5.

[17] Hitze schwingt. Ein Raum voll Schlangen

strömt durch Glas und Gitterstangen

Dunst; zwei Menschen stehn davor.

Die gesättigten Gewürme hängen

still in buntverflochtnen Strängen;

einem Manne haucht ein Weib ins Ohr:


Du, die Schlangen muß ich lieben.

Fühlst du die verhaltne Kraft,

wenn sie langsam sich verschieben?

Eine Schlange möcht ich mir wohl zähmen;

möcht ihr nit ein Gliedche lähmen,

wenn ihr Hals vor Zorn sich strafft.
[18]

Eh sie noch vermag zu fauchen,

werden ihre Augen nächtig –

Sterne tauchen

wie aus Brunnenlöchern auf –

setz'ich ein Rubinenkrönche

auf ihr Stirnche: still, mei Söhnche,

züngle, Jüngle – Ringle, lauf,

spiel mit mir! – Du, Das wär prächtig.


Hitze schwingt. In gleichen Zwischenräumen

tippt ihr Finger an die Scheibe;

ihre Augen stehn in Träumen.

Während sich zwei Dipern bäumen,

sagt ein Mann zu einem Weibe:


Du mit deinem egyptischen Blick,

bist du so wie die dadrinnen?

Noch, du, kann ich dir entrinnen!

Daraus knüpft man sein Geschick,

was und wie man haßt und liebt.

Komm: wir wollen uns besinnen,

daß es Tiere in uns giebt!


Hitze schwingt. Zwei Augen wühlen

brandbraun in zwei grauen kühlen;

doch die stählt ein blauer Bann.

Und zwei Seelen sehn sich funkelnd an.

Quelle:
Richard Dehmel: Zwei Menschen. Berlin 1903, S. 17-19.
Lizenz:
Kategorien: