An den Herrn Pfarrer Spreng/ über dessen im Jahr 1724 zu Basel gehaltene Rede von Verbesserung der deütschen Sprache in der Schweitz

[92] Sonnet.


Ich sah Helvetien in Gram und Unmuht sinken,

Als durch sein weites Land, zum Vorwurf unsrer Zeit,

Fast keinem Dichter mehr ein deütsches Lied gedeiht.

Wie, sprach Es, wollt ihr nie aus eignen Quellen trinken?
[93]

Soll nur Athen und Rom eüch eüre Lieder schmincken?

Wird doch ein deütscher Mund verhöhnet und entweiht,

Dem ein besiegtes Volk die waichen Worte leiht,

Und dessen Schätze stets in fremdem Schmucke blinken.


Es kam Ihm dieser Schimpf ganz unerträglich vor.

Wie aber schaute nicht Helvetien empor,

Als seines Sprengen Kiel zu seiner Hülf erschienen!


Es rief: O werter Sohn! der seine Sprache krönt,

Weil noch ein Heldenlied um meine Berge töhnt,

Soll dein Gedächtniß auch in stetem Ruhme grünen.

Quelle:
Carl Friedrich Drollinger: Gedichte. Stuttgart 1972, S. 92-94.
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