Dreyzehnter Brief
Wilhelmine an Reinhold

[39] Antonelli ist fort. Gestern hörte er, Olivier habe R.... zu seinem Aufenthalte gewählt. An Zurückhalten, Überlegen, war gar nicht zu denken.

Ich habe ihm Friedrich nachgeschickt. Wo er seinen Bedienten gelassen hat? mag Gott wissen. Ich habe vergessen darnach zu fragen. Aber ihn nun wieder allein gehen zu lassen war mir unmöglich. Nicht wahr? ich habe Recht gethan?[39]

Man sagt, sie dürfe nicht einmal schreiben. Es ist abscheulich. Meine Mutter weint, und mein Vater scheint alle Heyrathsanträge vergessen zu haben.

Ich kann nicht aus der Stelle. Alle meine Koffer sind gepackt. Aber was würde bey einer noch größern Entfernung aus mir werden. – Sähe ich nur eine einzige Zeile von ihrer Hand, wüßte ich nur, was sie jetzt denkt und empfindet – ich wollte mich fassen. Aber diese schreckliche Ungewißheit! – O! lange darf sie nicht dauern.[40]

Quelle:
Karoline Auguste Ferdinandine Fischer: Die Honigmonathe, Band 2, Posen und Leipzig 1802, S. 39-41.
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