33. Die Zwerge im Erbsenfelde.

[98] Mündlich in Weibeck.


Ein Bauer hatte ein Feld Erbsen, das wurde ihm jede Nacht bestohlen und zertreten; er mochte Wache stellen, so viel er wollte, alles war vergebens. Eines Tages klagte er dieß seinem Nachbar, und der erwiderte: »Das thun gewis die Zwerge! Mach einmal ein langes Seil und zieh es rings um das Erbsenfeld, dann knalle plötzlich mit der Peitsche und klappere und lärme; so eilen sie fort, und dabei fällt gewis dem einen und dem andern die Nebelkappe ab; dann kannst du sie sehen.« Der Bauer that noch desselbigen Tages, wie der Nachbar gerathen hatte; und als er des Nachts mit seinen Leuten knallte und klapperte und lärmte, da stürzten die Zwerge Hals über Kopf aus dem Erbsenfelde, und bei der Gelegenheit verloren mehrere von ihnen die Kappe vom Kopf und wurden gefangen genommen. Sie bettelten und flehten, der Bauer möge sie doch loslaßen, er aber wollte nicht hören; da versprachen sie ihm endlich ein ganzes Fuder Gold, er müße aber vor Sonnenaufgang kommen und es holen. Der Vorschlag gefiel dem Bauern, und er ließ sie los bis auf einen, welchen er fragte: »Wann geht denn eigentlich bei euch die Sonne auf?« Der Zwerg wollte erst nicht Rede stehen; da er aber nicht anders fort sollte, so antwortete er endlich: »Um zwölf.« Der Bauer ließ ihn los und sagte: »Danke schön! werde mich zur rechten Zeit einfinden!« redete indes in den Wind; denn auch der letzte Zwerg war gleich den übrigen verschwunden wie der Blitz. Nun eilte der Bauer mit den Knechten nach Haus und fuhr mit einem vierspännigen Wagen hin nach dem Felsen, wo die Zwerge hausten. Als er draußen anhielt, hörte er, wie sie drinnen spielten und dabei sangen:


»Dat is gut,

Dat is gut,[99]

Dat dat Büerken dat nich weit,

Dat de Sunne üm twölwe upgeit!«


Der Bauer lachte, daß er's doch wußte, und pochte an. Sie öffneten, und als er sich nun dennoch zu rechter Zeit gemeldet hatte, zeigten sie ihm ein abgeschundenes Pferd; das solle er aufladen und mitnehmen. Ärgerlich darüber, daß sie ihn angeführt hätten, fluchte er und wollte es liegen laßen; doch besann er sich und dachte:


»Wat mehr is as ne Lus,

Dat nümmt man midde na Hus!


sollst wenigstens ein Stück abhauen und deinen Hunden geben!« Er that es; als er aber zu Hause ankam und die Hunde füttern wollte, da hatte er einen großen Goldklumpen auf dem Wagen. Schnell fuhr er wieder hin, um das andere auch zu holen; doch alles war verschwunden, Höhle und Pferd, und er mußte leer nach Haus zurück, hatte indes immerhin so viel Gold, als er mit seinen Kindern und Kindeskindern nur gebrauchen wollte.

Quelle:
Carl und Theodor Colshorn: Märchen und Sagen, Hannover 1854, S. 98-100.
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