Zweite Scene.

[43] Ein anderes Gemach.

Manfred. Hermann.


HERMANN.

Ihr hießt um Sonnenuntergang mich warten;

Sie neigt sich hinter das Gebirge.

MANFRED.

Schon?

Ich will sie sehn.


Er tritt ans Fenster.


Glorreicher Ball! der Abgott[43]

Der jungen Welt, der starken, unerkrankten

Urmenschheit, – Riesensöhn' aus der Umarmung

Von Engeln und von Weibern, welche, schöner

Als Engel, die verführten Geister lockten

Zur Erde, bis sie nie rückkehren konnten.

Glorreicher Ball! du wurdest angebetet,

Eh' deiner Schöpfung Rätsel offenbart war.

Du frühster Bote des Allmächtigen!

Du machtest auf Chaldäas Bergeshöhn

Das Herz der Hirten fröhlich, bis in Psalmen

Sie sich ergossen. Du sichtbarer Gott

Und Stellvertreter jenes Unbekannten,

Der dich zum Schatten wählte! – Haupt der Sterne

Und Centrum vieler Sterne, das der Erde

Bestand verleiht und mildert Farb' und Herz

All derer, die in deinen Strahlen wandeln!

Vater der Jahreszeiten! Fürst der Zonen

Und dessen, was drin lebt! – Denn fern und nah

Hat eine Färbung unser Geist von dir,

Wie unser äußrer Leib. – Du gehest auf

Und scheinst und sinkst in Herrlichkeit! – Lebwohl;

Ich seh' dich heut zuletzt. Mein erster Blick

Voll Lieb' und Staunen war für dich, – so nimm

Den letzten auch! nie wirst du Einem leuchten,

Dem das Geschenk des Lebens und der Wärme

Verhängnißvoller war. – Sie ist hinab...

Ich folge.

Er geht.


Quelle:
Lord Byrons Werke. Berlin 1877, Band 4, S. 43-44.
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Manfred. Ein dramatisches Gedicht. Englisch und Deutsch