Der Müllerin Nachbar

[248] Die Mühle, die dreht ihre Flügel,

Der Wind, der sauset darin:

Ich wollte, ich wäre der Müller,

Von wegen der Müllerin.


Der Müller ist gestorben,

Gott schenk ihm die ewige Ruh!

Ich wollte, es holte der Henker

Den Flegel von Knecht noch dazu.


Am Sonntag in der Kirche,

Da glaubt ich, sie schiele nach mir;

Sie schielte an mir nur vorüber,

Der Knecht, der stand an der Tür.


Und als es ging zum Tanze,

Da kam sie eben mir recht,

Sie grüßte mich freundlich und fragte –

Und fragte mich gar nach dem Knecht.


Der Knecht, der Knecht! – Ich wollte...

Mir kocht in den Adern das Blut –

Ich wollte an ihm mich rächen,

Ich wollte, ich hätte den Mut.


Ich wollte... Nun, was weiß ich?

Ich weiß nicht, wo ich bin. –[248]

Die Mühle, die dreht ihre Flügel,

Der Wind, der sauset darin.


Quelle:
Adalbert von Chamisso: Sämtliche Werke. Band 1, München [1975], S. 248-249.
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