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[160] Es hat die Zeit gegeben,

Wo hinaus mein Auge mich trug,

Zu folgen im tiefen Lichtmeer

Der flüchtigen Wolken Zug;


Zu streifen über die Ebne

Nach jenem verschwindenden Saum,

Mich unbegrenzt zu verlieren

Im lichten unendlichen Raum.
[160]

Die Zeit ist abgeflossen,

Lebwohl, du heiterer Schein!

Es schließet die Nacht der Blindheit

In engere Schranken mich ein.


O trauert nicht, ihr Schwestern,

Daß ich dem Licht erstarb;

Ihr wißt nur, was ich verloren,

Ihr wißt nicht, was ich erwarb.


Ich bin aus irren Fernen

In mich zurücke gekehrt,

Die Welt in des Busens Tiefe

Ist wohl die verlorene wert.


Was außen tönet, das steiget

Herein in mein Heiligtum;

Und was die Brust mir beweget,

Das ist mein Eigentum.


Quelle:
Adalbert von Chamisso: Sämtliche Werke. Band 1, München [1975], S. 160-161.
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