8. Szene

[275] Hanswurst – Wagner.


WAGNER kommt.

Ei was sucht er denn hier?

HANSWURST.

Na, das sieht er ja doch, daß ich grad studier!

WAGNER.

Ja, wie kommt er denn überhaupt da herein?

HANSWURST.

Na, wie soll i denn eini'kommen sein?

Es geh'n ja doch viele hier ein und aus,

das ist doch ein Wirts- oder Herbergshaus?

WAGNER.

Was Ihm einfällt! Hier wohnt der berühmte Lehrer

und Doktor Faust. Seines Geistes Verehrer

und Schüler gehen hier aus und ein.

HANSWURST.

Was? Eine Lernschul' tut das da sein?

Na, na, da geh' i, das kenn i schon – –


Will fort.
[275]

WAGNER.

Halt! Bleib er nur! Lauf' er nicht gleich davon.

Sag' er an: Was hat er für einen Stand?

HANSWURST.

Ich fahr' mit der Fußpost so durch das Land.

WAGNER.

Sonst nichts?

HANSWURST.

Na, sonst nix.

WAGNER.

Keine Kondition?

HANSWURST.

A paar spanische Zwanz'ger waren mein letzter Lohn.

WAGNER.

Möcht' er sich nicht wieder einem Herrn verdingen?

HANSWURST.

Ich glaub', das wird nicht so leicht ein' Herrn gelingen.

WAGNER.

Bleib er hier. Er bekommt zwanzig Taler im Jahr

und Essen und Kleider und Schuhe zwei Paar.

HANSWURST.

Viel Essen?

WAGNER.

Genug.

HANSWURST.

Und wie steht's mit'n Durst?

WAGNER.

Auch zu trinken genug.

HANSWURST.

Topp! Dann will ich gern bleiben.

WAGNER.

Und wie heißt er?

HANSWURST.

Wer? Ich?

WAGNER.

Ja; wie tut er sich schreiben?

HANSWURST.

Es kennt doch im Land jedes Kind den Hanswurst!

WAGNER.

Und Vater und Mutter?

HANSWURST.

Was weiß denn i?

Ich hab' keine Ahnengalerie[276]

so wie die Fürsten, Barone und Grafen.

Wenn zwei recht Verliebte beinander schlafen

und es purzelt a Sternderl vom himmlischen Zelt,

dann kommt meist so einer wie ich auf die Welt.

Drum hab' i ka Angst net und mach' mir nix draus:

Verliebte und Narren sterben nit aus!

WAGNER.

Er gefällt mir. Doch schärf' ich Ihm eines gleich ein:

Er muß hier wie das Grab verschwiegen sein,

von nichts, was er hört und sieht, was verraten!

HANSWURST.

Wickelt alles nur immer in Wein und Braten!

Dann schweig' ich noch stiller als jedes Grab,

weil ich mit' 'm Maulwerk was anders z'tun hab'.

WAGNER.

Nun komm' Er, ich will Ihm die Arbeit zeigen.

HANSWURST.

Ach, lieber Herr Faust, muß ich heut' schon schweigen?

WAGNER.

Ich bin nicht Faust, nur sein Famulus,

der ihm beim Studieren dienen muß,

und heiße Wagner.

HANSWURST sehr überrascht.

A, da schau einer her!

Jetzt glaub' ich all'weil, er ist selber mein Herr!

Da blast er sich auf und tut voll der Gnaden,

derweil sind wir nix als Kameraden!

Na, kumm, alter Gauner! Gib mir die Hand,

und jetz' gehn ma faulenzen miteinand'!


Beide ab.


Quelle:
Bruno Ertler: Dramatische Werke. Wien 1957, S. 275-277.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Gryphius, Andreas

Catharina von Georgien

Catharina von Georgien

Das Trauerspiel erzählt den letzten Tag im Leben der Königin von Georgien, die 1624 nach Jahren in der Gefangenschaft des persischen Schah Abbas gefoltert und schließlich verbrannt wird, da sie seine Liebe, das Eheangebot und damit die Krone Persiens aus Treue zu ihrem ermordeten Mann ausschlägt. Gryphius sieht in seiner Tragödie kein Geschichtsdrama, sondern ein Lehrstück »unaussprechlicher Beständigkeit«.

94 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon