3.

[209] So ströme denn in vollem Maß

Hernieder, du Maienregen,

Ersehntes, köstliches, tröstliches Naß,

Befruchtender Erden-Segen!


Lang konnte der Himmel bang und schwer

Die lindernde Träne nicht finden,

Seine Wimper, die Wolken, drückten sehr

Und zuckten, gejagt von den Winden


Ihm lag es wie vergangene Lust,

Wie Ahnung künftiger Schmerzen,

Bergeschwer auf der schwülen Brust,

Auf dem bebenden Götter-Herzen.


Nun brechen und gießen allzumal

Die Schleusen, die Ströme, die Quellen;

Durch zerrissene Schleier blinkt ein Strahl,

Das neue Blau zu erhellen.


. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .[209]

Wann hast Du zuletzt Dich ausgeweint,

Mein Herz, in Klang und Klage,

Und wann, mein armes Herz, erscheint

Dein Neulicht fröhlicher Tage?!

Quelle:
Franz von Dingelstedt: Lieder eines kosmopolitischen Nachtwächters, Tübingen 1978, S. 209-210.
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