche verbrennet hätte; was hätte eine geträue Freundin mehr tuhn können? Ihr Fr. Euphrosyne habt meinem höchstgeliebeten Oheim / Schaz / und versprochenen Bräutigamb die Hände loßgebunden / und dadurch ihn von dem Henker-Schwert frey gemacht; worüber ihr schier selbst von eurem ungeträuen Ehegatten entleibet währet; was hätte eine Schwester heilsamers verrichten können? Vor solche Woltahten sage ich euch von herzen dank / und werde zeit meines Lebens mich bemühen /es mehr in der Taht / als prächtigen Worten erscheinen zulassen / wie hoch ich diese eure Woltahten schätze. Durchl. Fräulein / antwortete Euphrosyne /haben wir beyde einen aufrichtigen Willen gehabt /den beyden fröm?esten und redlichsten Fürsten der Welt untertähnigste Dienste zuleistẽ / so ist doch derselbe so unkräftig gewesen / dz ausser seufzen uñ wünschen er nichts hat verrichten mögen; hingegẽ sind wir alle beyde von höchstgedachten teurẽ Fürstẽ vom Tode uñ Verderbẽ gerettet / uñ in gutẽ Wolstand gesetzet; wir sind durch sie zu grossem Reichtuhm uñ ädlen from?en Ehegatten gebracht / dz uns allerdinge unmöglich ist / solche Woltaht recht zuerkeñen / geschweige zuvergelten; und nun wil eure Durchl. gnädigstes Fräulein / uns mit neuem ganz unverdienten erbieten / dessen wir allerdinge unfähig sind / in unsern dankschuldigen Gedanken irre machen; köñen wir vor Dienerinnen angenom?en und gewirdiget werden / so haben wir den höchsten Zweg unser gewünschten Glükseligkeit erreichet / ein mehres / wie wirs nicht fassen können / also vermögen wir auch nicht / es zuertragen; bitten umb beharliche Gnade /uñ verbleiben untertähnigst gehorsam. Das Fräulein wolte solches beantworten / aber Kleofis / der die Zeit in der Sänfte zu lange wehren wolte / steckete den Kopff hervor / und rieff mit lieblicher Stim?e; Gnädigstes Fräulein / wir euer Durchl. untertähnigste[958] Dieneriñen / erfreuen uns derselben glüklichen Errettung von Herzẽ / demühtigst bittend / uns bey dem anwesenden fremden Frauenzim?er etwa ein geringes Kleid loßzumachen / damit wir uns ein wenig bedecken mögen. O ja / sagte Valiska; und muste Libussa alsbald mit der Gutsche nach dem Lager rennen /unter welcher Zeit Neda raum bekam / bey dem Fräulein sich zumelden / welchen sie also empfing: Ich weis nicht / mein Freund / ob ich euch mit kühnen Augen ansehen darff / in betrachtung / der euch von mir angefügeten Unbilligkeit / daß ich eure liebste Brelen genöhtiget / sich einem andern zuergeben /wiewol bald nach ihrem abscheide mich solches sehr gereuet hat / uñ gefält mir überaus wol / daß ihrs so habt können über euch hingehen lassen / und nicht destoweniger / wie ich merke / der Brelen Freund seyn; ich kan nicht mehr / als mich erbieten / es nach mögligkeit in andere Wege zuersetzẽ Brela solches hörend / fing an zu schmuzern; er aber gab zur Antwort; Durchl. Fräulein / daß dieselbe meine versprochene Brelen jensmahl an den MeerRäuber Alexander verlobet / bedanke ich mich untertähnigst / als wodurch dieselbe mir wieder eingeliefert ist / massen dieser Reise-Bräutigam nicht allein mein Brelichen ohn alle anfechtung ihrer Zucht / nach Padua wol übergebracht / sondern auch in der Stunde meiner Ankunft daselbst / mir dieselbe ohn einige Wiederrede / mit allen seinen Gütern übergelassen. O daß mus wol ein redlicher from?er Alexander seyn / sagte Valiska. Ja / antwortete er / ich habe ihn nicht anders als from gekant. Brela kunte solchen Spot nicht wol leiden / uñ sagte zu ihm; habt ihr eure Zusage jenseit des Meers getahn / schon vergessen? erzählete auch dem Fräulein / was gestalt Alexander des Tages vor dem angesetzten Beylager umbkom?en währe. Libussa kam mit den Kleidern wieder an / lieferte sie dem entblösseten Frauenzim?er / uñ meldete dem Fräulein vieltausend grüsse an von Prag und Padua / lockete sie auch von der Geselschaft abe / umb mit ihr allein zu reden / da sie ihr nit allein zuvernehmen gab / wie herzlich ihre Fr. Mutter sich über ihre künftige Heyraht mit Herkules erfreuete / sondern auch / was gestalt der junge Frankische GroßFürst aber eins um ihre Heyraht geworben / und bey der Gesandschaft selbst als ein Schreiber gewest / hätte anfangs ihre Entführung vor ein Geticht gehalten / nachgehends seine Ohmacht darüber sehen lassen / und währe zu Prag die Zeitung erschollen / daß er vor grosser Liebe in eine Unsinnigkeit gerahten / und unter Ketten und Banden in einem verschlossenen Gewölbe müste gehalten werden / gäbe vor / er währe GroßFürst Herkules / und müste den Franken Markomir erwürgen / darumb daß er ihm nach seinem Gemahl stünde / ihm dasselbe abzuspenstigen. Sie hörete solches mit entsetzen / und sagte; Es ist mir dieses jungen FürstenUnfal herzlich leid / weil ichs aber nicht zuendern / vielweniger ihn zuvergnügen weiß / mus man solches dem lieben Gott heim stellen / welchen ich inbrünstig anruffen wil /daß er ihm seine Vernunft wieder heilen / und die vergeblichen liebes Flam?en in seiner Seele außlöschen wolle. Ich kan mich aber mit dieser Zeitung vor dismahl nicht ängsten / weil ich nicht weiß / ob mein voriges Elend oder die jetzige Freude grösser ist / nachdem ich nicht allein der meinen Gesundheit und Wolergehen nach geschehener Erlösung erfahren / sondern meinen H. Schwager und Bruder H. Fabius angetroffen / und dich meine allergeträueste alte Trösterin wieder bey mir habe; zweifele auch nicht / du werdest mit deinem Leches schon beygeleget seyn; Ist daß fragens wert / Gn. Fräulein / antwortete sie /; ich habe wol gewust / und bin ich niemahls auff eure Gn. zorniger gewesen / als das sie mich vor meiner Gn. Königin so beschämet / daß ich umb das schleunige Beylager selbst habe anhalten müssen Hastu mir aber gehorsamet / fragete Valiska. Was solte ich nicht gehorsamet haben / sagte sie / lieber hätte ich ihn selbst darzu gebehten / ehe euer Gn. Hulde ich mich verlustig machen wollen / wiewol ich mich deßwegen von meinen Gespielen auff dieser Reise rechtschaffen habe leiden müssen; doch die Warheit zu sagen / wahr mirs eben so hart nicht zu wieder / als ich michs äusserlich annam. Valiska lachete ihrer lezten Worte und sagete: So wirstu nun erkennen / daß ichs gut mit dir gemeinet habe; wie anders? antwortete sie / wann nur meiner ehemahligen Freiheit nach / ich fragen dürfte /wovor eure Gn. ich nunmehr halten solte / und zwar in vertrauen. Sie wolte mit ihr scherzen / und wieder antwortete; Bistu so lange mit mir umbgangen / und weist noch nicht / wovor du mich halten solt? weistu nicht / daß ich Valiska bin? ja weistu nicht daß ich das Königliche Fräulein aus Böhmen bin? endlich /weistu nicht / daß ich der geraubete Herkuliskus bin? ich halte / du werdest dein Gedächtnis zu Padua vertauschet / oder es deinem Leches[959] samt deinem Brautschatze geschenket haben. Diese machete ihr wegen des lezten Worts Gedanken / und sagete: Ich bitte umb gn. verzeihung / daß euer Durchl. vor den übermässigen übergeschikten Brautschaz ich annoch nicht gedanket habe. Davor wil ich keinen Dank haben /antwortete sie / ist dir auch nicht als ein Brautschaz zugeschikt / massen denselben ich dir erst in Böhmen oder Teutschland geben wil. Aber weistu nun wieder /wovor du mich halten solt? wie solte ichs wissen? antwortete sie / habt ich euer Gn. hieselbst gehütet als zu Prag? Du loser Sak / sagte Valiska / habe ich mich dañ zu Prag also bezeiget / daß ich einer Hüterin bedurft hätte? Darauf wil ich nicht antworten / sagte Libussa / eure Gn. sagen mir dann zuvor in vertrauen /wovor ich als die verschwiegene geheime Libussa dieselbe halten sol. Ich muß dir wol beichten / antwortete sie / wil ich sonst friede und deine Gnade haben; aber wie würde dirs gefallen / wann ich dir anvertrauete /daß ich schon in geheim von 20 Wochen her / meines allerliebsten Herkules Gemahl bin? Ich bin vergnüget / sagte jene: Aber eriñert sie sich auch gnädigst / was in ihrem grossen trübsal wegen Herkules Verlustes und Abwesenheit ich ihr stets einbildete? O ja mein herzliebes Kind / O ja / sagte sie / ich erlüstige mich an meinem Herkules nie keinmahl / daß ich deines Trostes nicht gedenken solte / habe auch in der Taht erfahren / daß keine liebes vergnügung süsser und erquiklicher sein kan / als die mit Angst und Gefahr erlanget wird; aber mein Herzen Kind / möchtestu nun erst meinen Herkules sehen / wie seine Trefligkeit inwendig drey Jahren zugenommen hat! Wie nun mein Fräulein / antwortete sie / hat dann eure Gn. ihrem Herkules auch die Gedächtnis samt dem Brautschatze geschenket? Ich bin ja bey ihm gewesen / da er mich aus Räuber Händen erlöset. O ich unbedachtsame /sagte Valiska weiß ich doch selber nicht / was ich vor freuden rede; doch höre; wirstu auch deinen Schaz den damahligen Räuber Gallus ohn Scham ansehen können / daß du ihm so ungeträu gewesen / uñ Leches angenom?en hast? dann ich versichere dich / daß dieser meines Herkules und mein liebester Diener ist. So mus ich ihn wol vor meinen Augen leiden / antwortete sie / und hat mir Brela solches schon angezeiget / daß Fürst Herkules ihn fast als sein ander Herz halte. Nicht vielanders / sagte das Fräulein / und währe Leches nicht in der Besitzung / müstestu ihm dein versprechen wol halten. Libussa lachete / und kam wieder auff die alten Geschichte / da sie unter andern fragete: Ach mein wunderschönstes Fräulein / wil sie mir dann nunmehr meine oftgetahne Frage beantworten / was ihre Gedanken wahren / da ich ihr des allerschönsten Herkules zarte Arme / wie er schlieff / zum erstenmahl zeigete? Das Fräulein gab ihr einen liebes Backenstreich / antwortend; must du noch mit deinen alten Schmeichelnahmen umb dich werffen? Diese küssete ihr die Hand / und sagete: O des lieben und sanften Schlages / daß ich den nun wieder auffs neue bekommen habe; aber bekennet mir mein Fräulein /bekennet wornach ich frage. Eja doch / antwortete sie / ich weiß doch wol / daß du mein innerstes Herz allemahl sehen und wissen wilt / und fragest nach einem Wege / der dir schon gnug bekant ist / wie nehmlich meine dazumahl kindische Seele / mit freuden angefüllet ward / durch eine Liebe / welche sider dem ohn auffhören gewachsen / und noch diese Stunde zuwachsen nicht auffhöret. Aber wir müssen nicht zu lange unser Gewäsche treiben / weil die übrigen mirs verargen könten. Markus hatte bißher seine Schuldigkeit bey ihr noch nicht abgelegt / welcher anjezt zu ihr trat / und sehr wol empfangen ward. Endlich fassete sie Herrn Fabius bey der Linken / und Libussen bey der rechten Hand / nöhtigte sie mit sich auff die Gutsche / und fuhr mit ihnen nach dem KriegsHeer / dem ihre Anwesenheit schon zu wissen getahn wahr /daher sie von ihnen mit einem grossen Freuden-Geschrey empfangen ward.


Ende des Vierden Buchs / und des Ersten Teils

Des Christlichen Teutschen Herkules.[960]

Quelle:
Andreas Heinrich Buchholtz: Des Christlichen Teutschen Großfürsten Herkules Und Der Böhmischen Königlichen Fräulein Valiska Wunder-Geschichte. 6 Bücher in 2 Teilen, Teil 2, Braunschweig 1659/60.
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