89. Der Schmied und der Teufel.

[247] Mündlich in Donnern.


Ist einmal ein Schmied gewesen, hat Ochsenberg geheißen, der hat sich auf einer Stelle nähren wollen, die sehr verschuldet gewesen, und hat deshalb kein Brod halten können. Einst geht er ins Holz und sorgt und seufzt; da kommt der leibhaftige Teufel zu ihm und fragt: »Warum bist du so betrübt?« Der Schmied antwortet: »Kann man denn lachen, wenn der Magen schreiet wie ein leerer Mühlstein, und man arm ist wie eine Kirchenmaus?« »Hoho, armer Schelm, schaut's da hinaus?« lacht der Teufel; »da, unterschreib den Wisch, und du sollst mehr Geld haben als Dreck.« Der Schmied willigt ein, der Teufel läßt ihn zur Ader, der Schmied unterschreibt den Wisch mit Blut, der Teufel giebt ihm Geld die schwere Menge und bekommt dafür nach drei Jahren nichts als eine arme Seele. Der Teufel lacht und fährt in die Hölle; der Schmied lacht und geht in die Schmiede. Und bald wird's lebendig in der Schmiede: Eisen und Stahl kommen fuderweise, und der Meister hämmert mit seinen Gesellen, daß die Funken auf den Schmiedeberg fahren.

Eines guten Tages kommt Petrus vor die Werkstatt und bittet den Schmied, er möge ihm den Schimmel des Herrn beschlagen; er solle drei Wünsche darauf frei haben. Der Schmied beschlägt das Thier und spricht: »Ich habe einen Nagelbeutel, aus dem die Jungen mir immer die Nägel stehlen; soll ich mir was wünschen, so wünsche ich, daß ein jeder, der nun wieder hinein greift, so lange fest sitzt, bis ich sage, er soll frei sein. Sodann habe ich einen Lehnstuhl hinterm Ofen, in den setzen sich immer die Bauern, wenn sie etwas machen laßen, und sind nicht wieder hoch zu kriegen, so gern ich auch selber dort säße; soll ich mir noch was wünschen, so wünsche ich, daß ein jeder, der sich wieder hinein setzt, so lange sitzen bleibt, bis ich sage,[248] er soll aufstehen. Endlich ist mir mein großer Apfelbaum dort seit drei Jahren regelmäßig bestohlen; soll ich mir zum dritten was wünschen, so wünsche ich, daß jeder, der nun wieder hinauf steigt, so lange da oben sitzen bleibt, bis ich sage, er soll herab kommen.« Petrus macht ein unwirsch Gesicht und spricht: »Solche Schnurrpfeifereien wünschest du dir und vergißest die ewige Seligkeit?« »Nun«, meint der Schmied, »die bekommt man wohl doch noch.« Petrus reitet zornig von dannen, und der Schmied geht fröhlich in seine Werkstatt.

Im Umsehen sind die drei Jahre verstrichen; der Schmied hat sich wenig Sorge darum gemacht, hat rechtschaffen gearbeitet und rechtschaffen gelebt und sich den Teufel was um den Teufel gekümmert. Da am bedungenen Tage schickt der Teufel den jüngsten Gesellen, der soll ihn holen. Der Schmied beschlägt gerade ein Pferd und sagt zu dem jungen Teufel: »Das Eisen wird man doch wohl erst anschlagen können! Lange mir doch einmal einen Hufnagel aus dem Beutel; er soll ins letzte Loch.« Der Teufel greift hinein und sitzt fest. »Kommst du denn nicht wieder?« fragt der Schmied. »Ach«, ruft der junge Teufel, »ich sitze fest!« »Sitzest du fest, so sitze fest!« sagt der Schmied, geht in die Stube und verzehrt sein Frühstück. Der Teufel draußen heult, der Meister drinnen singt sammt den Gesellen, und als sie wieder in die Werkstatt kommen, arbeiten sie munter darauf los, ohne sich um den Teufel zu kümmern. Dieser aber heult und winselt und bittet um seine Freilaßung, er wolle auch den Schmied gar nicht. Der Schmied läßt ihn drei Tage stehen, zählt ihm drei über mit einer Eisenstange und spricht: »So, nun mach, daß du fortkommst!« Und fort ist des Teufels jüngster Gesell.

Nach einer Stunde schickt der Teufel den zweiten Gesellen, daß er den Schmied hole. Dieser ißt gerade zu Mittag und spricht: »Setz dich ein bißchen hintern Ofen in den Lehnstuhl, wenigstens so lange, bis ich gegeßen habe. Es schmeckt mir wohl so bald nicht wieder.« Der Teufel grinst, und der Schmied grinst auch; jener nimmt behaglich Platz, dieser speist behaglich weiter, und als er fertig ist, sagt er: »So, nun kann die Reise losgehen!«[249] Der Teufel will auf ihn zu, kann aber nicht aus dem Stuhle und brüllt einen Fluch, der ist so lang wie Jakobstag; der Schmied geht in die Werkstatt und arbeitet munter darauf los mit den Gesellen, ohne sich um den Teufel zu kümmern. Dieser, so oft er den Schmied sieht, bittet um seine Freilaßung und heult und winselt, er wolle auch den Schmied gar nicht. Der Schmied läßt ihn drei Tage sitzen, zählt ihm zweimal drei mit der Eisenstange über und spricht: »So, nun mach, daß du fortkommst!« Und fort ist des Teufels zweiter Gesell.

Nach einer halben Stunde schickt der Teufel den ältesten Gesellen, daß er den Schmied hole. »Aller guten Dinge müßen drei sein«, meint der Schmied, »so muß ich denn nun wohl mit! Ein paar Äpfel kann man ja aber wohl mithaben; die laßen sich dort unten so niedlich braten! Du kannst gewis gut klettern; holtest du mir nicht ein paar aus dem großen Apfelbaume? Bring vier, wenn du nicht gern drei bringst.« Der Teufel klettert hinan wie eine Katze; herunter hat's lange Zeit. »Kommst du nicht bald wieder?« spottet der Schmied. »Ich kann ja nicht hinab!« brüllt der Teufel. »Nun, so bleib oben und singe uns eins!« erwidert der Schmied, läßt ihn drei Tage sitzen und sagt: »Willst du mich noch?« »Nein!« brüllt der Teufel, »laß mich nur frei!« Der Schmied setzt eine Leiter an, zählt ihm dreimal drei mit der Eisenstange über, indem er spricht: »Aller guten Dinge müßen dreimal drei sein!« und als er fertig ist: »So, nun mach, daß du fortkommst!« Und fort ist des Teufels ältester Gesell.

Da steht der Teufel selber vor ihm, hält ihm den Schuldbrief unter die Nase und spricht: »Kennst du diesen? Nun fort!« »Nimm's nicht übel, daß ich nicht schon gekommen bin«, erwidert der Schmied; »warum schickst du aber so dumme Teufel! Dumm bist du nun nicht; aber viel Kunststücke kannst du gerade auch nicht!« »Nicht?« schreit der Teufel, »alles kann ich! Was willst du sehen?« »Mach dich einmal in eine Maus«, antwortet der Schmied; und der Teufel ist weg, und eine Maus läuft durch die Schmiede. Die erwischt der Schmied beim Schwanz, und fort in den Nagelbeutel, und den Nagelbeutel auf den Amboß[250] und: »Nun gehämmert, Gesellen!« und nun gehämmert, hast du nicht so kannst du nicht! Drinnen piept es, und draußen pfeift es. »Laß mich los!« wimmert der Teufel mit feiner Mausestimme. »Gieb mir den Schuldbrief!« lacht der Schmied und hämmert lustig darauf los. »Laß mich aus, so sollst du ihn haben!« winselt der Teufel. »Erst will ich ihn haben!« lacht der Schmied und hämmert lustig darauf los. »So schneide ein Loch in den Beutel!« winselt der Teufel. Der Schmied ritsch! ratsch! einen Kreuzschnitt in den Beutel, die Schuldverschreibung fliegt heraus, aber der Teufel kann nicht. Da öffnet der Schmied den Beutel und: »So, nun mach, daß du fortkommst!« Und fort ist auch der Teufel.

Viele, viele Jahre nachher, der Schmied hat immer rechtschaffen gearbeitet und rechtschaffen gelebt, geht er in den Garten und sieht, daß der große Apfelbaum über Nacht dürr geworden ist; und auch ihn durchläuft's so heiß und kalt. Und da er merkt, daß es aus ist mit ihm, steckt er den Nagelbeutel zu sich, setzt sich in den Lehnstuhl und stirbt. Als er eine Strecke gegangen ist, theilt sich der Weg. »Den schmalen da geh' ich nicht«, denkt der Schmied, »dieser geht sich beßer.« Und er kommt an die Hölle und klopft an. »Wer ist davor?« schreit es drinnen. »Der Nagelbeutel mit dem Schmied!« ruft es draußen. Als sie das in der Hölle hören, machen sie ihm nicht auf. Er klopft immerzu; aber aufgethan wird ihm nicht. So geht er den breiten Weg zurück und steigt den schmalen hinan. Als er am Himmel angeklopft hat, ruft Sankt Peter: »Wer ist davor?« »Der Schmied mit dem Nagelbeutel!« antwortet der Schmied. »Du hast hier nichts verloren«, antwortet Sankt Peter, »geh von hinnen.« Liebster Petrus', bittet der Schmied, »so melde mich doch wenigstens dem Herrn. Ich habe ihm mehr gethan, als einen Trunk Waßer gereicht, ich habe seinen Schimmel beschlagen; er wird mich nicht zurückstoßen!« »Warum hast du dir nicht die ewige Seligkeit gewünscht!« brummt Sankt Peter; »geh zur Höllen!« »Da will man mich auch nicht!« antwortet der Schmied; »öffne doch wenigstens einmal die Thür, damit ich weiß, wo ihr stehet, wenn[251] ihr drinnen singt!« Sankt Peter dreht mürrisch den Schlüßel, öffnet ein klein wenig, und hinein fliegt der Nagelbeutel. »Bist du von Sinnen?« ruft Sankt Peter, »was soll der schmutzige Beutel hier im Himmel! Gleich hole ihn wieder!« Der Schmied schlüpft rasch hinein und setzt sich auf den Nagelbeutel; und wenn er nicht wieder aufgestanden ist, so sitzt er da noch heute.

Quelle:
Carl und Theodor Colshorn: Märchen und Sagen, Hannover 1854, S. 247-252.
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