Siebenundzwanzigstes Kapitel.

[370] Ich fühle, daß ich meinen Zustand in dieser Zeit kaum zu schildern vermag. Ich muß Sie schon bitten, sich selbst ein wenig in ihn hinein zu versetzen. Und Sie werden es verstehen, wenn ich Ihnen sage, daß ich an nichts mehr dachte als an den Tod. Denn da ich keine Fürsprecher auf dieser Welt mehr hatte, konnte ich füglich gar nichts anderes erwarten, als meinen Namen auf der nächsten Liste der Hinzurichtenden zu finden; und zwar sollten, wie ich alsbald hörte, am folgenden Freitag außer mir noch fünf andere vom Leben zum Tode gebracht werden.

Meine Pflegerin bat mittlerweile ihren Geistlichen, mich zu besuchen und mir Fassung zuzusprechen. Er kam denn auch und ermahnte mich inständigst, all meine Sünden zu bereuen und meine Seele nicht länger dem Verderben auszusetzen. Ich solle meine Gedanken nicht mehr auf das Leben richten, er wisse, von diesem habe ich nichts mehr zu erwarten, sondern unverwandt zu Gott aufblicken und im[371] Namen des Herrn und Heilandes um Vergebung flehen. Er führte auch viele Stellen der heiligen Schrift an, die den größten Sünder zur Reue, zur Hoffnung und zur Besserung ermutigten. Dann kniete er nieder und betete mit mir.

Und nun fühlte ich zum ersten Male etwas wie wahre Reue; ich blickte mit Abscheu auf mein vergangenes Leben zurück; und da ich schon fast ein Stück Jenseits war, so sahen sich die Dinge dieses Lebens, wie wohl immer in solchen Fällen, ganz anders an. Glück, Freude, Schmerz schienen mir nun etwas ganz, ganz anderes zu sein, als was ich bis jetzt in ihnen gesehen, und ich dachte nun an Dinge, die so unendlich wertvoller waren, als alles, was ich im Leben gekannt, daß es mir plötzlich ganz unbegreiflich vorkam, auch auf die größten Güter dieser Erde nur das geringste Gewicht gelegt zu haben.

Das Wort Ewigkeit stand plötzlich in all seiner unfaßbaren Bedeutung vor mir und erfüllte mich mit Empfindungen, die ich in Worten nicht ausdrücken kann. Wie töricht kam mir nun jeder Genuß vor! Das, was ich früher Genuß genannt! Jetzt, da ich mir sagen mußte, daß ich mein ewiges Heil dafür verscherzt hatte.

Mit diesen Betrachtungen stellten sich furchtbare Gewissensbisse ein. Ich erbebte bei dem Gedanken, in der Ewigkeit, an deren Toren ich nun stand, die Vergeltung für mein verworfenes Leben in Empfang nehmen zu müssen, eine Vergeltung, die auch ewig war!

Ich bin nicht die geeignete Person, anderen geistliche Vorlesungen zu halten, doch ich erzähle diese Dinge ja auch nur, wie ich sie selbst empfand; das heißt, soweit ich dazu fähig bin; denn ich weiß, ich bleibe tausendmal hinter dem furchtbaren Eindruck zurück, den sie auf meine Seele machten. Man kann solche Gefühle überhaupt nicht in Worte bringen, und wenn man die Sprache auch vielmal besser handhabte, als ich. Jedem verständigen Leser jedoch werden meine kärglichen Andeutungen Grund[372] genug zum Nachdenken geben, und jeder wird dann und wann diese Gefühle ein wenig teilen, und klarer begreifen, was die Dinge des Diesseits wert sind.

Doch will ich zu meiner Geschichte zurückkehren.

Der Priester drang in mich, ihm doch, soweit ich es für angemessen halte, zu sagen, wie meine Aussichten auf das Jenseits ständen. Er komme nicht als Gefängnisgeistlicher, dessen Aufgabe es sei, die Gefangenen zum Geständnis zu bewegen und zu veranlassen, ihre Mitschuldigen anzugeben. Er wolle mich nur soweit zum reden bringen, als nötig sei, um mein Gemüt zu entlasten, damit er mir Trost zusprechen könne. Was ich auch immer ihm anvertraue, es solle in seiner Brust begraben liegen und Geheimnis bleiben, als sei es nur Gott und mir selbst bekannt.

Diese liebevolle Zusage entriegelte endlich mein Herz, er rührte mich bis ins Innerste, und ich gestand ihm all die Verworfenheiten meines Daseins. Ich erzählte ihm kurz meine ganze Geschichte und gab ihm ein Bild der letzten fünfzig Jahre meines Lebens.

Nichts blieb ihm verborgen, und er hörte mich still und mit liebevollem Verständnis für alles Menschliche an und ermahnte mich zum Schluß nur doppelt herzlich zu wahrer Reue. Dann pries er mir das unendliche Erbarmen Gottes und sagte, daß im Himmel mehr Freude herrsche über einen bußfertigen Sünder als über neunundneunzig Gerechte. Er redete solange, bis meine Verzweiflung ganz dahingeschmolzen, und ich nicht mehr zweifeln konnte, daß auch mir noch Gnade werden könne. So verließ er mich an diesem ersten Abend.

Am folgenden Morgen besuchte er mich wieder und sprach wieder von der Güte Gottes, die ein jeder erfahren könne, der nur von Herzen begierig sei, sie zu erbitten, und von seiner Gnade, die jedem werde, der die Dinge, die ihm seinen Zorn zugezogen, von Herzen fasse. Ich kann nicht alles, was dieser vorzügliche Mann redete, auch nur andeuten, sondern muß mich darauf beschränken, zu sagen, daß er meinem[373] Herzen das Leben wiedergab und mich in einen Zustand brachte, dem sich nichts in meinem früheren Leben vergleichen läßt. Scham und Schmerz über die Vergangenheit erfüllte mich, und doch empfand ich zu gleicher Zeit eine innere, geheime und warme Freude bei dem Gedanken, daß ich wahre Reue verspürte und auch mir der Trost aller Reumütigen, Verzeihung, werden sollte; und so schnell liefen meine Gedanken und so lebhaft war der Eindruck, den sie auf mich machten, daß ich glaube, ich wäre in jenen Augenblicken gefaßt und heiter zur Hinrichtung geschritten, um meine reuige Seele ganz der unendlichen Erbarmung anheimzugeben.

Als der gute Geistliche sah, welchen Einfluß seine frommen Reden auf mich hatten, wurde er so gerührt, daß er laut den Herrn pries, der ihn zu mir gesandt, und beschloß, bis zum letzten Augenblick nicht mehr von meiner Seite zu weichen.

Nach der Urteilsverkündigung vergingen nicht weniger als zwölf Tage, ehe die Hinrichtung anberaumt wurde, und als die Namen der Todeskandidaten bekannt gemacht wurden, war also der meinige wirklich darunter. Es traf mich wieder ein fürchterlicher Schlag, trotz aller neuen Entschlüsse. Ich wurde zweimal hintereinander ohnmächtig, doch sprach ich kein Wort. Der gute Priester geriet in tiefe Betrübnis und bemühte sich wieder von ganzer Seele, mich mit seinem Zuspruch zu trösten. Er wandte die gleiche ergreifende Beredsamkeit von früher auf, und blieb so lange bei mir, als es der Gefängnisschließer nur gestattete, solange er bleiben konnte, ohne für die Nacht mit mir eingeschlossen zu werden, was er nicht wollte.

Ich wunderte mich sehr, daß ich ihn den folgenden Morgen nicht sah, ganz besonders, da es der letzte vor der Hinrichtung war. Da mir nun jeder Trost von außen fehlte, sank ich fast zusammen und wartete mit entsetzlich qualvoller Ungeduld, bis er nachmittags um vier Uhr endlich erschien. Er trat schnell in mein Zimmer ein; ich hatte es nämlich durch viel Geld erreicht – ohne dieses ist in New-gate[374] überhaupt nichts zu erreichen –, daß ich ein eigenes kleines, wenn auch schmutziges Gemach hatte und nicht in dem verfluchten Loche mit den anderen Delinquenten die Vollstreckung des Urteils abwarten mußte.

Mein Herz schlug vor Freude, als ich, noch ehe ich ihn sah, seine Stimme an der Türe hörte. Wer jedoch kann die Erregung beschreiben, in die ich verfiel, als er mir nach einer kurzen Entschuldigung seines Ausbleibens erklärte, er habe die Zeit verwandt, um Fürsprache für mich einzulegen, es sei ihm auch gelungen: kurz, er bringe mir meine Begnadigung.

Er wandte alle nur mögliche Vorsicht an, um mir das mitzuteilen, was zu verbergen doppelte Grausamkeit gewesen wäre; denn wie das Entsetzen mich vorher niedergeschmettert, so überwältigte mich jetzt die Freude, und ich sank in eine noch tiefere Ohnmacht, aus der man mich nur sehr schwer erweckte.

Darauf ermahnte mich der gute Mann noch einmal, meinte, die Freude über meine Begnadigung dürfe nun aber nicht die Erinnerung an die vergangenen Qualen auslöschen, und sagte schließlich, er müsse mich nun verlassen, um die Begnadigung in die Bücher eintragen zu lassen und diese den ausführenden Richtern vorzuweisen, damit am folgenden Tage nicht etwa ein Irrtum geschähe. Er kniete jedoch, ehe er ging, noch einmal nieder und betete voll Inbrunst zu Gott, daß er meine Reue dauernd mache und meine Rückkehr ins Leben nicht auch eine Rückkehr zu den Torheiten und Sünden des Lebens bedeuten möge, denen ich doch in feierlichem Entschlusse entsagt habe. Ich schloß mich seinem Gebete herzlich an und war an diesem Abend tiefer von der Güte Gottes, der mein Leben geschont, und von Abscheu über meine Sünden ergriffen, als je vorher von Angst und Sorge um mein Erdenleben.

Viele meiner Leser werden die letzten Sätze wieder für eine Abschweifung von meiner Geschichte[375] halten; und viele, denen die Erzählung meiner Schandtaten Vergnügen bereitet hat, werden der Darstellung dieses besten und lehrreichsten Teiles meines Lebens nur wenig Geschmack abgewinnen können. Ich hoffe jedoch, daß sie mir gern zugestehen werden, meine Geschichte bis zum Ende zu erzählen, auch wenn sie es lieber gesehen hätten, daß dieselbe als Trauerspiel endigte, wie es ja beinahe der Fall gewesen wäre.

Ich will jetzt jedoch wirklich fortfahren. Am nächsten Morgen spielten sich fürchterliche Szenen im Gefängnisse ab. Ich erwachte in aller Frühe von dem Läuten der großen Glocke in St. Sepulchre. Kaum hatte sie begonnen, so erscholl ein schauerliches Ächzen, Stöhnen und Heulen aus dem Loche, in dem die fünf zum Tode verurteilten elenden Geschöpfe lagen. Zwei von ihnen sollten wegen Mord, die anderen anderer schwerer Verbrechen halber vom Leben zum Tode gebracht werden.

Auf dies Jammern folgte ein verwirrtes Geschrei aus allen Teilen des Hauses. Einige Gefangene suchten auf diese Weise ihrem Schmerz über das Schicksal ihrer Unglücksgenossen Ausdruck zu geben, sie taten es aber ein jeder auf verschiedene Weise: einige weinten laut, einige schrieen Hurra und wünschten ihnen gute Reise, viele verfluchten die Richter, die sie zum Tod verurteilt, manche bemitleideten die armen Opfer, und nur wenige, sehr wenige, beteten für sie.

Ich jedoch war nicht einmal gefaßt genug, um der gnädigen Vorsehung, die mich aus dem Rachen des Unterganges gerettet hatte, danken zu können. Ich war wie eine Taubstumme, ganz unfähig, auszudrücken, was ich im Herzen empfand. Denn die Seele ist in solchen Augenblicken zu erregt, als daß ihre Leidenschaftlichkeit sich ihren Weg ordnungsgemäß suchen könnte.

Mittlerweile bereiteten sich die armen Verurteilten zum Tode vor, und der Anstaltsgeistliche redete ihnen zu, ihr Urteil willig als Sühne für ihre Vergehen auf sich zu nehmen. Ich jedoch[376] wurde von einem Zittern ergriffen, das mich hin- und herwarf, als läge ich in kaltem Fieber, ich konnte nicht reden und gebärdete mich wohl wilder als eine Wahnsinnige. Kaum waren die Verurteilten jedoch auf den Wagen geladen und hinausgeführt, so faßte mich ein Weinkrampf, und zwar so heftig, und hielt so lange an, daß ich nicht wußte, was ich beginnen, oder wie ich ihm Einhalt gebieten sollte. All meine Kraft und mein Mut reichten dazu nicht aus.

Dieser Anfall währte wohl zwei Stunden, länger als das Leben der Verurteilten wahrscheinlich, und dann empfand ich ein Gefühl demütiger bußfertiger Freude. Es war ein Verzücktsein in Dankbarkeit und hielt den größten Teil des Tages an.

Am Abend besuchte mich der gute Priester wieder und sprach in gewohnter Weise mit mir. Er beglückwünschte mich, daß mir noch Zeit geblieben, meine Reue in Besserung umzusetzen, und daß ich nun – im Gegensatz zu jenen fünf armen Geschöpfen – eine Möglichkeit hatte, mir das Heil noch auf dieser Erde zurückzugewinnen. Er bat mich, die Dinge des Lebens stets so zu betrachten, wie ich es nun, an der Pforte der Ewigkeit, getan. Und dann eröffnete er mir zum Schluß, daß ich übrigens auch noch lange nicht glauben dürfe, ich sei schon vollständig gerettet, eine Begnadigung in der Form, wie er sie mir erwirkt, lasse ja wohl erwarten, daß das Todesurteil endgültig in eine andere Strafe umgewandelt werden würde, aber ausgemacht sei dies ganz und gar nicht; immerhin habe ich Zeit vor mir, ein köstliches Gut, wenn es der Mensch zur Besserung seiner Seele benutze.

Diese Worte erschreckten mich sehr und legten von neuem eine schwere, angstvolle Traurigkeit in meine Seele; es war mir, als würde meine Sache zum Schluß doch noch düster ausgehen. Ich fragte den Priester jedoch nicht, was denn noch mit mir geschehen könne; er versprach mir aber von selbst, alles nur Mögliche für mich zu tun, ich dürfe mich[377] jedoch noch nicht in Sicherheit wiegen. Die Folge zeigte, wie sehr recht er hatte.

Ungefähr vierzehn Tage später mußte ich nämlich wieder befürchten, auf der Totenliste zu stehen; und nur mit vieler Mühe und nach einer demütigen Eingabe um Begnadigung zur Verschickung kam ich auch diesmal wieder davon. So sehr schadete mir mein Ruf, eine Gewohnheitsverbrecherin zu sein, obgleich ich es dem Gesetz nach nicht einmal war; denn dieses versteht darunter mehrfach vorbestrafte Personen. Die Richter konnten also diesen erschwerenden Umstand nicht aufrecht erhalten, und der Geistliche war unermüdlich bestrebt, meinen Fall im günstigsten Lichte darzustellen.

Ich durfte nun also endlich hoffen, am Leben zu bleiben, doch unter der harten Bedingung, verschickt zu werden; das heiszt, diese Bedingung war nur als solche hart, denn ich glaube, wir Menschen würden jedes Los auf uns nehmen, das uns den Tod erspart, besonders wenn die Aussichten nach demselben so trübe sind, wie es bei mir der Fall war.

Der gute Priester, dessen Anteilnahme an mir diese glückliche Wendung herbeigeführt hatte, sah jetzt meiner Zukunft mit Sorgen entgegen. Er hatte wohl gehofft, ich werde meine Tage unter seinem guten Einfluß beenden. Nun befürchtete er, ich werde meine wohlverdiente Heimsuchung vergessen und unter der verdorbenen Gesellschaft, mit der ich verschickt werden würde, wieder dem Leichtsinn und dem Verderben anheimfallen. Die göttliche Gnade, meinte er einmal vor sich hin, müsse ja schon ganz ungewöhnlich wirksam in mir sein, wenn ich in solcher Umgebung nicht schlechter werden würde, als ich je gewesen; und zu meiner alten Pflegerin sprach er in demselben Sinne.

Ich habe von ihr eine Weile nichts mehr zu erzählen gehabt. Das kam daher, daß sie mittlerweile gefährlich erkrankt und durch ihre Krankheit dem Tode ebenso nahe gebracht war, wie ich durch meine Verurteilung; auch war sie ebenso bußfertig[378] wie ich. Kaum fühlte sie sich ein bißchen besser, so eilte sie zu mir.

Ich erzählte ihr, welche Befürchtungen und Hoffnungen mich abwechselnd erregten: daß ich dem Tode entgangen und unter welchen Bedingungen. Sie war zugegen, als der Priester von seiner Sorge sprach, mich in der fürchterlichen Gesellschaft, die meiner wartete, wieder in die alten Laster zurückfallen zu sehen. Auch ich wurde ganz traurig, als ich mir vorstellte, welch schauerliche Bande gewöhnlich verschickt wird, und ich erklärte meiner Pflegerin selbst, daß die Befürchtungen des guten Priesters nicht ganz grundlos seien.

»Nun, nun,« entgegnete sie, »ich hoffe doch, daß solch schändliches Beispiel nichts verführerisches hat.«

Und sobald der Priester uns verlassen hatte, sprach sie mir Mut und Hoffnung zu und sagte, es ließen sich vielleicht Mittel und Wege finden, die eine Abweichung von dem gewöhnlichen Verfahren des Gerichtes möglich machten.

Ich blickte sie überrascht an und glaubte sie heiterer zu finden, als sie je in der letzten Zeit gewesen, und gleich schoß mir tausendfache Hoffnung auf gänzliche Befreiung durch den Kopf; doch konnte ich mir noch nicht vorstellen, wie diese wohl zu bewerkstelligen sei. Immerhin ging mich die Sache zu sehr an, als daß ich es bei dieser Bedeutung hätte bewenden lassen können, und ich drang in sie, mir doch zu sagen, wie sie ihre Worte verstanden haben wollte.

Sie tat es aber nicht und ließ sich lange bitten, ehe sie die kurze Erklärung hinzufügte: »Nun, du hast doch Geld, Kind, oder nicht? Kanntest du jemals jemanden, der verschickt wurde und seine hundert Pfund in der Tasche hatte?«

Ich verstand, worauf sie hinauswollte, sagte ihr jedoch, ich dürfe nichts anders erwarten, als daß man mein Urteil genau vollstrecke, da es ja sowieso schon eine Begnadigung sei.[379]

Sie erwiderte darauf bloß: »Wir wollen versuchen, was sich versuchen läßt.«

Damit trennten wir uns.

Noch fünfzehn Wochen lang saß ich im Gefängnis. Weshalb sich die Sache so hinzog, weiß ich nicht. Nach Verlauf dieser Zeit wurde ich auf ein Schiff, das auf der Themse lag, gebracht und mit mir eine Bande von dreizehn solch niederträchtigen, verkommenen Geschöpfen, wie Newgate sie schlimmer wohl nie ausgespieen; und ich müßte eine Geschichte schreiben, noch länger als die meinige, wollte ich die Vollkommenheit im Laster, zu der es diese Gesellschaft gebracht, und ihr Betragen auf dem Schiff beschreiben. Ich besitze übrigens einen sehr unterhaltenden Bericht darüber, den der Kapitän des Schiffes während unserer Überfahrt aufschreiben ließ.

Doch würde ich zu ausführlich werden, wollte ich hier all die tausend kleinen bezeichnenden Ereignisse erwähnen, die sich an Bord des Schiffes zutrugen. Ich bin zu nahe am Schlusse meiner Geschichte, um Raum und Zeit dafür zu haben. Und außerdem muß ich nun auf meinen Gatten aus Lancashire zu sprechen kommen.

Quelle:
Daniel De Foe: Glück und Unglück der berühmten Moll Flanders. Berlin [1903]., S. 370-380.
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