Fünfter Auftritt.

[163] Vorige. Ernestine kommt zurück und tritt zu Elise.


ELISE. Liebe Ernestine, so eben hat mir der Landrath bestätigt, was Du mir gestern sagtest.

ERNESTINE. Nicht wahr? Und seit heut ist mein Glück vollkommen.[163]

ELISE. Nun so wollen wir ernstlich an Deine Aussteuer denken, und uns zeitig mit dem Gedanken vertraut machen, daß wir uns im Herbste trennen müssen.

ERNESTINE. Trennen? Sie können das so gelassen aussprechen und ich möchte meinem Glücke entsagen, wenn ich an eine Trennung denke.

ELISE. Meinst Du, Ernestine, daß sie mir so leicht wird?

ERNESTINE. O muß es denn seyn? soll ich nicht hoffen dürfen, meines Glückes in der Nähe meiner Wohlthäter froh zu werden?

ELISE. Thörichtes Mädchen, das Vorwerk von Veltin liegt zwanzig Meilen von Federsheim.

ERNESTINE aufgeregt. Ach, wenn doch meine heißen Wünsche alles Ferne und Fremde vertilgen und alle, die ich liebe, in dem Schooße meines Glückes vereinen könnte!


Elise und der Landrath schweigen verlegen. Pause.


KOMMERZIENRATH. Na, mein Kind, mir scheint, Sie reden ein wenig confuse.

ERNESTINE. Verzeihen Sie mir, Freude und Traurigkeit haben mich so verwirrt! Sie geht weinend in den Hintergrund.

HERR VON KIEL. Wenn Sie verlegen um ein remplacement für Mamsell Ernestine sind, so wird meine Mutter gewiß –

ELISE. Ich danke, dafür ist gesorgt! Steht auf.[164]

KOMMERZIENRATH ebenfalls. Nicht so, Herr von Kiel, heut Abend dürfen wir Ihre Frau Mutter erwarten?

HERR VON KIEL. Heut Abend oder morgen früh.

ELISE. Es ist alles zu ihrem Empfange bereit; nun auf Wiedersehen, meine Herren! Ab.

HERR VON KIEL sie begleitend. Wie ungeduldig wird meine Mutter seyn, die Tochter ihrer Freundin nach so langer Zeit wieder zu sehn! Er verbeugt sich und geht durch die Mitte ab.

KOMMERZIENRATH hat seine Zeitungen zusammengepackt. Wollen Sie ein paar Blätter hier behalten, liebster Vetter? Stehn ganz curiose Sachen drin, nur Schade, daß das Beste immer in der nächsten Nummer widerrufen wird. Der Landrath nimmt die Zeitung. Der Kommerzienrath geht ab.


Quelle:
Eduard Devrient: Dramatische und dramaturgische Schriften, Leipzig 1846, S. 163-165.
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