Dritte Liebe

[43] 1. Meine Freunde und Gesellen

Haben mich dazu verleitet,

Daß zu den Kasinobällen

Ich sie neuerdings begleitet.


Leicht und krinolinen-luftig,

Halb gefühlt und halb gesehen,

Fein eau-de-Cologne-duftig

Spürt' ich ihr Vorüberwehen.


Kaum daß in den Saal wir kamen,

Fühlt' ich schon mein Herz erbeben,

Denn die schönste aller Damen

Sah ich leicht vorüberschweben.


Ihre Wange war umgaukelt

Von den Locken, lang und lose,

Und als wie auf Wellen schaukelt'

Ihr am Busen eine Rose.
[43]

Und das Aug', das feurig matte, –

Ja! ich mußt' sie engagieren.

Eilig zupft ich die Krawatte,

Würdig mich zu präparieren.


2. Ach! Wie ist mir nur geschehen?! –

Ihn, den ich schon lange scheute,

Hatt' ich gänzlich übersehen,

Jenen Herrn an ihrer Seite.


Er fixierte mich so listig

Mit vertrautem Augenzwinken;

Und, weiß Gott! mir war, als müßt' ich

Spurlos in den Boden sinken. –


Heimlich bin ich fortgeschlichen. –

Jener Herr – so war es leider! –

Dem ich lang schon ausgewichen,

War ihr Vater und – mein Schneider.


Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 1, Hamburg 1959, S. 43-44.
Lizenz: