Das ewig ungeduldige Herz ist längst vor jeder Blüte wach

[231] Noch ist kein Blatt am Baum,

Noch keine weiße Blüte hingestellt,

Kein Halm sein Spiel im Wind noch hat.

Gelb, wie ein irdener Krug, liegt jeder Acker in dem Raum.


Die Lerche aber steigt und fällt,

Ein kleiner Fink im Schlehdorn geigt,

Und eine Amsel in dem finstern kahlen Baum

Aufschluchzend Zwiesprach mit der Leere hält.

Das ewig ungeduldige Herz ist längst vor jeder Blüte wach,


Erzählt und ruft den Abendnebeln nach,

Und seine Sehnsucht laut der Liebe Nest aus nichts aufbaut.

Quelle:
Max Dauthendey: Gesammelte Werke in 6 Bänden, Band 4: Lyrik und kleinere Versdichtungen, München 1925, S. 231.
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