Siegeslied der Deutschen beim Einzug in Mailand unter Barbarossa

[322] Nun lasset die Posaunen tönen, nun breitet froh die Fahnen aus,

Laßt durch Lombardenlüfte dröhnen des deutschen Sieges Jubelbraus:

Denn unser Kaiser Barbarossa, der Held, tat einen großen Schlag: –

Seit jener Nacht in Schloß Kanossa ist dies der erste deutsche Tag.


Das Lied soll durch die Alpen klingen bis Deutschland wie ein Lustorkan

Und drohend an das Ohr soll's dringen dem Bischof dort im Lateran.

Nun auf, des welschen Lorbeers Reiser frohlockend schlingt um Helm und Speer

Und jauchzend folgt dem großen Kaiser im Schritte des Triumphs das Heer.


Das Schwert gezückt, die Faust zur Seite, durch Staub und Blut, durch Schutt und Stein,

Stolz, in des Hasses Prachtgeleite, so reiten wir in Mailand ein.

Zu lange ließ't den Herrn du pochen am Tor, du Stadt voll Widerstand:

Da hat in Trümmer dich zerbrochen die zorn'ge, kaiserliche Hand.
[322]

War dir dein Bündnis nun zum Frommen mit hundert Städten stark und treu?

Wie Sturmwind ist der Kaiser kommen und auseinander stob die Spreu!

Was half's nun, daß der Papst uns bannte? Sein Bannstrahl machte uns nicht schlaff:

Der Sturmbock, der dein Tor berannte, traf besser als der grimme Pfaff.


All' deine Besten sind gefallen und deiner Frauen Schöne weint,

Durch die gebroch'nen Säulenhallen mit Siegesliedern zieht dein Feind:

Nun ist dein großer Trotz zerschlagen, nun ist dir alle Kraft geraubt,

Das Joch der Knechtschaft mußt du tragen, im Staube liegt dein stolzes Haupt.


Gebrochen sind die festen Mauern und Turm und Schanzen abgedeckt,

Des Kaisers Feinde sei'n mit Schauern von deinem Anblick eingeschreckt:

Denn laut und herrlich warst du weiland, nun aber bist du totenstill: –

Darum gedenken soll an Mailand, wer Barbarossa trotzen will!

Quelle:
Felix Dahn: Gesammelte Werke. Band 5: Gedichte und Balladen, Leipzig 1912, S. 322-323.
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