31.

[128] In Steinhude soll einmal eine reiche, reiche Frau gewesen sein; als die zum Sterben kam, fragte sie den Pastor: ob er wohl glaubte, daß sie ihr Geld in jene Welt mitnehmen könnte und da auch reich und vornehm wäre? Da hat der Pastor gesagt: »Das wäre nicht möglich; sie sollte lieber an ihrer Seelen Seligkeit denken!« Darüber ist die Frau in großen Zorn gekommen, weil das Gold ihr Alles war, und sie hat geschrieen: »Scher dich aus meinem Hause, du Pfaff! Du lügst! Du lügst!« Sie hat dann ihren Dienern streng befohlen, ihr, wenn sie sterben sollte, das Gold mit in den Sarg zu geben. Das haben sie denn auch gethan und es ihr im Sarge unter den Kopf gelegt. Als nun am Morgen die Träger auf die Hausflur traten, den Sarg zu schliessen, saß da zu Häupten der todten Frau ein schwarzes Hündlein, das schöpfte aus einem Tiegel das geschmolzene Gold und goß es ihr mit einem Löffel in den Mund. Da haben die Leute rasch den Sargdeckel zugeklappt und die Leiche fortgetragen. Das Hündlein wird aber wohl der Teufel gewesen sein.

Quelle:
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. München 1910, S. 128.
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