3.

[98] Es waren zwei junge Grafen

Verliebt bis in den Tod,

Die konnten nicht ruhn, noch schlafen

Bis an den Morgen rot.


O trau den zwei Gesellen,

Mein Liebchen, nimmermehr,

Die gehn wie Wind und Wellen,

Gott weiß: wohin, woher. –


Wir grüßen Land und Sterne

Mit wunderbarem Klang

Und wer uns spürt von ferne,

Dem wird so wohl und bang.


Wir haben wohl hienieden

Kein Haus an keinem Ort,

Es reisen die Gedanken

Zur Heimat ewig fort.


Wie eines Stromes Dringen

Geht unser Lebenslauf,

Gesanges Macht und Ringen

Tut helle Augen auf.


Und Ufer, Wolkenflügel,

Die Liebe hoch und mild –

Es wird in diesem Spiegel

Die ganze Welt zum Bild.


Dich rührt die frische Helle,

Das Rauschen heimlich kühl,

Das lockt dich zu der Welle,

Weil's draußen leer und schwül.[98]


Doch wolle nie dir halten

Der Bilder Wunderfest,

Tot wird ihr freies Walten,

Hältst du es weltlich fest.


Kein Bett darf er hier finden.

Wohl in den Tälern schön

Siehst du sein Gold sich winden,

Dann plötzlich meerwärts drehn.


Quelle:
Joseph von Eichendorff: Werke., Bd. 1, München 1970 ff., S. 98-99.
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