2.

[227] Die Welt ruht still im Hafen,

Mein Liebchen, gute Nacht!

Wann Wald und Berge schlafen,

Treu' Liebe einsam wacht.


Ich bin so wach und lustig,

Die Seele ist so licht,

Und eh ich liebt, da wußt ich

Von solcher Freude nicht.


Ich fühl mich so befreiet

Von eitlem Trieb und Streit,

Nichts mehr das Herz zerstreuet

In seiner Fröhlichkeit.


Mir ist, als müßt ich singen

So recht aus tiefster Lust[227]

Von wunderbaren Dingen,

Was niemand sonst bewußt.


O könnt ich alles sagen!

O wär ich recht geschickt!

So muß ich still ertragen,

Was mich so hoch beglückt.

Quelle:
Joseph von Eichendorff: Werke., Bd. 1, München 1970 ff., S. 227-228.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe 1841)
Gedichte
Fünfzig Gedichte
Und es schweifen leise Schauer: Gedichte (Lyrik)
Sämtliche Gedichte und Versepen
Gedichte (Fiction, Poetry & Drama)