10. Szene

[318] Faust – dann Mephistopheles.


FAUST stürzt vom Grabe weg nach vorne.

Auch hier verworfen und verklagt,

mit Geißelhieben fortgejagt!

EINE MÄCHTIGE STIMME unter Donner aus der Höhe.

Fauste! Fauste! Mach dich bereit!

FAUST wendet sich.

Ha! Welche Stimme!?

MEPHISTOPHELES der gleich nach Faustens Wegstürzen rückwärts erschien und im feuerroten Mantel, von glühenden Lichtern umzuckt, auf dem Grabhügel der Mutter sitzt.

Deine Zeit

ist voll! Auf Stunde, Jahr und Tag

erfüllt sich heute der Vertrag!

FAUST.

Wie das? Noch war's die Hälfte kaum!

MEPHISTOPHELES.

Was kümmert mich dein eitler Traum?

Ein Kerl, der mit Geistern spricht,

der phantasiert, doch rechnet nicht.

FAUST.

Noch einen Tag! Nur eine Stunde!

MEPHISTOPHELES.

Nicht eine flüchtige Sekunde!

Glaubst du, der Teufel dient ein Leben,

sich des Triumphes zu begeben?

Wer weiß, was alles du bewegtest

und welchen Geist du noch erregtest,

ließ ich dich jetzt aus meiner Macht.

Heut', mit dem Schlage Mitternacht,

bin ich so frei und stell' mich ein.

Bis dahin laß ich dich allein!


Verschwindet mit Gelächter. Ab.
[318]


Quelle:
Bruno Ertler: Dramatische Werke. Wien 1957, S. 318-319.
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