Kaum hat sich die Abendsonne über den Fluß verloren

[269] Kaum hat sich die Abendsonne über den Fluß verloren,

Rufen die Schwalben hell in alle Fenster, alle Ohren,

Als jagen sie die Sorgen fort, die letzen Tagesgespenster.


Frei überm Häuserrauch, übern verbrannten rötlichen Himmel,

Tummelt sich leidenschaftlich der Schwalben pfeifend Gewimmel,

Wie ein Gedankengefecht die äußersten Höhen durchschweifend.


Dann erst zieht verklärt ein die glänzende Abendstille,

Wie des fortziehenden Tages letzter aufleuchtender Wille,

Damit die Mädchen unter den Türen das Nahen des Geliebten spüren.


Quelle:
Max Dauthendey: Gesammelte Werke in 6 Bänden, Band 4: Lyrik und kleinere Versdichtungen, München 1925, S. 269.
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