Zweiter Auftritt

[13] Nureddin allein.


NUREDDIN fährt vom Lager empor, erhebt sich und tritt in den Vordergrund.

So leb' ich noch?

So hat noch nicht

Der Liebe Feuer mich zerstört?

Margiana, der mein Herz gehört,

Margiana, meiner Seele Licht,

Muß ich vergehn in meiner Pein?

Kein Arzt kann Hilfe mir verleihn,

Umsonst erprobt ward alle Kunst;

Mich rettet einzig Liebesgunst.


Bostana kennet meinen Schmerz;

Sie sprach: »Noch blüht vielleicht dein Glück!

Erforschen will ich bald ihr Herz,

Und Kunde bring' ich dir zurück.«


Erscheinen will sie heute hier.

Tod oder Leben bringt sie mir.


Vor deinem Fenster die Blumen

Versengte der Sonne Strahl,

Du tränktest aus goldener Schale

Die Schmachtenden allzumal.

Doch als du die Blumen tränktest,

Ergriff mich heißglühende Pein,

Für die keinen Tau du mir schenktest

Der tauenden Lippen dein.

Nun prangen die Blumen und blühen,

Doch hoffnungslos muß ich erglühen,

Verwelken stumm und allein.


Und ist denn mein Herz keine Blume,

Und schmachtet es nicht nach dir?
[13]

O hege die Blume am Herzen,

Sie sei deine schönste Zier.

Von deinen Blicken getroffen

Im Innersten liebeswund –

Genesung kann es nur hoffen

Durch Labe von deinem Mund.

O laß es nicht welkend verderben,

O laß es nicht sinken und sterben,

O mache mein Herz gesund!


Er geht zum Tisch, setzt sich nieder und stützt den Kopf in die Hand, bis Bostana ihn anredet.

Bostana tritt durch die Seitentür links ein, alt aussehend und in etwas groteskem Kostüm.


Quelle:
Peter Cornelius: Der Barbier von Bagdad. Stuttgart [o. J.], S. 13-14.
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