An die Nacht.

1.

Komm / schwartze Nacht / du stille Finsterniß /

Umhülle mich mit deinem braunen Schatten /

Du blasser Mond / zeig mir mein güldnes Vließ /

Laß ungestöhrt mich mit Sorellen gatten.

Ihr Sternen zündt die hellen Fackeln an /

Daß ich den Port der Wollust finden kan.


2.

Mein Geist verlangt den Haven bald zu sehn /

Den Alabaster und Corallen zieren;

Die Enge / wo nur kan ein Schifflein gehn /

Soll ihn ins Land der süßten Lüste führen /

Der Pharos soll die weisse Brust ihm seyn /

So fähret er vergnügt zum Haven ein.


3.

Wie / winckt mein Licht nicht albereits von fern /

Und rufft mir zu / im Seegeln fort zu eilen /

Ja! nun wohlan! ich folge diesem Stern /

Der Tag will auch nicht länger mehr verweilen /

Die Sonne sucht im Meere ihre Ruh

Und ich / ich eile nach Sorellen zu.


4.

Ich fühle schon die Liljen weiche Hand /

Ich seh die Brust mit Wollust-Rosen spielen /

Und ferner fort das angenehme Land /

Das meine Brunst ist willig abzukühlen.

[198] Das / was mein Schiff nun eingeladen hat /

Das bleibet dir Sorelle vor die That.


Quelle:
Celanders Verliebte-, Galante / Sinn-, Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg und Leipzig 1716, S. 126-127,198-200.
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