52.

[141] Bei Wiedensahl in der Hespe (Weg aus dem Dorfe nach Kloster Loccum), nahe hinter der Länderfläche, welche die »Wîëme« heißt, haben in alter Zeit zwei Fräulein gewohnt, denen die Wiedensahler zu Diensten und Abgaben verpflichtet waren. Diese zwei Fräulein sind einst von da weggezogen nach Sachsenhagen, haben aber vorher den nahegelegenen Wald an die Gemeinde Wiedensahl geschenkt und das Land an die Pfarre. Ob nun wohl zu jetziger Zeit in der Hespe von Wohngebäuden nicht die Spur mehr zu finden ist, so wollen alte Leute doch behaupten, daß der Brunnen jener zwei Fräulein nur mit Rasen bedeckt, sonst aber noch wohl erhalten sei.[141] Weil nun die Fräulein von Sachsenhagen nach Bokeloh gezogen und da gestorben sind, so hat es sich zugetragen, daß die Abgaben lange Zeit nicht eingefordert wurden, auch hätte wahrscheinlich niemand sich je darum gekümmert; aber da kam einst ein Wiedensahler Bürgermeister auf den gescheuten Einfall, es könne doch bös werden, wenn vielleicht einmal die rückständigen Gelder von der langen Zeit her auf eins eingezahlt werden müßten; er ging darum an das Amt zu Bokeloh, wegen der Sache anzufragen. Da haben sie ihm den Bescheid gegeben, daß die Wiedensahler, weil sie es denn einmal so gerne wollten, die Abgaben nur immerhin an das Amt Bokeloh bringen möchten; sie würden sie da gerne annehmen. Darum müssen die Wiedensahler noch heutigen Tages an das Amt Bockeloh Abgaben bezahlen, widrigenfalls es nicht vergessen wird, sie von dort her einzufordern.

Quelle:
Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. München 1910, S. 141-142.
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