Dritter Aufzug


[561] Gebirg und Wald; im Hintergrund eine Höhle. Cyprianus tritt aus der Höhle hervor.


CYPRIANUS.

Heut, undankbare Schöne,

Erscheint der Tag der frohen Jubeltöne,

Der Hoffnung Ziel, der Liebe

Termin, die Frist des Wandels deiner Triebe;

Denn heute zu begehen

Hoff ich das Siegsfest über dein Verschmähen.

Der Berg hier, dessen Stirne

Emporragt bis zur Festung der Gestirne,

Und dieser Höhle Grausen,

Ein düstres Grab, wo zwei Lebend'ge hausen,

Sie sind die rauhe Schule,

Wo ich Magie erlernt am Lehrerstuhle;

Und so besitz ich diese,

Daß ich den Meister selbst wohl unterwiese.

Und sehend, daß die Sonne heut ihr Wandern

Von einer Sphäre hat vollbracht zur andern,

Tret ich aus meinem Kerker, um am Lichte

Zu schaun, was ich vermag, was ich verrichte.

Du reiner Himmel dorten,

Merk auf die Kraft von meinen Zauberworten!

Du Luft, dein lindes Kosen[561]

Halt ein bei meiner Stimme mächt'gem Tosen!

Du starre Felsenmauer,

Beb auf bei meines Donnerrufes Schauer!

Ihr grünen Waldessöhne,

Erzitternd hört mein schreckenvoll Gestöhne!

Ihr blühnden Pflanzen alle,

Erbangt vor meiner Klagen Widerhalle!

Hold singend Haingefieder,

Schreck meiner Wunder hemme deine Lieder!

Du Wild im Waldesgrauen,

Komm, meiner Arbeit Erstlinge zu schauen!

Und blind, von Furcht beklommen,

Verwirrt, unruhig, mutlos, angstentglommen,

Staunt solcher Wissenschaft, ihr Himmel, Lüfte,

Wild, Vögel, Bäume, Pflanzen, Felsenklüfte!

Denn nicht die Frucht entbehren

Soll Cyprianus von der Hölle Lehren.


Der Dämon tritt auf.


DÄMON.

Wie? Cyprianus?

CYPRIANUS.

O mein weiser Meister!

DÄMON.

Weshalb, befolgend deine Willkür dreister,

Als was ich vorgeschrieben,

Von welchem Zwecke, Grunde, Wunsch getrieben,

Frech oder unbesonnen,

Trittst du hervor ans helle Licht der Sonnen?

CYPRIANUS.

Da ich mich seh imstande,

Zu schrecken schon des Abgrunds düstre Lande,

Weil ich mit solchem Streben

Mich der Magie ergeben,

Daß auch du selbst mußt sagen,[562]

Du kannst mir gleichen, nicht mich überragen;

Da ich mich seh im wahren

Besitz all ihrer Teile, durch Gefahren,

Müh und Beschwerd errungen,

Weil die Nekromantie ich ganz durchdrungen,

Durch deren düstre Klänge

Ich mir zu öffnen weiß der Gräber Enge

Und mache, daß gebären

Ihr Schoß die Leichen muß, die dort vom schweren,

Hartnäck'gen Druck der alten

Tyrannin Erd habsüchtig festgehalten,

Und daß die bleichen Toten

Mir Antwort geben, wie ich es geboten;

Und da ich seh, es endet

Der Sonne Lauf, der mir zur Frist gespendet,

Weil sie – die jeden Tag, nach ihrem Wahne,

Auf weitem Himmelsplane

Forteilt mit raschem Gange,

Und dennoch, trotz dem angebornen Drange,

Zurück, sich selbst ein Staunen, immer weichet –

Heut das verhängte Jahresziel erreichet:

So soll mir nun der bangen

Drangsale Lohn herbeiziehn mein Verlangen.

Heut wird die seltne Schönheit, der ich diene,

Die göttliche Justine,

Wenn sie den Ruf vernommen

Der mächt'gen Lieb, an meinen Busen kommen;

Denn länger nicht verschieben

Will ich Befried'gung meinen heißen Trieben.

DÄMON.

Kann dies dein Sehnen lindern,

So will ich die Befriedigung nicht hindern.

Drück ein dem Erdengrunde

Die stumme Zeichenschrift, die Luft verwunde

Mit schneidender Beschwörung,

Zu deiner Hoffnung, deiner Lieb Erhörung.[563]

CYPRIANUS.

Wohlan, bald sollst du schauen,

Daß Erd und Himmel ich versenk in Grauen.


Ab.


DÄMON.

Es sei dir unverwehret,

Weil dein und meine Wissenschaft mich lehret,

Daß, folgsam deinem Worte,

Die wilde Hölle dir an diesem Orte

Durch mich und mein Vergönnen

Justinas Reiz wird überliefern können.

Denn kann mein mächtig Walten

Den freien Willen nicht in Knechtschaft halten,

Doch kann es ihm Genüsse

Von solchem Reiz vorspiegeln, daß er müsse

Sich fangen in den Schlingen,

Und lenken kann ich ihn, wenn auch nicht zwingen.


Clarin kommt aus der Höhle.


CLARIN.

Heut, undankbarer Engel,

Nicht die vollkommne Livia, die voll Mängel,

Heut hoff ich zu erfahren,

Ob deine Lieb auch sein mag von den wahren;

G'nug werd ich ja verstehen,

Um, ob du keusch bist oder tust, zu sehen.

Denn seit ich hier verblieben,

Hab ich so eifrig die Magie getrieben,

Daß ich durch sie will sehn (o weh mir Armen!),

Ob du mich auch verrietst in Moscons Armen.

Wässriger Himmel (rein, sprach jener dorten),

Merk auf das Graun von meinen Zauberworten!

Gebirg...

DÄMON.

Clarin, was soll's?[564]

CLARIN.

O weiser Meister!

Ich ward durch die Gesellschaft solcher Geister

So stark in der Magie, daß sie mir endlich

Entdecken soll, ob Livia, unerkenntlich

So sehr wie schön, derweil ich hier mich plage,

Nicht manchmal mich betrügt an meinem Tage.

DÄMON.

Laß diese Narrenposse,

Und such im Dunkel jener Felskolosse

Nach deinem Herrn, damit von deinem Bangen

(Trägst du nach solchem Wunder ein Verlangen)

Du könnest dich befreien;

Denn einsam will ich sein.

CLARIN.

Und ich zu zweien;

Und wenn die hohe Gabe

Von deiner Kunst ich noch verdient nicht habe,

Weil ich dir freilich eben

Noch keine Schrift mit meinem Blut gegeben,


Er zieht ein schmutziges Schnupftuch hervor.


So schreib ich auf dies Leinen

(Kein reiners führt, wer oftmals pflegt zu weinen)

Jetzt den Kontrakt, und dir zum Mißbehagen

Will ich zuvor mich auf die Nase schlagen;

Es ist ja gleich viel nütze,

Ob's aus der Nas, ob's aus dem Arme spritze.


Er schlägt sich auf die Nase, daß sie blutet, und schreibt mit dem Finger auf das Schnupftuch.


Ich will, Clarin der Große, wenn ich sehen

Die Livia darf, dem Teufel zugestehen ...

DÄMON.

Ich will, du sollst enteilen,

Und deinen Herrn aufsuchen ohne Weilen.[565]

CLARIN.

Ich tu es, nur gelassen!

Denn weigerst du die Schrift, die abzufassen

Ich gerne bin erbötig,

So glaubst du sicher sie bei mir nicht nötig.


Ab.


DÄMON.

Auf, ihr, des Abgrunds Mächte,

Verzweiflungsvolles Reich der Höllennächte!

Aus eures Kerkers Enge

Entlasset eurer Geister geile Menge,

Und des Verderbens Fülle

Stürzt auf Justinas jungfräuliche Hülle!

In tausend Truggestalten

Laßt schändliche Phantome sich entfalten

Der keuschen Phantasie; von heißem Triebe

Schwell ihre Brust und öffne sich der Liebe

Beim süßen, luftdurchglühten

Wechselgesang der Vögel, Pflanzen, Blüten.

Nichts seh ihr Auge heute

Als nur der Liebe wonnevolle Beute;

Nichts soll ihr Ohr umschwirren

Als nur der Liebe zauberisches Girren,

Damit sie, unbeschützt von ihrem Glauben,

Den Cyprianus such in diesen Lauben,

Durch seine Kunst bewogen,

Durch meinen dunklen Geist herbeigezogen.

Beginnet jetzt; ich schweige,

Daß eur Gesang sein mächtig Wirken zeige.


Gesang hinter der Szene.


EINE STIMME.

Welches sind die schönsten Triebe

Dieses Lebens?

CHOR.

Liebe, Liebe!


Während des Gesanges geht der Dämon ab.

[566] Die Bühne verwandelt sich in Justinas Zimmer. Justina tritt auf in heftiger Unruhe.


EINE STIMME.

Alles wird in der Natur

Von der Liebe Glut getrieben;

Menschen leben, wo sie lieben,

Mehr, als wo sie atmen nur;

Bäum und Blumen auf der Flur,

Vögel in der Luft, sie leben

Ganz der Liebe hingegeben;

Folglich sind die schönsten Triebe

Dieses Lebens:

CHOR.

Liebe, Liebe!

JUSTINA.

Dunkles Hirngespinst, das mir

Schmeichelnd nahet, lind und leise,

Welchen Anlaß gab ich dir,

Daß du mich auf solche Weise

Quälst mit peinlicher Begier?

Was verhindert, daß ich bliebe,

Die ich war? Und was für Triebe,

Gluten, Flammen fühlt mein Herz?

Was ist dieser fremde Schmerz,

Der mich ängstigt?

EINE STIMME.

Liebe, Liebe!

JUSTINA.

Antwort, glaub ich, hat mir eben

Jene Nachtigall erteilt,

Die mit treuem Liebesstreben

Lockt den Gatten, der daneben

Auf dem Nachbaraste weilt.

Schweig, o schweige, Philomele!

Daß nicht, bei so süßem Harm,[567]

Ahnung in mein Herz sich stehle,

Wie erst fühlt des Menschen Seele,

Fühlt ein Vogel schon so warm! –

Nein, es war der Rebe Lied,

Die verlangend sucht und flieht,

Bis sie hält mit grünen Sprossen

Den geliebten Stamm umschlossen

Und ihn ganz bezwungen sieht.

Laß ab, Rebe, mir zu zeigen

Dein sehnsüchtiges Erwarmen!

Denn mir ahnt bei diesem Neigen,

Wenn sich Zweige so umarmen,

Wie erst Arme sich verzweigen. –

Aber war's die Rebe nicht,

War's die Blume wohl, die immer,

Schauend nach der Sonne Licht,

Wendet nach dem reinen Schimmer

Ihr verliebtes Angesicht.

Hemm, o Blume, dieses Sehnen,

Deiner Schönheit stillen Feind!

Denn es ahnt mein banges Wähnen,

Weinen Blätter solche Tränen,

Wie das Aug erst Tränen weint. –

Schweige, Sängerin im Wald!

Lös, o Rebe, dein Getriebe!

Wandelbare Blume, halt!

Oder nennt mir die Gewalt

Eures Zaubers!

CHOR.

Liebe, Liebe!

JUSTINA.

Liebe? Hab ich je getrachtet

Ihr zu huld'gen? Eitler Wahn!

Stets vergessen und verachtet

Hab ich, die für mich geschmachtet,

Lälius, Florus, Cyprian.[568]

Hab ich Lälius nicht verbannt?

Nicht verschmähet Florus' Hand,

Und den Cyprian durch Hohn

So geschreckt, daß er entflohn,

Von Verzweiflung übermannt,

Und ganz meinem Aug entschwunden? –

Aber, weh! ich glaube, hier

Hat den Anlaß aufgefunden

Meine sehnende Begier,

Um so frech mich zu verwunden.

Denn seit mir dies Wort entfuhr,

Daß er fern sei meinetwegen,

Fühl ich, weh mir! eine Spur

Fremder Qual in mir sich regen. –

Aber Mitleid war's wohl nur,

Weil ein Mann, so hoch geachtet

Von der Welt, die ihn umgab,

Nun durch mich vergessen schmachtet

und weil ich den Anlaß gab,

Daß solch Dunkel ihn umnachtet. –

Aber sollt es Mitleid sein,

Flößten dann nicht gleich Bedauern

Lälius mir und Florus ein,

Welche meinetwegen trauern

In des Kerkers rauher Pein?

Doch Gedanken, haltet ein!

Wenn allein schon Mitleid g'nüget,

Schließet nicht mit ihm Verein.

Denn so drängt mich eur Gelüste,

Daß ich zweifle, wehe mir!

Ob ich jetzt nicht, wenn ich wüßte,

Wo er ist, ihn suchen müßte.


Der Dämon tritt auf.


DÄMON.

Komm nur, komm! Ich sag es dir.[569]

JUSTINA.

Wer bist du, der sich vermißt,

Einzudringen in mein Zimmer,

Da es rings verschlossen ist?

Sag, ob du ein Blendwerk bist,

Meines Wahnsinns Truggeflimmer?

DÄMON.

Das nicht; sondern mich verbindet

Mitleid, da im mächt'gen Streite

Leidenschaft dich überwindet,

Daß ich an den Ort dich leite,

Wo sich Cyprian befindet.

JUSTINA.

Nimmer wird dir das gelingen;

Denn die Qual, die Leidenschaft,

Die mein schwach Gemüt durchdringen,

Konnten zwar den Sinn bezwingen,

Aber nicht die Willenskraft.

DÄMON.

Weil du's dachtest mit Verlangen,

Ist die Hälfte schon getan;

Da die Sünde nun begangen,

Nimm den Willen nicht gefangen

Auf schon halb durchschrittner Bahn.

JUSTINA.

Mich verwirret nicht dein Rat.

Ja, ich dacht es, und wohl hat

Schon begonnen, wer da denket;

Aber meine Willkür lenket

Den Gedanken nicht, die Tat.

Meinen Fuß muß ich bewegen,

Dir zu folgen; diesem nun

Setzt mein Wille sich entgegen.

Er vermag's; denn eins ist Tun

Und ein andres Überlegen.[570]

DÄMON.

Doch wenn fremde Wissenschaft

Wider dich, Justina, streitet:

Wie wird dir der Sieg verschafft,

Wenn mit solcher Macht sie leitet,

Daß sie zwingt der Schritte Kraft?

JUSTINA.

Um den Sieg mir zu erringen,

Steht mir freier Wille bei.

DÄMON.

Mein Zwang wehrt ihm das Vollbringen.

JUSTINA.

Wäre denn der Wille frei,

Wenn er je sich ließe zwingen?

DÄMON sucht vergebens sie fortzuziehen.

Komm, Genuß ist dir bereit.

JUSTINA.

Teuer müßt ich ihn erwerben.

DÄMON.

Er ist Fried und Seligkeit.

JUSTINA.

Er ist Elend und Verderben.

DÄMON.

Er ist Glück.

JUSTINA.

Ist bittres Leid.

DÄMON.

Ha, wer wird dir Schutz verleihn?

Schon bist du in meinen Banden!


Er zieht sie gewaltsamer.


JUSTINA.

Mein Schutz liegt bei Gott allein.

DÄMON sie loslassend.

Weib, der Sieg, der Sieg ist dein,

Weil dem Sieg du widerstanden.[571]

Aber da, wie sichtbar ist,

Gottes Arm dir dient zum Schilde,

Soll nun meiner Rache List

Dich entführen als Gebilde,

Weil du selbst gesichert bist.

Einen Geist send ich alsbald,

Welchen meiner Kunst Gewalt

Soll in deine Bildung kleiden,

Und durch diese Truggestalt

Sollst du Schimpf und Schmach erleiden.

Durch zwei Siege will ich zwier

Mich an deiner Tugend rächen:

Erst die Ehre raub ich dir,

Und ein Scheingenuß soll hier

Gelten für ein wahr Verbrechen.


Ab.


JUSTINA.

Hilf mir, Himmel, daß ich finde,

Schutz bei dir vor solchem Wüten!

Mache, daß der Schein verschwinde,

Wie die Flamme vor dem Winde

Und wie vor dem Frost die Blüten! –

Du kannst nicht ... Weh! Was geschah?

Zu wem sag ich dieses Wort?

War ein Mensch nicht eben da?

Ja – doch nein, leer ist der Ort;

Nein – und doch, ich sah ihn ja.

Kann er denn verschwunden sein?

Hat ihn meine Furcht geboren?

Die Gefahr dringt auf mich ein!

Vater! Herr! – Ich bin verloren! –

Livia, komm!


Lysander und Livia treten

von verschiedenen Seiten auf.


LYSANDER.

Welch Schrein?

LIVIA.

Welch Schrein?[572]

JUSTINA.

Saht ihr einen Mann, der sich –

Weh mir – fort soeben schlich?

O wie schreckt mich sein Erscheinen!

LYSANDER.

Hier ein Mann?

JUSTINA.

So saht ihr keinen?

LIVIA.

Herrin, nein.

JUSTINA.

Ich aber, ich.

LYSANDER.

Wie nur kann das sein, da immer

Ganz verschlossen war dies Zimmer?

LIVIA beiseite.

Sicher, daß sie Moscon sah,

Der in meiner Stube da

Sich versteckt.

LYSANDER.

Ein Truggeflimmer

Deiner regen Phantasie

Ist der Mann gewiß gewesen,

Blendwerk der Melancholie,

Das aus Sonnenstäubchen sie

Dir zusammen hat gelesen.

LIVIA.

Was mein Herr spricht, glaub ich dreist.

JUSTINA.

Nein, nicht täuschte sich mein Geist,

Und ich ahne größre Tücke,

Weil man, fühl ich, Stück für Stücke,

Aus der Brust das Herz mir reißt.

Irgendeine Zaubermacht,[573]

Die sich gegen mich verschworen,

Hatte mich so weit gebracht,

Daß ich sicher war verloren,

Hätte Gott mich nicht bewacht.

Aber Er wird mich behüten,

Und nicht einzig vor dem Wüten

Dieser mächt'gen Grausamkeit;

Meiner Unschuld stille Blüten

Schützet er vor jedem Leid.

Livia, gib den Mantel mir;

Denn ich will, bedrängt von Sorgen,

Zu dem Tempel gehn, wo wir

Gläub'ge Christen, still verborgen,

Uns versammeln.

LIVIA hängt ihr den Mantel um.

Er ist hier.

JUSTINA.

Mäß'gen wird die Glut sich dort,

Die mir tobt durch alle Glieder.

LYSANDER.

Ich geh mit zum heil'gen Ort.

LIVIA beiseite.

Und, gottlob, ich atme wieder,

Schaff ich sie nur endlich fort.

JUSTINA.

Himmel, dir vertrauet sich

Meine Tugend an; die Schwache

Schütze du!

LYSANDER.

Komm, fasse dich.

JUSTINA.

Dein, o Herr, ist meine Sache.

Auf! Verteid'ge dich und mich!


Lysander und Justina gehen ab.

[574] Moscon tritt auf, umherspürend.


MOSCON.

Gingen sie?

LIVIA.

Ich sah sie gehn.

MOSCON.

Das war Angst, ich muß gestehn.

LIVIA.

Aber wie war's möglich immer,

Daß du fortgingst aus dem Zimmer

Und vor ihr dich ließest sehn?

MOSCON.

Strafe Gott mich, meine Gute,

Ging ich aus dem Kämmerlein

Fort, auch nur auf die Minute.

LIVIA.

Wer kann jener Mann denn sein?

MOSCON.

Satan war's, wie ich vermute.

Was weiß ich? Doch mache dir

Deshalb, Schätzchen, keine Sorgen.

LIVIA seufzend.

Deshalb nicht!

MOSCON.

Was gibt's denn hier?

LIVIA.

Wie er fragt! Und ist mit mir

Einen ganzen Tag verborgen

Eingesperrt?


Weinend.


Und sieht er, hat

Nicht der andre, sein Kamrad,

Auch vonnöten, daß ich seine

Lange Trennung heut beweine,

Da ich's gestern gar nicht tat?

Darf mich treffen der Verdacht,[575]

Ich gehörte zu den Frechen,

Daß ein halb Jahr, zugebracht

In Entfernung, könne brechen

Den Vertrag, den ich gemacht?

MOSCON.

Halb Jahr? Da er weggeblieben

Und ihn schon ein ganzes bricht?

LIVIA.

Das ist falsch; denn angeschrieben

Hab ich ihm die Tage nicht,

Wo ich ihn nicht durfte lieben.

Denn wofern ich (wehe mir!)

Gab des Jahres Hälfte dir:

Wär's nicht ungerecht alsdann,

Schrieb ich ihm ein ganzes an?

MOSCON.

Falsche! Da ich dachte schier,

Du seist gänzlich mir ergeben,

Macht ein zartes Mitleid eben

Solche Rechnung?

LIVIA.

Moscon, ja;

Denn ist gleiche Rechnung da,

Das erhält der Freundschaft Leben.

MOSCON.

Morgen denn! Wie tröstlich ist

Treue mir von dem Kaliber!

Aber werde, da zur Frist

Du mein Wechselfieber bist,

Nicht mein überspringend Fieber.

LIVIA.

Nun, in mir, das siehst du ein,

Ist kein Arges.

MOSCON.

Wahrlich, nein![576]

LIVIA.

Heute siehst du mich nicht mehr;

Aber morgen, bitt ich sehr,

Laß kein Schicken nötig sein.


Beide ab.

Gebirg und Wald.

Cyprianus tritt auf, in Staunen versenkt;

Clarin folgt ihm lauschend.


CYPRIANUS.

Ja, es haben sich empört

In den Reichen des Azures

Die Heerscharen der Gestirne,

Denn sie wollen nicht mir huld'gen;

Ja, ein Aufruhr ist entstanden

In des Abgrunds tiefem Schlunde,

Denn er weigert den Gehorsam,

Der mir zukommt zum Tribute.

Tausendmal die Luft erschüttern

Meine mächt'gen Zauberrufe;

Tausendmal den Grund durchpflügen

Meine magischen Figuren,

Und doch zeigt sich die lebend'ge

Sonne nimmer, die ich suche,

Der lebend'ge Himmel, dessen

Harrt mein Arm.

CLARIN.

Ist das ein Wunder?

Denn schon tausendmal beschreib ich

Rings die Erde mit Figuren,

Und schon tausendmal betäub ich

Rings die Luft durch lautes Fluchen,

Und gleichfalls kommt Livia nicht.

CYPRIANUS.

Einmal noch soll meines Mundes[577]

Ruf ertönen: Auf, vernimm mich!

Komm, Justina!


Ein Phantom, in Justinas Gestalt und Kleidung, erscheint, wie in gewaltsamer Bewegung.


JUSTINA.

Schon, gezwungen

Von dem Ruf, den ich vernommen,

Eil ich durch des Bergwalds Dunkel.

Was begehrst du? Was begehrst du,

Cyprianus?

CYPRIANUS.

Ich verstumme!

JUSTINA.

Und da jetzt ich ...

CYPRIANUS.

Ich erstarre!

JUSTINA.

Auf die Weise ...

CYPRIANUS.

Weshalb stutz ich?

JUSTINA.

Wie mich Liebe fand ...

CYPRIANUS.

Was schreckt mich?

JUSTINA.

Bin gekommen ...

CYPRIANUS.

Was noch such ich?

JUSTINA.

Wohin du mich rufst ...

CYPRIANUS.

Was fürcht ich?[578]

JUSTINA.

Und nun so dem Zauberspruche

Mich gefügt: entflieh ich dir

In des Bergs verwachsne Schluchten.


Sie verhüllt ihr Gesicht in den Mantel und geht ab.


CYPRIANUS.

Harre, warte doch, Justina!

Doch was sinn ich und verstumme?

Auf, ihr nach! Und dies Gebirge,

Wohin sie mein Zwang gerufen,

Werde nun belaubter Schauplatz,

Wenn nicht Lager des Genusses,

Für die wundervollste Liebe,

Die der Himmel sah.


Ab.


CLARIN schnüffelnd.

Die Jungfer

Mag ich nicht, die, eben Braut,

Schon so stark nach Rauche duftet.

Sicher hat des Zaubers Macht

Sie im Augenblick bezwungen,

Da sie blies in eine Lauge

Oder kochte eine Suppe.

Nein! Im Mantel in der Küche?

Anders muß ich sie entschuld'gen.

Ohne Zweifel kommt es daher

(Jetzt bin ich beim rechten Punkte),

Weil ein ehrlich Weib nie besser

Riecht, wenn Angst sie überrumpelt. –


Hinaussehend.


Schon erreicht er sie, und nun,

In des Tals verborgnem Grunde

Ringend mit geschloßnen Armen

(Denn mit offnem Arm, vermut ich,

Würd ein Ringen solcher Art

Auch dem Kräftigsten nicht fruchten),

Schleppt er sie hierher zurück.[579]

Lauern will ich dort im Busche,

Um zu sehn, wie man auf Erden

Anstellt so etwas Verruchtes.


Er versteckt sich.

Cyprianus tritt auf, die Gestalt mit sich ziehend, die ihr Gesicht mit dem Mantel verhüllt.


CYPRIANUS.

Jetzt, o reizende Justina,

Im verborgnen Waldesdunkel,

Welches nie der Sonne Strahlen,

Nie der Lüfte Hauch durchdrungen,

Wird dein Reiz zur Siegstrophäe

Meines magischen Triumphes;

Denn dich zu erlangen, scheu ich

Nicht Gefahr noch Hinderungen.

Zwar du kostest mir die Seele;

Doch, Justina, sagen muß ich,

Daß der Preis ein kleines ist

Für den Einkauf solchen Gutes. –

Zieh der Gottheit ab den Schleier!

Nicht verberge hinter dunklem

Wolkenflor die Sonne sich;

Zeige sie des Glanzes Funkeln!


Er enthüllt die Gestalt und erblickt einen Leichnam.


Weh mir, wehe! Was erblick ich?

Ha! die Arme streckt ein stummer,

Starrer Leichnam nach mir aus!

Wie, in wenigen Minuten,

Konnte diese bleich verfallne

Schreckgestalt zusammenschrumpfen

Aus der Anmut frischer Röte,

Aus dem Purpurglanz der Jugend?

DIE ERSCHEINUNG.

Also, Cyprianus, geht

Aller Glanz der Welt zugrunde.


Sie verschwindet.

[580] Clarin stürzt eilig heraus und stößt mit Cyprianus zusammen.


CLARIN.

Braucht nicht jemand Furcht? Bei mir

Wird sie klein und groß gefunden.

CYPRIANUS.

Harre, leichenhafter Schatten!

Jetzt zu anderm Zweck dich such ich.

CLARIN.

Ich bin leichenhafter Körper;

Hat dein Kopf es nicht empfunden?

CYPRIANUS.

Ha! wer bist du?

CLARIN.

Wer ich bin,

Glaub ich, macht mir selber Skrupel.

CYPRIANUS.

Sahst du in den leeren Lüften,

In dem Schoß des Erdengrundes

Einen starren Leichnam, der,

Aufgelöst in Staub und Dunste,

Schwinden ließ die hehre Pracht

Seines jugendlichen Schmuckes?

CLARIN.

Weißt du nun, daß ich gewöhnlich

Muß die Unglücksfälle dulden

Des, der lauert?

CYPRIANUS.

Was ging vor?

CLARIN.

Unter ging's in der Minute.

CYPRIANUS.

Schnell ihm nach!

CLARIN.

Nicht schnell ihm nach![581]

CYPRIANUS.

Diesen Spuk aufklären muß ich.

CLARIN.

Ich nicht, Herr.


Der Dämon tritt auf, ohne die anderen zu sehen.


DÄMON.

Gerechter Himmel!

Wenn mein Wesen einst verbunden

Wissenschaft besaß und Gnade,

Als ich war ein Geist der Tugend:

So verlor ich nur die Gnade,

Nicht das Wissen. Was befugt dich,

Ungerechter, mir zu wehren,

Daß ich jetzt mein Wissen nutze?

CYPRIANUS.

Luzifer, mein weiser Meister!

CLARIN.

Ruf ihn nicht, denn ich vermute,

Daß er kommt als zweiter Leichnam.

DÄMON.

Was verlangst du?

CYPRIANUS.

Daß die dumpfen

Sinne du mir jetzt vom Grauen

Lösest, das sie hält gebunden.

CLARIN.

Ich, der keine Lösung fordert,

Will auf dieser Seit enthuschen.


Ab.


CYPRIANUS.

Über den verletzten Boden

Hatt ich Sprüche kaum gemurmelt,

Als Justina mir sich zeigte,

Meiner Lieb und meines Wunsches

Göttlich hoher Inbegriff.[582]

Doch warum, was schon dir kund ist,

Soll ich lange noch erzählen?

Sie erschien; der fest Umschlungnen

Zog ich ab den Schleier – wehe!

Und statt ihrer holden Jugend

Sah ich ein Geripp, ein Scheusal,

Eine Statue, des dunklen

Todes Abbild, das mit lauter

Stimme sprach (o gräßlich Wunder!):

»Also, Cyprianus, geht

Aller Glanz der Welt zugrunde.« –

Sagen, daß in deiner Kunst,

Die ich ausgeübt, des Truges

Grund sich barg, ist schier unmöglich,

Denn ich führte Punkt für Punkt

Alles aus; nicht irren konnt ich

Nur in einem Zug der stummen

Charaktere, nur in einem

Laut der mächt'gen Zauberrufe.

Folglich hast du mich betrogen,

Da ich sicher nichts verschuldet;

Denn ein Truggebilde find ich,

Wo ich eine Schönheit suche.

DÄMON.

Cyprianus, weder dir

Noch auch mir kommt dies zuschulden:

Dir nicht, wenn du bei dem Zauber

Mit gewandtem Geist verfuhrest;

Mir nicht, denn der meine lehrte

Dich gewiß, so viel er wußte.

Dieses Graun, das dich betroffen,

Stammt von einem höhern Grunde.

Doch sei ruhig, denn ich will,

Zur Vertilgung deines Kummers,

Um Justina dir zu schaffen,

Andre, beßre Mittel suchen.[583]

CYPRIANUS.

Nein, dies ist mein Zweck nicht mehr;

Denn so hat dies Graun durchdrungen

Meine Seele, daß ich nimmer

Deine Mittel will benutzen.

Folglich, da du nicht erfüllt

Die bedungnen Forderungen

Meiner Liebe: gib die Handschrift

Mir zurück, weil ich zur Stunde

Dich verlassen will, der nicht'gen

Übereinkunft ganz entbunden.

DÄMON.

Ich versprach dir, dich zu lehren

Solcher Wissenschaften Kunde,

Die imstande sei'n, Justina

Auf den Antrieb deines Rufes

Herzuziehn; und da die Lüfte

Dir hierher Justina trugen,

So ist gültig der Vertrag,

Und ich tat nach unserm Bunde.

CYPRIANUS.

Du versprachst, daß meiner Liebe

Sollte jener Same fruchten,

Den die Hoffnung ausgesät

In des Berges rauhen Schlüften.

DÄMON.

Ich verband mich, Cyprianus,

Nur sie herzuziehn.

CYPRIANUS.

Verbunden

Hast du dich, sie mir zu geben.

DÄMON.

Hielt dein Arm sie nicht umschlungen?

CYPRIANUS.

Schatten war's.[584]

DÄMON.

Ein Wunder war es.

CYPRIANUS.

Wessen?

DÄMON.

Des, der seines Schutzes

Sie gewürdigt.

CYPRIANUS.

Wer ist dieser?

DÄMON zitternd.

Das kommt nicht aus meinem Munde.

CYPRIANUS.

Meine Wissenschaft gebrauch ich

Gegen dich. Auf, gib mir Kunde,

Ich beschwöre dich: Wer ist's?

DÄMON.

Ein Gott, der Justinas Tugend

Nahm in Schutz.

CYPRIANUS.

Was kann ein Gott?

Viele gibt's von gleichem Ruhme.

DÄMON.

Dieser hat die Macht von allen.

CYPRIANUS.

So ist's einer nur im Grunde,

Wirkt sein einz'ger Wille mehr,

Als die übrigen verbunden.

DÄMON.

Nichts mehr weiß ich, nichts mehr weiß ich.

CYPRIANUS.

Jetzt entsag ich ganz dem Bunde,

Den wir schlossen; und im Namen

Dieses Gottes heisch ich Kunde:

Was war seines Schutzes Absicht?[585]

DÄMON mit Zwang.

Rein zu halten ihre Tugend.

CYPRIANUS.

So ist dieser Gott allgütig,

Weil er nicht Entehrung duldet.

Aber was verlor Justina,

Wenn sich's hier verbarg im Dunkel?

DÄMON.

Ihren Ruf, sobald des Pöbels

Bosheit nur es hätt erkundet.

CYPRIANUS.

So ist dieser Gott allwissend,

Denn er sah zukünft'ges Unrecht.

Aber konnten nicht so stark

Etwa sein des Zaubers Fugen,

Daß er nicht ihn brechen konnte?

DÄMON.

Alles wird von ihm bezwungen.

CYPRIANUS.

So ist dieser Gott allmächtig,

Denn was er nur will, das tut er.

Sage, wer ist dieser Gott,

Von dem heut ich hab erkundet,

Daß er sei die höchste Güte

Mit der höchsten Macht verbunden,

Alles wissend, alles könnend,

Den ich schon so lange suche?

DÄMON.

Ha, ich weiß nicht.

CYPRIANUS.

Sprich, wer ist es?

DÄMON.

Schaudernd geb ich diese Kunde!

Wiß, es ist der Gott der Christen.[586]

CYPRIANUS.

Aber was hat ihn gedrungen,

Mich zu hindern?

DÄMON.

Sie ist Christin.

CYPRIANUS.

So sehr schützt er, die ihm huld'gen?

DÄMON in Wut.

Ja; allein zu spät, zu spät

Ist's für dich, ihn anzurufen,

Denn da du mein Sklave bist,

Kannst du ihm als Herrn nicht huld'gen.

CYPRIANUS.

Ich dein Sklav?

DÄMON.

In meiner Macht ist

Deine Handschrift.

CYPRIANUS.

Die Urkunde

Ward bedingungsweis gegeben,

Und ich will mit Fug und Recht

Sie dir nehmen.

DÄMON.

Auf was Art?

CYPRIANUS.

Auf die Art.


Er zieht den Degen und stößt auf den Dämon, ohne ihn zu verletzen.


DÄMON.

Obwohl du tapfer,

Wütend, mit entblößtem Degen

Auf mich eindringst: mich verwunden

Wirst du nicht. Und daß die Sinne[587]

Dir vergehn im grausen Dunkel

Der Verzweiflung, so vernimm:

Satan ist's, dem du gehuldigt.

CYPRIANUS.

Ha, was sagst du?

DÄMON.

Daß ich's bin.

CYPRIANUS.

O die schaudervolle Kunde!

DÄMON.

Und nun weißt du, daß du Sklav

Und auch wessen Sklav du wurdest.

CYPRIANUS.

Ich, der Sklave Satans? Ich,

So ruchlosem Herrscher huld'gen?

DÄMON.

Ja, du botest mir die Seele,

Und mein ist sie seit der Stunde.

CYPRIANUS.

Also gibt's für mich nicht Hoffnung,

Gnade, Beistand oder Schutzwehr,

Um ein solch Vergehn zu tilgen?

DÄMON.

Nein.

CYPRIANUS.

Genug denn des Verzuges!

Müßig soll in meinen Händen

Dieser scharfe Stahl nicht ruhen;

Schleunig, als mein eigner Henker,

Bohr ich ihn in meinen Busen. –

Doch was sag' ich? Der Justina

Deinen Händen hat entrungen,

Kann er nicht auch mich befrein?[588]

DÄMON.

Nein, dich bindet dein Verschulden.

Er beschützet nicht das Laster,

Nur die Tugend.

CYPRIANUS.

Ist er Urquell

Aller Macht: entströmt Verzeihung

Ihm und Lohn in einem Flusse.

DÄMON.

Aber so auch Lohn und Strafe;

Denn nur was gerecht ist, tut er.

CYPRIANUS.

Niemand straft den Unterwürf'gen;

Und ich bin's, weil ich ihm huld'ge.

DÄMON.

Mein Sklav bist du, du kannst keines

Andern sein.

CYPRIANUS.

Bezweifeln muß ich's.

DÄMON.

Wie? Ist nicht in meiner Macht

Jene Schrift, die mit des Blutes

Eignen Tropfen du geschrieben?

CYPRIANUS.

Der Allmächt'ge, der Allgute,

Welcher keinem andern weicht,

Wird besiegen meinen Unstern.

DÄMON.

Auf was Art?

CYPRIANUS.

Er ist allwissend,

Hat des besten Mittels Kunde.

DÄMON.

Sie ist mein![589]

CYPRIANUS.

Er ist allmächtig,

Lösen wird er, was gebunden.

DÄMON.

Eher sollst in meinen Armen

Als ein Leichnam du verstummen!


Sie ringen.


CYPRIANUS.

Großer Gott der Christen, höre,

Wie in meiner Angst ich rufe!


Er reißt sich los.


DÄMON.

Dieser gab das Leben dir.

CYPRIANUS.

Mehr noch gibt er, denn ich such ihn.


Beide auf verschiedenen Seiten ab.

Saal im Palast des Statthalters. Der Statthalter tritt auf mit Fabius und Gefolge.


STATTHALTER.

Nun? Wie fingst du diese Rotte?

FABIUS.

Alle hatten ohne Sorgen

In der Kirche sich verborgen,

Wo sie dienten ihrem Gotte.

Ich nun mit bewehrter Schar

Ließ das ganze Haus umringen,

Fing sie ein und ließ sie bringen

In verschiedene Gewahr.

Und bei diesem Überfalle

Fing ich endlich mit den andern

Auch Justina nebst Lysandern,

Ihrem Vater, in der Halle.

STATTHALTER.

Wohnt nach Reichtum, Stellen, Ehren,

Fabius, denn kein Wunsch in dir?[590]

Solche Nachricht bringst du mir,

Ohne Dienstlohn zu begehren?

FABIUS.

Wenn du so mein Tun erhebest,

Wüßt ich freilich wohl den Lohn.

STATTHALTER.

Welchen?

FABIUS.

Daß du deinem Sohn

Und dem Florus Freiheit gebest.

STATTHALTER.

Scheinen muß es zwar, als sollte

Ihre harte Straf allein

Dieser Stadt ein Beispiel sein;

Doch gesteh ich's nur: ich wollte,

Fabius, zu ganz andern Zwecken

Im Gefängnis sie ein Jahr,

Um, als Vater, vor Gefahr

Meinen Lälius zu decken.

Florus, sein Rival, besitzt

Mächtiger Verwandten viele;

Und da sie zu einem Ziele

Lieb und Eifersucht erhitzt,

Fürchtet ich die Wiederkehr

Von dem vorigen Verdruß,

Und so faßt ich keinen Schluß,

Bis vorbei der Anlaß wär.

Deshalb sucht ich mit Begier

Einen Vorwand aufzuraffen,

Um Justina fortzuschaffen,

Aber stets gebrach er mir.

Doch da ihre Heuchelein

Jetzt mir guten Grund gewannen,

Nicht allein sie zu verbannen,

Auch dem Tode sie zu weihn,

Geb ich jene frei nunmehr;[591]

Drum zu ihrem Kerker eile,

Fabius, und bring ohne Weile

Lälius und Florus her.

FABIUS.

Für so seltner Gnade Pfand

Laß mich deine Knie umfangen.


Ab.


STATTHALTER.

Wohl! Justina ist, gefangen,

Überführt, in meiner Hand.

Worauf wartet meine Wut,

Um den Frevel, von der Frechen

Längst an mir verübt, zu rächen?

Hand des Henkers soll ihr Blut

Heut vergießen! –


Zum Gefolge.


Merkt die Worte,

Die ich sag, und zaudert nicht:

Schleppt sie her vor das Gericht,

Zum Erstaunen diesem Orte.


Einige aus dem Gefolge gehen ab.


Mit dem Tode muß sie büßen,

Ist sie nur erst im Palast.


Lälius, Florus und Fabius treten auf.


FABIUS.

Sie, die du gerufen hast,

Sind schon hier zu deinen Füßen.

LÄLIUS.

Ich, nur diesmal voll Verlangen,

Als dein Sohn hier zu erscheinen,

Sehe heut dich nicht als meinen

Richter, mit des Schuld'gen Bangen,

Nein, als zorn'gen Vater nur,

Mit dem Bangen eines Sohnes,

Der gehorchet.

FLORUS.

Üblen Lohnes,

Da ich dein Gebot erfuhr,[592]

Muß ich, Herr, mich wohl versehen,

Den ich nicht verdiente zwar;

Doch ich biete dir mich dar.

STATTHALTER.

Lälius, Florus, eingestehen

Müßt ihr, daß ich recht gehandelt,

Weil ich, hätt ich euch verziehn,

Vater nur, nicht Richter schien.

Aber da ich weiß, es wandelt

Sich der edlen Seelen Groll

Schleunig um, und da zum Zwist

Euch der Grund genommen ist,

So begehr ich gnadevoll,

Euch als Freunde zu verbinden;

Und den festgeknüpften Bund

Machet durch Umarmung kund.

LÄLIUS.

Hoch beglückt werd ich mich finden,

Künftig Florus' Freund zu sein.

FLORUS.

Daß ich dein bin, geb ich Wort

Dir und Hand.


Sie umarmen sich.


STATTHALTER.

Ich will sofort,

Dem vertrauend, euch befrein;

Denn wie könntet ihr nicht wollen

Freunde sein, da ihr vom Wahn

Eurer Lieb euch abgetan?

DÄMON hinter der Szene.

Flieht den Tollen! Flieht den Tollen!

STATTHALTER.

Was ist dies?

LÄLIUS.

Ich werd es sehn.


Er geht an die Tür.[593]


STATTHALTER.

Solch Getöse wird vernommen

Im Palast? Wie kann das kommen?

FLORUS.

Großes muß gewiß geschehn.

LÄLIUS kommt zurück.

Dies Getöse, Herr, verursacht

(Hör ein seltsames Ereignis!)

Cyprianus, der nach vielen

Tagen, toll und sinnlos scheinend,

Wiederkehrt nach Antiochia.

FLORUS.

Ganz gewiß hat seines Geistes

Übermäßig scharfes Grübeln

Diesen Zustand ihm bereitet.

VIELE STIMMEN hinter der Szene.

Flieht den Tollen! Flieht den Tollen!


Cyprianus tritt auf, halb nackt, von einer Volksmenge begleitet.


CYPRIANUS.

Niemals war ich noch so weise,

Denn ihr andern seid die Tollen.

STATTHALTER.

Cyprianus, welch ein Treiben?

CYPRIANUS.

Oberhaupt von Antiochia,

Statthalter des großen Kaisers

Decius; ihr, Florus, Lälius,

Deren Freund ich war mit Eifer;

Würd'ger Adel, großes Volk,

Höret mich mit gutem Fleiße;

Denn ich komm in den Palast,

Mich euch allen mitzuteilen.

Ich bin Cyprianus, ich,[594]

Durch Gelehrtheit, durch des Geistes

Mächtigkeit der Schule Staunen,

Wunder in des Wissens Reiche.

Was aus allem ich gewann,

War ein Zweifel; und dem einen

Zweifel konnt ich nie entrinnen

In dem Dunkel meiner Einsicht.

Da sah ich Justina; plötzlich,

Ihr nur meine Neigung weihend,

Hieß ich die gelehrte Pallas

Der verliebten Venus weichen.

Abgewehrt von ihrer Tugend,

Blieb ich dennoch ganz ihr eigen,

Bis mein Liebeswahn, von jenem

Äußersten zu diesem schreitend,

Einem Gastfreund, dem das Meer

Meinen Fuß zum Port erteilte,

Für Justina bot die Seele;

Denn er schmeichelte zu gleicher

Zeit durch Hoffnung meiner Liebe

Und durch Weisheit meinem Geiste.

Dieses Mannes Schüler war ich,

Dort im Waldgebirge weilend,

Und ich danke solche Kunst

Seinem tiefgelehrten Eifer,

Daß ich kann von Ort zu Orte

Selbst die Berge wandern heißen;

Aber dennoch, kann ich gleich

Jetzt so große Wunder leisten,

Kann ich eine Schönheit nicht

Auf der Sehnsucht Ruf herbeiziehn.

Und der Grund, daß ich nicht kann

Diese Wunderschönheit meistern,

Ist, daß sie ein Gott beschützet,

Den ich nach erlangter Einsicht

Als den unermeßlich Höchsten

Nun gekommen bin zu preisen.[595]

Jenen großen Gott der Christen,

Ihn bekenn ich als den einz'gen;

Denn obwohl ich jetzt der Hölle

Als ihr Sklave bin leibeigen

Und mit eignem Blut geschrieben

Hab ein Unterwerfungsschreiben,

Hoff ich's doch mit meinem Blute

Bald als Martyr auszustreichen.

Wenn als Richter jetzt die Christen

Du verfolgst mit blut'gem Eifer:

Wohl, ich bin's; dort im Gebirge

Ward von einem würd'gen Greise

Jene Weihe, so ihr erstes

Sakrament ist, mir erteilet.

Auf! Was harrst du? Laß den Henker

Kommen, daß er mit dem Beile

Mir das Haupt vom Nacken trenne

Oder auf die strengste Weise

Prüfe meinen Mut durch Martern;

Denn gehorsam, ohne Weigern,

Tausendfachen Tod erdulden

Will ich, weil mir ward die Einsicht:

Daß ohn ihn, den großen Gott,

Den ich such, anbet und preise,

Alle Glorien der Welt

Staub, Wind, Rauch und Asche seien.


Er fällt, wie ohnmächtig, mit dem Gesicht zur Erde.


STATTHALTER.

Solches Staunen, Cyprianus,

Hinterläßt mir dein Erdreisten,

Daß, auf schwere Strafen sinnend,

Ich für keine mich entscheide.

Fort! Steh auf!


Er stößt ihn mit dem Fuß.


FLORUS.

Ohnmächtig ist er,

Eine Statue schier von Eise.


[596] Justina wird gefangen herbeigeführt.


EIN DIENER.

Hier ist, hoher Herr, Justina.

STATTHALTER.

Sehen will ich sie nicht weiter.

Lassen wir mit dem lebend'gen

Leichnam sie allein verweilen;

Denn so eingesperrt, verändern

Ihren Sinn vielleicht die beiden,

Hier einander sterben sehend:

Oder, beten sie nicht meine

Götter an, laß ich mit tausend

Martern sie zu Tode quälen.


Ab mit dem Gefolge und Volk.


LÄLIUS.

Schwankend zwischen Lieb und Grauen,

Zitternd und verwirrt enteil ich.


Ab.


FLORUS.

So viel leidet jetzt mein Herz,

Daß ich nicht weiß, was ich leide.


Ab.


JUSTINA.

Ohn ein Wort enteilt ihr alle?

Da ich freudig hier erscheine,

Um zu sterben, weigert ihr

Selbst den Tod, weil ich ihn heische?


Indem sie ihnen nachgeht, stößt sie auf Cyprianus.


Doch gewiß ist meine Strafe

Die, hier eingesperrt zu bleiben

Und langsamen Tod zu sterben

In Gesellschaft einer Leiche,

Denn ein Toter nur ist hier. –

O du, der zurück schon eilte

Nach dem Urquell seiner Abkunft,

Glücklich du, wenn diesen freien

Zustand dir der Glaub erwarb,

Dem ich diene![597]

CYPRIANUS aus seiner Betäubung erwachend.

Stolzer Eifrer,

Weshalb zögerst du? Soll noch

Nicht mein Leben ...


Er erblickt Justina und sieht auf.


Gute Geister!

Hier Justina? Kann ich's glauben?

JUSTINA.

Cyprianus! Wer begreift es?

CYPRIANUS.

Doch sie ist es nicht; aus Wind

Schafft mein Hirn sich Gaukeleien.

JUSTINA.

Doch er ist es nicht; Phantome

Schafft die Luft, mich zu verleiten.

CYPRIANUS.

Schatten meiner Phantasie!

JUSTINA.

Blendwerk meiner Träumereien!

CYPRIANUS.

Grauen meiner regen Sinne!

JUSTINA.

Schreckbild meines schwachen Geistes!

CYPRIANUS.

Was begehrst du?

JUSTINA.

Was begehrst du?

CYPRIANUS.

Jetzt ruf ich dich nicht; was leitet

Dich hierher?

JUSTINA.

Weswegen suchst du

Mich? Jetzt nicht gedenk ich deiner.[598]

CYPRIANUS.

Nein, nicht such ich dich, Justina.

JUSTINA.

Nicht auf deinen Ruf erschein ich.

CYPRIANUS.

Wie denn bist du hier?

JUSTINA.

Gefangen.

Und du?

CYPRIANUS.

Auch gefangen, scheint es.

Doch, Justina, welchen Frevels

Läßt sich deine Tugend zeihen?

JUSTINA.

Nicht ein Frevel führt mich her,

Nein, der Abscheu jener Heiden

Vor dem Glauben an den Christ,

Den als meinen Gott ich preise.

CYPRIANUS.

Wohl ist's deine Pflicht, Justina;

Denn er wacht – so mild erzeiget

Sich dein Gott – zu deinem Schutze.

Mache, daß er mir sich neige!

JUSTINA.

Rufst du gläubig ihn, er tut's.

CYPRIANUS.

Gläubig ruf ich ihn; doch leider,

Obschon nicht ich ihm mißtraue,

Macht mein schwer Vergehn mich zweifeln.

JUSTINA.

Trau ihm!

CYPRIANUS.

Ach! Unendlich ist

Meine Schuld![599]

JUSTINA.

Unendlich reicher

Seine Gnade.

CYPRIANUS.

Wird er Gnade

Haben auch für mich?

JUSTINA.

Ich weiß es!

CYPRIANUS.

Wie? Wenn ich dem Satan selber

Meine Seel als deiner Reize

Preis verpfändet?

JUSTINA.

Es gibt nicht

So viel Stern' am Himmelskreise,

So viel Funken in den Flammen,

So viel Sand in Meeresweiten,

So viel Vögel in den Lüften,

So viel Staub im Sonnenscheine,

Wie er Sünden kann vergeben.

CYPRIANUS.

Ja, Justina, nicht mehr zweifl ich,

Und ihm geb ich tausend Leben. –

Doch ich sehe Leut erscheinen.


Fabius bringt Livia, Moscon und Clarin als Gefangene herein.


FABIUS.

Geht hinein; mit eurer Herrschaft

Sollt ihr hier gefangen bleiben.

LIVIA.

Wenn sie Christen wollen sein,

Welche Schuld wird uns zu Teile?

MOSCON.

O genug! denn arme Diener

Haben immer Schuld, und reichlich.[600]

CLARIN.

Meine Flucht aus jenen Bergen

Bracht aus Leiden mich in Leiden.


Ein Diener tritt auf.


DIENER.

Cyprianus und Justina

Heißt Aurelius erscheinen,

Der Statthalter.

JUSTINA.

Mich Beglückte

Führt dies zum ersehnten Heile!

Sei nicht bange, Cyprianus.

CYPRIANUS.

Glauben hab ich, Mut und Eifer;

Denn, wofern von meinem Joch

Mich des Lebens Preis befreiet:

Sollte, wer für dich die Seele,

Nicht für Gott den Leib verschreiben?

JUSTINA.

Ich versprach dir Lieb im Tode;

Und nun, da ich dir zur Seite

Sterbe, Cyprianus, nun

Geb ich dir, was ich verheißen.


Justina, Cyprianus, Fabius und der Diener gehen ab.


MOSCON.

Wie zufrieden sie zum Tode

Gehn!

LIVIA.

Sehr viel zufriedner bleiben,

Denk ich doch, wir drei am Leben.

CLARIN.

Sehr viel nicht, denn zu entscheiden

Bleibt ein Streit noch; und obwohl

Dies der Ort nicht ist, da keiner[601]

Sonst sich findet, wär es unrecht,

Jetzt die Zeit nicht zu ergreifen.

MOSCON.

Welcher Streit?

CLARIN.

Ein ganzes Jahr

War ich ...

LIVIA.

Sprich!

CLARIN.

Abwesend, leider,

Und ein ganzes Jahr war Moscon

Ungestört dein Herr und Meister;

Und nun, nach Verhältnis, mußt du,

Um den Nachteil auszugleichen,

Mir ein andres Jahr gehören.

LIVIA.

Also kannst du von mir meinen,

Daß ich dich beleid'gen würde?

Alle Tage, da mir Weinen

Zukam, hab ich ganz durchweint.

MOSCON.

Zeugnis muß ich ihr erteilen:

An dem Tage, der nicht mein war,

Hielt sie deine Freundschaft heilig.

CLARIN.

Unwahr! denn sie weinte nicht,

Als ich heut zu ihr hineinging

In ihr Haus; und dort, bei ihr,

Fand ich dich, ganz seßhaft weilend.

LIVIA.

Aber heute war kein Bußtag.

CLARIN.

Ja, er war's; denn ohne Zweifel[602]

War der Tag, da ich verschwand,

Eben mein.

LIVIA.

Du irrst handgreiflich.

MOSCON.

Klar ist mir der Grund des Irrtums,

Denn ein Schaltjahr war's; drum bleiben

Sich an Zahl die Tage gleich.

CLARIN.

Nun, ich will nicht länger streiten;

Denn nicht alles ja ergründen

Soll der Mensch. – Doch, welch ein Treiben?


Es erhebt sich plötzlich ein heftiges Ungewitter. Der Statthalter und Gefolge treten auf; dann nacheinander Fabius, Lälius und Florus, alle in großem Schrecken.


LIVIA.

Nieder stürzt das ganze Haus!

MOSCON.

Welcher Lärm! Welch Wunderzeichen!

STATTHALTER.

Weh! Aus allen seinen Fugen

Scheint des Himmels Bau zu weichen!


Blitz und Donner.


FABIUS.

Kaum, auf jenem Blutgerüst,

Fielen unterm Henkersbeile

Cyprianus und Justina,

Als die Erd in wildem Kreisen

Bebt' und schwankte.

LÄLIUS.

Eine Wolke,

Deren brennend Eingeweide,

Als entsetzliche Geburt,

Schleudert Blitz' und Donnerkeile,

Sinkt auf uns herab.[603]

FLORUS.

Ein greulich

Mißgestaltet Scheusal steiget

Draus hervor auf dem beschuppten

Rücken einer Schlang und scheinet,

Niedersinkend aufs Schafott,

Ringsum schweigen uns zu heißen.


Der hintere Vorhang geht auf. Man erblickt das Schafott mit den enthaupteten Leichnamen und den Dämon auf einer Schlange, über demselben schwebend.


DÄMON.

Höret, Staubgeborne, hört,

Was die Himmel von mir heischen,

Zur Verteidigung Justinas

Kundzutun dem Erdenkreise.

Ich war's, der in Truggestalt,

Ihre Tugend zu begeifern,

Einstieg in ihr Haus und wagte

Selbst in ihr Gemach zu schleichen.

Und um ihren reinen Ruf

Der Entwürd'gung zu entreißen,

Komm ich nun, als Wiederbringer

Ihrer Ehr, auf solche Weise.

Cyprianus, der bei ihr

Ruht, ein Monument des Heiles,

War mein Sklav; allein, vertilgend

Mit dem Blute seines Leibes

Die mir ausgestellte Schrift,

Hat er jenes Tuch gebleichet:

Und die beiden, mir zum Gram

Zu den höchsten Sphären steigend,

Bis zu Gottes heil'gem Thron,

Leben jetzt in besserm Reiche.

Dies ist Wahrheit, und ich selbst

Sage sie, weil Gottes eigner[604]

Wille sie zu sagen zwinget

Mich, dem sie so wenig eignet.


Er versinkt in die Erde.


LÄLIUS.

Welcher Schrecken!

FLORUS.

Welches Graun!

LIVIA.

Welches Wunder!

MOSCON.

Welche Zeichen!

STATTHALTER.

Alles dies sind Zauberkünste,

Die der Magus dort verscheidend

Noch bewirkte.

FLORUS.

Ich weiß nicht,

Soll ich glauben, soll ich zweifeln.

LÄLIUS.

Staunen muß ich, nur es denkend.

CLARIN.

Ich will dieses nur entscheiden:

War ein Magus der, so war

Magus er vom Himmelreiche.

MOSCON.

Nun, beiseite lassend unsrer

Wohl verteilten Liebe Zweifel,

Fleht, dem wundertät'gen Magus

Seine Fehler zu verzeihen.[605]

Quelle:
Calderón de la Barca, Don Pedro: Der wundertätige Magus. In: Spanisches Theater, Don Pedro Calderón de la Barca, Dramen, weltliche Schauspiele, in der Übertragung von Johann Dieterich Gries. München 1963, S. 481–605, S. 561-606.
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