Der Schritt der Stunde, wenn du schlaflos liegst

[87] Der Schritt der Stunde, wenn du schlaflos liegst,

Und die Gedanken sich wie Schwalben jagen,

Wenn sehnend du bis an die Sterne fliegst

Und leer zurückkehrst, flügellahm, zerschlagen.

Der Schritt der Stunde, wenn du schlaflos liegst,

Und aus dem Dunkel starren stumme Klagen,

Daß du dich schluchzend in die Kissen schmiegst

Und weißt nicht ein und aus. Schon wird es tagen,

Das Leben jauchzt auf tausend hellen Geigen,

Du aber hörst nur durch den muntern Reigen,

Nachzitternd, dumpf, wohin du fliehen magst,

Den Schritt der Stunde, da du schlaflos lagst

Und rangst und fühltest in fruchtlosem Klopfen

An Gottes Pforten deine Kraft vertropfen.


Quelle:
Gustav Falke: Ausgewählte Gedichte. Hamburg 1908, S. 87.
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