5.

[259] Wann Lenzesstrahlen golden niederrinnen,

Sieht man die Scharen losgebunden ziehen,

Im Waldrevier, dem neu der Schmuck geliehen,

Die lust'ge Jagd nach Lieb und Scherz beginnen.


Den Sänger will der Frühling gar umspinnen,

Er, der Geliebteste, darf nicht entfliehen,

Fühlt rings ein Lied durch alle Farben ziehen,

Das ihn so lockend nimmer läßt von hinnen.


Gefangen so, sitzt er viel sel'ge Jahre;

Des Einsamen spottet des Pöbels Scherzen,

Der aller Glorie möchte Lieb entkleiden.


Doch er grüßt fröhlich alle, wie sie fahren,

Und mutig sagt er zu den süßen Schmerzen:

»Gern sterb ich bald, wollt ihr von mir je scheiden!«


Quelle:
Joseph von Eichendorff: Werke., Bd. 1, München 1970 ff., S. 259.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe 1841)
Gedichte
Fünfzig Gedichte
Und es schweifen leise Schauer: Gedichte (Lyrik)
Sämtliche Gedichte und Versepen
Gedichte (Fiction, Poetry & Drama)