Das Herz wird zur Flöte

[238] Goldgelbe Schlüsselblumen und rosa Waldwicken

Kommen ins Zimmer mit ländlichen Blicken.

Veilchen und samtne Osterblumen mit silbrigem Schimmer

Bringen die Luft vom Berg, wo Gräser nicken,

Und alle rufen: »Frühling bleibt es jetzt immer.«

Hörst keine Uhr und keinen Holzwurm mehr ticken,

Alle Tage unsterblichen Atem dir schicken.

Das Herz wird zur Flöte; drauf spielt jede Stund'

Deiner Liebsten wollüstiger Mund.


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Max Dauthendey: Gesammelte Werke in 6 Bänden, Band 4: Lyrik und kleinere Versdichtungen, München 1925, S. 238-239.
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