4. Gesang

[80] Schier hätte der Noah noch Händel gekriegt,

Mit seinem Herrn Stammgast, der also verfügt:

Die Nilpferd, Kröten und Schlangen

Zur Rettung rasch einzufangen.
[80]

Und der Noah sprach: Nimm den Regenschirm,

Hausknecht, und suche du das Gewürm.

Ich selber treib in die Scheuer

Einstweilen die Wiederkäuer.


Es war kein Spaß. Was kreucht und fleucht

Zusammen zu bringen, es war nicht leicht.

Und der Noah wurde hitzig

Und sprach zum Herrn fürwitzig:


Von was aber soll dieses viele Vieh

Denn leben, o Herr, ich traute nie,

Daß sich's wird machen lassen,

Ihr wolltet doch auch nicht spassen?


Der Alte brummt, dann aber versetzt

Er laut: "Das ist ein dummes Geschwätz.

So ist's, so steht es geschrieben!

Willst Du mich auch noch betrüben?"


Ei, dachte der kluge Schwanenwirth,

Doch hat er sein Maul nimmer dranriskirt,

Seine wunderlichen Sachen

Könnt Er doch viel einfacher machen!


Er kann ja Alles, was braucht er denn mich?

Was muß er mich plagen mit alle dem Viech?

Ich soll nicht mucksen, nicht klagen -

Was wird meine Frau dazu sagen?


Doch baute der Noah sein viehmäßig Haus,

Und hängte den Schild auch des Schwanen heraus,

Thut Menschen und Vieh drein stecken,

Und lustig den Hergott dann wecken.
[81]

Der freut sich, daß Alles schon ist arranschirt,

Und lobet den Noah, den Schwanenwirth,

Begibt sich zum Himmel verwundert,

Und schickt die Sündfluth herunter.


Quelle:
Ludwig Eichrodt: Lyrischer Kehraus. Lahr 1869, S. 80-82.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte aus Lyrischer Kehraus: Fliegendes
Gedichte Aus Lyrischer Kehraus: Fliegendes (Paperback)(German) - Common
Gedichte aus Lyrischer Kehraus: Fliegendes