Sechster Auftritt

[21] Nureddin. Abul. Nureddins Diener.


CHOR DER DIENER.

Hinaus! Hinaus! Hinaus!

Aus Hof und Haus!

Du Schelm, du Wicht,

Du Galgengesicht!

Du Narr, du Schwätzer,

Du Messerwetzer,

Du Beckenträger,

Du Haarabsäger!

Hinaus! Hinaus! Hinaus!

Aus Hof und Haus.

Du Hungerleider!

Du Pflasterschneider![21]

Du Pulverreiber!

Du Giftverschreiber!

Hinaus! Hinaus! Hinaus!

Aus Hof und Haus!

Du Haarseilwinder,

Du Leuteschinder,

Du Gurgelschwenker,

Du Armverrenker!

Hinaus! Hinaus!

Du Salbenwischer,

Du Pillenmischer,

Du Wundenstecher,

Du Beinzerbrecher!

Hinaus! Hinaus! Hinaus!

Du Pulsbefasser,

Du Aderlasser,

Lanzettenritter

Und Leichenbitter!

Hinaus! Hinaus! Hinaus!

Du Zähneauszwacker,

Du Placker, du Racker,

Du Sternbegucker,

Du Schlucker, du Mucker!

Hinaus! Hinaus!

Aus Hof und Haus!

Hinaus! Hinaus!


Während des Nachspiels drängen die Diener den Barbier in den Hintergrund bis an die Tür, dort macht er sich aber los, eilt in den Vordergrund, zieht ein Barbiermesser hervor und schwingt es drohend.


ABUL.

Wehe! Wehe! Wehe!

Wie bin ich empört,

Zertreten, zerstört,

Beschimpft unerhört!

CHOR DER DIENER.

Hast du nicht gehört?!

ABUL.

Verwünscht! Verrucht!

Verdammt! Verflucht!

Hab' ich dich gesucht?

CHOR DER DIENER.

Ergreife die Flucht![22]

ABUL.

Du wolltest mich schier,

Du sandtest nach mir,

So bin ich nun hier!

CHOR DER DIENER.

Was willst du noch hier?

ABUL.

Du aber vernimm

Des Gütigen Stimm'.

Nicht reize den Grimm

Des Abul Hassan Ali Ebn Bekar!

CHOR DER DIENER.

Nun geht es dir schlimm!

ABUL.

Auf Muselmanns Wort.

Nicht wehren den Ort

Die Elenden dort!

CHOR DER DIENER.

Nun packe dich fort!

ABUL.

Und zittert die Welt

Und wankt und fällt

Und bricht und zerschellt –

CHOR DER DIENER.

Nun räume das Feld!

ABUL.

Du hast keine Wahl,

Es glättet mein Stahl

Den Kopf dir kahl!

CHOR DER DIENER.

Hinaus aus dem Saal!

ABUL.

Drum Ali, Sadi, Abbas, Achmet,

Zofar, Omar, Dschafar, Jezid,

Salem, Hussein, Mustein, Kajem,

Riza, Jusuff, Motawackel!

Packt euch hinaus!


Nureddin gibt den Dienern einen Wink, sich zu entfernen Sobald Abul sieht, daß er gewonnenes Spiel hat, behandelt er die Diener als Sieger und trägt mehreres zu ihrer Hinausbeförderung bei. Besonders läßt er Motawackel seinen Zorn fühlen.


Quelle:
Peter Cornelius: Der Barbier von Bagdad. Stuttgart [o. J.], S. 21-23.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Der Barbier von Bagdad
Der Barbier von Bagdad: Original
Der Barbier von Bagdad: Ouvertüre zur Oper. Orchester. Studienpartitur. (Eulenburg Studienpartituren)

Buchempfehlung

Diderot, Denis

Die Nonne. Sittenroman aus dem 18. Jahrhundert

Die Nonne. Sittenroman aus dem 18. Jahrhundert

Im Jahre 1758 kämpft die Nonne Marguerite Delamarre in einem aufsehenerregenden Prozeß um die Aufhebung ihres Gelübdes. Diderot und sein Freund Friedrich Melchior Grimm sind von dem Vorgang fasziniert und fingieren einen Brief der vermeintlich geflohenen Nonne an ihren gemeinsamen Freund, den Marquis de Croismare, in dem sie ihn um Hilfe bittet. Aus dem makaberen Scherz entsteht 1760 Diderots Roman "La religieuse", den er zu Lebzeiten allerdings nicht veröffentlicht. Erst nach einer 1792 anonym erschienenen Übersetzung ins Deutsche erscheint 1796 der Text im französischen Original, zwölf Jahre nach Diderots Tod. Die zeitgenössische Rezeption war erwartungsgemäß turbulent. Noch in Meyers Konversations-Lexikon von 1906 wird der "Naturalismus" des Romans als "empörend" empfunden. Die Aufführung der weitgehend werkgetreuen Verfilmung von 1966 wurde zunächst verboten.

106 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon