Nachtgebet

[283] Es rauschte leise in den Bäumen,

Ich hörte nur der Ströme Lauf,

Und Berg und Gründe, wie aus Träumen,

Sie sahn so fremd zu mir herauf.


Drin aber in der stillen Halle

Ruht' Sang und Plaudern müde aus,

Es schliefen meine Lieben alle,

Kaum wieder kannt ich nun mein Haus.


Mir war's, als lägen sie zur Stunde

Gestorben, bleich im Mondenschein,

Und schauernd in der weiten Runde

Fühlt ich auf einmal mich allein.


So blickt in Meeres öden Reichen

Ein Schiffer einsam himmelan –

O Herr, wenn einst die Ufer weichen,

Sei gnädig du dem Steuermann![283]


Quelle:
Joseph von Eichendorff: Werke., Bd. 1, München 1970 ff., S. 283-284.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe 1841)
Gedichte
Fünfzig Gedichte
Und es schweifen leise Schauer: Gedichte (Lyrik)
Sämtliche Gedichte und Versepen
Gedichte (Fiction, Poetry & Drama)