Eilfter Brief
Olivier an Reinhold

[29] Eine Entdeckung! tausend Element, da mußt Du mir dienen! Höre nur! in Br..., und noch dazu in Deiner Nachbarschaft, wohnt eine Amazone, die mit Julien correspondirt. Revolutionäre Grundsätze! Eine förmliche Empörung gegen das ganze Männergeschlecht! –[29] Wie? soll man das dulden? – Es geht nicht! Es bringt Unheil! – Habe ich auch nichts zu befürchten; so ärgerts mich doch.

Mit einem Worte: Du mußt die Juno bekehren; oder bey Gott! mit der Correspondenz hat es ein Ende! – Könnte mir dem Mädchen Dinge in den Kopf setzen, die ich in meinem Leben nicht wieder herausbrächte

Wollen da raisonniren! – wollen untersuchen, ob wir Recht haben die Herren zu spielen. Eine schöne Geschichte! – Recht oder Unrecht! genug, was wir sind, das sind wir, und werden wir, so Gott will, schon bleiben.

So etwas ist unerhört – und noch dazu in unsern Zeiten! wo das Elisiren ordentlich[30] Mode wird. – Das kommt von dem vermaledeiten Aufklären. Könntet ihr dann nur zur rechten Zeit Einhalt thun. Ja! bändigt einmal den Strom; wenn ihr die Dämme eingerissen habt.

Aus Grundsätzen sollten die Weiber gut seyn? – Zum Henker mit euren Grundsätzen! Der Spinnrocken und die Nähnadel, allenfalls die Bibel und das Gesangbuch, und statt aller Grundsätze ein männliches Du sollst! – So hieß es in alten Zeiten, und unsere Väter befanden sich wohl dabey.

Wahrhaftig! dafür mögte ich noch lieber in Italien geblieben seyn. Man gewinnt doch an Sinnlichkeit, was man an Herrschaft[31] verliert. Die kleinen spirituellen Satans halten doch in gewissen Augenblicken schadlos und zwingen einen nicht, wie die deutschen Jungfrauen, die Katze im Sacke zu kaufen und ihre ekelhafte Treue Jahre lang mit herumzuschleppen.

Nun, vergiß nicht meinen Auftrag! –[32]

Quelle:
Karoline Auguste Ferdinandine Fischer: Die Honigmonathe, Band 1, Posen und Leipzig 1802, S. 29-33.
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