Siebentes Gespraech.

Fescenninen[197] 1

TULLIA: Wir wollen uns doch hier unter diese breitästigen Ulmen setzen. Ist es dir recht, Octavia?


OCTAVIA: Von Herzen gern! Und wir wollen hier dem Hymen zu Ehren unser Lied anstimmen.


TULLIA: Schön! Graf Alfonso hat dich ja vorgestern ganz nackt gesehen und ist sofort in Liebe zu dir entbrannt.


OCTAVIA: Nackt? mich?


TULLIA: Dich! Nackt! Er erzählt es ja ganz öffentlich.


OCTAVIA: Ich gebe dir eine Ohrfeige, du böse Schwätzerin!


TULLIA: Und ich gebe dir einen Kuss, du süsse Ergötzerin!


OCTAVIA: Bei deinen wollüstigen Augen schwör ich's: ausser meinem Caviceus hat niemals ein Mann mich nackt gesehen!


TULLIA: Dann rechnest du also Theodorus nicht zu den Männern!


OCTAVIA: Ach ja, jetzt erinnere ich mich – und schäme mich ... Lass doch dies! Was sollen denn diese sonderbaren Bemerkungen, meine goldene Venus?


TULLIA: Ich habe so eine Ahnung, was du mir verschweigen möchtest und doch mir erzählen möchtest! Ich habe von deinen wollüstigen Heldentaten gehört; ja! beim Eierstock der Venus – ich habe von ihnen gehört!


OCTAVIA: Das sind ja recht niedliche Worte! Aber was wirfst du mir da in bezug auf Alfonso vor, du Närrin? Bin ich ihm vielleicht im Traume nackt erschienen?


TULLIA: Du wirst begreifen, wie's gemeint ist, mein Täubchen! Wer Octavias Seele gesehen, wer ihren Charakter und die Einfalt ihres Herzens näher kennen gelernt hat – hat der nicht Octavia nackt gesehen? Bei Platos Manen – ja, er hat sie nackt gesehen!


OCTAVIA: Du plapperst da sehr gescheidten Unsinn! Aber ich[197] begreife jetzt, was für eine Frau Alfonso in mir liebt und begehrt: nämlich meinen Geist und Verstand, nicht meinen Leib und meine Glieder. Wofür, glaubst du, würde er sich entscheiden, wenn er die Wahl hätte? Wohin würde seine Begierde ihn treiben, ziehen, wenn er bei Vernunft wäre? ... Alfonso war draussen vor der Stadt in der Villa unserer Freundin Eleonora. Auch Isabella Menez und die, gleich mir, kürzlich erst verheiratete Aloisia Fonseca waren anwesend. Nach einem üppigen Mahl begann die Unterhaltung – und eine recht ausgelassene, recht unanständige Unterhaltung. Du hättest uns für betrunken halten können. Indessen erntete ich grossen Beifall.


TULLIA: Du gefielst Alfonso; Alfonso gefiel dir!


OCTAVIA: Verhasst ist mir die Unbeständigkeit der Männer, verhasst ist mir ihre Liebe! Niemals, so lange ich noch meinen Verstand habe, würde ich diesen Ueberläufer aus Eleonoras Lager aufnehmen.


TULLIA: Du bist eine sehr hochherzige und edelempfindende Frau, eine grossmütige und grossdenkende dazu! O herrliche Heldin du! Eines besseren Zeitalter wärest du würdig – nämlich jenes goldenen, da es zweipfündige Schwänze in Ueberfluss gab! Aber man sagt ja, was sonst für schimpflich gelte, das könne in der Liebe zuweilen löblich erscheinen. Aber sagen muss ich dir doch, dass alle die Geschichten von den Listen und von den Treulosigkeiten der Liebhaber, die unter Liebenden im Schwange sind – das sind lauter Traumbilder nicht von Liebesentbrannten sondern von lauter Hirnverbrannten.


OCTAVIA: Es ist wirklich reizend: vor einem Jahr fiel Eleonoras Gatte im Kriege gegen die Franzosen und seit sechs Monaten ist die geistreiche, reiche, schöne, in der Blüte der Jugend stehende Frau zum Sterben in Alfonso verliebt. Man sagt ja auch, sie habe ihm nichts verweigert, was nur ein Liebhaber von seiner Geliebten erwarten kann; sie habe nichts mehr zu vergeben, um den liebeglühenden Jüngling damit zu beseligen. Würdest du es recht finden? O nein, ich weiss bestimmt, du würdest es nicht recht finden, wenn ich die Nebenbuhlerin einer ausgezeichneten Frau würde, die mir arglos ganz und gar vertraut!


TULLIA: Ich liebe an dir, Octavia, die Stärke deines edlen Herzens! Bleibe immer so, wie du bist!
[198]

OCTAVIA: Es wird dir wohl nicht unangenehm sein zu hören, was wir bei dieser Unterhaltung an munteren Reden, an Possen, Scherzen und Belustigungen zu Tage brachten! Und mir wird's Spass machen, dies zu erzählen ... Als wir alle versammelt waren, wandte sich Eleonora lächelnd, liebeglühend, wollustatmend zu Aloisia und sagte: ›Nun, wie gefällt dir denn das Verheiratetsein? Habt ihr's euch beide recht tüchtig gemacht, dein Rodrigo und du? Ihr branntet ja lichterloh in Liebe zu einander!‹ Die junge Frau errötete, lächelte aber mit einem eigentümlich zärtlichen und sinnlichen Ausdruck. Da rief ich: ›Du wirst rot, Aloisia? O was für eine schamlose Schamhaftigkeit! Ich sehe in deinen Augen und auf deinem ganzen Antlitz ein wollüstiges Feuer brennen; in deinem Schweigen höre ich das Liebesgestammel des auf dem Höhepunkt der Wollust entflammten Weibes. Was fürchtest du dich denn, kleine Närrin? So unbedenklich wie du dich deinen Gefühlen hingegeben hast, schildere sie uns jetzt!‹ – ›Ohne Frage,‹ antwortete Aloisia, ›wird einer Frau, die sich solcher unanständiger Gespräche enthält, leichter der Preis der Tugend zuerkannt werden, als einer, die sich der Liebe und Wollust gänzlich enthält. Keusch ist nicht diejenige, die wirklich keusch ist, sondern diejenige, die für keusch gilt.‹ – ›Sehr richtig, sehr richtig!‹ fiel Alfonso ein; ›keusch ist eine Frau, die tugendhaft zu reden und ein strenges Gesicht zu machen versteht. Dass ihre Sitten züchtig seien, ist durchaus nicht nötig.‹ – ›In meinem Hause,‹ rief Eleonora, ›erlaube ich geistreichen Leuten sich so zu geben, wie sie überall anderswo sind.‹ – ›Wer fortwährend ängstliche Rücksichten nimmt,‹ fügte ich hinzu, ›der hat nichts von seinem Leben. Das Glück stösst die Herzhaften von sich und die Liebe verabscheut sie. Die erste Vorbedingung des Glückes ist, dass man es wagt, in den köstlichen Genüssen der Liebe sein Glück zu suchen.‹


TULLIA: Du hast doch nicht vergessen zu sagen, was es mit dieser Stufenfolge von Seligkeiten auf sich hat? Nur auf diesem Wege gelangen wir zum höchsten Glück.


OCTAVIA: ›Alles ist gut und anständig unter guten und anständigen Menschen,‹ rief Eleonore; ›gute und anständige Menschen aber sind jene, die die Bosheit der gemeinen Menge sorglich von sich und ihren Freuden fern halten und die nicht weniger sorglich das dumme Urteil der Welt sich vom Leibe halten. Glaube meinen Worten,[199] wie wenn Venus selber aus dem Allerheiligsten der erlesensten Liebeswonnen sie dir verkündet hätte!‹ – ›Wer wollte es leugnen,‹ bemerkte nun wieder ich, ›dass wir Frauen die Freude, das Licht, das Leben des Menschengeschlechtes sind? Wenn wir die Freude der Menschheit sind, so besteht der bessere Teil dieser Freude in Scherzen, in munterem Geplauder; wenn wir ihr Licht sind, so muss ich rufen: wie köstlich, ach wie köstlich ist dieses Licht, das den mannigfaltigen Formen aller Dinge plastische Gestalt gibt oder soll ich lieber sagen: das ihre Schönheit in bunten Farben malt! Ein Leben, das jedes Reizes entbehrt, ist nur scheinbar Leben, in Wirklichkeit aber Tod – und jedes Reizes entbehrt es, wenn die so mannigfachen Empfindungen der Liebeslust ihm fehlen. Die Liebe ist des Lebens Würze; wenn sie uns fehlt, wird das Leben uns zum Ekel. Darum muss jede Fiber an uns von Fröhlichkeit, von stürmischer Begier, von Wollust zucken. Wenn es Frauen mit strenger Stirn, mit ernstem Gemüte gibt – die mögen doch gehen! ja, in Bärenzwinger mögen sie gehen, denn sie sind es wert, von Bären sich lieben zu lassen. Welcher Mann möchte wohl einem solchen Untier Verehrung und Huldigung zollen, von dem er ja nicht den geringsten Genuss erwarten kann! Und ebenso süss wie es ist, diese Wonnen zu kosten, ist es auch sich ihrer zu erinnern. Manche finden in der Erwartung oder in der Erinnerung des Genusses den höchsten Genuss, erblicken in deren Schilderung eine Wonne, wie ihnen die Handlungen selber sie nicht boten. Beim wollüstigen Nest deiner Liebesfreuden, Aloisia: die Wonne gewinnt Dauer erst in der Erinnerung denn sonst entschwindet sie uns, da sie ja, ach! so schnell dahin ist. Aber wenn unser Gedächtnis sie herbeiruft, dann wachsen sie von selber und werden grösser. Willst du angenehm und glücklich leben? dann ernte Früchte, pflücke Rosen in den Gärten der Venus! Einer Frau, die sich auf die Wonnen der Liebe versteht, gerät alles nach Wunsch. Selbst im Scheinbilde der Wollust findest du wahre Wollust, wenn du es willst.‹


TULLIA: Welch reicher Inhalt in so wenig Worten! wie geistreich, wie treffend ist dies alles bemerkt!


OCTAVIA: Nun, kurz und gut, Aloisia liess sich endlich überreden. Alle falsche Scham abwerfend begann sie ohne jeden Rückhalt uns alle möglichen drolligen Geschichten zu erzählen. Eleonora[200] lächelte, ich lachte; Isabella aber und Alfonso erfüllten das ganze Haus mit dem Lärm ihrer Heiterkeit.


TULLIA: Eigentlich gibt es doch nichts dummeres als ein dummes Lachen.


OCTAVIA: Hättest du selber dir das Lachen verhalten können? Höre nur, was Aloisia sagte: ›Als ich zum ersten Mal Rodrigos Dolch in den Leib bekam – er stiess ihn mir bis ans Heft hinein – da konzentrierten sich sofort alle meine Sinne, alle meine Gedanken in diesen einen Körperteil. Im Nebenzimmer waren, eine stattliche Menge, alle meine Verwandten versammelt; sie waren sehr laut. Wollt ihr's glauben? Ich hörte sie mittels meiner Kleinen! Die Kerzen brannten, während mein Gatte es mir besorgte! ich sah sie mittels meiner Kleinen! Und als Rodrigo fertig wurde, da war ich, es klingt wunderbar! ganz und gar in meiner Kleinen, und vielmehr: ich selber war ganz und gar meine Kleine. Wenn ich einigen Geist besitze – und man sagt ja von mir, ich habe welchen – so hatte meine Wollust ihn irgendwie dazu gebracht, sich an diesen Ort der Lust zu konzentrieren.‹ – ›Wer könnte leugnen,‹ bemerkte ich, ›dass mit dir ein geistreiches Lieben sein muss, da du so eine geistreiche Kleine hast?‹ – ›Wer mich sucht,‹ versetzte Aloisia, ›der suche mich in meiner Kleinen; denn da wohne ich, und die Wohnung ist nicht gross, das kannst du mir glauben, Alfonso, denn ich verlasse mich auf das Zeugnis meines Rodrigo.‹ – ›Wenn es dir recht ist, Aloisia,‹ rief Alfonso, ›so wird es mir nicht unangenehm sein, dieser Behausung der Liebe einen Besuch abzustatten, um mich bei dir deines Geistes und Witzes zu erfreuen; solltest du diese Wohnung vermieten wollen, so wird es dir, so wahr Venus mir hold sein möge, an Mietern nicht fehlen, und sie werden dir jeden noch so hohen Mietzins zahlen.‹


TULLIA: Bei Jupiters Hodensack! Die wollüstige Venus selber könnte auf der ganzen Welt keine ausgelassenere Spassmacherin finden als Aloisia!


OCTAVIA: Dann wurde viel geredet über die Kunst des Liebens, über die Schönheit, über den Geist der Frauen, über die honigsüsse Wonne der Umarmungen zweier Liebenden. Venus wurde von uns angerufen und sie weilte unter uns, eine lachlustige, ausgelassene Venus! Huldvoll lächelte uns die verbuhlte, die zügellose Göttin, die immer der Kitzel treibt neuen Kitzel zu suchen. Alle Scherze,[201] unsere Erzählungen waren von unverhüllter, unverfälschter Wollust beseelt.


TULLIA: Um zu lieben und geliebt zu werden, sind wir auf der Welt. Wer von uns nicht lieben und nicht geliebt werden will, die liegt schon im Grabe; die fault schon und duftet den Pestgeruch der Verwesung aus.


OCTAVIA: Schönheit und Anmut ist zweierlei. Die Schönen formt Mutter Natur mit eigner Hand; die Anmutigen verdanken ihre Anmut ihrer Kunst, ihrer Sorgfalt. Die einen herrschen kraft eigenen Rechtes; das Recht der andern ist nur auf Widerruf gewährt. Wirklich schöne Frauen versetzen auch die härtesten Herzen in Liebesglut. – ›Was aber eigentlich Schönheit sei, darüber gehen die Meinungen auseinander,‹ sagte Alfonso. ›In einem Punkt indessen stimmen alle Kenner überein: dass nämlich einem Jeden die am schönsten erscheint, die am besten zu ihm passt. Denn gerade wie nicht jede Speise allen Menschen gefällt, so passt nicht jede Art von Schönheit jedem Mann. Soviel Köpfe, soviel Sinne; soviel Augen, soviel Reize. Aber die Frau, die nach dem Urteil der grössten Anzahl von Männern als schön bezeichnet wird, die ist ganz gewiss für die meisten Männer die richtige, sowohl zur Befriedigung der Wollust wie auch zum Kindergebären. Soll ich die ganze Frage in ein Wort zusammenfassen? Nur Blinde nennen die Mentula blind – denn es gibt auf der ganzen Welt nichts scharfsichtigeres als die Mentula. Nur auf sie muss man sich verlassen, wenn man sicher sein will, die rechte Wahl zu treffen. Sobald das Weib erscheint, das der Mentula gefällt, merkt diese es, ohne dass man sie erst aufmerksam zu machen braucht: von selber bäumt sie sich empor. Und die recht eigentlich allerschönste Frau ist jene, der zu Ehren die meisten Schwänze stehen. Dein Vetter Federico liebte Lucia, eine plattnäsige, zahnlose Hure; er war bis über die Ohren in sie verliebt.‹ Sein Vater stellte dem jungen Mann seine Dummheit vor; dieser aber antwortete: ›Ach, Vater, lieber Vater – sieh doch Lucia nicht mit deinen, sondern mit meinen Augen an, und du wirst anderer Meinung werden, lieber Vater. Du wirst sagen, dass sie schön ist – würdig meiner Liebe und der Liebe aller Männer.‹ Ohne Zweifel stand bei Lucien sein Schwanz besser als bei allen anderen Weibern, mochten sie für noch so schön und reizend gelten. Der eine legt Wert auf einen strammen, saftstrotzenden Körper;[202] andere nennen eine Frau, die sich einer recht derben blühenden Gesundheit erfreut, einen Küchendragoner. Die alten Griechen liebten allgemein die recht stämmigen, dicken Weiber, von kräftigem starkem Wuchs. So sah Helena aus, die unter den Griechen für ein Muster vollkommener Schönheit galt. Die Phrygier dagegen zogen die Schlanken vor. Darum hielten sie ihre jungen Mädchen knapp in der Kost, so dass sie schlank wie ein Halm wurden. Diesen Geschmack haben auch die Franzosen, die Italiener dagegen und die Spanier nicht. Ein schöner Körper muss zwischen diesen beiden Extremen die Mitte halten: er darf weder mager noch fett sein. Eine dürre, fleischlose Frau – ach du gütige Venus! die weiss ganz und gar nichts von deinen Mysterien, von deinen feuchten Küssen, von deinem wonnigen Aneinanderschmiegen, von deinem langsamen Stössen, von deinem heissen Samenerguss. Eine hübsche, dabei aber dürre und magere Frau – wenn eine Dürre und Magere überhaupt hübsch sein kann – ist das lebende Ebenbild einer toten Venus. Wer möchte es wohl einer toten Venus machen, es sei denn etwa ein Schwerenöter von Totengräber? Wer möchte mit einer zu tun haben, die aussieht wie eine Leiche. Der Tyrann von Korinth, Priander, der ja auch mit Bias und Theles zusammen im Reigen der sieben Weisen dahinzog – der senkte freilich die Pflugschaar in die Furche seiner schon todesstarren Gattin und brachte der Venus ein priesterliches Totenopfer.


TULLIA: Er wusste wohl, dass, wie bei den Männern das Herz, bei den Frauen der Schamteil zuerst zu leben beginnt und zuletzt stirbt. Er nahm daher an, dass seine Frau an jenem Punkt wohl noch leben könnte, während alles übrige schon tot war. Denn wie unser Schamglied seine Bewegungen für sich hat, so hat es auch sein Leben für sich; es hat mehr Lebensenergie und daher auch längere Lebensdauer als alle anderen Glieder. Aber fahre bitte fort.


OCTAVIA: ›Ein hoher Wuchs wird viel gepriesen,‹ sprach Alfonso weiter. ›Der Hauptvorzug Alkmenens, der Mutter des Herkules, war ihr hoher, stolzer Wuchs. Aber wenn ich die Wahl hätte, so zöge ich eine kleine Frau einer grossen vor; der Lorbeer gefällt mir besser als die Fichten, obgleich,‹ so setzte er hinzu:


›Mir gefallen die Langen, desgleichen lieb' ich die Kurzen.‹


Ein übermässig grosser Wuchs ist aber meistens nur auf die Länge der Beine zurückzuführen; der Oberleib entspricht nicht dem[203] unteren Teil des Körpers, und das ist nach meiner Meinung – beim Kastor! – ebenso unschön wie lächerlich. Man möchte glauben – ja, lache nur, Tullia! – man möchte glauben, man sähe eine Wickelpuppe, die auf der Spitze von, zwei langen Stangen einhergetragen würde. Wer müsste bei dieser Vorstellung nicht laut auflachen? Wir lachten ja auch jedesmal, wenn wir an Magdalena dachten. Wenn man sie nackt sah – ich habe diesen Anblick gehabt – so glaubte man, nach ihrem Oberleib urteilend, sie sei viel kleiner als sie in Wirklichkeit war. Wenn man aber ihre Waden und Schenkel sah, dann hielt man sie für gross; und sie ist ja auch in Wirklichkeit sehr gross. Aber Frauen von sehr kleinem Wuchs stehen in schlechtem Rufe: man behauptet nämlich, dass bei den Kleinen ein gewisses Ding durchaus nicht klein sei. Gertrudis würde selbst bei den Pygmäen für eine Zwergin gelten. Bei ihr stehen alle Glieder in einem vollkommen harmonischen Grössenverhältnis zu einander, nur das Mittelglied passt nicht.


TULLIA: Ich weiss es, Octavia. Sie hat da unten eine hohe und weite Grotte, nicht ein Nest für einen zwitschernden Sperling. Im Alter von dreizehn Jahren wurde sie, die bis dahin gänzlich unberührt geblieben war, dem Alfonso Guzman vermählt. Alfonso aber fand sie bei der ersten Umarmung weiter gebaut, als selbst Venus es war, nachdem sie die süsse Last des Mars getragen hatte. Renommistisch hatte er seinen Kameraden versprochen, sie sollten das Klagegeschrei der Jungfrau hören, wenn er den blutigen und glorreichen Mord an ihrer Jungfernschaft vollbrächte. Die Jungfrau aber stiess nicht den leisesten Seufzer aus und keine einzige Träne floss bei ihr – ich meine jene blutigen Tränen, die die Jungfräulichkeit bei ihrer Hinopferung vergiessen muss. In weitem Raum spazierte die dicke Priapsmentula herum. Was sollte er machen? Er wirft das Pferd herum – das Mädchen muss sich aufs Gesicht legen, und mit mächtigem Stoss bohrt er ihr am verbotenen Ort die Lanze in den Leib. Unwillkürlich heulte die Jungfrau laut auf, als sie fühlte, wie sie auseinander gesprengt wurde. Da sagte er: ›Weiter wollte ich nichts; es sollten nur alle meine Freunde wissen, dass du Jungfrau bist, so gut wie ich es weiss. Hierauf legte er sie wieder auf den Rücken und nahm den unterbrochenen Kampf auf dem der anständigen Liebe gebührenden Blachfeld wieder auf; er bearbeitete sein Weibchen, das ihn aufs beste mit[204] Wackeln, Schieben, Spritzen unterstützte, und beide vollbrachten glücklich das Opfer.‹


OCTAVIA: ›Die allzu grossen Frauen aber,‹ so fuhr Alfonso fort, ›sind völlig oder doch beinahe kraftlos in den Kämpfen der Liebe. Mitten im Werk sind sie plötzlich schlaff, wie wenn ihnen die Glieder gebrochen wären. Wird ihnen der Sporn so recht tief eingesetzt, da antworten sie kaum mit einer ganz leisen Bewegung darauf – ja »kaum« ist eigentlich sogar noch zuviel gesagt. Die anderen, wie zum Beispiel du,‹ fügte er hinzu, ›sind kräftiger und feuriger!‹ – ›Ich,‹ antwortete Aloisia, laut auflachend, ›ich würde sogar den Gott Mars müde machen, wenn er sich mit mir ins Gefecht einliesse – obgleich ja Mars unsere Frau Venus müde gemacht hat. Er soll nur kommen, er soll nur kommen!‹


TULLIA: Auch dir fehlt es nicht an Kraft der Lenden, liebe Octavia: schwarz bist du von Haaren, schwarz sind deine funkelnden Augen, dunkel ist die Farbe deines Antlitzes und deiner Glieder. Weiter brauche ich nichts zu sagen.


OCTAVIA: Ach, du Böse! Du selber hast meinen Charakter gebildet. Pfui, wie kannst du mir etwas vorwerfen? Ich bin ja ganz und gar dein Werk. Ich bin dir so ähnlich, wie du der süssen Venus ähnelst. Weiter habe auch ich nichts zu sagen. Man behauptet ja freilich, die Frauen seien wollüstiger, deren Scheitel eine dunkle Mähne bedeckt. Wenn hieran etwas wahres ist, so seid auch ihr wollüstig, denen ein schwarzes Vliess die Kleine umkränzt. Dummes Gerede ist all dieses – dummes Gerede und nichts weiter. Denn wie ist es mit dir? Hast du etwa blondes Haar?


TULLIA: Ich will dich ja nicht böse machen – du bist ja die linke Hode der Venus. Du hast recht, Octavia: aus der Farbe lässt sich nicht mit Sicherheit auf die Leistungsfähigkeit in den Kämpfen der Liebe schliessen. Hierin folgt ein jeder seinem Geschmack. Der eine liebt die Blonden, der andere die Schwarzen, noch wieder ein anderer die Braunen. Blonde Haare bildeten die Zier Aspasias und der jungen Mädchen von Attika. Als Theseus zwei von den Jungfrauen verloren hatte, die er dem Minotaurus nach Kreta zuführte, da ersetzte er sie durch zwei Jünglinge deren Haare er blond färben Hess, damit sie leichter für Mädchen gehalten würden. Venus, die cyprische Herrscherin, erfand, so erzählt man, die Kunst sich die Haare zu färben – eine Kunst, die noch jetzt bei uns[205] Italienerinnen sehr beliebt ist. Diesen Törinnen gefällt einzig und allein die rotblonde Farbe; um diesen Zweck zu erreichen tragen sie kein Bedenken, sich barhäuptig den sengenden Strahlen der Sonne auszusetzen. Welch eine Unvernunft! sie suchen ihren Haaren diese Farbe zu geben, indem sie sie sich verbrennen lassen! Pindar und Anakreon aber dachten hierüber anders. Jener nannte die Musen schwarzlockig; dieser pries die schwarzen Haare seiner Geliebten; der eine war aus Theben, der andere aus Teos: wahrscheinlich war Schwarz die Lieblingsfarbe der Thebaner und der Tejer. Die Stadt Teos liegt in Mittel-Jonien. Die Farbe, die bei seinen Landsleuten die beliebteste war, war nach der Meinung des Schwans von Theben der Musen würdig. Und diese schwarzen Locken pries der tejische Sänger als Schmuck seiner Geliebten, die er in jenem Liedchen als die herrlichste Schönheit schildert. Braun steht in der Mitte zwischen Blond und Schwarz; es hat von diesen beiden Farben etwas, steht aber doch dem Schwarz näher als dem Blond. Ovid dichtete ein Lied zum Trost eines jungen Mädchens, dem die Haare ausgegangen waren, weil sie sie so sorgfältig gepflegt hatte. Nichts schöneres, ruft er, habe sich denken lassen als diese Haare:


Eigentlich schwarz ja waren sie nicht, noch glänzten sie goldig.

Aber von Schwarz und Blond borgten die Schönheit sie sich.


Er sagt, sie hätten jenen Haaren geglichen,


Die auf Bildern zuweilen wir sehn, wenn die nackte Dirne

Sie, dem Bade entsteigend, mit triefenden Händen emporrafft.


OCTAVIA: Ueber die Augen wusste der beredte Alfonso viele treffende Bemerkungen zu machen. Aber du bist viel belesener als er, Tullia, einen Vergleich mir dir, deren Scherze sogar von gründlichem Wissen zeugen, vermag er nicht auszuhalten.


TULLIA: Heimtückische, aber köstliche Hinterhalte der Liebe lauern in den Augen. Die von Achilleus so heissgeliebte, aber nur so kurze Zeit ihm angehörende Briseis hatte schwarze Augen, und Catull, der köstliche lateinische Dichter, spottet über eine gewisse Schöne, indem er ihr nachsagt, sie habe ›weder einen schönen Fuss noch schwarze Augen‹. Jedoch preisen die Dichter die blauen Augen der Minerva, und Dichter legen ja mit souveräner Willkür den Göttern gerade jene Schönheiten bei, die allgemein geschätzt und geliebt werden. Besonders preisen sie die grossen Augen; sie[206] nennen sie Sterne. Die Griechen nennen sie Ochsenaugen; solche Augen hatten Juno, Venus und Harmonia, die Gemahlin der Amphiaraus. Indessen auch den kleinen Augen fehlt es durchaus nicht an Liebhabern!


TULLIA: Wie im Kriege die Bogenschützen, um sicherer zu treffen, mit halbgeschlossenem Auge zielen, so sendet auch aus kleinen, nicht weit geöffneten Augen die Liebe mit vollkommener Sicherheit ihre Pfeile und trifft unfehlbar. Die Königin Isabella hatte Aeuglein, nicht Augen; aber unzählige Blitze schössen aus ihnen hervor, und wer sie ansah, um dessen Herz war es geschehen. Niemand hat dich, meine Tullia, je ansehen können, ohne dich zu lieben. Wenn deine Augen klein sind, so sind sie dafür um so lebhafter, um so feuergefährlicher für den Unvorsichtigen, der sich ihrer Gluth aussetzt. Hinsichtlich der Farbe des Gesichtes und des ganzen Leibes sind die Meinungen verschieden. Die Einen geben den Weissen, die Anderen den Braunen den Vorzug. Hoch in Ehren freilich steht jene milchweisse Hautfarbe, womit Kydippes begabt war:


›Wenn sein weisses Gesicht in rosigem Schimmer erglänzte.‹


Die leuchtend weisse Farbe der Haut ist eine Zier ersten Ranges. Sie ist gleichsam ein Licht, oder, besser gesagt, eine Ausstrahlung des Lichtes, die heller ist als das Licht selbst. Aber die Braunen sind leidenschaftlicher im Liebeskampf und ihre glatte Haut fühlt sich angenehmer an. Die Weissen ertragen nicht so gut wie sie die Last der Jahre und eine längere Anstrengung des Bettkampfes. Flugs sind sie matt, wie wenn ihre Lenden erlahmt wären; schnell sind sie schlaff und welk. Ihre Jugend grenzt nahe ans Alter, ja sie sind in der Jugend sogar schon halb und halb alt.


TULLIA: Isabellas Schwester Antonina übertrifft durch die Weisse ihrer Haut die Weisse der Milch und der Lilie. Isabella dagegen ist dunkel.


OCTAVIA: Ich will dir erzählen – das ist dir doch recht? – wie es jeder von diesen beiden Schwestern in ihrer Brautnacht erging. Der einen war das Liebesgeschüttle eine mühselige Anstrengung, der anderen eine angenehme Belustigung.


TULLIA: Wir wollen doch erst unsere Schilderung eines schönen Weibes zu Ende führen. Ueber Mund, Lippen, Zähne sind wir so ziemlich einig. Ein kleiner Mund ist, sagt man, der köstliche Sitz[207] des Liebesgottes, der Orakelsprüche von sich gibt; ferner gilt es all gemein als feststehend, dass ein Mädchen auch eine kleine Muschel habe: das untere Heiligtum der Venus habe bei ihr nur eine ganz enge Oeffnung.


OCTAVIA: Das ist aber falsch! Fernando Guzman hat sich bitterlich beklagt, auf diese Weise getäuscht worden zu sein. Er heiratete Fulvia, die wegen der Schönheit ihres winzig kleinen Mundes berühmt war, und fand bei ihr nicht ein enges Pförtchen, durch das er keuchend sich ins Reich der Venus hätte hineinzwängen müssen, sondern eine gähnende Grotte, in dessen Abgrund, als er den ersten Ansturm machte, seine Mentula verschwand wie in einem stygischen Sumpf. ›O, dieser schöne Mund!‹ rief Fernando, indem er ihr einen Kuss aufdrückte; ›aber dieser Mund ist ebenso verlogen wie schön! Lass nur wenigstens, meine liebste Fulvia, deinen vertrauensvollen Liebhaber nicht auch im übrigen betrogen werden!‹ – ›Ich weiss ganz bestimmt, dass ich dir niemals etwas vorgelogen habe‹, antwortete jene; ›aber vielleicht war das Gerät, das du mir ins Haus brachtest, gar zu winzig. Du machst mir einen Vorwurf, den du gegen dich selber erheben solltest.‹ Da lachte Fernando und brachte das Werk zu Ende.


TULLIA: Sehr gut! Leicht aufgeworfene Rosenlippen, wie du, Octavia, sie hast, möchte man einem Bogen vergleichen, der in der höheren Region des Liebeshimmels mit küsseschwerem Köcher zum Streit sich rüstet. Weisse, blanke, glänzende Zähne, die wie kostbare Edelsteine in tadelloser Reihe um die Zunge herumstehen, sind nicht nur ein Schmuck, sondern auch ein nützlicher Besatz. Denn wer wäre nicht voll Bewunderung darüber, dass die Zunge allein durch ihre Beweglichkeit und Sprechfertigkeit hinreicht, um alle die unzähligen verschiedenen Gedanken zum Ausdruck zu bringen, mit denen der Menschengeist sich trägt – ja sogar sie noch zierlicher und treffender zum Ausdruck zu bringen, als der denkende Geist sie zu bilden vermochte. Welche honigsüssen Wonnen aber die mutwillige Zunge in die Küsse hineinlegt, das weisst du ja, liebe Octavia, und es wissen's alle Liebenden, die nicht von Sinnen sind. Wie dem auch sei – soviel ist unumstössliche Wahrheit, dass einem jeden das wirklich schön ist, was ihm als schön erscheint. Du, Octavia, hast keinen kleinen Mund, und doch gefällst du allgemein. Viele andere junge Mädchen haben schmale[208] Lippen, unregelmässige und keineswegs an Elfenbein erinnernde Zähne, sprechen mit stammelnder Zunge allerlei geschmackloses Zeug – und doch gefallen sie. Manche lieben sogar Blödäugige – aber in der Tat ist ja Priapus halbblind, und blind ist auch die Mentula, die die Menschen erschafft und sie beglückt.


OCTAVIA: Wie köstlich ist der feurige Angriff einer heissen Zunge, wenn sie plötzlich unzähmbar aus dem Gehege der Zähne hervorbricht und stürmisch den begehrten Kuss heischt! Ja, wenn Caviceus und ich einander küssen, dann ersterben wir in allerhöchster Wonne – ich, wenn ich fühle, dass ich zwei Zungen habe; er, wenn er fühlt, dass er zwei Zungen hat! Unsere Seelen und unsere Atemzüge vermählen sich auf unseren Lippen in unbeschreiblicher Wonne, die sich nur mit jener anderen vergleichen lässt, die weiter unten Leib mit Leib, Geschlecht mit Geschlecht verbindet. Eleonora, die Königin der Sarmaten, sagte, der Kuss sei Amors Ammenspeise. Beim Munde müsse dieses Kindlein seine wahre Nahrung suchen; sonst werde sein Hunger nur durch ein Gaukelspiel betrogen, wie die Sage von Tantalus erzähle. So täuscht auch die Hoffnung des brünftigen Weibes der Mann, der die Mentula, die unserer Kleinen Liebesfutter bringt, nur bis an den Rand der äusseren Schamlippen bringt, aber sie nicht in die Tiefe eindringen lässt, obwohl er schon auf dem Bauch der Geliebten liegt. Möge die gütige Venus solch ruchlosen Wahnsinn stets mir fernhalten. Denn die Liebe siecht dahin, wie von einer Pest und tötlichen Krankheit getroffen, wenn sie vom Nass der Wollust nur oberflächlich bespritzt und nicht gründlich begossen wird.


TULLIA: Beim Anblick der Brüste lebt der Liebende wieder auf und hätte er auch kein Tröpflein Blut mehr in den Adern. Sieht er zwei feste, weisse, kleine Brüste, so ersteht er fröhlich und blühend zu neuem Leben. Bei den Phrygierinnen galten jedoch recht dicke Brüste als besonders schön, die, wie Ovid es ausdrückt, die ganze Brust bedeckten; schöner aber sind doch die harten, aufrecht stehenden, die, wie ein anderer sagt, ›gerade eine Handvoll ergeben‹. Was zu einer vollkommenen Schönheit gehört, ist übrigens von geistreichen Leuten genau festgestellt worden, und zwar haben sie folgendes Gemälde entworfen. In jeder Beziehung glücklich, sagen sie, sei das Weib, dem die Natur, die das Weltall so weise geordnet hat, für jeden Teil des Körpers gewisse Eigenschaften[209] bewilligt hat, die als besonders köstlich gelten. Nämlich, die Haut, die Zähne, die Nägel sollen weiss sein; Haare, Augen-Brauen schwarz; rosenfarbig Lippen, Wangen und der untere Teil der Nagel; Haare, Hände und Körperwuchs seien lang; drei andere Dinge aber kürzt Zähne, Ohren und Unterleib; dagegen sei die Stirn breit und hoch, die Schultern müssen breit sein, die Brauen durch einen breiten Zwischenraum von einander geschieden; der Körperwuchs sei schlank, der Mund klein, die Muschel sei nur ein ganz klein wenig geöffnet, nur so viel, um den ersehnten Tau empfangen zu können. Lippen, Schenkel, Waden müssen fleischisch sein, die Finger dagegen schlank und fein, desgleichen die Nase, und die Haare müssen es an Feinheit mit den Fäden der Spinne aufnehmen können; der Kopf, die Brüste und die Füsse müssen klein sein. Man bevorzugt Haare, die sich in natürlichen Locken wallen, die Stirn soll nicht allzu breit sein, die Haarwurzeln aber dürfen auch nicht tief in sie hinein wachsen; die Nasenflügel seien leicht geschweift. Jedem Menschen, meine liebe Octavia, dient sein eigener Geschmack als Regel und Richtschnur. Aber der Geschmack rechtfertigt sich selber und kein vernünftiger Mensch wird sich's einfallen lassen, für Eigenheiten des Geschmacks einen andern Grund zu suchen.


OCTAVIA: Wie du weisst, zählt man zu Lucretias besonderen Schönheiten ihren marmorweissen, strammen Popo. Er bildet ein köstliches Kopfkissen für Cupido, wenn er bei ihr schläft und zugleich einen Amboss, um auf ihm neue Menschen zu schmieden.


TULLIA: Lendenlos, plattärschig nennt Horaz das Weib, dessen Hinterbacken sich durch keine Rundung auszeichnen: ›plattärschig und plattnasig, mit kurzem Rumpf und langem Fuss‹ nennt er eine, die ihm offenbar nicht gefallen hat.2 Bei den Griechen waren die Mädchen berühmt, die man, wegen ihres schönen Popos, Kallipygen nannte. Wenn sie auch dem geringsten Stande entstammten, brauchten sie nichts weiter zu besitzen als diesen Vorzug, um reiche und vornehme Gatten zu finden. Ihr Popo war ihre Mitgift; und Dank dieser Mitgift erschienen sie schön genug.


OCTAVIA: Wenn die beiden Brüste durch einen ziemlich grossen Zwischenraum getrennt sind, gelten sie für schöner, das weiss ich wohl; bei mir stehen sie, wie du dich durch den Augenschein überzeugen[210] kannst, so nahe zusammen, dass sie sich berühren; Caviceus findet sie darum nicht weniger schön; denn sie sind beide von nicht gewöhnlicher Schönheit, weiss und fest, und er sagt oft bei unseren verliebten Scherzen und wollüstigen Gesprächen, er wundere sich nicht im geringsten darüber, dass meine Brüste in einander verliebt seien und sich beständig küssen.


TULLIA: Sonst nichts?


OCTAVIA: Ich will des Todes sein, wenn ich dich nicht mehr liebe als meine Augen selbst!


TULLIA: Und auch ich will des Todes sein, wenn ich dich nicht mehr liebe als meine Augen, ja sogar mehr als die Augen der Natur, die man Sonne und Mond nennt! Aber verliebte Leute machen manchmal, wenn Liebesglut sie befeuert, von den Brüsten einen gar nicht üblen Gebrauch. Du lächelst! Das ist für mich so gut wie ein Geständnis, liebste Octavia! Auch du hast es schon probiert, liebe Seele!


OCTAVIA: Bei den beiden Löchern unserer lieben Frau Venus – ich fühle mich ganz von Scham übergössen! Ich schäme mich der Erinnerung, dass dieser Zwischenraum zwischen meinen beiden Brüsten zum Mitschuldigen dieser ruchlosen oder doch wenigstens gar zu freien Befriedigung der Wollust gemacht worden ist! In unserem Hause ist ein Laubengang, der wie du weisst, auf unseren von Blumen aller Art prangenden Garten hinausgeht. Hier wandelten Caviceus und ich auf und ab; er umarmte mich, küsste mich, versetzte meinen Lippen leise Bisse und geriet völlig in Feuer. Plötzlich griff er mit der linken Hand mir an den Busen und rief: ›Mir fällt etwas recht unartiges ein! Zieh dein Kleid aus, liebes Herz!‹ Was sollte ich machen? Ich zog mich aus. Er verschlang mit seinen Blicken meinen nackten Busen und fuhr fort: ›Ich sehe Venus zwischen deinen Brüsten schlummern! Soll ich sie wecken?‹ Während er noch sprach, warf er mich rücklings auf die Ruhebank, die in jener Galerie steht, und schob mir den glühenden, flammenden Schwanz – er stand ihm wirklich wunderbar! – zwischen die Brüste. Wie hätte ich mich wohl seiner blinden Leidenschaft entziehen können? Mochte ich wollen oder nicht, ich musste alles über mich ergehen lassen; übrigens wusste ich auch, dass unter verliebten Leuten an gewissen Tagen gewisse Dinge geschehen, gegen die die Tugend selber nichts ausrichten könnte. Und da ich mit[211] diesem bösen Feinde der Keuschheit schon handgemein gewesen war und seine Stösse mit dem Unterleib pariert hatte, so musste ich mich der harten Notwendigkeit fügen und auch zwischen meinen Brüsten den Kampf aufnehmen.


TULLIA: Wie? Feind nennst du den Schwanz, der doch so freundschaftlich allen deinen verliebten Begierden dient?


OCTAVIA: Mit leisem Druck der Hände hielt er die Brüste zusammen, um sie einander noch näher zu bringen, und ohne Zweifel in der Absicht, dass sein lüsterner Muskel einen recht schmalen Weg zu dieser neuen Wollust finden sollte. Kurz und gut – während ich noch ganz verblüfft war über dieses ungewohnte Scheinbild einer lächerlichen Venus, überströmte er mich mit heissem Tau; er wurde fertig. Dann sagte er: ›Dass du mir, der ich vor Liebe zu dir wahnsinnig bin, diese Wonne bereitet hast, das wird auch für dich nicht unangenehm gewesen sein, mein Täubchen! Weisst du auch, dass du hier oben ebenso gut Weib bist, wie da unten, wo du den klaffenden Spalt hast?‹ – Dabei zeigte er mit dem Finger auf die Stelle. ›Folglich bin ich vollkommen in meinem Recht, wenn mich die Laune anwandelt, aus der Tiefe empor zu steigen zu diesen lieblichen Hügeln, auf denen man eine Aussicht geniesst, wie Venus sie liebt.‹


TULLIA: Wenn er so auf die höchsten Gipfel aus ist, wird er gar noch höher steigen.


OCTAVIA: An den Geschlechtsteilen saugen, mit dem Munde zu willen sein, lesbischer oder phönizischer Liebe fröhnen, sichs mit der Zunge machen lassen – das meinst du wohl, wenn du davon sprichst, dass Caviceus auf die höchsten Gipfel aus sei! Ach du gütige Venus! Wie viele Herbergen und Ställe für ihre Rösslein haben nicht nichtsnutzige Schlingel an unserem Frauenleibe entdeckt! Aber gewiss, eine anständige und züchtige Frau wird es anekeln, ihre Gedanken mit solchen Schändlichkeiten zu besudeln. Die Wollust soll sich rein erhalten von aller Infamie; sie ist darum nur um so entzückender!


TULLIA: Wer Ehrbarkeit und Anstand in der Wollust sucht, der sucht Finsternis am hellen Mittag. Wenn die Leidenschaft siedend aufwallt, so dass brodelnd die Geister überschäumen, dann gibt es für sie nichts unanständiges. Der Sokrates, der mit Phädon und Alkibiades verliebte Kurzweil trieb, war ein ganz anderer als der[212] Sokrates, der der Chorführer seiner schönen, jungen Freunde war. Auch der Weiseste hat niemals ganz und gar den Menschen abstreifen können, hat die angeborenen Triebe des Menschentums nie mals verleugnen können. Er könnte es nicht, selbst wenn er es wollte. Aber ein Mensch, der nichts von den Freuden der Liebe weiss, der kann sich auch nicht wahrhaft als Mensch fühlen; der ist ein stumpfsinniger oder verdorbener Tor. Der wahrhaft Weise weiss, wie süss es ist, bei passender Gelegenheit einmal recht unweise zu sein, und weiss dafür den rechten Ort und die rechte Zeit auszuwählen. Anderen Leuten gegenüber sei stets vernünftig; dir selber gegenüber sei oftmals unvernünftig, wenn du glücklich und angenehm leben willst. Manche verstellen sich; während sie im Liebesrausch sich selber nicht mehr kennen, spielen sie vor der Welt den Curius oder Cato. Manche, die von inneren Begierden bis zur Raserei verzehrt werden, zetern laut über die Genüsse, die den Menschen Frau Venus schenkt. Ihr Geist findet vor lauter Begierden keine Ruhe mehr; da gestehen sie sich selber ein, dass sie unter einem unglücklichen Stern geboren sind und dass wir andern unter einem glücklichen Stern geboren sind, dass die Götter und die Planeten uns mit ihrer Huld begnaden. Wenn die Sonne für ewig unterginge, was würde dann aus der Natur, die die Mutter aller Dinge ist? Wenn kein Strahl von Liebesfreude den Menschen lächelte, was würde dann aus dem Menschen, der in der Natur den Gipfelpunkt der Schöpfung bedeutet? Unglücklich und dahinsiechend wäre ihm sein Leib sein eigener Sarg. Lebend, ohne zu leben, tot, ohne gestorben zu sein, stände er mitten im Leben dem Tode näher als dem Leben, Kurz und gut, willst du wirklich behaupten, dass Menschen, die so geistreiche Gründe für ihr Tun anzuführen wissen, ihren Mund zu einer Infamie hergeben?


OCTAVIA: Du weisst gar geschickt mit Worten zu spielen. Dieser Aasbande von Philosophen sagt man ja allerdings nach, sie melken den Bock!


TULLIA: Im Machen sind sie gross, ihr Wissen ist gleich null! Beim ersteren gibt es ja auch lauter Vergnügen, beim anderen des Traurigen und Unangenehmen gar viel. Gerade so einer ist auch dein Theodorus. Du kennst ihn doch, liebe Theodora?


OCTAVIA: Was nennst du mich, du Närrin, Theodora? Ich bin ja doch Octavia, und du bist Tullia. Soll ich weiter erzählen?
[213]

TULLIA: Gern! Aber ich möchte auch die komische Geschichte von Antoninas und Isabellas nächtlichem Kampfe hören.


OCTAVIA: Deine Base Antonina war ja nicht mehr so ganz jung, denn sie zählte neunzehn Jahre, als sie Maffeo heiratete, der in der vollen Manneskraft seiner dreissig Jahre stand. Isabella fünfzehn Jahre alt, wurde mit Raimondo vermählt, einen kräftigen, starken, rüstigen Jüngling von fünfundzwanzig Jahren. Antonina beschämt den Schnee durch die Weisse ihrer Haut; Isabella ist braun, wie nur eine Tunesierin. Ihre Kräfte erwiesen sich in dem Liebeskampf der ersten Nacht als sehr ungleich, und sie hatten recht verschiedene Erlebnisse. Sie brachten der Frau Venus ihr Opfer nicht mit gleicher Geschicklichkeit dar, nachdem sie ihren Gatten übergeben worden waren. Antonina gewann, nachdem sie entjungfert worden war, ohne besondere Mühe viermal die Palmen im Liebeskampf. Dann aber war es für sie keine Lust mehr, sondern eine sehr unbequeme und ermüdende Last, die ihr Leib und ihre Seele verspürten. Als bei Tagesanbruch der immer noch unermüdete Reiter ihr wiederum den Sporn einsetzte, da unterlag sie, nachdem sie schon lange mit einer Ohnmacht gekämpft hatte. Zum munteren Ritt hatte der Renner die Kampfbahn der Wollust betreten. Als sie gegen Mittag das Ehebett verliess, sah sie blass, blutlos, leichenblass aus, wie wenn sie aus dem Grab auferstanden wäre. Isabella dagegen, die braune, deren Adern von Bächen flüssigen Feuers durchströmt zu werden scheinen, die befand sich besser trotz der Zartheit ihrer Glieder und Lenden, hatte sie sich unerschütterlichen Mutes den Strapazen der Brautnacht gewachsen gezeigt. Unermüdlich hielt sie die stürmischen Angriffe des unermüdlichen Athleten aus. Lachend hielt sie ihrer Schwester vor, dass sie ihrer Schlaffheit sich schämen müsse. Mit spöttischer Lustigkeit tanzte sie um sie herum. ›Geh mir doch!‹ rief sie. ›Ich, die ich so viel jünger und keineswegs kräftiger bin als du – ich habe mich trotzdem wacker benommen. Ich bin lebendig – du bist tot! denn du lebst doch nicht etwa? Beim ersten Angriff – das will ich gern gestehen – da wurde ich ganz gewiss nicht leicht verwundet; ich hielt jedoch den Schmerz aus, damit mein Mann, der mir diese Wunde versetzt hatte, nicht lange damit renommieren könnte. Bei Juno! von den Zinnen meiner Festungswälle trieb der Sieger meine Jungfräulichkeit, trotz all ihrem Widerstände, in die inneren Teile der Verschanzung[214] zurück. Wie ein Wirbelwind warf er alles nieder, nachdem er die Blume meiner Jungfernschaft gepflückt hatte, zerstampfte er sie ganz und gar. Aber als er den Kampf von neuem beginnen wollte, da gab die unverschämte Kühnheit des stürmenden Feindes mir meinen Mut wieder. Ich hielt dem Ansturm seiner Manneskraft stand. Bald fühlte er, wie seinen Lenden der Sieg entglitt. Mein Herkules erlag unter seinem und meinem Siege und ich, als neue Amazone konnte mein Hohn- und Triumphgeschrei anstimmen. Darum Mut, liebe Schwester!‹ – ›Was willst du?‹ antwortete Antonina; ›ich verspürte nicht, wie du, nur einen leichten Schmerz zu Beginn des Kampfes, sondern einen furchtbaren, stechenden, zerreissenden Schmerz, den ich kaum ertragen konnte. Nachher, als immer von neuem wieder der Kampf begann, da befiel eine so furchtbar schwere niederdrückende Müdigkeit meine misshandelten Glieder, dass ich glaubte, sie hätten sich in Blei verwandelt. Ich bat um einen Waffenstillstand von einigen Stunden, Alcides verweigerte ihn mir, indem er mich noch dazu verhöhnte, und so bekam ich keinen Augenblick Schlaf.‹ – ›Schlaf habe ich auch nicht zu sehen gekriegt,‹ versetzte Isabella; ›was redest du denn von Schlaf? worüber beklagst du dich? Der Schlaf hat doch nichts köstlicheres als jene zwar nichtigen, aber entzückenden Traumbilder der Liebeswonne, die er uns vorgaukelt. Was wagst du es, den Schlaf der Venus vorzuziehen, die in unserer Person sich verkörpert und ihre süssen Spiele treibt – den Schlaf, dessen Traumbilder uns ja gerade –?‹ ›Aber die Uebersättigung bemächtigt sich auch der wackersten Kämpen der Minne,‹ antwortete Antonina. ›Ich möchte nicht beständig Nektar, diesen Göttertrank, schlürfen, und du möchtest dies ebensowenig.‹ – ›So hat denn alle deine Standhaftigkeit,‹ fuhr Isabella fort, ›dir kein Glück gebracht und hat dir keine Wonne bereiten können. Du wurdest reich beglückt mit Hymens Gaben – denn solche Lust ist ein wahres Geschenk, und nicht bloss das Scheinbild eines solchen. Und das nennst du ein Unglück, liebe Schwester? Geh mir doch! Nimm dich in acht, dass nicht alle Welt dich auslacht, wenn du dich so benimmst!‹ – ›Ich will nicht mit dir streiten, liebe Schwester. Du denkst wie ein hochherziger Held; und ich weiss wohl, dass dieser Denkweise das Menschengeschlecht seine ewige Fortdauer verdankt. Wie dem nun immer sei – meine Kräfte würden wohl hinreichen, um in einer Nacht[215] drei- oder viermal den Liebeskampf zu bestehen. So weit hilft mir mutvoll meine Jugend, die Leidenschaft, die mir den Busen bläht und meine Jugend beseelt. Beim fünftenmal fühlte ich unter den Angriffen meines rücksichtslosen Mars mich schwach werden. Mir wurde übel. Beim sechstenmal bespritzte und befleckte er mich ohne dass ich etwas davon empfand. Mir wars, als hätte er mit einem fremden Weibe zu tun. Ich empfand nicht den geringsten Genuss dabei; als er's zum achtenmal begann, wurde mir übel und ich vermochte kaum noch Atem zu schöpfen. Beim neuntenmal fiel ich völlig in Ohnmacht; trotzdem machte er seine Arbeit fertig. Ich seufzte nicht mehr, ich bat nicht mehr; ich lag in tiefer Bewusstlosigkeit. Nun, jetzt weisst du also alles, was vorgefallen ist, lieb Schwesterchen! Meine Seele prophezeit mir böse Folgen dieser Brautnacht! Unverheiratet möchte ich nicht leben, und sollte ich mitten unterm Werk der Liebe sterben.‹ – ›Sage mir doch noch, liebe Schwester,‹ erwiderte Isabella, ›wie fing Maffeo es an, dass du ihn doch wieder gern hattest, nachdem du aus deiner Ohnmacht zu dir gekommen warst? Wer möchte wohl einen Mörder einen Doppelmord verzeihen: den Mord der Jungfernschaft und der Jungfer?‹ – ›Mit sanften Worten,‹ antwortete Antonina, ›machte er sofort sein rücksichtsloses Vorgehen wieder gut. Und wie komisch! Auf dieselbe Weise, wie er mich getötet zu haben schien, rief er mich ins Leben zurück. Noch einmal und sogar ein zweites Mal machte er von seinem Gattenrecht Gebrauch; ich fügte mich ihm und verspürte keinen Schmerz davon. Ja, so ist's, liebe Schwester: in der Liebe bereiten dieselben Wunden Wonne, die vorher geschmerzt hatten.‹


TULLIA: In jener Nacht kam sie in die Schule und machte zugleich ihr Examen. Heute weiss Jaime Ximenez, was für eine herrliche Streiterin der Liebe sie ist.


OCTAVIA: Du kannst ihr nachsagen, dass sie eine Frau von leichter Lebensart ist, deshalb ist sie aber doch anständig; in ihren Augen ist Schamhaftigkeit nicht eine Tugend sondern ein Laster. Sie sah wie dieser schöne Jüngling um ihretwillen ganz verstörten Geistes war; da hatte sie Mitleid mit ihm. Sie sah seine glühende Mentula; sie begriff dass sie von ihr Hilfe erwartete; und sie gewährte sie aus Mitleid. Wenn sie sich ihm fleischlich hingegeben hat, so darfst du das eigentlich nicht der ehrbaren und feinfühligen Antonina[216] zuschreiben, sondern musst es auf Rechnung ihres Mitleids setzen. Denn der Jüngling wäre gestorben.


TULLIA: Ganz ähnlich hast du auch mit Theodorus Mitleid gehabt; nicht aus Zuchtlosigkeit, sondern aus frommen Mitleid. Ihr habt euch natürlich in allen Ehren beschlafen, denn ihr handeltet aus tugendhaften Antrieben.


OCTAVIA: Ich schäme mich dieses Fehltritts und bereue ihn. Als, wie du weisst, vor einem Monat mein Caviceus nach der Provinz Tarragona verreiste, kam der Stoiker Theodorus zu mir und sagte: ›Ich teile deinen Schmerz. Er tut mir leid, dass du für eine lange traurige Zeit als Witwe zurückgelassen bist. Mit Caviceus hat dich die Hälfte deiner Seele und deines Lebens verlassen. Glücklicher, ach allzuglücklicher Caviceus!‹ Ja, es ist so, Tullia: ich schäme mich meines Fehltritts und bereue ihn.


TULLIA: Weiter, weiter, kleine Närrin! In meinem ganzen Leben gibt es nichts, was du nicht eben so gut wüsstest wie ich selber, und du trägst Bedenken, die geheimen Falten deines Gewissens mir offen zu legen?


OCTAVIA: Als er den Namen meines Caviceus aus sprach, da rannen mir einige Tränen aus den Augen. Und ich antwortete ihm: ›Es gibt nichts aufrichtigeres als meinen Schmerz und gibt nichts schmerzlicheres für mich. Mir fehlt – ich leugne es nicht – ein Trost, um meinem Geist und meiner Seele Ruhe zu geben; denn jetzt sind sie in wilder Jagd in Gedanken auf der Verfolgung meines Gatten.‹ – ›Ich selber werde sie anhalten,‹ sagte Theodorus; ›ich werde diese unberechenbaren Erregungen beschwichtigen, wenn du nur so gut sein willst, meinen Worten Gehör zu schenken.‹ – ›Das will ich,‹ antwortete ich; ›und ich rufe zum Zeugen meinen Kummer an; ich werde nach deinem Befehle handeln, denn ich erkenne an, dass ich alle Tugend, die in mir ist, deiner Erziehung verdanke.‹ – ›Du wirst auf mich hören?‹ versetzte er; ›du wirst auf mich hören? Wirklich? Aus Herzengrunde? Du wirst meinen Vorschriften und nötigenfalls meinen Befehlen gehorchen? Du wirst gelehrig sein und mir deine Gelehrigkeit bezeigen?‹ – ›Ja!‹ antwortete ich. ›Wenn du dies tust, so ist es dein Glück. Bald wirst du nichts mehr davon merken, dass Caviceus fern von dir weilt. Du brauchst nicht mehr deine Sehnsucht dem Abwesenden nachreisen zu lassen und dich in glühender Liebe zu ihm zu verzehren.‹ Von neuem[217] versicherte ich ihm, ich würde mich seinem Willen fügen und würde seine Sklavin sein, wie er es verlangte. Hierauf sagte er: ›Zunächst verlange ich von dir einen Eid, dass du meinen Befehl mit dem soeben versprochenen Gehorsam unverbrüchlich ausführst.‹ Kurz und gut – ich schwor ihm, wie er es verlangte einen Eid, indem ich ganz eingeschüchtert seine Worte nachsprach. Ich liess mich durch die Religion zu einem Verstoss gegen die Religion verpflichten.


TULLIA: Ich verstehe. Als er dich durch deinen Schwur zu seiner Sklavin gemacht hatte, war für dich jedes Recht auf freien Willen völlig verloren.


OCTAVIA: Ganz recht, und zwar vom selben Augenblick an. Er herrschte als unumschränkter Gebieter über mich; er drohte mir, er werde mein erbitterter Feind sein und sich für meinen Verrat rächen, wenn ich mich nicht, sobald er etwas befehle, willig zu allem hergäbe, was man von einer Sklavin verlangte. ›Bis jetzt,‹ sagte er, ›hast du in mir nur einen Lehrer gehabt, der dich in die Schule der strengsten Zucht nahm; du bist gegeisselt, bis auf das Blut gegeisselt worden. Mehr als einmal habe ich staunend deine Heldenhaftigkeit, die heroischen Anstrengungen deiner Standhaftigkeit bewundert. Nun aber gibt es für dich nicht mehr solche harte und schmerzhaften Prüfungen zu bestehen! Die Strafe, die deine himmlische Schönheit verdiente – obwohl du selber unschuldig daran warst – diese Strafe hast du erlitten. Nichts mehr von den perversen Lüsten deiner Mutter Sempronia, die mit trügerischen Vorspiegelungen dich irre führte. Du irrtest damals fern vom rechten Wege, durch Waldesdickicht auf steilen dornenbewachsenen Pfaden. Was hattest du getan, um solch ein elendes Schicksal zu verdienen. Wenn du jetzt mich zum Führer nimmst, dann wirst du auf einem bequemen und angenehmen Wege wandeln, der dich zum Glücke bringen wird. Wisse: auch wir Mönche sind Männer, so gut wie Caviceus; aber wir sind vorsichtiger und klüger als die übrigen; wir thronen auf dem höchsten Gipfel der Menschheit. Daher braucht eine junge Frau, die ihrem Triebe nachgibt und mit uns Kurzweil treibt, durchaus nicht um ihren guten Ruf besorgt zu sein, wenn sie sich nur zu benehmen weiss; sie braucht nicht leichtgläubig auf das Gerede der Leute zu hören und zu meinen, sie habe durch ihre Nachgiebigkeit sich den geringsten Schimpf oder Makel zugezogen. Glaube mir:[218] wir dürfen alles tun, wenn wir es im geheimen tun können. Die Weisen dürfen tun, was ihnen gefällt, eben weil es ihnen gefällt. Wenn dir die Gnade zu teil geworden ist, zum höchsten Sitze und zum hellsten Lichte der Weisheit zu gelangen nachdem du deine Scham beiseite gesetzt hast – so wird dies keine Befriedigung deiner Wollust, ja es wird nicht einmal ein sinnliches Vergnügen sein. Sondern es wird ein Teil deiner Pflicht sein, wird zur Erfüllung des Guten und Rechten gehören.‹


TULLIA: Das war scharfsinnig und geistreich von ihm gesprochen! Was antwortetest du ihm darauf?


OCTAVIA: ›Was soll ich dir zu Gefallen tun?‹ versetzte ich ihm. ›Soll ich als sterbliches Geschöpf dem Geheiss eines Sterblichen gehorchen?‹ Denn, bei Venus! ich begriff nicht, liebe Tullia, worauf seine Rede hinauswollte. Hierauf sagte er: ›So wie du mich hier vor dich siehst: mit finsterem Gesicht, mit Augen, die traurig mit erloschenen Blicken starren, von einem fadenscheinigen zerrissenen schmutzigen Gewand bedeckt – bin ich weiter nichts als eine künstliche Maschine ehrwürdiger Philosophie, ein Witz pedantischer Architektonik. Aber wenn du es willst, so werde ich dir ein neuer Merkur sein, werde mich dir nicht als solche Maschine sondern als Mensch von Fleisch und Blut erweisen. Ich werde ein anderer Mensch sein und doch bleiben, was ich war. Soll ich meine Verkleidung von mir abtun? Dann tue auch du deine Befürchtungen ab. Lass Octavia ganz und gar Octavia sein. Sieh, wie du in Nebeln des Irrtums wandelst; du verbirgst dich vor dir selber; du merkst nicht, was du bist, du siehst es nicht! Du bist anders als du selber glaubst! Zum Muster nimm dir die vielen adligen Frauen, die ihre Person, ihren guten Ruf, mit einem Wort Alles, uns anvertrauen, weil sie wissen, dass wir die Männer sind, zu denen man das grösste Vertrauen haben kann. Sie begeben sich aller ihrer Hoffnungen, aller ihrer Freuden, um sie uns anzuvertrauen, und sie tun es in voller Sicherheit, da sie unter dem Schilde unserer bewunderungswerten Vorsicht stehen. Die gebräuchlichste und nützlichste Vorsicht unserer Philosophie lautet: freut euch des Lebens, so sehr ihr nur könnt – aber freut euch im Stillen und nicht in der Oeffentlichkeit; so macht es der Vorsichtige und der Weise. Seine Freuden, seine Genüsse offen vor den Augen aller Leute zu suchen kann nur ein Dummkopf, ein Tor, ein Wahnsinniger sich[219] einfallen lassen. Wer vorsichtig handelt ist lobenswert; wer aber unvorsichtig ist und sich nicht dem Lichte der Oeffentlichkelt entzieht, der hat den herbsten Tadel verdient. Hübsche Frauen wie du, liebe Octavia, müssen auf diesem Wege ein angenehmes, glückliches Leben führen. Gaben euch nicht die Unbesonnenen die Lehre dass ihr euch vor den Fallstricken zu hüten habt, die die böswillige Welt euch legt? Mögen sie zu Grunde gehen, deren Untergang um des Beispiels willen zu wünschen ist. Leben aber, glücklich leben mögen jene Klugen, die begriffen haben, was Leben heisst! Mögen sie leben, um immer ihren Grundsätzen treu zu bleiben, um sich an das Beispiel der Törichten nicht zu kehren; mögen sie sich ihre eigene Klugheit und das schlechte Beispiel der anderen zu Nutze machen! Mach' es wie deine Mutter Sempronia!‹ Hierauf erzählte er mir von meiner Mutter, wie sie die Ratschläge und die Lendenkraft seines Klosterbrudesr Chrysogonus sich zu Nutze zu machen wisse und in Freuden und Wonnen ihre Lebenstage verbringe.


TULLIA: Ich habe Chrysogonus gekannt, der ja ebenfalls Stoiker ist, und ich wundere mich keineswegs, dass er mit Theodorus eng befreundet ist; da ihr Charakter so völlig gleich ist, kann es ja gar nicht anders sein. Theodorus und Chrysogonus ähneln einander wie ein Ei dem anderen; doch soll Theodorus, wie man sagt, etwas jünger sein als sein Freund.


OCTAVIA: Chrysogonus hatte meine Mutter bei der Hand ergriffen, und sie waren zusammen in deren Schlafzimmer gegangen; ich aber blieb mit Theodorus allein: ›Was glaubst du wohl,‹ sagte dieser zu mir, ›dass Chrysogonus mit deiner Mutter aufstellen wird? Genau dasselbe, was du mit Caviceus treibst, und was gar bald – jawohl, gar bald! – ich mit dir machen werde! Denn, glaube mir's nur, ich werde dir eine Quelle von Wonnen, voll Tugenden sein! Und bei deinem Schutzgeist: nicht nur dies sondern auch eine Quelle allgemeinen Lobes; du dagegen wirst für mich eine Quelle ehrenhafter Wollust sein. Denn wie könnte wohl auch zwischen uns irgend etwas Unehrenhaftes stattfinden, da ja du so züchtig, so ehrbar bist, da ich so bieder, so ehrwürdig bin?‹ Als er so zu mir sprach, da, meine liebe Tullia, kam es mir – ich muss es dir nur gestehen – vor, als sei er ein ganz anderer Mensch geworden, als sei er anmutiger, hübscher. Wie ich ihn ansah, begann ich in Feuer zu geraten – und dabei hatte ich eben noch vor Furcht und Angst[220] gezittert! Er lächelte mich verliebt und zärtlich an – ich lächelte ebenfalls; auch Venus lächelte und es lächelten alle Liebesgötter! Und da ich selber kühner geworden war, so machte ich dadurch auch ihn kühner, und er sprach: ›Heute feierst du von neuem Hochzeit! Heute habe ich eine neue Gattin!‹ In demselben Augenblick sah ich, wie an der Stelle, wo seine Manneswehr verborgen liegt, seine Kutte sich aufbauschte. Unwillkürlich lachte ich laut auf.


TULLIA: Es juckte dich wohl?


OCTAVIA: Ich fühlte mich von einer derartigen Brunft ergriffen – ich will es dir nicht verhehlen – dass nicht viel fehlte, so hätte ich mich ihm in die Arme geworfen und selber den Beischlaf verlangt! Auch er war sehr aufgeregt und sagte: ›Freilich dünkt es mich, dass ich wohl weiss, welchen Gebrauch ich von deinem Leibe zu machen habe; und doch weiss ich nichts Gewisses. Ich war fünfzehn Jahre alt, als ich in unsere Brüderschaft eintrat. Bis vor einem Jahre habe ich niemals ein Weib angesehen; seither habe ich sie wohl angesehen, aber weiter auch nichts. Chrysogonus gab mir mit Wort und Beispiel den Rat, ich solle doch kühner sein. Der Aberglaube verbot es mir; denn für einen frommen Stoiker wäre das eine Sünde gewesen. Seit meinem Eintritt ins Kloster habe ich niemals mit einem Weibe zu tun gehabt; nun aber habe ich dich, du schönste aller Frauen – und für dich habe ich meine Mens und meine Mentula rein und unversehrt erhalten. Auf mein Betreiben haben meine Klosterbrüder Chrysogonus zu unserem Oberen gewählt. Da er durch diesen bedeutenden Dienst mir verpflichtet ist, so hat er vor unserem Besuche bei euch, lang und breit und in voller Aufrichtigkeit mit mir über alle seine Angelegenheiten gesprochen. Er hat mir gesagt, in Sempronias Armen habe er das wahre Glück gefunden, das wir in unserem Drange nach der himmlischen Seligkeit suchen. Er hat mir geraten, ich möchte doch den Versuch machen, auch dich, die du so jung und feurig bist, den Eindruck strenger Autorität und freundlicher Worte wirken zu lassen. Er hoffte, deine Jugend einerseits, die Abwesenheit deines Gatten Caviceus andererseits, würden meinen Wünschen und meinen Bitten hilfreiche Kuppeldienste leisten. Ausserdem hiess er mich meiner Muskeln nicht zu schonen. Denn‹, sagte er, ›die Frauen erwarten in dieser Hinsicht Wunderdinge von uns. In Dingen der Liebe gilt in ihren Augen jeder Mönch für eine Art von Herkules.‹[221] Natürlich ist ja auch unsereiner, wenn er so lange Zeit mit Frau Venus auf dem Kriegsfuss stand, nur um so kräftiger und von ungestümerem Drange erfüllt, wenn, der Friede geschlossen und die Freundschaft wieder hergestellt ist. Du wirst also, meine liebe Octavia, meine süsse Venus, einen Liebhaber haben, der weder hinter seiner Aufgabe, noch hinter deinen Wünschen zurückbleiben wird – einen Athleten, wie keine Königin ihn sich kräftiger wünschen könnte! Mit diesen Worten gab er mir einen Kuss auf den Mund. Ich aber rief: ›Was soll dies heissen? Was willst du von mir? Ist das deine Weisheit? Ist das deine strenge Würde?‹ – ›Was ich will?‹ versetzte er, ›frage dich lieber, was du willst, kleine Närrin! Willst du etwa das Heiligste verachten und durch einen Meineid deine Seele beflecken?‹ – ›Das will ich freilich nicht!‹ antwortete ich. – ›Nun so werde ich tun, was ich zu tun habe, und ausgezeichnet werde ich's machen! In dem Liebeskampf mit dir will ich sterben, wenn meine Kraft nicht ausreicht!‹ Und im selben Augenblick warf er mich auf das Bett; ich wehrte mich nur zum Schein ein bischen.


TULLIA: Das war recht von dir!


OCTAVIA: Wie ich nun so dalag, hob er schnell mit zitternder Hand meinen Rock hoch. ›Wie bequem‹, rief er, ›hast du doch deinen Spalt gerade an der rechten Stelle sitzen!‹ Und denke dir, Tullia, von wie heisser Wollust er entbrannt war! Er warf sich auf die Kniee und küsste ...


TULLIA: Was? er küsste deine ...? O je! O je!


OCTAVIA: ›O Heiligtum der Venus, die der Götter und Menschen Mutter ist!‹ rief er, während er seine Zunge spielen liess; ›demütig flehend betrete ich deine Schwelle! Ich bete dich an! Nimm meine Küsse als Liebesopfer hin! Höre mein Gebet, gütige Venus, und erhöre es?‹ Nachdem er dies gesprochen hatte, stand er auf, und – o Wunder! Tullia, Tullia! – aus dem Gefängnis Hess er seinen Schwanz heraus – einen Schwanz, oh! den König aller Schwänze! So einen hat nicht einmal Venus bei ihrem Mars gesehen, so einen fanden nicht die Frauen von Lampsakos bei Priap, so einen fand nicht Omphala bei Herkules! Wollte man mit ihm die Werkzeuge unserer Männer Callias und Caviceus vergleichen, da könnte man ebenso gut mit dem riesigen drohend aufgerichteten Schwanz eines Löwen ein dünnes Rattenschwänzlein vergleichen. Wirklich – ich lüge nicht!
[222]

TULLIA: Ja, bei den Mönchen, da wird gerade dieses Glied immer dicker, während alle ihre anderen Glieder immer dünner werden. Gerade so ist's bei anderen Menschen mit der Milz: wenn diese anschwillt, magern alle anderen Glieder ab.


OCTAVIA: Du meinst, Theodorus sei zu mager?


TULLIA: Dass Chrysogonus sehr dürr ist, wirst du nicht leugnen wollen.


OCTAVIA: Theodorus ist bei den anderen Stoikern, seinen Klosterbrüdern, angesehen wie kein anderer! Hinter ihm bleiben alle anderen weit zurück; mit dem Ruhme seiner Mens und seiner Mentula vermag niemand es aufzunehmen. Aber ich hasse Chrysogonus, obwohl ich damit nach der Meinung seines Freundes Theodorus Unrecht habe. Sie teilen sich gegenseitig alle ihre Gedanken mit; jede Wonne, jedes Glück, das sie gemessen, haben sie auf diese Weise gemeinsam. Denn so, sagen sie, geniessen sie von neuem ihre Genüsse; glücklich und fröhlich kosten sie Tage und Nächte lang Freuden aus, die in einem flüchtigen Augenblick dahin waren. Aber wehe dem unreinen Wollüstling Chrysogonus! Er treibt in seiner Liebesraserei Frevel mit dem Haupte meiner Mutter!


TULLIA: Der Mensch benutzt ihren Mund? Sie ist ihm mit Zunge und Lippen zu Willen? Sempronia erlaubt ihm, ihre Geschlechtsteile an einem Ort zu suchen, wo sie nicht sind? Ja, sie lässt ihn sie dort finden? Sie ist also eine Frau unreinen Mundes und unreinen Atems geworden? Von der vornehmen Kurtisane Claudia sagte man, sie sei bei Tische eine Koerin, im Bette eine Nolanerin. Diese besondere Art der Wollust schändete nämlich die Nolanerinnen, die Oskerinnen und Lesbierinnen. Ovid in seinen Priapeen nennt sie ›die dritte Strafe‹. Von den Raben behauptet man, sie treiben Unzucht mit dem Schnabel und hierauf spielt das nicht unelegante Distichon an, worin es heisst:


Corve salutator, quare fellator haberis,

Cum caput intrarit mentula nulla suum?


Diese schändliche Unzucht kam zuerst in Lesbos auf, und verbreitete sich dann fast in allen Ländern und bei allen Menschen. Kaiser Tiberius war dieser Wollust teils von Natur teils wegen seines Alters leidenschaftlich ergeben. Wer sie einmal probiert hat, der liebt sie über alle Massen. Denn die Mentula gehorcht den Greisen nicht[223] mehr so, wie sie, in den schöneren Zeiten der Jugendkraft, ihrem Befehl bereit stand:


... Glaube mir: die Dinger

Sind ja keine Finger.


Sie sucht höhere Regionen auf: in ihnen lebt Grossväterchens Schwanz wieder auf; was der eine Mund versagt, das gewährt der andere. Sich aussaugen zu lassen, ist für so eine erschöpfte, schlaffe Mentula eine süsse Wonne. Aber wenn der fusslange Schlauch deines Theodorus zu seiner vollen Dicke anschwillt, so fürchte ich, verletzt er dir den Mund, der ja so niedlich und eng ist. Dieser Frevel ist sogar den schönsten Jungfrauen der Heroenzeit angetan worden. Meleager hat sich in seiner Leidenschaft nicht abhalten lassen, mit Atalantas Mund solchen Missbrauch zu treiben. Parrhasios hat Atalanta gemalt, wie sie dem Meleager mit ihrem Munde zu Willen ist. Tiberius stellte in seinem Schlafzimmer im Lararium dieses Gemälde zur Schau.


OCTAVIA: Zur Schau stellte er es? Ja, seiner eigenen Wollust und seiner ohnmächtigen Schamlosigkeit!


TULLIA: Darum ärgern dich die Geilheit und die Unverschämtheit, womit Chrysogonus deine Mutter behandelt. Ich wundere mich, dass sie zu solcher Schändlichkeit sich hergegeben hat, und noch mehr wundere ich mich, dass sie davon geschwiegen hat. Niemals hat sie mir gegenüber ein Wörtlein darüber verlauten lassen.


OCTAVIA: Diese Schändlichkeit übersteigt jeden Begriff von Schändlichkeit! Vorgestern nachmittag kam Chrysogonus zu meiner Mutter. Das ganze Haus lag in tiefem Schweigen und die beiden waren in voller Sicherheit. Der Mönch trieb seine Kurzweil und geriet in Feuer. Plötzlich sagt er: ›Gestern früh habe ich von einer neuen Art von Wollust Kenntnis erhalten. Einer unserer vornehmsten Herren sagte mir – ohne sich der Sache im geringsten zu schämen, er könne sich nichts Ekelhafteres, nichts Unreineres denken, als jenen unteren Körperteil seiner Gemahlin, durch den sie sich als Weib von ihm als Mann unterscheide. Nebenbei bemerkt, hat er eine sehr schöne Frau. In jenem Kielbodenwasser wohnen, sagte er, die übelriechenden Nymphaliden; im Munde dagegen‹ – bei diesen Worten gab Chrysogonus ihr einen Kuss auf die Lippen – ›wohne die wahre Venus, wohnen die wahren Liebesgötter.‹ ›Daher flieht und hasst er jene Grotte, die einen mephitischen[224] Geruch ausströmt; er liebt dagegen den reinen Mund, das reizende Gesicht. Nur von diesem will er etwas wissen, nur für dieses steht er ihm! Seine Gemahlin ist ebenso geistreich wie schön, und sie ist noch gefälliger, als sie geistreich und schön ist. Sie kennt keinen anderen Genuss als den Genuss, den ihr Gatte hat; was ihm gut dünkt, das dünkt auch ihr gut; willig fügt sie sich allen seinen launenhaften Einfällen. Und so leistet sie ihm auch mit ihrem Munde den verlangten Liebesdienst. Nun, und du, Sempronia? Was würdest du tun, wenn ich dich darum bäte? Wenn du mir diesen Gefallen verweigern solltest, da wäre ich aller meiner Versprechungen ledig, so brauchte ich mich nicht mehr meines dir gegebenen Wortes zu erinnern. Ferner wird es dir nicht entgehen, dass der schöne Leib eines schönen Weibes, wie Sokrates zu sagen pflegte, nichts weiter ist als eine lebendige Schatzkammer, der die Männer ihrer Wollüste anvertrauen, um bei Bedarf stets wieder darüber verfügen zu können. Was kommt es denn auch, ich bitte dich, darauf an, ob der Strom der Wollust sich durch diesen reinen Kanal ergiesst‹ – hiermit küsste er ihren Mund – ›oder durch jenen schmutzigen?‹ – damit zeigte er nach unten. – ›Wenn du von deiner Pflicht reden willst, so wird von Genuss für dich nicht die Rede sein, denn ganz gewiss wirst du von deiner Pflichttreue keinen haben!‹ Er hätte ja einfach befehlen können; aber er überredete sie zu etwas, wozu sie schon von selber sich entschlossen hatte. ›Oh‹, sagte sie lächelnd, indem sie ihm die sich aufrichtende Mentula unter der Kutte hervorholte, ›was für Weisen lässt du mich bei unserem Konzert spielen und auf was für einer Flöte!‹ Hierauf setzte sie ihre Lippen an, Hess die Zunge spielen und verschaffte der Mentula nie gekannte Wonnen, indem sie sie bald so, bald so drehte. Als sie aber merkte, dass der Strom des Venussaftes hervorbrechen wollte, da ekelte ihr und sie wich zurück. Was ich noch zu erzählen habe, das sollte lieber mit ewigem Schweigen bedeckt werden. O entsetzliches Geheimnis! ›Du verlangst doch wohl nicht‹, sagte meine Mutter, ›dass ich mich mit solcher Schändlichkeit beflecke? Ich sollte einen flüssigen Menschen trinken?‹


TULLIA: Im Samen ist ja allerdings der Mensch enthalten.


OCTAVIA: Kaum hatte sie dies gesagt, da bespritzte ein reichlicher Regen ihr die Kleider. Der Mönch wurde ganz wütend und schrie: ›Du erdreistest dich, du Törin, solch ein schönes Stück Arbeit zu[225] verderben!‹ – ›Verzeih mir!‹ sagte sie, ›ein anderes Mal wirst du mich gehorsamer finden; wenn ich's nicht bin, so töte mich – ganz nach deinem Belieben! Wenn du von mir eine Wollust erwartest – nimm sie dir. Mir wird alles Wollust sein, was du befiehlst – sollte mir auch übel werden.‹


TULLIA: Und hielt sie ihr Versprechen? Trank sie flüssige Menschen? Der Witz hat Salz! Denn der Same hat ja salzigen Geschmack.


OCTAVIA: Du hast's erraten ... Vorige Nacht schlief ich mit Eleonora zusammen. Eleonoras Bett ist ein Nest voll ausgelassener Scherze. Was für verbuhlte Dinge sie sagte und trieb. Sie gab mir einen Kuss und beglückwünschte ihren Mund, dass er in diesem Kuss auf meinen Lippen ein himmlisches Geschenk gefunden habe. ›Aber wer weiss?‹ fuhr sie fort; vielleicht werden diese schönen Lippen sich eines Tages dazu herbeilassen, unerlaubter Wollust zu dienen. Ich fürchte, in der Raserei der Liebesbrunft werden sie zu einem anderen Dienst herhalten müssen als wozu sie eigentlich bestimmt sind. Meine Base Mancia ist mit dem Neapolitaner Marino vermählt; in Marinos Busen aber brennen höllische Schwefelfackeln der fürchterlichsten Lüste. Der Wüstling sucht in Mancia das Weib auch oberhalb der Brüste, während doch bei den Brüsten das Weib aufhört oder anfängt. Er will ihren Mund, wie wenn ihre Kleine sich versteckt hätte oder wie wenn der Mund mit dieser in gewisser Verbindung stände, um gemeinsam an den Spielen der Venus teilzunehmen. Ich machte ihr Vorwürfe, wie sie nur leiden könne, dass ihr und ihrem Geschlecht ein solcher Schimpf angetan werde. ›Was willst du?‹ antwortete sie mir. ›Wenn Marino sich dieser Schändlichkeit enthält, so habe ich ihm keinen Vorwurf zu machen. Wenn er aber sich meinen Mund zum Schauplatz seiner Wollust aussucht, so verstopft er ihn und hält dadurch die Worte zurück, die ich sagen wollte. Tut er es nicht, so habe ich keinen Anlass zur Beschwerde. Tut er es, so kann ich mich nicht beschweren. Wir gefallen unserem Gatten nur dadurch, dass wir Weib sind. Wenn eine Frau sich als Weib erweist, so wird sie überall und stets gefallen.‹ – ›Denke dir, liebe Octavia, wie weit Alfonsos Raserei geht,‹ fuhr Eleonora fort. ›An einem dieser letzten Tage hatte er in ehrlichem Kampfe zwei- oder dreimal schon seine Waffe erprobt.‹ Plötzlich kehrt er sie gegen meinen Mund. – ›Dein Katapult,‹ sagte ich zu ihm, ›ist nicht dazu da, diese Tür zu erbrechen. Du bist[226] wahnsinnig und möchtest auch mich wahnsinnig sehen.‹ – ›Gewiss will ich das nicht,‹ antwortete er; ›das sei ferne von mir; denn wenn du mich liebst, so verdanke ich das nur deiner leidenschaftlichen Glut und keineswegs meinem eigenen Verdienst. Wenn ich in Wahnsinn geriete, vergässe ich vielleicht die Achtung, die ich dir schulde, und lieber wollte ich sterben, wenn ich nicht für dich allein leben darf!‹ – Diese Worte erweichten mein hartes Herz und bestimmten mich, auf den Spass einzugehen. Ohne mich zu sträuben, öffnete ich meine Lippen und küsste sein heisses, vor Verlangen zitterndes Glied. Weiter kam es aber nicht, denn bald kehrte die kluge Mentula von selber zu dem Ort zurück, von dem sie sich verirrt hatte. Das sündhafte Werk, das sie eben begonnen hatte, vollendete sie, wie sich's gehört, in der Mitte.


TULLIA: Dann hätte Eleonora es nicht gemacht wie Mallonia in ihrem keuschen Zorn. Nein bei deiner Geilheit, Octavia, das hätte sie nicht gemacht. Um dieser Schmach zu entgehen, durchbohrte Mallonia, als sie dem Kaiser Tiberius zugeführt wurde, mit dem Dolch sich die Brust. Lieber wollte sie mit dem Eisen dem Tode einen Weg bahnen, als den schlaffen Sack des stinkigen Greises in den Mund nehmen. Nicht mit Gold sondern mit Eisen erkaufte sie sich den Ruhm der Keuschheit. Elvira und Theodoria – du kennst sie ja beide – sagen, sie besitzen in ihrem Munde ein Lusthäuschen für ihren Freund den Schwanz, wenn er spazieren gehe und sie seien dessen froh. Weisst du, woher dieser wahnsinnige Brauch stammt? Höre zu! Prometheus hatte den Mann gebildet; nur die Mentula war noch zu machen, und dieses Glied im eigentlichen Sinne des Wortes bereitete er aus reinerem Lehm als die andern Glieder; bevor er es aber an dem Leibe befestigte, wusch er es in dem Wasser einer Quelle ab. Hierauf begann er das Weib zu erschaffen und blies dann beiden zu gleicher Zeit den Odem des Lebens ein. Das Weib hatte Durst; es neigte seine Lippen über die Quelle und trank. Und davon stammt die angeborene Wahlverwandtschaft des weiblichen Mundes mit dem männlichen Gliede ... Man erzählt von dem grossen Kriegshelden Gonzalva von Cordova, dass er in seinem Alter diese Art der Wollust sehr geliebt habe. Er war auch ein grosser Schlecker und zwar – das lasse ich mir nicht ausreden – wegen seines hohen Alters. Ein hübsches Mädchen von zwanzig Jahren diente diesen seinen Lüsten. Wollte er[227] lecken, so sagte er, er mache eine Reise nach dem Lechfeld; nach Maulbronn dagegen reiste er, wenn er den höheren Regionen einen Besuch abstattete und mit ihrem Munde Unzucht trieb. In seiner Jugend war er sehr scharfer Päderast gewesen und wenn's seinem Schwanz einmal nach einem hübschen Knaben gelüstet hatte, so pflegte er zu sagen, er wolle nach Hinterpommern. Aber dahin führt doch für unsere Landsleute kein Weg!


OCTAVIA: Ich will dir offen meine Meinung sagen: Was die Menschen gemeiniglich ›Tugend‹ nennen, ist weniger Charakterfestigkeit, als vielmehr eine stolze Anmasslichkeit; sie streben nach Tugend nicht mit bewusstem Willen, sondern weil ihre Phantasie ihnen eine Illusion vorgaukelt; es ist ein blinder Drang und nicht das sichere Urteil eines im Gleichgewicht befindlichen Geistes.


TULLIA: So war es mit Elisabetha. Sie war verlobt mit einem französischen Hauptmann, den sie heiraten sollte. Da hörte sie deinen Chrysogonus nach der bekannten Art der Stoiker gegen die Ehe zetern und alle möglichen weniger richtigen als gesuchten Behauptungen vorbringen. Wie wenn sie plötzlich eine ganz andere geworden wäre, änderte sie alle ihre Ansichten und wollte von Heiraten durchaus nichts wissen. Weder die Tränen ihres Liebhabers, noch die Bitten ihrer Mutter und ihrer Verwandten vermochten die Hartnäckige zu rühren. Sie ging ins Kloster zu den Vestalinnen – oder vielmehr: sie ging nicht, sondern sie flog dahin mit der Schnelligkeit des Adlers. Aber ein oder zwei Jahre darauf tat ihr Schritt ihr leid. Sie sah sich selber und ihre Verhältnisse mit ganz anderen Augen an; sie sah sich selber unglücklich, während ihre Freundinnen, die sich den Umarmungen der Männer hingegeben hatten, glücklich waren. Hatte zuvor schon die Hoffnung, sie dereinst zu besitzen, den Hauptmann entflammt, so entzündete jetzt die Verzweiflung über ihren Verlust noch viel heftigere Begierde in ihm. Mit Hilfe einer anderen Nonne gelang es ihm Elisabethas Leib zu geniessen; sie wurde schwanger, und er entführte sie. Wunderbare Wirkungen der Frömmigkeit! Sie wurde die Beischläferin desselben Mannes, dessen Ehefrau sie aus Frömmigkeit nicht hatte werden wollen. Wunderbarer Erfolg für Chrysogonus! Er nahm sie dem Gatten und schenkte sie dem Entführer. Aber diese Mönche suchen ihren Ruhm beim grossen Haufen; die Achtung gebildeter und ernster Männer können sie sich nicht so leicht erwerben,[228] denn diese lassen sich nicht so bequem betrügen. Sie ziehen die grosse Menge den Auserlesenen vor; die krankhaften sind ihnen lieber als Menschen von gesunder Urteilskraft.


OCTAVIA: Man erzählt sich von Livia ein Geschichtchen, das wirklich nicht übel ist. Livia stand vor ihrer Heirat mit Alexander Borgia im Rufe grosser Keuschheit; sie wusste sich diesen auch in der Ehe noch zu bewahren. Als ihr Gatte durch seinen Tod aus der Reihe der Lebenden verschwand, da entschwand auch sie den Blicken der Menschen. Um sich noch heller strahlenden Ruhm zu erwerben flüchtete sie sich – die Wahnsinnige! – in die Dunkelheit der Vestalinnen. Sie überliess den Blinden – so sagte sie – die Erbärmlichkeiten des Lebens und gewann echte Reichtümer durch die Verachtung von Reichtum und Ehren. Sie begrub sich lebendigen Leibes und Chrysogonus führte das Leichengefolge. Aber ein paar Monate darauf fühlte sie sich zu neuem Leben erwachen, und Chrysogonus selber Hess die Tote aus dem Grabe auferstehen. Er selber erbot sich zuerst der frommen züchtigen Frau neues Leben einzuflössen; einem so hervorragenden Manne musste wohl eine so hervorragende Tugend unterliegen. Und in dem Schosse der Venus vermischte sich ihre beiderseitige Tugend.


TULLIA: Mit einem Wort: die Tugend machte es der Tugend.


OCTAVIA: In jenem Hause der Keuschheit hielt sich ein hübscher, kräftiger, starkgliedriger Jüngling auf. Er arbeitete im Dienste des Klosters als Gärtnerbursche. Die junge Livia war oft mit dem jungen Gärtner zusammen und hatte ihre Freude an diesem Verkehr. Nun verbreitete sich das Gerücht, in den Nachbarhäusern sei die Pest ausgebrochen. Angstvoll ergriffen die Vestalinnen die Flucht. Nur Angela, Brigitta und Livia blieben zurück als Hüterinnen des Hauses und mit ihnen die Obervestalin Maxima, unter deren Befehl das ganze Kloster stand. Oede und verlassen war die Stadt. Ein trostloser Anblick ... Pedro – so hiess der junge Gärtner – fühlte wohl dass er verliebt war, und er schämte sich seiner Liebe nicht. Er wusste auch sehr gut, dass er wieder geliebt wurde, und er war stolz darauf. An günstiger Gelegenheit fehlte es ihm nicht, sondern nur am rechten Ort, um die Gelegenheit auszunützen. Doch er brauchte nicht lange zu warten. Maxima fiel die Treppe herunter und riss in ihrem Sturze Brigitta mit sich. Sie kamen beide schwer zu Schaden und wurden erst nach vielen Tagen wieder gesund und[229] kräftig. Während dieser Zeit konnte Livia machen, was sie wollte. Die jungen Nonnen setzten grosse Hoffnungen auf Pedro und hatten viel Vertrauen zu ihm, weil er unermüdlich und mit immer gleicher Bereitwilligkeit die beiden Kranken, pflegte. Eines Nachmittags, da die Sonne heiss vom Himmel herabbrannte, hatte der Schlaf sich aller Bewohnerinnen des Klosters bemächtigt, die während der vorhergehenden Nacht vor Hitze kein Auge hatten schliessen können. Nur Livia ging in einem der inneren Gemächer auf und ab und dachte an Pedro, an ihre Liebe und an ihr Unglück. Plötzlich trat Pedro ein, die verliebte Livia breitete ihm ihre Arme entgegen und er fiel ihr um den Hals. So bereiteten sie sich gegenseitig jene Wollust, die die Hälfte aller Freuden ist. Am nächsten Tage unternahm Pedro im Einverständnis mit Livia und unter ihrer Mitwirkung den Sturm auf Angela. Angela war schon eine reifere Jungfrau, denn sie zählte mindestens fünfundzwanzig Jahre; sie verabscheute die Liebe, aber ihr ganzes Wesen atmete Liebe und sie flösste Liebe ein. Der Sieg wurde nicht schnell erfochten und war nicht leicht; doch unterlag sie schliesslich; die Liebe triumphierte über Alles. Mochte sie wollen oder nicht – Pedro besorgte es ihr zweimal: beim zweiten Kampfe aber wurde bis aufs Messer gekämpft. Als die Geschichte zu Ende war, kam Livia darüber hinzu. Obgleich auch sie ihre Keuschheit verloren hatte, wagte doch Angela, von dunkler Schamröte übergössen, nicht die Augen zu ihr aufzuschlagen; doch umspielte ein eigentümliches verführerisches und wollüstiges Lächeln ihre Lippen. Als die Nonnen zu Abend gegessen hatten und die Nacht hereingebrochen war, sagte Maxima ihnen, sie sollten ihre Gesundheit in acht nehmen und sich schlafen legen. Was geschah; Pedro schlief bei den drei Vestalinnen, und auf diese Weise nahmen sie ihre Gesundheit in acht. Brigitta unterlag wie die beiden andern: ein Zufall hatte ihr mit Maxima die Glieder verletzt, ein Zufall machte sie glücklich mit Pedro.


TULLIA: Welches Los ist wohl auch dir beschieden, gute Maxima? Lass dir's machen, lass dir's machen! Auf diese Ehre kannst du wohl Anspruch erheben, wackere Matrone!


OCTAVIA: Maxima war zwar wieder völlig bei Kräften, trotzdem aber beklagte sie sich mit vielem Seufzen, sie habe noch ein tüchtiges Stück Weges zurückzulegen, um wieder völlig gesund zu sein. Livia war bei ihr und sagte: ›Willst du nicht, hohe Frau, in raschem[230] Lauf den noch übrigen Teil dieses Weges zurücklegen?‹ – ›Das möchte ich über alle Massen gern!‹ versetzte die Oberin; ›aber was muss ich zu diesem Zwecke tun?‹ –›Zuerst: geniessen!‹ antwortete Livia, ›hierauf: geniessen! Und nachdem du alle Genüsse ausgekostet hast: gemessen und immer wieder gemessen! Jeden Tag, den man der Traurigkeit widmet, raubt man seinem Leben.‹ Maxima Hess sich bereden; das war ja auch am besten für sie. Verliebte Leute, die sich den Himmel der Götter wünschen, verschmähen um deswillen doch unsere Erde nicht. Sogleich beginnen alle drei Nonnen ihr Wunderdinge von Pedros Fröhlichkeit und munterer Laune zu berichten. Er zeichne sich aus, sagen sie, durch seinen lieblichen Gesang, durch seine Geschicklichkeit im Tanz, durch die geschmeidige Gelenkigkeit seiner Glieder. Sie befiehlt ihn zu rufen; er erscheint. Er trällert sein Liedchen, er gefällt. ›Jetzt tanze!‹ sagt Maxima zu ihm; ›du bist ja ein ausgezeichneter, berühmter Tänzer. Die Mädchen hier preisen deine Geschicklichkeit.‹ – ›Verzeiht, teure Herrin – die Ehrfurcht, die ich euch schulde, schwächt meine Muskeln. Ich wage es nicht,‹ versetzte Pedro. – ›Stelle dir nur vor, ich sei eine von meinen Nonnen,‹ anwortet darauf Maxima ... ›Versuch es nur.‹ – ›So sei es denn! Auch wird euch, wie ich glaube, mein Tanz nicht unangenehm sein. Man nennt ihn den Schütteltanz.‹ – ›Was ist denn das für ein Tanz, lieber Pedro? Den kenne ich ja gar nicht. Als ich den Dingen der Welt Lebewohl sagte, hatte ich von solchem Tanze niemals sprechen hören; vielleicht war er damals nicht Mode.‹ – ›Doch! Mode war er wohl – aber ihr tanztet ihn nicht,‹ antwortet Pedro. ›Was dieser Tanz ist, das werdet ihr nicht sehen, ihr werdet es auch nicht hören – aber ihr werdet es fühlen. Ihr werdet ihn mit mir tanzen, und wir werden die Beine schwingen.‹ Während sie so miteinander sprachen, hatten alle Nonnen das Zimmer verlassen. Maxima war dreissig Jahre alt, ein Weib von herrlichen Gliedern und feurigem Geiste. Sie sass auf ihrem Bett; als sie nun sah, dass sie allein war, merkte sie, dass sie in eine Falle gegangen sei. Aber was wollte sie machen? Pedro stürzt sich auf sie, gibt ihr einen Kuss und fährt mit der einen Hand an ihren Busen, mit der andern unter ihren Rock. Sie wehrt sich, sie sträubt sich, sie erhebt ein lautes Geschrei. Aber rings war alles taub und stumm; die freche Mentula tut in der unverschämtesten Weise ihrer frommen Kleinen Gewalt an. Ein[231] bischen wurde schon durch diesen ersten Angriff Maximas tobender Zorn besänftigt; aber sie weinte doch und seufzte laut. ›Wessen hast du dich erkühnt, du Taugenichts!‹ rief sie. Er lachte und sagte: ›Beim Nabel der Venus und bei dem deinigen! Wenn du erfährst, dass Pedro, gegen den du so aufgebracht bist, ein Adliger, ein Verwandter von dir ist, da wird – dessen bin ich sicher – diese Hochflut deines Zornes gar bald abebben. Aber ich will dafür sorgen, dass du dich beruhigst, ehe du auch nur erfährst, wer ich bin. Lass nur ab von dieser Schamhaftigkeit, die deinen und meinen Freuden den Todesstoss versetzt. Es ist nun mal geschehen; und was geschehen ist, kannst du nicht mehr ungeschehen machen. Wenn du weise bist, so begräbst du alles – mag es sein, wie's ist – in tiefstem Schweigen!‹


TULLIA: Sehr richtig.


OCTAVIA: Gleich darauf genoss er mit Maxima der höchsten Wonne, und er brauchte dazu keine Gewalt anzuwenden. Sie bestand diesen zweiten Kampf in einer bequemeren Stellung, indem sie sich mitten im Bette ausstreckte. Pedro stiess ihr den heissen Dolch in den Leib; ihr schwanden die Sinne und sie verlor alle Selbstbeherrschung: Mit heissen Küssen bedeckte sie ihren Schütteltänzer, mit stürmischen Stössen erwiderte sie die seinigen. Bald fühlte sie das wonnige Kitzeln der sich ergiessenden dionäischen Flut und hervorbrechenden heissen Liebesquellen. Livia, Angela und Brigitta standen vor. ihrem von den Stössen des Liebespaares krachendem Bett und sangen Fascenninische Lieder.


TULLIA: Wer ist denn dieser Pedro?


OCTAVIA: Er stammt aus der Familie Ponce, die als ein altadliges Geschlecht in Portugal in hohem Ansehen steht. Rodrigo Ponce liebte Margareta Meniz; sie erwiderte seine Liebe mit gleicher Glut. Aristippus, der in ein Kloster eingetreten war, neidete dem Rodrigo ein solches Glück. Der arme Mensch liebte sie heiss, aber ohne jede Hoffnung. Und da er ein schlechter Mensch war, so beschloss er Margarita Rodrigos Armen zu entreissen. Er verbot ihr die Heirat, die schon in naher Aussicht stand. Er wusste für seine böse List viele gute Gründe anzuführen. Er wusste ihre junge, leicht lenkbare Phantasie durch alle Kunstgriffe der Lüge zu blenden. Sie wird Nonne; sie ist nicht mehr Margarita. Ein gleiches Fieber befällt Rodrigo; Aristippus stösst ihn in dieselbe Gruft, in die er[232] auch gefallen war. Er stellt ihm aber diese Gruft als eine Schule der Weisheit, als eine philosophische Sekte dar. Doch höre nur weiter, meine liebe Tullia – und du wirst lachen! Es war noch kein volles Jahr vergangen, da tat ihm die Geschichte bereits sehr leid, und er kehrte in sein Haus, in den Schoss seiner Familie zurück, die übrigens damit – wie auch sein eigenes Gewissen – vollkommen einverstanden war. Inzwischen hatten die massgebenden Persönlichkeiten dafür gesorgt, dass Margarita in unsere Stadt kam, und zwar zu ihrer Mutterschwester Clementia. So hatte, als sie noch lebte, die Oberin Marina geheissen.


TULLIA: Hahaha! Jetzt lebte sie also nicht mehr? Und doch machte sie's und Hess sich's machen! Haha! Aber so redet man nun gedankenlos ins Blaue hinein. Die Stoiker trinken, essen, lieben – und behaupten dann noch dabei, sie gehörten nicht mehr den Lebenden an. Haha! Der Witz ist wirklich sehr gut! Sie leben nicht mehr!


OCTAVIA: Ja, die Nonne, die den Namen Livia tragt, ist in Wirklichkeit Margarita. Sie hat einen anderen Namen bekommen, wie es in den Klöstern Brauch ist. Der geschickte und kräftige Arbeiter im Weinberg aber fand in seiner Verkleidung Margarita wieder und behackte und besamte im Schweisse seines Angesichts die Jungferngärtlein.


TULLIA: Wie Theodorus das deinige: beackert. Du hast ja am Pförtlein deines wohlbewässerten Gärtchens den milchstrotzenden Dicken stehen lassen, der des Gärtners Priap würdig wäre. Was säumst du denn noch? warum lässt du ihn untätig? Was säumst du denn noch? Lass ihn doch ein!


OCTAVIA: Ich habe ihn ja eingelassen! Göttin Pertunda steh mir bei! Die riesige Mentula sprang vor Begier in die Höhe. Und ich sagte: ›Du hältst mich wohl für eine junge Kuh, nicht für eine junge Frau? Welches Weib könnte solch ein Ding ertragen. Ich kanns gewiss nicht!‹ – ›Nur Mut!‹ antwortete er, ›du wirst es schon aushalten. Du hast ein Kalb tragen können, so wirst du wohl auch einen Stier tragen. Vorwärts, meine Göttin! Du wirst dann weder Venus noch Juno zu beneiden brauchen!‹ Mit diesen Worten liess er sich mit einer schnellen Bewegung in den Schoss der Wollust sinken. So fürchterlich hatte Caviceus mich nicht einmal bei der Entjungferung verwundet. Ich stiess einen Schrei aus. Er aber rief:[233] ›Schweig!‹ Ich erstickte meine Stimme und er erstickte meine Kleine. O, diese Keule des Herkules! Dreizehn Zoll ist sie lang, und dick wie sein Arm! Sie könnte in dem geräumigen Schiff der Frau Venus als Mast aufgepflanzt werden.


TULLIA: Man sagt jedoch, jedes Weib könne ohne sonderliche Unbequemlichkeit in ihre Wunde einen Speer von der Dicke ihres eigenen Armes empfangen. Du kennst doch Clementia, die sich vorgestern mit unserem Nachbarn, dem Markgrafen Raimondo verheiratete.


OCTAVIA: Gewiss, sie hat einen eleganten, schlanken Wuchs.


TULLIA: Raimondos Gerät ist nur kurz; sein feuriger Gebärvater ist höchstens fünf Zoll lang. Aber dick ist er, dass man's kaum zu glauben vermag. Die Eingeweihten bedauerten das arme Mädchen, denn sie wussten, dass es für sie eine schlimme Geschichte sein würde; sie behaupteten, einem Kämpen mit einem so ungeheuerlichen Instrument würde sie nicht stand zu halten vermögen. Auch die Mutter empfand Besorgnis um ihre Tochter; aber Raimondo ist ein sehr reicher und ein sehr kluger Mann. Clementia lebte in sehr beschränkten Verhältnissen und sie ist vollkommen reif für einen Mann, denn sie ist ja schon zwanzig Jahre alt. Was sollte nun die Mutter dabei tun? Sie sprach mit ihrer Schwester Anna Guzmann über ihre Besorgnisse; diese sprach mit Clementia über die Angelegenheit; sobald deren Mutter hinausgegangen war: ›Ein Mädchen von deinem Alter und Verstand, meine liebe Clementia,‹ – so begann sie – ›weiss vollkommen Bescheid, was ihr bevorsteht, wenn sie einen Mann wie Raimondo heiratet. Es ist deine Pflicht und Schuldigkeit, ihn von deiner Kleinen Gebrauch, ja sogar Missbrauch machen zu lassen.‹ – ›Wie es hergehen wird‹, antwortete lächelnd das Mädchen, ›denke ich mir schon so einigermassen.‹ – ›Ja, aber Raimondo, der dir bestimmte Gatte, hat einen langen und dicken Ast wie ein Maulesel. Trotzdem muss er sich bei dir den Weg zur vollen Wonne bahnen, und zwar durch deine so zarte und empfindliche Kleine. Dies wird nicht ohne grausamen Schmerz für dich abgehen; vielleicht wird er's überhaupt gar nicht fertig bringen. Nun musst du selber wissen, was du zu tun hast.‹ – Clementia, die Schelmin, macht ein ganz ängstliches Gesicht und antwortet: ›Du weisst, liebe Tante, wie bedrängt es in unserem Haushalt hergeht und in welcher Enge wir Armen leben müssen.‹[234] – ›Das weiss ich wohl‹, versetzte Anna, ›aber ich möchte noch etwas anderes wissen – und dass ich's wisse, liegt in deinem eigenen Interesse – nämlich: wie es mit der Enge unter deinem Rock steht. Denn wenn dein Gatte nicht einen hinreichend breiten Weg zur Wonne findet, so kannst du daran sterben, und das Band eurer Ehe wird flugs gelöst sein. Man erzählt sich allgemein, er habe noch niemals einen vollständigen Beischlaf mit einem Weibe vollziehen können; keine von denen, die sich ihm zur Verfügung stellten, hat die Geduld gehabt, das Ende seiner Versuche und Bemühungen abzuwarten; du aber wirst dazu gezwungen sein.‹ – ›Und ich werde die Geduld haben!‹ erwiderte Clementia fröhlich und mutvoll. ›Die Liebe wird mir Mut und Kraft geben. Ich liebe ihn über alle Massen. Vielleicht ist mir auch gar nicht der Tod beschieden.‹ – ›Aber höre‹, begann Anna wieder, ›lass mich mal sehen, ob dein Venusfeld sich zum Kampfplatz eignet.‹ Mit diesen Worten fuhr ihre unzüchtige Hand Clementia unter den Rock. ›O, o!‹ rief das Mädchen, ›du tust aber meiner Schamhaftigkeit in einer Weise Gewalt an, die für eine anständige Frau sich in keiner Weise schickt!‹ – ›Ach, diese dumme Schamhaftigkeit!‹ sagte Anna, ohne sich stören zu lassen; und damit betastet sie die Kleine, die von einem feinen lockigen Vliess umbuscht ist, schiebt die Schamlefzen zur Seite und steckt den Finger hinein. Das Mädchen schauert zusammen, von einem ihr bis dahin unbekannten kitzelnden Gefühl ergriffen. ›Was machst du denn da, liebe Tante?‹ fragt sie, ›du erregst in mir ungeahnte Begierden; du entzündest im Mark meiner Glieder ein Feuer, das ich verabscheue. Halt ein und quäle nicht mehr eine reine Jungfrau!‹ – ›Dies ist aber doch nur eine ganz unbedeutende Probe der ehelichen Ausgelassenheiten‹, versetzte Anna. ›Dein Körperbau und deine Kleine sind jedoch derart, wie Venus sie ihren Kindern zum Geschenk machen oder wie sie sie ihnen wünschen könnte; deine Grotte ist keineswegs zu eng, sondern so recht zur Wollust geschaffen. Alles wird gut und glücklich von Statten gehen. Du bist ganz vortrefflich zum Kampfe gerüstet. Halte ihn nur wacker aus, denn er wird dich wacker bearbeiten!‹ Sie fügte noch einige andere Bemerkungen hinzu, die sich jedoch nicht auf diesen Gegenstand bezogen. Zum Schlüsse sagte sie noch: ›Uebrigens ist es besser für dich, du lässt dich im Brautbett in Stücke spalten, als dass du vor den Augen aller[235] Menschen ein so erbärmliches Leben führst.‹ Warum sollte ich dich noch länger hinhalten, liebe Octavia? In der nächsten Nacht bestand Clementia sechs Angriffe; sie wurde zu Stücken zerfetzt und stiess trotzdem keinen einzigen Schmerzensschrei aus. Beim dritten Mal drang der Stummel der Herkuleskeule, so lang und dick er war, in ihren zarten Leib ein: sie wurde zur Frau gemacht und mit einem reichlichen Guss heissen Venusregens gebadet. Am anderen Morgen sah das Brautgemach vollkommen wie eine Folterkammer aus; wo die Jungfrau während der Operation gelegen hatte, waren die Betttücher mit Blut getränkt; sie selber war dermassen zerfetzt, dass irgend eine andere es nicht hätte aushalten können. Kaum vermochte sie sich auf den Füssen zu halten, kaum einen Schritt zu machen.


OCTAVIA: So wahr dich deine Kleine juckt! ich spritze, wenn ich bloss an die Wollust denke, die die heisse Besprengung aus Theodorus Schlauch meinen Sinnen bereitete! Ich fahre in meiner Erzählung fort: Ich lag am Bettrande in einer recht unbequemen Stellung auf dem Rücken; der dicke Ast des Helden durchbohrt mich mit grosser Gewalt; er durchbohrt mich, ohne dass ich mich zu wehren vermag. Dabei waren volle vier Zoll draussen geblieben; dieses Ende umpresste ich mit meinen Fingern; weiter ging es nicht hinein. O gütige Venus! Sofort begann er zu spritzen; mir war's, als ob alle Wollust, die es gibt, gegeben hat oder jemals geben wird, sich in meine Kleine ergösse, als ob alle Wollüste sich in ihr versammelten, damit meine Wollust um so süsser, fröhlicher und angenehmer sei. Mir war's, als strömten aus dem Himmel der Frau Venus die himmlischen Freuden der köstlichsten Wonnen auf meinen Schoss herab. Die flüssigen Blitze der Liebe trafen mich und ich lag ohnmächtig da; selber glühend heiss, schlürfte ich die heissen Tropfen ein. Kein einziger ging verloren. Dann sah ich die Mentula die Flucht ergreifen; sie war völlig erschöpft und nur noch ein Schatten ihrer selbst – keine stolze Heldin mehr, sondern nur noch ein runzeliger, schlaffer Fetzen.


TULLIA: Du warst also Siegerin und triumphiertest über Theodorus. Ging es deiner trefflichen Mutter Sempronia mit Chrysogonus ebenso?


OCTAVIA: O, die Sache war nicht wenig spasshaft – das versichere ich dir bei unseren Spässchen! Du wirst lachen. – ›Ist es[236] dir recht‹, sagte ich zu Theodorus, ›wenn wir jetzt uns mal ansehen, wie Chrysogonus und meine Mutter sich belustigen? wie sie miteinander kämpfen?‹ – ›Mir ist's recht!‹ antwortete er mir mit einem Kuss; ›ich behaupte aber, meines Freundes Chrysogonus Glück, so gross es auch sein mag, lässt sich in keiner Weise mit dem meinigen vergleichen! In deinen Umarmungen, in deinen nektarsüssen Küssen, o du meine Königin, o du meine Göttin, habe ich eine unglaubliche Seligkeit gefunden.‹ – ›Komm mit!‹ sagte ich, ›tritt aber leise auf!‹ In der Scheidewand, die uns von dem Zimmer trennte, darin das Pärchen sich ergötzte, hatte sich ein Brett gelockert. Durch die Ritze, die infolgedessen sich gebildet hatte, konnte man bequem das ganze Zimmer überblicken und darin auch das Bett meiner Mutter. Es war für sie und Chrysogonus Marsfeld und zugleich Venusfeld.


TULLIA: Die Klügsten vernachlässigen oft irgend einen Umstand und das stösst sie dann ins Verderben. Fürchte alles – und du brauchst nichts zu fürchten! Ein Hinterhalt dieser Art, den sie nicht geahnt hatte, wurde Lucien, der Gattin des Maurico Fonseca, zum Verderben. Denn war sie nicht völlig zugrunde gerichtet, da sie die Sklavin der Wollust einer anderen und ihrer eigenen Furcht wurde? Sie liebte einen ihrer Pagen, Juan, ein reizendes Kerlchen. Eine ihrer Zofen, ein sehr heissblütiges Mädchen, war ebenfalls in Juan verliebt. Diese lockerte mehrere Bretter im Fussboden ihrer Kammer, die gerade oberhalb des Zimmers ihrer Herrin lag, und machte mit einem Bohrer mehrere Löcher in die Decke des Zimmers, so dass sie dieses überblicken konnte. Als sie sich nun von Juan verschmäht sah, beobachtete sie Tag und Nacht wie von einer Warte aus alles, was in Luciens Zimmer vor sich ging; von Liebe und Eifersucht verzehrt, liess sie ihrem neugierigen Blick nicht die geringste Kleinigkeit entgehen, die ihre Wut nähren konnte. Eines Morgens begab es sich, dass Juan, zeitiger als gewöhnlich, zu Lucia gerufen wurde; Maurico, der ein wahrer Meleager war, war schon mit Tagesanbruch auf die Jagd gegangen. Die Spitzbübin hört es und eilt auf ihren Beobachtungsposten; sie sieht Lucia im Bett liegen und auf eine Weise in ihre Decken gehüllt, dass ihre Absicht nicht zweifelheft sein konnte: sie wollte sich ganz nackt sehen lassen, ohne sich jedoch den Anschein dieser Absicht zu geben. Wie wenn es nur Zufall wäre, zeigte sie ihren Hals, ihre Brüste,[237] ihre Schenkel völlig nackt; nur der Unterleib und die Kleine waren bedeckt. Nun höre, welche entsetzliche Schandtat die wutentbrannte Zofe beging: Sie läuft zu Mauricos Schwester Judith, die auf die allgemein gepriesene Schönheit ihrer Schwägerin Lucia eifersüchtig war, und sagt ihr, sie möge sich doch ansehen, was da unten vorgehe. Juan bat seine Herrin, sie möchte doch endlich Mitleid haben mit seiner ihr längst bekannten Liebe, die ihn elendiglich verzehrte. Er drang in sie, sie sollte ihm ihre Tugend ergeben; sie schlug ihm seine Bitte ab, sie setzte sich zur Wehr. ›Lass dir daran genügen, mein Juan‹, sagte sie, ›zu wissen, dass ich dich aufrichtig liebe. Niemals werde ich einwilligen, durch ehebrecherische Umarmungen mich zu besudeln. Niemals, nein! und wenn Könige um meine Liebe buhlten! Was ich für dich tun kann, werde ich herzlich gern dir bewilligen. Weide nach Herzenlust deine Augen an meinen Reizen! Lass deine Augen und deine geschäftigen Hände nach Kräften meiner Schätze gemessen! Aber versuche nichts weiter zu erlangen; der Liebe Müh würde völlig umsonst sein!‹ – ›Ich verstehe, o Herrin!‹ versetzte Juan; ›was Ihr scheinbar meiner Liebe preisgebt – in Wirklichkeit verweigert Ihr es ihr. Ja, ich verstehe! Ich Armer! Bei euch ist all meiner Liebe Müh umsonst!‹ – ›Ich will alles tun, was du verlangst‹, antwortete Lucia; ›da hast du meine linke Hand. Mache Gebrauch von ihr!‹ Dem Jüngling, der noch nicht eben hervorragend ausgerüstet war – er war erst sechszehn alt – stand der Schwanz. Er sagte zu Lucia, sie solle ihn in die Hand nehmen. Lachend tat sie es, indem sie sagte: ›Da siehst du, was für eine gute und mildherzige Herrin ich bin! Ich gebe mich zur gefälligen Dienerin deiner Wollust her.‹ Juan griff mit der Hand erst nach Lucians Brüsten, dann an ihre Kleine. Lucia aber hielt das Hähnchen fest gepackt und streichelte es, während der Knabe, vor dem Bettrand stehend, seine geschäftigen Finger an ihren Schamlefzen spielen liess. Dabei rief er: ›O, was für eine weisse, schöne Hand ihr habt! Wie wunderbar versieht sie mir den Dienst eurer Kleinen! Wie glücklich würde ich euch mit meinem machen, wie würde ich euch mit Seligkeit überschütten. Macht schnell! schneller!‹ Lachend, aber unermüdlich, erwies Lucia ihre Dienstfertigkeit der geschäftigen Mentula, die in diesem Augenblick eine grosse Menge Lebenssaft auf das Leintuch spritzte. Unterdessen war auch die[238] Hand des Pagen nicht untätig geblieben. In der Venusgrotte der keuchenden jungen Frau war sein Mittelfinger eifrig am Werk; vom Brand der Liebe verzehrt rutschte sie hin und her, und gleichzeitig mit dem Jüngling wurde auch sie fertig. – ›Vorwärts! Vorwärts!‹ rief sie liebeglühend; der Page verschloss ihr mit stürmischen Küssen den Mund. Aus seinen heftig von ihm bewegten Lenden brach ein Strom weissen und heissen Liebesgiftes hervor und kitzelte sanft das junge Weib, das die Ehe brach und doch ihre Keuschheit zu wahren wusste. Aber Leid ist nahe verwandt mit der Lust – so wollte es das erbarmungslose Schicksal. Judith frohlockte in freudigem Stolz und rief: ›Jetzt habe ich dich reif, Lucia, für Ketten und Pranger! Ich werde herrschen, du wirst die Sklavin sein. Komm mit, Maucia!‹ – so hiess die Zofe – ›komm mit! Wir wollen geraden Weges zu der Hure gehen; wenn sie nicht einwilligt zu tun, was ich von ihr verlange, so soll sie sterben.‹ Diese Drohungen, im Verein mit ihrer Liebe zu Juan, erfüllten Maucia mit Mitleid, und sie sagte: ›Ich leugne keineswegs, dass beide eine Strafe verdienen. Aber sie haben doch nur einen ausgelassenen Streich unvernünftiger Jugend gemacht, haben sich nicht die schmachvolle Verfehlung einer Jugend zu Schulden kommen lassen, die sich dem Laster ergeben und sich mit Verbrechen befleckt hat.‹ – ›Das werden wir ja sehen!‹ antwortete Judith, ›komm nur mit! Sobald wir in das Lupanar dieser Dirne eingetreten sind, verschliesse sorgfältig die Türen; wenn du dies tust, wendest du ein grosses Unglück von dir ab. Die Folge dieser ganzen Geschichte waren sehr sehr traurige und bittere, teils sehr lustige und süsse Erlebnisse, die sich wohl des Erzählens lohnen würden. Aber fahre fort in der Schilderung deiner Erlebnisse mit Theodorus!‹


OCTAVIA: Als wir auf unserem Beobachtungsposten standen, bemerkten wir Chrysogonus, wie er seine Göttin an der Hand zu dem in der Ecke stehenden Bette führte. Und er sprach: ›Was meinst du wohl, meine Göttin, was Theodorus und Octavia mit einander machen?‹ – ›Ich weiss es,‹ antwortete sie; ›ich habe ein Stöhnen gehört, wie wenn er ihr Gewalt angetan hätte. Er zeigt meiner Tochter den mühseligen Weg zur Seligkeit – und ich bin dessen froh.‹ – ›Durchaus nicht!‹ rief Chrysogonus; ›er zersprengt die Aermste mit seinen fusslangen Keil! Darum schrie sie so! Gerne[239] hätte ich meinen treuen Freund in deine Arme geführt; aber die Liebe, die ich für dich empfinde, erlaubte mich nicht daran zu denken. Ich bin von wütender Eifersucht gegen deinen Gatten erfüllt, weil er meine Genüsse teilt. Ich habe daher meinen Freund überredet, seine Angriffe gegen deine Tochter zu richten; ich wusste dass er nicht würde abgewiesen werden.‹ Mit diesen Worten warf er sie rücklings auf das Bett indem er rief: ›O! was für himmlische Wonnen sind mir beschieden! flösse mit deinen Küssen deinen Geliebten die Wahnsinnsglut der Liebe ein. Errege durch die sinnreichen Künste deiner Wollust in mir dieselben Leidenschaften, die auch dich beseelen.‹ – ›Hole der Henker,‹ antwortete meine Mutter, ›hole der Henker diese abgetragene Kutte mit ihren schäbigen Flicken, die mir so viele Schönheiten philosophisch dunkler Weisheit verhüllt! Eigenhändig werde ich diese Nebelwolken zur Seite schieben, die dich, mein Licht, meinen Augen entziehen. So hoch wie möglich werde ich diesen Weiberrock emporheben. Hol der Henker den Schneider, der ihn gemacht hat! Wie könne solch ein elender langer Rock das richtige Kleid für einen Philosophen sein, da er ja nicht einmal das richtige Kleid für einen Mann ist? Was ein Mann haben muss, das ist ein langer Pflock, nicht ein langer Rock!‹ Sie gab dem sich aufbäumenden Glied abwechselnd Stüber und Küsse, indem sie sagte: ›Sieh doch nur diesen Frechling, der sich gegen die Schamhaftigkeit vergeht! Sieh ihn doch den stolzen Kaiser aller Schwänze! faul und kraftlos liegt er mir in der Hand. Aber sieh doch nur, du schläfriger Schwanz, meine Kleine, wie sie dich zum Zweikampf herausfordert! durch ihren Herold, meine linke Hand, erklärt sie dir den Krieg!‹ – ›Mache deine Brust blos, entblösse sie, meine Königin!‹ rief Chrysogonus. ›Das kannst du ja so leicht, da dein Leib nur von diesem durchsichtigen Röckchen bedeckt ist. Lass mich die milchweissen Kugeln deiner Brüste sehen! zieh deinen Rock aus, wenn du mich vollkommen glücklich machen willst! Zwar auch so bist du schön, aber noch schöner wirst du ganz nackt sein; deine eigenen Reize sind dein schönster Schmuck. Du brauchst keine Kleider und keine Juwelen.‹ Sie tat nach seinen Willen und legte ihr Mieder und ihren Rock ab; nur das Hemd behielt sie an. Chrysogonus befiehlt ihr, auch dieses auszuziehen; herab sinkt das Hemd, und die Wangen der ehrbaren Matrone bedecken sich mit dunklem Purpur der Schamröte. ›Welchen Höhepunkt[240] der Schändlichkeit wirst du mir nun noch zumuten?‹ ruft sie. ›Was wirst du mir jetzt noch befehlen, du mein Herr und Meister, dem ich wohl meine Seele verkauft haben muss!‹ ... Beim Castor! sie hat wirklich einen schönen Körper – eine prachtvolle blendend weisse Haut.


TULLIA: Ich weiss es.


OCTAVIA: Chrysogonus vermag vor Ungeduld nicht länger zu warten und ruft: ›Deine Kleider hast du ausgezogen, jetzt, Sempronia, nimm jene Stellung ein, die wie du weisst, mir so hohen Genuss bereitet!‹ Er legt sich auf den Rücken, sie steigt auf ihn, beugt sich zusammen, um sich auf ihn zu setzen und verschlingt dabei mit ihren Blicken seinen schlanken Speer – den sie mit eigener Hand sich hineinstösst, nachdem sie die Schenkel auseinander gespreizt hat ... ›Dieser Anblick,‹ flüsterte Theodorus mir zu, ›erfüllt mich mit Liebesglut. Wir wollen uns doch unseren eigenen Angelegenheiten zuwenden, meine liebe Octavia; wir sind ja auch nicht von Stein.‹ Wir gehen; er streckt mich auf das Bett hin und lässt mich eine bequemere Stellung einnehmen, als ich sie das erste Mal gehabt hatte. ›Sieh dir doch mal das Ding an, liebe Octavia,‹ sagte er, indem er seine Mentula in der Hand wog; ›wenn du sie dir einmal ordentlich angesehen hast, wirst du deine Mutter nicht mehr um ihren Chrysogonus beneiden.‹ Eine unanständige Neugier – ich muss es gestehen – erfasste mich; ich gebe ihr nach und messe sein Ding. Willst du's glauben, süsse Tullia: dreizehn Zoll, mass bis zur Spitze das Instrument, das vor Aufregung zitterte und mich armes Frauchen mit dem Todesstoss bedrohte! ›Ich habe grosse Angst,‹ sagte ich, dieser lange und dicke Balken passt nicht in mein Sparrenwerk hinein. ›Versuchen will ich's gern; aber bei Venus! schiebe – stosse nicht! lass ihn hineingleiten – nicht mit Gewalt einbrechen; mach es spielend – zerreisse mich nicht!‹ Er hatte schon den Katapult an die Tür angesetzt und bereitete sich zum Sturmlauf auf meine Festung vor. Ich hebe die Schenkel empor – er lässt den Rammbock arbeiten, – ich rühre mich nicht. Er schiebt mit aller Kraft; ich rühre mich nicht. In meinem Leib ist alles zerrissen, zerfetzt, zersprengt. Schrecklich stiess das Ding gegen die innersten Wände an, und unter dem heftigen Andrang des sich hineinschiebenden Keils droht das ganze feste Mauerwerk meiner Burg zusammen zu stürzen. Ich reisse den Speer aus der Wunde heraus; kaum konnte ich das wilde Ding mit meinen Fingern[241] umspannen – solch ein gewaltiges Werkzeug war's! Schnell presse ich ihn zusammen und ein starker Strom von Liebesbalsam bricht hervor. Er reizt auch mich zur höchsten Wollust und mit einem unglaublich süssen kitzelnden Gefühl lasse auch ich es spritzen. Niemals – beim Castor! – hat mit grösserer Wonne meine durstige Kleine die Ambrosia der Liebe geschlürft. Wie glücklich war sie in jenem Augenblick, dass sie so wacker zu schlucken versteht!.. Dann gebe ich Theodorus einen Kuss, werfe die Last von mir ab – denn sie war mir zu nichts mehr nutze – und schlüpfe munter unter ihm hervor. Dabei fasse ich schnell mit einem lauten Lachen den langen Bart des ehrwürdigen Herrn, indem ich sage: ›Dies ist das Einzige, was an dir meiner Wollust missfällt. Lass mich dir, bitte, diesen gelben Bocksbart abschneiden!‹ Und damit komm ich ihm schon mit der Scheere nahe ... ›Um Gotteswillen, lass das sein!‹ ruft er; ›wenn du mir meinen Bart nimmst, nimmst du mir meine ganze Tugend. Tu doch so was nicht, kleine Närrin! Unsere Weisheit besteht vor allem in unserem Bart und nicht in unserem Lebenswandel; dank unserem Bart sind wir Jupiter und die zwölf oberen Götter. Die Halbgötter und der grosse Haufe der anderen Gottheiten sind bartlos. Der Bart ist das Zeichen eines ernsten, bedeutenden Mannes; auch ein Kaiser bedarf der Majestät eines solchen langen starkes Bartes. Ich sah einmal – der Vikar des Abtes von Saint-Denis zeigte mir sie – die in griechischer Sprache geschriebenen Betrachtungen des Arepagiten Dionysius, ein Geschenk – so behaupteten sie wenigstens – des byzantinischen Kaisers Manuel an Kaiser Karl den Kahlen. Auf dem Deckel des Buches sieht man das Bildnis Manuels mit seiner Gattin und seinen Kindern. Manuel trägt einen langen Bart, der ihm bis zur Mitte der Brust herabwallt. Das Buch war sehr kunstvoll mit einem reichen Schmuck von kostbaren Steinen und Gold geziert. Das Gold und die Edelsteine hatten die ehrlichen Mönche entfernt. Der ist nämlich nicht von Gold. Ihren Heiligen Dionysius hätten diese Mönche von Saint-Denis seinen goldenen Bart nicht vorenthalten, gerade wie bei den Syrakusanern Apollo seinen goldenen Bart bekam.‹ So sprach Theodorus. Ich aber antwortete: ›Auch ich werde die Zier deines Bartes nicht anrühren. Meinetwegen mögest du ihn behalten. Du hast mich ja, obwohl arm und bloss, mit so vielen Gaben beschenkt – nämlich mit den reichen Schätzen der gütigen Venus.
[242]

TULLIA: Aber du hattest ja deine Wonne nicht einmal voll auskosten können, du armes Kind! Und doch hat dein Caviceus auch nicht weniger als elf Zoll.


OCTAVIA: Unsinn! Höchstens neun! Was will das besagen im Vergleich mit Theodorus?


TULLIA: Bei meiner lieben Frau Pertunda! Warum hat weder Callias noch Lampridius eine so schöne Mitgift erhalten?! Aber ich werde sie auch kosten! ja, ich werde sie kosten!


OCTAVIA: Du sagtest doch vorhin, wenn ein Weib für schön gelten solle, so müsse seine Muschel nur eine schmale Oeffnung haben, um den Liebestau empfangen zu können. Uebermächtige Dicke ist daher an der Mentula kein Vorzug, weil eine von solcher bearbeitete Kleine nicht ihre schöne Form bewahren kann. Der Weg, der zum Glücke führt, muss eng sein; das Opfer der Liebe ist niemals süsser, als wenn es in recht engem Raum vollzogen wird. Hierauf bezieht sich das witzige Wort des Fürsten Don Juan d'Austria, der zugleich auch der Fürst der Onanisten war. Er sagte nämlich: in seiner Hand besitze er jede ihm beliebige Scheide und zwar eine, die niemals zu weit sei und niemals üblen Geruch aushauche.


TULLIA: Ausserdem preist man besonders jene Muscheln, die nicht gar zu weit unten sitzen, sodass sie völlig zwischen den Schenkeln verborgen sind; sie darf vielmehr nur neun bis zehn Zoll vom Nabel entfernt sein. Bei den meisten Weibern sitzt die Liebesgrotte so tief unten, dass man sie leicht mit dem anderen Wege zur Wonne verwechseln könnte. Mit solchen ist der Beischlaf schwer zu vollziehen. Theodora Aspilqueta konnte nicht entjungfert werden, als bis sie sich platt auf den Bauch legte, die Kniee aufstützte und die Lenden emporstreckte. Vergebens hatte, so lange sie auf dem Rücken lag, ihr Gatte bei seinen Versuchen sich in Schweiss gearbeitet. Der Liebe Müh war völlig umsonst gewesen ... Endlich muss das Schiffchen unter einem etwas erhöhten Hügel, gleichsam unter dem Schutze eines Vorgebirges liegen. Sind alle diese Eigenschaften vereinigt, so ist das, was jedem der es sieht, schön erscheint, auch für den schön, der darin arbeitet. Dagegen ist es an einem Weibe geradezu ein Schönheitsfehler, wenn es zu eng gebaut ist. Ich habe Rechtsgelehrte behaupten hören, ein Mädchen, das so eng gebaut sei, dass es nicht zur Frau gemacht werden könne – dies[243] ist der technische Ausdruck – könne nicht als gesund angesehen werden. Die Frauen, deren Scheide zu eng gebaut ist, sind fast immer unglücklich. Von Cornelia, der Mutter der Gracchen, erzählt man, sie habe von Geburt an so enge Genitalien gehabt, dass sie mit grössten Schwierigkeiten habe zur Frau gemacht werden können. Als dann die Gracchen erschlagen waren, erschien ihre Mutter um so unglücklicher, je glücklicher sie wegen der Geburt ihrer Söhne gepriesen worden war. Was man von, versperrten Jungfrauen‹ erzählt, ist alles unwahr; das sind lauter zu betrügerischen Zwecken erfundene Kniffe.


OCTAVIA: Man behauptet auch, der Mund oben im Gesicht gebe einen Massstab ab, wonach man auf die Grösse des Mundes unten schliessen könne. Ein Weib, das einen kleinen Mund zum Sprechen habe, besitze – sagt man – auch einen kleinen Mund zum Lieben.


TULLIA: Geschwätz! Und Geschwätz ist auch, was diese Geometer der Liebe sonst noch faseln: die Grösse des Fusses zeige die Weite der Tür an, durch die man ins Allerheiligste der göttlichen Jungfräulichkeit eintritt. Possen! Ich kannte Weiber, die ein kleines Mündchen und ein kleines Füsschen haben: zwischen ihren Beinen aber klafft ein weiter Schlund, worin die Spinnen ihre Netze weben. In dieser Beziehung gibt es keine feste Regel. Die einzige, die sich aufstellen lässt, ist folgende: für jede Klinge ist eine passende Scheide vorhanden. So hat es die Natur eingerichtet. Ist es eine dünne Klinge, so zieht die weite Scheide sich von selber zusammen? ist es ein riesiges, unhandliches Schwert – eine Durendorte oder ein Flamberg – so dehnt die Scheide sich aus und beglückt empfängt das Haus den beglückten Gast.


OCTAVIA: Ja, so ist es. Das weiss ich aus eigner Erfahrung. Bestimmtes lässt sich nicht aufstellen – bei Perags Hodensack. Wenn die Kämpen mit einer fürchterlich starrenden Lanze nicht für alle Weiber gut sind, so passen sie doch der einen oder der anderen. Heliogabal hatte einen Sklaven mit einem ungeheuerlichen Penis. Er hiess Onon. Den Pygmäen hängt der Penis bis an die Fussknöchel herab. Wenn er bei unseren Landsleuten bis zu den Knieen herabhinge, würdest du deshalb vielleicht glauben, eine solche Stossmaschine sei unverwendbar? Du würdest dich täuschen. Aber bei den allermeisten Männern geht die Länge des Gliedes nicht über sieben oder acht Zoll hinaus. Dies ist das gewöhnliche Mass. Was[244] meinst du wohl? Die sind durchaus nicht gänzlich unnütz zu den Werken der Venus und die Göttin versagt auch ihnen nicht ihre Huld. Sie finden bei Frauen Verwendung, für die die Grösse des Gliedes keine Rolle spielt, und dieser Vorzug empfiehlt sie als Gatten. Herzog Fernando und Markgraf Vasto sind Männer von grossen Namen, aber kleiner Mentula. Und doch haben auch sie Frau und Kinder. Vastos Gattin ist schön und eifrig im Liebeskampf; ihre Kinder sind hübsch und berechtigen zu den höchsten Hoffnungen. Eine Mentula ist immer dick genug und lang genug, wenn sie dem Liebhaber und der Geliebten gefällt. Wenn Einer einmal gefällt, so gefällt alles an ihm. Lieber will ich mir in mein Schiff lein von einem Freunde ein Nägelchen einschlagen lassen, als von einem andern einen knüppeldicken Nagel. Diese Erfahrung mache ich selber gerade in diesem Augenblick, liebe Tullia, denn ich nähre in meinem Busen eine hübsche kleine Turteltaubenliebschaft. Ein Knabe, den Venus und die Grazien selber so schön gemacht haben, wie sie nur können, geniesst bei verschwiegener Nacht meines Leibes, und sein Penis ist weder lang noch dick. Und doch hat niemals ein Mann mir grössere Wonnen bereitet. Ich bedeute für ihn den Gipfelpunkt der Wollust und dasselbe ist auch er für mich.


TULLIA: Was erzählst du mir da? Wer ist denn jener Knabe?


OCTAVIA: Meine Mutter hat ihn mir zum Geschenk gemacht; sie hat ihn unter den hübschesten Pagen zu diesem Zweck ausgewählt. Seine Mutter ist Manilia, die Schwester meiner Amme. Am 20. September ist er vierzehn Jahre alt geworden; an Schönheit muss man den Knaben noch über Phoebus stellen.


TULLIA: Ich habe den hübschen kleinen Mann selber schon gesehen. Sempronia hatte ihn den Akademikern zur Erziehung anvertraut; sie sind Gelehrte, und das ist ein grosser Vorzug; sie sind brave Leute, und das ist noch mehr wert.


OCTAVIA: Ich will vor dir keine Geheimnisse haben, liebste Tullia. Wenn unsere Liebhaber aus ihrem Leibe in den unsrigen den hervorsprudelnden Saft der Wonne sich ergiessen lassen, so sagen sie, sie gemessen unser. So geniesse auch ich deiner Seele und deiner ganzen Persönlichkeit, wenn ich dir meine geheimsten Gedanken in die Seele einflösse. O, welch süsser Genuss! O, welch süsse Wollust voller Liebkosungen für meinen Geist liegt in dieser Vereinigung unserer Seelen.
[245]

TULLIA: Und ich, mein geliebtes Herz, bin immer der Meinung gewesen, du seist nicht nur mein anderes Ich, sondern du seist geradezu eins mit mir. Ich habe meine Leidenschaften deinen Augen zur Schau gestellt, und ich schäme mich dessen nicht. Ich habe dich in die geheimsten Regungen meines Busens eindringen lassen, und ich bereue es nicht. Sprich!


OCTAVIA: Ich komme gleich auf diese Geschichte zurück! ... Nachdem Alfonso eine Menge geistreicher und anmutiger Bemerkungen gemacht hatte, stand Aloisia auf und sprach: ›Soll ich auch meine Meinung sagen? Ein freimütig redender Mund, ein Herz ohne falsch, eine Kleine, die weder zu leicht gewährt noch zu störrisch weigert, bewegliche Lenden, ein gewandter Geist – dies alles zusammen macht, meiner Meinung nach, die Schönheit aus. Sokrates wird derselben Meinung sein wie ich, wenn's ihm juckt.‹ Sprach's und wir lachten. Plötzlich klopft es an die Tür. Gütige Götter!


TULLIA: Wer klopfte denn?


OCTAVIA: Theodorus und Chrysogonus. Ich dachte, ich sei des Todes, als ich sie sah. Sie begrüssten Eleonora. Theodorus schielte zu mir hinüber und grüsste mich mit einem Zwinkern seiner Augenlider. Alfonsus warf sich Chrysogonus in die Arme. Unter eifrigem Plaudern führte Theodorus mich in den Park. Er pries meine Schönheit und Jugendfrische und überhäufte mich mit einer grösseren Menge Redeblumen als im Garten natürliche Blumen wuchsen. ›Wenn ich dich sehe,‹ sprach er, ›entbrennt meine Liebe in neuer Glut. Habe Mitleid mit mir. Chrysogonus und Eleonora sind glücklich und zufrieden – sie besorgen ihre Angelegenheiten. So lass auch uns an die unseren denken!‹ – ›Wie geht es denn meiner Mutter Sempronia,‹ antwortete ich; ›hast du mir nichts von ihr zu bestellen?‹ – ›Sie hat mich beauftragt, ich möchte dir empfehlen, an deine Gesundheit zu denken. Sie war gerade dabei, einen Pagen zu kämmen und zu putzen Glücklich die Frauen, die dereinst mit diesem anmutigen, schönen Jüngling schlafen werden!‹ Diese Worte entzündeten in mir ein heftiges Feuer, liebe Tullia. Ich fühlte das Mark in meinen Knochen brennen und meine Venusader wild werden von verliebter Begier; seit zwei Monaten verkehre ich mit Roberto ... ›Deine Mutter,‹ fuhr Theodorus fort, ›erwartet eine von euren Verwandten. Wen? das weiss ich nicht. Nur so viel ist mir bekannt, dass sie aus der Familie Ponce stammt. Roberto[246] hat mich gebeten dir zu sagen, dass er deinen Sperling, den du ihm anvertraut hast, mit der grössten Sorgfalt pflegt. Das Vögelchen piepst fortwährend nach dir und sucht in unermüdlichem Hin- und Herfliegen immer wieder deinen Busen. Aber habe Mitleid mit mir, Octavia! Ich sterbe vor Liebe. Wer könnte auch wohl, nachdem er dich einmal gesehen hat, sich dem Tribut entziehen, den wir alle ohne Ausnahme der allmächtigen Wollust zahlen müssen?‹ Während wir im Garten lustwandelten, war ein Diener aus Eleonoras Hause uns nachgeschickt worden, um mir einen Brief zu bringen. Er sagte, mehrere Personen, die zu Wagen aus der Stadt gekommen seien, wünschten mich zu sehen. Ich folge dem Diener, der mir den Weg zeigt, und lese im Gehen den Brief. Er war von meiner Mutter, die mir folgendes schrieb:


›Ich schicke, liebes Kind, deinen schönen Liebesgott zu dir, die du seine Liebesgöttin bist. Er hat mir durch seine Bitten und Tränen diese Gunst abgepresst. Der Flüchtling hat sich jedoch in eine unseres Geschlechtes verwandelt, indem er ein Kleid angezogen hat, und er verleiht unserem Geschlecht einen neuen Glanz. Wer ihn sieht, wird ihn für ein Madchen halten und seine Schönheit preisen; ich möchte, auch du merktest nichts davon, dass er ein Knabe ist. Schone nur seine zarten Glieder! Wie dem aber auch sei – ich werde mich deines Glückes freuen. Das Uebrige wirst du von der Amme erfahren. Geniesse und behalte mich lieb.


›Welche Genüsse,‹ sagte ich bei mir selber, ›werden mich zu den Himmlischen erheben! Ich glückliches Weib! Durch dieses Geschenk meiner Mutter bin ich den Göttinnen gleich!‹ ... Als ich wieder den Saal betrat, fand ich dort ein Mädchen von göttlicher Schönheit, sorgfältig frisiert, elegant gekleidet, auf einen Stuhl sitzen. Sie war allein; mit einem köstlichen Ausdruck der Bescheidenheit auf ihrem Antlitz begrüsst sie mich, sowie ich eintrete, mit einem tiefen Knix nach Frauenart. Ich erwidere ihre Verbeugung. Neugierig hefte ich meine Blicke aufsein Gesicht, bleibe stehen und denke: es ist Roberto! Dann aber sage ich mir wieder: nein, er ist es nicht! Je näher ich komme, desto stärker werden meine Zweifel. Er kam mir nämlich vielgrösser vor und sein Gesicht trug einen ganz eigentümlich jungfräulichen Ausdruck. ›Sind schon viele Tage verflossen,‹ rede ich sie an, ›seitdem du, o schöne Göttin, vom Himmel herabgestiegen bist.‹ Das junge Mädchen lächelt, und[247] am Lächeln erkenne ich Roberto. Er schlingt seine Arme um meinen Hals und gibt mir einen Kuss; ich küsse ihn wieder. Was für Küsse, gütige Venus, gibt er mir, gebe ich ihm! Die Amme eilt herzu und sagt zu uns: ›Nehmt euch in acht! nehmt euch in acht auch vor der boshaften, scharfäugigen Neugier der Diener, die hier überall herumstreichen. Deine Mutter empfiehlt dir zu sagen, das junge Mädchen sei eine Verwandte von dir, eine Ponce, und sie habe aus religiösen Gründen eine weite Reise gemacht. Was ich dir ausserdem noch zu sagen habe, wirst du später erfahren. Für den Augenblick nehmt euch nur in acht, dass euch keine Unvorsichtigkeit entfährt, die euch allen beiden schaden könnte.‹ Während wir noch sprechen, treten plötzlich Aloisia und Isabella mit Alfonso und Theodorus ein. Diana Ponce – unter diesem Namen liess Roberto sich vorstellen – grüsste die ganze Gesellschaft mit vollendetem Anstand wie eine vornehme junge Dame. Alle bewunderten das schöne Kind; alle sagten, sie sei von einer seltenen Schönheit, von einer übermenschlichen göttlichen Schönheit. – ›Mit Tagesanbruch,‹ erzählte Roberto, ›bin ich in der Stadt angekommen und morgen in aller Frühe muss ich meine Reise fortsetzen. Aber es war mir eine süsse Freude, ein paar Stunden der Gesellschaft und Unterhaltung meiner Base gemessen zu können; eure höfliche Liebenswürdigkeit aber bewirkt, dass mein Glück mir doppelt so gross erscheint – wenn dies überhaupt möglich ist!‹ Niemand dachte an eine Verkleidung und um dem Verdacht keinen Anhalt zu geben, sagte ich, ich wolle eilends Eleonoren aufsuchen, um sie nicht länger des Anblicks einer solchen Schönheit zu berauben. Theodorus ging mit mir. Wir begeben uns zu Eleonora. Die Türen ihres Zimmers waren verschlossen: sie hatte sich noch nicht den wilden Angriffen des Chrysogonus entzogen.. Ich sehe durch das Schlüsselloch ...


TULLIA: Und was siehst du? Du lachst ja.


OCTAVIA: Eleonora hatte den Rock hochgehoben und sass mit gespreizten Schenkeln auf einem Stuhl. Auf ihr ritt Chrysogonus und bewegte mit mächtigen Stössen den Hintern. Theodorus sah ebenfalls durchs Schlüsselloch und sprach darauf zu mir: ›Jetzt, o meine Hoffnung, habe doch Mitleid mit der Begier, die mich verzehrt. Ein solches Bild der Wollust macht mich tot!‹ Ich wollte ihm aber nicht zu Willen sein. Es war sicherer, wenn[248] ich mich für meine Liebe zu Roberto und für die schlaflose Nacht, die uns bevorstand, keusch erhielt. Daher antwortete ich: ›Leider kann ich nicht; die Menstruation befleckt mir den Sitz der Wonne. Eleonora allein wird dich und deinen Freund befriedigen können; gerade eben ist sie ja fertig geworden.‹ Sie kam nämlich in diesem Augenblick lachenden Mundes auf uns zu und sprach: ›Nun, Octavia, ist dir Frau Venus hold gewesen?‹ – ›Sie hat mich nicht einmal angesehen!‹ antwortete ich; ›und in den nächsten acht Tagen ist jede Hoffnung auf Liebe für mich völlig ausgeschlossen. Aber ich habe eine Bitte an dich, und zwar eine ganz ernstliche.‹ – ›Was denn für eine? Ich bewillige sie dir im voraus. Was könnte ich dir wohl abschlagen, meine süsse Octavia?‹ – ›Schön!‹ versetzte ich; ›ich bitte dich mir deinen Gaul, deine beweglichen Lenden zu leihen!‹ – ›Du treibst Possen, Närrin!‹ antwortete sie; ›was wolltest du mit meinem Rösslein anfangen? Du hast ja keinen Sporn.‹ – ›Wenn du es Theodorus leihst, so ist das so gut, wie wenn du es mir selber liehest.‹ Chrysogonus vereinigt seine Bitten mit den meinigen, und dank unserer Beharrlichkeit tragen wir endlich den Sieg davon. ›An den Galgen mit euch allen,‹ ruft sie lachend, ›die ihr mich zwingt, mich zum zweitenmal unter die Presse nehmen zu lassen.‹ Wir entfernen uns; Theodorus aber umarmt Eleonoren und spricht: ›Fürwahr, ihr müsst ein Liebling des Schutzgottes der Philosophie sein, denn euch wird der Ruhm zu teil, an einem und demselben Tage von zwei philosophischen Schwänzen bedient zu werden. Mögen günstige Gestirne dir vergelten, was wir deiner klugen und edelmütigen Kleinen verdanken. Mögen Amor und Venus sie beständig mit unendlichen Strömen von Wollust übergiessen und mit wonnevollen Tau sie benetzen! Mögen deine Wonnen über alles Mass und Ziel hinausgehen!‹ Hierauf wirft er sie rücklings über das Bett, legt sich auf sie und tut in die wohlgesalbte Venuspfanne das dicke saftige Stück Speck, das er aus seinem Speiseschrank hervorgeholt hat. – ›In mir allein,‹ ruft er, ›besitzet ihr, o Herrin, drei Lampsakische Priape und vier Herkulesse. Macht euch das zu nutze, denn deine Lenden sind ja nicht lahm und dein Cherson ist voller Weisheit.‹ – ›Gewiss werde ich's mir zu nutze machen,‹ sagt Eleonora; im selben Augenblick aber, wo Theodorus seine Riesenrute in ihren Unterleib hineinstösst, schreit sie auf: ›Du tötest mich, du Henker!‹ Er lässt sich in seinen[249] heftigen Stössen nicht stören und bald geht der Schuss seiner Wurfmaschine los. ›Das heisst aber kein Liebesspiel treiben, sondern ein Weib auf das erbärmlichste zerfetzen!‹ ruft Eleonora. ›Du hast mir den Tod in den Leib gepflanzt und nicht das Kraut Moly.‹ Ich eile herbei, umarme, küsse sie. Die beiden Freunde verabschiedeten sich und gingen nach der Stadt zurück, nachdem sie den Zoll erhoben hatten, den die Regeln ihres philosophischen Instituts ihnen einzufordern vorschrieben. Sie waren über alle Massen fröhlich und guter Dinge. Eleonora streckte ihre ermatteten Glieder auf einem Bette aus und wir verbrachten den Rest des Tages mit Spielen und Belustigungen. Diana erregte mit ihren Fragen wie mit ihren Antworten die höchste Bewunderung der Gesellschaft. Alfonso pries begeistert ihre Anmut, und Eleonora stimmte ihm zu. Diana aber sagte: ›Warum preiset ihr an mir diese Schönheit, die nur ein vergängliches, schnell dahin welkendes Verdienst ist? Ihr preist mich nicht wegen des Besitzes einer so ausgezeichneten Base, die der Tugend selber als Muster von Tugend dienen könnte! Und doch hat dieses Geschenk, mit welchem mich die Götter begnadet haben, einen viel höheren Wert!‹ Ich erwiderte nur wenige, aber wohlgesetzte Worte. Roberto gefiel der Gesellschaft ganz ausserordentlich durch solche Reden, und er versetzte mich dadurch von neuem in Liebesglut. Aber wenn's dir recht ist, liebe Tullia, so will ich die Geschichte vom Beginn an erzählen.


TULLIA: Wäre Roberto nicht dein, so wollte ich, er wäre mein!


OCTAVIA: Vor sechs Monaten etwa befand ich mich eines Tages mit meiner Mutter zusammen in unserem Park. Sie sprach viel von ihrer Liebe und Sorge um mich und rief mir alle jene Beweise, die sie mir seit meiner zartesten Kindheit davon gegeben hatte, ins Gedächtnis zurück. ›Jetzt aber,‹ fuhr sie lächelnd fort, ›mache ich dir ein Geschenk, das an Wert alle früheren bei weitem übertrifft.‹ Ich dankte ihr. Ein paar Tage darauf kam Roberto in unser Haus. Sie sagte ihm, er solle mit uns speisen; bei Tische betrachtete er uns unverwandt mit Augen, denen man die Begierde nach so viel Reizen deutlich ansah. Ich war bezaubert; und obwohl ich von der Sache noch nichts wusste und nichts erriet, wuchs doch schon meine Liebe zu den Knaben. ›Ich möchte, du zeigtest dich ein wenig kecker,‹ sagte meine Mutter zu dem Pagen; ›sprich frei heraus; ich weiss du hast bedeutende Geistesanlagen.‹ – ›Da ihr[250] es denn befehlt, o Herrin, so werde ich ein wenig die Ehrfurcht ausser acht lassen, die ich euch schulde, und werde von meiner Pflicht abweichen, um nur nicht ungehorsam zu erscheinen. Denn ich bin von Natur der ergebenste Diener und es ist meine Pflicht, ein solcher zu sein.‹ – ›Er weiss seine Worte wohl zu setzen,‹ fiel ich ein. – ›Aber,‹ fuhr er fort, ›beseelt mit eurem Geist den Geist, den ihr mir zutraut, und ich werde Geist haben. Denn in euch vereinigen sich, durch Jupiters Huld, Schönheit des Körpers und Vorzüge des Geistes.‹ – ›Höre, Roberto!‹ begann meine Mutter wieder: ›Octavia findet sich selber nicht schön. Ist sie es nach deiner Meinung?‹ – ›Sehr schön erscheint sie mir, bei allen Göttern und Göttinnen! Und sie ist wirklich schön! Sie könnte den Göttern Liebe und den Göttinnen Eifersucht einflössen.‹ – ›Aha! Und wenn Octavia deine Liebe erwiderte, würdest du sie dann lieben?‹ fragte meine Mutter lächelnd. – ›Ich werde sie lieben,‹ antwortete er, ›auch wenn sie meine Liebe nicht erwidert. Ich bin nur ein armer Knabe. Wie wäre es möglich, dass sie meine Liebe erwidern könnte? Sie ist reich beglückt mit allen Gaben der Natur und des Schicksals und mit allen Tugenden. Wie wäre es möglich, dass sie mich liebte?!‹ – ›Gewiss wird es mir angenehm sein, von dir geliebt zu werden, der du ein so liebenswürdiger Knabe bist. Willst du mein zweiter Gatte sein?‹ – ›Ihr entehrt den Namen »Gatte«‹, versetzte er, ›wenn ihr ihn mir beilegt. Lasst mir den Namen eines Sklaven, eines Bedienten. Ich werde ihn durch meine Bemühungen für euch, Ehre machen, so sehr ich's nur vermag.‹ Als das Mahl zu Ende war, kehrte er zur Akademie zurück, und ich fühlte, dass mit ihm ein Teil meiner Seele ging. – ›Was hältst du von dem jungen Menschen?‹ fragte meine Mutter mich. – ›Er ist ein Liebesgott, der hübscheste aller Liebesgötter, und er ist vom Busen der Frau Venus zu uns geflogen.‹ – ›Meinst du nicht,‹ fragte meine Mutter weiter, ›dass diejenigen recht glücklich sein werden, die ihn dereinst in ihre Arme schliessen dürfen?‹ – ›Wie sie unglücklich sein sollten, das vermag ich in der Tat nicht einzusehen,‹ antwortete ich. ›Eine Königin würde froh sein, ihn als Eidam zu erhalten.‹ So hielt ich in meinen Adern die geheime Wunde offen, liebe Tullia. Endlich, nachdem ein Monat verstrichen war, kam meine treffliche Mutter meiner aufkeimenden Liebe zu Hilfe. Sie befahl Roberto, uns wieder zu besuchen; sie liess ihn in zwangloser[251] Weise mit mir verkehren. Die Liebe, die die Schicksalsgötter uns einflössen, ist erfinderisch. Das Kind, das infolge seines Alters noch nicht so recht geschickt zur Liebe ist, verzehrt sich vor Liebe, weil es nicht weiss, wie es es anzufangen hat. Um jene Zeit geschah es, dass meine Mutter in eine schwere Krankheit verfiel. Sobald sie ihre Gesundheit wieder erlangt hatte, sagte sie zu mir: ›Dank deiner Pflege und Sorgfalt, meine liebe Octavia, bin ich dem Tode entronnen, und ich wäre undankbar, wenn ich dir für deine Güte nicht in derselben Weise danken würde. Ich versprach dir – erinnerst du dich? – ein Geschenk, das an Wert alle meine anderen Geschenke übertreffen würde.‹ – ›Wohl erinnere ich mich, liebe Mutter,‹ antwortete ich, ›und alles was von dir kommt, wird mir über alle Massen wertvoll sein.‹ – ›Ich will,‹ fuhr sie fort, nachdem sie mir einen Kuss gegeben hatte, ›ich will dir Roberto zum Geschenk machen, diesen süssen Knaben, den Juno mit Freuden als Geschenk empfangen würde. Du wirst rot? Ich habe wohl gesehen, dass du ihn liebst.‹ – ›Das leugne ich nicht, liebe Mutter,‹ antwortete ich. – ›Um deinetwilligen lass ich ihn erziehen; für dich habe ich ihn bestimmt. Damit er deines Wohlwollens würdig sei, wünsche ich, dass er sorgfältig in allen Tugenden und Wissenschaften unterrichtet werde. Ich selber werde ihn dir in die Arme führen. Aber er ist ein sehr zartes Kind. Wenn du zu heftig deine Liebe zu ihm befriedigst, wirst du ihm schnell Schönheit und Leben rauben. Vergiss das ja nicht!‹ – ›Ich werde es nicht vergessen,‹ sagte ich. Drei Tage darauf fragte sie mich bei Tische, ob ich den nächsten Tag zu Hause zu bleiben gedenke. Ich antwortete, dies sei meine Absicht. Hierauf lobte sie sehr das Hauskleid, das ich trug – ein weites, faltenreiches Gewand aus den feinsten Linnen. ›Dieses Kleid,‹ sagte sie, ›verbirgt deine Reize nicht, und enthüllt sie doch nicht. Du siehst wundervoll gut darin aus. Ziehe kein anderes an!‹ Ich versprach ihr, das Kleid anzubehalten.


TULLIA: Was dachtest du bei dir selber von deiner Liebe?


OCTAVIA: Ich dachte nicht, dass ein solches Glück so bald schon mir beschieden sein sollte. Meine Mutter gab mir eine angefangene Stickerei, indem sie sagte: ›Ergänze mit deiner Nadel die noch fehlenden Stellen; du bist ja eine so geschickte Stickerin.‹ Ich ging in mein Zimmer. Es war am zwanzigsten Mai. Ich setze mich auf[252] ein mit einer seidenen Decke belegtes niedriges Ruhebett. Mein Geist erging sich in den phantastischen Wolkengebilden meiner Gedanken, und ich verfiel in einen Zustand zwischen Schlafen und Wachen. In diesem Augenblick tritt Manilia ein und führt den Knaben auf mich zu: an seinen Schultern waren Flügel befestigt, ein Köcher hing ihm zur Seite, in der Linken trug er einen Bogen, in der Rechten einen Pfeil. Er sah aus wie Cupido – und wahrhaftig, er war ein Cupido! ›Venus, meine Mutter, schickt mich zu euch,‹ sagte das Kind zu mir mit schmeichelnder Stimme. ›Sie weiss, dass sie an Schönheit von euch besiegt ist, und darum wünscht sie, dass ich euch diene, denn ihr seid die Königin der Liebesgötter.‹ – ›Du sollst nicht dienen!‹ antwortete ich. ›Nicht dienen sollst du, allerschönster Amor; sondern wenn du aus Herzensgrund der meine sein willst, so sollst du herrschen!‹ – ›Aber,‹ sagte Manilia, ›ihr dürft doch nicht den ganzen Tag mit Redensarten verlieren. Tritt ein wenig zur Seite, schöner Amor!‹ – Sobald er sich etwas entfernt hatte, fuhr sie fort: ›Deine Mutter und ich schenken dir in aller Form Rechtens diesen Knaben. Er ist von zartem Körper und seine Lenden sind noch nicht so recht fest. Verwende ihn zu deiner Wonne aber gehe sparsam mit seinen Kräften um. Wenn du anders handelst, so wird er verwelken, wie eine Blume, die der Frosthauch des Winters trifft.‹ – ›Ich Arme, ich sterbe ja vor Liebe zu diesem Kinde,‹ antwortete ich, ›und meine Liebe und meine Wünsche sind befriedigt wenn ich nur weiss, dass er wirklich mir angehört.‹ – ›Schone den Jungen!‹ wiederholte die Amme. ›Für heute – das glaube nur! – wird es für deine Wollust völlig genügen, wenn du dem Knaben seine Jungfernschaft nimmst, was übrigens nicht ohne Schmerz für ihn abgehen wird. Denn seine Mentula ist noch von der Vorhaut bedeckt, und nicht ungestraft wird sie ihr Haupt vor ihrer Königin entblössen. Er hat versprochen, sich wacker halten zu wollen; flösse ihm nach deinem Belieben heisse Begierden ein, indem du deine wollüstigen Reize ihm zur Schau stellst!‹ Hierauf nahm sie dem schönen Armor die Flügel ab, indem sie sagte: ›Ich will, dass du beständig seist; ich will nicht, dass du ihr davonflatterst!‹ Auch den Köcher und die Pfeile nahm sie ihm ab, mit den Worten: ›Jetzt musst du von anderen Pfeilen Gebrauch machen; mit anderen Waffen musst du kämpfen.‹ – ›Ich verstehe,‹ erwiderte er, ›und meine Göttin wird es spüren, dass[253] ich einen Pfeil habe mit dem ich sie bekämpfen kann.‹ Die Amme ging und schloss hinter sich die Tür.


TULLIA:


Nun singt den Päan! singet ihn stets aufs neu!

In meine Netze ging die Beute, die lang ich begehrt!


OCTAVIA: Freudetrunken eilt der Knabe auf mich zu und ruft: ›O Herrin, o Herrin! jetzt schäme ich mich meiner Jugend. Ich fühle so recht, wie sehr man sich schämen muss, nur ein Kind zu sein. Ich werde meiner Seligkeit nicht gewachsen sein!‹ – ›O nein!‹ antwortete ich, ›du wirst dich allen Anforderungen gewachsen zeigen, wenn du meine Liebe, die deine Seligkeit sein wird, mit deiner Liebe erwiderst, die mich beseligen wird. Mehr verlange ich für meine Person nicht von dir.‹ – ›Aber dies macht noch nicht die ganze Liebe aus!‹ rief er, ›ich bin ein Anfänger und darum wird mein Anfang nichts taugen; ich bin ein Kind und darum wird das Ende auch nicht besser sein!‹ – Wir setzen uns auf das Ruhebett; ich gebe ihm einen Kuss; meine Augen sprühten nicht blosse Funken, sondern ganze Feuersbrünste. Er lässt seine Hand in mein Mieder gleiten. Da sage ich: ›Was willst du denn? Du beträgst dich ja kecker, als sich's geziemt.‹ Er befingert meine Brüste, er küsst meinen Mund, er entflammt mich. Und so niedlich und wonnig machte er dies alles, dass ich mich nicht enthalten konnte, ihn mit meinen Armen zu umschlingen. Da fährt er mit seiner Rechten mir unter den Rock. ›Nun?‹ frage ich, ›was suchst du denn da?‹ – ›Ich suche meine Gattin!‹ antwortet er, ›da drinnen wohnt sie.‹ – Ich lache laut auf und sage: ›So etwas unanständiges kann ich nicht dulden, denn ich bin eine anständige Frau!‹ – ›Wie könnte wohl an euch etwas unanständiges sein? Quält doch nicht euren kleinen Mann, indem ihr mich zurückstosst! Ergebt euch der Liebe!‹ – ›Ich ergebe mich,‹ antworte ich, ›einem so hübschen, so geistreichen Liebesgott. Dein bin ich, mein Amor. Ich gehöre nicht mehr mir selber; nur für dich lebe ich noch!‹ Unterdessen hatte seine Knabenhand sich verirrt; sie kannte ja noch nicht den Weg der Venus. Dicht über dem Knie hielt sie inne; dann irrte sie an den Schenkeln umher und endlich, Tullia, kam sie an meine glatten, sanft gerundeten Hinterbacken. Weiter ging seine Kühnheit nicht; überhaupt benahm er sich hierbei ganz und gar wie ein Kind. ›Weisst du schon, mein Cupido,‹ fragte ich ihn, ›wozu dein[254] und mein Leib gut sind.‹ – ›Ich glaube wohl es zu wissen,‹ antwortete er, ›aber ich bin doch meiner Sache nicht ganz sicher. Ich habe auf Gemälden das Liebesspiel abgebildet gesehen.‹ – ›Du wärest würdig, eine schönere Frau zu besitzen, als ich es bin,‹ fuhr ich fort. ›Nimm dir alles was du willst; brauche es, geniesse es, sei mein Gatte.‹ Er holte seine Mentula aus ihrem Gefängnis heraus. ›Was gedenkst, du denn mit diesem niedlichen Ding zu machen?‹ fragte ich ihn. – ›Ich werde alles damit machen, was ihr verlangt.‹ Das Vorspiel begann; er geriet in Feuer. Er fühlte wie seine Venusfackel sich entzündete, wie seine Mentula vor Wonne anschwoll. Er fiel vor mir auf die Kniee und bat mich, ihm zu verzeihen, wenn er sich ungeschickt und unpassend benehmen sollte. Ich lag auf dem Rücken; schnell streift seine linke Hand mir den Rock bis zum Busen empor und schon hat er die Finger an meiner Kleinen. Mit den Fingerspitzen zupft er an meinem Vliess, kitzelt die Spalte, nimmt ihr Mass; sie war glühend heiss. – ›Sag mir doch, bitte, mein Amor,‹ frag ich ihn, ›was sucht denn wohl da dein Vögelchen?‹ Denn das Hähnchen stand ihm. ›Ich glaube,‹ antwortet er, ›es sucht sein Nest, das ich hier in meiner Hand halte.‹ – ›So lass es doch, lass es doch dahinein fliegen.‹ – ›Da fliegt es ja schon‹, ruft Roberto, und mit einem fröhlichen Satz fährt er zwischen meine gespreizten Schenkel. Hahaha! Ich hatte das Küchlein dem Habicht gezeigt!


TULLIA: Bei meinem Schutzengel! Deine geistreiche Erzählung regt mich auf, wie ich's nie für möglich gehalten hätte! Du bist eine wundervolle Erzählerin solcher Nichtigkeiten.


OCTAVIA: Vor Aufregung keuchend setzt der Knabe den Dolch an die Scheide an.


TULLIA: Wie lang und dick war er?


OCTAVIA: Dick wie dein Daumen und sechs Zoll lang. Aber glaube mir, wir passen sehr gut zueinander. ›Du kommst vom geraden Wege ab, der zur Wonne führt.‹ sage ich und dabei komme ich dem blinden Hähnchen mit meiner Hand zu Hilfe. Er tritt in den dunklen Weg der Seligkeit ein. ›Und nun‹, rufe ich, ›stosse kräftig, schieb ihn hinein, töte, durchbohre mich! So muss es gemacht werden.‹ Da springt er vor und stösst das Schwert mir in den Leib; ich aber springe dem Stoss entgegen. ›Ich habe das Gefühl, als sei ich da innen verwundet worden,‹ sagt er. ›Was mag[255] das wohl sein?‹ Er stösst einen Seufzer aus; dann aber beginnt er sich hin und her zu bewegen, mich zu drücken, zu stossen. Seine Augen brechen – er haucht die Seele aus. Ich aber stosse von unten auf und dränge ihm entgegen; in meiner Brust aber erzitterten die Fibern meines Herzens. Meinen Begierden schmeichelte der Gedanke, dass Amor selber in meinen Armen liege. Ich umschlang mit meinen Armen die marmorweissen Hinterbacken des auf mir liegenden Knaben und regte ihn auf, indem ich mit leisen Schlägen dieselben tätschelte. Laut hörte ich Hymenäus lachen; Frau Venus aber keuchte in den heissen Tiefen meines Schosses. Ich fühlte mich zerfliessen; der Knabe war noch nicht soweit, und meine Worte vermöchten dir, liebste Tullia, nicht unsere glühenden, wollustfeuchten Küsse zu beschreiben, unser stammelndes Geflüster, unsere engen Verschlingungen und die unzähligen Wollüste, die wir in einer einzigen Wollust fanden. Stelle dir Psyche vor, wie sie mit Cupido schläft – so schlief ich mit Roberto. Ich war ihm die Seele, er war mir der Gott der Liebe. Endlich begannen des Knaben Augen sich zu trüben, zu brechen, sich in ihren Höhlen zu drehen, vor Glück zu sterben; in meinem Leibe – ich war schon fertig geworden – hüpfte sein Schwanz. Von einem neuen Gefühl erfasst, bewegte er sich hin und her; seine beweglichen Lenden erschauerten, während er mich umklammert hielt; ein seiner Seele bis dahin unbekannter Schwindel raubte ihm die Besinnung. ›O Herrin, o meine Königin!‹ rief er, ›das Leben entschwindet mir! Was ist denn dies für ein ungekanntes Gefühl?‹ Er gibt mir einen Kuss, und im selben Augenblick spritzt er. Nachdem er fertig geworden ist, nehme ich den ganz ermatteten Knaben zärtlich an meinen Busen. Küsse vermischen sich mit Küssen, Seufzer mit Seufzern. – ›Hast du es denn süss bei mir gefunden, mein süssester Gatte?‹ frage ich. – ›In dieser Wonne,‹ antwortet er, ›habe ich alle Wonnen genossen. Ihr, geliebte Octavia, seid der lebende Quell höchsten Glückes.‹ – ›Ich will es dir sein, und du wirst dasselbe mir sein. Aber stelle jetzt durch einen kurzen Schlummer deine erschöpften Kräfte wieder her. Wer uns sähe, würde denken, ich sei Cypris und du seist Cupido, der im Schosse seiner Mutter schlummert.‹ – ›Er braucht keinen Schlaf!‹ rief in diesem Augenblick Manilia, die wieder ins Zimmer getreten war. ›Lass ihn nur ohne Unterlass von deinen Purpurlippen die duftenden Blumen[256] deiner Küsse pflücken! Weiter braucht er nichts.‹ – Hierauf führt sie uns beide, ein schönes Liebespaar, meiner Mutter zu. Diese flog in meine Arme; ich aber war von Schamröte übergössen. – ›Was bedeutet denn‹, fragte sie mich, ›dieses traurige Gesicht? Schämst du dich etwa, Octavia, dieses schönen Knaben? Errötest du, Roberto, darüber, dass du mit einem so schönen jungen Weibe dich ergötzt hast? Ist denn die Hochzeitsfeier etwa unglücklich verlaufen? War Hymenäus nicht zugegen? War Venus dem Cupido nicht hold?‹ – ›Nichts von alledem!‹ antwortete Manilia, ›alles, was Brautleute machen müssen, ist glücklich von Statten gegangen. Mein Roberto hat sich wacker gehalten im Kampfe mit eurer jungen Tochter; ihr habt einen Schwiegersohn, und er hat eine Gattin!‹ – ›Schön!‹ ruft meine Mutter und überschüttet uns von neuem mit Liebkosungen und Küssen. ›Ein Bravo,‹ fährt sie fort, ›dem starken und tapferen Athleten! Sie haben alle beide gesiegt.‹ – ›Ach nein, ich erkläre mich für besiegt‹, versetzt Roberto, ›sie würde Mars selber besiegen, wenn er sich in einen Kampf mit ihr einliesse.‹ – ›Schweig nur mit deinen Witzen, mein schöner Mann!‹ rufe ich, ›schweig! du trägst Wunden aus dem Kampfe davon, aber es sind ehrenvolle Wunden.‹ – ›Ja, mit meinem eigenen Dolch habe ich mich verwundet,‹ erwidert der Knabe, ›dein Balsam aber hat die Wunde benetzt und geheilt.‹ Meine Mutter lächelte; man trug einen leckeren Imbiss auf. Meine Mutter trank auf die beiden Liebenden und ihre Wünsche; Roberto trank auf Juno, nämlich Sempronia, seine Königin, und auf Hebe, Junos Tochter. Du möchtest meinen, Tullia, er habe diese Redensarten aus der Schule mitgebracht – aber nein! die Liebe hatte ihm die Worte eingegeben. Meine Mutter fragte ihn, ob er sich wohl befinde. – ›Fragt Octavia danach!‹ antwortete er, ›denn wenn sie mich von ganzem Herzen liebt, so befinde ich mich wohl.‹ – ›So befindest du dich also sehr wohl‹, rief ich, ›denn ich habe dich sehr lieb.‹ – ›Durch euch, o meine Gattin, bin ich in den Tempel der wahren Wonne eingetreten; ich bin mit dem Leben in Berührung gekommen, das im Allerheiligsten dieses Tempels sich verborgen hält.‹ – ›Ja gewiss,‹ sagte meine Mutter, ›du bist jetzt kein Kind mehr, du bist ein Mann geworden; in einem Nu hat Octavia dich zum erwachsenen Manne gemacht. Wehe, wehe denen, die behaupten, man nenne Venus die Verticordia, weil sie den Sinn der Menschen[257] zu allem Bösen lenke! Sie lügen. Im Gegenteil, sie wendet den Geist von kindischen Beschäftigungen zu ernsten Gedanken; sie lässt aus den Händen kleiner Knaben und kleiner Mädchen, indem ihre Macht sie ergreift, Bälle und Puppen fallen.‹ Nach dem Essen schickte sie den Knaben wieder zu seinen Lehrern, den Akademikern, ›Die Liebe,‹ sagte meine Mutter, ›macht vor der Zeit klug, aber sie gibt auch vor der Zeit graue Haare. Ich wünsche, dass du Roberto nicht vor Ablauf eines Monats wiedersehest.‹ Er soll nicht in deinen Armen krank und alt werden. Wenn der Monat um ist, kann er eine Nacht bei dir schlafen. Eine ganze Nacht wirst du süssester Wonnen geniessen. Aber er ist leidenschaftlich und nicht leicht zu lenken; er ist schön, aber auch ebenso hochfahrend wie schön. Ich habe mich vor ein paar Tagen geärgert, als ich in der Akademie war, und dieser Sohn des Volkes, dieser Knabe dunkelster Herkunft, es wagte, sich nicht nur den jungen Edelleuten, die dort erzogen werden, ebenbürtig zu dünken, sondern sich auch so zu gebahren. ›Ihr täuscht euch, o Herrin,‹ sagt er zu mir, ›ich werde von Octavia geliebt und bin folglich auch adlig: ich bin Graf, ich bin Markgraf; ja ich bin ebenso gut wie ein Herzog und Fürst.‹ – Ich befehle ihm, er solle in die Hauskapelle gehen und beten; er antwortet mir: ›Ich bedarf des Schutzes der Götter nicht mehr. Der Sterbliche, den Octavia liebt, hat von den Göttern nichts mehr zu erbitten.‹ – ›Wir ermahnen ihn, er solle sich fleissig und mit allen Kräften seines Geistes den Studien hingeben; er erwidert uns, du liebtest ihn und er brauche nichts mehr zu wissen; wer dir zu gefallen wisse, der sei gelehrt genug.‹ – ›So ist er um meinetwillen schuldig,‹ antwortete ich meiner Mutter, ›und um meinetwillen möge man ihm verzeihen.‹ ... Am bestimmten Tage wurde also Roberto in unser Haus eingeladen. Er speiste mit uns. Nach dem Essen sagte meine Mutter: ›Du wirst heute Nacht bei Octavia schlafen, aber ich mache eins zur Bedingung: ihr werdet die Nacht keusch und ehrbar verbringen. Nimmst du die Bedingung an, Octavia?‹ – ›Ich nehme sie an,‹ sagte ich, ›aber sie ist zweideutig.‹ – ›Ich werde sie auslegen!‹ rief Roberto. – ›Ich wünsche, dass du dies machest, wie es dir gefällt,‹ sagte meine Mutter zu mir; ›jedoch so, dass du meine Bedingung nicht umgehst.‹ ... Wir hatten reichlich gespeist und durch die Fürsorge meiner Mutter war Robertos Rüstkammer reich mit Vorräten versehen worden. Denn[258] von Ceres und Bacchus erhält Venus ihre Waffen. Nachdem wir so unseren Leib gestärkt hatten, gingen wir zur Ruhe.


TULLIA: In den Kampf gingt ihr! Der Philosoph von Chäronäa hat die Frage aufgeworfen, welcher Augenblick der beste für die Liebe sei, um seine Kräfte nicht zu erschöpfen. Wenn diese durch einen langen Schlaf wieder erfrischt sind, kann man sich, sagt er, den süssesten Wonnen der Venus hingeben, nachdem Seele und Sinne erwacht sind. Aber nach meiner Meinung sind diese langbärtigen Philosophen verrückt, wenn sie dem unartigen Schwanz und seiner wollüstigen Bettgenossin Gesetze vorschreiben wollen. Mögen sie doch auch dem Himmelsgewölbe verbieten, sich zu drehen! Denn wie die Mentula blind ist, so ist sie auch taub. Auch die Sprache ward ihr nicht verliehen. Welcher Sokrates oder Zeno würde nicht lachen, wenn er unter seinen Schülern aufgerichtete Schwänze die Ohren spitzen sähe? Wenn er sähe, wie Priapus und Conysallus mit entblösstem Haupte den göttlichen Lehren der Philosophie lauschen? Ein wunderbares Schauspiel wäre das! Wie die Ammen den Kindern die Gläser zumessen und sie nicht in vollen Zügen trinken lassen, so wollen diese Tölpel der Mentula ihr Futter verkürzen! Warum nicht auch den armen Menschen ein Gesetz vorschreiben, wie sie auszuspucken oder sich zu kratzen haben? Ist diesen Wirbelköpfen das menschliche Leben noch nicht elend genug? Müssen sie uns auch noch Sinne und Seele mit harten Ketten fesseln? Ich werde aufgebracht, Octavia, wenn ich an diese Dummköpfe denke! Nimm diesen hochnäsigen Gesellen ihr freches Selbstbewusstsein, ihren falschen Anschein von Würde und du findest nichts weiter als einen Lümmel, einen elenden Bedienten, der der Hefe des Volkes entstammt. Sie haben keinen Geist, ja nicht einmal Verstand, sondern nur freche Dummheit und ein undurchdringlich dickes Fell.


OCTAVIA: Aloisias Mann hat auf Anraten des Pelagius vor vier Monaten einen Entschluss gefasst, um den ihn sicherlich niemand loben wird.


TULLIA: Was war das für ein Entschluss?


OCTAVIA: Nur jede zehnte Nacht verkehrt er mit seiner leidenschaftlichen und wollüstigen Gattin; die übrigen Nächte liegt er als Hagestolz in seinem Bett; seine Witwe – denn die Frau hat ja keinen lebendigen Mann und ist daher Witwe – wird von[259] Begierden verzehrt. Caviceus ist ebenfalls abergläubisch geworden; er besucht mich weniger oft, aber das geht ihm auch nicht ungestraft hin! Wenn der, dessen Pflicht es ist, uns nicht zu trinken gibt, so oft wir Durst haben – wer wollte uns dann einen Vorwurf daraus machen, wenn wir uns selber zu trinken verschaffen oder uns von demjenigen bedienen lassen, der uns den Trunk darreicht, wenn wir durstig sind?


TULLIA: Marina Genovefa Pimentel, die so tief in Schulden steckt, obwohl sie sehr reich ist, heiratete Federigo Mendoza. Wenn auch in der Blüte der Jugend und Schönheit stehend, setzte sie sich's in den Kopf, ihren jungen Gatten jeden Monat nur zweimal zu empfangen. Der liebeglühende Jüngling vermochte nicht die Seele seiner jungen Gattin zu rühren. Welche Früchte trug diese törichte Tugend? Sie führte zu Verbrechen. Federigo verführte im Laufe eines Monats alle Zofen seiner Gemahlin, nicht weniger als fünf an der Zahl; jetzt sind sie schwanger. Was tat nun Genovefas Mutter Lionella? Sie sprach zu ihrer Tochter: ›Du selber bist die Kupplerin dieser unglücklichen Mädchen gewesen; deine Kuppelei hat sie ins Verderben gestürzt. Diese Tugend, auf die du so stolz bist, hat ein abscheuliches Verbrechen zur Folge gehabt. Du glaubtest, Törin, dein Verhalten sei Frömmigkeit und es war nichts weiter als Kuppelei.‹ ... Gallicua fürchtete, ihr Gatte Luitprando werde ihr Gewalt antun und trug daher nachts eine Unterhose, die so genäht war, dass sie nirgends eine Oeffnung hatte und dass man ihr nicht beikommen konnte. Auch sie erfüllte ihr ganzes Haus mit ehebrecherischer Unzucht. Ei, du höchste und dümmste Weisheit – mach dir doch ein Spielzeug aus der kurzsichtigen Leichtgläubigkeit! Auf welchen Zeitvertreib wirst du noch verfallen mit all deinen argen Listen? Aber dies alles betrifft lediglich die Sitten und diese haben nur in den Einbildungen der Menschen ihren Ursprung. Die einen sind von Natur zu den Spielen der Venus geneigt, die anderen sind gleichgiltig dagegen. Mit dem Appetit ist's ähnlich: der eine wird kaum von einem ganzen Ochsen satt – dies erzählt man von Milon aus Kroton –; dem anderen genügt ein Krümchen Brot. Ein Gläschen löscht den Durst des einen; der andere hat nicht mal an einem Humpen genug. In bezug auf Essen und Trinken allen Menschen das gleiche Gesetz vorschreiben zu wollen – das wäre ja über alle Massen dumm und ungerecht.[260] Dem einen ist es zu viel, wenn er alle zehn Tage einmal den Beischlaf vollziehen soll; anderen dagegen glüht Tag und Nacht ein unbesieglicher Liebesdrang in den Adern: ein Liebesdrang, der durch einen einzigen Beischlaf nicht nur nicht befriedigt, sondern nur noch mehr angereizt wird. Mit dieser Wage muss man messen, an diese natürlichen Anlagen muss man denken, um gerecht zu urteilen. Diese alten Esel hätten Alter und Gewohnheit in Betracht ziehen müssen; aber sie lassen sich ja freilich nicht von der Vernunft leiten. Die Aerzte gestehen ein, dass man bestimmte Verhaltungsmassregeln nicht geben könne. Doch sind sie der Meinung, vor allen Dingen müsse man dabei an seine Gesundheit denken. Ohne gute Gesundheit ist das Leben nur ein Grab des Lebens. Sie verwerfen daher die Ansicht des wunderlichen Epikur, welcher sagte: die Wollust sei zwar nicht der Zweck des Lebens, aber sie führe zum Glück. Die Aerzte sagen, ein zu reicher Liebesgenuss schade Knaben und Mädchen, die noch nicht das erforderliche Alter erreicht haben, er schade aber auch allen Leuten, die sich dem Ende ihrer Lebensbahn nahen. Die einen wie die anderen, die zu jungen wie die zu alten, dürften sich der Liebe nur einmal im Monat hingeben. Aber in der Blüte der Jugend, mit kräftigen Muskeln, mit derben Lenden – da kann man es ohne den geringsten Schaden für die Gesundheit monatlich viermal, ja auch fünfmal machen. Bei den Lazedämoniern gebot das Gesetz dem Gatten, seiner Gattin fünfmal im Monat die Manneskraft zu zeigen, fünfmal im Monat ihre Festung zu erobern. Nun kam es ja vor, dass jemand eine Frau nahm, die nicht mehr jung war; dies befreite ihn jedoch nicht von der gesetzlichen Verpflichtung. Aber ein ruchloser Feigling ist der Mann, der nicht einen Tag um den andern der Venus opfert, wenn sein Alter ihm nicht erlaubt, an die Kraft seiner Lenden grössere Ansprüche zu stellen. Wer du auch seist, o Mann – hast du ein Weib genommen, so bist du deines Weibes Schuldner. Bezahle, du Bösewicht, bezahle was du schuldig bist! Bezahle oder gib dein Vermögen her, und deines Vermögens bester Teil ist ja deine Frau. Wahnsinnige Sachen haben diese schwerfälligen pedantischen Philosophen ausgeklügelt. Geradezu blödsinnige Vorschriften haben sie gegeben! Lache, Octavia. Sie haben Gesetze aufgestellt, in denen sie – hahaha! – bestimmen, wie der Mann, wenn er seine Sache richtig und ehrbar machen will, hineinschieben und[261] herausziehen muss. Diese schlaffen Gesellen verbieten alle heftigen Bewegungen; verbieten auch ungewöhnliche Stellungen einzunehmen. Sie behaupten, kein Weib könne keusch und ehrbar sein, das


... im krachenden Bette

Den Popo bewegt um die Wette.


O, diese ehrwürdigen, weisen Gesetzgeber! Hast du schon mal vom römischen Frauensenat gehört? Man nannte ihn den ›Senatulus‹. Matronen von erlauchtem Adel und reifer Lebenserfahrung übten in ihm senatoriale Würde aus. Sie traten zusammen und berieten über Dinge, die für uns von Wichtigkeit sind. Ihre Urteile wurden geachtet, wie wenn sie der Autorität des allgemeinen Rechtes genossen hätten. Messalina, die Frau des Kaisers Claudius und aller Männer, befragte diese ehrwürdigen Matronen welche Aufgabe die Schenkel zu erfüllen hätten, welche verschiedenen Stellungen einzunehmen seien, ob sich das Weib beim Liebesgenuss tätig oder teilnahmslos zu verhalten habe. Sie fällten darauf folgenden Spruch: ›Sintemalen bei äusseren wie beim inneren Menschen die Zahl Sieben die grösste Rolle spielt, so muss sie auch beim Beischlaf ihre Geltung finden. Wenn ein Mann in einer Nacht es bis zur Zahl Sieben bringt, so ist dem Recht Genüge geschehen; mehr aber können beide Teile nicht verlangen. Wer der Frau verbietet, den Popo zu bewegen, der will sich mit einer toten Venus zu schaffen machen; diese beiderseitigen Bewegungen sind die eigentliche Seele der Wollust. Jede Stellung, die einem Menschen gefällt, hat als erlaubt zu gelten. Im ganzen Reiche der Liebe muss das Gesetz in Kraft sein, dass von der gegenseitigen Liebe erlassen worden ist. Die höchste Instanz in Liebesangelegenheiten ist die Gottheit der Wollust. Ihr steht es zu Gesetze zu erlassen und sie auszulegen.‹ So lautet ihr Senatsbeschluss, Octavia! Darum brauchte die unermüdliche Messalina in einer einzigen Nacht mehrere Männer. Von keinem forderte sie Bezahlung, aber sie nahm sie, wenn er sie freiwillig anbot. Bei Tagesanbruch weihte sie, als Siegerin, dem Priapus, dem Marsyas und anderen komischen Göttern vierundzwanzig Rosen- und Myrtenkränze. Das war der Siegeslohn, den sie allein davongetragen hatte. Die Gemahlin des Kaisers Sigismund, eine zweite Messalina, brach in dieser Ringbahn Lenden und Glieder der Helden ihrer Zeit: eine hengst- oder stiermässige Mentula verschlang,[262] verschluckte sie mit einem einzigen Stoss. Deine Mutter Sempronia brachte in einem Atem mit Chrysogonus zwölf Ritte fertig. Ich selber, die ich doch so zart gebaut bin, habe binnen wenigen Stunden vier starke Männer ausgepumpt. Aber das ist freilich wahr, liebe Octavia: wenn ein Liebespaar sich herzhaft geschüttelt hat, so ist nach sechs oder sieben Kämpfen die Wollust erschlafft und dahin, lieber diese Zahl hinaus ist es keine ehrbare Lust mehr. Die Frauen, die keine Wollust zu sättigen vermag, gleichen – so sagte einmal meine Base Victoria zu mir – jenen Schenkenläufern, die niemals voll sind und doch niemals ihre Kehle trocken werden lassen. Wie diese Trunkenbolde vom Bacchus gar kein Vergnügen haben, so haben auch jene Frauen von der Venus gar keine Lust. Dies ist der Grund, warum diese verfaulten Weiber sich's regungslos machen lassen; und doch machen gerade die sanften Stösse Frau Venus so wonnig heiter! Wenn der Mann seine Lenden, die Frau ihre Hinterbacken tanzen lässt, dann sprühen Feuerfunken aus ihren Leibern. Und wenn Venus diese nicht hat, dann friert sie. So überlebt die Leidenschaft sich selber, so findet sie Wonne in ihrem Tode.


OCTAVIA: Wer könnte es wohl für einen Liebeskampf halten, hätte er mit einer marmornen Venus zu tun – und wäre sie auch von Phidias. Aber wem ein teilnahmslos daliegendes Weib gefällt, dem kann wohl auch eine Statue die Wollust befriedigen.


TULLIA: Gewisse Dummköpfe behaupten, die Geilheit habe ihren Sitz im Nabel. In Wirklichkeit besteht für Mann und Weib die höchste Wollust in der wogenden Bewegung der Lenden, im Aneinanderreihen, im Stossen und Zurückstossen. Aber auch diese Bewegungen haben ihre Kunstregeln: langsam müssen sie beginnen, dann immer schneller werden, und endlich sich wieder besänftigen. So besänftigen sich nach dem Sturm die aufgeregten Wogen, sobald die Winde wieder schweigen. – Das weisst du ja am allerbesten, die du durch die wunderbare Beweglichkeit deines Popos strahlenden Ruhm gewonnen hast. Thais selber könnte dir, meine süsse Octavia, diesen Ruhm nicht streitig machen. Was aber die Stellungen anbelangt, so meine ich, jeder Mensch hat das Recht sich diejenige zu wählen, die ihm die angenehmste erscheint. Kein Mensch vermöchte in Worten alle denkbaren Stellungen zu schildern, keiner vermöchte sie alle im Bilde darzustellen. Amor ist ein Proteus,[263] der die Verwandlungen liebt. Jene tollwütigen Solons zetern es sei unanständig von diesen Stellungen zu sprechen und sie in Bildern abzumalen. Aber über alle die vielen Stellungen des Kampfes und der Schlachten zu sprechen das verbieten sie nicht, lieber jene, die zur Vernichtung des Menschengeschlechtes dienen, ärgern sie sich nicht; aber über die Stellungen, durch die es fortgepflanzt wird, erzürnen sie sich. O diese wilden Bestien! Wenn's nach ihnen ginge, sollte lieber das Menschengeschlecht auf alle mögliche Art vernichtet werden als immer von neuem erstehen! Auch die Diebe lieben Trauer und Tod; Lust und Leben aber hassen sie. Die Lesbier, die von allen Griechen die geistvollsten waren, hatten in dieser Beziehung mehr Verstand. Sappho, die zehnte Muse, war ja eine Lesbierin. Auf ihren Münzen, die sie zum allgemeinen Verkehr prägten, Hessen sie alle möglichen Stellungen von Liebespaaren abbilden, darunter auch ganz ungewöhnliche. Es war allgemein gültiges Geld. Ich selber sah zu Rom, im Hause der Frau von Orsini, zwei Münzen, eine kupferne und eine silberne, die wie man mir sagte, auf der Insel Lesbos geprägt worden waren. Auf der einen lieferte die nackte Sappho einem nackten Mädchen einen tribadischen Kampf. Auf der anderen hob ein nackter Mann, der sich auf das rechte Knie niedergelassen hatte, ein nacktes junges Mädchen empor und durchbohrte sie mit seinem Spiess, was sie mit gespreizten. Schenkeln ihm erleichterte.


OCTAVIA: Jener Mann, der das Knie gebeugt hatte, betete zur Venus!


TULLIA: Und jenes Mädchen, das die Lenden emporhob, strebte gen Himmel! Bei deiner ovalen Venusmedaille, Octavia! aus diesen Medaillen kann man die Kunst studieren, solche Gruppen zu lernen, wie man einst nach den in den Tempeln Apolls und Aeskulaps aufgehängten Gemälden die ärztliche Kunst lernen konnte. Wenn ich mich nicht irre, so hatte Elephantis die Milesierin, Philaenis und Hermogenes von Tarsos, die über diese Scherzchen so sachverständige Bücher schrieben, solche Münzen vor Augen und in Händen gehabt.


OCTAVIA: Man sagt jedoch, Elephantis sei unter ihren milesischen Mitbürgern eine wackere und züchtige Matrone gewesen, sie habe aber einen witzigen Schriftsteller sich zum Feinde gemacht; dieser habe das unanständige Buch verfasst und habe der guten Frau,[264] die niemals an derartiges gedacht, die Mutterschaft desselben zugeschrieben.


TULLIA: Wer sich auf Feindschaft mit Schriftstellern einlässt, ist kein vernünftiger Mensch. Sie vermögen sich für jede Beleidigung auf ewige Zeiten zu rächen. Die Gemälde, die sie entwerfen, haben eine Dauer, wie sie den Bildern eines Zeuxis und Apelles nicht beschieden ist. Die Jahrhunderte verleihen ihnen Kraft und Würde. In Italien lebt zur Zeit ein Mann3 von göttlichem Genie, der köstliche Gespräche über diese hübschen Sachen verfasst ... ›Wie man von allen Punkten der Erde zum Himmel emporsteigen kann, so erlangt man überall am Körper des Weibes und in jeder Stellung, die sie einnimmt, die höchste Wollust, die der Venushimmel ist.‹ Nicht nur ein einziger Weg führt dahin. Die Rosenlippen, die schneeigen Brüste, die unzüchtigen Hände, der bewegliche Hintere – sie alle sind eben so viele Wege, die zum süssen Ziel führen; sogar diejenigen die der Venus von hinten opfern, vollenden doch ihre Anbetung in dem vorderen Heiligtum.


OCTAVIA: Genug! Nichts mehr von diesen Schändlichkeiten! O, welch eine ekelhafte Verderbtheit!


TULLIA: Gewiss, weder die Gewässer des Weltmeeres noch die Flammen des Ohlegethon vermöchten zu reinigen, wer sich damit besudelt hat. Nein, und wenn auch die Erde selbst zum Tartarus würde – für diese verruchten Päderasten wäre es nicht Strafe genug! O Scheusslichkeit! Ein hochbegabter Mann, Giovanni della Casa, hat in einem schönen Buche diese Verruchtheit zu empfehlen gewagt! O Zeiten, o Sitten! Bei den Italienern sind allerdings die Witze über diese Sittenverderbtheit üppig ins Kraut geschossen. Man kann die Sachen von verschiedenen Gesichtspunkten aus betrachten: der eine sucht ein Mädchen im Knaben, der andere einen Knaben im Mädchen – immer das eine Geschlecht im anderen! Hole sie alle der Geier! Der Mann lässt sich heiraten wie ein Weib; Venus nimmt andere Gestalt an. In Rom wurde diese Schändlichkeit durch die Lex Seantinia bestraft. Die Pythagoräer sagen, die Päderasten würden nach ihrem Tode in Mistkäfer verwandelt. ›Die lenuvinischen Hoden sind anständig, die cliterninischen sind unanständig.‹4 So lautet ein altes Sprichwort. An den Galgen mit[265] denen, die durch solche Kunststücke die Waffen der Liebe selber gegen die Liebe kehren, die durch Venus Venus verderben! Ihre Göttin ist Cotytto, ihre Lehrer sind die Florentiner. Von allen Tieren ist der Mensch das einzige, das seinen Körper missbrauchen lässt; nur lässt er es nicht öffentlich geschehen. Höre doch, was Plinius sagt: ›Ein einziges unter den lebenden Wesen vermag zu weinen; ein einziges nur kennet die Wollust, und zwar übt es sie auf unzählige Arten und bedient sich dazu jedes einzelnen Gliedes.‹ Und an einer anderen Stelle sagt er: ›Unter den Menschen sind alle Abwege von den Männern ausersonnen wor den. Es sind lauter Verbrechen gegen die Natur.‹


OCTAVIA: Meine Entrüstung gegen dieses Verbrechen, von dem ich ein neues Beispiel gehabt habe, wird nur immer grösser. Höre nur, wie jemand in den Hinterhalt gelockt wird! Knaben, die in der Blüte der Schönheit stehen, vermögen sich solcher Nachstellungen nur mit Mühe zu erwehren.


TULLIA: Du meinst Roberto.


OCTAVIA: Nach der Mahlzeit, von der ich dir erzählt habe, wollte meine Mutter Roberto und mich zu ungezwungenem Gespräch allein lassen. Sie ging also. Wir setzten uns neben einander und er sagte: ›O meine Göttin, du siehst mich vom Hauch eines fremden Atems befleckt. Es fehlte nicht viel, so wäre ich in der Zeit, die wir uns nicht gesehen haben, zur Frau gemacht worden.‹ Bei diesen Worten bedeckte sein Antlitz sich mit einer tiefen Röte: Juan Luiz Vives liebt mich. Man nennt ihn einen Quintilian. Alle anderen Akademiker lieben ihn so sehr, dass sie sagen, es gebe auf der ganzen Welt nichts, was sie in gleichem Masse lieben. Die Liebe ist anpassungsfähig und listenreich. Ich Jag während der ersten Stunden der Nacht in meinem Bett auf dem Bauch. Luiz trat ein. Er tätschelte mir die Hinterbacken. Ich erwachte. ›O was für ein herrlicher Popo!‹ rief er. ›Solch einen möchte der ehebrecherische Jupiter seinem Ganymed wünschen. Einen schöneren fand der verliebte Herakles nicht bei seinem Hylas, fand Hadrian nicht bei seinem Antinous. Der verwöhnteste Kenner würde ihn zur Befriedigung seiner Wollust dem schneeweissen Busen Hebes vorziehen. O wenn er sich doch meiner Liebe bequemen wollte! Ich würde ihn der Venus selber vorziehen!‹ Er stiess einen Seufzer aus, gab mir einen Kuss auf dem Mund. Er wollte mich erkennen.[266] Ich schlug ihm seine Bitte ab und drohte ihm, mich über den Schimpf zu beklagen, den er mir habe antun wollen. ›Aber Kindchen!‹ rief er da; ›Margaris hat meine Liebesglut nicht verschmäht; sie ist die Schwester deines Freundes, des Markgrafen Rodrigo, der mit dir zusammen in diesem Hause lebt, sie ist schön, adlig, geistreich, eine Freundin der Literatur, eine Göttin von sechzehn Jahren. Und doch hat sie meine Liebe nicht verschmäht.‹ ›Er gab mir einen Kuss, bat um Verzeihung und ging.‹


TULLIA: Luiz Vives ist ein schöner, netter, gebildeter Mann und noch ziemlich jung. Ich will dir später erzählen, wie es mit ihm und der genannten jungen Dame zuging, und du wirst lachen. Jene Männer, die in ausgesprochener Abneigung sich von Weibern fernhalten, die nehmen ihre Zuflucht zu Knaben – mögen sie wollen oder nicht. Die Liebe hat Mann und Weib zur Liebe geschaffen; sie hat sie für sich selber geschaffen. Von der Liebe für die Liebe gesäet, keimen wir empor, um zu lieben. Die Liebe ist unsern Adern mit dem Blut eingeflösst. Beraube die lebenden Wesen der Liebe, und du beraubst die Natur der lebenden Wesen. Wir lieben sogar unseren Willen; wir lieben so, wie wir geliebt werden. Daraus ergibt sich, dass diejenigen, die von der erlaubten Liebe nichts wissen wollen, sich leidenschaftlich der unreinen Liebe ergeben. Du kennst Justina Gomez, die unter unseren Vestalinnen in so hohem Rufe steht. Sie ist leidenschaftlich verliebt in Alfonsina Albuquerque, Juana Menez und Antonina de Castro. Sie schläft mit ihnen in einem Bette. Sie hat auch nichts dagegen, in derselben Weise geliebt zu werden, wie sie liebt. ›In diese heiligen Häuser,‹ sagt sie neulich zu mir, ›die man der Keuschheit geweiht glaubt, dringt die verzagte Liebe unter einer anderen Form wieder ein.‹ Wir nehmen den Schleier, und Amor nimmt mit uns den Schleier. Aber er blendet die Augen der Menschen. Niemand sieht ihn. Er lebt in unseren Gliedern, er versteckt sich in unsern Adern. Das Blut strömt in unseren Adern – und dass es strömt, dagegen können wir nichts machen. Amor verbrennt unsere Adern und wir können nichts dafür, dass wir das Feuer in unsern Adern haben; denn Amor hat sie in Brand gesetzt. Und da wir nicht anders können, so lieben wir uns untereinander und werden wieder geliebt. Die Liebe ist die Nahrung der Seele. Es ist vorgekommen, dass Menschen, um ihren Durst zu löschen, ihren eigenen Harn[267] getrunken haben; andere haben, da der Hunger sie quälte, mit ihren Zähnen Stücke Fleisch aus ihren eigenen Gliedern gerissen. Ebenso ist es, wenn dem Weibe der Mann, wenn dem Manne das Weib verweigert wird. Der Mann wird einen Mann lieben, das Weib ein Weib. Wenn der Liebe, die von Natur zum anderen Geschlecht neigte, der Weg versperrt wird, so wird sie blutschänderisch werden. Du hast das Bedürfnis, deine Blase zu entleeren; man verbietet es dir – du wirst trotzdem pissen. Wenn du keinen Nachttopf hast, wirst du deine Kleider besudeln. Auch das Weib ist ein Nachttopf. Die Liebe hat bei dir den Drang zu pissen. Ist der Drang zum Pissen ein Verbrechen? Die Liebe will pissen und sie wird pissen. Wie viele Menschen werden verrückt durch diesen Keuschheitswahnsinn, dem wohl Geizhälse und verbohrte Dummköpfe ihren Beifall zollen, den aber die Natur nicht billigt. Vor alten Zeiten, im goldenen Zeitalter waren Menschen, die solche Art von Weisheit betrieben, selten. Nur alte Leute Hessen sich das einfallen. Man trug der Verschiedenheit der Charaktere Rechnung. Wie lächerlich! Wer von einem erschöpften, gelähmten Greis die Arbeitsleistung eines Jünglings verlangen wollte, der würde nicht für vernünftig gehalten werden; wer aber verlangt, dass ein Mensch in der Blüte der Jugend und der Kraft sich in der starren Winterkälte des Alters begrabe, der soll für weise gelten!? Aber fahre fort, Octavia! du bist ja unter einem glücklicheren Stern geboren!


OCTAVIA: ›Bei euren Augen, die meine Sterne sind!‹ rief Roberto; ›ich werde mich sorgfältig vor jeder Befleckung in acht nehmen. Durch eine ungekannte Tugend werde ich ungekannten Ruhm erwerben. Ich werde mir das Glück verdienen, euch anzugehören.‹


TULLIA: Viele behaupten sehr eifrig, das Haupthindernis für Jünglinge, die gerne tugendhaft sein wollten, sei der weibliche Umgang. Diese Blinden täuschen sich aber ganz gewiss! Sieh doch nur, wie viele Spieler und Schlemmer der Umgang mit uns ehrbaren Frauen zu besseren Sitten bekehrt hat! Sie haben bei uns nicht nur Wonne, sondern auch wahre Ehrbarkeit gefunden. Was die Tugend, auf sich allein angewiesen, nicht vermocht hätte – Dank dieser Hilfe hat sie es fertig gebracht. Sie haben gesehen, dass sie Dank dieser Tugend gefallen – und darum hat ihnen schliesslich die Tugend gefallen. In einer unserer Nachbarstädte waren die Sitten der jungen Leute im höchsten Grade verderbt. Der Senat verbot durch zahlreiche[268] Erlasse die Ausschweifungen der Kurtisanen und das Gewerbe der Kupplerinnen. Aber junge Männer können den geschlechtlichen Verkehr sowenig entbehren wie die Lebensluft. Da wandten sie ihre Blicke und ihre Liebe anständigen Frauen zu. Und diese empfingen auf Geheiss der Eltern mit freundlicher Miene alle jene, die sich eines anständigen Wandels befleissigten; von denen aber, die sich nicht bessern wollten, mochte keine etwas wissen. Den Liebkosungen einer geistvollen Frau wohnt mehr Ueberzeugungskraft inne, als dem ganzen Plato. Ein Jahr war noch nicht vergangen, da waren die Sitten ganz andere geworden: die früheren ›Schweine von Epikurs Herde‹ waren Muster von männlichen Tugenden. Das eine Geschlecht muss durch das andere gebessert werden; man darf sie also nicht von einander trennen. Die Männer folgen den Frauen auf dem Wege, den diese vorangehen und dazu treibt sie die Kraft der Natur. Wenn die Frauen gut sind, so werden sie sie zum Ruhme führen; sind sie schlecht, so führen sie sie zur Schande ... Jetzt aber fahre bitte in deiner Erzählung fort!


OCTAVIA: ›Wahrhaftig, ich sterbe vor Liebe!‹ rief Roberto; ›warum neidet mir Sempronia so lange mein Glück?‹ Meine Mutter hatte ihn gehört, trat ein und antwortete: ›Ich neide es dir nicht; aber Venus liebt das Warten. Die Wonnen der Liebe steigern sich, wenn die Liebenden auf sie haben warten müssen. Aber ich will grossmütig gegen euch sein: Geht zu Bette! Geht nur!‹ Und sie lächelte.


TULLIA: Ich verstehe: ›Geht zur Liebe!‹ sagte sie auch damit; ›Geht zum Leben!‹ Sie stiess in die Trompeten und gab das Zeichen zum Beginn des Gefechtes.


OCTAVIA: Sie gab uns beiden einen Kuss. Dann führte uns Manilia in die Stechbahn der Liebe. Sie zog mir mein Kleid aus und legte mich nackt in mein Bett. Roberto sprang mit einem Satz zu mir hinein. ›Endlich habe ich,‹ rief er, indem er mich in seine Arme schloss, ›das höchste Glück! endlich habe ich das ganze Glück!‹ – ›Und möge den glücklichen Liebenden Alles zum besten gedeihen!‹ sagte Manilia. ›Ich will diese Kerzen nicht auslöschen Roberto; deinem Triumphe soll nicht das Licht mangeln, auf das er Anspruch machen kann.‹ – ›Fürwahr,‹ erwiderte Roberto, ›der zarte Leib eines jungen und schönen Weibes ist der Triumphwagen der Liebe. Auf deinem Triumphwagen thronend, Octavia, werde ich auf diesem[269] dunklen Wege,‹ – bei diesen Worten krabbelte er an meiner Kleinen – ›dem Ruhm entgegengehen.‹ Meine Kleine, meine Schenkel, meinen Busen verschlang er mit gierigen Blicken. Und dem Knaben schwoll das Glied. ›Erlaube,‹ sprach er, ›erlaube mir, meine Venus!‹ Und er gab mir einen Kuss. – ›Ich erlaube dir, ich erlaube alles, was du begehrst. Dir zu dienen, werde ich als Befehl ansehen. Wie du mich wünschest, so werde ich sein.‹ – ›O, die Schwätzerin!‹ rief Manilia, indem sie auf unser Bett zueilte: ›jetzt gilt's zu handeln und nicht zu reden! Ich will euch beiden helfen und Dank mir wird eure Wollust neue Wonnen erhalten. Schön steht er dir, mein Roberto! Nun vorwärts! auf Octavias weisse Brust schwinge dich und überströme sie mit deiner Liebe.‹ – ›O Mütterchen,‹ versetzte ich, ›willst du denn bei meiner Schande dabei sein? Ich bitte dich, geh!‹ – ›Närrin! hast du denn zu deiner Amme kein Vertrauen, liebes Kind? Auf in den Kampf, Roberto! zeige mir aber dieser unvergleichlichen Heldin gegenüber einen wahren Heldenmut!‹ Während Manilia noch sprach, sprang Roberto auf mich hinauf; sein Geschoss traf meine Kleine; Manilia aber fing mit dienstfertiger Hand den Speer auf, der doch nicht ganz das Ziel getroffen hatte und zurückgeprallt war. ›Komm, kleiner Ausreisser!‹ sprach sie, ›komm in das Liebesgefängnis! Hier erwartet dich die Arbeit, die du deiner Herrin zu leisten hast.‹ Mit diesen Worten stemmt sie die Hände gegen des Knaben Hinterbacken und schiebt: augenblicklich hab ich ihn ganz und gar drin. Manilia sagt mir, ich solle mich nicht rühren: ›Hebe das linke Bein hoch, Octavia, und stemme dich mit dem andern gegen!‹ Ich gehorche. – ›Und du, Roberto, stosse ganz sachte mit leisen Stössen. Du, Octavia, küsse ihn, aber rühre dich nicht.‹ Wir gehorchen. ›Wenn ihr's kommen fühlt, dann stosse du, Octavia, einen Seufzer aus; du aber, Roberto, küsse Octavia mit sanften Bissen.‹ – Ich umarme ihn, ich küsse ihn, bewege mich aber nicht dabei. O gute Venus! o gute Tullia! Ich fühle wie ich fertig werde, da stosse ich einen Seufzer aus. ›Jetzt, jetzt, Roberto!‹ ruft die kupplerische Amme, ›mach es der Octavia, mach's ihr gut! Stosse, stosse, schnell, schnell, schnell!‹ Er stösst, er schiebt. In meinen Hals schlägt er seine Zähne ein. Wieder stosse ich einen Seufzer aus. ›Jetzt, jetzt,‹ ruft wieder Manilia, ›verschaffe Roberto die Wonne deiner schnellen Stösse! Hebe die Lenden hoch, stosse flink von unten rauf. Gut[270] so, mein Kind! Ich glaube, selbst Lais besass nicht den Vorzug eines so beweglichen Popos!‹ Der süsse Knabe beginnt zu spritzen und ich fühle meine Herzgrube von heissem Liebessaft überströmt. Niemals war ich in so schnellem Lauf ans Ziel der Wollust gelangt. Manilia aber streichelte mit der einen Hand meine, mit der andern Robertos Lenden; zugleich presste sie mir mit den Fingerspitzen die Schamlippen zusammen und zog sie wieder auseinander; zugleich streichelte sie dem auf mir liegenden Knaben in so geschickter Weise die Eier, dass sie das Letzte hergaben. Ohnmächtig sank das Kind an meine Seite; die Amme aber ging hinaus und klatschte der so wohlgelungenen Vorstellung Beifall. Unzähliche Küsse gab ich dem an meiner Seite ruhenden Knaben. ›Liebst du mich auch wirklich?‹ fragte ich ihn. ›Haben die Gaben meiner Venus dir Freude gemacht? Ist dir etwas nicht recht? Ist dir etwas an mir nicht recht?‹ – ›Frage doch, o Herrin,‹ antwortete er mir, ›ob es einem nicht recht sei, sich bei Jupiter, Juno und den grossen Göttern im Himmel befunden zu haben!‹ – ›O, ich weiss wohl, wie es ist: die Männer stürzen sich uns Frauen in die Arme und nachher haben sie Ekel.‹ – ›Du bist kein Weib wie die andern, die ich kenne,‹ antwortet er mir. ›Du bist die Göttin der Liebeswonne. Wenn ich jemals deiner satt würde, dann könnte man auch des himmlischen Glückes und der Gelage der Götter satt werden.‹ – –


[Lücke im Original]


›Ich habe eine schlaflose Nacht verbracht. Das Bett krachte, dass der Fussboden zitterte; ich befürchtete, es könnte zusammenbrechen. Ich zweifle nicht daran: Ihr habt eine Komödie gespielt. Diese pfeilbewaffnete Diana ist dein Apollo gewesen; sie würde deinen Drachen Python durchbohren! Du wirst darüber nicht rot werden, meine Octavia. Als sie heute morgen bei der Abreise uns Lebewohl sagte, presste ich ihren Busen gegen den meinigen und ich fühlte unter ihrem Mieder keine schwellende Rundung. Sie hatte auch nicht mehr jene lebhafte strahlende Gesichtsfarbe, die gestern ihre Wangen schmückte. Die nächtliche Arbeit hatte sie blass gemacht.‹ – ›Du täuschest dich, Eleonora‹, antwortete ich ihr, ›ich habe keinen Mann in mein jungfräulich gebliebenes Witwenbett aufgenommen. Wir haben allerdings – mit Scham muss ich dies gestehen – Liebesspiele getrieben wie Sappho und Andromeda. O wenn du, Eleonora, die keimenden Halbkugeln ihrer Brüste[271] sähest, du würdest für sie entbrennen. O wenn du – ich darf nicht sagen ihr V ..., o wenn du ihr V ... lein sähest, du würdest noch heisser entbrennen. Ich war ihr liebender Gatte, sie war mir liebende Gattin in der Liebeswut unserer Tribadenkünste.‹


TULLIA: Fernando Porcios Schwester Enemonda war von grosser Schönheit. Ihre Freundin war die nicht weniger schöne Francesca Bellina. Sie wussten selber nicht, wer von ihnen beiden die Freundin am heissesten liebte. Oft schliefen sie zusammen in Fernandos Hause. Dieser legte Francisca jene geheimen Schlingen, an denen Frau Venus ihren Spass hat; das schöne Mädchen wusste, dass es begehrt wurde, und war stolz darauf. Von seinen Begierden gefoltert, hatte der Jüngling schon beim ersten Schimmer der Morgenröte sein Bett verlassen; er kühlte seine Glut, indem er auf dem Balkon die frische Morgenluft einsog. Im Nebenzimmer krachte das Bett seiner Schwester, von heftigen Stössen erschüttert. Die Tür stand offen: Venus war dem Liebenden hold gewesen, indem sie die Mädchen diese Nachlässigkeit begehen liess. Er tritt bei ihnen ein; blind vor Wollust, trunken vor Wollust, sahen sie ihn nicht. Nackt ritt Francesca auf der nackten Enemonda; sie ritt auf ihr Galopp. – ›Die adeligsten und geilsten Schwänze‹, sagte Francesca, ›bewerben sich um meine Jungfernschaft. Ich werde den schönsten wählen – aber nicht für mich, sondern für dich. So will ich deinen und meinen Geschmack befriedigen.‹ Bei diesen Worten bearbeitete sie sie mit aller Macht. Fernando springt nackt in ihr Bett; die Mädchen in ihrer Angst wagen nicht davonzulaufen; er umklammert mit seinen Armen die von ihrem Ritt ermüdete Francesca, er küsst sie und ruft: ›Wie, du Bösewicht, du wagst meine so reine, so keusche Schwester zu schänden? Das sollst du mir bezahlen! Ich werde die Schmach rächen, die meinem Hause angetan ist. Erdulde meine Glut, wie sie die deinige erduldet hat.‹ – ›Bruder, lieber Bruder‹, erwidert Enemonda, ›verzeih zwei Liebenden! Gib uns nicht der Schande preis!‹ – ›Niemand wird etwas davon erfahren‹, versetzt er, ›möge Francesca mir ihre Kleine schenken, dafür schenke ich euch beiden meine Zunge. Niemand wird etwas erfahren.‹ – – – – – – – –


[Grosse Lücke im Original]


OCTAVIA: Unsere modernen Hochwohl weisen, unsere modernen Catos verbieten es, nackte Menschen zu malen; wenn diese Catos[272] vom Himmel gefallen sind, so fielen sie sicherlich vom Mondhimmel.


TULLIA: Der dümmste und albernste Mensch ist stets auch der hochnäsigste. Wenn du bei einem solchen richtiges Urteil und Bildung suchst, so ist das verlorene Mühe. Die Natur, die Mutter aller Dinge, hat uns nackt geschaffen. Gott ist kein Schneider und Schuster. Die Kleidung wurde erfunden, um den Unbilden der Luft und der wechselnden Jahreszeiten Trotz bieten zu können, nicht weil es unserem Leibe in irgend einer Beziehung an Schönheit mangelt, nicht weil das Werk, das aus den Händen eines solchen Schöpfers hervorgegangen ist, irgend etwas Unanständiges an sich hat, dessen man sich zu schämen brauchte und das man verbergen möchte. Die Schönheit des Leibes besteht im regelmässigen Bau der Glieder; sie besteht, beim Herkules! wahrhaftig nicht in der Pracht der Kleider. Der Menschenleib ist das schönste Werk des ewigen Gedankens. Wer könnte es leugnen? Die Kunst des Schöpfers findet ihren höchsten Ruhm in diesem Gebilde. Wer es bedeckt, der tadelt es. Wenn Gott nicht gewollt hätte, dass man den Menschen sähe, so hätte er ihm die Fähigkeit gegeben, seinen Leib unter Haaren zu verbergen. Wäre ihm dieses etwa nicht möglich gewesen? Glaubst du, er müsste, um ein so wunderbares Werk zu vollenden, auf die Beihülfe des Menschen rechnen? Wer so spricht, ist ein Narr. Der grösste Teil des Erdballs wird von Menschen bewohnt, die nackt bleiben, wie sie geboren werden und es gibt Zonen, wo die Siedehitze der Luft den Gebrauch von Kleidern unmöglich macht. Mögen diese Luchse nur hinsehen! Die allmächtige Natur zwingt die Menschen ihre Glieder und Lenden nackt zu zeigen. In jenen Zonen kennt man keine ›Schamteile‹. Nackt sein ist durchaus keine Schande. Sollte denn also dieselbe Allmacht der Natur sich Lügen strafen und verlangen, dass in anderen Zonen diese Teile verborgen würden, wie wenn sie unzüchtig wären, und verdeckt würden, wie wenn sie Verbrechen begangen hätten? Könnte die Natur dies wollen, selbst wenn diese Glieder scheinbar unanständig wären? Mögen doch diese Luchse die Augen aufmachen! Die Griechen, die durch ihre Kunst und ihren Geist auf ewige Zeiten erlaucht sind, malten ihre Heroen und die Söhne von Heroen nackt. Ich sah in Rom das Standbild Alexanders, ein Werk des Praxiteles: Der Sprössling des Herkules[273] hat über dem einen Arm ein Löwenfell, alles andere ist nackt. Wer das Bildnis des Kaisers Karl sieht – der ein Nebenbuhler Alexanders war – der sieht das Antlitz und die Hände eines Fürsten; an allem übrigen aber sieht er nichts Fürstliches. So zu malen heisst Kleider malen, nicht Menschen malen. Wer dich niemals ganz nackt gesehen hat, würde eine dumme Behauptung aufstellen, wenn er sagte, er habe dich gesehen. Auf diese Weise sind Malerei und Bildnerei von ihrer früheren Würde herabgesunken. Die Maler und Bildhauer unserer Tage sind unwissende Dummköpfe; und in den Wissenschaften ist es wie bei den Künsten: mit Ausnahme von einem oder zweien sind Künstler wie Gelehrte nichts weiter als Charlatane und Trunkenbolde, die von ihrer Kunst oder von ihrer Wissenschaft nichts verstehen. Aber es sei gefährlich, sagt man, nackte Männer und nackte Weiber darzustellen; es könne darin eine geheime Verleitung zu Ausschweifungen liegen ... Unsinn! Unsere Landsleute, die in Indien oder in Amerika leben, wo die Frauen ihre Geschlechtsteile offen zur Schau tragen, geben sich darum keinen geilen Lüsten hin. Sie gewöhnen sich an den Anblick, und die Gewohnheit stumpft die Begierde ab. Glaube nur, Octavia: wenn wir die Schätze unserer geheimen Schönheiten auf das sorgfältigste allen Blicken entziehen, werden die Männerherzen dadurch nur um so heisser entflammt. Sie sehen in ihrer Einbildung viel mehr Schönes, als nachher ihren Blicken wirklich zuteil wird. Wenn wir ihnen unseren Leib preisgegeben haben, ist ihre Glut viel weniger heiss. Die Reize, die sie soeben noch anbeteten, ohne sie gesehen zu haben – diese Reize sind plötzlich nicht mehr vorhanden. Wenn das Gesetz etwas verbietet, so gibt es dadurch dem Verbotenen nur um so grösseren Reiz. Die meisten Menschen wären keuscher, wenn sie mehr Freiheit hätten. Wenn der Wein frei flösse, wie die Fluten eines Stromes, so würde man kaum hier und da einen Trunkenen finden. Wenn die Frauen alle nackt einhergingen, so würde die Liebe sich nicht mehr, wie sie es jetzt tut, an unzüchtigen Begierden entflammen. Die Besitzer von Gemälden, auf denen nackte Weiber dargestellt sind, empfinden bei ihrem Anblick keine sinnliche Regung: die beständige Gewohnheit, sie zu sehen, hat sie kalt wie Mamor gemacht. Die vorgedachten Hochwohlweisen reden also Unsinn, weil sie's nicht besser verstehen. – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –


[274] [Lücke im Original]


– – – ›Willigst du ein?‹ – ›Ich nehme die Bedingung an‹, antwortete sie lächelnd; ›aber sie soll mir kein Omen sein: denn ich will, liebe Schwester, in dir eine Freundin, nicht eine Feindin haben. Als eine Schandtat stellst du den kleinen Scherz hin, zu dem die verliebte Raserei des Pagen mich getrieben hat. Er war doch nur ein Spiel. Aber gleichviel: ich nehme die Bedingung an. Verschone mit deinem Zorn den Knaben und lass ihn an mir allein aus.‹ – ›Ich werde es mir überlegen,‹ versetzte Judith. ›Den Sohn meines Vetters, dem er von einer reizenden Geliebten beschert wurde, darf ich nicht hassen. Auch ich habe kein ehernes Herz. Ich verlange nichts weiter, als dass du meinen Befehlen gehorchest, gleichviel was für eine Laune mir in den Sinn kommen mag.‹ – ›Ich werde gehorchen,‹ sagte Lucia. – ›Und ich nehme alles auf mich,‹ fuhr Judith fort, ›fürchte dich nicht vor deinem Gatten. Er liebt die Wälder, nicht das Ehebett. Der kühne Jäger Kephalos macht sich ja nicht viel aus seiner Gattin Prokris. Ich verlange, dass du dir eine Keuschheitsspange anlegst.‹ – Als sie dies hörte, entströmten Fluten von Tränen den Augen der jungen Frau und Judith fühlte ihr grausames Herz weich werden. Ausser sich vor Aufregung riss sie Lucien die Betttücher vom Leibe. Und als sie alle Schönheiten dieses von Jugendkraft strotzenden Körpers erblickte, da rief sie: ›O die reizende Venus!‹ Aber sie vermochte kein Wort mehr hervorzubringen. Endlich fand sie ihre Stimme wieder und sagte: ›Juno wird der Unglücklichen huldvoll zur Seite stehen.‹ – ›Verzeih mir, Schwester,‹ wiederholte Lucia, ›lass mich meinem eigenen Geschlechte angehören! Ich bin Weib, und ich sollte nicht mehr Weib sein dürfen ohne ausdrückliche Erlaubnis jener Keuschheitsspange? Verzeih mir, gute Schwägerin!‹ Mancia und der Page waren fortgegangen. – ›Wie schön du bist in deiner Trauer, Lucia, meine Schwester und Hebes Schwester!‹ sagte Judith. ›Willst du mein sein? Wenn du mein bist, dann gehöre ich nicht mehr mir selber an.‹ – ›Gern will ich das,‹ antwortete Lucia, ›aber ich kenne mein Unglück und dein hartes Herz.‹ Sie weinte; Judith gab ihr einen Kuss und sprach: ›Du hast mein steinernes Herz weich gemacht! Aus diesem Felsen hast du nicht einzelne Funken geschlagen, sondern hochlodernde Flammen der Liebe sind daraus hervorgebrochen.‹ Sie gab ihr noch einen Kuss und entbrannte in[275] neuer Glut. Dann fuhr sie fort: ›Ich bitte dich nur um eins: dass du mich liebest und Juan hassest! Sei die Sklavin meines Willens; durch diese Knechtschaft wirst du die Herrschaft erlangen.‹ Lucia versprach alles zu tun, was sie verlangte. ›Nun denn, so werde ich diese Nacht bei dir schlafen,‹ sagte Judith; ›ich werde der Gatte meiner neuen Gemahlin sein.‹


OCTAVIA: Hahaha!


TULLIA: Die ganze Nacht erfüllte sie mit ihrer Brunft das Bett der jungen Frau; sie gab ihr tausend und abertausend Küsse, unermüdlich ritt sie sie, und die unkeuschen Rasereien ihrer Hände marterten diese zarten Glieder. Mit Sonnenaufgang ging sie. An den folgenden Tagen schien sie nicht mehr zornig auf Juan zu sein, aber dem armen Jungen wurde verboten, seine Herrin zu sehen. Er war ganz ausser sich vor Schmerz und ging an seinem Kummer zu Grunde. Endlich begab er sich zu Mancia und sagte: ›Mancia, ich war wahnsinnig. Dich allein liebe ich wirklich!‹ Sie sanken einander in die Arme und diese Umarmungen Mancias verschafften Juan die Umarmungen Luciens wieder. ›O Mancia, mein Lebenslicht!‹ rief Juan, ›der Zorn tötet mich; ich sterbe. Diese Undankbare, diese Treulose soll sich über mich lustig gemacht haben? und ich soll sterben, ohne mich gerächt zu haben? Nein! ich werde nicht sterben, wenn du es willst, sondern ich werde für dich leben!‹ – ›Ich werde dir helfen,‹ sagte jene, ›aber was hast du beschlossen? was gedenkst du zu tun?‹ – ›Ich will die Hochmütige in meine Gewalt bekommen! mit meinen Füssen werde ich sie in den Kot treten!‹ – ›Ich verstehe nicht, woran du eigentlich denkst. Vielleicht willst du sie im Bett zertrampeln, nicht im Kot!‹ – ›Lieber wollte ich Tisiphone beschlafen, zwischen deren kotigen Leisten eine gräuliche Kröte ihren Schlund öffnet; lieber wollte ich Charons Geliebter sein!‹ – ›So schwöre mir denn!‹ rief sie. – ›Ich schwör's bei allen Göttern und Göttinnen; ich schwöre es bei dir selber, die du die mächtigste Göttin sein wirst, wenn du mir beistehst.‹ – ›Ich werde dir beistehen, verlass dich drauf! Du wirst dich glücklich preisen, dass meine treue und eifrige Geschicklichkeit dir dient. Ich weiss es: wenn du ein Herz im Leibe hast, so wirst du, bei Venus! es wagen, deine Herrin zu hassen, die dich verachtet, weil sie nicht weiss, was du wert bist.‹ – – – – – – –

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[276] [Lücke im Original]


– – – ›Ich habe alle ihre Ränke zu schänden gemacht, o Herrin. Auf Umwegen musste ich dem Glücke zusteuern.‹ – ›Sehr scharfsinnig ausgedacht, mein liebes Herz!‹ antwortete Lucia; ›Judith, die ich verabscheue, betet mich an und quält mich mit ihrer sündhaften Liebe. Sie ist rasend, aber alle ihre Mühe ist vergebens. Eher möchte ich eine Natter lieben.‹ Die Mentula des Knaben, von der Begierde angestachelt, richtete sich empor, ganz stattlich und löblich richtete sie sich empor. Lucia verschlang sie mit ihren Augen. ›Meine Seele entflieht mir, meine Seele!‹ hauchte sie, ›und zu dir nimmt sie ihre Zuflucht!‹ Und damit überschüttete sie den Pagen mit Küssen. – ›Auch ich sterbe, o Herrin!‹ rief Juan, ›auf! wir sind hier in Sicherheit.‹ Das Antlitz der jungen Frau überzog sich mit dunklem Purpur; furchtsam begann sie zu zittern. – ›Weise weit von dir,‹ fuhr Juan fort, ›diese lächerliche Keuschheit; sie ist ein Ungeheuer. Lass es mit meinem Spiesse mich durchbohren!‹ Lucia lächelte. ›Stelle dir Venus vor, die den Knaben Adonis in ihren Armen hält.‹ – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

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[Lücke im Original]


OCTAVIA: Margaris, eine Jungfrau von anmutigem Wesen und göttlicher Schönheit, heiratete vor einigen Tagen den Grafen Emanuel. Sie war würdig von Roberto geliebt zu werden; und ich glaube ich hätte ihm verziehen, wenn er sie geliebt hätte.


TULLIA: Wie wenn verwundete Liebe überhaupt verzeihen könnte.


OCTAVIA: An Klugheit und Verstand tut sie es den erfahrensten Frauen zuvor, auch denen, die viel älter sind als sie, und an Schönübetrifft sie selbst die, deren Reize in grösserem Rufe stehen. Die Höflichkeit, die Liebenswürdigkeit, die Güte dieses im Schosse des Reichtums aufgewachsenen Mädchens von höchstem Adel sind geradezu sprichwörtlich. Diese Tugenden hat ihr Luiz Vives durch seine Erziehung und seine Lehren seit ihrer frühesten Kindheit eingeflösst, wie er zugleich auch ihr Lehrmeister in der Wollust gewesen ist. O, wie glücklich ist das Weib das unter eurem Sternen geboren ist, Apoll und Venus! Margaris und Rodrigo wenn von gleicher Liebe zu den Studien beseelt und auf das sorgfältigste pflegte ihre Mutter, Catarina Harrtro, ihre guten Anlagen und Talente. Sie vertraute ihre Erziehung dem gelehrtesten Manne unserer[277] Zeit an: Luiz Vives. Das Mädchen gefiel dem Lehrer über die Massen und er wurde von einer heftigen Liebesleidenschaft zu ihr ergriffen. Der bedeutende Mann schämte sich seiner Liebe, zugleich aber bereitete sie ihm Wonne. Er wollte und wollte auch wieder nicht. Was sollte er machen? Auch wer nicht lieben will, muss lieben – ja noch mehr: man muss lieben, wem man nicht lieben will. Amor hat keine freie Wahl. Die Mutter war abwesend. Sie hegte keine Besorgnisse um ihre Tochter und hatte nicht das geringste Misstrauen gegen Luiz. Sie hatte sie ganz allein im Hause gelassen und in diesem Hause herrschte, dank seinem bedeutenden Wissen, der ehrwürdige Lehrer. Eines Tages erklärte er ihr den Bau des menschlichen Körpers und da kam er auch auf das Herz zu sprechen. ›Das Herz,‹ sagte er, ›ist der wundervolle Sitz aller Gefühle; in ihm wird die Liebe, wird auch der Hass geboren. Alles Gute und alles Böse entspringt im Herzen. Was meinst du, Margaris, ist wohl die Liebe stärker, als der Hass?‹ – ›Bis auf den heutigen Tag,‹ antwortete sie, ›haben weder Liebe noch Hass mit ihren verderblichen Ratschlägen mich angespornt; ich bin gut und bin rein.‹ – ›Aber,‹ entgegnete Luiz, ›du bist jetzt in das Alter gekommen, wo oft die Adern von einem verborgenen Feuer erglühen, obwohl man sich ganz wohl befindet.‹ ›Du bist ja in der Tat von blühender Gesundheit. Aber du liebst – du brauchst nicht rot zu werden – du liebst den Grafen Emanuel, der ja in der Tat ein ganz reizender junger Mann ist. Du liebst ihn, Margaris, du liebst ihn! Und ich freue mich dessen!‹ – ›Ich liebe den Mann, den meine treffliche Mutter mir zum Gatten bestimmt hat. Wenn ich dies leugnen wollte, so würde ich lügen, und die Lüge verträgt sich nicht mit den Lehren, die ihr mir eingeflösst habt.‹ – ›Nun?‹ fuhr Luiz fort, ›könntest du denn ausserdem nichts lieben? Würdest du mich hassen?‹ – ›Gewiss nicht; im Gegenteil, ich liebe euch sehr; ich wäre undankbar, wenn ich euch nicht liebte.‹ – ›Und wenn ich dich liebte – dich, die du so schön, so geistreich bist – würdest du mir das als Verbrechen anrechnen?‹ fragte Luiz. – ›Als Verbrechen? o nein! Ich würde vielmehr euch für diese Liebe dankbar sein und – so wahr mir die Götter gnädig sein mögen! – ich würde sie vergelten.‹ Während dieser letzten Worte betrat Rodrigo das Zimmer; sofort wechselte Luiz das Thema des Gespräches ... Am nächsten Tage hielt er dem Mädchen zuerst einen[278] langen Vortrag und legte ihr dann Zeichnungen des Herzens, des Gehirns und der Brust vor. – ›Da du so dicht vor deiner Hochzeit stehst, göttliche Margaris,‹ so sprach er, ›so musst du die Lage, Gestalt und Funktion jener Körperteile kennen lernen, deren eigentümlicher und höchst süsser Gebrauch in der Brautnacht die Menschen zum Range der Götter erhebt. Männer und Frauen werden zur Ehe veranlasst durch die Wollust, die sozusagen deren verheissene Belohnung ist.‹ Mit solchen wollustatmenden Reden, mit denen er noch lange fortfuhr, setzte er das leicht entzündliche Mädchen in helle Glut. Luiz bemerkte, wie die Jungfrau die Vernunft verlor, und er selber verlor die Vernunft. ›Der Held,‹ rief er, ›der dir, o Heldin Margaris, deine Jungfernschaft rauben wird, er wird mir glücklicher erscheinen als Jupiter. Auf welche Bedingungen hin, o Göttin, hast du dich einem Sterblichen ergeben? Welcher Preis kann auf unserer Erdenwelt solche Schätze bezahlen? O ich Unglücklicher!‹ – ›Die Götter werden euch beistehen, und auch ich werde euch helfen!‹ antwortete Margaris; ›die Götter werden euch hold sein, wie auch ich es sein werde.‹ – ›Sei mir hold, Margaris – und auch die Götter werden mir hold sein; wenn du mir hold bist, müssen auch die Götter es sei – mögen sie wollen oder nicht.‹ Die Jungfrau errötet und schweigt. ›Willst du denn nicht,‹ fährt Luiz fort, ›ein einziges Wort sagen, das mir Unglücklichen ein bischen Hoffnung gibt?‹ – ›Ein Wort werde ich nicht sprechen,‹ antwortet Margaris, ›aber was soll ich tun?‹ ›O Schönheit! o Jugendblüte!‹ Sie stösst einen Seufzer aus. ›Du machst mich den Göttern gleich!‹ ruft Luiz. Das Mädchen schwieg und hielt den Blick auf den Boden geheftet. Ein seidenes Mieder, das durch eine goldene Spange zusammengehalten wurde, bedeckte ihre elfenbeinglatten Schultern; ausser ihrem Hemde und Rock trug sie sonst keine Kleidungsstücke. Ihr Busen war unbedeckt, die Brüste lagen bloss. Von der Glut der Venus entflammt ergreift er, seiner selbst nicht mehr bewusst, die beiden Halbkugeln: sie waren klein und so marmorhart, dass man hätte Funken aus ihnen schlagen können; er küsst sie mit heisser Inbrunst. ›Was ist denn dies?‹ seufzt die Jungfrau, und dicke Tränen rollen ihr über die Wangen. – ›Bin ich dir denn zuwider, o meine Göttin?‹ fragt Luiz. – ›Nein, das seid ihr nicht, aber ich will euch nichts gewähren.‹ – ›Aber du wehrst mir doch auch nicht?‹ – ›Auch verweigern will[279] ich euch nichts.‹ – ›Was willst du denn, liebes Kind?‹ fragt Luiz; ›du willst nicht gewähren, willst nicht verwehren – aber wenn man nicht gewährt, so verwehrt man eben.‹ Glühende Kusse begleiteten diese glühenden Worte. – ›Wenn ich gewähre,‹ versetzte Margaris, ›so benehme ich mich wie eine Kurtisane; wenn ich so schlecht bin zu verwehren, so bin ich eine Undankbare.‹ – ›Ich verstehe, ich verstehe schon!‹ ruft Luiz. ›Du wünschest, dass ich dir Gewalt antue, wenn ich ein Mann bin; keusch wie du bist, ist es dir nicht lieb wenn ich mit Worten dich bitte, mir deine Ehre hinzugeben.‹ – ›Bis auf den heutigen Tag,‹ antwortet Margaris, ›hat niemals auch nur der Schatten eines unkeuschen Gedankens meinen Geist gestreift. Die Strahlen der Sonne sind nicht reiner als mein Geist und meine Seele.‹ – ›Ich weiss es!‹ ruft Luiz, ›du bist die reinste Reinheit?‹ Während er so spricht, lösst er ihr die Spangen und zieht ihr Mieder und Rock ab; nur das Linnenhemd blieb allein auf ihrem Leibe und beschützte, wie ein leichtes Wölkchen, nur unvollkommen ihre Scham. Margaris weinte, aber sie leistete keinen Widerstand; sie wurde rot und blass, aber sie leistete keinen Widerstand. In einer Ecke des Zimmers stand ein niedriges Bett für eine einzige Person; eine schwarzseidene Decke lag darauf. Hierhin führte Luiz, mit seiner Venuswaffe drohend, das zitternde Lämmlein. – ›Setze dich doch auf das Bett, o meine Göttin!‹ sagte er. Margaris setzte sich. Dann legte er sie mitten auf's Schlachtfeld – so nannte er das Bett – und sagte: ›So führt man Krieg!‹ – ›O ich Unglückliche!‹ seufzte Margaris; ›schonet meine Keuschheit! Wenn ihr mich liebt, so schonet meiner Scham. Was habe ich getan, ich Aermste! Und ihr – was werdet ihr nicht noch tun? Ich bin des Todes!‹ – ›Ich werde dir in meinen Armen,‹ ruft Luiz, ›das Glück der Götter bereiten, wie ich in den deinigen es finden werde.‹ Er hatte ihr das Hemd bis über die Brust empor gestreift. Tausend Reize erschienen seinen Augen, die vor Wollust nicht mehr klar sahen. Brust, Leib, Schenkel – alles war wunderbar schön. ›Jetzt wollen wir sehen,‹ ruft Luiz, ›wem die Liebesgötter den Besitz dieser Burg zusprechen werden. Schau! ich lasse aus meinen Laufgräben alle meine Truppen einen Ausfall machen?‹ Er liess den Hosenlatz herabsinken und bedrohte mit seiner Manneswehr das zitternde Mädchen; prachtvoll stand ihm der Ast neun Zoll lang; besonders aber zeichnete er sich durch seine Dicke aus.[280] – ›O Mutter!‹ rief Margaris; ›o geliebte Mutter! würdest du es für möglich halten, dass ich einer solchen Schicksalstücke mich ausgesetzt sehe? Ich geschändet! O, es ist um mich geschehen!‹ – ›Unsinn! lauter Unsinn!‹ sagte Luiz. ›Nur Mut, meine Göttin; du wirst mich wegen meiner Tat beglückwünschen; du wirst, das weiss ich, Triumphgesänge anstimmen, du wirst in der höchsten Wonne und Seligkeit schwimmen.‹ Auf ihre Muschel heftet er seine unersättlichen Blicke; dann prüft er, in diesen Dingen wohlerfahren, mit glühendem Finger ihre glühende Spalte. ›Unter dieser purpurroten Blume,‹ sagt er, ›sehe ich deine hübsche Jungfernschaft schlummern. Vorwärts, Jungfernschaft! Was machst du da, du Faulenzerin! Hinaus mit dir, du dumme! Warum quälst du meine süsse Herrin? Du bist ja eine Feindin des ganzen Menschengeschlechtes, denn du hinderst es, sich zu verewigen, du betrügst es um seine Liebesgenüsse. Du musst sterben! Ich werde dich töten, dich opfern!‹ Und nun sofort hinein mit dem Speer. Das zarte junge Mädchen wird durchbohrt. Sie erschauert, stösst einen tiefen Seufzer aus und dann einen durchdringenden Schrei. Die brennende Hymenfackel ist nämlich mit Macht hineingefahren und nicht sanft und allmählich in das Heiligtum der Wonne hineingeglitten. In ihrem Schoss tummelt munter sich Kolytto und reizt sie zu geiler Brunft. Kurz und gut: die schöne Jungfrau ist geopfert. Aber sie ersteht als schönere Frau, als Gattin vom Tode wieder auf ... Gütige Venus! Wenn ich, geliebte Tullia an solche Genüsse denke, da brennt mir das innerste Mark der Knochen von blinder Glut. Geht es nicht auch dir ebenso?


TULLIA: Ich bin vor Wollust ausser mir, du dumme! fahre fort. Deine Schilderung gefällt mir köstlich.


OCTAVIA: Den Rest fasse ich in ein einziges Wort zusammen, liebe Tullia. Sie verschafften sich gegenseitig jene höchste Wonne, die selbst für Jupiter, Juno und die grossen Götter die höchste ist. Luiz fand sich am Ziel aller seiner Wünsche; höheren Genuss hatte auch Sencea nicht, wenn er Agrippina bearbeitete, hatte auch Ovid nicht, wenn er des Kaisers Augustus Tochter Julia besass. Warum lachst du. Auch Lampridius hatte noch niemals einen schöneren Erfolg, wenn er keuchend und schwitzend auf dir lag ... ›Durch dieses Vorspiel, liebe Margaris, bist du in die Geheimnisse der Ehe eingeweiht,‹ sagte Luiz. ›Morgen nach der Trauung wird Emanuel[281] mit dir, seiner neuvermählten Gattin, den wirklichen Kampf beginnen. Heute hast du einen Mann gehabt, teure Margaris; morgen aber wirst du einen Eselhengst tragen. Rodrigo nennt seinen Neffen Emanuel, diesen sonst in jedem Betracht angenehmen und vortrefflichen Jüngling, Onosander, das heisst: Eselsmensch, denn nicht weniger als vierzehn Zoll lang ragt ihm der Schwanz, o Graus, und schwillt ihm an, wie wir's bei einem Esel sehen.‹ – ›Ich weiss, dass er ungeheuerlich ausgerüstet ist,‹ sagte Margaris. ›Justina hat mich auf die Gefahr vorbereitet. Ich werde gemartert werden, aber der Marter wird, sagt sie, eine doppelt so grosse Wonne folgen. Nun, ich werde ja sehen ... Aber du. Luiz hast mir wunderbar gefallen; Emanuel wird mir nicht so gefallen wie du – davon sei überzeugt.‹ – ›Und du wirst über alles meine Wonne sein, o meine Göttin!‹ antwortete Luiz. ›Wenn ich dich besitze, so habe ich in diesem Leben nichts mehr zu wünschen.‹ – ›Du wirst mich besitzen, so lange ich lebe,‹ sagte Margaris; ›du warst der erste, der meine Liebe gewann, und kein Mann, kein Flug der Zeit soll dich aus diesem Besitz vertreiben ... Niemals soll Emanuel an deiner Wonne teilnehmen. Nur dir allein möchte ich angehören und ausser dir keinem andern!‹ ... Und nun kommt eine schmerzhaft komische Geschichte! Als sie zum Brautbett geführt wurde, sagte sie, sie habe Kopfweh. – ›Alle Wetter!‹ rief ihre Mutter lachend, ›wenn meine Hoffnung mich nicht trügt, so wird dir, ehe eine Stunde um ist, etwas anderes weh tun und zwar ganz gehörig. Was für Schmerzen erdichtest du, liebes Kind, um deine Unvernunft zu verbergen? Hast du deinen Gatten gebeten, dass er deiner Angst zuliebe auf seine Brautnacht verzichte! Du kleine Närrin. Aber was fürchtest du denn in deiner Feigheit? Er wird dich durchbohren, aber nicht töten. Ich war jünger als du, da hielt ich viel fürchterlichere Schmerzen aus, als sie dir beschieden sein werden. Ich hatte noch nicht mein zwölftes Jahr vollendet; aber meine Brautnacht ist mir ganz ausserordentlich gut bekommen. Willfahre deinem Gatten, das wird nur zu deinem Besten sein.‹ Nachdem sie ihr diese Ermahnungen gegeben, Hess sie sie nackt in ihrem Bette allein. Aber Margaris hatte eine seidene Unterhose angezogen, die überall zugenäht war, so dass Hymens Knecht von keiner Seite her Zugang finden konnte ... Emanuel tritt ein; er gibt ihr trotz ihres Sträubens einen Kuss. Sie weint bitterlich. ›Warum weinst du denn,[282] meine Wonne?‹ fragt er. ›Neidest du mir mein Glück?‹ Er befiehlt seinen Dienern hinaus zu gehen, aber die Kerzen brennen zu lassen, und umschlingt dann mit seinen Armen das auf dem Rücken liegende Mädchen. Sie sträubt sich und weicht ihm aus. Der Jüngling wirft die Kleider ab; hoch bäumt sich sein Glied; das Mädchen sieht es und glaubt ihren Tod vor Augen zu sehen. Sie schaudert. ›Er hätte mir die Eingeweide durchbohrt!‹ sagt sie bei sich selber. ›Aber ich bin in Sicherheit.‹ Emanuel spielte an ihren Brüsten die so schön waren, wie Venus, als sie der Meeresmuschel entstieg, sie nicht schöner hätte wünschen können. Dann greift er zwischen ihre Schenkel und findet ihre Kleine gepanzert. Er wundert sich, entrüstet sich, regt sich auf. Was soll er machen? Da gibt ihm sein Zorn guten Rat. Er ruft: ›Was, glaubst du, könnte solch eine Schutzwehr dir nützen?‹ und reisst sofort die Unterhose entzwei, Dies kostete ihm nicht einmal allzugrosse Mühe, denn Metina hatte der törichten List ihrer Herrin mit Absicht schlecht gedient. Margaris beklagt sich laut und gerät in Zorn? Emanuel aber steigt zu Pferde. – ›Warum willst du mich quälen?‹ ruft sie. ›Ehe du mir meine Keuschheit nimmst, musst du mir erst mein Leben nehmen?‹ Mit den Fäusten schlägt sie auf den keuchenden Jüngling los; dieser reitet jedoch unverdrossen weiter, denn in seiner Liebesglut kümmert er sich um nichts. Er hatte sich, nicht ohne Kampf den Weg zur höchsten Wonne gebahnt und hatte beinahe schon den Sieg in Händen. Als Margaris nun aher fühlt, dass ihre Kräfte zu schwinden drohen, da verliert sie alle Besinnung; sie krallt ihre Nägel in das Gesicht des auf ihr liegenden Gatten und reisst ihm die Haut herunter. Eine regelrechte Schlacht entspinnt sich; es wird geprügelt, es wird geschimpft. Entrüstet steigt der Jüngling aus dem Sattel der Jungfrau. Diese aber springt aus dem Bett. Feindselig stehen sie einander gegenüber. Der Zorn macht sie besinnungslos; die Mutter hört den Lärm und eilt herbei. Sie sieht ihre Tochter, die sich in einer Ecke hinter einem Teppich verbirgt; sie sieht ihren Schwiegersohn, der in einem Spiegel sein zerkratztes Gesicht betrachtet und es mit kaltem Wasser kühlt. ›Gütige Venus!‹ ruft sie. ›Was ist das für eine neumodische Brautnacht? Was bedeutet dieser Streit? Ist das eure Hochzeitsfeier, lieber Sohn, liebe Tochter? Liebt ihr so einander? Was muss ich sehen!‹ – ›Nicht eine Frau, süsse Mutter, habt ihr mir gegeben,[283] antwortet Emanuel, sondern eine Tigerin. O Hymen! welche Laune des Schicksals hat es gefügt, dass sie, die die balsamischste Blüte der Jungfrauen war, sich plötzlich in eine Tigerin verwandelt hat? Sicherlich ist dies nicht durch meine Schuld geschehen. Seht doch, liebe Mutter, was für Schrammen sie mir ins Gesicht gezeichnet hat.‹ Die gute alte Dame gerät in Hitze und ruft Margaris zu: ›Heda, du Scheusal! Wo hast du meine sanfte, so gehorsame, so gute Tochtet begraben? fürwahr, du bist nicht meine Tochter. Aber du sollst nicht straflos davonkommen! Du wirst deine Züchtigung erhalten.‹ – ›Verzeiht euerer Tochter, liebe Mutter!‹ ergreift Emanuel das Wort. ›Als ihr Gatte verzeihe ich meiner Gattin. Lieber wollte ich sterben, als mit ansehen zu müssen, wie ihr sie straft. Denn sie ist meine Seele, ich liebe sie über alles, wenn sie auch undankbar ist.‹ – ›Was hast du zu sagen, du Böse,‹ fragt die Mutter; ›was antwortest du?‹ – ›Ich gestehe mein Unrecht ein und bedauere es von Herzen,‹ sagt Margaris; ›fussfällig bitte ich um Verzeihung. Verzeiht mir diese augenblickliche Wutaufwallung; nicht ich bin an ihr schuld, sondern mein Schicksal.‹ – ›Ich verzeihe dir,‹ sagt Emanuel. ›Aber wer wäre ich, dass ich meiner Königin zu verzeihen hätte? Wenn ich dir in irgend etwas zu nahe getreten bin, so will ich nichts gesagt, will ich nichts getan haben.‹ Diese edlen Worte brachen Margaris' wilden Zorn und sie sprach: ›Lass mich, liebe Mutter, mit meinem Gatten mich wieder aussöhnen; und lass mich dies zu Wege bringen, ohne deine Hilfe. Ich hoffe, ich werde ihn besänftigen, werde seiner Verzeihung teilhaftig werden. Geh hinaus, lieb Mütterchen – ich bitte dich. Soll ich mich denn nackt vor deinen Augen zeigen. Ich werde deinen Befehlen gehorchen; ich werde den Launen und der Liebe meines Gatten gehorchen.‹ – ›So gehe ich denn, liebe Tochter,‹ antwortete die Mutter. ›Bemühe dich deine Pflicht zu erfüllen, wie eine Gattin es mit Freuden tun muss, wie man von einer ehrbaren Frau es erwarten kann.‹ Nackt wie sie war, eilte die junge Frau in die Arme ihres Gatten. Sie küsst ihn, bittet ihn um Verzeihung. ›Komm!‹ ruft sie, ›räche dich an der Sünderin wie du willst, mein süsser Emanuel; ich werde mich gegen keine Strafe wehren!‹ Er drückt die Seufzende an seine Brust und antwortet: ›Wenn ich auch besser wäre, als du gewesen bist – welche Rache könnte ich nehmen? Ich begnüge mich mit deinen Küssen und mit der Blüte[284] deiner Jugend.‹ Er wirft das liebestolle Mädchen aufs Bett. Seine Augen gemessen alle Schönheiten ihres Leibes. Er lobt, er bewundert, er ist ausser sich vor Erstaunen. Zeuxis hätte bei ihr allein jene der Venus würdige höchste Schönheit gefunden, deren einzelne Bestandteile er sich bei mehreren Frauen zusammensuchte ... Plötzlich stürzt er sich auf sie, seine Lanze schwingend, wie die einst war, womit Herkules Omphele bedrohte. Die Mauer vermag nicht zu widerstehen, der Stoss des kräftigen Rammbocks legt Bresche in sie. Der Speer wird tief hineingestossen; er steckt fest. Die Jungfrau stösst einen lauten Schrei aus. Ihre Mutter horchte an der Tür des Brautgemachs; wie freute sie sich, als sie diesen Schrei hörte! ›Mut, lieber Schwiegersohn, Mut!‹ rief sie mit lauter Stimme; ›räche dich für das, was dir angetan wurde! Lass dich von keinem Mitleid rühren. Sie muss wissen, dass du ihr Mann bist, dass sie deine Frau ist!‹ Angespornt durch diesen Trompetenstoss, erneuert Emanuel den Angriff; die Jungfrau verdoppelt ihr Gezeter. ›O meine Mutter! Zu Hilfe! Ich sterbe – ach, meine Mutter!‹ Vergebens aber schluchzte und schrie sie. Ihr Geschrei wurde zum Geheul. Tränenströme stürzen aus ihren Augen. Emanuel aber führte noch einen letzten Stoss; noch tiefer bohrte er den Speer hinein, und die Jungfrau zitterte vom Schmerz der empfangenen Wunde. Noch einmal seufzt sie, noch einmal schreit sie auf. Da schwinden dem Jüngling die Sinne ... Ins Zimmer tritt die Mutter mit ihrer Zofe Justina. Sie hatte gehört, wie die Liebesraserei sich beruhigte; Margaris schwieg, das Bett krachte nicht mehr, Emanuel lag ganz still da. Die Mutter aber sagte: Jetzt, liebe Margaris, erkenne ich mein Kind wieder an. Du hast mir meine Tochter wiedergegeben, indem du deinem Gatten seine Gattin wiedergabst. ›O Mutter,‹ rief Margaris, ›kein Mensch ist der Gatte, den du mir gegeben hast, denn einen Menschen kannst du doch nicht jemanden nennen, der einen Eselsschwanz hat.‹ Laut auf lacht die Mutter; auch Emanuel lacht. ›Aber dieser Eselsschwanz, liebes Kind,‹ versetzte die Mutter, ›passt ganz ausgezeichnet zu deiner Kleinen. Sei guten Mutes. Die höchste Wonne musste freilich recht teuer von dir erkauft werden – aber so wolltens die Liebesgötter.‹ Sie gab hierauf ihrer Tochter zwei gezuckerte Nüsse, ihrem Schwiegersohn aber vier. ›Ihr müsst,‹ sagte sie, ›lieber Sohn, eure Kräfte wieder auffrischen; ihr werdet eure Muskeln heute Nacht noch nötig[285] haben.‹ Unterdessen brachte Justina die zerknitterten und zerwühlten Betttücher in Ordnung und seufzte dabei. – ›Was hast du denn zu seufzen?‹ fragte Catarina. – ›Seht doch, o Herrin,‹ antwortete Justina, ›seht doch welche grausige Metzelei eurem Kinde widerfahren ist!‹ Da sah die Mutter, dass die Bettlaken reichlich mit Blut bespritzt waren, und sie antwortete: ›An diesem roten Jungfernblut erkenne ich die Keuschheit und Züchtigkeit meiner Tochter.‹ – ›O liebe Mutter!‹ rief Margaris, ›du hast mir eine Hochzeit versprochen; für dich wie für mich hofftest du auf eine Hochzeit – und es ist eine Schlächterei gewesen!‹ – Ihre Mutter gab ihr einen Kuss und sagte! ›Sei starken Mutes; so wirst du beweisen, dass du deiner Pflichten eingedenk bist. Du aber, lieber Schwiegersohn, stosse feste! Ich weiss, du wirst feste stossen, denn du bist ja voll Liebe und Jugendkraft.‹ Mit diesen Worten ging sie hinaus. Emanuel aber drückte seine junge Frau ans Herz und sagte: ›Verzeih mir, Gebieterin! Dein Held musste so kämpfen, da er seine Heldin in ihren Verschanzungen anzugreifen hatte.‹ – ›Ich verzeihe dir,‹ antwortete sie; ›ich weiss, aus Liebe hast du mir weh getan, Wenn du mich weniger liebtest, wärest du nicht so stark und eifrig ins Gefecht gegangen. Aber einen Trost habe ich: aus dem nächtlichen Kampf bringen wir beide Wunden heim.‹ – ›Unsere Seelen hatten sich zusammen gefunden, ehe unsere Leiber vereint waren,‹ antwortete Emanuel. ›Aber, teuerste Gattin, wenn du mich liebst ...‹ – ›Zweifelst du, dass ich dich liebe, o mein süssester Gatte?‹ unterbricht ihn Margaris. ›Dein Zweifel ist mein Tod!‹ – ›Nun denn, wenn du mich liebst,‹ fährt Emanuel fort, ›so ergib dich meiner Begier, gib mir diesen köstlichen Leib voll Schönheit und Kraft!‹ – ›Gewiss!‹ antwortet sie, ›und von Herzen gern werde ich deiner Lust dienen.‹ ... So wurde zwischen ihnen der Friede geschlossen. Margaris aber hatte gar nicht gewusst, wie wollüstig sie war, denn in Zeit von neun Stunden machte sie zehnmal den Ritt in ihrer eigenen Stechbahn. Seit dieser Nacht brannte sie vor Liebesbegier. Als Luiz sie fragte, wie sie einen so gewaltig ausgerüsteten Gatten habe befriedigen können, antwortete sie, selbst dieser Gatte befriedige sie bei weitem nicht. Von diesen Augenblick an verbrachte sie keinen Tag und keine Nacht allein. Nachts erschöpfte sie im Liebeskampf Emanuel, tags aber Luiz. Erst nach Verlauf von zwei Monaten bekam sie allmählich genug davon. Sie[286] bat ihre Mutter um die Erlaubnis, einige Nächte, von ihrem Gatten getrennt, allein schlafen zu dürfen. Denn sie sei – so behauptete sie – einem solchen Athleten an Kraft nicht gewachsen. Ihre Mutter erhielt für sie die Erlaubnis. Margaris schimpfte auf das Verheiratetsein – ihre Mutter hat's mir erzählt – und preist die Jungfrauen selig wegen ihrer unschuldigen Ruhe. Lache, Tullia! sie kehrte zur Keuschheit zurück, nachdem ihre Tugend unzählige Stösse erlitten hatte.


TULLIA: Ein bequemer Weg! Hahaha.

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[Lücke im Original]


– – – ›Und dies war eben der Irrtum‹, sagte er, ›der mich zur Liebe entflammte. Ich hielt sie für gut – und sie war eine Bärin; ich hielt sie für keusch – und sie war eine Wölfin.‹ Als seine Gefühle sich änderten, übertrug er auch seine Liebe auf einen anderen Gegenstand. Juan verliess die wollüstige, unzüchtige, ihrer tollen Leidenschaft hingegebene und wandte der guten, der ehrbaren, der geistvollen Clementia seine Neigung und seine Liebe zu. Der schöne Jüngling gefiel der trefflichen Frau. Aber Clementia wollte wohl geliebt werden, aber nicht wieder lieben. Padilla starb an seinem Herzenskummer und Clementia sah mit Schmerz, wie ihr Liebhaber dahinsiechte; sie tröstete ihn nach Kräften durch Worte und kleine Gefälligkeiten. ›Wenn ihr mich liebt,‹ sagte sie oft, ›so werdet ihr euch nicht durch ein Verbrechen besudeln wollen. Ihr habt mich geliebt, weil ich ehrbar bin, weil ich keusch bin; und wenn ihr selber ehrbar seid, so werdet ihr mich nicht mehr lieben, sobald ihr erfahret, dass ich meinen Charakter geändert habe und ausschweifend und unrein geworden bin. Wahrlich, meine Ehrbarkeit steht mir höher als selbst mein Leben; wenn ich nicht in Züchten leben kann, so will ich lieber sterben. Ihr aber gleichet nicht dem gewöhnlichen Tross der Menschen, die wie vernunftlose Tiere sich in schmutzigen Lastern wälzen, sondern ihr liebt meinen Geist, meine guten Sitten.‹ Sie begleitete diese Bemerkungen mit Küssen – aber es waren trockene, eiskalte Küsse – Küsse, wie einst Philistaea sie ihrem Bruder Sokrates gab. – ›Wollt ihr denn,‹ sagte Padilla, ›dass ich als Opfer eurer grausamen Keuschheit sterbe? Gerne will ich mich opfern. Aber warum gebt ihr eurer blutdürstigen Grausamkeit den Vorwand der Ehrbarkeit?[287] Glaubt ihr es sei ehrbar, euren Liebhaber sterben zu lassen?‹ Da weder seine Klagen noch seine Bitten ihn auch nur um einen einzigen Schritt weiter brachte, so wurde er krank. Die Aerzte erklärten seine Krankheit für tötlich. Da sie keine Ursache derselben entdecken konnten und demnach auch im Zweifel waren, welche Heilmittel sie anzuwenden hätten, so nahmen sie ihre Zuflucht zur chimärischen Kunst des Jabalus. Raimondo weinte als er seinen Vetter, diesen trefflichen Menschen, in der Blüte seiner Jahre dahinwelken sah; Clementia weinte ebenfalls, denn sie wusste wohl, dass sie die Ursache war für den Tod des Jünglings. Raimondo bat sie, den Kranken zu besuchen, weil dieser in seinen Fieberträumen irgend etwas von Clementia murmelte, wie, wenn er ihr eine Mitteilung zu machen hätte. Als nun der Sterbende sie mit tränenüberströmtem Antlitz vor seinem Bette stehen sah, da lächelte er; er hiess alle Anwesenden aus seinem Zimmer hinausgehen und sprach: ›Ich bin ein zu unbedeutendes Ding auf dieser Welt, göttliche Clementia. Warum weinet ihr? Ich gehorche eurem Willen. Ihr habt mir zu sterben befohlen – und seht: ich sterbe!‹ – ›Ich habe dir solches nicht befohlen,‹ antwortet sie, ›im Gegenteil, wenn ich irgendwelche Macht über dich habe, so befehle ich dir zu leben. Wenn du nicht lebst, so wird mir Unglücklichen das Leben zur Last sein. Ich werde bald dem Tode angehören. Wenn du aus dem Leben scheidest, so werde ich dir folgen, der du auch von mir geschieden bist. Lebe also, mein Padilla, wenn du nicht willst, dass ich mir den Tod wünsche! Denn ich bin dein Leben, wie du oftmals sagtest, mein Lieb! Du wirst mich gefälliger finden; du wirst dich meiner und des Lebens freuen.‹ Sie gab ihm einen Kuss und entriss ihn dadurch seinem Verhängnis. Augenblicklich kehrten die Kräfte des Armen zurück und die Kraft der Krankheit war gebrochen. Er erlangte seine frühere Gesundheit wieder und konnte wenige Tage darauf bereits aufstehen, Clementia war darüber hocherfreut und wünschte ihm Glück zu seiner Genesung. – ›Aber,‹ sagte Padilla, ›du hast mich von den Ufern des Styx zurückgerufen, indem du mir das Leben versprachst; ich sehe aber dieses mir verheissene Leben sich mir nicht nahen. Du weisst um welchen Preis du mich der Verzweiflung entrissen hast. Nicht aus Liebe zum Leben bin ich dem Leben wiedergegeben worden; auf eine bessere Hoffnung hattest du mir Aussicht gemacht.‹ Er bat sie, Mitleid[288] mit ihm zu haben oder ihn ruhig sterben zu lassen. Sie wich seinen dringenden Bitten aus und nährte den von Begierden erfüllten Jüngling mit leeren Hoffnungen. Seit acht Tagen war Raimondo verreist; da begab es sich, dass Kaiser Karl Padilla zu sich berief: der ausgezeichnete grosse Kaiser stellte den von Charakter wie von Geburt gleichermassen edlen Jüngling an die Spitze eines Regimentes, das er nach Italien sandte. Vor dem Abmarsch begab er sich noch einmal zu Clementia; er traf sie allein in ihrem Schlafzimmer und sie ergab sich ihm halb willig, halb gezwungen. Der Kampf war heftig und wurde viermal wiederholt; erst die Nacht machte dem Gefecht ein Ende. Nun sieh, Octavia, wie mächtig bei einer ehrbaren Frau die Tugend und der Stolz auf ihren guten Ruf wirken. Als Padilla gegangen war, bereute sie, was sie getan; sie sah, mit welchem Verbrechen sie sich Leib und Seele befleckt hatte, und sie war von Entsetzen darob erfüllt. ›Was habe ich getan, ich Verbrecherin! Was ist mir geschehen, mir Unglücklichen!‹ rief sie. ›Weh mir! Wehe der Unreinen! Darf ich noch wagen, das Tageslicht zu sehen, das meines Fehltritts Zeuge war? Darf ich's noch wagen, mich sehen zu lassen? Wohin soll ich fliehen? Aber, ich Unglückliche, mir selber werde ich ja doch niemals entfliehen können! Wohin ich auch gehen mag, ich selber werde mir ewig zum Vorwurf, ewig zur Qual sein! O Tugend, meine Schutzgöttin: wie werde ich mein Leben ertragen können: Ein Verbrecherin zu sein, kann ich nicht ertragen; lieber will ich den Tod ertragen. Ich muss sterben!‹ Sie verurteilte sich zum Tode. Den übrigen Teil des Tages enthielt sie sich jeglicher Nahrung; dann verbrachte sie eine lange Nacht unter Weinen, Seufzen, Schluchzen. Am andern Tage kam Padilla wieder, Clementia sass in einem Winkel; sie weinte, sie schlug sich mit den Fäusten vor die Brust. ›Auf dieses Haupt, o Götter!‹ rief sie, ›lasst eure dreispitzigen Blitze herabfahren! Befreit Himmel und Erde von dem Anblick eines Ungeheuers, wie ich es bin.‹ Als aber Padilla vor ihr stand, da schwieg sie und bezähmte die Aufregung ihres Geistes. – ›Was sehe ich, ich Unglücklicher!‹ rief er, ›hast du mir das Leben geschenkt, um es mir zu nehmen, o meine Clementia, die du mein Leben bist? Was ist dies für eine wahnsinnige Laune eines schwankenden Willen?‹ Er wollte seine Worte mit innigen Küssen begleiten; Clementia aber warf ihm einen wilden Blick zu und stiess[289] ihn entrüstet zurück. – ›Du hast mich mit deiner schmutzigen Unzucht besudelt, Giftmischer!‹ rief sie, ›und du verlangst, dass ich leben soll? Lieber will ich sterben.‹ – ›Wenn du stirbst,‹ antwortete Padilla, ›so wirst du einen Todesgefährten haben, daran zweifle nicht. So also hast du dich über meine Leichtgläubigkeit lustig gemacht! Du entrissest mich dem Tode ohne Zweifel nur, um mich einem noch grausameren Tode zu überantworten. Aber höre, o meine Hoffnung: wenn du nicht zu einem vernünftigeren Entschluss kommst, wenn du nicht aufhörst, Anschläge gegen dein eigenes Leben zu machen, so durchbohre ich mich auf der Stelle, vor deinen Augen, mit diesem Dolch.‹ Er hatte einen Dolch aus der Scheide gezogen. Von Schrecken erfasst rief Clementia: ›O nein, o nein, mein Padilla, denke nicht an so etwas! Ich werde leben. Ich verspreche es dir ohne Hinterhalt. Aber du wirst mir die Bitte nicht abschlagen, die ich an dich richten werde.‹ – ›Nein,‹ antwortete Padilla. – ›So versprich es mir denn,‹ fuhr Clementia fort, ›und schwöre, es mir nicht zu verweigern.‹ – ›Ich verspreche es dir, ich schwöre es dir bei den Göttern und Göttinnen. Wenn ich mein Wort breche, so möge dein Zorn mich treffen, o meine Göttin. Dies ist der höchste Schwur. Denn lieber noch will ich mich dem Zorn aller Götter und Göttinnen aussetzen!‹ – ›Nun denn, so verlange ich, dass wir fortan in geschwisterlicher, in ehrbarer Liebe uns lieben.‹ Padilla zauderte und Hess sich seinen Verdruss anmerken. ›Denn sieh,‹ fuhr Clementia fort, ›wenn du dies nicht willst, so ist es mein Tod, Grausamer! Vergebens wirst du mich am Sterben zu hindern suchen.‹ – ›Du sollst Leben und Gesundheit behalten, o du preiswürdigste Hausfrau! Da du mir's befiehlst, meine Königin, so gehorche ich; ich nehme diese Bedingung an.‹ Wie am klaren Himmel die Sonne schöner erscheint, nachdem die Wolken sich verzogen haben, so lächelte auf Clementias Antlitz eine reizendere Schönheit, nachdem ihr Kummer gestillt war. Ungezwungen und heiter speiste sie mit diesem Bruder, der soeben noch ihr Liebhaber gewesen war. Trotzdem aber bemächtigten sich unzählige Sorgen der jungen Frau, nachdem Padilla nach Italien abmarschiert war. Unaufhörlich seufzte und stöhnte sie. Sie schämte sich ihres Fehltritts, sie schämte sich, dass sie noch am Leben sei; aber sie vergass auch das Versprechen nicht, dass sie dem Jüngling gegeben hatte und unternahm daher nichts gegen sich[290] selbst. Vier Monate darauf empfing sie die Nachricht, er sei in der Schlacht bei Pavia gefallen, wo König Franz gefangen genommen wurde. Da war es mit der Festigkeit der jungen Frau vorbei und sie überliess sich der Verzweiflung; eine Beute ihres ungeheuren Schmerzes, verzehrte sie sich binnen wenigen Monaten. Endlich erlag sie ihrem Kummer und ihr Lebenslicht erlosch. Raimondo fragte sie, warum sie freiwillig aus dem Leben und von einem Gatten scheide, der sie, wie sie wohl wisse, heiss und innig liebe. Es war einen Augenblick bevor sie ihre Seele aushauchte, und sie antwortete ihm: ›Ich bin nicht würdig, einen so trefflichen Gatten zu haben; du aber verdienst eine bessere Gattin zu bekommen. Ich Unglückliche habe gesündigt – gesündigt gegen mich und gegen dich. Aber als Rächerin habe ich das an dir und an mir begangene Unrecht gesühnt. Auch darin bin ich löblich, dass ich, sobald ich mich als deiner Liebe unwert erkannte, mir selber wegen meines Verbrechens das Todesurteil sprach. Habe Mitleid mit mir und verzeihe mir!‹ Kaum hatte sie diese Worte gesprochen, so verschied sie in den Armen ihres Gatten. In ihrem Fehltritt, Octavia, siehst du das Weib, in ihrer Sühne die Heldin.


OCTAVIA: Du scherzest, Tullia, du sprichst nicht im Ernst. Wer wollte so töricht sein und eine Wahnsinnige, die ein blinder Anfall von Verzweiflung fortriss, eine Heldin nennen? Uns alle ohne Ausnahme erwartet der Tod. Nicht ihrem eigenen Willen ist sie gefolgt. Die Schicksalsmächte haben die Willenlose mit sich fortgerissen.


TULLIA: Und doch ist auch der Selbstmord ruhmwürdig. Da ist Cato Zeuge, der Hand an sich selber legte, als er an sich selber und an der Republik verzweifelte. Die Stoiker verehren in Cato die majestätische Verkörperung heroischen Mutes. Als Clementia keine Hoffnung mehr sah, fortan auf der Höhe der Ehre bleiben zu können, wo sie gethront hatte, da siechte sie dahin. Meiner Meinung nach ist sie würdig, von uns anständigen Huren verehrt zu werden – nämlich verehrt zu werden als Verkörperung der unzüchtigen Tugend.


OCTAVIA: Uebrigens hatte sie alles von ihrem Gatten zu befürchten, wenn er hinter ihren Ehebruch gekommen wäre, und diese Furcht gab ihr Mut. Auch ich würde mich dem Tod in die Arme werfen; auch ich würde, um der Schande zu entgehen, meine Seele entweichen lassen.
[291]

TULLIA: Auch ich wollte lieber von meiner eigenen Hand sterben als von der meines Gatten. O, wie unmenschlich sind die Männer! Sie selber erlauben sich alles, und uns versagen sie alles! Als Schande für sich selber – welche Dummheit! – sehen sie es an, uns unsere Verfehlungen zu vergeben – ihre Frauen zu verschonen, die doch sogar ein wilder Löwe verschonen würde! ... Als König Franz von Bourbon und Lannoy nach der Niederlage seines Heeres bei Pavia gefangen genommen wurde, da überströmte Francisca von Foix, die schönste, ja die allerschönste aller Frauen, mit Tränen ihren Busen und erfüllte mit Wehklagen die Lüfte. Ich werde dir, liebe Octavia, die Geschichte erzählen; sie ist interessant und rührend. Mars focht mit dem Fürsten, der Fürst focht mit Frau Venus; als grosser Feldherr kämpfte er mit Mars, als wackerer Soldat mit Venus. Er liebte es sein Haupt mit Lorbeer und Myrte zu umkränzen. Unter den Edelleuten seines Hofes war auch Jean de Chateaubriand, der Spross einer sehr vornehmen Familie der Bretagne und Gatte einer Frau von göttlicher Schönheit. Er kannte die Sitten des Königs und den Charakter der Frauen. Seine Freunde fragten ihn, warum er sie und den ganzen Hof des Anblickes seiner Gemahlin beraubte – wie wenn er sie des Anblicks der Sonne berauben wollte. Die junge Frau, die erst ein einziges Kind gehabt hatte, war kaum zwanzig Jahre alt; aber sie sah noch jünger aus. Jeder der sie sah hätte sie für eine Jungfrau gehalten. Der Ritter erwiderte stets, seine Frau finde keinen Geschmack am Reisen und wolle die Bretagne durchaus nicht verlassen. Er schrieb ihr auf Drängen des Königs, sie solle doch kommen. Alles war vergeblich. Der Schelm tat als sei er auf seine Frau zornig. Eines Abends lässt er beim Schlafengehen, ohne es zu bemerken, die Hälfte eines goldenen Ringes fallen; ein Kammerdiener sieht das Kleinod, hebt es auf und gibt es seinem Herrn zurück. – ›Lieber hätte ich,‹ ruft dieser, ›eine halbe Million verlieren wollen!‹ Der König, ein schlauer Fuchs erriet den Sachverhalt. Der Kammerdiener wurde durch Geld und gute Worte gewonnen, seinem Herrn den halben Ring auf einen Augenblick zu entwenden, und nach diesem Muster Hess man eine völlig gleiche Ringhälfte anfertigen. Die Arbeit war so geschickt gemacht, dass kein Unterschied zu entdecken war und dass der Gatte leicht die falsche Ringhälfte für die rechte halten konnte. Die echte wurde seiner Frau übersandt, die wenige Tage[292] darauf fröhlich in Paris ankam und ihrem Gemahl um den Hals fiel. Er war erstaunt und aufgebracht, dass sie seinen Befehl missachtet habe und ungerufen gekommen sei. Sie ist ebenfalls erstaunt und zeigt ihm den halben Ring, indem sie fragt! ›Verlangst du von mir, dass ich dir eine vollgültigere Erlaubnis vorweise? Du hast mir befohlen, zu dir zu kommen, sobald du mir den halben Ring schicken würdest. Ich bin nicht ohne deine Erlaubnis gekommen; ich habe diesen halben Ring empfangen, der genau zu der von mir aufbewahrten Hälfte passt.‹ Der Ritter begriff, dass man ihm einen Streich gespielt hatte, und verhehlte seinen Kummer, um nicht ausgelacht zu werden. Am nächsten Tage rief die Königin-Mutter, Louise, die junge Frau zu sich; sie begünstigte nämlich stets nach besten Kräften die Liebschaften ihres Sohnes. Sie sprach zu ihr: ›Ihr seid die erste bei Hofe an Geist und Schönheit. Warum hauset ihr versteckt in einem Winkel des Reiches, wundervolles Weib? Dieses Gestirn hat dem Hof gefehlt.‹ Den Rest darf ich dir wohl in ein paar Worten sagen: die junge Frau gefiel dem König über alle Massen, und ebenso sehr gefiel der König ihr; nichts stand dem Glück der Liebenden im Wege. Dem Gott Amor ist alles willfährig, selbst wenn er nicht herrscht und auf dem Throne sitzt; aber selbst die trotzige Jungfrau Minervas ist ihm zu willen, wenn er König ist. Der Gatte Hess sich merken, dass er sich die Geschichte zu Herzen nehme. Er brummte, er drohte. Seine Frau schwebte in tausend Aengsten und war mehr tot als lebendig. Ihr königlicher Liebhaber bemerkte ihren geheimen Schmerz; er Hess sie fortbringen und verbarg sie an einem sicheren Ort. So flössen ihnen in innigem Verein glückliche Tage dahin; aber der blutdürstige Mars beneidete die friedliche Venus um solche Seligkeit. Ein paar Monate darauf erklärte der König, mehr kühn als vorsichtig, den Mailändern den Krieg. Die arme Geliebte fand sich vom Gipfel des Glückes herabgestürzt, als er bei Pavia gefangen genommen und nach Spanien gebracht worden war. Ins tiefste Elend versetzt – wen sollte sie um Rat fragen? – fragte sie ihre Verzweiflung um Rat. Die Eumeniden wollten sie verderben: sie begab sich zu ihrem Gatten. Verwandte hatten sich ins Mittel gelegt, um eine Versöhnung herbeizuführen. Aber kein Franzose, nein ein Szythe war der Mann, der das blasse, tränenüberströmte Weib in sein Haus aufnahm. Und er nahm sie nicht einmal in Gnaden auf. Er behandelte sie nicht wie[293] seine Gattin, sondern wie eine Hexe und Giftmischerin. Mit ihrem Kinde und einer Magd sperrte er sie in ein Schlafzimmer ein: jeder Verkehr mit andern Menschen war der Unglücklichen abgeschnitten. Seine Tochter schied in zartem Kindesalter aus diesem Leben und nahm durch ihren Tod jeden Rest von Menschlichkeit mit, der etwa noch in der Brust des Mordgesellen gewesen war. Noch waren keine zehn Tage seit dem Tode des Kindes verflossen, da drang er, wütend vor Zorn, in ihr Zimmer ein und brüllte: ›Du weisst, Ehebrecherin, welche unverdienten Brandmale du mir aufgedrückt hast! Durch deinen Fehltritt hast du dich selber zum Tode verurteilt. Fürwahr, das Leben muss dir zur Last sein – denn seitdem du die Ehre verloren hast, bist du in Wirklichkeit nicht mehr am Leben. Denn für ehrenhafte Menschen ist die Ehre das wahre Leben. Du musst sterben. Alles ist zu deiner Hinrichtung fertig. Bist du bereit? Habe wenigstens den Mut, durch einen edlen Tod dieses Leben wieder zu Ehren zu bringen, dass du mit Schmach besudelt hast. Glaube nicht, mich durch Bitten rühren zu können. Eher würdest du den Acheron rühren.‹ – Zwei Trabanten und ein Henker von einem Arzt leisteten dem Schurken Beistand. Die junge Frau wird trotz ihres Schreiens aus dem Bett gerissen; vergebens fleht sie Götter und Men schen um Hilfe und Beistand an: an Armen und Beinen werden ihr die Adern geöffnet und sie stirbt eines grausamen Todes. So ging sie zugrunde, die eines besseren Geschickes oder eines besseren Gatten würdig gewesen wäre. Und diese erbärmlichen Henkersknechte rühmen sich noch einer Handlung, die bei Bären und Leoparden – wenn diese Bestien einer solchen überhaupt fähig wären – für eine Sünde gegen die Natur, die Mutter aller Menschen und Tiere, gelten würde. Nach meiner Meinung wäre es für dieses adelige junge Weib eine hinreichende Strafe gewesen, wenn sie gewusst hätte, dass sie den Tod verdient, dass ihr Gatte die Macht hatte, das Urteil an ihr zu vollziehen. – –

Aber während wir plaudern und schwatzen, liebe Octavia, geht der Tag zur Rüste. Wenn du morgen Zeit hast, wollen wir uns mehr erzählen. Lebe wohl, mein Herz, und liebe mich, wenn du willst, dass ich glücklich sei.


OCTAVIA: Niemals hat der gütige Amor bei Nacht mir grössere Wollust bereitet, als du, liebe Tullia, mir am heutigen Tage mit deinen Geschichtchen verschafft hast! Bei der vertrockneten Muschel[294] der Minerva! Lieber wollte ich einen ganzen Tag in solchem Geplauder mit dir verbringen, als eine ganze Nacht hindurch mich von Amor selber reiten lassen. Lebe wohl, Base!


TULLIA: Holdes Kind, leb wohl! Wenn es dir nicht wohl ginge, das wäre mein Tod. Lebe wohl!


OCTAVIA: Lass auch du dir's gut gehen, meine Kotytho! Wärest du nicht eine so geistreiche Frau, so wäre ich eine dumme Gans geblieben. Meine Eltern gaben mir das Leben; aber den Geist habe ich von dir empfangen. Ohne Geist aber ist eine Frau nichts weiter als Kot.


TULLIA: Wenn eine Frau nicht durch eine mutige Anstrengung ihrer Seele sich über ihre Niedrigkeit emporhebt – was gibt es denn [ich frage dich, Octavia!], was gibt es denn gemeineres, elenderes, schmutzigeres als das Weib? Sie ist ein lebendiger Nachttopf, in den der Mann, der sie beschläft, seine Blase entleert. Genug! Pfui des Schmutzes! Pfui der Schande! Und nun: leb wohl und gib mir einen Kuss!


Fußnoten

1 Fescennini versus: ›ursprünglich Gesänge festlicher Art und bei festlichen Gelegenheiten, die einen heiteren und fröhlichen Charakter an sich trugen aber nicht ohne derben Witz waren, später neckende Hohn- und Spottlieder voll zweideutiger und oft unsittlicher Gedanken, die die freude- und weintrunkene Jugend in Wechselversen, die an kein bestimmtes Metrum gebunden waren, bei Erntefesten, Hochzeiten und dergl. gegen einander ausstiess. – Der Name stammt von der etruskischen Stadt Fescennia, wo diese Dichtgattung zuerst aufkam.‹ Ueber dieses Siebente Gespräch und besonders die Verlegung des Schauplatzes nach Spanien vergl. das in der Einleitung gesagte.


2 Horaz, Satiren. I. 2. 93.


3 Pietro Aretino.


4 Cicero, epist. 9. 22.4. Lanuvium war eine Stadt der Latiner, Cliternum eine Stadt der Aequer.


Quelle:
Meursius: Gespräche der Aloisia Sigaea. Leipzig 1903.
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