Zehntes Kapitel.

Hier steht's'

[56] Der Oberste trat zu dem Grafen hinein. – Es geht doch possirlich in der Welt zu! sagte er: der Baron muß den Teufel im Leibe haben! – Da haben Sie ein Billet von meiner Frau, und da habe ich auch eins von Ihrer gefunden.

So? sagte der Graf gleichgültig: lassen Sie doch sehen!

Der Oberste (mit Schadenfreude): Hier, hier, Monsieur le Comte! Lisez, lisez! Hier steht's! Hier steht's!

Der Graf überlief es flüchtig, und steckte es kaltblütig in die Tasche.

Der Oberste: Nun, wer hat den Wolf? He! Wer hat ihn nun im Schafstalle? Ich oder Sie?

[56] Der Graf: Vermuthlich wir alle beide.

Der Oberste: Was? Das müßte denn wohl auch in meinem Briefe stehn (einen zärtlichen Weiberton nachahmend): je meurs d'envie de te revoir! Venez cette nuit plus amoureux que jamais! He! das klingt! – Ich gratulire, ich gratulire zum Orden vom Steinbock!

Der Graf: Briefe machen keinen Unterschied. Der Styl ist anders, aber das Uebrige kömmt auf eins hinaus.

Der Oberste: Das Uebrige? – Wie verstehen Sie das?

Der Graf: Ich meine die Courtoisie. – Aber wissen Sie was, Herr Oberster! – Um Sie noch mehr zu überzeugen – Wenn Sie mir versprechen, es Ihrer Frau zu verschweigen, Sie sollen Zeichen und Wunder sehen!

Der Oberste: Was? Was? – Wunder?

Der Graf: Ja, ja! Sie sollen mir endlich glauben, wenn Ihnen der Himmel Ihr Gesicht erhält.

Der Oberste: Nun bloß um Ihre Malice anzudecken, Herr Graf! – Gut, ich gehe es ein! – Meine Frau soll kein Wort davon erfahren. Bis dahin bleiben wir gute Freunde.

Sie schweigen. – Wohlan! sagte der Graf: ich will mich schrecklich rächen!

Quelle:
Christian Althing: Dosenstücke, Rom; Paris; London [o.J.], S. 56-57.
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